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Stadt Karlsruhe Forstamt | Waldpädagogik
Stadt – Wald – Mensch Jahresprogramm 2019 von Waldpädagogik und Forstamt Karlsruhe
Schülerinnen und Schüler können hier entsprechend dem Leitbild der Waldpädagogik Karlsruhe und dem Bildungsauftrag aktiv, selbstbestimmt und ganzheitlich lernen. Dabei werden die Angebote an den Bildungsplan angepasst und ermöglichen einen fächerübergreifenden und interdisziplinären Unterricht, der die Leitperspektive einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) aufgreift.
An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen Projekt- und Kooperationspartnern, allen Sponsoren und allen Spenderinnen und Spendern, die unsere Waldpädagogik ermöglichen und tatkräftig unterstützen. Die intensive und konstruktive Zusammenarbeit trägt entscheidend dazu bei, dass die ständig steigende Nachfrage nach waldpädagogischen Veranstaltungen in gewohnt hochwertiger Form erfüllt werden kann. So kann die Waldpädagogik seit nunmehr 22 Jahren den Bildungsauftrag erfolgreich umsetzen, der im Landeswaldgesetz von Baden- Württemberg verankert ist.
Ich wünsche der Waldpädagogik und dem gesamten Team weiterhin viel Erfolg und hoffe, dass sich trotz der zum 1. Januar 2020 geplanten Umsetzung der Forstneuorganisation unser Karlsruher Projekt weiter entwickelt und eine gute Zukunft vor sich hat.
Klaus Stapf Bürgermeister (bis 31.01.2019)
Liebe Freundinnen und Freunde des Waldes und der Waldpädagogik,
im Jahr 2018 hat die Waldpädagogik Karlsruhe etwa 800 Veranstaltungen für die unterschiedlichsten Zielgruppen im
Stadt- und Landkreis Karlsruhe konzipiert und durchgeführt. Damit hat der Wald wieder eindrücklich seine Rolle als bedeutsames außerschulisches Bildungszentrum unter Beweis gestellt. Das Projekt ist damit auch ein zentraler Baustein unseres Netzwerkes für Natur- und Umweltbildung. Neu im vielfältigen Angebot war 2018 das Thema Gesundheitsförderung, das auch im vorliegenden Jahresprogramm für 2019 wieder aufgegriffen wird.
Ich freue mich sehr über die Wahl des Schwerpunktthemas „Stadt- Wald-Mensch“ für 2019, da sich dieses sehr gut einfügt in das Korridorthema „Meine Grüne Stadt Karlsruhe“ und Angebote zu den drei Handlungsfeldern Natur, Klima und Gesundheit umfasst. Das Jahresprogramm bietet dazu geführte Exkursionen in Wälder, die es Interessierten ermöglichen, den Wald vor der eigenen Haustür besser kennenzulernen. Die gesundheitsfördernde Wirkung des Waldes können auch die Teilnehmenden der Yoga und Qigong-Kurse auf dem parkartigen Gelände des Waldzentrums im Hardtwald erleben.
Auch das Thema gesunde Ernährung wird aufgegriffen mit Angeboten wie beispielsweise „Backen im Holzbackofen“, „Wilde Waldküche“ und „Kulinarisches vom Waldesrand“. Wer dagegen kreativ mit Holz arbeiten will, kann die Angebote in der gut ausgebauten Holzwerkstatt nutzen.
Während das Jahresprogramm die Programmangebote und Aktionen an festgelegten Terminen enthält, können Schulen und Kindergärten sowie Firmen und Vereine wie bisher individuelle Termine für eine waldpädagogische Veranstaltung buchen. Diese finden nach Möglichkeit in einem Waldstück nahe der nachfragenden Institution im Stadt- oder Landkreis statt. Alternativ können die Gruppen auch das Waldzentrum besuchen, das neben barrierefreien Räumlichkeiten ein spannendes Außengelände und das benachbarte Waldklassenzimmer zum Forschen, Experimentieren und freien Spielen bietet.
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Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 54 | Stadt – Wald – Mensch
Kontakt Waldpädagogik Karlsruhe Waldzentrum – Forstamt, Stadt Karlsruhe Linkenheimer Allee 10 76131 Karlsruhe Telefon: 0721 133-7354 Fax: 0721 75099086
E-Mail: waldpaedagogik@fa.karlsruhe.de
Eine telefonische Sprechstunde findet immer montags von 9 bis 11 Uhr sowie dienstags und mittwochs von 14 bis 16 Uhr statt.
Für genauere Informationen und aktuelle Ankündigungen zu unserem Programm besuchen Sie uns unter:
www.waldpaedagogik-karlsruhe.de
Grundsätzliches In unserem Jahresprogramm finden Sie ein umfangreiches Programm für Kinder, Familien und Erwachsene mit einem vorgegebenen Termin. Ab Seite 13 sind alle Angebote mit Angabe zu Zielgruppe, Inhalt, Kosten und so weiter aufgeführt.
Schulen, Kindergärten und andere Institutionen haben die Möglichkeit mit uns einen individuellen Termin für eine waldpädagogische Veranstaltung abzusprechen.
Sie erreichen uns für Absprachen per Telefon oder E-Mail. Sie können auch auf unserer Internetseite ein Formular mit Ihren Terminwünschen ausfüllen und uns per E-Mail zusenden. Bitte beachten Sie, dass wir wegen der Ausführung von Veranstaltungen nicht regelmäßig im Büro, sondern häufig im Wald unterwegs sind. Außerhalb unserer telefonischen Sprechzeiten sind wir daher nicht immer erreichbar. Wir versuchen aber, Ihre Anfragen schnellstmöglich zu beantworten. Es ist uns wichtig, gemeinsam mit Ihnen das Programm optimal an Ihre Gruppe anzupassen.
Neben dreistündigen Aktionen sind auch ganztägige Projekte über einen oder mehrere Tage möglich. Diese können sowohl am Waldzentrum als auch in einem geeigneten Waldstück in der Nähe Ihrer Einrichtung durchgeführt werden.
Die Aufsichtspflicht bei allen Veranstaltungen liegt ausschließlich bei der Lehrkraft oder der Erzieherin/dem Erzieher.
Auf unserer Internetseite finden Sie unter der Rubrik „Veranstaltungen“ einen Themenkatalog unserer Programmangebote für verschiedene Zielgruppen mit Bezug zu den Bildungsstandards in Baden-Württemberg und den Kompetenzen, die im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) gefördert werden.
Halbtägige Veranstaltungen (etwa drei Zeitstunden) kosten 3 Euro pro Teilnehmenden, jedoch mindestens 60 Euro. Für ganztägige Projekttage verdoppeln sich diese Kosten. Je nach Aufwand und Einsatz von Materialien können weitere Kosten entstehen. Für Veranstaltungen an Feiertagen sowie am Wochenende gelten andere Tarife nach Absprache.
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 76 | Stadt – Wald – Mensch
Programme für Kindergärten und Schulklassen
Veranstaltungen für Kindergärten
Spielerisches Entdecken, Naturerfahrungen mit allen Sinnen und Förderung der motorischen Fähigkeiten im Sinne der BNE stehen bei unseren Angeboten für diese Zielgruppe im Vordergrund. Ein wichtiges Ziel ist der Aufbau einer persönlichen Beziehung zur Natur.
Veranstaltungen für Grundschulen
In dieser Altersstufe vermitteln wir spielerisch und handlungsorientiert Kenntnisse über den Lebensraum Wald. Ideal ist die Teilnahme an unserem Jahreszeiten-Programm, bei dem die Klasse „ihr“ Waldstück in allen vier Jahreszeiten besucht und so Veränderungen unmittelbar erleben kann. Einen Überblick über unser Angebot finden Sie auf unserer Internetseite. Bitte beachten Sie, dass dieser Themenkatalog lediglich Vorschlagscharakter hat. Wir können auch andere Themen rund um den Wald mit Ihnen absprechen und individuell an Ihre Klasse anpassen. Bei allen Veranstaltungen ist uns die Vermittlung von Kompetenzen nach dem im neuen Bildungsplan verankerten Leitprinzip der BNE wichtig. In der Regel sind unsere Veranstaltungen drei- bis vierstündig, aber auch ganz- oder mehrtägige Angebote sind möglich.
Veranstaltungen für weiterführende Schulen
Unser Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern Kenntnisse über den Lebens- und Wirtschaftsraum Wald zu vermitteln. Dabei halten wir es für wesentlich, Kompetenzen im Sinne der BNE aufzubauen, die eine Reflexion über die Auswirkungen des eigenen Handelns ermöglichen. Die Methodik wird an die Schulform, die Altersstufe und den Wissensstand der Klasse angepasst. Weiterhin wird berücksichtigt, ob es sich um den Einstieg, den Mittelpunkt oder den Abschluss einer Themeneinheit handelt. Einen Überblick über mögliche Themen, die sich im fächerverbindenden Unterricht umsetzen lassen und sich an den aktuellen Bildungsstandards von Baden- Württemberg orientieren, finden Sie auf unserer Internetseite. Weitere Themen sind nach Absprache möglich. Erlebnispädagogische Elemente zur Förderung der Sozialkompetenz ergänzen auf Wunsch das Programm.
Sonderschulen und Inklusionsklassen
Ganzheitliches und handlungsorientiertes Lernen ist gerade für Schülerinnen und Schüler mit Handicap von besonderer Relevanz. Für diese Gruppen bieten wir kein vorgefertigtes Programm an, sondern passen die einzelnen Aktionen individuell an das Leistungsvermögen der Teilnehmenden an. Der Zugang zu Waldzentrum, Waldklassenzimmer und Rätselwald ist barrierefrei; am Waldzentrum ist eine rollstuhlgerechte sanitäre Einrichtung vorhanden.
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Gruppen mit Migrationshintergrund/ minderjährige Flüchtlinge
Unsere praxis- und handlungsorientierten Angebote eignen sich ideal für Menschen, welche die deutsche Sprache (noch) nicht einwandfrei beherrschen. Ziele mit diesen oftmals sehr heterogenen Gruppen sind der Abbau von Ängsten und erlittenen Traumata, sowie der gemeinsame Zugang zur Natur. Das Handeln und Erleben in der Gruppe sowie der gegenseitige Respekt vor anderen Kulturen sind feste Bestandteile der Veranstaltungen.
Berufsschulen/Berufsvorbereitungsjahr
Für diese Zielgruppe stehen erlebnispädagogische Programme und praktische Einsätze im Wald sowie Projektarbeiten am Waldklassenzimmer oder in der Holzwerkstatt im Schwerpunkt unseres Angebotes. Ziele sind vor allem die Förderung von Sozialkompetenz und die Teambildung.
Projekttage
Durch ein- oder mehrtägige Projekttage kann erworbenes Wissen vertieft und praktisch umgesetzt werden. Projekttage finden in der Regel am Waldklassenzimmer statt. Hier ist auch die Nutzung der Holzwerkstatt möglich. Einen ausführlichen Überblick über mögliche Projekte finden Sie auf unserer Internetseite www.waldpaedagogik-karlsruhe.de.
Weitere Programmangebote
Kooperationen
Seit 2017 sind wir Partner im Karlsruher Netzwerk für Umweltbildung. Hier haben sich verschiedene Akteure mit Angeboten in Bezug auf Natur und Nachhaltigkeit zusammengefunden, um Synergieeffekte zu nutzen. Am Freitag, 10. Mai präsentieren wir unser Netzwerk-Angebot zusammen mit den anderen Partnern auf dem Friedrichsplatz. Die Waldpädagogik Karlsruhe ist darüber hinaus auch Kooperationspartner bei dem Projekt „Wald 4.0 – Reale Natur verlinkt mit virtuellen Welten“ der Arbeitsgemeinschaft Wald Baden-Württemberg e.V..
Langjähriger Kooperationspartner ist das Europalehramt der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Hier erarbeiten wir gemeinsam mit Studierenden verschiedene bilinguale (englische und französische) Module für die Primär- und Sekundarstufe, die im Wald umsetzbar sind und durch einen Vor- und Nachbereitungsteil optimal in den Unterricht eingebunden werden können.
Fortbildungen
Hier können Sie sich informieren, wie eine waldpädagogische Outdoor-Veranstaltung aufgebaut wird und was im Wald zu beachten ist. Lernen Sie die verschiedenen Möglichkeiten kennen, eine waldpädagogische Veranstaltung in den Unterricht zu integrieren oder einen Waldausflug mit dem Kindergarten zu planen. Dieses Angebot richtet sich vor allem an Erzieherinnen und Erzieher in der Ausbildung sowie Lehramts-Studierende beziehungsweise Referendarinnen und Referendare. Es besteht aber auch die Möglichkeit, einen Einstieg in die Waldpädagogik mit einem Lehrerfortbildungstag oder auch einem Betriebsausflug zu verknüpfen. Ein weiterführendes Fortbildungsprogramm mit der Möglichkeit des Erwerbs des Waldpädagogikzertifikats bietet Forstverwaltung Baden-Württemberg an. Weiterführende Informationen finden Sie unter: www.forstbw.de
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1110 | Stadt – Wald – Mensch
Praktika
Wer das Zertifikat Waldpädagogik erhalten will, kann bei uns das dafür notwendige Praktikum absolvieren. Außerdem freuen wir uns über Praktikantinnen und Praktikanten von Lehramts- oder Forststudiengängen sowie verwandten Bereichen. Die Mindestdauer für ein Praktikum liegt bei zwei Wochen (Vollzeit). Plätze stehen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung.
Hospitationen und Schnuppertage sind auf Anfrage möglich.
Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) und Bundesfreiwilligendienst (BFD)
Bei der Waldpädagogik besteht die Möglichkeit ein Freiwilliges Ökologisches Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren. Genauere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite.
Jugendgruppen und Vereine
Für diese Gruppen stellen wir ein individuelles Programm zusammen. Unser Angebot reicht vom Walderleben über eine Nachtwanderung bis hin zum Baumklettern. Kosten auf Anfrage.
Familienausflüge
Familiengruppen, die einen Ausflug zum Waldklassenzimmer oder in den Wald unternehmen wollen, stellen wir ein an das Alter der Kinder angepasstes Programm zusammen. Darüber hinaus haben wir natürlich auch unsere Familienangebote im Jahresprogramm.
Waldspielgruppe
Familien mit Kindern von null bis drei Jahren haben die Möglichkeit, sich wöchentlich einmal nachmittags im Wald zu treffen. Ältere Geschwisterkinder sind selbstverständlich auch willkommen. Genauere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung für dieses kostenlose Angebot finden Sie auf unserer Internetseite.
Angebote für Senioren
Ob gemütlicher Spaziergang im Wald oder kreatives Gestalten mit Naturmaterialien oder dem Werkstoff Holz – auch für Seniorengruppen halten wir ein reichhaltiges Programmangebot bereit.
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1312 | Stadt – Wald – Mensch
Betriebsausflüge
Sie wollen bei Ihrem Betriebsausflug etwas ganz Besonderes erleben? Mit uns können Sie beispielsweise eine Baumfällung durchführen oder gemeinsam einen Hochsitz bauen, Ihre Teamfähigkeit testen oder auch auf unterhaltsame Weise den heimischen Wald näher kennenlernen. Eine anschließende Nutzung des Waldklassenzimmers zum Grillen und gemütlichem Beisammensein ist möglich. Kosten und Dauer der Veranstaltung können Sie bei uns erfahren.
Kindergeburtstage
Wir stellen pädagogischen Fachkräften das Waldklassenzimmer zur Verfügung, die dort ein an die Jahreszeit und Witterung angepasstes Programm durchführen. Die Kosten für ein solches Programm liegen montags bis freitags bei 45 Euro/Stunde und am Wochenende bei 50 Euro/Stunde. Hinzu kommt eine Nutzungspauschale von:
Bitte beachten Sie: die Organisation der Veranstaltung wird ausschließlich von den Pädagoginnen und Pädagogen durchgeführt, die auf unserer Internetseite unter der Rubrik „Weitere Angebote – Kindergeburtstage“ aufgeführt sind. Bitte nehmen Sie direkt mit den Anbieterinnen und Anbietern Kontakt auf!
Nutzung von Außengelände und WC 20 Euro
Nutzung einer Grillstelle 10 Euro
Nutzung der Holzwerkstatt 10 Euro
Nutzung des Waldklassenzimmers inklusive Gelände und Grillstelle
50 Euro
Veranstaltungen im Jahresprogramm 2019
Auf den folgenden Seiten finden Sie alle Veranstaltungen, die wir in 2019 anbieten. Verschiedene Piktogramme zeigen die jeweilige Zielgruppe und den thematischen Schwerpunkt.
Bitte beachten Sie: Sofern eine Anmeldung notwendig ist, benötigen wir von Ihnen die vollständige Adresse. Sie können sich telefonisch, per Formular über unsere Internetseite oder formlos per E-Mail anmelden. Wir schicken Ihnen dann eine Teilnahmebestätigung zu, aus der auch der jeweilige Treffpunkt hervorgeht. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben und nach der Veranstaltung wieder gelöscht.
Erwachsene
Familie
Kinder
Biologische Vielfalt
Entschleunigung
Kreatives Gestalten
Kulinarisches Erlebnis
Radtour
Bitte beachten Sie folgende Fristen:
Thematische Schwerpunkte Zielgruppen
Absage bis 14 Tage vor Veranstaltungsbeginn
keine Stornogebühr
Absage bis 7 Tage vor Veranstaltungsbeginn
50 % der Teilnahmegebühr
Absage weniger als 7 Tage vor Veranstaltungsbeginn
100 % der Teilnahmegebühr
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1514 | Stadt – Wald – Mensch
März
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Sa 23.03. Kleine Knospe – große Wirkung
Erwachsene 22
So 24.03. Entdeckertag am Waldklassenzimmer
Familien 22
So 24.03. Kreativ in der Holzwerkstatt: Salatbesteck
Erwachsene und Familien
23
Fr 29.03. Vortrag: wilde Tiere in der Stadt
Erwachsene 23
Sa 30.03. Plogging im Wald Erwachsene und Familien
23
Sa 30.03. Kreativ in der Holzwerkstatt: Besteck
Erwachsene und Familien
24
April
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Sa 06.04. Osterbasteln und Osterfeuer
Erwachsene und Familien
24 25
Sa 06.04. Freie Holzwerkstatt Erwachsene und Familien
25
ab Mi 10.04. Kundalini-Yoga – 6 Termine, jeweils mittwochs
Erwachsene 26
Fr 12.04. Wald vor unserer Haustür: Frühblüher im (Berg)Wald
Erwachsene 26
Sa 13.04. Waldrallye: entdecke den Wald mit der App 4.0
Erwachsene und Familien
27
Sa 13.04. Essbare Wildpflanzen im Frühlingswald
Erwachsene 27
Di – Fr
23.04. – 26.04.
Ferienprogramm: Kuckuck ruft´s aus dem Wald
Kinder 28
Fr 26.04. Maikäfer im Hardtwald Erwachsene 29
Fr 26.04. Familienausflug zu den Maikäfern
Familien 30
So 28.04. Heia Walpurgisnacht Familien 31
ab Di 30.04. Hatha-Yoga – 10 Termine, jeweils dienstags
Erwachsene 32
Veranstaltungskalender
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1716 | Stadt – Wald – Mensch
Mai
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Sa 04.05. Kreativ in der Holzwerkstatt: Geschenkideen zum Muttertag
Familien 32
So 05.05. Vogelstimmenspaziergang zum Frühstück
Erwachsene und Familien
33
ab Do 09.05. QiGong am Morgen – 10 Termine, jeweils donnerstags
Erwachsene 33
Fr 10.05. Radtour: Waldgeschichten rund um die Eiche
Erwachsene 34
Sa 11.05. Wilde Waldküche Familien 34
So 12.05. Stunde der Gartenvögel Familien 35
So 12.05. Entdeckertag Familien 22
Fr 17.05. Exkursion: Wilde Tiere in der Stadt
Erwachsene 35
So 19.05. Tag der offenen Tür am Waldzentrum und Waldklassenzimmer
Erwachsene und Familien
36
So 19.05. Freie Holzwerkstatt Erwachsene und Familien
25
Fr 24.05. Wald vor unserer Haustür: Hardtwald
Erwachsene 36
Mi 29.05. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag
Erwachsene und Familien
22
Fr 31.05. Barfußspaziergang im Wald
Erwachsene 37
Juni
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Sa 01.06. Kreativ in der Holzwerkstatt: Türstopper
Erwachsene und Familien
37
Sa 01.06. Exkursion: Wald und Bäume in der Bibel
Erwachsene 37
So 02.06. Entdeckertag am Waldklassenzimmer
Familien 22
So 02.06. Märchenstunde im Rosenhain
Familien 38
ab Mi 05.06. Qigong am Abend – 8 Termine, jeweils mittwochs
Erwachsene 38
Di – Fr
11.06. – 14.06.
Ferienprogramm: Abenteuer Wald
Kinder 39
Sa – So
15.06. – 16.06.
Survival im Wald Erwachsene 39
Mo – Mi, Fr
17.06. – 19.06. 21.06.
Ferienprogramm: Kunst zwischen Bäumen
Kinder 40
Mi 26.06. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag
Erwachsene und Familien
22
Fr 28.06. Wald vor unserer Haustür: Neureut-Kirchfeld
Erwachsene 40
Sa 29.06. Vater-Kind-Wildnistag Familien 41
Sa 29.06. Kreativ in der Holzwerkstatt: Garderobenhaken
Erwachsene und Familien
41
So 30.06. Tiere und Pflanzen mit Migrationshintergrund
Erwachsene 42
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1918 | Stadt – Wald – Mensch
Juli
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Fr 05.07. Wald vor unserer Haustür: Baummonumente in Rüppurr (Radtour)
Erwachsene 42
Sa 06.07. Wilde Tiere in der Stadt – auf Spurensuche
Familien 42
Fr 12.07. Radtour: Waldgeschichten rund um die Buche
Erwachsene 34
Fr 12.07. Musikalisch-literarischer Waldabend
Erwachsene 43
Sa – So
13.07. – 14.07.
Survival light Familien 43
So 14.07. Musikfrühstück Erwachsene und Familien
43
Do 18.07. Ein Nachmittag unter Eulen und Greifen
Familien 44
Fr 19.07. Baumbestimmung Erwachsene 44
Sa 20.07. Blütenworkshop Erwachsene 45
So 21.07. Entdeckertag Familien 22
Sa 27.07. Märchen am Lagerfeuer Erwachsene 45
Mo – Fr
29.07. – 02.08.
Ferienprogramm: Kelten Kinder 46
Mo – Fr
29.07. – 02.08.
Ferienprogramm: Waldindianer
Kinder 46
Mi 31.07. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag
Erwachsene und Familien
22
August
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Mo – Fr
05.08. – 09.08.
Ferienprogramm: Reise nach Australien
Kinder 47
Mo – Fr
05.08. – 09.08.
Ferienprogramm: Räuber 1
Kinder 47
Mi 07.08. Entdeckertag Familien 22
Fr 09.08. Wald vor unserer Haustür: Klimawandel im Wald
Erwachsene 48
Mo – Fr
12.08. – 16.08.
Ferienprogramm: Räuber 2
Kinder 47
Fr 16.08. Entdeckertag Familien 22
Fr 16.08. Fledermäuse und andere Tiere der Nacht
Erwachsene 48
Fr 23.08. Entdeckertag Familien 22
Fr 23.08. Fledermausnacht Familien 49
Mo – Fr
26.08. – 30.08.
Ferienprogramm: Steinzeit Kinder 49
Mi 28.08. Entdeckertag Familien 22
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 2120 | Stadt – Wald – Mensch
September
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Mo – Fr
02.09. – 06.09.
Ferienprogramm: Waldwerkstatt
Kinder 50
Mi 04.09. Entdeckertag Familien 22
Sa 14.09. Waldbaden Erwachsene 50
So 15.09. Entdeckertag Familien 22
Do 19.09. Ein Nachmittag unter Eulen und Greifen
Familien 44
Mi 25.09. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag
Erwachsene und Familien
22
Fr 27.09. Wald vor unserer Haustür: Waldstadt
Erwachsene 51
Oktober
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Sa 05.10. Wald und Whisky Erwachsene 51
Fr 11.10. Wald vor unserer Haustür: Neureuter Auenwald
Erwachsene 51
Fr 11.10. Musikalischer Mondspaziergang
Erwachsene 52
Sa 12.10. Herbstbasteln Familien 52
Sa 12.10. Freie Holzwerkstatt Erwachsene und Familien
25
Sa 12.10. Kulinarischer Genuss vom Waldesrand
Erwachsene 53
Fr 18.10. Schatzsuche im dunklen Wald
Familien 53
Fr 18.10. Radtour: Waldgeschichten rund um die Kiefer
Erwachsene 34
Sa 19.10. Kulinarische Schätze im Herbstwald
Erwachsene 54
Sa 26.10. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag
Erwachsene und Familien
22
Mo – Do
28.10. – 31.10.
Ferienprogramm: Herbstwald
Kinder 54
Do 31.10. Halloween im Wald Familien 55
November
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Sa 09.11. Laternenbau aus Weidenruten
Familien 55
So 10.11. Überwinterung der Tiere Familien 55
Sa 16.11. Holzernte im Wald Erwachsene 56
Fr 22.11. Adventsgestecke und Kränze selbst gemacht
Erwachsene 57
Sa 23.11. Adventsbasteln Erwachsene und Familien
58
Sa 23.11. Freie Holzwerkstatt Erwachsene und Familien
25
Dezember
Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite
Sa 07.12. Weihnachtgeschenke für Waldtiere
Familien 58
Di – Do
10.12. – 12.12.
Lichterreise am Waldklassenzimmer
Familien 59
Sa 14.12. Krippen und Krippenfiguren basteln
Erwachsene und Familien
59
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 2322 | Stadt – Wald – Mensch
Samstag, 23. März | 14 bis 18 Uhr Kleine Knospe – große Wirkung? Knospen naturkundlich, kulinarisch und als heilkräftiges Mittel
In den Knospen ist die höchste Lebenskraft der Pflanzen konzentriert. Erfahren Sie, was Knospen für die Bäume bedeuten und erkennen Sie Baumarten daran. Sie erleben, wie die Knospen und jungen Triebe als vitale Nahrung für uns und als heilkräftige Mittel verwendet werden können.
Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin Anmeldung bis 15. März – Kosten: 20 Euro/Teilnehmenden zuzüglich 8 Euro Materialkosten
Mittwoch, 29. Mai | 26. Juni | 31. Juli | 7. August | 28. August | 4. September | 25. September Freitag, 16. August | 23. August Samstag, 26. Oktober Sonntag, 24. März | 12. Mai | 2. Juni | 21. Juli | 15. September Entdeckertage am Waldklassenzimmer | jeweils von 14 bis 18 Uhr
An diesen Tagen haben wir geöffnet, ohne ein spezielles Programm anzubieten. Gebäude und Außengelände des Waldklassenzimmers stehen zum Entdecken, Staunen und freien Spiel zur Verfügung.
Diese Veranstaltungen sind ohne Anmeldung und kostenlos! Die Nutzung des Geländes erfolgt auf eigene Gefahr!
Sonntag, 24. März | 14 bis 18 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Salatbesteck schnitzen
Aus frischgeschlagenem Holz werden wir ein individuelles Salatbesteck schnitzen. Dabei benutzen wir Schnitzmesser und Säge.
Referent: Thomas Katz, Erzieher und Grünholzschnitzer Anmeldung bis 15. März – Kosten: 15 Euro/Teilnehmenden beziehungsweise für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten
Freitag, 29. März | 19 bis 21 Uhr Vortrag: wilde Tiere in der Stadt
Immer mehr Wildtiere finden in der Stadt einen neuen Lebensraum. Dabei kann es zu Konflikten mit den Menschen kommen. Bei diesem Vortrag erhalten Sie Informationen über die sogenannten Kulturfolger, die sich im Karlsruher Stadtgebiet aufhalten.
Referent: Stefan Lenhard, Wildtierbeauftragter Anmeldung bis 25. März – kostenlose Veranstaltung!
Samstag, 30. März | 9 bis 11 Uhr Plogging im Wald – Aktion im Rahmen der Karlsruher DreckWegWochen
Plogging steht für eine Natursportart, bei der Abfälle gesammelt und gleichzeitig gejoggt wird. Der Begriff setzt sich zusammen aus „plocka“ aus dem Schwedischen für „aufheben“ und Jogging. Nach einem kurzen Aufwärmtraining begeben wir uns in verschiedenen Leistungsklassen auf unterschiedliche Laufstrecken von einem, fünf oder zehn Kilometern und sammeln beim Laufen Abfälle im Wald.
Referent: Bernd Struck, sportlicher Förster Anmeldung bis 25. März – kostenlose Veranstaltung
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 2524 | Stadt – Wald – Mensch
Samstag, 30. März | 10 bis 14 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Besteck schnitzen
Aus frischgeschlagenem Holz werden wir Holzmesser, Brieföffner oder Löffel schnitzen. Sie entscheiden selber, was Sie am besten gebrauchen können!
Referent: Thomas Katz, Erzieher und Grünholzschnitzer Anmeldung bis 22. März – Kosten: 15 Euro/Teilnehmenden beziehungsweise für einen Erwachsenen und ein Kind, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten
Samstag, 6. April | 11 bis 17 Uhr Osterbasteln am Waldklassenzimmer
Unter der Anleitung einer Floristin ist die Fertigung von Osterdekorationen und -gestecken aus Naturmaterialien möglich. Für Kinder haben wir verschiedene Osterbastelaktionen vorbereitet. Auch die Holzwerkstatt ist zum Schnitzen geöffnet. Das Wald-Café lädt zu Kaffee, Kuchen und herzhaften Kleinigkeiten ein.
Ohne Anmeldung – Kosten: Bastelbeitrag 5 Euro/Familie
Samstag, 6. April | 17:15 bis 18 Uhr Osterfeuer am Waldklassenzimmer
Im Anschluss an das Osterbasteln entzünden wir auf dem Gelände des Waldklassenzimmers ein Feuer, um damit den Winter zu vertreiben und den Frühling zu begrüßen.
Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung!
Samstag, 6. April | 12. Oktober | 23. November Sonntag, 19. Mai jeweils von 12:30 bis 16:30 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: freies Schnitzen
An diesen Tagen stehen wir Ihnen für Fragen und Beratungen zum Thema Holzbearbeitung zur Verfügung. Sie können selbst entscheiden, was Sie mit Holz gestalten wollen.
Referent: Thomas Katz, Schnitzer oder Nicolai Tschampel, Förster und Schreiner
Ohne Anmeldung – um eine Spende wird gebeten
26 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 27
Mittwoch, 10. April | 17. April | 24. April | 8. Mai | 15. Mai | 22. Mai jeweils von 18 bis 19:30 Uhr Kundalini-Yoga am Waldzentrum – Im Einklang sein mit der Natur
Kundalini-Yoga ist eine gleichzeitig dynamische und entspannende Yogaform mit speziellen Atemtechniken und Meditationen. Am Waldzentrum, in der freien Natur praktiziert, wird der Kurs zu einem ganz besonderen, gesundheitsfördernden Erlebnis. Bei Interesse der Teilnehmenden kann der Kurs fortgeführt werden.
Kosten: 60 Euro/Teilnehmenden für sechs Termine, maximal 15 Teilnehmende Anmeldung bis 5. April bei Petra Kiefer, zertifizierte Kundalini-Yogalehrerin E-Mail: kiefer-petra@web.de | Telefon: 0171 9597351
Freitag, 12. April | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Frühblüher im (Berg-)Wald
Im Frühling ist der Waldboden übersät von den Blüten verschiedener Pflanzen. Bei diesem Spaziergang im Bergwald am Thomashof lernen wir einige davon genauer kennen.
Achtung: Witterungsbedingt kann es kurzfristig zu einer Verschiebung der Veranstaltung kommen. Referent: Ulrich Kienzler, Forstamtsleiter
Anmeldung bis 5. April – kostenlose Veranstaltung!
Samstag, 13. April | 11 bis 13 Uhr Waldrallye: Entdecke den Wald mit der App 4.0
Wald 4.0 ist eine kostenlose und offline einsetzbare App, die eine völlig neuartige Lernerfahrung rund um die Themen Wald und Naturschutz bietet. Die drei Touren, „Das Versteck“ (Kinder ab zehn Jahren), „Die Suche“ (Jugendliche ab 14 Jahren) und „Der Meister“ (Erwachsene), können einzeln oder in Gruppen bis vier Personen gespielt werden. Einfach die App Wald 4.0 auf das Android Smartphone herunterladen und eine Tour ausprobieren.
Referentin: Jessica Meyer-Rachner, Försterin und Waldpädagogin
Anmeldung bis 5. April – kostenlose Veranstaltung für Familien mit Kindern ab zehn Jahren, Jugendliche und Erwachsene!
Samstag, 13. April | 11 bis 13 Uhr Essbare Wildpflanzen im Frühlingswald – kennenlernen und verkosten
Im Vergleich mit unseren Kulturpflanzen sind die heimischen Wildpflanzen wahre Kraftpakete und strotzen nur so vor wertvollen Inhaltsstoffen. Sie erfahren, wie Sie die Pflanzen sicher bestimmen können und erleben, wie unsere heimischen „Superfoods“ schmackhaft zubereitet werden. Je nach Vegetationsstand probieren wir auch Blätter von Bäumen und Baumkeimlinge.
Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin
Anmeldung bis 5. April – Kosten: 20 Euro/Teilnehmenden zuzüglich 4 Euro Materialkosten
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 2928 | Stadt – Wald – Mensch
Dienstag, 23. April bis Freitag, 26. April jeweils 9 bis 14 Uhr Osterferienprogamm: Kuckuck, ruft´s aus dem Wald
Endlich ist wieder Zeit für Entdeckungen, Spiel und Abenteuer in der frisch erwachten Natur. Wir wollen diese Zeit ausgiebig genießen und uns überraschen lassen, was der frühlingshafte Wald alles zu bieten hat. Dabei erfahren wir viel über die Tiere und Pflanzen im Wald. Am Ende der Ferienwoche entfachen wir gemeinsam ein Lagerfeuer, an dem wir ein leckeres Mittagessen zubereiten.
Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 14 Teilnehmende Kosten: 95 Euro/Kind inklusive Materialkosten ohne Verpflegung
Anmeldung bei Regine Schirmer, Waldpädagogin E-Mail: mail@naturerlebnis-schirmer.de Telefon: 07236 7282
Freitag, 26. April | 19 bis 21 Uhr Die Massenvermehrung des Waldmaikäfers im Hardtwald
Alle vier Jahre kann man im Hardtwald das Naturphänomen der Maikäfermassenvermehrung beobachten. In der Abenddämmerung starten die dicken Brummer zu ihren imposanten Flügen. Erfahren Sie interessante Details zu diesen Tieren, ihrem Einfluss auf das Ökosystem Wald und erleben Sie ein spannendes Naturschauspiel.
Achtung: Witterungsbedingt kann es kurzfristig zu einer Verschiebung der Veranstaltung kommen!
Referent: Andreas Ott, Förster und Waldpädagoge Anmeldung bis 18. April – kostenlose Veranstaltung!
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 3130 | Stadt – Wald – Mensch
Freitag, 26. April | 19 bis 21 Uhr „... in den Bäumen hin und her, fliegt und kriecht und krabbelt er“ – Familienausflug zu den Maikäfern
2019 fliegen, kriechen und krabbeln sie wieder – die Maikäfer! Bei diesem Ausflug bekommen Sie spannende Infos und lernen Spiele und Aktionen rund um den sonst vor allem aus dem Süßigkeitenladen bekannten Käfer kennen.
Achtung: Witterungsbedingt kann es kurzfristig zu einer Verschiebung der Veranstaltung kommen!
Referent: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe
Anmeldung bis 18. April – kostenlose Veranstaltung!
Sonntag, 28. April | 15 bis 18 Uhr Heia Walpurgisnacht – Familienrallye im Wald und am Feuer
In Anlehnung an die Geschichte der kleinen Hexe von Otfried Preußler lernen wir den Wald aus ihrer Sicht kennen und tanzen zum Schluss um das Walpurgisfeuer.
Referentin: Ulrike Rümmele, Wald- und Naturpädagogin
Anmeldung bis 23. April – Kosten: 12 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab fünf Jahren, jedes weitere Familienmitglied 6 Euro
32 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 33
Dienstag, 30. April | 7. Mai | 14. Mai | 21. Mai | 28. Mai | 4. Juni | 25. Juni | 2. Juli | 9. Juli | 16. Juli | jeweils von 17 bis 18:30 Uhr Hatha-Yoga am Waldzentrum – Entspannung in der Natur (Präventionskurs)
Für Menschen, die mit Freude, Leichtigkeit und Gelassenheit beweglich und flexibel werden, Muskulatur systematisch aufbauen und über verschiedene Atemtechniken entspannen wollen.
Kosten: 100 Euro/Teilnehmenden für zehn Termine, maximal 15 Teilnehmende. Ein Zuschuss der Krankenkasse ist möglich. Anmeldung bis 23. April bei Radka Svehlova, zertifizierte Yogalehrerin
E-Mail: purnima-yoga@web.de Telefon: 0721 3297301 oder 0152 23416570
Samstag, 4. Mai | 10 bis 14 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Geschenkideen zum Muttertag
An diesem Tag können Kinder zusammen mit ihren Vätern in der Holzwerkstatt aus frischem Lindenholz Geschenke, wie zum Beispiel eine Holzblume, zum Muttertag schnitzen.
Referent: Thomas Katz, Erzieher und Grünholzschnitzer
Anmeldung bis 26. April – Kosten: 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten
Sonntag, 5. Mai | 7 bis 9 Uhr Vogelstimmenspaziergang mit anschließendem Frühstück im Waldzentrum bis etwa 11 Uhr
Im Frühjahr singen die Vögel um ihre Reviere zu markieren und Weibchen anzulocken. Anfang Mai besteht noch eine gute Chance, häufige Stimmen kennenzulernen und so die einzelnen Gesänge zu unterscheiden. Der Ornithologe wird die Vogelstimmen rund um das Waldzentrum erklären und Tipps geben, wie man sich einzelne Stimmen merken kann. Die Verpflegung für das anschließende Frühstück muss mitgebracht werden.
Referent: Oliver Harms, Diplom Geoökologe und Ornithologe
Anmeldung bis 26. April – Kosten: 5 Euro/Teilnehmenden, 10 Euro/Familie mit Kindern ab zehn Jahren, ohne Verpflegung
Donnerstag, 9. Mai | 16. Mai | 23. Mai | 6. Juni | 13. Juni | 27. Juni | 4. Juli | 11. Juli | 18. Juli | 25. Juli jeweils von 8 bis 9 Uhr Qigong – Kraft tanken am Morgen
Mit Qigong in den Tag zu starten ist eine wundervolle Möglichkeit zur Entspannung und zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Wir erarbeiten draußen in der Natur energetisierende und dabei entspannende Bewegungsfolgen mit meditativen Elementen. Bei Interesse der Teilnehmenden kann der Kurs fortgeführt werden.
Kosten: 60 Euro/Teilnehmenden für zehn Termine, maximal 15 Teilnehmende Anmeldung bis zum 3. Mai bei Beate Wolf, Osteopathin und Heilpraktikerin
E-Mail: praxis@beatewolf.de Telefon: 0721 8305052 oder 0171 2690304
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 3534 | Stadt – Wald – Mensch
Freitag, 10. Mai | 12. Juli | 18. Oktober jeweils von 16:30 bis 18:30 Uhr Waldgeschichten rund um die Eiche, Buche und Kiefer
Mit dem Fahrrad geht es durch den Hardtwald zu charakteristischen und besonderen Exemplaren der jeweiligen Baumart. Neben Informationen zur Biologie, Ökologie und forstlichen Nutzung hören Sie auch Gedichte und Geschichten rund um Eiche, Buche und Kiefer.
Referent: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe
Anmeldung bis 3. Mai (5. Juli, 11. Oktober) – kostenlose Veranstaltungen!
Samstag, 11. Mai | 14:30 bis 18 Uhr Wilde Waldküche
Bei einem Spaziergang durch den Frühlingswald sammeln wir essbare Wildpflanzen und kochen uns daraus zusammen mit anderen Zutaten am Lagerfeuer ein leckeres Waldmenü.
Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer Anmeldung bis 4. Mai – Kosten: 20 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro inklusive Kosten für Essen und Getränke
Sonntag, 12. Mai | 14 bis 17 Uhr Stunde der Gartenvögel am Waldklassenzimmer
Heute beobachten wir die Vogelarten am Waldklassenzimmer, lernen Unterschiede im Aussehen und Verhalten kennen und zählen die Anzahl der vorkommenden Tiere. Dabei nehmen wir teil an dem bundesweiten Projekt vom Naturschutzbund NABU. Ferngläser bitte mitbringen, soweit vorhanden.
Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung!
Freitag, 17. Mai | 21 – 23 Uhr Wilde Tiere in der Stadt – auf Erkundungstour
Bei einem Spaziergang in der Günther-Klotz-Anlage entdecken wir neu eingewanderte und schon lange in Karlsruhe vorkommende wilde Stadtbewohner. Wie die Wildtiere in der Stadt leben und wie wir mit ihnen umgehen sollten, erfahren Sie bei diesem nächtlichen Streifzug.
Referent: Stefan Lenhard, Wildtierbeauftragter
Anmeldung bis 10. Mai – kostenlose Veranstaltung!
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 3736 | Stadt – Wald – Mensch
Freitag, 31. Mai | 17 bis 20 Uhr Barfußspaziergang auf Waldpfaden mit wildem Waldpicknick
Erleben Sie hautnah die vielfältigen Vorteile des Barfußgehens gegenüber der normalen Fortbewegung mit Schuhen. Während der Veranstaltung wechseln sich Übungen und Informationseinheiten ab. Sie entscheiden selber, wie lange Sie sich barfuß fortbewegen wollen. Im Wald genießen Sie ein Picknick aus wilden Wald- und Wiesenköstlichkeiten.
Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin Anmeldung bis 24. Mai – Kosten: 15 Euro/Teilnehmenden zuzüglich 5 Euro Materialkosten
Samstag, 1. Juni | 10 bis 14 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Türstopper schnitzen
Heute können lustige Türstopper mit Tierfiguren gestaltet werden, damit ab sofort keine Tür im Haus mehr mit lautem Knall zufällt!
Referent: Thomas Katz, Erzieher und Grünholzschnitzer Anmeldung bis 24. Mai – Kosten: 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten
Samstag, 1. Juni | 13 bis 17 Uhr Wald und Bäume in der Bibel
Viele Bibelstellen beschäftigen sich mit Bäumen oder dem Wald. Wir lernen solche Zitate kennen und erfahren, wie der Wald in damaliger Zeit in Israel und Europa aussah. Nach dem historischen Einstieg begeben wir uns in den heutigen Wald bei Rüppurr. Durch bewusste Wahrnehmung der Schöpfung gehen wir auch auf unsere Verantwortung ihr gegenüber ein.
Referenten: Bernd Struck, Förster und Angehörige des Stadtklosters St. Franziskus Anmeldung bis 24. Mai – kostenlose Veranstaltung!
Sonntag, 19. Mai | 11 bis 17 Uhr Tag der offenen Tür an Waldzentrum und Waldklassenzimmer
Unter dem Motto „Stadt – Wald – Mensch“ erwartet Sie im Hardtwald ein abwechslungsreiches Programm von Waldpädagogik und Forstamt Karlsruhe mit vielen Mitmachangeboten und Vorführungen. Verschiedene Stände von anderen Anbietern ergänzen das Angebot. Eine Kutsche fährt durch den Frühlingswald und auch die Holzwerkstatt ist geöffnet. Selbstverständlich ist für Essen und Trinken gesorgt.
Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung!
Freitag, 24. Mai | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Streifzug durch den Hardtwald
Auf einem kleinen Rundgang mit dem Revierförster wollen wir den stadtnahen Hardtwald, seine Bedeutung für den Menschen und seine Bewohner besser kennen lernen.
Referent: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe Anmeldung bis 17. Mai – kostenlose Veranstaltung!
Mittwoch,29. Mai | 26. Juni | 31. Juli | 25. September Samstag, 26. Oktober | jeweils von 14 bis 18 Uhr Backen im Holzbackofen
An diesen Tagen backen wir gemeinsam im Holzbackofen. Zu Beginn bis etwa 15:30 Uhr ist die Temperatur geeignet für Flammkuchen. Anschließend kann man Pizza, dann Brot, Brötchen oder Kuchen backen – zum Mitnehmen oder zum direkten Verzehr. Zutaten oder Teige müssen mitgebracht werden!
Ohne Anmeldung – Kosten: 5 Euro als Beitrag für die Instandhaltung des Ofens und für Brennholz.
38 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 39
Sonntag, 2. Juni | 15 bis 16 Uhr Märchenstunde im Rosenhain
Lasst euch an einem verwunschenen Ort von Dornröschen und anderen Märchen verzaubern! Als Andenken wird eine kleine Biene gebastelt.
Referentin: Annette Volz, Märchenerzählerin
Anmeldung bis 24. Mai – Kosten: 5 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind zwischen vier und sechs Jahren, für jedes weitere Familienmitglied wird um eine kleine Spende gebeten
Mittwoch, 5. Juni | 12. Juni | 19. Juni | 26. Juni | 3. Juli | 10. Juli | 17. Juli | 24. Juli jeweils von 18 bis 19 Uhr Qigong – den Tag entspannt ausklingen lassen
Mit Qigong den Abend zu beginnen, ist eine wundervolle Möglichkeit zur Entspannung und zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Wir erarbeiten draußen in der Natur energetisierende und dabei entspannende Bewegungsfolgen mit meditativen Elementen. Bei Interesse der Teilnehmenden kann der Kurs fortgeführt werden.
Kosten: 50 Euro/Teilnehmenden für acht Termine, maximal 15 Teilnehmende
Anmeldung bis zum 31. Mai bei Beate Wolf, Osteopathin und Heilpraktikerin E-Mail: praxis@beatewolf.de Telefon: 0721 8305052 oder 0171 2690304
Dienstag, 11. Juni bis Freitag, 14. Juni | jeweils 9 bis 14 Uhr Pfingstferienprogramm: Abenteuer Wald
Wir erkunden den frühsommerlichen Wald. Bei gemeinsamen Entdeckungen und Spielen werden wir viel Spannendes über den Wald und seine Bewohner erfahren. Am Ende der Ferienwoche entzünden wir ein gemütliches Lagerfeuer. Das Programm findet zum Teil auf dem Gelände des Waldklassenzimmers statt.
Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 18 Teilnehmende Kosten: 95 Euro/Kind, inklusive Materialkosten ohne Verpflegung
Anmeldung bei Regine Schirmer, Waldpädagogin E-Mail: mail@naturerlebnis-schirmer.de Telefon: 07236 7282
Samstag, 15. Juni bis Sonntag, 16. Juni | jeweils 10 Uhr Wildnis erleben: Survival-Experience-Basiskurs – 24 Stunden im Wald
Unsere Vorfahren lebten noch völlig mit und von der Natur! Viele dieser Fähigkeiten gingen in unserer modernen Lebensweise verloren, aber unsere Verbindung zu dieser natürlichen Welt bleibt, wie auch die Faszination für das Leben draußen! Für 24 Stunden werden wir uns in diese Welt wagen! Wir bauen im Wald einen Unterschlupf und verbringen darin die Nacht. Außerdem machen wir mit einfachen Mitteln Feuer, sammeln Einiges an Nahrung frisch aus dem Wald und bereiten es zu. Für dieses Erlebnis gilt es unter Umständen sich der einen oder anderen Angst zu stellen und eigene Erfahrungen zu erweitern. Seien Sie bereit für diese Herausforderung!
Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer Anmeldung bis 7. Juni – Kosten: 60 Euro/Teilnehmenden
40 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 41
Montag, 17. Juni bis Mittwoch, 19. Juni und Freitag, 21. Juni jeweils 9 bis 14 Uhr Pfingstferienprogramm: Von Land-Art bis Woodknitting – Kunst zwischen Bäumen
Wir verwandeln das Waldklassenzimmergelände und den angrenzenden Wald in einen Raum der Kunst: Waldgeister aus Ton und Filz, Land-Art- Projekte, bestrickte Bäume, Wegemarken aus verschiedensten Materialien – der Fantasie sind (fast) keine Grenzen gesetzt. Natürlich ist der Wald auch Spiel-, Bau- und Erkundungsort.
Für Kinder zwischen acht und zehn Jahren, maximal 12 Teilnehmende
Kosten: 105 Euro/Kind, inklusive Materialkosten ohne Verpflegung Anmeldung bei Arne Trautmann, Steinbildhauer, Archäologe und Kulturpädagoge
E-Mail: ferienprogramm@kulturprojekte-trautmann.de Telefon: 0176 22870005
Freitag, 28. Juni | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Streifzug durch den Wald bei Kirchfeld
Auf einem kleinen Rundgang mit dem Revierförster wollen wir den Hardtwald bei Neureut-Kirchfeld, seine Bedeutung für den Menschen und seine Bewohner besser kennen lernen.
Referent: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe Anmeldung bis 21. Juni – kostenlose Veranstaltung!
Samstag, 29. Juni | 14 bis 19 Uhr Vater-Kind-Wildnistag
Kinder lieben abenteuerliche Wald-Aktionen, auch gerne mal mit dem Papa! Oft fehlt jedoch Zeit und Gelegenheit dafür – oder einfach die richtige Idee! Deshalb gibt es an diesem Tag die Möglichkeit für Väter mit ihren Kindern einen abenteuerlichen Nachmittag miteinander im Wald zu verbringen. Wir erkunden den Wald und werden bei einer spannenden Schatzrallye mit Geländespiel unsere Fähigkeiten als Abenteurer ausleben. Anschließend werden wir Feuer machen und gemeinsam am Lagerfeuer essen.
Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer
Anmeldung bis 21. Juni – Kosten: 20 Euro für einen Vater und ein Kind von mindestens sechs Jahren, jedes weitere Kind 5 Euro, inklusive Materialkosten
Samstag, 29. Juni | 13:30 bis 17 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Garderobenhaken schnitzen
Aus Astgabeln wollen wir individuelle Garderobenhaken schnitzen – Unikate für besondere Orte!
Referent: Thomas Katz, Grünholzschnitzer und Erzieher
Anmeldung bis 21. Juni – Kosten: 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 5 Euro, inklusive Materialkosten
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 4342 | Stadt – Wald – Mensch
Sonntag, 30. Juni | 14:30 bis 17 Uhr Tiere und Pflanzen mit Migrationshintergrund
Was haben Marderhund, Kermesbeere und Varroamilbe gemeinsam? Wie unterscheiden sich heimische von neueingewanderten Tier- und Pflanzenarten? Welche Konsequenzen hat die Neueinwanderung für das heimische Waldökosystem? Diesen Fragen gehen wir heute bei einem kurzen Vortrag mit anschließendem Spaziergang nach.
Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin Anmeldung bis 21. Juni – kostenlose Veranstaltung!
Freitag, 5. Juli | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Radtour zu den Baummonumenten im Oberwald
Bei einer Radtour durch den Oberwald zwischen Dammerstock und Rüppurr lernen Sie markante Wuchsformen von Laub- und Nadelbäumen kennen.
Referent: Jürgen Hartig, Förster Anmeldung bis 28. Juni – kostenlose Veranstaltung!
Samstag, 6. Juli | 10 bis 12 Uhr Wilde Tiere in der Stadt – auf Spurensuche rund um das Wildgehege im Oberwald
Von welchem Wildtier stammt die Spur? In welchen Häusern leben die Wildtiere? Und wie unterhalten sich Wildschweine und Rehe? Dies und noch vieles mehr erkunden wir bei einem spielerischen Streifzug durch den Wald.
Referent: Stefan Lenhard, Wildtierbeauftragter Anmeldung bis 29. Juni – Kostenlose Veranstaltung für Familien mit Kindern ab fünf Jahren!
Freitag, 12. Juli | 20:30 bis 22:30 Uhr Musikalisch-literarischer Waldabend
Heute können Sie am Waldzentrum Geschichten und Gedichten über den Mond lauschen sowie sich bei Liedern und Schlagern über den Mond, die Nacht und die Romantik aus verschiedenen Epochen entspannen.
Referent und Referentinnen: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe, Lotti Schrabnelli und Peggy Püschel (Gitarre und Gesang) Anmeldung bis 5. Juli – um eine Spende für die Künstlerinnen wird gebeten
Samstag, 13. Juli | 14 Uhr bis Sonntag, 14. Juli | 10 Uhr Survival light – Into the Forest
Wer träumt nicht davon, einmal in einer aus Stöcken erbauten Hütte die Nacht unter freiem Himmel zu verbringen? Beim Aufwachen können wir die Waldtiere begrüßen und abends am Lagerfeuer Stockbrot und in Ahornblättern gebackene Kekse verzehren und dabei spannenden Geschichten lauschen.
Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer Anmeldung bis 6. Juli - Kosten: 50 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro
Sonntag, 14. Juli | 10 bis 13:30 Uhr Musikfrühstück am Waldzentrum
Heute kann auf dem Gelände des Waldzentrums gefrühstückt werden. Das Frühstück und die Picknickdecke sind mitzubringen. Für die musikalische Untermalung sorgen nicht nur die gefiederten Sänger ...
Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung!
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 4544 | Stadt – Wald – Mensch
Donnerstag,18. Juli | 19. September jeweils von 15:30 bis 18 Uhr Ein Nachmittag unter Greifvögeln und Eulen
Bei einer Führung durch die Falknerei Karlsruhe lernen Sie verschiedene Greifvogel- und Eulenarten kennen. Danach erleben Sie die Vögel in ihrem natürlichen Element. Hierbei werden die Kinder und Sie uns tatkräftig unterstützen, denn unter Anleitung werden Sie selbst mit den Tieren arbeiten.
Referentin und Referent: Martina und Pierre Kuhlmann, Falknerin und Falkner
Anmeldung erforderlich bis 11. Juli (12. September) – Kosten: 30 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 15 Euro
Freitag, 19. Juli | 15:30 bis 18 Uhr Welcher Baum ist das?
Der Wald entspannt und erholt uns. Aber welche Baumarten kommen dort vor? Erfahren Sie heute Interessantes über die wichtigsten Laub- und Nadelbaumarten im Hardtwald und wie man sie unterscheiden kann. Für Einsteigerinnen und Einsteiger ohne Vorkenntnisse geeignet.
Referent: Andreas Ott, Förster und Waldpädagoge Anmeldung bis 12. Juli – kostenlose Veranstaltung!
Samstag, 20. Juli | 14 bis 18 Uhr Blütenworkshop: Kulinarisches und Naturkundliches zu essbaren Blüten
Blüten sind nicht nur eine Augenweide und/oder ein Dufterlebnis, sondern können auch schmackhaft und sehr gesundheitsfördernd den Speiseplan erweitern. Im Workshop erfahren Sie vieles über den Facettenreichtum der Blüten und bereiten verschiedene Leckereien zu.
Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin Anmeldung bis 5. Juli – Kosten: 20 Euro/Teilnehmenden, zuzüglich 4 Euro Materialkosten
Samstag, 27. Juli | 20:30 bis 22 Uhr Wie das Feuer auf die Erde kam – Märchen rund um das Feuer
Am knisternden, flackernden Lagerfeuer werden in traditioneller Weise Märchen aus aller Welt und Wissenswertes rund ums Feuer erzählt. Ein Erlebnis für alle Sinne!
Referentin: Annette Volz, Märchenerzählerin Anmeldung bis 19. Juli – Kosten: 5 Euro/Teilnehmenden ab 16 Jahre
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 4746 | Stadt – Wald – Mensch
Montag, 29. Juli bis Freitag, 2. August | jeweils 9 bis 15 Uhr Sommerferienprogramm: Zeitreise zu den Kelten
Wir lernen das Leben der geheimnisvollen Kelten kennen, die vor mehr als 2.000 Jahren gelebt haben. Wir färben Wolle und verarbeiten diese auch weiter. Wir fertigen Schmuck oder ein Schutzamulett an und probieren die Kunst des Töpferns oder Korbflechtens aus. Auch ein Besuch bei der als magisch geltenden Eiche darf nicht fehlen. Sicherlich fallen uns eine Menge Geschichten dazu ein … Am letzten Tag probieren wir keltische Rezepte aus und backen auch Leckereien in unserem Lehmbackofen.
Für Kinder zwischen acht und zwölf Jahren, maximal 15 Teilnehmende Kosten: 115 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung
Anmeldung bei Gabi Tagscherer, Kunsthistorikerin und Museumspädagogin E-Mail: gtagscherer@yahoo.de Telefon: 06205 3096886
Montag, 29. Juli bis Freitag, 2. August jeweils 9 bis 15 Uhr Sommerferienprogramm: Waldindianer auf leisen Sohlen
In dieser Ferienwoche werden aus „Großstadtindianern“ richtige Waldindianer. Wir schleichen durch den Wald, gehen auf Tierspurensuche und entdecken spielerisch die Geheimnisse des Waldes. Mitten im Wald errichten wir unser Indianerlager. Hier halten wir Indianerrat, geben uns Indianernamen und lernen indianische Rituale kennen. Gemeinsam stellen wir aus Naturmaterialien Farben her und bauen für unser Pow-Wow eigene Musikinstrumente. So kann das Abenteuer als Waldindianer richtig losgehen!
Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 18 Teilnehmende Kosten: 130 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung
Anmeldung bei Daniela Klüger, Biologin und Waldpädagogin sowie Christine Müller-Beblavy, Geoökologin und Waldpädagogin E-Mail: ferienprogramm@klueger.net Telefon: 0721 4999081
Montag, 5. August bis Freitag, 9. August jeweils 9 bis 14 Uhr Sommerferienprogramm: Didgeridoo und Känguru – Eine Reise nach Australien
Komm mit auf eine Reise ans andere Ende der Welt! Wir spüren im Wald den Traumpfaden der australischen Ureinwohner nach, lernen deren Tierwelt kennen und lassen Kunstwerke im Stil des Dot-Painting entstehen. Außerdem fertigen wir ein Didgeridoo, einen Regenmacher und einen Bumerang an. Am letzten Tag backen wir Brot und Bananenkuchen nach alten Rezepten der Aborigines.
Für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren, maximal 15 Teilnehmende Kosten: 115 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung
Anmeldung bei Gabi Tagscherer, Kunsthistorikerin und Museumspädagogin E-Mail: gtagscherer@yahoo.de Telefon: 06205 3096886
Montag, 5. August bis Freitag, 9. August Montag, 12. August bis Freitag, 16. August jeweils 9 bis 14 Uhr Sommerferienprogramm: Im Wald da sind die Räuber 1 und 2
In dieser Ferienwoche wollen wir das Räuberleben ausführlich kennen lernen. Wir gründen eine Räuberbande, bauen uns ein geheimes Lager im Wald, erproben unsere neu erlernten Fähigkeiten und lernen einige Geheimnisse des Waldes kennen, denn richtige Räuber müssen sich im Wald gut zurecht finden. Am Ende der Ferienwoche bereiten wir ein richtiges Räubermahl am Lagerfeuer.
Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 18 Teilnehmende Kosten: 115 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung
Anmeldung bei Regine Schirmer, Waldpädagogin E-Mail: mail@naturerlebnis-schirmer.de Telefon: 07236 7282
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 4948 | Stadt – Wald – Mensch
Freitag, 9. August | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Wie wirkt sich der Klimawandel auf unseren Wald aus?
Extremereignisse, Trockenheit und Hitze – unser Klima ändert sich. Doch was bedeutet dies langfristig für den Wald vor unserer Haustür? Bei einer Radtour durch den Wald informieren wir Sie über mögliche Änderungen und klimagerechten Waldumbau.
Referent: Ulrich Kienzler, Forstamtleiter Anmeldung bis 2. August – kostenlose Veranstaltung! Freitag, 9. August | 16:30 bis 18:30 Uhr
Freitag, 16. August | 19 bis 21:30 Uhr Abendspaziergang: Fledermäuse und andere Tiere der Nacht
Der Hardtwald ist Lebensraum für mehr als zehn Fledermausarten. Bei unserem Spaziergang lernen Sie typische Waldstrukturen der einzelnen Arten kennen und erfahren einiges über die Biologie, Gefährdung und Schutzmöglichkeiten dieser bedrohten Tiergruppe. Außerdem gibt es Informationen zu anderen nachtaktiven Waldtieren.
Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin, ehrenamtliche Fledermaus-Sachverständige
Anmeldung bis 9. August – kostenlose Veranstaltung!
Freitag, 23. August | 19 bis 21:30 Uhr Fledermausnacht
Im Rahmen der europäischen Batnight lernen wir die geheimnisvollen Flattertiere genauer kennen und gehen mit einem Batdetektor „auf die Jagd“.
Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin, ehrenamtliche Fledermaus-Sachverständige Anmeldung bis 15. August – Kosten: 10 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 5 Euro
Montag, 26. August bis Freitag, 30. August jeweils von 9 bis 15 Uhr Sommerferienprogramm: Zeitreise in die Steinzeit
Mit der Zeitmaschine begeben wir uns auf die Reise in lang vergangene Zeiten und spüren dem Leben in der Steinzeit nach. Wir werden töpfern, Speere schleudern, ein Feuersteinmesser nachbauen, mit selbst hergestellten Farben „Höhlenmalerei“ betreiben und vieles mehr.
Für Kinder zwischen sieben und elf Jahren, maximal 13 Teilnehmende Kosten: 125 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung Anmeldung: bei Arne Trautmann, Steinbildhauer, Archäologe und Kulturpädagoge
E-Mail: ferienprogramm@kulturprojekte-trautmann.de Telefon: 0176 22870005
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 5150 | Stadt – Wald – Mensch
Montag, 2. September bis Freitag, 6. September jeweils von 9 bis 14 Uhr Sommerferienprogramm: Waldwerkstatt
Zum Abschluss der Sommerferien nutzen wir den Wald als Raum zum Spielen und zur kreativen Gestaltung. Vom Baumblattdruck und Betonguss über Kräuterseife und selbst gefärbter Wolle bis hin zu Klappermonstern und Zapfengeistern – wir werden schöne Dinge zum Aufhängen, Verschenken und Selbstbenutzen herstellen.
Wir bilden zwei Gruppen für Kinder von sieben bis neun Jahren und für die Älteren. Beide Gruppen werden viel gemeinsam machen, aber auch unterschiedliche altersentsprechende Dinge unternehmen.
Für Kinder zwischen sieben und elf Jahren, maximal 20 Teilnehmende
Kosten: 115 Euro/Kind, inklusive Materialkosten ohne Verpflegung Anmeldung: bei Arne Trautmann, Steinbildhauer, Archäologe und Kulturpädagoge E-Mail: ferienprogramm@kulturprojekte-trautmann.de Telefon: 0176 22870005
Samstag, 14. September | 14 bis 18 Uhr Waldbaden - die gesundheitsfördernden Wirkungen der Waldatmosphäre
Das sogenannte „Waldbaden“ hat in Japan schon lange Tradition und ist dort anerkannter Bestandteil der Gesundheitsvorsorge. Es wird Shinrin Yoku genannt, wörtlich übersetzt „Eintauchen in die Waldatmosphäre“ oder kurz „Waldbaden“. Dies wollen wir heute erleben.
Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Erlebnispädagogin Anmeldung bis 7. September – Kosten: 20 Euro/Teilnehmenden
Freitag, 27. September | 15:30 bis 17 Uhr Wald vor unserer Haustür: Streifzug durch die Waldstadt
Heute sind wir in den Wäldern der Waldstadt unterwegs.
Referent: Reinhard Huber, Förster Anmeldung bis 20. September – kostenlose Veranstaltung!
Samstag, 5. Oktober | 14 bis 18 Uhr Flüssige Gerste trifft hartes Holz – Wald-Whisky-Wanderung
Erst durch die mindestens dreijährige Reifung in einem Holzfass wird aus einem Getreidebrand ein Whisky. Bei unserer circa fünf Kilometer langen Wanderung durch den Grünwettersbacher Wald besuchen wir verschiedene Eichen, vom Sämling bis zum 200-jährigen Baum. Neben Wissenswertem über Eichen erfahren und schmecken wir bei der Verkostung von fünf Whiskys, wie sich die Auswahl der Eichen auf den Geschmack des Whiskys auswirkt. Ein kleines „waldtypisches“ Vesper sorgt unterwegs für die nötige Stärkung.
Referenten: Bernd Struck, Förster und Rolf Dingler, Whiskyexperte (Chalet Dingler, Durlach) Anmeldung bis 27. September – Kosten: 60 Euro/Teilnehmenden
Freitag, 11. Oktober | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Streifzug durch den Neureuter Auenwald
Der Revierförster nimmt Sie mit auf einen Spaziergang zu charakteristischen Bäumen und Waldaspekten des Auenwaldes und berichtet über spannende Themen aus seinem Alltag.
Referent: René Hotz, Förster Anmeldung bis 4. Oktober – kostenlose Veranstaltung!
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 5352 | Stadt – Wald – Mensch
Freitag, 11. Oktober | 19 bis 21 Uhr Musikalischer Mondscheinspaziergang
Lieder und Schlager über den Mond, die Nacht und die Romantik aus verschiedenen Epochen machen diese Vollmondwanderung durch den nächtlichen Hardtwald zu einem besonderen Erlebnis.
Referentinnen: Lotti Schrabnelli und Peggy Püschel (Gitarre und Gesang) Anmeldung bis 4. Oktober – um eine Spende wird gebeten
Samstag, 12. Oktober | 11 bis 17 Uhr Herbstbasteln am Waldklassenzimmer
Naturmaterialien stellt uns der Wald in dieser Jahreszeit reichlich zur Verfügung. Familien können ihrer Kreativität und Bastelfreude freien Lauf lassen. Wer von der Anstrengung durstig wird, kann an der Apfelpresse einen frischen Saft trinken. Weitere kulinarische Köstlichkeiten gibt es im Wald-Café.
Ohne Anmeldung – Kosten: Bastelbeitrag 5 Euro/Familie
Samstag, 12. Oktober | 14 bis 16:30 Uhr Wie im Schlaraffenland – kulinarischer Genuss vom Waldesrand
Im Herbst ist im Wald der Tisch gedeckt und das nicht nur für die Tiere. Wir entdecken Waldränder ganz neu von ihrer kulinarischen Seite. Gemeinsam bestimmen wir die Sträucher am Wegesrand und ihre Früchte, tauschen Rezepte aus und genießen verschiedene „Waldrandprodukte“.
Referentin: Stephi Bauer, Försterin, Funktionsstelle Waldökologie
Anmeldung bis 4. Oktober – es wird um eine Spende für die Lebensmittel gebeten
Freitag, 18. Oktober | 18:30 bis 21:30 Uhr Schatzsuche im dunklen Wald
Wir erleben eine spannende Nachtwanderung, bei der wir nicht nur im Wald unseren Weg finden, sondern auch auf die Suche nach einem Schatz gehen! In einer abschließenden Lagerfeuerrunde können wir uns dann mit Stockbrot und Tee stärken und den Tag stimmungsvoll beschließen!
Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer
Anmeldung bis 11. Oktober – Kosten: 20 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 8 Euro
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 5554 | Stadt – Wald – Mensch
Samstag, 19. Oktober | 14 bis 17 Uhr Kulinarische Schätze im Herbstwald
Bei unserem Streifzug durch den Herbstwald warten einige kulinarische und gesundheitsfördernde Schätze auf Sie. Sie erfahren, wie zum Beispiel Eichelkaffee und andere herbstliche Waldspezialitäten zubereitet werden. Hören Sie Kurioses über die Lebenswelt der Bäume und erweitern Sie Ihr naturkundliches Waldwissen. Natürlich gibt es auch wilde Probiererle zum Verkosten vor Ort.
Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin Anmeldung bis 11. Oktober – Kosten: 15 Euro/Teilnehmenden zuzüglich 4 Euro Materialkosten
Montag, 28. Oktober bis Donnerstag, 31. Oktober jeweils 9 bis 14 Uhr Herbstferienprogramm: unterm bunten Blätterdach
Der Herbst lädt uns ein, den Wald noch einmal mit allen Sinnen zu genießen bevor der Winter kommt. Wir erleben, wie sich die Tiere auf die kalte Jahreszeit vorbereiten, richten uns ein gemütliches Lager ein und halten uns bei wilden Waldspielen warm. Wir entdecken die vielen verschiedenen Farben des Herbstes und erschaffen daraus eigene Kunstwerke. Die gemeinsame Ferienwoche beschließen wir am wärmenden Feuer mit einem selbstgemachten Lagerfeueressen.
Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 18 Teilnehmende
Kosten: 95 Euro/Kind, inklusive Materialkosten ohne Verpflegung Anmeldung bei Regine Schirmer, Waldpädagogin
E-Mail: mail@naturerlebnis-schirmer.de Telefon: 07236 7282
Donnerstag, 31. Oktober | 17 bis 19:30 Uhr Halloween im Wald - Familienrallye
Wir begeben uns im dunklen Wald auf Geisterjagd und stärken uns anschließend mit leckerem Stockbrot am gemütlichen Lagerfeuer.
Referentin: Regine Schirmer, Waldpädagogin Anmeldung bis 25. Oktober – Kosten 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 7,50 Euro
Samstag, 9. November | 13 bis 16 Uhr Licht in der dunklen Jahreszeit – Laternen und Lichtobjekte aus Weidenruten
Wir gestalten eine Laterne aus Weidenruten mit farbigem Seidenpapier.
Referentin: Christine Lutz, Wald-, Atelier- und Werkstattpädagogin Anmeldung bis 31. Oktober – Kosten: 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 7,50 Euro inklusive Materialkosten für eine Laterne
Sonntag, 10. November | 14 bis 17 Uhr Überwinterung der Tiere
Was brauchen Igel, Wildbienen, Schmetterlinge und Co. zum Überwintern und wie können wir ihnen helfen? Heute Nachmittag lernen wir unterschiedliche Überwinterungsstrategien kennen und basteln kleine Quartierhilfen, die am Waldklassenzimmer aufgestellt werden.
Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin Anmeldung bis 31. Oktober – um eine kleine Spende für Materialkosten wird gebeten
56 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 57
Samstag, 16. November | 9 bis 13 Uhr Holzernte erleben – mit den Forstwirten im Bergwald unterwegs
Wenn im Herbst die Bäume ihre Blätter verlieren, beginnt im Wald die Holzernte. Erfahren Sie, nach welchen Kriterien die zu fällenden Bäume ausgewählt werden. Erleben Sie die Fällung und den bodenschonenden Transport. Außerdem zeigen wir, was aus dem gewonnenen Rohstoff alles entsteht.
Referenten: Frank Weber, Forsttechniker und Forstwirte Anmeldung bis 8. November – kostenlose Veranstaltung!
Freitag, 22. November | 14:30 bis 17 Uhr Adventskränze, -gestecke und Dekoration selbst gemacht
Unter Anleitung einer erfahrenen Floristin können Adventskränze und Türschmuck für die Vorweihnachtszeit gebastelt werden.
Referentin: Margit Kurz, Floristin Anmeldung bis 15. November – 22 Euro/Teilnehmenden, inklusive Reisig, zuzüglich Materialkosten
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 5958 | Stadt – Wald – Mensch
Dienstag, 10. Dezember bis Donnerstag, 12. Dezember jeweils von 17 bis 19:30 Uhr Lichterreise
Freuen Sie sich auf einen Adventsspaziergang im von Kerzen erleuchteten Wald. Weihnachtsgeschichten in Bildern, eine Krippe mit lebensgroßen Holzfiguren und Punsch am warmen Ofen erwarten Sie.
Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung!
Samstag, 14. Dezember | 11 bis 14 Uhr Weihnachtskrippen selbst gebaut/Weihnachtsfiguren selbst gemacht
Mit Naturmaterialien und vielen kreativen Ideen bauen wir unsere eigene Weihnachtskrippe. Eine Weihnachtsidee für Eltern mit Kindern oder Großeltern mit Enkeln.
Referentin: Ulrike Rümmele, Wald- und Naturpädagogin Anmeldung bis 6. Dezember – Kosten: 25 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten
Samstag, 23. November | 11 bis 17 Uhr Adventsbasteln am Waldklassenzimmer
Die Adventszeit rückt näher und es wird Zeit das Zuhause weihnachtlich zu dekorieren. Ob Sie unter Anleitung einer erfahrenen Floristin basteln oder selbst kreativ werden wollen, steht Ihnen frei. Auch die Schnitzwerkstatt ist geöffnet. Für Kinder haben wir uns ein spezielles Bastelprogramm ausgedacht. Im Wald-Café kann man sich diverse Kleinigkeiten schmecken lassen.
Ohne Anmeldung – Kosten: Bastelbeitrag 5 Euro/Familie (inklusive Material für einen Kranz oder ein Gesteck)
Samstag, 7. Dezember | 14 bis 17 Uhr Aktiv werden für den Artenschutz: Weihnachtsgeschenke für Waldtiere
Der Winter ist für die Waldtiere eine entbehrungsreiche Zeit. Deshalb stellen wir heute für unterschiedliche Tiergruppen artgerechtes Futter her und schenken es den Tieren im eigenen Garten oder am Waldklassenzimmer.
Referentin: Ulrike Rümmele, Wald- und Naturpädagogin Anmeldung erforderlich bis 30. November – Kosten: 10 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab fünf Jahren, jedes weitere Familienmitglied 5 Euro, inklusive Materialkosten
Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 6160 | Stadt – Wald – Mensch
Impressum
Waldpädagogik Karlsruhe Waldzentrum – Forstamt, Stadt Karlsruhe Linkenheimer Allee 10 76131 Karlsruhe
Layout und Karte: Martina Hopp, Liegenschaftsamt
Bilder:
Titel: Sprung vom Baumhaus, Archiv Waldpädagogik
Seite 6: Waldsofa, Christine Bürger
Seite 7: Erlebnispädagogik im Wald, Archiv Waldpädagogik
Seite 10: Pflanzaktion in Grünwinkel, Archiv Waldpädagogik
Seite 11: Fortbildung am Waldzentrum, Archiv Waldpädagogik
Seite 14: Entdeckertag am Waldklassenzimmer, Archiv Waldpädagogik
Seite 15: Yoga am Waldzentrum, Archiv Waldpädagogik
Seite 16: Barfuß im Wald, Daniela Schneider
Seite 17: Backen im Holzbackofen, Archiv Waldpädagogik
Seite 18: Musikalischer Spaziergang, Archiv Waldpädagogik
Seite 19: Raus in den Wald, Christine Bürger
Seite 24: Schnitzvorlagen Besteck, Archiv Waldpädagogik
Seite 25: Holzwerkstatt, Archiv Waldpädagogik
Seite 28: Land-Art im Wald, Regine Schirmer
Seite 29: Frühlingswald, Archiv Waldpädagogik
Seite 30: Maikäfer, Martin Kurz
Seite 31: Walpurgisnacht, Archiv Waldpädagogik
Seite 34: Essbares aus dem Wald, Daniela Schneider
Seite 35: Haubenmeise, Oliver Harms
Seite 44: Greifvogel, Archiv Waldpädagogik
Seite 45: Essbare Blüten, Archiv Waldpädagogik
Seite 48: Radtour durch den Hardtwald, Archiv Waldpädagogik
Seite 49: Reise in die Steinzeit, Archiv Waldpädagogik
Seite 52: Holzmännchen, Archiv Waldpädagogik
Seite 53: Lagerfeuer, Archiv Waldpädagogik
Seite 56: Holzernte, Bernd Struck
Seite 57: Adventskranz, Archiv Waldpädagogik
Seite 58: Weihnachtsdekoration Holz, Archiv Waldpädagogik
Seite 59: Krippenbau, Archiv Waldpädagogik
Druck: xxxxxxx, Recyclingpapier, Auflage 8000 Exemplare
Stand: Januar 2019
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Anfahrt zum Waldzentrum Das Waldzentrum befindet sich im stadtnahen Hardtwald in der Linkenheimer Allee 10. Sie erreichen es mit:
Fahrrad: durch den Schlossgarten bis zum Nordausgang am Teich, weiter die Linkenheimer Allee fahren bis eine Brücke über den Adenauerring führt. Von da aus noch etwa 500 Meter die Linkenheimer Allee entlang. Fahrradabstellplätze sind am Waldzentrum und Waldklassenzimmer vorhanden.
Bus Linie 73: ab Europaplatz Richtung „Kirchfeld Nord“ bis Haltestelle „Am Kanalweg“, von dort etwa ein Kilometer Fußweg.
Straßenbahn (Tram): ab Haltestelle Marktplatz etwa zweieinhalb Kilometer Fußweg durch den Schlosspark und die Linkenheimer Allee.
PKW: ab Durlacher Tor/Mühlburger Tor den Adenauerring entlang fahren. Zwischen Schützenhaus und Stadion bei der Fußgängerbrücke nach Norden in die Linkenheimer Allee abbiegen. Parkplätze befinden sich am Waldzentrum und nahe der Fußgängerbrücke (etwa 500 Meter Fußweg).
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/kinderbuero/kinderinteressen/die_natur_des_kindes/natur_des_kindes_veranstaltung/HF_sections/content/ZZnnuCZ2m6gqvt/ZZoZGWTJ3a8fDV/Jahresprogramm%202019%202%20Teil.pdf
Pfinzgaumuseum Karlsruhe-Durlach
Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs
Band 3
Herausgegeben von der Stadt Karlsruhe
Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach Akzente seiner Neugestaltung
Karlsruhc 1976
Inhalt
Dr. Ludwin Langenfeld : Geschichte des Pfinzgaumuseums . 7
Dr. Helga Walter-Dressler: Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser 19 Prof. Dr. Ernst Petrasch: Durlacher Fayencen 1723-1840 . 30
Dr. Walther Franzius: Zu r Technik der Fayeneeherstellung . 40
Dr. Ludwin Langenfeld: D ie Straßburg-Durlacher Bibel von 1529/30 und ih re Drueker Wo lf Köpfl und Velt in Kobian . 42
Dr. Eva Zimmerman n: Zwei spätgotische Bildwerke aus Wössingen 69 Ernst Schneider: Du rlach im Wandel der Jahrhunderte . 77
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibl iothek Das Pfinzgaumuseum in Ka rl sruhe-Durlach - Akzente seiner Neugestaltung Karlsruhe: C. F. Mü ller, 1976 ISBN 3-7880-9565-2
Redaktion: Archivdirektor Dr. Ludwin Langenfe ld
Umschlagbild (Pfinzgaumuseum): Manfred Schaeffer, Karlsruhe Gesamtherstellung : C. F. Müller, Großd ruekerei und Verlag GmbH, Karlsruhe
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Zugleich mit dem Erscheinen dieser Dokumentation öffnet das Pnnzgaumuseum im Prinzessinnen-
bau des Durlacher Schlosses nach langw ieriger Restaurierung und Neugesta ltung wieder seine engen und doch so weit gewordenen Pforten. Eng, weil die al tehrwürdige Wendeltreppe wenig-
stens zum Teil in den Zugang zu den einzelnen Stockwerken miteinbezogen bleibt. Weit, weil
die Neugestaltung, indem sie große Akzente setz t, nämlich die Durlacher Fayencen, die Bi lder des Durlacher Malers Karl Weysser, die a lten Durlacher Buchdruckerzeugnisse und sd,ließlich die um
die Schlacht bei Durlach kreisenden Revolu tionsdokumente von 1848/49, ei ne schöpferische und
vita le Vielfalt offenbart, die der Mutterstadt Karlsruhes zur Ehre gereicht und der überörtliche Bedeutung und Ausstrahlung zukommt. Die Stadt Karlsruhe freut sich, das so erneuerte Museum,
das der Initiative eines ei nzeln en seine Entstehung verdankt, der Offentlichkeit als Zeichen ihrer kulturellen Bemühungen übergeben zu können. Mögen alle sich mitverantwortlich fü hlen für die
Erhaltung und Pflege der unersetzlichen Werte, die hier zusammengetragen wurden. E ine künfl:ige Restaurierung des gesamten Schloßkomplexes wi rd dem Museum weitere Räume ersch li eßen. Dann
werden - über die heute gesetzten Akzente hinaus - all die vielfältigen Zeugnisse der Heimat- liebe gezeigt werden können, die den ei nzelnen Bürger mit der Gesamtheit der Gemeinde ver-
binden .
Ostern 1976
Otto Dullenkopf Oberbürgermeister
Ludwin Langenfeld
Geschichte des Pfinzgaumuseums
Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach verdankt seine Gründung und sei nen Aufbau der
Privatinitiative einer einzigen Persönlichkeit, nämlich dem am 29. Juli 1877 in Durlach geborenen
Friedrich Eberle. Er war das jüngste Kind der a lten Durlacher Bürgerfamilie des Werkmeisters
Eustachius Eberle. Der Vater Eberle war, wie später sein Sohn, ein begabter Mann, Erfinder einer für seine Firma sehr brauchbaren Zündholz maschine. Schon als Kind interessierte sich der Sohn Fried rich für die Geschichte seiner Heimatstadt. 1909 fing er an, a lte heimatliche Gegen- stände zu sammeln . Inzwischen war er in den Dienst der damaligen Reichspost getreten, bei der
er eine einundfünfzigjährige Dienstzeit (Postinspektor) verbrachte. Der Sechsunddreißigjährige trat im Jahre 1913 mit dem Anerbieten an den Durlacher Gemeinderat heran, daß er Altertümer
sammeln und ein Museum entstehen lassen wo ll e. Am 16. September 1913 übertrug ihm dcr
Gemeinderat Durlach das Ehrenamt ci nes "Städtisdlcn Konservators". Friedrich Eberle hat die- ses Datum mit Recht späterhin immer als den Gründungstag des Pfinzgaumuseums bezeichnet.
Bereits am 24. September 1913 erschien der erste einer langen Reihe seiner Artikel und Aufrufe
im "Durlacher Wochenblatt (Tageblatt)", in dem es heißt: "Einem langen und vielsei tigen Wunsch
entsprechend, hat nun unsere Stadtverwaltung der Anlegung einer städtischen Sammlun g zuge-
stimmt und für die Sammlungsobjekte einen Raum im Rathaus zu r Verfügung gestellt. Es ist
jetzt Gelegenheit, Gaben, wie Durlacher Fayence, Zinnsachen, a lte Schlösser und Beschläge,
Urkunden, Durlacher Abbi ldungen und Bücher, Du rlacher Produkte der letzten Jahrzehnte u.s.w., die da und dort noch herumliegen, an den richtigen Ort zu bringen und damit se inen
Namen zu verewigen. Möge jedes dazu beitragen, daß alte, interessante Gegenstände nicht mehr
zu Durlach hinauswandern. Es tut ei nem ordentlich wehe, wen n man fremde Sammlungen durch-
geht und sieht, daß Durlacher Sachen, vielfach als Geschenk, dort aufgestellt sind ." Der Auf-
ruf war .. Durlacher Altertümersammlung" überschrieben. Bereits fü nf Wochen später, am
30. Oktober 1913, konnte Eberle im "Durlacher Wochenbla!!" melden, daß der Sammlung in- zw ischen gegen dreihundert Objekte, darunter 27 Durlacher Fayencen, zugefüh rt worden seien.
Zum gleichen Zeitpunkt zog die Sammlung in ei nen großen Kellerraum der Gewerbeschule um.
In der Ausgabe des "Durlacher Wochenblatts" vom 5. Jun i 1914 taucht zum ersten Male der Name "Pfinzgaumuseum" fü r die .. Durlacher Altertümersammlung" auf. Diese Benennung ist
eine glückliche Erfindung Friedrich Eberles, der damit schon damals - unter Beibehaltung der
Zentralfunktion Durlachs - seine Sammelkonzeption auf die umgebende Landschaft, insbeson-
dere den östlich angrenzenden Pfinzgau ausdehnte. Bereits in der Ausgabe des "Durlacher
Wochenblatts" vom 25. Juli 1914 erscheint nur noch die Benennung "Pfinzgaumuseum", die wohl
7 auch durch die zu gleicher Zeit laufenden Landtagsverhandlungen initiiert wurde, in denen zur
Sprame kam, die einzelnen Bezirke mödlten ihre Altertümer sammeln und der Staat solle ihnen
hierbei mit Rat und Tat zu r Seite stehen. Einige Tage später unterbrach der Ausbruch des Welt-
krieges die heimatpflegerischen Bemühungen. Die Sammlung wurde in ein großes Zimmer des
Gymnasiums verbracht. Hier wäre sie, schreibt Eberle in seinen Aufzeichnungen, den Krieg über
verblieben, .. wenn nicht ein so vergeßlicher Professor im StOckwerk obenan den Wasserhahnen
Wappen tafel des Durlacher Schlosses von 1565
hätte offen stehen lassen, wod urch die Nacht das Wasser durch die Decke in das Sammelzimmer
drang und die Gegenstände durchnäßte und beschmutzte". Nun wurde die Sammlung in ein Zim-
mer im 3. Stock werk verlagert und kam von hier aus 1918 zunächst in die Privatwohnung Eberles.
Im Juli 1922 gelang es Eberle, die 1905-1907 durch den Landeskonservator der Offentlichen
Baudenkmale instandgesetz ten Räume des sogenannten Prinzessi nnen baues, der südwestlichen 8
Ecke des Durlacher Markgrafenschlosses, zu erhal ten. Die Sammlung war inzwischen bedeutend angewachsen, nicht zuletzt durch den Ankauf der umfangreichen Fayencensammlung der Familie Walz durch die Stadt Durlach (ein Ankauf, der 1963 eine Parallele durch den Ankauf eines 15teiligen Services durch die Stadt Karlsruhe fand) und durch weitere Spenden aus der Bevölke- rung. Hier muß insbesondere des Freiherrn Schilling von Canstatt zu Hohenwettersbach als eines hochherzigen Förderers des Museums gedacht werden. Anfang März 1924 wurde das Museum eröffnet. In einem Schreiben vom 6. März 1924 sprach der Oberbürgermeister der Stadt Durlach, Zöller, Friedrich Eberle den Dank des Stadtrates "fü r das Gelingen des großen Werkes" aus. Einige Tage später besichtigte der Stadtrat das Museum und in der Stadtratssitzung vom 19. März 1924 wurde Eberle nochmals der Dank der Stadtverwaltung ausgesprochen. Vom April bis Oktober 1924 war das Museum nunmehr den Besuchern sonntags von 11 - 13 Uhr zugänglich, die überwachung und das Kassieren des Eintrittsgeldes (30 Pfg.) waren Ehrensache des Konser- vators und seiner Frau. (übrigens wurde erst ab 1. April 1955 der Museumsbesuch entgeltfrei ge- macht.) Während des Winters blieb das Museum geschlossen, da es nur unzulänglich beleuchtet war und vor allem über keinerlei Beheizung verfügte (die Luftfeuchtigkeit betrug bis zum Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972 im Mittel70 Ofo). Diese winterliche Schließung des Museums ist seither alljährlich durchgeführt worden, erst mit der völligen architektonischen und museums- technischen Neugestaltung des Museums, zu dessen Eröffnung im Frühjahr 1976 die vorliegende Dokumentation erscheint, wird - dank der modernen Heizungs- und Beleuchtungsanlagen -
eine ganzjährige Offnung möglich. Da wir einen historischen Abriß schreiben, wollen wir um der Wahrheit wi llen nicht verschwei-
gen, daß es 1925 zu einer Kontroverse zwischen dem Durlacher Oberbürgermeister und Konser-
vator Eberle kam, in deren Verlauf Eberle sein Amt niederlegte. Der Stadtrat Resch wurde zum-
ehrenamtlichen Verwalter des Museums bestellt ("Du rlacher Tageblatt" vom 19. 3. 1925; Proto- koll der Stadtratssitzung vom 18. 3. 1925; persönl. Aufzeichnungen Eberles). Im Anzeigenteil des "Durlacher Tageblatts" vom 21. 3. 1925 veröffentlichte Eberle eine persönliche "Erklärung", die zeigt, wie sehr er sich getroffen fühlte. Allzu lange scheint jedoch dieser Interimszustand nicht gewährt zu haben. Spätestens 1929 hat Eberle wohl seine Tätigkeit wieder aufgenommen, wie sein Artikel "Unser Pfinzgaumuseum" zeigt, den er in der Jubiläumsausgabe zum 100jährigen
Bestehen des "Durlacher Tageblatts" am 1. 7. 1929 veröffentlichte. Aber schon im April 1934 kam es wieder zu Spannungen und einem Rücktritt Eherles von seinem Amt, weil das Museum
wertvolle Durlacher Stücke an das Armee-Museum in Rastatt abgeben soll te. Die Verwaltung
des Museums ging in die Hände der Durlacher Lehrerschaft über. Als im März 193 7 der damalige Rektor Edel infolge Arbeitsüberhäufung um Enthebung von seinem Amt als Konservator bat, erklärte sich Eberle zum zweiten Male bereit, das Amt mit Wirkung vom 1. 3. 1937 wieder zu übernehmen. Während des Zweiten Weltkrieges blieb das Museum geschlossen, die wertvollsten Stücke (insbesondere Fayencen) wurden zur Aufbewahrung an Durlacher Bürger verteilt. Um die übrige Sammlung bei einem eventuellen Luftangriff zu schützen, schlief Friedrich Eberle wäh-
9 rend der Dauer von sechs Monaten nachts im Museum. Im Mai 1945 wurde das Museum von den
Friedrich Eberle
Franzosen, im Juli von den Amerikanern als "Off limits") als unbetretbar für die Alliierten,
erklärt. Die meisten Waffen der Sammlu ng (Geweh re, Pistolen, Säbel, Munition ) mußten den
französischen Behörden abgeliefert werden, ein Verlust, den das Museum wohl am leichtesten ver-
schmerzen konnte. Friedrich Eberle konnte die zweite Nachkriegszeit sein es Museums, das im Juni
1948 wiedereröffnet wurde, nicht mehr erleben. Im April 1948 zwang ihn sein Gesu ndheitszu-
stand, sein Ehrenamt endgiiltig abzugeben . Am 16.6 . 1948 fan d im Amtszimmer des Leite rs des
Stadtamtes Durlach durch Oberbürgermeister Töpper, Karls ruhe (die Stadt Ka rlsruhe war seit
der 1938 erfolgten Eingemei ndung Durlachs rechtmäßiger Hausherr des Museums) , ein e Ehrun g
Fricdrich Eberles statt, anschließend wurde das Museum besichtigt. Am 30. 11. 194 8 verstirbt
Friedrich Eberle und wi rd am 2. 12. auf dem Durlacher Bergfriedhof beigesetzt . Am 7. 6. 1948
war der damalige Stadtoberrechnungsrat H ein rich Li ede vom Karlsruher Oberbürgermeister mit
der ehrenamtlichen Betreuung des Museums beauftragt worden. Die Lehrerin Mathilde Sauder un d
der Lehrer Hans Wolf aus Durlach erkl ärten sich zur Unterstützung Liedes bereit. Mit H einrich
Liede war eine Persönlichkeit gefunden, die mit dersel ben Hingabe wie sei n Vorgänger Eberle die
angesammelten Schätze rund 25 Jahre, bis z um Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972, betreute.
Seine Aufgabe war naturgemäß weniger das Sammel n als das Bewahren und Betreuen. Sein steti-
ger Kampf galt der Verbesseru ng der Unzulänglichkeit der Räume, vo r a llem der (leider von ihm
nicht mehr erreichten) Hinzugew innung wei terer Räume (vo r all em des erst mit der jetzigen
Neueröffnung in Benutzung genommenen Raum es der frü heren Wanderherberge). Auch H einri ch
Li edes Lei stung kann nicht hoch gen ug eingeschätzt werden. Unter seiner Leitun g haben von
194 8 bis 1972 rund 35000 Besucher das Museum besichtigt. W ie sein großer Vorgä nger war
H einrich Liede Sonntag für Sonntag an der Spitze seiner ehrenamtlichen Aufsichtskräfhe im
Museum anwesend, deren Namen hi er dankbar genannt werden soll en: neben der unermüd-
lichen Witwe Fried rich Eberles, Fra u Walburga Eberle, di e am 29 . 3. 1960 versta rb, und der
sdlOn genannten Lehrerin Mathilde Sauder waren dies die Damen: Gabrie le Stürzenacker und
Em ma Mayer, die H erren: Heinz H entschel, Werner Krieger, Max Lenzi nger, OttO Meyer, Karl
Pfatteicher, Siegfried Riemann, Wolfgang Rösch , Friedrich Schaaf, Helmut Voss und Max Zeiss.
Zusammenfassend ist es unsere Pflicht, der Persönlidtkeit Eberl es gerecht zu werden. Dies ist
ebenso leicht wie schwer. Leicht: den n seine Verdienste liegen klar zu Tage. E r hat aus tiefer
Heimatliebe und echtem Heimatstol z heraus d ie An fänge des Museums gelegt und die Sa mmlun-
gen fünfunddreißi g Jahre hindurch angereichert und betreut. Seine A ufgabe wa r mit Fug un d
Recht das Sammeln, nicht das Sichten . Erst mußte ein Grundstock gescha ffen werden, der es
uns H euti gen ermöglicht, auszuwähl en un d Akzente zu setzen. Für diese Sammlun g hat Eberl e
auch seinen persönlichen Besitz und seine persö nlichen Mittel rückhaltlos hingegeben, unter-
stützt von seiner dieser Aufgabe ebenso tief verbundenen Gattin. Gefördert wurde diese Gene-
rosi tät Eberles durch seine menschliche Kommunikationsfreudi gkeit (er wa r Mi tg lied all er mög-
lichen Vereine) und durch den feinen, still en Humor, der ihm zu eigen war und der sich an
11 Geburtstagen der Freunde in sinnigen Geburtstagsgedichten äußerte. Schwer: denn über den
wahrhaft polyhistorischen Charakter seines Geistes wissen heute nur noch die wenigsten
Bescheid. Eberle wa r ein exzellenter Kenner der Geschichte seiner Vaterstadt Durlach und des
Pfinzgaus. In ungezählten Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften hat er sein Wissen ausge-
breitet, in vielen Vorträgen seine Zuhörer belehrt, als Orga nisator vieler Festzüge die Zuschauer
begeistert. Seine handschriftlichen Aufzeichnungen, darunter zahlreiche Manuskripte, bebilderte
Mappenwerke (u. a.: "Die Pfinz von der Quelle bis Zl\r Mündung", "Der Turmberg") füll en
ganze Regale. Eine einzigartige Schlagwort-Kartothek über die Geschichte Durlachs enttäuscht
den Sud,enden selten . Eberle war aber auch ein gewandter Zeichner und Aquarellist. Mit fein em
Strich hielt er jeden geschichtlich oder künstlerisch bedeutenden Gegenstand an Durlachs
Gebäuden (Wappen , Türstürze, Fensterumrahmungen) fest. Die Flora des Turmbergs hat er
in Einzeldarstellungen aquarelliert. Nic!1t zul etzt ließ er seine H eimatliebe in vielen Gedichten
ausströmen. Eberles größte und nachwirkendste Tat aber war die In itiative, den sogenannten
Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses als Museumsgebäude einzu richten. D enn wenn auch
die zwa r schöne, aber auch enge und - besonders für ältere Besucher - unbequeme ehrwürdige
Wendeltreppe mit ih ren neun verschiedenen Steinmetzzeichen, die im Prinzessi nnenhau die
drei Stockwerke miteinander verbindet, einer Museumsplanung nicht gerade günstig war, so han-
delte es sich hier doch, abgesehen von der Ruine des Gottesauer Schlosses, um die ä lteste und
eine der schönsten Raumanlagen in Karlsruhe überhaupt. Das Karlsruher Schloß ist immerhin
150 Jahre jünger. Di e "Altertümersammlungen" konnten nirgendwo adäquater untergebracht
sein als in diesen historischen Räumen VOn wahrhaft: einmali gem Wert. Bei all diesen Verdien-
sten Eberles war es eine Ehrenpflicht für den Karlsruher Gemei nderat, 1960 eine Straße in Durlach
nach ihm zu benennen.
Der Prinzessinnenbau, in dessen volkstümlirnem Namen sich die Erinnerung an die Prinzes-
si nnen des baden-durlachischen Hauses erhalten hat, ist - neben zwei Treppentürmen im Bereich des Baden-Werkes und einem Balkonstück im H ofdes sog. Wasserwerkes - der einzige erha ltene
Bestandtteil der alten Karlsburg, die Markgraf Karl H. (Regentschaft 1553-1577) bei der Ver-
legung seiner Residenz von Pforzheim nach Durlach 1563/65 erbauen ließ . Ober die Grü nde der
plötzlichen E ntsch ließung des Markgrafen, sei ne Residenz von Pforzheim nach Durlach zu ver-
legen, ist (ebenso wie über die G ründe des Markgrafen Karl Wi lhelm, seine Residenz 1715 von
Durlach nach dem dadurch neu gegründeten Ka rlsruhe zu verlegen) wenig Greifbares beka nnt.
Die Vermutungen reichen von der Behauptung des markgräflich baden-durlachischen Hi storikers
Johann Christian Sachs (1770), es seien im Falle Pforzhei m Unstimmigkeiten zw ischen den
Bürgern Pforzheims und dem Markgrafen bestimmend gewesen bis zu der, im Falle Karlsruhe,
von modernen Historikern konstruierten geopolitischen Bewußtheit eines Markgrafen, der aus
der topog raphischen E nge der durch die sumpfige Kinzig-Murg-Niederung gehemmten Residenz
Durlach in das sandige Gebiet der Niederterrasse (und damit zum Rhein hin!) hinausstrebte.
Ober das Durlacher Schloß schreibt Johann Christ ian Sachs: "Es wurde mit großen Kosten in
kurzer Zeit zu Stande gebracht und erhielt nach dem durchlauchtigsten Erbauer den Namen
Karlsburg. E r selbst hatte den Riß dazu entworfen und das ga nze Bauwesen ging unter sei ner 12
besonderen Aufsicht vor sich; er zahlte auch die Arbeitsleute mit eigener Hand aus und bekam daher den Namen : Karl mit der Tasche." Mag es sich hinsichtlich der Funktion der Tasche auch
um eine liebenswürdige Fabel handeln (sie enthielt wohl eher das Schreibzeug des Fürsten), so
hat dieses Anhängsel dem Markgrafen doch seinen volkstümlichen Namen eingetragen. Die eben
zur Residenz erhobene dankbare Stadt Durlach ließ 1567 ihrem Markgrafen ein lebensgroßes
Standbild aus gelbem weichem Sandstein errichten. Sein Schöpfer war der Tübinger Bildhauer
Leonhart Baumhauer. Es war von 1567 bis 1862 a ls Krone des Durlacher Marktbrunnens vor dem
Durlacher Rathaus aufgestellt, wurde 1862 auf den Schloßplatz, an die vordere Ecke des Platzes vor der Karlsburg, versetzt und mußte dort 1911 dem zunehmend en Verkehr weichen. Die starke
Verwitterungserscheinungen aufweisende Statue wurde anschließend von dem Karlsruher Bild-
hauer Heinrich Bauser zur ferneren Aufbewahrung in einern nicht den Wetterunbilden aus-
gesetzten Raume restauriert. Zugleich fertigte Bauser eine naturgetreue Kopie des Standbildes, die seither den Balkon des Durlacher Rathauses schmückt. Die Originalstatue wurde erst ins
Rathaus, dann in die Torhalle des Prinzessinnenbaues verbracht, wo sie jahrzehntelang der
Jugend als willkommene Zielscheibe diente. Im Zuge der Neugestaltung des Museums wurde sie auf Veranlassung des Schreibers dieser Zeilen 1974 in den Steinsaal des Pfinzgaumuseums
gebracht und in aufwendiger Arbeit durch den Karlsruher Restaurator Anton Rommel zum
zweiten Male restauriert. Der Kunsthistoriker Hans Rott hatte zwar 191 7 in seinem bekannten Werk über "Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur G ründung Karlsruhes" noch
die Ansicht vertreten : "Die Statue hat in Zuk unft, gleich einer wurmzerfressenen Altartafel
etwa, als Museumsstück zu gelten, an der als einer monumentalen historischen Urkunde keine
Restauration oder Erneuerung vorgenommen werden darf", aber die der Statue mutwillig und geda nkenlos zugefügten Schäden rechtfertigten die vorgenommene Restaurierung. Heute
bildet sie, im zeitgenössischen Steinsaal des Museums aufgestellt, für die Besucher das treffendste
Eingangssymbol. Im sei ben Steinsaal ist der Sockeltorso der Statue mit der Jahreszahl 1567 und ein künstlerisch wertvoller Grabstein (Frau in kniender Gebetshaltung) aus der Mitte des
16. Jahrhundert aufgestellt. Besondere Achtung verdient der hier ebenfalls aufgestellte Grab-
stein des Baumeisters Demetrius Dangel von Zwiefalten (gestorben 1570), des Erbauers der Karls-
burg (Bauperiode von 1563-65).
Das von den Nachfolgern Karls 11. (den Markgrafen Ernst Friedrich - 15 77/ 1604 -, Georg
Friedrich - 1604/ 1622 -, Friedrich V. - 1622/ 1659 -, Friedrich VI. - 1659/ 1677 - und
Friedrich Magnus - 1677/ 1709, von letzterem zeigt das Museum Originaldokumente) erwei-
terte Schloß wurde am 16. 8. 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Franzosen nieder-
brannt. Reste der Ruinen standen mindestens noch bis zum Jahre 1834 , wie ein kleinesOlgemälde
von L. Steinbach zeigt, das im Museum aufbewah rt wird und den Zustand nach der Natur
festgehalten hat. Nach der Zerstörung begannen 1698 der Auf- und Neubau, der 1702 durch
den inzwischen ausgebrochenen Spanischen Erbfolgek rieg, der alle Einkünfte auf Jahre hinaus
wegnahm, wieder zum Erliegen kam. Dieser kurzen Bauperiode verdanken wir das heute an
13 den Prinzessinnenbau anschließende neue Schloß (Westwand des Haupthofes) mit barocker
Fassade von Domenico Egidio Rossi. In der Torhalle des Prin zessinnenbaus, deren südliche Aus- fahrt jetzt zugemauert ist (bausthützeristhe Überlegungen zwangen dazu; in der Südmauer sind
noth die Gleitri nnen des ehemaligen Fallgatters sichtbar, womit der Durthgang versth lossen
werden kon nte), ist seit 1905/07 in die west lithe Wand die große Wappentafel von 1565 aus grauem Sandstein eingelassen, die einst über dem Portal der a lten Karlsburg prangte und die
wohl das künstleristh wertvollste und ehrwü rdigste Monument des alten Durlath darstellt. Sie ist in drei Felder ein getei lt, bekrönt von einem Schmuck fries, umrahmt von Pilastern und Säul- chen mit reichem Renaissanceornament. Im mittleren Feld trägt sie das Wappen Karls 11., auf
der linken Seite das Wappen seiner ersten Gemahlin Kunigunda, geborene Markgräfin zu
Brandenburg, auf der rethten Seite das Wappen seiner zweiten Gemahl in Anna, geborene Pfalz- gräfin zu Veldenz . Besonders charakteristisch ist die Figur eines liegenden, die Geige spielenden
Mannes, die der Meister der Tafel im Segmentbogen feld über dem Gesims, umrahmt von Engel- figürthe n angebratht hat. Reste der typisthen Bemal ung des Kreuzrippengewö lbes sind in der
Torhalle noth sithtbar, mit ähnlithen Gewölben waren in der Karlsburg sämtlithe Räume des
Erd- und des ersten Obergeschosses ei ngedeckt. Im ersten Obergesthoß des Museums geben die beiden Südzimmer mit ihrem dicken Mauerwerk, den tiefen Fensternischen und den ni edrigen Tü ren mit profiliertem Gewände noch einen Begriff von der Pracht der Räume der alten Karls-
burg. Thre Bemalung wurde 1905/07 naturgetreu erneuert und 1975 verständnisvoll au fge-
frischt. Der erste, kleinere Raum ist von einem Kreuzrippengewölbe überdeckt, der zweite von einem Netzgewölbe, dessen Rippen auf Konsolen in halber Wandhöhe ansetzen. Sie waren unverständlitherweise durth eine später angebrachte häßl ithe hölzerne Wandverkleidung ver-
deckt, di e den Raumeindruck verdarb. Diese wurde bei der Restaurierung 1974 wieder ent- fern t, so daß der Raum jetzt wieder sein e ursprüngliche kompositorische Feinheit ausstrahlt ,
di e wir auch bew ußt durth ei n Minimum an Einrithtungsgegenständen (Vi tr inen, Möbel) erhal- ten wollten. So kann man diese beiden ältesten auch als die schönsten Räume in Karlsruhe
bezeichnen. Der Fußboden bei der Räume wurde mit Bodenfliesen ausgelegt, die eigens nach dem Muster auf dem Turmberg gefundener Bodenfliesen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts
von der Karls ruher Majolika gegossen wurden. Tn den bei den "Karl-Weysser-Sälen" und dem
dazugehörigen Flu r des ersten Obergesthosses wurden 1974 die Flathdecken entfernt, so daß
die ursprünglithen gewölbten Decken des Baumeisters Domenico Egi dio Rossi wieder zur
Geltung kommen. Im zwei ten Obergesthoß wu rden die Gewölbe des großen Saales bei der
Erneuerung 1905/07 d urth eine Stuckdecke ersetzt, di e 1974 in lithten Tönen bemalt wu rde.
D ie hier an der Nord(Balkon)-Seite unter der Decke vorhandenen, mit Renaissanceornamenten
verzierten Konsolen trugen das Gesims der al ten Süd wand des Sthlosses. Alle diese Maßnah-
men wurden von dem Architekten Rolf Siemons in Durlath mit hohem stil ististhem Feingefühl
getroffen.
Wenn wir nun über die Nachkriegszeit des Pfinzgaumuseums zu berichten haben, so tun wi r
dies, unserer Chronistenpflicht entsprechend, mit der gebotenen Genauigkeit. Wir können aber
einleitend nicht verschweigen, daß diese Jahre (von der Wiedereröffnung 1948) bis zum Beginn 14
der Restaurierungs- und museumtechnischen Neueinrichtungsarbeitcn (1972) elOcn 1m Hin- blick auf das Museum selbst (beileibe nicht in Hinblick auf die aufopfernde Betreuung durch
seinen ehrenamtlichen Leiter, Heinrich Liede, und sei ne schon genannten Mitarbeiter) unfrucht-
ba ren Zeitraum darstellen, weil man in dieser Zeit weder in der Hinzugewinnung zusätz licher
Räume noch (folgeri chtig) in der - immer wieder erkannten und geforde rten - Sichtung und
Lichtung der Bestände weiterkam. Bis zum Ableben der verdienten Gattin Friedrich Eberles,
Frau Walburga Eberle, im Frühjahr 1960, bestand allseits die pi etätvoll e Meinung, daß zu
Lebzeiten der Witwe des Begrü nders des Museums an den Beständen und deren A ufstellung
nichts geändert werden sollte. Späterhin scheiterte das Vorhaben immer wieder am Fehlen der
benötigten Magazin- bzw. Abstellräume. SdlOl1 sei t 1956 hatten sich in PresseveröfFentlichungen
immer mehr kritische Stimmen erhoben, die eine Neugestaltung des Museums forderten. Der
Verfasser dieses Überblicks hat versucht, durch ei ne 1965 eingerichtete Ausstellung der Werke
Karl Weyssers (Olbilder, Studien, Zeich nungen) im Rathaus-Saal in Durlad, und durch eine
1973 ebendort eingerichtete Ausstellung "Die Badische Revolution 1848-1849", welch letztere
sich zum größten Teil auf die (i nzwischen im letzten Augenblick vor der endgültigen Zerstö-
rung durch Nässe und Fäulnis restauriert,en) Bestände des Pfinzgaumuseums stützte, die Auf-
merksamkeit einer größeren OfFentlichkeit auf die Gesamtrestaurierung des Phnzgaumuseums
hinzulenken. In diesem Zusammenhang verdient festgehal ten zu werden, daß die durd1 die
Restauration bedingte Schließung des Museums noch einen erfre ulichen NebenefFekt hatte.
Das Badische Landesmuseum im Karl sruher Schl oß veranstaltete im Sommer und Herbst 1975
eine Ausstellung "Durlacher Fayencen - 1723-1847", die für al le Zukun ft vorbi ldlich und einmalig bleiben wi rd. Eine umfangreiche Katalog-Dokumentation aus diesem Anlaß wird als
nidu mehr wegzudenk endes Standardwerk über diesen Gegenstand bestehen bleiben. Da das
Phllzgaumuseum neben dem Badischen Landesmuseum die zweitgrößte Sammlung Durlacher
Fayencen überhaupt besitzt, kam uns das Ane rbi eten des Badisd1en Landesmuseums, aus Anlaß
der Ausstellung den gesamten Bestand des Phnzgaumuseurns wissenschaftlich zu bearbeiten und
die fünfz ig schönsten Stücke daraus in der Ausstellung im Schloß zu zeigen, überaus gelegen.
Für die so erstmals erfolgte, überaus ergebnisreiche und in vielen Details interessante wissen-
schaft liche Bearbeitung der Bestände des Pfin zgaumuseums sind wi r dem Direktor des Badischen
Landesmuseums, Prof. Dr. Ernst Petrasch, insbesondere dem w issenschaft lichen Sachbearbeiter
Dr. Walther Franzius zu bleibendem Dank verpflichtet .
Anfang der fünfz iger J ahre setzte sich verstärkt die Einsicht d urch, daß im Aufbau des Museums
der tragende Gedanke, gewissermaßen der rote Faden, der den Besucher sinnvoll durch di e Aus-
stellung geleiten könne, fehl e. Imm er dri ngender wurde ein e Umgestaltung gefordert. In einem
Artikel der "Badischen Volkszeitung" vom 24 . 8. 1956 hieß es: Die Räumlichkeiten seien weder
ausreichend noch zweck mäßig. In einem kleinen Raum seien wertvolle Antiquitäten unter-
gebracht, die jedoch nicht zur vollen Geltun g kämen, weil sie wie in einem Trödlerladen
angehäuft seien . Kostbare Urkunden und Drucke seien in vorsi ntflutlichen Vitrin en gelagert.
15 Ein kritischer Leserbrief mit der für sich sp rechenden Überschrift "Pfinzgau-Museum : Ein Besuch
im Reich der Spinnen", erschien am 26. 5. 1959 in den "Badischen Neuesten Nachrichten". Unter dem 3. 10. 1959 berichtete das "Durlacher Tagblatt" unter der überschrift "Bestände des Pfinz-
gau-Museums sollen gesichtet werden", daß der städtische Kulturauschuß eine Kommission zur
Sichtung der Bestände gebildet habe, so daß nur das Wesentliche, für die eigentliche Durlacher
Geschichte Wertvolle übrigbleibe und entsprechend besser zur Schau gestellt werden könne. In
einem Expose legte am 12. 4. 1960 ein Kommissionsmitglied dar, die Bezeichnung Pfinzgau- Musum sei nicht der richtige Name, denn es gleiche eher einem Depot oder Magazin. Dies liege
hauptsächlich an der Unterbringung. Die Sammlungen müßten zu einer chronologisch geordneten
Schau zusammengestellt, die Spreu vom Weizen getrennt werden. In einem großen Artikel der "Badischen Neuesten Nachrichten" vom 10. 5. 1961 wird unter dem Titel "Das Pfinzgau-Museum
braucht einen neuen Stil" festgestellt, daß die genannte Kommission "nur allgemeine Urteile
zum Problem der Auslichtung dieses Urwaldes historischer Gewächse abgab, aber nicht für jedes einzelne der weit über 1000 Stücke eine endgültige Entscheidung fällte . Nur das hätte
weiterhelfen können." Auch in diesem Artikel wird wieder festgestellt, daß diejenigen Stücke, deren Qualität den Wert des Museums ausmachen, durch die Masse zweitrangiger oder den
Pfinzgau nicht betreffender Gegenstände erdrückt würden. Man dürfe sich daher nicht scheuen, einiges gänzlich zu beseitigen. Bei dieser "Herkules-Arbeit" gehe es nicht so sehr primär um
eine Erweiterung des Museums, sondern um eine zeitgemäße Form. Ein Museum sei heute näm- lich nur wirksam, wenn es nicht auf Vollständigkeit Wert lege, sondern auf sorgfältig ausge-
wählte wenige Beispiele. Da die Kommission über allgemeine Erwägungen nicht hinaus gekom-
men war, wurde nun das Stadtarchiv mit einer Durchsicht der Bestände beauftragt. Der damalige Archivdirektor teilte aber zum Jahresende 1960 mit, daß mit einer Aussortierung nidtt begonnen
werden könne, da die Museumsräume nicht beheizbar seien und keine ausreichenden Magazin-
räume zur Verfügung stünden . In einem Artikel vom 23 . 9. 1961 berichtete das "Durlacher
Tagblatt" von einer erneuten Sitzung des Kulturausschusses . Man sei sich darüber einig gewesen,
daß das Museum durch unnötigen und wesensfremden Ballast beeinträchtigt sei. Die weniger
guten Bestände müßten ausgeschieden werden; eine gründliche Durchsicht durch Fachleute sei
nicht zu umgehen. Diese Forderung wurde wiederum in einer Sitzung des Gemeinderates vom
31. 12. 1961 aufgestellt. Am 24 . 3. 1962 berichtet das "Durlacher Tagblatt" über die bekannten
Unzulänglichkeiten. Der Artikel räumt ein, daß das Museum einmal von einem Kunstkenner
"der größte Ramschladen in Karlsruhe und Umgebung" genannt worden sei. Immer wieder wird
auch in allen Veröffentlichungen auf die Feuchtigkeit der Räume und die Problematik der engen
Wendeltreppe, insbesondere für ältere Besucher, hingewiesen . Inzwischen hatte die Stadt in
ihrer Gemeinderatssitzung vom 12. 5. 1964 einen Vertrag zwischen Stadt und Land Baden-
Württemberg gebilligt, der die überlassung der Karlsburg an die Stadt zum Preis von 1,6 Mil-
lionen Deutsche Mark vorsah. Am 4. 1. 1965 machen die "Badischen Neuesten Nachrichten"
wieder auf die unzulänglichen Zustände im Museum aufmerksam. Am 27 . 7. 1971 berichtet
dieselbe Zeitung von einem Einbruch ins Pflnzgaumuseum, wobei insgesamt 21 Pistolen gestohlen
wurden. 16
Inzwischen waren die Überlegungen hi nsichtlich einer Gesamtrestauration des Prinzessinnen-
baues endgültig in Gang gekommen. In ei ner Sitzung von Vertretern der Durlacher Bürger-
gemeinschaft, der Stadtverwaltung und des Staatlichen Denkmalamtes vom 8. 12. 1971 wurde
der einzuschlagende Weg in Form ei nes Stufenplanes festge legt. Von der Idee der Restauration
der jetz igen Museumsräume kam man bald zur größeren Idee des Ausbaus des gesamten Schloß-
komp lexes als Kulturzentrum. Dies war fü r das Pfinzgaumuseum insofern schon von Bedeutung,
als man a ls erste Etappe die Bereitstellung f reier Räum e im angrenzenden Sdlloßflügel für die
Auslagerung der Museumsbestände beschloß. Das widltigste Ergebnis betraf die E ntlastun g der
so vielfach kri tisierten alten Wendeltreppe. Durdl eine Verwendung des direkt an den alten
Teil des Prinzessinnenbaues angrenzenden Treppenhauses im neueren Teil des Rossiflügels konnte,
wie die Architekten nun feststellten, ein normaler Treppenzugang zum ersten und - auf dem
ßesuchcrrückweg - vom zweiten zum ersten Stockwerk geschaffen werden ; der Zugang zum
dritten Stockwerk würde allerdings immer über die Wendeltreppe erfolgen müssen. Immerhi n
ergab diese Treppenkombination eine wesen tliche Verbesserung der Zugänglichkeit. Die Artikel
in den "Badischen Neuesten Nach richten" vom 15 . 11., 19. 11. und 30. 11. 1971 berichteten über die erwähnten Aktivitäten der Bürgergel1Jeinschaft Durlach und A ue bzw. des Freundesk reises
Pfinzgau-Museum innerhalb dieser Bürgergemeinschaft im Hinbl ick auf die Bestrebungen, das
Museum unbedingt im Prinzessinn enbau zu belassen. Unter dem letzterwähnten Datum hielt
der A rchitekt Dipl.-In g. Prosper Collin g in Form eines altertüml ichen Briefes an den Erbauer
des Prinzessinnenbaues Demetrius Dangel ein Plädoyer für das Pfinzgaumuscum und ein im
Sch loßflü gel zu erstellendes Durlaeher Kulturzentrum. Es fol gte am 15. 12. 1971 eine Gesamt-
vorstandssitzung der Bürgergemeinschalt Durlach und Aue mit dem als Vertreter der Stadt ent-
sandten Kulturreferenten; am 4. 2. 1972 eine Sitzung des Bezirksbeirats Durlaeh im Sitzu ngs-
saa l des Durlacher Rathauses; am 8. 5. 1972 eine Sitzung bei dem Baudezernenten; am 23. 6. 1972
ei ne Ku lturausschußsitzung im Karlsruher Rathaus und am 29 . 3. 1973 ei ne weitere Sitzun g des
Bezirksbeirats Durlach im Sitzu ngssaal des Durlacher Rathauses, die sich sämtlich eingehend auch
mit den Maßnahmen für das Pfinzgaumuseum befaßten. Gleichzeitig eröffnete die Bürger-
gemeinschaft Durlach und Aue unter ihrem Vorsitzenden Dr. Karl-Wilhelm Maurer ein e Bürger-
spendenaktion für das P finzgaumuseu m, die überaus erfreulichen Anklang bei der Bevölkerung
fa nd . Im Spätsommer 1972 wurden die Bestände des Museums in die angrenzenden Räume des
Schloßflügeis ausgelagert und die bauliche Restaurierung konnte beginnen . Dazu erschien im
August 1973 eine reich bebilderte Dokumentation über den Prinzessin nenbau (Mitteilungen des
Baudezernates, N r. 20).
Das neu erstandene Museum öffnet seine Pforten zu Ostern 1976. Seine Akzente liegen - neben
der Sicherstellun g der erwähnten Steindokumente - bei der Repräsentation der Durlacher
Fayencen, der Werke des in Du rl adl geborenen Malers Karl Weysser, der Dokumente der Revo-
"ltion 1848/49 (in der Durlach d urch die Schlacht bei Durlach am 25. Juni 1849 eine besondere
Rolle spielte) und der alten Durlacher Druckerzeugnisse (in ihrem Mittelpunkt die sogenannte
17 Durladler Bibel von 1529). Eine künftige Erwei terung der Raumverhältnisse im Zuge der
Restaurierungsarbeiten am gesamten Schloß flügel birgt die Möglichkeiten, dieses Grundsatzpro-
gramm durch die Vielfalt heimatkundlicher Exponate zu erwei tern. Bei unseren Akzentsetzungen gingen wir von der Wichtigkeit und dem Wert der zusammenhängenden Bestände aus; im Sin ne
der Thesen, die der Geschäftsführer des Verbandes der Rheinischen Heimatmuseen, Professor Dr. Rudolf Stampfuß 1968 für die Heimatmuseen von heute aufgestellt hat und in denen es
heißt: "Wi r wollen keine romantischen Heimatstuben mehr, wir wollen den Dingen den Moder nehmen. Das Museum ist eine Halle, in der man diskutieren darf; die Zeit der Filzpantoffel ist vorbei. Ei n Museum soll auch keine Schauerkammer sein . Die Heimatmuseen sind echte For-
schungsstätten, die das Material für die Zukunft erhalten müssen." Möge sid1 das nun erneuerte Pfinzgau-Museum schon in seiner jetzigen Gestalt würd ig in den
Kreis der baden-württembergischen Heimatmuseen einordnen. Möge die Bewahrung seiner alt-
ehrwürdigen Räume und die Pflege seiner wertvollen Bestände ein Anliegen aller Bürger sein!
18
Helga Walter-Dressler
Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser
Karl Weysser wurde am 7. September 1833 in Durlach geboren '. Er war das zehnte und letzte
Kind des damaligen Durlacher Bürgermeisters Friedrich Wilhelm Weysser und seiner Frau Karoline geb. Musculus . Der französische H ei ratskontrakt der Eltern aus dem Jah re 1815 in
kunstvoll verschnörkel ter Kanzleischrift ist noch vorhanden. Aus ihm geht hervor, daß die elsässische Braut, eine Apothekerstochter aus Sulz am Wald, 5068 Franken, der Bräutigam 8571 Franken mit in die Ehe brachten. Offensichtlich stammten beide aus wohlhabenden Ver-
hältnissen . Karl Weyssers Vater war ursprünglich Kaufmann. Mi t den Jahren hatte er auch im öffent- lichen Leben Erfol g. Er wurde Stadtrat und Mitglied des evangel ischen Kirchengemeinderats, sch ließlich von 1830 bis 1836 Bürgermeister von Durlach. Von 1832 bis 1838 wa r er außerdem
Mi tglied der von der Bevölkerung gewählten 2. Kammer der badischen Landstände ' . Die Familie wohnte bis 1860 am Durlacher Marktplatz im Eckhaus Hauptstraßel Kronenstraße
(heute Pfinztalstraße 56). Von Kar! Weyssers zahlreichen Geschwistern lebten bei seiner Geburt nur noch zwei Brüder und eine Schwester " ein bei der damaligen hohen Säuglin gssterblichkeit
leider übliches Familienschicksal. Die Schulzeit absolvierte Weysser an der Durlacher Höheren Bürgerschule, dem sog. "Pädagogium", wo er 184 1 eintrat ' . Dann schickte ihn der praktisch
denkende Vater, der vom fin anziell unsicheren Künstlerberuf offenbar nicht viel wissen wollte,
auf das Polytechnikum nach Karlsruhe, die spätere Technische H ochschule und heutigen Uni- versität . Dort hat sich in dem noch erhaltenen "Einschreibbuch für die Eleven" für das Studien-
jahr 1852/ 53 Karl Weysser eigenhändig eingetragen. Vorher hatte er schon den ,, 1. In genieur- cours" besucht und wollte nun in die "Mechanisch-technische Schule" überwechseln, mit dem
Berufsziel "Leh rfach" '. Die über Karlsruhe hinaus berühmte Po lytechnische Schule bestand damals aus drei allgemeinen
mathematischen Klassen und darauf aufbauend sieben "Fachschul en". In den dreijähri gen mathematischen Grundkursen wurden neben den Kenntnissen für die technischen Fächer auch
Sprachen, Religion und Geschichte sowie Freihandzeichnen, Kalligraphie und Modellieren geleh rt.
Die Spezialisierung fand dann in den Fachschulen statt, zu denen die obengenannte Ingeni eur-
schule und die Mechanisch-technische Schule gehörten ' . Obwohl Kar! Weyssers eigentliche Neigung dem Nebenfach Zeichnen gal t, scheint er sei n Mathe-
matik- und Maschinenbaustudium 7 mit Ernst und Interesse betrieben zu haben. Denn viele
Jahrzehnte später schreibt er: "Während ich mich aber noch heute meinen li ebsten, nun längst
verstorbenen Lehrern der rei nen und an gewandten Mathematik: Karl Buzengeiger, Guido
19 Schreiber, Wilhelm Eiseniohr, Jakob Ferdinand Redtenbacher, Peter Gustav Lejeune-Dirichlet,
Jakob Steiner und Johann Franz Encke und auch dem Geographen Karl Ritter zu großem Dank
verpflichtet fühle, war ich leider im Bezug auf meine ästhetische Bildung meist nur auf eigene Erfahrungen angewiesen 8 ,"
Es ist zu verm uten, daß unter Weyssers obengenannten Lehrern, von denen die meisten noch
heute als Kapazitäten ihres Fachs in der Literatur bekannt si nd, vor allem Redtenbacher einen
prägenden Einfluß auf den jungen Studenten ausübte. Redtenbacher leitete damals die Mecha- nisch-technische Schule und wurde später Direktor des Pol ytechnikums. Er verstand nicht nur
sein Fach, den Maschinenbau, außerordentlich lebendig und mit umfassender Kenntnis darzu-
stell en, sondern er hatte auch darüber hinausgehende Interessen, die sich mit denen seines Schülers Weyssers unmittelbar berührten: .Seine liebste Mußebeschäftigung war das Skizzieren in der
Landschaft und das Aquarellieren, das er in späteren Jahren durch das Malen in 01 ablöste'."
Wie lan ge Weysser am Karlsruher Polytechnikum studiert hat, ließ sich bis jetzt nicht feststellen, ehensowenig wann er an die Berliner Bauakademie gegangen und wie lange er dort gebliehen
ist 10.
Inzwischen war in Karlsruhe im Juli 1854 die Großherzogliche Kunstschule gegründet und als
Direktor der Düsseldorfer Landschaftsmaler Johann Wilhelm Schirmer berufen worden. Im ersten Schuljahr war Karl Weysser noch nicht dort, aber im zweiten Schuljahr 1855/56 finden wir ihn eingeschrieben 11, Die Ausbildung dauerte damals insgesamt 7 Jahre. Großer Wert wurde auf die Schulung des Formensinns durch Zeichnen gelegt. Einem Spezialgebiet (Historien-, Porträt-, Landschafts- und
Genremalerei) durfte sich erst zuwenden, wer den "Antikensaal" durchgemacht hatte, wo nach
Gipsabgüssen antiker und moderner Statuen gezeichnet wurde. Für die Landschaftsmaler, die in
Karlsruhe als Schüler Schirmers die größte und bedeutendste Gruppe bildeten, folgte dann der
Besuch der vorbereitenden Landschaftsklasse. Dort kopierten sie vor allem Naturstudien ihres Lehrers in 0 1 und lernten nach der Natur zeichnen und kleinformatige Bilder malen. In die Künstlerklasse schließl ich wurde nur aufgenommen, wer in der Vorbereitungsklasse genügend
Talent gezeigt hatte. "Schi rmer regierte in Karlsruhe ganz im Sinne der Akademiedirektoren
des 19. Jahrhunderts als unumschränkte Autoritätsperson. Seinen Anweisungen hatten die Schüler
Gehorsam zu leisten ... Auch außerhalb der offiziellen Unterrichtsstunden sollten die Schüler
im Geiste ihres Lehrers erzogen werden " ." Zu Weyssers Studienkollegen in der Landschafts-
klasse gehörten u. a. earl Ludwig Fahrbach, Emil Lugo, Gusta v Osterrot und ab 1859/60 auch
Hans Thoma.
Nach vierjährigem Studium verließ Weysser die Karlsruher Kunstschule und siedelte im Herbst
1860 zur weiteren Ausbildung nach München über, wo er bis zum Juni 1861 blieb ". Ob er dort
an der Akademie ein geschrieben war oder, was naheliegender erscheint, dem Kreis der Maler um
Eduard Schleich d. 1\. und Kar! Spitzweg angehörte, ließ sich bis jetzt noch nicht feststellen. Für den Wechsel des Studienortes zu diesem Zeitpunkt sind verschiedene Gründe denkbar:
1859 wa r Weyssers Vater gestorben und 1860 das Elternhaus am Durlacher Marktplatz von
den vier Geschwistern verkauft worden 14. Möglicherweise hat der Maler seine günstige Finanz- 20
lage benutzt, um einen Studienaufenthalt in München zu fi nanzieren . Vielleicht gehörte Weysser
auch zu denjenigen Kunstschülern, die in den Jahren 1859-61 aus Protest die Karlsruher Schule verließen, weil sie sich durch ungerechtfert igte bürokratische Eingriffe der Obrigkeit in ihrer Ausbildung behindert fühlten ". Nicht zuletzt mag der Wunsch, ein intensiveres Studium der
Architekturmalerei zu absolv ieren, für einen Wechsel nach München bestimmend gewesen sein.
Im Schuljahr 1861 /62 kehrte Karl Weysser wieder an die Karlsruher Akademie zurück ". Nach dem Tod seines Lehrers Schirmer im September 1863 ging er im November 1863 ei n zweites Mal
nach München und blieb dort bis zum März 1864 ". Offenbar hat er dann noch das restl iche Studienjahr bis zum Sommer 1864 in Karlsruhe verbracht 18. Damit war seine Ausbildung
abgesch lossen.
Schon während der Studienzeit war Weysser in den Sommerferien zeichnend und malend in
Süddeutschland unterwegs. So hat er, wie man den datierten Zeichnungen im Karlsruher Denk-
malamt und den Olskizzen der Städtischen Kunstsammlungen entn ehmen kann , im Jahre 1862
den Bodensee bereist. Im Sommer 1863 war er u. a. am Hochrhei n in Laufenburg, Säckingen und
Basel, 1864 am Neckar, in Schwäbisch-Gmünd und Marburg an der Lahn . Wo Weysser nach dem Verkauf des elterlichen Hauses 1860 wohnte, ist unbekannt. Jedenfalls
war er von 1865 bis 1869/ 70 in Karlsruhe ansässig ". In diesen Jahren reiste er u. a. ins Tauber- tal, in den Schwarzwald und an die Mosel. 1869 unternahm er eine Fahrt nad, Südtirol, was
durch Zeichnungen und O lskizzen aus Klausen und Brixen belegt wird. Für die Zeit zwischen 1870 und 1881 fehlt jeg licher Hinweis fü r einen festen Wohnort. Weysser
war offenbar ein unruhiger Geist, den es nie lang am seI ben Pla tz hielt. So ist überliefert, daß
er am liebsten einen Zigeunerwagen besessen hätte, um damit unabhängig in der Gegend herum-
zukutschieren 20 Vielleicht hat er also in den 70e r Jahren, der Zeit seiner größten Produktivität,
überhaupt keinen festen Wohnsitz gehabt und immer nur ein paar Wochen an ei nem O rt zuge-
bracht. 1872 war der Künstler offensichtlich längere Zeit im Elsaß (das seit 187 1 zum deutschen Reichsgebiet gehörte), denn über 100 Zeichnungen elsässischer Denkmäler und Bauten von seiner
Hand aus diesem Jahr befinden sich im Straßburger Denkmalarchiv ". Seine Tätigkeit dort
beschränkte sich jedoch nicht nur aufs Zeichnen, sondern bezog auch das Malen mit ein, denn
im Oktober 1875 waren Bilder aus dem Elsaß von Karl Weysser im "Kunstverein der Groß-
herzoglichen Kunsthalle" in Karlsruhe ausgestellt".
1880 zeichnete Weysser viel am Mannheimer Hafen, 1881-1884 wohnte er in Heidelberg".
In Heidelberg gab er 1883 unter dem Pseudonym "K. W. H eisster" (Karl Weysser heißt er)
auch seine erste kleine Veröffentlichung heraus. Si e trug den Titel "An di e Mitglieder des Kunst-
vereins in Hutzelwaldberg" und richtete sich in sati rischer Form gegen Vorstand und Jury des
Heidelberger Kunstvereins.
Von 1885 bis 1888 lebte Karl Weysser in Baden-Baden " . Auch hier hat er sich publ izistisch
betätigt und im Jahre 1887 ein satirisches Bän dchen unter dem Titel "Durch Dick und Dünn -
Asthetische und auch andere Betrachtungen" herausgebracht. Von 1890 bis 1894 wohnte er noch-
21 mals in Karlsruhe ", von 1895 bis zu seinem Tod am 28 . 3. 1904 war er wieder in Heidclberg
ansässig ~t1 . Dort erschien 1898 sei ne dritte und letzte Veröffentlichung .,Der Darwinismus und
die moderne Malerei im Spiegel einer möglichst richtigen Weltanschauung".
Seinem unsteten Leben nach zu schließen, hätte man an nehmen können, daß Kar! Weysser nie
verheiratet war. Mit ann ähernd 52 Jahren hat er aber doch noch geheiratet, und zwa r am
7. Februar 1885 in Baden-Baden ". Seine Frau, Auguste Luise Sickinger, stammte aus Durlach
und war 21 J ah re jünger als er " . Viell eicht faßt e der Künstler den Entschluß zur Ehe unter dem
E indruck seiner drohenden E rblindung.
Das früheste bekannte Gemälde Karl Weyssers ist ei n Brustbild seines Vaters. Es ist weder
datiert noch vom K ünstl er signiert; aber auf der Rücksei te w urde vermerkt, daß es den Bürger-
meister Weysser 1840 darstelle, von seinem Sohn Karl gemalt und von Frau Weysser 1936
erworben worden sei ". 1840 kann nicht das J ahr sein, in dem das Bild gemalt wurde, der
Künstler wäre damals erst ein Kind von 7 Jahren gewesen. Vielleicht soll es ,, 1849" heißen, da
wurde nämlich der Vater 60 Jahre alt . Es wäre denkbar, daß ihn der dann immerhin 16jährige
angehende Maler aus diesem Anlaß porträtiert hat. Als Zeichen der Verehrung und auch als
Beweis für sein Talent. Mit liebevoll beobachtendem Blick hat sich der junge Mann in die
Gesichtszüge des Vaters vertieft. Daß er den 60jährigen - abgesehen vom grauen H aar - etwas
zu jugendlich ideal isiert da rgestell t hat, wäre von sei nem eigenen Alter her durchaus begreiflich.
D ie feine fa rbliche Differenzierung verrät aber dod, schon eine gewisse Schulung. Vielleicht hat
er das Bildnis auch in seiner Karlsruher Akademiezeit noch einmal übermalt 30.
Manche von Weyssers landschaftlichen Olskizzen aus den frühen 60er Jahren zeigen noch deut-
lich den Einfl uß der Schirmerschen Olskizzen. E r bevorzugt eine dunkle, au f tiefgrünen und
rostroten Tönen basierende Palette, die Einzelheiten w ie z . B. Blätter und Aste sind sehr genau
mit spitzem Pinsel hingetupft. Der Maler kämpft gelegentlich noch mit Komposit ionsschwierig-
keiten wie z . B. auf dem Blatt von Schwäbisch-Gmünd, wo er zur Belebung des Vordergrundes
ein kleines Mädchen zu absichts voll in die Mitte plaziert.
Ahnlich genau durchgearbeitet sind auch Weyssers Zeichnungen aus den frühen 60er Jahren, die
vor a llem Stadtansichten am Bodensee und Hochrhein darstellen. Eine ganze Reihe dieser
Zeichnungen wurde fünfundzwanzig Jahre später (1887) im 1. Band der "Kunstdenk mäler des
Großherzogturns Baden - Die Kunstdenkmäler des Kreises Konstanz" veröffentlicht. Der
Künstl er ha t damals sei ne Motive bis in die Einzelheiten mit der Feder durchgezeichnet. Beson-
deren Wert legt er auf die Beleuchtung und schaflt so Atmosphäre. E r kontrastiert geschickt helle,
weiß gelassene Partien mit beschatteten, die er mit einem dichtmaschigen Netz von Schraffuren
überzieht. Dabei fällt auf, daß auch komplizierte perspektivische Verkürzungen ihm sichtlid,
keinerlei Mühe machen, ja, daß er sie sogar sucht. Figü rliche Darstellungen si nd dagegen nur Neben-
sache und selten überzeugend in den Gesamtzusam menhang eingebu nden. Sie wi rk en oft im
Maßstab falsch und in der anatomischen Durchbildung unsicher. Ei ne Erk lärung fü r di esen
Unterschied der zeichnerischen Fähigkeiten gibt Weysser sel bst in einer seiner Schriften. Er
meint dort, daß . der Maler, je nach dem Gebiet, das er sich erwähl t, eine gründl ichere Kennt- 22
Marktplatz in Dur!ach. Gemälde von Kar! Weysser
I1lS In manchen Hülfswissenschaften, z . B. der Landschafter in der Anatomie, gar nicht not- wend ig hat ... " 31.
In den Zeichnungen der 70er Jahre verzichtet Weysser meist auf eingehende Schilderung der
Einzelheiten und hebt von einem ganzen Komplex - Ortsansicht oder Straßenbild - nur
besonders markante Partien wie geschnitzte oder bildhauerisch gestaltete Erker, Brunnen, Kirch-
türme, Tore usw. durch genaue Zeichnung hervor, während er das übrige mit raschen Strichen
a ndeutet. Die Technik ist raffinierter, er verwendet jetzt neben Lavierungen auch Weiß-
höhungen als Beleuchtungseffekte und zeichnet gelegentlich auf farbigem, meist grau-blauem
Papier. In diesem J ahrzeh nt zwischen 1870 und 1880 entstehen seine freiesten und ei ndrucks-
vollsten Zeichnungen . Mit sparsamen, gezielt eingesetzten Mitteln zeichnet er Blätter vol ler
Atmosphä re.
Eine entspredlende E ntwicklung zur Großzügigkeit zeigt sich auch in den Olstudien der 70er
Jahre. Die Pinselschrift ist jetzt freier und verzettelt sich nicht mehr in allzu genauer Schilderung
der Einzelheiten. Dort, wo der Maler auf jede effektvolle Komposition verzichtet, nah an sein
Motiv herangeht und sich ganz in das nuancenreiche Spiel der Farben vertieft, sind sie am über-
zeugendsten. Mit Vorl iebe sieht er in verwinkelte Gassen, a lte Höfe, zerfallene Schuppen und
Hintereingänge, schl ichte Motive ohne jeden "höheren" Anspruch. Diese Bildehen sind auch
eine Augenschule für den Betrachter, der zuerst v ielleicht achtlos an ihnen vorübergega ngen ist.
Beim näheren Hinsehen erkennt er den Reichtum der verschiedenen Grau-Braun-Grün- und
Ockertöne und ihr fein abgestuftes Zusammenspiel. Darüber hinaus versteht Weysser es
meisterhaft, die unterschiedliche Stofflichkeit von Holz, Ziegel, Sandstein, Verputz usw.
zu charakterisieren. Immer wieder sind es Struktur und Farbe von sonnen beschienenem altem
Gemäuer, meist in Verbindung mit Pflanzen, die ihn zum Malen locken. So hat er z. B. den
Hof der alten Zehntscheuer in Durlach aus den verschiedensten Blickwinkeln festgehalte~ .
Karl Weyssers Einstellun g zu solchen schlichten Motiven kommt in seinen "Ästhetischen Betrach-
tungen" von 1887 deutlich zum Ausdruck: " ... überlassen wir das unschönste lind nüchternste
Bauwerk sich selbst und damit allen Einflüssen und Zufällen der Witterung und pflanzlichen
Entwickelung, so wird es endlich, und wenn auch erst als Ruine mit Moos und Epheu, Gesträuch
und Bäumen bewachsen, ein e Schönheit erreichen, die wenig zu wünschen übrig läßt. Dieser
in ästhetischer Beziehung wohltäti ge Einfluß der Natur und nicht immer die a ltertümlidle Bauart
ist es auch, welche den Architekturmaler veranlaßt, vorzugsweise in alten Ortschaften Studien zu machen 3:! . "
In der freien Natur wird Karl Weysser besonders vom Wasser angezogen. Am Bodensee, am
Neckar, am Rhein, an der Pflnz, der Murg und der Mosel ist er den verschiedensten Stimmun-
gen nachgegangen, hat das stille dunkle Gewässer um die Hungersteine am Necka r, die wind-
gekräuselte Oberfläche des Bodensees und den zwischen Steinen dahinplätsdlernden Sd,warz-
waldbach in nuancierten Farben festgehalten. Seine Liebe gil t der "unverfä lschten Gottesnatur" .
Allem Menschenwerk steht er skeptisch gegen über, das äußert er immer wieder: "Während z. B.
jede natürliche Felspartie zu ihrer ebenso natürlichen U mgebung in allen Jahreszeiten gleich gut 24
stimmt, steht z. B. bei Bauwerken der rote S:lndstein im Sommcr nicht seltcn grcll in dcr Land-
schaft, während er mit dem Schnee wieder besser harmoniert. Umgekehrt wirkt ein gelb licher
Stein neben dem Schnee leicht süßl ich, während seine Farbe im Sommer nichts zu wünschen
übrig läßt. Aus diesen Beispielen erkennen wir aber auch wieder die ästhetischen Vo rzüge,
welche die reine Natur allen menschlidlen Werken voraus hat :3:3."
Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre zeichnet Kar! Weysser kaum noch mit der Feder,
sondern meistens mit dem P insel. Dabei fällt a uf, daß die bisher außerordentlich sichere Art
der Erfassung und Darstellung deutlid, nachläßt. Außer mit dem zuneh menden Alter - er ist
jetzt Ende SO - hängt das wohl mit seiner Augenkrankheit zusammen. Bei den farbigen Studien
macht sich diese Schwäche weniger bemerkbar. Hier hilft vielleicht die langjährige Erfah rung im
Umgang mit Farben, die verminderte Fähigkeit zu genauer Beobachtung zu überbrücken.
Ge rade die etwas diffuse, mehr a uf den zartfarbigen Zusammenklang als das deutliche Detail
cingehcnde Malweisc verleiht den Bildern dieser Zeit einen besonderen Zauber.
Möglicherweise hat sich Weyssers Sehkraft aud, durch eine Operation noch ein mal vorüber-
gehend gebessert. Eine Stelle in seiner Schrift über den Darwinismus und die moderne Malerei
von 1898 scheint von persönlicher Erfa hrung diktiert. Es heißt dort: "Nun werden al lerdings
in unserer Zeit sehr bedeutende Operationen zur Heilung krankhafter oder verletzter Organe
gemacht. Wenn es aber der Arzt mit seinem Wissen und Können auch fcrt igbringt, einen ver-
schlimmerten Zustand des Auges, z . B. die Blindheit wieder a ufzu heben oder zu mildern, so ist
dcch die An näherun g an den gcsu ndcn und normalen Zustand nod1 lange nid1t mit einer dem
normalen Zustand vorausgehenden Selbsterfindung oder Selbstbildung des Auges zu ver- gleichen 34."
Man hat Karl Weysser oft den "badisd1en Spitz weg" genannt und dabei wohl vor a llem a n ver-
gleimbare Stadtansichten mit winkligen alten Gassen gedacht. Die Münchener Schule um
Schleich d. Ä. und Spitzweg mit ihrer Vorliebe für die intime Darstellung im kleinen Format
scheint tatsächlich nachhaltiger auf ihn gewirkt zu haben als Schirmers Karlsruher Sd1Ule, der
in seinen offiziellen Gemälden die heroische großformatige Landschaft pflegte. Trotzdem trifft
die Bezeichnung "badischer Spitz weg" auf Weysser nicht zu. Denn bei Spitzweg ist die Archi-
tektur Bühnenkulisse für seine psychologisierenden Bildererzählungen, für Weysser dagegen sind
Architektur und Landschaft in ihrer natürlid1Cn Erschein ung das Hauptthema und das F igür-
liche nur malerisches Beiwerk. Obwohl Weysser soviel herumgereist ist, waren es immer wieder
ä hnliche Winkel und Ecken, die ihn interessierten. Es ist also nicht das cha rakterist isch andere
einer besti mm ten Gegend, was ihn anzieht, sondern er sucht und fi nd et das ihm Gemäße, eng
Umgrenzte, Schlichte, Bescheidene. Das aber verzaubert er mit der Subti lität se iner Malerei . In
klarer Einsrnätzung seiner Begabung hat Weysser damit glückl ich verm ieden, was er an anderen
Malerkollegen auszusetzen fand: " ... mand1es Talent, das bei einer richtigen Erkcnntni s seiner
Leistungsfähigkeit als Bäch lein fri sch und klar hätte dahin fließen können, wurdc nun, wei l es
sidl nach allen Seiten ausbreiten wollte, zu einem stehenden Sumpf, a n dem höd1stens die
25 Kritiker als quakende Frösd,e ihre besondere Freude hatten "."
Daß es sich bei Weyssers tllskizzen nicht nur um künstlerische Nebenprodukte gehandel t hat, scheint mir sowohl durch die ziemlich konsequente Signierung wie vor all em durch seine sch rift-
lichen Außerungen bekräftigt zu werden.
In seiner schlichten, unprätcntiäsen Schilderung von Natur und A rchitektur war Weysscr durch-
aus fortschrittlich im Sinne der zuerst von den Mündmcr Malern Leibl und Lier vertretenen
Auffassung, daß nicht wie bisher ein effekvolles Motiv die H auptsache sei, sondern die male- rische Verklärung eines anspruchslosen Stücks Natur. Der Anstoß zu dieser Auffassung, die
sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der deutschen Landschaftsmalerei immer mehr durch-
zusetzen begann, war von Frank reich ausgegangen. Dort hatten schon in den 1850er Jahren
die Münchner Maler Spitz weg und Schleich d. i'i.., vor a ll em aber ein Jahrzehnt später Li er die Werke der Maler von Barbizon - einem D orf südöstlich von Paris - kennen- und schätzen
gelernt. "übera ll wo ich ging und stand , gingen mir die Meisterwerke der großen Land- schaftsma ler D upre, Daubigny, Corot und Rousseau nach ... es wurde mir klar, daß die
wi rkl iche Poesie der Landschaftsmalerei in der einfachen, schönen Natur selber liegt und nie
durch künstliche Mittel herbeigezaubert werden kann " ." Dieses Bekenntnis Liers könnte auch sein 7 Jahre jüngerer Generationsgenosse Karl Weysser abgelegt haben. An der Karlsruher Kunstakademie verfolgte die jüngere Generation, die unter dem bei Lier geschulten Schön leber
die Landschaft um ih rer selbst will en zu malen begann, ähnliche Ziele. Es war ein kü nstlerische
Bewegung, die Wcyssers zurückhaltend-versponnenem Naturell, dem alles Pathos zuw ider war,
wohl im Inn ersten entsprodlen hat. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß Weysser
in den 1880er Jahren auch andere Bilder gemal t hat - offensichtlich im Atelier komponiert-,
die im absichtsvollen Arrangement verschiedener Archi tektur- und Landschaftselemente einen altertümlicheren Eind ruck machen. Wie weit dies etwa mit Rücksicht auf Auftraggeber geschah
oder ob man darin nicht doch eine gewisse Zweigleisigkeit seiner künstlerischen Außenll1gen sehen muß, bedarf noch der Klärung.
Die Käufer von Karl Weyssers kleinformatigcn, unprätentiösen Bildern waren und sind wohl
heute noch vor a llem Privatleute. Museen scheinen sich zu Weyssers Lebzeiten kaum für seine
dem Repräsentativen abholde Kunst interessiert zu haben. Das heißt aber nicht, daß er im
offiziellen Kunstbetrieb ein völlig Unbekannter wa r. So erwa rb z. B. der "Ku nstverein für
das Großherzogtum Baden" 1863 neben Bildern anderer bad ischer Maler Weyssers "Der al te
Marktbrunnen in Durlach" und stellte, wie schon erwähnt, 1875 mehrere Wochen lang seine
Bilder aus dem Elsaß in der Karlsruher Kunstha ll e aus.
Die dok umentarische Bedeutung von Weyssers Architekturzeichnungen, in denen sich sach liche
Genau igkeit mit künstlerischer Qualität verband, wu rde dagegen schon damals von den für die
nAl tertumssammlungen" zuständigen Stellen erkannt. So erwarb beispielsweise die "Großher-
zogliche Badische Altertumshalle" eine ganze Reihe sein er badischen Stadtansichten. Wie eben-
fa lls schon erwähnt, erschi enen sie ab 1887 zum Teil als Illustrationen in den Kunstinventar-
bänden . Die über 100 Zeichnungen elsässischer Motive, die sich im Straßburger Denkmalamt
befinden, werden vermutlich auch wäh rend Weyssers Aufenthalt dort angekauft worden sein . 26
Die im Pfinzgau-Museum ausgestellten Bilder lind Zeichnungen Karl Weyssers sind zu m Teil
als Geschenke an das Museum gekommen. Der weitaus überwiegende Teil stammt aus dem
Nachlaß des Malers in Pforzheimer Privatbes :tz, von dem die Stadt Karlsruhe 1942 zahlreiche
Stücke erwerben konnte.
Auch für Durlach haben Weyssers Bilder und Zeichnungen neben der künstlerischen eine histo-
rische Bedeutung. Denn zum Teil zeigen sie Ansichten, die heute in dieser Form gar nicht meh r
ex istieren. So gibt zum Beispiel das schöne Bild des Durlacher Marktbrunnens 37 eine Ansicht
wieder, die schon zu Weyssers Lebzeiten histo:-isch geworden war : Der Brunnen ist hi er noch
mit der bekrönenden Figur des "Karle mit der Tasch" dargestellt. Sie wurde 1862 entfernt und auf den Durlacher Schloßplatz versetzt 38 . Dasselbe gilt für den Gebäudekomplex mit der alten
Zehntscheuer, den Karl Weysser in den 1870er Jahren verschiedentlid, gema lt hat. A ls man das
Gelände für den Bau der Friedrichschule zw ischen Lamm- und Zehntstraße benötigte, wurde der ganze Komplex vor 1878 abgerissen. Es ist anzunehmen, daß der Durlacher Maler und
Zeich ner Karl Weysser ni e ernsthafte finanzielle Sorgen hatte, denn er lebte immer in Wohn -
gegenden , in denen wohlhabende Bürger ansässig waren. Sicher hing das auch mit seinem Eltern-
haus und den sich daraus ergebenden per~önlichen Beziehun gen zu einer entspred1enden Käufer-
schicht zusammen. Trotzdem darf man sich den Lebensweg des Künstlers nicht sorgenfrei vor-
stellen. Denn ein Augenleiden hat ihn in den letzten beiden Jahrzehnten seines Lebens stark
beeinträchtigt. Und was könnte einem Maler, der vor allem :1uf seine Augen angewiesen ist,
Sd,lim meres widerfahren.
Anmerkungen 1 Taufbuch der Durlacher Evangelischen Kirchengemeinde 1828-1838, S. 242.
2 Nachruf v. 29. Mai 1859 im Durlacher Tagblatt und Durlacher Stadtrechnungen (Stadt-
a rd,iv Karlsruhe).
3 Friedrich Ludwig (geb. 1822), Emil Ludwi g (geb. 1826) und Marie (geb. 1828) . Nach
Taufbüchern der Ev. Kirchengemeinde Durlach. 4 Stadtarchiv Karlsruhe, Bestand Durlach 2824.
5 Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 448 / 2606.
6 Anzeige der Vorlesungen an der Großherzoglich Badischen Polyted111ischell Schule zu Carls-
ruhe für das Jahr 1853/ 54. Carlsruhe o. J. 7 In Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 irr tümlich "Stud. zuerst Archi -
tektur . .. "
8 K. Weysser, Der Darwinismus und die moderne Malerei im Spi egel ei ner mögl ichst richtigen
Weltanschauung. Heidelberg 1898, S. 5.
9 O . Kraemer, Ferdinand Redtenbacher. In: Die Tech ni sche Hochschule Fridericiana Karl s-
ruhe. Festschrift zur 125-Jahr-Feier 1950. Karlsruhe 1950, S. 81.
10 Leider sind keinerlei Archi valien über Weysser bei in Frage kommenden Berliner Nachfolge-
27 behö rden der Bauakademie vorhanden (brief!. Mitt. von Dipl.-Ing. Ute Büchs, Plansamm-
lung Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, v. 6.10.1975) .
11 R. Theil mann, Johann Wilhelm Schirmers Karlsruher Schule. Diss. Heidelberg 1971, S. 371 .
12 ders. a. a. O . S. 127.
13 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 14.10. 1975 über einen Eintrag im poli zei lid1en
Fremdenkartenregister (Serie 6, N r. 26135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 15 . 11. 1860 bis 10. 6. 1861 zur Ausbildung in München war, am Sendlinger-Tor-Platz 1/ 2 wohnte
und am 10. 6. 1861 wieder nach Durlach abreiste. 14 Grundbuch Bd. 17, S. 52. 15 Die Ei ngriffe betrafen die Aktmodelle. Da die Behörden Aktmodellstehen als sittenwidriges
Verhalten ansahen, wurden mehrmals weibliche Modelle von der Sittenpolizei gewaltsam abgeführt. Erst eine Verordnung des Innenministeriums von 1860 stellte klar, daß Studien
"a uch nach dem Nackten zur Ausbildu ng der Kunstschüler nothwendig und durd, nichts
anderes zu ersetzen sind", verpflichtete aber die Direktion, darüber zu wachen, daß dabei "nichts vorgeht, was die Zwecke der Kunstanstalt irgend wie überschreitct'j (Theil mann a. a. 0 ., S. 84 ff. ).
16 Theilmann a. a. 0 ., S. 374 . 17 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 4. 10.1975 über ei nen Eintrag im polizei lichen Frem-
denkartenregister (Serie 6, Nr. 26 135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 23.11. 1863
bis 1864 zu r Ausbildung in München war und in ·der Schwanthalerstraße 2311 wohnte. Be-
merkung vom 15 . 3. 1864: "z. Z. im Irrenhaus, am 26. 3.1864 abgereist nach Hause." 181m Schuljahr 1863/64 ist Weysser noch ei nmal an der Karlsruher Kunstschule eingeschrie-
ben (Theilmann a. a. 0., S. 375). 19 Er woh nte in der Kriegsstr. 11 , damals ein e Wohngegend wohlhabender Bürger, H aus-
besitzer war der Architekt und Bauinspektor Serger, außer Weysser wohnten dort der Maler
G leichauf, der Hofmusikus Braun und der Zeichner Gladbach. Nach Weyssers Wegzug über- nahm der Maler Anton von Werner die Wohpung (nach Karlsruher Adreßkalender 1865-
1870). 20 G. Kird1er, Der Maler Karl Weysser, ein Nachfah r der Romantik: In: Das Bild. Karls-
ruhe, Jg. 6 (1936), S. 83.
21 Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 und brief]. Mitt. der Di rection Regio-
nale des Affaires C ultllrelles, Strasbourg v. 4. 11. 1975.
22 Karlsruher Nachrichten v. 31. Oktober 1875, S. 1022.
23 Brief]. Mitt. des Heidelberger Stadtarchivs v. 29. 10. 1975.
24 Brief]. M itt. der Stadtgeschichtlichen Sammlungen in Baden-Baden v. 7. 10. 1975, daß Weysser
1885 im Haus Scheibenstr. 4 wohnte (außer ihm noch ein Maler August Schott, Prof. Eduard
Eisen und der Musiker-Maler Vitus Staudacher). 1888 woh nte er im Haus Rettigstr. 4.
25 ]n einem neu erbauten Haus in der Lcopoldstr. 7. Mi tbewoh ner waren Lieutenant Frh. v.
Beaulieu-Marconnay, Prof. Ludwig Levy, Architekt, und Johan n Schroth, Architekt. Das
Haus gehörte dem Major a. D. Hoffmann (nach Karlsruher Adreßkalender 1890-1894). 28
29
26 Briefl. Mitt. des Stadtarchi vs Heidelberg v. 29.10.1975.
27 Standesamt N r. 8/1885 (bri efl. Mitt. des Standesamtes Baden-Baden v. 16. 12 . 1975). 28 Sie starb am 23 . Januar 1912 in Heidelber;; im Alter von 58 Jahren. Ih r Vater war der
Postschaffn er Wilhelm Sickinger und sta mmte aus Spöck . Ihre Mutter hieß Magdalene geb.
Beck und lebte zuletzt in Waghäusel (briefl. Mitt. des Stadtarchi vs H ei delberg v. 29. 10. 1975).
29 Frau Anna Weysser war ei ne angeheiratete N ichte des Malers, wahrschcinlid1 di e Frau seines 1855 geborenen Neffen ea rl Fri ed rich Weysser. Sie lebte später in Mün chen und hat
dem Pfin zgaumuseum u. a. den H eiratskontrakt der Eltern Weysser geschenkt. Sie starb 1965
fast 99jährig in München. 30 Auf diese Möglichkeit hat mich der Restaurator der StaatI. Kunsthalle Karl sruh e, Herr
Brammer, hingewiesen.
3 1 Weysser, Darwinismus, 5 . 54.
32 Weysser, Durch Dick und Dünn. Baden-Baden 1887, 5.35.
33 Weysscr, D arwinismus, S. 86. 34 ders., a. a. 0., S. 7. 35 ders., a. a. 0., S. 9 1 f. 36 Zi ti ert nach Theilmann, Die Grötzinger Ma lerkolonie, Ausstellu ngskatalog der Staa tI . Kunst-
halle Karlsruhe. Karlsruhe 1975, S. 11 .
37 Das Bild (Inv. Nr. 60/1690, siehe Abb.) ist n icht identisch mit dem oben erwähnten Gemäld e
aus den 1860er Jahren, da es weder datiert noch signiert ist und auch di e Schlußiiberm alun g fehlt. Auch sti listisch läßt es sich nicht mit Weyssers Früh werken vereinbaren. Offensichtlich handelt es sich um die in einem Briefwechsel erwähnte Kopie, di e er Ende 1903 in Arbeit
hatte, aber nicht mehr vollenden konnte, wei l er nach längerer Krankheit im März 1904 starb .
Das Bild war ein Geschenk des Kü nstlers a n seine Vaterstadt Durlach, die zuvo r verschiedene Skizzen des Brunnens angekauft hatte, da man an die Wiederaufstellung der Brunnenfigu r
dadlte (nach Akten im Stadtarchiv Karls ruhe, Bestand Durlach A 3156). Die Skizzen si nd vielleicht identisch mit denjenigen, die sich heu te unter der In v.-Nr. W 98-100 im Karlsruher Denkmalamt befinden.
38 s. S. 13.
Ernst Pet rasch
Durlacher Fayencen 1723-1840
Auf die Frage, welche unter den deutschen Fayence-Fabriken die älteste ist, gi bt uns der
"Badensche gemeinnützige Hof- und Staatskalender für das Jahr 1786" die Auskunft, "daß wahrscheinlich die zu Durlach" allen anderen deutschen Manufakturen "ebenso an Alter wie an Güte und Schönheit der Waare vorgehe". Dieses zweifellos lokalpatriotisch gefärbte Urteil
der ältesten gedruckten Chronik über die Durlacher Fayence-Manufaktur läßt sich heute -
soweit es die Entstehungszeit betriffi - freilich nicht mehr aufrecht erhalten. Denn bekanntlich wurden die ersten deutschen Fayence-Fabriken bereits um di e Mitte des 17. Jahrhunderts in
Hanau, Frankfurt und Berlin gegründet. In künstlerischer Hinsicht jedoch erweisen sich vor allem die nod, vor 1800 in Durlach ent-
standenen Fayencen den Erzeugnissen anderer führender Fabrikationsstätten mindestens eben- bürtig und haben ihren hervorragenden Rang in der deutschen Fayencekunst bis heute behalten.
Auf eindrucksvolle Weise hat dies die große, 1975 vom Badischen Landesmuseum im Karls-
ruher Schloß veranstaltete Ausstellung bestätigt, die zum ersten Male einen umfassenden über- blick über die Gesamtproduktion der berühmtesten badischen Fayence-Fabrik vermittelte und
ihre künstlerische Leistung in einem gänzlich neuen Licht erscheinen ließ . Die noch vor wenigen Jahrzehnten geäußerte Meinung läßt sich heute jedenfalls nicht mehr aufrechterhalten, daß nämlich "Durlach in dem gewaltigen deutschen Fayence-Orchester nur ein bescheidenes Instru-
ment gespielt hat" . Gewiß nicht die Sologeige - so dürfen wir dieses gleichnishafte, aber
unzureichende Urteil jetzt mit gutem Grund zurechtrücken - aber ein dominierendes Instru- ment von durchaus eigenem und beglückendem Wohlklang unter den rund hundert Fayence-
Manufakturen, die im 18. Jahrhundert in Deutschland existierten. In der heiteren Anmut ihrer
manni gfaltigen Dekore, mit ihrer meist strahlend weißen Glasur von porzellanartiger Brillanz und in ihrer oftmals delikaten Farbgebung lassen Durlacher Erzeugnisse einen Wesenszug
erkennen, der bei deutschen Fayencen im allgemeinen nicht allzu häufig in Erscheinung tritt.
Mit ihren Geburtswehen, ihrem mehrmaligen Besitzerwechsel, den durchzustehenden Konkur- renzkämpfen und ständigen Geldnöten unterscheidet sich die Durladler Manufaktur jedoch
kaum von der C hronik äh nl icher Betriebe jener Zei t. 1723 - acht Jahre nach der Grü ndun g
von Karlsruhe - erteilte Markgraf Kar! Wi lhelm von Baden-Durlach "Johann Heinrich
Wachenfeldt dem Porcellain-Fabrikanten, von Wolfshaagen auß dem Hessen Casselischen
gebürtig" das Privil eg, "allda eine Porcellain und Tabac Pfeifenfabrique aufzurichten" . Wie wir
aus dem Privileg vom 3. März 1723 weiter erfahren, überließ der Markgraf Wachenfeld zu
diesem Zweck "Unsern bißhero eigenthümlidl zuständig geweßten Bauhof-Platz zur Durladl in
der Vorstatt außer dem Pfinzthor, sambt denen darauf stehenden Gebäudten und Hofraithung . .. 30
neben dem Roßschwemme weg liegendt, vornen auf die Landstraß und hinten auf die Pfinz-
bach stoßend .. . um Ein Tausend Gulden Reichswährung . .. " .
Die Gründung der Fabrik entsprach durchaus der merkantilistischen Wirtschaftspolitik im Zeit-
alter des Absolutismus, der badische Regent folgte als Protektor einer "Porcellainfabrique"
dem Beispiel manch anderer Landesfürsten. Denn mit den neueingeführten exotischen Getränken
Tee, Kaffee und Schokolade hatte auch das aus Ostasien importi erte Porzellan sei nen Sieges-
zug durch ganz Europa angetreten, das für jene mod ischen Tafelgenüsse wie gesdlaffen war.
Als dann 1709 dem Alchimisten Friedrich Böttger in Meißen die Nacherfindung des China-
porzellans gelungen war, da wollte bald selbst der kleinste unter den rund dreihundert deut-
schen Duodezfürsten seine eigene Porzellanfabrik. Freilich war das, was die meisten dieser
Betriebe zu produzieren imstande waren, bestenfalls Fayence, die dem Porzellan nur äußerlich
ähnlich ist. Man nahm es abcr mit dcr Bezeichnung nicht so genau und verlieh auch der weniger
kostspieligen Fayence den Namen Porzellan, das damals von aller Welt begehrt war. Aber
nichts wäre falscher, als die Fayence deshalb geri nger einzuschätzen. Ist doch die Tonmasse, die
zu ihrer Herstellung verwendet wird, gleichermaßen plastisch gut bildsam, und ihre glänzend
weiße, undurchsichtige Glasur bietet denselben idea len Malgrund für jederlei bunte Ausstattung.
SdlOn im alten Babyion und Agypten bekannt, war die Fayence auf ihrem weltweiten Weg über
die Perser, Araber und Mauren im Mittelalter nach Spanien gelangt. Mallorca (Majorca), von
wo aus dieses farbenprächtige Irdengut nach Italien exportiert wurde, gab der hier bald selbst
crzeugten Majolika den Namen . Faenza hinwiederum, das widltigstc Zentrum der italienischen
Kunsttöpferei im 16. Jahrhundert, wurde zur Lehrmeisterin und Namensgeberin für die
Fayencekunst nördlich der Alpen. Ober Frankreich und die Niederlande, wo Delft sich bald
eine führende Rolle eroberte, wurde die Fayence schließlich auch in Deutschland bekannt. Doch
kam es wegen des Dreißigjährigen Krieges hier erst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts zur
fabrikmäßigen Produktion von Fayence. Die meisten deutschen Fayence-Manufakturen wuchsen
jedodl erst seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts wie Pilze aus dem Boden.
Um diese Zeit wurdc - wie bereits erwähnt - auch die Durlacher nPorccllain-Fabrique"
gegründet. Hinter dem vielversprechenden Firmentitel verbarg sich allerdings auch hier nichts
anderes als eine Fayence-Manufaktur. Johann H einrich Wachenfeld, ihr Grü nder, hatte erst
wenige Jahre zuvor gemeinsam mit Karl Franz Hannong die nachmals berühmte Straßburger
Fayence-Fabrik ins Leben gerufen . Ungeachtet mancherlei wirtschaftlicher und technischer
Schwierigkeiten ist es Wachen feld auch in Durlach gelungen, die Produktion bald in Gang zu
bringcn. Fabrikation und Warenverkauf erfreuten sidl anscheinend gerade ihres erstcn Auf-
schwungs, als Wachen feld - kaum 32 Jahre alt - 1726 plötzlich starb. Obgleidl seine Frau
Anna Maria, eine Tochter des Durlacher Hufschmieds Peter Geibel, das Geschäft unverzagt
weiterführte, wollte sich der anfängliche Erfolg nicht wieder einstellen . Auch dann nicht, als
sie 1728 den "Porzellaner" Johann Ludwig Wagner geheiratet hatte, wohl aud, in der Hoffnung,
31 dem Betrieb damit wieder zu einem sachverständigen Prinzipal zu verhelfen. Die Schulden-
last der Manufaktur, die damals kaum mehr als zehn Arbeiter beschäftigt haben dürfte, wurde
von Tag zu Tag drückender, während der Absatz immer mehr zurückging. Als 1733 der Polnische Erbfolgekrieg auch Durlach in Mitleidenschaft zog, scheint die Fabrik überhaupt stillgelegt worden zu sein. 1739 übernahm Joseph Vincent das Unternehmen, ver-
strickte sich jedoch bald in immer größere Schulden und entfloh 1744 "bei Nacht und Nebel"
kurzerhand wieder nach Frankreich. 1749 ersteigerte der Herrenalber Klosterwirt und Handelsmann Johann Adam Benckiser das
verwaiste Fabrikgebäude und richtete darin mit seinem Schwager) dem Durlacher Posthalter
Georg Adam Herzog, eine .. Cotton- und Fayencen-Fabriqucn CompagnieU ein. Dieser Neu-
beginn hat nach jahrelang stagnierender Produktion zugleich jene Blütezeit der Manufaktur
eingeleitet, die den eigentlichen Ruhm der Durlacher Fayencen begründete. Ein wesentlicher
Anteil an diesem schwunghaften Auftrieb ist zweifellos Dominikus Cuny zuzuschreiben, dem neubestellten technischen Direktor des Unternehmens. Cuny oder "König aus Nancy in
Lothringen gebürtig" - wie der erfahrene Fachmann in Durlach benannt wurde -, sammelte
bald einen ständig wachsenden Stab geschickter Formdreher, tüchtiger Maler und erfahrener Brenner um sich. 1750 heiratete er Christina Frankin, eine Tochter des Durlacher Scharfrichters,
übersiedelte aber einige Jahre später nach Hollitsch in Mähren, um die dortige Fayence-Manu-
faktur zu übernehmen.
In den ersten Jahrzehnten nach dem Neubeginn erreichte die Fabrik mit nahezu hundert
Arbeitern ihren wirtschaftlichen und künstlerischen Höhepunkt. Durlacher Fayencen müssen schon damals weithin bekannt und beliebt gewesen sein . Schenken wir zeitgenössischen Berichten
Glauben, so muß sich der rege Absatz zu jener Zeit nicht nur nach Schwaben, Bayern und Tirol erstreckt haben, sondern auch die Schweiz und Holland wurden beliefert. Abnehmer der Ware
waren zunächst bürgerliche Kreise, ebenso der Adel und die markgräfliche Hofhaltung, wie uns
aus mehreren Akten bekannt ist. In späterer Zeit fanden die Erzeugnisse der Manufaktur vor-
wiegend unter den "kleinen Leuten" ihre Käufer, bei Handwerkern und bei der ländlichen
Bevölkerung. Die Konkurrenz neuentstandener Unternehmen in den Nachbarländern, die bislang zum festen
Durlacher Absatzgebiet gehörten, begann sich bald nachteilig auszuwirken. Es waren dies vor
allem die 1771 errichtete Porzellanfabrik Baden-Baden und die im gleichen Jahr gegründete
kurpfälzische Fayence-Manufaktur in Mosbach. Inzwischen hatten Christian Friedrich Benckiser
und Georg Friedrich Gerhard Herzog, die Söhne der Gründer, die Leitung des Unternehmens
übernommen. Nach wie vor waren in der Fabrik - wie es noch 1768 heißt - "Jahraus, Jahr-
ein, gegen 60 Personen, worunter 20 Maler, 12 Dreher und Poussirer, 6 Brenner ete." tätig.
Obgleich der Betrieb weiterhin florierte, machte sich gegen Ende des Jahrhunderts ein gewisser
künstlerischer Rückgang bemerkbar.
Die Geschichte der Manufaktur ist rasch zu Ende erzählt. 1806 war Johann Adam Benckiser, ein
Enkel des Gründers, neuer Fabrikinhaber geworden. Unter dem allgemeinen Einfluß der neuen
33 gesellschaftlichen Verhältnisse und der zunehmenden Industrialisierung ging man jetzt auch in
Durladl dazu über, zur H ebun g der Rentabilität anspruchslosere Massenware zu produzieren.
So wurde 1813 mit der Fabrikation von Stein gut begonnen, jenem billigeren und widerstands-
fähigen keramischen Produkt, das seit dem Ende des 18. Jahrhunderts von England aus Fayence
und Porzellan mehr und mehr vom Markt verdrängte.
Aber wie andernorts, ließ sich auch in Durl ach der weitere Verfall der Produktion nicht mehr
aufhalten; die Tage der Manufaktur waren gezählt. H eißt es doch in ei nem Bericht des Durlacher
Oberamts von 1831: "Kaum und mühselig erhält sich die Porcellain-Fab rik, die ein en Waaren
Vorrath von 20 000 Gulden hat und nicht verkaufen kann. " Nachdem sie im gleichen J ahr noch-
mals den Besi tzer gewechselt hatte, wurde die Manufaktur ein Jahrzehnt später von den Lahrer
Kaufleuten Friedrich Lichtenberger und Friedrich Engler im Zeichen des fortsch reitenden lndu-
striezeital ters in eine "Cichorien-Caffee und Kartoffel-Mehl-Fabrik" umgewandelt und ihre
Brennöfen wurden für immer gelöscht.
So fand schließlich auch die einz ige und erfolgreid1Ste von allen a lten Fabriken der ehemaligen
Residen zstadt Durlach, die sich ins 19. Jahrhundert hinüberretten konnten, ihr Ende. Einige der
brotlos gewordenen Arbeiter haben dann nod, etliche Jahre in dem benachbarten "Kutsd,er
Schenkelschen Hause" Birnkrüge und an~eres Geschirr nach alter Manier in eigener Regie
bemalt und gebrannt.
Vom einstigen Fabrikgebäude, dessen Ansicht uns eine beschei dene Tuschzeichnung von 1795
überliefert, ist im Geviert der jetzigen Pfinz-, Hub- und Kleinbachstraße nur noch ein un an-
sehn lid,er Rest stehengeblieben.
* Im Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses - nur wenige hundert Meter von der einstigen Manu fa ktur entfernt - hat man zwischen den beiden Weltkriegen neben vielen anderen
Kunstwerken, Dokumenten und Erinnerungsstücken zur Stadtgeschichte auch eine ansehnliche
Sammlung von Durlacher Fayencen zusammengtragen; nach jahrelanger Magazinierung ist sie
nun im gänzlich neugestalteten Pfinzgaumuseum der Offentlichkeit w ieder zugänglich. Mit ihren
über 200 Einzelstücken bildet sie nicht nur ein e der wichtigsten Abteilungen des jetzigen
Museums, sondern sie ist nach Art und Umfang di e zweitgrößte Sammlung neben den nodl
wesentlich umfangreicheren Beständen im Bad isdlen Landesmuseum . Rund 50 Fayencen dieser
Kollektion haben die 1975 im Karlsruher Schloß präsentierte A usstellung a ls wichtige Leih-
gaben bereichert und sind im Ausstellungskatalog ausführlich beschrieben und abgebildet. Wenn-
gleich in der Sammlung des Pfinzgau museums die Blütezeit der Manufaktur (1749-1800) mit
einer Reihe seltener und interessanter Stücke vertreten ist, so übcrwie~en der Zahl nadl die
Erzeugnisse der Spätzeit nad, 1800.
Aus der Frühzeit der Durlacher Fabrik (1723-49) hingegen, deren Produktion bis vor wen igen
Jahren noch gänzlich unbekannt war, haben sich überhaupt nur einige Beispiele im Sd,Ioß
Favorite bei Rastatt erhal ten. Ihre kürzliche Entdeckung und Darbietung a ls Durladler
Fabrikate wa r eine der ü berraschungen der Karlsruher A usstellung. Es handelt sid, dabei um
35 etliche T ell er, Platten, Schalen, Krüge und Wandleuchter, die mit ein em kräftigen Randborten-
dekor in Blaumalerei ("Style rayonnant") geschmückt sind und außer dem Wappen von Baden-
Durlach noch das Spiegelmonogramm des Mark grafen Karl Wilhelm zeigen. Wahrscheinlich haben w ir es dabei mit Resten eines Services zu tun, das die Manufaktur in den ersten Jahren
ihres Bestehens als wohlgelungene Probe ihres Könnens für die markgräfliche H of tafel gelie-
fert hat. Was in den wirtschaft lich und künstler isch ergiebigsten Jahrzehnten des Unternehmens nach
1750 erzeugt wurde, gehört zu den besten Leistungen Durlachs und bildet zugleich den Fundus, aus dem alle fo lgenden Maler- und Formergenerationen bis zur Schließung der Manufaktur immer wieder Anregungen geschöpft haben. Merkwürdigerweise scheint man beim Neubeginn
1749 zunächst auf Formen und D ekore der Frühzeit zu rückgegriffen zu haben. Jedenfa lls zeigen die um 1750 entstandenen Stücke in modifizierter Form jenen charakteristischen blauen Behang-
dekor, der das vorhin erwähnte Service im Schloß Fa vo rite ziert. Dem gewandelten Zeit-
geschmack entsprechend, sind die Formen der Teller, Platten und Terrinen jetzt aber vielfach geschweift und fassoniert, der zarte Randdekor ist in feines Blatt- und Bandelwerk aufge-
lockert. Bald aber kam eine Fülle neuer Formen und Dekore hinzu. Allein im "Preis-Courant" von 1786 sind an die zweihundert der verschiedenartigsten Geschirrformen verzeichnet, die
einzeln aufz uzählen hier zu weit führen wü rde.
Begnügten sich d ie Maler zunächst mit Kobaltblau - der keramischen Kardinalfarbe schlecht-
hin, die mit dem chinesischen Porzellan nach Europa gelangt war - so fand en alsbald weitere Malfa rben reichliche Verwendung: Gelb, G rün und Manganviolett, später dann noch Eisenrot.
Mi tunter wurden die Dekore auch nur in einer Fa rbe gemalt, dem sogenannten "cn cama'ieu",
und damit äußerst delikate Wirkungen erzielt. Verwendet wurden in den Durlacher Malerstuben aussch ließlich Scharffeuerfa rben. Daneben blieben viele Stücke auch unbemalt, um sie bi ll iger in den H andel bringen zu können; außer den obligaten weißglasierten Fayencen - die in mehre-
ren Exemplaren im Pfinzgaumuseum vorhanden sind - haben sich auch einige Gesdli rre mit
lindgrüner und kaffeebrauner G lasur erhalten.
Der Modelaun e der Zeit entsprechend, fo lgten dem vorhin erwähnten Behangdekor die "india-
nischen" Blumen, w ie man die stilisierende Blumenmalerei nach ostasiat ischen Vorbildern da-
mals nan nte. Diese großflächig und flott gemalten Blumensträuße mit eigenartig aufbrechenden
Blütendolden und "geknickten" G räsern finden sich auf zahlreichen Geschi rren . Zunächst nur in
Blau gemalt, kamen dann bald noch Gelb und Grün dazu; in Verbindung mit der schwarzen Um-
ri ßzeichnung erbrachten sie jenen harmonischen und wa rmen Farbd rei klang, der für diese Periode
Durladls besonders charakteristisch ist.
Wohl angeregt von anderen Manufak turen treten um 1760 auch in Durlach die ersten . deutschen"
Blumen auf den P lan. Anfangs noch mit ostasiatischen Motiven gemischt und als bescheidene
Nebenmotive verwendet, füllen die aus Nelken, großen Tulpen und Rosen locker gebildeten
bunten Sträuße bald die Schauseiten der Gefäße und sind bis ans Ende der Produktion der bevor-
zugte Dekor geblieben. Solch ein Rosenzweig in gestufter Blaumalerei schmückt auch eine um
1770 entstandene Kachel in der Sammlung des Pfi nzgaumuseums, der ein besonderer Seltenheits- 36
wert zukommt: Als einziges bisher bekanntes Exemplar dieser Gattung liefert uns dieses quadra-
tische Pl ättchen den sichtbaren Beweis für die aktenkundige ü berlieferung, daß in der Durlacher Manufaktur auch Kachelöfen und Fliesen hergestellt wurden.
Im Gefolge der Chinamode in der europäischen Kunst des 18. Jahrhunderts erscheinen um 1765 auch auf Durlacher Erzeugnissen figürliche Chinoiserien. Diese bezaubernden Darstellungen
gehören nicht nur zum besten, was Durlach an malerischer Ausstattung geschaffen hat, sondern dürfen überhaupt zu den reizvoll sten Schöpfungen der gesamten deutschen Fayencemalerei ge-
zählt werden. Inmitten exotisch anmutender Gärten oder bizarrer A rchitekturen, einzeln oder in
Gruppen placiert und in phantasievol le Kostüme gekleidet, agieren di ese mu nteren Chin esen- fi gü rchen in verschiedenen Beschäftigungen und a llerl ei Vergnügungen. Meist von fli egenden Vögeln und überlebensgroßen Insekten umschwirrt, bevölkern diese europäisierten Miniatur-
Ch inesen nun die Durlacher Platten, Teller, Tee- und Wärmegeschirre, Leuchter und Schreibzeuge. Zun ächst nur ein farbi g in Blau, Schwarz oder in modi schem Seladon grün gehalten, werden die
C hinoiserien später auch mehrfarb ig gemalt. Wie der Verfasser kürzlich an anderer Stelle nach- weisen konnte, dienten den Durlacher Malern für ihre Chinoiserien vornehmlich Stiche von El ias
Baeck a ls graphische Vorlagen, die ein Augsburger Verlag bereits um 1724 herausgegeben hatte.
Reizvollen Exemplaren dieser Durlacher Ch inesendekore begegnet der Besucher des Pfi nzgau- museums außer auf einigen Kaffee- und Milchkännchen vor allem in dem großen Tablett mi t durchbrochenem Rocaille-Rand, auf dem ein Angler inmitten einer üppigen Flußlandschaft w ieder-
gegeben ist. Auch das Zeitalter der Romantik hat auf Durlacher Erzeugnissen seinen Niederschlag gefunden,
als man um 1780 dazu überging, die Gesch irre mit zum Tei l miniaturartig kleinen "romanti- schen" See- und Ruinen landschaften zu schmücken, wobei jetzt als neueingeführte Farbe ein leuch-
tendes Eisenrot vorherrscht. Ein mehrtei liges Service, bestehend aus einem rechteck igen Tablett,
mehreren Kannen und Tassen, das 1963 von der Stadtverwaltung für das Pfinzgaumuseum er- worben werden konnte, sei hier a ls besonders geglücktes Beispiel dieser in li ebevoller Klein arbeit
gema lten Landschaftsdekore hervorgehoben.
Diese Landschaftsmalerei ist bekanntlich in Mosbach so getreulich nachgeahmt worden, daß die
Erzeugnisse der bei den Ma nufak turen oft kaum zu unterscheiden si nd, wenn sie nicht - w ie dies
bei Mosbacher Fayencen häufig der Fa ll ist - mit einer Marke versehen sin d. Durlach hingegen
hat niemals ein Fab rikzeichen geführt. (Nur das sei t 1813 fabrizie rte Steingut mu ßte auf amtliche
Ano rdnung ab 1818 den mit Blindstempel eingepreßten H erstellungsort "Durlach" aufweisen.)
Aktenstücke wurden gelegentlich mit einem Petschaft gesiegelt, dessen Buchstaben FFD (Fayence
Fabrik Durlach) auch auf ei ner sei denen Jubiläumsfah ne von 1828 wiederkehren, die jetzt im
Pfinzgaumuseum verwahrt wird. Ledi glich ein er größeren Zahl von Malermarken begegnen wi r
auf zahlreichen Durlacher Stücken; gelegentlich haben einige der etwa fünfzig in den Fabrik-
akten aufgeführten Maler ihre A rbeiten auch mit vo llem Namen signiert.
Es gibt indessen ein E rzeugnis der Manufaktur, das nachhaltiger als jede Marke ihren Namen
37 weithin so vertraut gemacht hat, daß es heute gewissermaßen als das eigentliche Wahrzeichen
..
der Fabrik angesehen w ird. Es sind jene schmucken Birnkrüge, die vorwiegend zu Gesmenk- zwecken auf Bestellun g in verschiedenen G rößen einzeln angeferti gt wurden. Neben figürlichen
Szenen un d Zu nftem blemen - die meist von ei ner Rocaille-Kartusche und Blumenzweigen um- rahmt sind -, überliefern sie uns in ihren Aufsch riften oftmals auch den Namen, Beruf und Wohnort des Auftraggebers sow ie das H erstellu ngsjahr. Da sie nachweislich von 1754 bis zum
endgült igen Verlösd,en der Brennöfen - also fast ein J ahrhundert hindurch - prod uziert
wurden, hat ihre weite Verbreitun g freilich andererseits die übri gen Du rl acher Erzeugnisse etwas überschattet. Zugleich läßt sid, an diesen buntbemalten und meist recht volkstümlichen Birnkrügen
- gleichsam wie in ein er Musterkoll ektion - di e gesamte künstlerische Entwicklung der Manu- faktur ablesen, wie dies beisp ielsweise auch an den fund fü nfzig Birnkrügen des Pnnzgaumuseums möglich ist, deren ältester 1757 entstanden und deren spätester 1843 datiert ist.
Verwendu ng fa nden sie vorwiegend als Schenkkrü ge, mit welchen der H austrunk aus dem Keller
geho lt und bei Tisdl kreden zt wurde. H andelt es sich aud, nicht um Werke "hoher Kunst", so
si nd diese schlichten , in der Spätzeit zuweilen mit unbeholfenem Pinsel bemalten Wein krüge vor a llem für di e Familienforschung und H eimatgeschichte, fü r die Kostüm- und Volkskunde ei ne
wahre Fundgrube. Diese nach Hund erten zählenden und in vielen Sammlungen verwah rten Birn-
krüge bilden mit ihren mannigfalt igen Darstellungen einen bunten Bilderreigen, gleichsam einen ein zigarti gen Kultur- un d Zei tsp iegel vom täglichen Leben in Stadt und Land, der uns von der
hei teren Welt des graziösen Rokoko über die Drangs"ale und Kriegsnöte der napoleon ischen Ara bis an die Schwe lle unseres Industri ezeitalters führt. Als weitere Du rl acher Spez iali tät seien hier noch jene reizvollen Anbietplatten in Kleeblattform
genannt, di e sonst keine deutsche Manufaktur auf den Markt gebracht hat. Besonderer Beliebheit
dürften sidl auch di e zierlichen Schreibzeuge erfreut haben, die in Nieren- und Herzform aus- geformt, oder aud, geschweiften Rokoko-Kommoden en mi ni ature nachgebildet und origi nalge-
treu bemalt wurden. Ein namentlich in D urlach gepflegtes Formstück wa ren auch jene kegel- stumpfförmi gen Warmhaltegefäße mit abnehmbarem Napf, sogenan nte Rechauds, die zugleich
als Nachtl icht gerne Verwendung gefu nden haben. Al s bescheidene Besonderheit seien noch die
kleinen runden Schälchen erwähnt, die aufs Spinnrad aufgestülpt werden konnten und zum
Benetzen der Finger dienten.
Figü rl iche Plastik hingegen, wie sie bei anderen Manufakturen zu finden ist, wurde in Durlach so gut wie überhaupt nicht hergestellt. Belege fü r beschei dene Versuche auf diesem Gebiet liefern
uns unter anderem einige Gipsformen für kleine Fa yencetiere sowie ein liegendes Löwenfigü rchen aus Du rladler Stein gut, die zu den Raritäten der Sammlung des Pfinzgaumuseums zählen, jedoch eher als interessant denn als künstlerisch bedeutsam bezeichnet werden können. Alles in allem spricht es für die Gediegenheit der in Durlach entwickelten Formtypen und für ih re Beliebtheit
bei den Käufern, daß so ma nd,es Modell der Blütezeit in nur geringfügiger Abwandlung selbst
noch in der Spätperiode der Manufaktur ausgefo rmt wurde. Das wichtigste Schmuckelement in der Produktion nach 1800 bi lden neben figürlichen Darstellun-
gen die verschiedensten Blumenmoti ve, die jetzt frei lich !lidlt mehr die künstlerische Feinheit der 38
39
Blütezeit aufweisen, sondern meist summarisch mit flüchtigem Pinsel hingesetzt sind . An die
Stelle der lockeren Rokokosträuße treten in zunehmendem Maße nun didltgeflodltene G irlanden
und Kränzchen, bei welchen vor allem zu r Zeit des Biedermeier das modische Vergißmeinnicht
und das Stiefmütterchen die Hauptrolle übernehmen. Auf vielen Geschirren, vor allem auf Platten
und Tellern, nehmen außer den verschiedenen Blumendekoren jetzt kurze und längere Inschrif- tcn,Widmungen und Sprüche den beherrschenden Platz ein. Obgleich sie niemals über den Rang
sogenan nter Gelegenheitsdichtung hinausgeh en, spricht aus diesen meist unbeholfenen, zuwcilcn
aber humorvoll gewürzten Versen stets der nai ve Ton urwüchsigen Volksempfindens. Sie künden
von den Freuden und Leiden eines bestimmten Berufsstandes, preisen die Liebe, Treue und
Freundschaft und huldigen emphatisch - wie könnte es im Weinland Baden anders sein - dem
edlen Rebensaft. Proben dieser schlichten "Dichtkunst" findet der lesefreudige Bctradlter auch
auf zahlreichen Stücken im Pfinzgaumuseum.
Kommen wir abschließend noch auf eine besondere Gruppe d1arakteristisd1er Formstücke und
Dekore zu sprechen, die in Durlach von etwa 1825 bis ans Ende der Produktion gebräud1 1ich waren. In auffälliger Weise gleichen diese Stücke bis ins unscheinbarste Detail hinein manchen
Erzeugnissen einiger Schweizer Manufaktllren, namentl ich jenen der Zürcher Fabrik im Schooren
und der in Matzendorf im Kanton Solothurn. Schon seit einiger Zeit beschäftigt die Keramik-
fo rschung dieses Problem, ohne daß es bisher gelungen ist, eine schlüssige Begründung für diese
merkwürdige Duplizität zu finden . Die Ausstellung im Badischen Landesmuseum, in der erstmals
ges icherte Schweizer mit DurIacher Fabrikaten direkt konfronti ert wurden, konnte zur weiteren
Klärung dieser umstrittenen Frage wesentl iche Argumente beisteuern . Dabei hat sich unter ande-
rem herausgestellt, daß so manches bislang Durlach zugesch riebene Stück jetzt eindeutig als
Schweizer Erzeugnis anerkannt werden muß; neben etlichen Terrinen, Kannen, Tassen und
Tellern, die als vermeintliche Durlacher Fabrikate ins Pfinzgaumuseum gelangt si nd , triffi dies
beispielsweise auch für das hübsche Barbierbecken von Johannes Brunner zu, das erst 1849 - a lso fast ein J ahrzehnt nach Stillegung der Durlacher Manufaktur - entstanden ist.
Walther Franzius
Zur Technik der Fayenceherstellung
Für die Fayenceproduktion bedient man sich ei nes gut bildsamen und möglichst kalkhaltigen Tones. Die Vasen, Kannen und sonstigen Ge fäße werden vorwiegend auf der Töpferscheibe
gedreht. Beim Abschneiden des Gegenstandes von der Scheibe mit Hilfe einer Drahtschlinge ent- stehen auf dem Boden bogenförmige Parallel rillen. Sie sind für die Böden von Durlacher Birn-
krügen cha rakteristisch und verschwinden erst um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, als man zur Glättung der Böden übergeht.
Die von der Scheibe abgenommenen Objekte läßt man zunächst an der Luft etwa lederhart trock- nen . D an n werden die meist in besonderen Formen hergestellten Henkel und Ausgußtüllen "an-
garn iert". Mi t Tonbrei werden sie an genau festgelegten Stell en auf die Gefäße gek lebt. Da der trockene Ton von Henkel bzw. Ausgußtülle und Gefäß der Kittmasse die Feuchtigkeit entzieht, entsteht eine feste Verbindung. Darauf kommen die Stücke in den Ofen zum sogenannten
"Schrühbrand" mit Temperaturen von etwa 8000 Celsi us. Durch die Hitze wird ihnen weitere Feuchtigkeit entzogen und damit eine größere Festigkeit verliehen. In einem neuen Arbeitsgang werden sie glasiert, d. h. mit einer besonderen Schicht überzogen. Grundbestandteil der Glasur
ist Quarzsand, dem vor allem Zinnoxyd zugefügt wird. Das Gemenge wi rd fein gemahlen und mit Wasser zu ein em verhältnismäßig dünnflüssigen Brei angerührt. In diesen weißgrauen Glasur- brei werden die gesch rühten Stücke nur kurz eingetaucht. Die Glasurmasse sch lägt sich als mehli-
ger überzug auf der Oberfläche des Gefä ßes nieder, weil der poröse Ton die in ihr enthaltene Feuchtigkeit rasch aufsaugt. Ein zweiter Brand bei etwa 10000 Celsius bringt den überzug zum Schmelzen, so daß er mit dem
Scherben ei ne feste Verbindung eingeht. Die gebrannte Glasur ist wasserundurchlässig und hat
eine glasartige Konsistenz. Ihr porzellanähnl iches Weiß ist für die Durlacher Fayencen besonders charakteristisch.
Neben der "Weißware" wurde auch ein- oder mehrfarbig bemalte Fayence hergestellt. Für die
Dekoration bediente man sich in Durlach ausschließlich der sogenannten Scharffeuerfarben. D iese
werden in vorwiegend grauer Lösung auf die noch ungebrannte Glasur aufgetragen. Erst im
"scharfen Feuer", a lso im Glasurbrand bei etwa 1 0000 Celsius, erha lten sie die Leuchtkraft ihrer
Farben. Sie sink en in die schmelzende Glasur ein und ergeben besonders zarte, manchmal leicht
verschwommene Umrißlinien. N ur weni ge der aus Metalloxyden bestehenden Farben halten die
hohC' Temperatur des Glasu rbrandes aus, ohne zu verbrennen : Blau, Gelb, Grün , Manganviolett
und Schwarz. Erst um 1780 kam in Durlach auch das Eisenrot a ls Scharffeuerfarbe auf.
Man verzichtete bewußt au f die reichere Farbskala der sogenannten "Muffelfarben" , die bei
geringerer Temperatur in einem dritten Brand auf die bereits fertige Glasur aufgeschmolzen 40
41
werden . Mit den Scharffeuerfarben hatte man einen unempfindlichen, homogen mit der Glasur
verschmolzenen Dekor. Die nur auf der Oberfläche der Glasur haftenden Mulfelfarben dagegen
waren viel eher Beschädigungen ausgesetzt. N ur das Scharffeuer-Schwarz, das man in Durlach
gewöhnlich in ausgezeichneter Qualität herstellte, ist gelegentl ich ausgebrochen und hat dann ei ne
spürbare Vertiefung in der Glasur hinterlassen . Der Scherben - so nennt man die gebrannte Tonmasse - ist bei den Du rlacher Erzeugnissen
meist geblich, doch kommt er bisweilen auch in rötlicher Tönung vor. Das wegen seiner Porzellan-
ähnlichkei t bekannte glänzende Weiß der Glasur ist sahniger und nicht so kalt wie bei der Por- zell anglasur. Außerdem hat die Du rlacher G lasur, besonders an dünn aufgetragenen Stell en,
häufig einen rötl ichen Schimmer.
Ludwin Langenfeld
Die Straßburg-Durlacher Bibel von 1529-30 und ihre Drucker Wolf Köpfl und Veltin Kobian
Ober das im fo lgenden kurz "Durlacher Bibel" genannte Druckerzeugnis von 1529/30 ist in der Populärlitcratur soviel Ungereimtes zusammengeschrieben worden, daß wir uns hier eingehen-
der damit beschäftigen wo ll en. Dieser Bibeldruck und sein Durlacher Buchdrucker haben den
Namen Durlachs seit jetzt 445 Jahren anfangs in die religiöse, dann in die wissenschaftlich inter- essierte Welt hinausgetragen. Johann Daniel Schöpflin, übrigens Schüler des markgräflichen
Gymnasi ums zu Durladl, hat in seiner "Historia Zaringo Badensis" 1764 den Vermerk: "A. 1529 & 30. D urlac i imp rcssa est Gcrma ni ca versio parti s Bib liorum Lutheri 1, " D er mark gräflieh
Baden-Durlachische wirkliche Kirchenrat und Rektor des Gymnasi ums JIlustre, Johann Christian
Sachs, berichtet 1769 in seiner Geschichte der Markgrafschaft Baden " daß "im Jahr 1529 und 30 ein Teil der Heiligen Schrift, wie sie von DoktOr Luthcrn in die deutsche Sprache übersetzt worden, gedruckt wurde". Julius Lampadius (d. i. Julius Leichtlen) berichtet 181 1 in seinem Büchlein "Bei-
träge zur Vaterlandsgeschichte", daß der Markgraf (er gibt irrtümlich M. Ernst statt M. Phi lipp
an) die Bibel 1529/30 Zl1 Durladl drucken ließ. Siegmund Friedrich Gehres berichtet in seiner
Kleinen Chronik von Durladl 1824 ebenfa lls, daß 1529/30 ein Teil der Bibel, wie sie von Doktor
Luther ehemals ins Deutsche übersetzt ward, in der "Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei" in Durlach
im Druck erschien '. Schließlich berichtet auch Kar! Gustav Fecht in sei ner Geschichte der Stadt
Dur!ach 1869 über den Dur!acher Bibeldruck und fügt kursorisch hinzu: "Anfang und Schluß
erschienen aber in Straßburg, auch ist nicht Alles nach Luther's Obersetzung, weldlc erst einige
Jahre später fertig wurde '." Mit Fechts Feststellu ng sind di e bei den widltigsten Themenkreise
angeschlagen, die wir nachfolgend präzisieren wollen.
Die »Durlacher Bibel" eine sog. »kombinierte" Bibel
Luthers gesamte Bibelübersetzung wurde erst 1534 abgeschlossen, die erste Wittenberger Voll bibel
ersdlien im September 1534. Seither beherrschte Wittenberg im ganzen weiteren 16. Jahrhundert hinsichtlidl des Druckes von Voll-Bibeln das Feld. Aber schon vorher wu rde Luthers Bibel-über-
setzu ng durch den Nad1druck der schon fertiggestellten Teil e weit verbreitet. Hi er standen seit
1523 in Norddeutschland Erfurt, in Süddeutschland Augsburg, Straßburg und Nürnberg und bis
1527 aud, Basel im Vordergrund. Man stellte dabei seit 1529 sogenannte kombinierte Voll-Bibeln
in der Weise her, daß man die von anderer Hand bereits übersetzten Propheten (der Züricher
"Prädikanten" oder der Wormser Wiedertäufer Hetzer und Denck) und die Apokryphen (des
Zü rid,er Theologen Leo Jud) dem Luthertext hinzufügte. So erschienen 1527/ 29 und 1530 in
Zü rich bei C hristoph F roschauer 2 kombinierte Bibeln, 1529 die sogenan nte "Wiedertäuferbibel "
bei Peter Schöffer in Worms, ei ne 1534 in Frankfurt bei Ch ristian Egenolph , ei ne 1534 in Augs- 42
bu rg bei H einrich Stay ner und eben unsere Straßburg-Duriacher Bibel bei Wolf Köpfl und Veltin
Kobian 1529/30 (Nachdruck bei Wolf Köpfl, Straßburg 1530/32). Sie benutzt neben der Luther- übersetzun g für die Apokryphen Juds übersetzun g, fü r die Propheten (außer den bereits von Luther übersetzten Jesaja, Jona, H abakuk und Sacharia) Hetzer-Dencks Wormser Prophetenver-
deutschung ' .
Die "Durlacher Bibel" teils in Straßburg, teils in Durlach gedruckt
Das zweite Kennzeichen des uns beschäftigenden Bibcldrucks ist, daß er zum Teil in Durlach, zum
Teil in Straßburg gedruckt ist. Dabei ist von vorn herein festzuhalten, daß die Arbeitsteil ung zwi- schen Straßburg und Durlach nicht identisch is t mit der eben geschilderten Auftei lung zwisd,en
Texten Luthers und Texten anderer übersetzer. Wir wissen nicht) wie diese Arbeitsauftcilung
zustande kam. In Durlach wurden ged ruckt: der Dritte Teil des Alten Testamentes, di e "Lehr- bücher": Das Buch Hiob, Der Psal ter, Die Sprüche Salomos, Der Prediger Salomo, Das H ohelied
Salomos, ferner sämtliche Propheten. Der in Durlach gedruckte Teil nimmt a lso, wie Fecht richtig
bemerkt, den Mittelteil der Bibel ein. Auf dem Titelb latt zum "Dritten Teil des Alten Testamen- tes " ist Durlach angegeben (1529) und - wie wir noch zeigen werden - das Kennzeidlen , um nicht zu sagen di e Druckermarke Veltin Kobians angebracht. Die links davon befindlid,e Seite
(Schluß des "anderen", Zweiten Teils des Alten Testamentes) schli eßt mit der markanten Drucker- marke Wolf Köpfls Zl1 Straßburg ab (Abb. I ). Das Titelblatt der Propheten, ein großartiger Renaissanceentwurf, trägt zwa r den Vermerk: "Straßbu rg bey Wolff Köpfl " (1530) (Abb. Ir), aber am Ende der Propheten steht - wie übrigens auch am Ende des Dritten Teils des Alten Testamentes (vgl. Abb. III, linke Seite) der Vermerk: "Gedruckt zu Durladl durch Vel tin
Kobian / auß verlegung Wolff Köpffels / burgcrs zu Straßburg I" (Abb. IV). Das Renaissance- titelblatt zu den Propheten ist also unzweifelhaft in Straßburg ged ruckt, wohl weil Vel tin Kobian ei nen so aufwend igen und teuren Druckstock in Durlach nicht zur Verfügu ng ha tte. (Übri gens soll nach einer Mitteilung Engelbert Strobels' der Stuttga rter Wasserzeichenforsdler Gerhart Piccard
festgestellt haben, daß auch der in Durlach herausgebrachte Teil der Bibel auf Straßburger Papier gedruckt ist.) Und Veltin Kobian in Durlach hat "auß verl egung Wolff Köpffcls, burgers zu Straßburg" gedruckt, d. h. im Auftrag Wolff Köpffels. Damit kommen wi r zu der Frage nach den
bei den Druckern und ihrem gegenseiti gen Arbeits verhältnis.
Die Drucker Wo lf Köp{l in Straßburg und Veltin Kobian in Hagenau'
Als Luther sich 1519 öffentlich vom Papsttum lossagte, stellte er die Geister sei ner Zeit vor die
offene Entscheidung. Das Elsaß, insbesondere Straßburg, empfing die Reformation mit offenen Armen. Seit 1519 wurden die Schriften Luthers in Straßburg gedruckt. Durdl den Reformator Martin Butzer erhiel t die Reform einen spezifisch straßburgischen Charakter. 1524 hatte sie schon
die Mehrheit der Bevölkerung erfaßt. Zum großen Teil ist dies dem Einfl uß der Buchdrucker zuzusdlrei ben. Neben den D ruckereien von Crato, Myl ius und Wendel in Rihel gehörte Wolf Köpfl (in der "Durlacher Bibel" stehen die beid en Schreibweisen Wollff Köpffl und Wolff Köphl
43 nebeneinander; auch nannte er sich Wolfius Cephalus; in der Sekundärliteratur heißt er Wolfgang
-
Köpfel) zu den drei großen Druckern in Straßburg zur Reformationszeit. Wolf Köpfl wa r der Neffe des berühmten Reformators Wolfgang Capiton (einer latinisierten Form des Familien-
namens Köpfel ). O hne Zweifel ha t nicht nur der Ei nfluß, sondern auch die finan ziell e Unter-
stützung seines Onkels Wolf Köpfl zur Verbreitung der reformatorischen Schriften angeregt. Sie stell en mehr als die H älfte seiner Produktion dar. Er druckt die Schriften Luthers (35 Ofo seiner Druckerproduktion), die Capitons und der anderen straßburgischen Reformatoren Matthias Zell
und Martin Butzer. Se in erster Mitarbeiter ist Petcr Braubach (aus Braubach am Rhein), der in
der Folgezei t dann eine Druckerei in H agenau gründete (wo 1532 auch Veltin Kobian auftaucht!). 1522 ersdleint das erste Druckwerk KöpfIs, ein Brief Luthers an Hartrnut von Kronberg. Der
Druckvermerk weiSt aus: "gedruckt zum Steinbruck". Steinbruck, auch Roßmarktbruck, gelegen am Roßmarkt, heute Place Broglie, wa r wahrscheinlich die Steinbrücke, die über den Graben der Lohgerber fü hrte, wenn man von der Domstraße kam, denn die anderen vier Brücken in der
Nähe wa ren aus Holz. Köpfl kümmerte sich nicht um das Edikt von Worms von 152 1, das verbot, häretische Schriften zu d rucken . Der Bischof selbSt intervenierte beim MagiStrat gegen KöpfIs
Geschäftigkeit. 1524 erließ der MagiStrat bindende Vorschriften für die Buchdrucker: sie mußten ihre Werke vorh er der Zensur vorlegen, mußten ihren Namen auf ihre Publikationen drucken
und durften nichts anonym drucken. Im a llgemeinen wurden die Vorschriften beachtet, um 1525 trugen 80 % a ller in Straßburg veröffentlichten Werke den Druckernamen. Trotzdem veröffent-
lichte Köpfl 1526 anonym ein Colloquium, das der. Reformato r Oeco lampade (H ausschein),
Mittler zw ischen Luther und Zwingli , gegen sei ne katholi schen Gegner gehal ten hatte. Köpfl wu rde ins Gefängnis gesteckt, aber als sei ne Frau ein Kind erwartete, wu rde er kurze Zeit später
gegen ein e Buße von 5 Florins wieder f re igelassen. Köpfl wa r stolz darauf, seinen Namen auf die Titelblätter seiner Bücher zu seezen, stolz darauf, durrn sein Engagement die neuen Ideen zu pro-
klamieren. Er druckte aus reformatorischer überzeugung, erst in zweiter Linie als Kaufmann.
1524 veröffentlicht er die erste Ausgabe einer deutschen Messe, im seI ben Jahr wurde die erste
Messe in DeutSch in der Kapelle St. Johannes der Kathedra le gehalten. Köpfl hat außerdem
lateinische und besonders griechische Werke ged ruckt, auch eine griechische Bibel 1526, er selbst
konnte Griechisch. Um sein e dreibändige Bibelausgabe von Luther, 1524125, zu ill ust rieren,
wandte er sich an den großen Illustrator Joha nn Weiditz (den Alteren). Von ihm bezog Köpfl
auch ornamentale Umrahmungen ("encadrementS"), die in der Mitte Platz für den Titel frei-
ließen und nicht weni ger a ls 15 verschiedene Druckermarken. Im Neuen Testament a llerdings
begnügte sich Weiditz damit, die Apokalypse mit Kopien nach H olbein (1523) zu schmücken ' .
Auch Hans Baldu ng Grien (1476-1545) hat für Wolf Köpfl gearbeitet. Köpfl hatte neben der
Druckerei auch eine der blühendsten Papiermühlen in Deutschland. 154 7 verhei ratete sich Köpfl
zum zweiten Mal mit Margrethe Einhart, Witwe von Ulrich Würtemberger, Pastor von Schiltig-
heim. Köpfl starb 1554. Aus der ersten Ehe hatte er zwei Söhne: Paul und Philipp, die erst das
väterl iche U nternehmen fo rtführten, dann, 15 57, nach Worms übersiedelten, wo sie bis 1563
druckten. Das Bürgerbuch erwähnt eine Tochter Köpfls, die sich 1551 mit Danicl Günter aus
Worms verheiratete. 44
Die Druckerzeichen Köpfls sind fast ausschließlich charakterisiert durd1 einen Eckstein, der in
den verschiedensten Variationen auftaucht. Nur einige Marken reduzieren sidt auf Engel- oder Tierköpfe, in Schilder oder in Bordüren plaziert und machen Anspielungen auf den Namen des
Druckers. Das Sinnbild des Ecksteins ist aus der Heiligen Schrift genommen: "Christus ist der
Eckstein / Und ein Schildt der Wahrheit / Wer auff disen steyn feilt der wirt zurschellen" heißt cs
auf der wohl schönsten Druckermarke (1525), die Köpfl verwandt hat (Abb. V). Dieser Eckstein
wird tei ls durch Engel gehalten, teils von zwei Schlangen umschlungen (wie in dcr "Durlacher
Bibel"), die, umgeben von einer Strahlenkrone, eine Taube übersteigt (vg l. Abb. I). Von diesem
Eckstein-Schlangen-Signet gibt es noch eine einfachere Variante (in der "Durlacher Bibel " als Abschluß des 1. Teils des Alten Testaments). Wir zeigen sie in Abb. VI (allerdings mit dem in
der DB nicht ausgedruckten Namenshinweis Ce-phal = Cephalus) '.
Nach Straßburg nimmt Hagenau den zweiten Platz in der Geschichte des elsässischen Buchdrucks
cin ". Gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts rivalisieren zwei große Drucker in
Hagenau, Heinrich Gran und Thomas Anshelm, mit Straßburg. Von 1523 bis 1532 führt Johann
Setzer, dann, bis 1536, dessen Schwiegersohn Peter Braubach. Von 1532 bis 1542 machte Veltin
(Valentin) Kobian ihm Konkurrenz, der -:- wie Köpfl in Straßburg - der eifrigstc Propagan-
dist der Reformation in Hagenau war. Er druckte vorwiegend Wiedertäufer-Sd1rifttum . Kobian
stammte, nach Angabe Ritters 11, aus Durlach. Bevor er eine eigene Druckerei hatte, arbeitete er
während mehrerer Jahre (mindestens seit 1520) in Hagenau als Druckereigeselle. Hier heißt er
1524 "Veltin Durlach buchtrucker" oder" Veltin Kobie buchtrucker" . Zwischen 1525 und 1530
ist man ohne Nachrichten von ihm. 1529/ 30 lindet man ihn als selbständigen Drucker zu Durlach.
Aber schon 1530 siedelt er nach Ettlingen über, wo er, unter dem Impressum "Ettelingae apud Va-
lentinum Kobian" fünf Drucke erscheinen läßt. Warum Kobian von Durlach nach Ettlingen über-
siedelte, ist unbekannt, man nimmt an, daß ihn die um die Mitte des 15. Jahrhunderts dort errich- tete erste Papiermühle Badens dazu verlockte ". Im September 1532 gründete er seine Druckerei
in Hagenau, in der er, anschließend an seine Durlacher und Ettlinger Publikationstendenz, drei
weitere medizinische Werke veröffentlichte. Der Erfolg dieser medizinischen Abhandlungen beim
Publikum scheint nicht sehr groß gewesen zu sein. Kobian verzichtet auf dieses Genre und ver-
öffentlicht ab 1534 vorzüglich religiöse Werke der sektiererischen Wiedertäufer-Richtung (Mel-
chior Hofmann, Johann Eisenburg, Kaspar Beck, Michel Wächter). Der Hagenauer Magistrat
überwachte - wie in Straßburg - seine Produktion (etwa 30 Werke), indessen scheinen die
Stadtväter der katholischen Stadt doch ziemlich tolerant gewesen zu sein, weil sie 1536 eine
Verdeutschung einer Kampfschrift gegen den kirchlichen Zölibat des Venezianers Franziskus
Barbarus durchgehen ließen. 1537 wird er a ls "Feltin in der Rosengasse" genannt. Am 16. August
1543 (nach Ritter, a. a. 0., Anm. 7) oder nach einer anderen Quelle am 17. August 1542 (nach Heitz-Barack, a. a. 0., Anm. 9) stirbt Kobian im Hospital, dem er die bescheidene Summe von 10 Batzen hinterläßt. Wennig vor 1550 verschwindet die Kobian-Druckerei in Hagenau.
Ober die Hagenauer Druckermarken Kobians besteht offensichtlich Ungewißheit. Er besaß wohl
45 in Hagenau keine eigene Druckermarke, sondern nur ornamentale Titeleinfassungen. Das schöne
-
Signet mit dem sein Gefieder spreizenden Pfau, der einen Fuß auf e inen H ahn, den anderen auf
einen Löwen setz t, wobei der Pfau, dem österreichisd1en Wappen entlehnt, a ls Anspielung auf die
kaiserliche Stadt H agenau zu gelten hätte, schreibt Hanauer dem persönlichen Wappen Jerome Gebweilers zu, des Direktors der Lateinschule in Hagenau, der bei verschiedenen Druckern
drucken ließ ". Auch die Druckermarke Kobians mit zwei Schilden, deren eines die Rose von H agenau, das andere ein Hufeisen mit zwei Sternen und einem Kreuz zeigt 14, ordnet Hanauer dem Hagenauer Hufsd1mied und Verleger Hans Griesbach zu. Tatsächlich tri tt in den übrigen H agcnaucr Druckermarken kein Hufeisen au f, nur die der Stadt zugeord nete Rose. Die srnriA:-
künstl erische Qualität eines Hagenauer Kobian-Druckes von 1536 möge unsere Abb. VII zeigen.
Die Druckertätigkeit Veltin Kobians in Dur/ach 1529130
Vel tin Kobian hat in den woh l knapp zwei Jahren sei ner Durlacher Tätigkeit außer sei nem Bibeldruek "auß verlegung Wolff Köpffls, burge rs zu Straßburg", noch drei kleinere Schriften gedruckt. Bleiben wi r zu nächst bei der uns zen tral interessierenden Bibel: Wir w issen nicht, w ie
di e Geschäftsverbindung mit Köpfl in Straßburg zustande kam, können nur vermuten, daß die Sdla ltstation dieser Verbindung Hagenau war. Weder das städtische noch das staatliche Archiv in
Straßburg besitzen Unterlagen, die sich auf die Verbindung Köpfl - Kobian beziehen ". Selt- samerweise erwähnen auch weder Ri tter noch Hanauer (vgl. Anm. 7) das gemeinsame Bibel-
U nternehmen zwischen Köpfl und Kobian . Auch feh ren uns verbindliche Fakten darüber, wie Velti n Kobian aus Hagenau nach Durlach kam, wenn man hier nicht seine von Ritter 16 behaup-
tete Durlacher H erkunft a ls ausschlaggebend werten wi ll. 17 Jahre vor Kobians Durlacher Bibel- druck hatte a ll erdings Du rlach (auch Turrclaci, Thurrelacum) bereits eine kl eine Druckerei zu verzeich nen, der man bisher drei Drucke zuschreiben konnte 17. Als Drucker bezeichnet sich der
Durlacher Pfarrer N ikol aus Keibs, Mitglied des Johanniterordens. Er stand offenbar in näheren
Beziehungen zu dem bekannten Künstler Hans Schäuffelin, da drei H olzschnitte desselben a ls Einblattdrucke den Keibschen Druckvermerk tragen . Keibs bedeutendster Druck wa r di e "Passio C hristi" von Ulrich Vannius, 1512, dessen Titelblatt wir zeigen (Abb. VIII) . Vermutlich kam
Veltin Kobian nach Durlach (oder nach Durlach zurück), weil die damals schon sich in Durlach bei Hof und Bevölkerung zeigenden lutherischen Neigungen sein em Bibelunternehmen günstiß
waren . Zwar wurde die Reformation in Durlach, wie überhaupt in der ganzen Markgrafschaft
Baden-D urlad1 erst 1556 durch Markgraf Kar! II. (eben unseren "Karl mit der Tasche", Regie- rungszeit 1553 - 1577) offi zie ll eingeführt. Der Rcformationsbefehl gin g am 1. Juni 1556 ins Land hinaus >s. Aber schon der Vo rgänger Karls 11. , Markgraf Ernst (Regierungszeit 1527 bis
1553), nahm zwar keine offizielle Reformation in seinen Landen vor, bekannte sich auch nicht
öffentlich zur "Augsburgischen Konfession" (1530), der maßgeblichen Bekenntnisschrift der luthe- rischen Kird1e, arbeitete aber auf den Reichstagen an der Vereinigung der Gemüter, nahm sich der
Evangelisd1en zu Kenzingen und Waldshut an und hi elt sich selbst einen evangelischen H ofpredi-
ger. D ie Durlacher Bibel war noch unter Markgraf Philipp (t 1533) gedruckt worden und Vier- ordt behauptet, wohl in Anlehnung an Leichtlen (vgl. Anm. 3), der Markgraf selbst habe Auftrag 46
gegeben, sie zu drucken ". Adolf Wolfhard drückt den Sad1Verhalt so aus: "Die Markgrafen hatten cvangelisd1c Neigungen, wollten es aber doch mit dem Kaiser nicht verderben ." Wolf- hard weist auch auf die Tatsache hi n, daß der aus Du rl ach stammende Jakob Si mmler Luthers ständiger Begleiter während dessen H ei delberger Aufenthalts im Frühjahr 1518, a lso ein halbes
Jahr nach der Veröffentlichung der 95 Thesen, war . "Er dürfte also der erste Durlacher gewesen sein, der mit Luther in persönl iche, freundsrnafHiche Beziehungen trat :!O ." Vor dem Hintergrund dieser günstigen geistesgesch ichtlichen Posi tionen muß man Veltin Kobians Durlacher Bibeldruck-Unternehmen sehen, von dem man annehmen kan n, daß es woh lwollende
Förderung durch den Markgrafen Phil ipp erfuhr. überhaupt waren ja die Markgrafen in religiö- sen Fragen stark engagiert, w ie auch das sogenannte "Stafforter Buch" beweist, das der Nach- folge r Karls 11. , Markgraf Ernst Friedrich (Reg ierungszei t 1577 - 1604), der sich seit 1599 öffentl id, zu r Leh re Ca lvi ns bekannte, auf Anraten sei ner Berater Georg Hanfeid, Johann Pisto-
ri us und Joha nn von Münster im Jah re 1599 in dem Fürstlid1en Schlosse zu Staffort drucken ließ. Dieses Bud1 ist ei ne Abhandlung über die Grü nde, die den Markgrafen veranlaßten, zur Calvi-
nischen Glaubenslehre überzutreten . Das Buch rief heftige Gegenschriften württembergischer und
säd1sischer Theo logen hervor, ein Exempl~r dieses sehr seltenen D ruckes befi ndet sich im Pfinz-
gaumuseum " . Schließlich sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, daß die Gemahlin von Friedrich Magnus, Markgräfin Augusta Maria, während ihres durch die französischen Kriege (1689 völlige Zerstörung Durlachs) erzwungenen zehnjährigen Aufenthalts im BaseIer Domizil,
ein e vierbändige Bibelausgabe veranstaltete, d ie vor allem für die vielen markg räflichen Pfarrer
bestimmt war, deren Bücher in dem unseli gen Kri ege verbrannt wa ren . Es ist ein sorgfältiger, von Augusta Maria seit 1696 begonnener, stets überwachter und 1698 zu Ende gebrachter Druck des
Basler Druckers Joh. Jak . Battier ". Veltin Kobia n druckte, wie bereits erwähnt, außer der Bibel in Du rlach noch drei k leinere Sch ri f-
ten, und zwar 1529 eine fünfzehnseitige naiv-medizin ische Abha ndlu ng "Eyn Regiment Wie man sich vor der Neüwen P lage / Der Englische Schweis gena nt / bewaren . Unnd so man da mit ergrif-
fen wi rt / darinn halten soll / Durch Euricium Lord um / Der Artzney Doctorem und Professo- rem zu Margpurg". Das Büchlein ist im Pfinzgaumuseum vorhanden (Abb. IX). Auf dem letz ten Blatt steht der Drllckervermerk: "Gedruckt zu Durlach durch Velt in Kobian / Anno 1529", aber
auch die Zierleiste auf dem Titelblatt weist das Büchlein, wie wir noch zeigen werden, als
Kobian-Druck aus. - Der zweite Druck von 1530 ist eine Art Gesch ichtskalender von Christi
Geburt bis 1529 auf achtundzwanzig Seiten unter dem Titel: "Annotatio seu Breviarium Rcrum
Memorabilium ac magis insign ium a nato Ch risto usq ue ad nostra tempora gesta rum . Ex pro batissimis historiographis Industrie se lectar." Der D ruckervermerk steht auf dem Titelbl att :
"Turrelaci per Valentinum Kobian, An : 1530." Auf der letzten Seite ist nur noch" Turrelacum"
genan nt (Abb. X). Die Zierleiste ist dieselbe, aber auch das typische Druckerzeid1en Kobians (wie
wi r noch zeigen werden) t ritt auf dem Titelblatt auf. - Der dritte DlIriacher Druck hat den
Titel: "Xpovos sive Cronichon ins in gn iorum gestarum 1530" und hat uns nid1t vorgelegen. Er
47 ist lateinisch gehalten ".
Die buchtechnisch-künstlerische Gestalt der "Durlacher Bibel"
Neben un vollständigen beziehungsweise aus erstem und zweitem Druck zusammengesetzten
wenigen sogenannten nMischexemplaren" und w enigen "Tei lexemplaren" der "Durlacher Bibel" gibt es - neben dem Exemplar des Pfinzgaumuseums - nur noch drei vollständige Exemplare
der ganzen Bibel. Wir hatten das Glück, zwei davon mit dem Durlacher Exemplar durch Augen- schein vergleichen zu können " . Wolf Köpfl hat seine Bibel mit reichem Buchschmuck ausgestattet,
der zu einem erheblichen Teil gewiß besonders für sie hergestellt worden is t. Wen n wi r Ritter
glauben können " , ist der Illustrator H einrich Vogtherr, 1490 in Dillingcn (Donau) geboren, 1556 in Wi en gestorben. Textbilder finden sich an 332 Stellen der Bibel, doch ist dasselbe Bild
oft zwei mal und mehrmal gebraucht, so daß die Zahl der vorhandenen verschiedenen Bilder erheb-
lich nied ri ger ist " . Köpfl selbst gibt auf dem Eingangs- bzw. Gesamttitelblatt an: ,, !tem auch
mitt zweyhundert Figuren mehr dann vo r hien nie / im Truck auß gangen seind ." Die Charakteri- stik der Personen auf den Tex tbildern ist gut. Die Bilder sind sämtl ich durch Zierleisten an der
einen Seite auf di e Breite des D rucksatzes gebracht und des öfteren auch durch soldlC oben oder un-
ten, bzw. oben und unten höher gemacht. Besonders schön ist das schon erwähnte Renaissance-Titel-
bl att der Propheten, im Mittelpunkt unten eine weibliche H albfigur, deren Körper in zwei Schlan-
genleiber ausgeht, ein Motiv, das in ähnlichen Varianten im 16. Jahrhundert immerwieder auftaucht (Abb . ll) ". Das Ein gangs- bzw. Gesamtti telbl att selbst is t in der Einfassung ident isch mit dem Teiltitelblatt zum "Ander they l des Alten Testaments", wie wi r durch Vergleichung mit dem
Wolfenbüt teler Exemplar feststellen konnten. Da das Gesamtti telblatt im Exempl ar des P fin z-
gaumuseums und im Stu ttga rter Exempl ar fehl t , im Wolfenbütteler Exempl ar im Druck ver-
schmi ert ist, zeigen wi r statt dessen ein en guten Abdruck des, wie gesagt, identischen Teiltitel-
blatts des "andern Teils des Alten Testaments" (Abb. X I). Das Blatt zeigt den Kampf Josuas mit
den Amalekitern . In der Mitte unten das Druckerzeichen Köpfls in einer gegenüber den Abbil-
dungen I und VI va riierten, reicheren Form. A uf der linken Seite ist auf einem Fahnentuch die
Jahreszahl 1528 sichtba r (die auch einmal auf einem Textbild im "Buch der Richter" auftaucht).
Der Bildersd,mllck des Neuen Testaments ist unabhängig von dem des Alten Testaments, künst-
lerisch wen iger wertvoll und, wie es scheint, in den Anfängen steckengeblieben. D as Titelblat t
zum Neuen Testament zeigt in sei ner Einfassung Gegenstände der Rüstung und Ausrüstung eines
Kriegers. Unter den vier Bildern der Evange listen, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes,
taucht dasjenige des Johannes zweima l auf, mit einem Gesicht von mädchenhafter Weichheit. Es
fo lgen fünf Apostelbilder von immer demselben H olzstock, dem auf besonderem H olzstock
jedesmal das Attribut mit der haltenden H and zugefü gt is t. Sie trägt bei Pau lus (oft wiederholt)
das Schwert, bei Petrus den Schlüssel, bei Joha nnes den Kelch mit der Schlange, bei Jakobus d ie
TlId1 wa lkerstange, bei Judas die Keul e ". Zum T ext der Offenbarung find en wir die 21 H olbein-
schen Bilder in schl echten Abdrücken (in allen verglichenen Bibelexemplaren), d ie eine starke
Abnutzung der Stöcke erkennen lassen. Zierleisten sind in den in Straßburg ged ruckten Teilen
durchgehend verwendet, um den zu schmalen Bildern die Breite der Kolumne zu geben; zuwei- 48
len ist außerdem oben oder unten oder aum an beiden Stellen eine Zierleiste an das Bild ange-
fügt. Die Initialen sind von verschiedener Größe und Gestalt (teils Pflanzen-, tei ls Körperorna-
mentik), künstlerisch besonders herausragend sind zwei N- und I-Initialen (42/3 x 42/3 mm)
im zweiten Teil des Alten Testamentes (Straßburger Teil) und zwei schöne Zierbuchstaben (E
und D), die mit den besten europäischen Leistungen der Zeit konkurrieren :!II. Der in Durlach
gedruckte Teil weist - neben z. T. schönen Initialen - kaum Bildschmuck auf. Kobian ver-
fügte in Durlach offensichtl ich nicht über die entsprechenden Druckstöcke (was wir sd10n beim
Titelblatt zu den Propheten feststellten). So bleibt aud, das in Durlach gedruckte Titelblatt zum
Dritten Teil des Alten Testaments ohne Zierrahmen (Abb. I). Lediglich bei den Propheten finden
wir links von der kleineren Initiale zwei verschiedene leistenartige Bilder (insgesamt 16mal) mit
einem bärtigen Mann mit Spruchband neben einer tragenden Säu le, einmal von vorn, einmal von
der Seite dargestellt. Besondere Erwähnung verdienen aber im Durlacher Teil (Dritter Tei l des
Alten Testaments) zu Beginn des Buchs Hiob und des Psalters zwei große bildliche Darstellungen
Hiobs und Davids (letzterer von der B-Initiale eingefaßt; 11,5 x 7,2 cm und 10 x 8 cm, s. Abb.
XII u. XIII) . Kobians Bemühen um die Schönheit des Satzbildes soll Abb. XIV demonstr ieren. Das Druckerzeichen Köpfls findet sid1, wie scho n erwähnt, öfters (vgl. Abb. I, I V, X I). Auf den
von Kobian in Durlach gedruckten Teilen fehlt das Druckerzeichen, es sei denn, man macht sid, unsere folgende Theorie zu eigen : Kobian verwendet, gewissermaßen als Ersatz für ein eigenes
Druckerzeichen (das er, weil er im Auftrag Köpfls druckte, nicht bringen konnte) 30 ei ne ihm
spez ifisch eigene Zierleiste. Es handelt sich um ein e vertikal angelegte, aber stets horizontal
gedruckte Komposition mit Schild- und Körperornamentik, insbesondere mit einem spitzbärtigen
nackten Mann und einer nackten Frauengestalt. Diese .,Zwei Körper-Leiste" taucht in dem in
Durlach gedruckte Teil (Kobian) insgesamt sieben mal auf, insbesondere auch auf dem absolut
sicher in Durlach ged ruckten Titel zum Dritten Teil des Alten Testaments (Abb. J), aber auch z. B. unter dem benannten König-David-Bild (Abb. XIII). Diese Zierleiste hat Kobian aber auch
bei seinen dem Durlacher Bibeldruck vorangehenden kleinen Durlacher Drucken verwandt
(Abb. IX u. X) . Sie scheint also wirklich eine Art Ersatz-Druckermarke zu sein ' 1. Der kleine, sozusagen verspielte Zierschnörkel aus einer herz- oder blattförmigen Figur mit versch nörkeltem
Stiel (Abb . I) taucht außer auf dem Durlacher Titelblatt am Ende des Buches Hiob (ebenfa lls
Durlacher Teil) noch einmal auf. Das Zeichen ist auf einem der Bibel vorangehenden Durlacher
Druck eindrucksvoll variiert (Abb. X) und ist auch auf einem Hagenauer Druck Kobians aus dem
Jahre 1536 zu sehen (Abb. VII) . Obwohl dieser Zierschnörkel in mannigfach variierter Form
von vielen deutschen und europäischen Druckern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhu nderts
benutzt wird 3:!, scheint Kobian eine besondere Vorliebe für seine dekorative Verwendung gehabt
zu haben.
Die spezifische Gestalt des Bibelexemplars im Pfinzgaumusettm
Der Vergleich unseres Bibelexemplars mit den Exempl aren von Stuttgart und Wolfenbüttel
49 ermöglicht erstmals eine genaue Zustandsschi lderu ng des Exemplars im Pfinzgaumuseurn. Sein
-
Zustand ist im allgemeinen als gut zu bezeichnen. Gebunden ist es in einen einfachen Kalbs-
ledereinband aus den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts. Es fehlen insgesamt 85 Seiten, die
sich wie folgt au fteilen:
Gesamttitelblatt und Rückseite (" Register der gantzen Bibel ") Vorrede D. Martin Luthers
und leere Rückseite
Das erste Buch Mose Der in Durlach gedruckte "Dritte Teil des Alten Testamentes" ist voll- ständig vorhanden .
2 Seiten 9 Seiten
Seite 62 Seiten
(Renaissance)-Titelblatt der Propheten (Abb. 11 ) 1 Seite und Rückseite (erste Seite der Vorrede) Seite
Im Durlacher Exemplar statt dessen ein leeres Blatt (2 leere Seiten); der Druckstock für das Titelblatt der Propheten befand sich augenscheinlich in Straßbu rg; sonst ist auch dieser in Durlach gedruckte Teil vollständig
vo rhanden.
Titelb latt: "Dye bücher dye bey den alten ... " (Abb. IV) Seite (nach "End des Propheten Maleachi") und Rückseite ("G nad und frid dem Chris tlichen Leser") Seite
Rückseite von "Bel. cvij", vor Titelblatt "das gantz New Testament" Seite (enthält Köpfls Druckermarke und den Text: "Getruckt zu Straßburg by Wolff Köpphel uff den neünden tag des H erbstmons im ja r M.D.XXIX."
D ie Seite ist im Durlacher Exemplar unlösbar überklebt. Offenbarung 4 Seiten
(zwischen - rechts unten - "Das xvi . Capi tel" und - rechts mitte -
"Das xx. Capitel") Vorletzte Seite: .. Hie volgt das Register . .. "
und Rückseite (letzte Seite): "Errata"
Seite Seite
85 Seiten
Handschriftliche Ei ntragungen aus der Zei t zeuge n von frühem eifrigem Studium der Bibel, augen-
schein lich durch einen Theologen. Das in Durlach ged ruckte Titelblatt zum D ritten Teil des Alten Testaments weist in roter Tinte die Jahreszahl 1533 aus. Besonders der "Psalter" ist mit Unterstreichungen und Anmerkungen versehen, an seinem Schluß finden wir einen Sdmörkel
mit der Jahreszahl 1540. übri gens zeigt ein Schriftvergleich der Eintragungen im Durlacher und
Straßburger Bibelteil (um 1533/40), daß beide Teile sd10n von Anfang an zusammengebunden
waren . Am Schluß des Buches "Esther" find et sid, ein Eintrag: "Anno 1667 hab ich die Bibell ...
kauft kost Ein Reichsdaler ... " Das statt des Renaissance-Titelblatts der Propheten gesetzte
leere Blatt ist vor- und rückseitig mit einer der üblichen fam il iä ren Eintragun gen (Tauf-Vermerk
1670) und Hinweisen auf Bibelstel len beschrieben. 50
Wie wir sahen, stellt uns dieser gemeinsame Straßburg-Durlacher Bibeldruck noch vor manche
ungelöste Probleme. Als Zeugnis der religiösen Entwicklungen, der frühen drucktechnischen Mög- lichkeiten wie als Dokument der hei matlichen Geschichte ist er uns gleicherweise wichtig und
ehrwürdig.
Anmerkungen
1 Johann Daniel Schöpflin, Hi storia Zaringo Badensis. Carlsruhe 1763-1766, Bd. I!, 1764,
5.333.
2 Johann Christian Sachs, Ei nlei tung in die Geschichte der Marggravschafl und des marggräv-
lichen altfürstlichen H auses Baden. Carlsruh e. II! . Teil, 1769, S. 190; IX. Teil, 1770, S. 58.
3 Julius Lampadius (d . i. Julius Leichtlen), Beiträge zur Vaterlandsgeschichte. Heidelberg 1811 ,
5.50. - Siegmund Friedrich Gehres, Kleine Chronik von Durlach. Ein Beitrag zur Kunde deutscher Städte und Sitten. Karlsruhe 1824, I. Teil, S. 70 . - Woher Gehres die Bezeichnung
"Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei " hat, ist uns unbekannt.
4 Karl Gustav Fecht, Geschichte der Stadt Durlach. Heidelberg 1869. S. 243.
5 Vgl. M. Luther, Die gantze Heilige Schriffi Deudsch. Wittenberg 1545 . Nad1druck Mün-
chen (Rogner & Bernhard) 1972, I. Bd., S. 77. Weitere Nachd rucke bei Köpfl 1535/ 36 und 1537/38. Letzterer bringt schon ganz Luthers übersetzung.
6 Engelbert Strobel, Ein Streifzug durch die Geschichte von Alt-Durl ach. Tei l 11. In : Badische
Neueste Nachrichten . Karlsruhe. Vom 3. 11. 1961.
7 Sämtliche Inhalte dieses Abschnitts verdanke ich der grundlegenden Arbeit von Fran,ois
Ritter, Histoire de )'imprimerie alsacienne aux XVc er XVIc siecles. Strasbourg-Paris 1955 (eingehend besprochen von Jean Rott, Note sur I' imprimerie Alsacienne aux XVc et XVIc
siecl es. In: Revue d'Alsace. Bd. 95 (1956), S. 63 ff .) und der Arbeit von A. H anauer, Les imprimeurs de Hagenau. Straßburg 1904. - Die Arbeit von Ca rl Schmidt, Zur Geschichte
der ältesten Bibliotheken und der ersten Buchdrucker zu Straßburg, Straßburg 1882 (unver- änderter Nachdruck Graz 1971 ) ist für unsere Untersuchung unergiebig, da sie mit dem Jahre
1520, das "den übergang aus dem Mittelalter und dem elsässischen streng katholischen Humanismus zur Periode der Reformation" bezeichnet, absch ließt.
8 Seltsamerweise erwähnt die grundlegende Arbeit von Ritter - Anm. 7 - KöpfIs Gesamt- bibelausagbe von 1530 nur am Rande, nämlich an läßlich ihres Illustrators Heinrich Vogtherr
(a. a. 0., S. 283 ). D iese Erwähnung geschieht ohne jeden Bezug auf Kobian.
9 Vgl. Pau l Heitz und K. A. Barack, Elsässische Büchermarken . Straßburg 1892, S. XIX, XV I-XX. (Ein Exem plar im Lesesaal der Württembergischen Landesbibliothck Stuttgart.)
10 Ritter - Anm . 7 - hat augenschein lich Hanauers Forschungen mitverarheitet. In unseren
Darlegungen sind die Ergebnisse beider Forscher zusammengefaßt.
11 Ritter, a. a. 0., S. 402: "Valentin Kobian etait originaire dc Durlach." Woher Ritter (der sich auch hier auf Hanauer stützt) dies wissen will , ist unbekannt. Wahrscheinlich schließt er dies
51 aus Kobians H agenauer Druckervermerk von 1524 "Veltin Durlach buchtrucker" . Sicher ist
•
nur, daß Kobian als selbständiger Drucker zum ersten Mal in Durlach auftaucht. Die Durla-
cher Kirchenbücher, die allein Auskunft geben könnten, si nd 1689 sämtlich verbrannt. 12 Vgl. Karl Springer, Ettlinger Wasserzeichen. Ein Beitrag zur Geschichte der Papiermacherei .
In: Badische H eimat, 15 Jg. (1928), S. 232 ff . Ferner: Strobel - s. Anm. 6 - und den Artikel "Medizinbücher aus Ettl ingcr Druckereien" in: Badisme Neuestc Naduichten, Karlsruhe, vom 7. 9. 1968. Die Ettlinger Drucke sollen danach auf Ettlinger Papier ged ruckt sein; Strobel
behauptet dies teilweise auch für den im nächsten Kapitel näher behandelten Durlacher Druck
"Annotatio" von 1530. Die Ettlinger Drucke waren: Jak. Schenk, Gerichtsordnung, 1530; Kaspar Gretter, Drey schön Psalmen .. . 23 . 8.1531; Joh. Virdung, Novus medicinae metho-
dus, 1532 ; Joh. Brenz, Tractatus casuum ... matrimonialium, 1532 ; Avicenna, Quarta fen,
primi de universali ratione medendi, 1531. (Quel le: Josef Benzing, Buchdruckerlexikon des
16. Jahrhunderts. Frankfurt a. M. 1952, S. 50).- Das Albgaumuseum in Ettlingen war im
Besitz einiger Ettl inger Kobian-Drucke, sie sind, wie der Leiter des Museums mitteilt, vor einigen Jah ren entwendet worden .
13 Vgl. Heitz - Barack, a. a. 0., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. I, und Ritter, a. a. 0., Anm. S. 407. 14 Vgl. H eitz - Barack, a. a. 0 ., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. 2, und ei ne Notiz S. XXXII. Es
scheint so zu sein, daß di e Komposition mit zwei Schilden, von denen eines obl igatori sch die Hagenauer Rose trug, das andere das jeweilige Drucker- (oder Verleger) zeid1en, die übliche
Form der Hagenauer Signete darstellt . So finden wir diese Komposition z. B. auf ei ner Titel- einfassung aus Heinrich Grans Druckerei um 1510, wo das rechte Schild ein X-förmiges
Zeichen, darüber das Monogramm H. G. trägt (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher-Ornamentik
der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 74). Siehe ferner Anm. 30. 15 An dieser Stelle sei dem Direktor des Städtisd1en Ard,ivs in Straßburg, Monsieur F. J. Fuchs,
und dem Direktor des Archives Departementales in Straßburg, Monsieur F. J. Himl y, für freund liche Auskünfte gedankt.
16 VgI.Anm.11.
17 Vgl. Josef Rest, Die Entwicklung des Buchd rucks in Baden. In: Klimschs Druckerei-Anzeiger, Frankfurt a. M., 57 Jg. N r. 26 v. 1. 4. 1930 und Engelbert Strobel, Von alten Durlacher
Druckern. In: Soweit der Turmberg grüßt, Karlsruhe, 2. Jg. Nr. 5 v. 1. 7. 1950. - Der im
folgenden erwähnte Druck "Passio Christi " war 1924 im Buchhandel angeboten .
18 Sachs, a. a. O. - Anm. 2 -, IV Teil, Carlsruhe 1770, S. 95 ff. - In diesem Zusammen- hang ist interessant, was Sachs über die Beziehungen der badischen Markgrafen zu Straßburg
berichtet: "Die Freundschaft, welche die Herren Markgrafen zu Baden seit langen Jahren
gegen die Stadt Straßburg gezeigt hatten, veru rsachte, daß Markgraf Karl an demjenigen
Anteil nahm, was zwischen derselben und ihrem Bischof vorgi ng. Der Stadtrat hatte Anno
1529 das Meßwesen in den Hauptkirchen eingestellt." Sachs berichtet dann von den jahre-
langen Verhandlungen der Stadt Straßburg mit dem katholischen Bischof E rasmus und fährt
fort: "Bei diesem ganzen Geschäfte wurde von den Straßburgern nichts ohne unsers Mark-
grafen Rat und Gutbefi nden vorgenommen." (Sachs, a. a. 0., S. 132 f.) 52
19 a. a. O. - Anm. 18 -, S. 10,17,22 f., 56. Ferner: J. Chr. Sachs, Auszug aus der Geschichte der Markgrafschaft und des markg räflichen altfürstlichen H auses Baden, Carlsruhe 1776, S. 85. - Durlach kam erst nach dem Ableben Markgraf Philipps (Baden-Badische Linie) 1533 zur Pforzheimischen oder Durlachischen Linie. - Vgl. Karl Fried rich Vierordt, Ge-
schichte der evangelischen Kirche in dem Groß herzogturn Baden, Karlsruhe 1847, Bd. I, S. 243.
20 Adolf Wolfhard, Aus Durlachs Vergangenheit. In: Evangelischer Bundesbote. Karlsruhe, Jg.
1928, Nr. 8/9, S. 4. - Den Gesamtzusammenhang der badischen Reformationsgeschichte
beleuchtet Ernst Walter Zeeden, Klein e Rcformationsgeschichte von Baden-Durlach und Kur-
pfalz. Karlsruhe 1956 (hier insbesondere S. 20 ff.). 2 1 Titel: "Christi ichs Bedencken und erheb liche wolfund irte Moti ven deß Durchleuchtigen
Hochgebornen Fürsten und Herrn / Herrn Ernst Friderichen Markgraven zu Baden und
Hochberg / ... Welche ihre Fürst. Gn. biß dahero von der Subscription der Formulae Con- cordiae abgehalten / auch nachmaln / dieselbige zu underschreiben / bedencken haben. Samt ihre
F. G. Confession und Bekandrnuß über etliche von den Evangelischen Theologen erweckte
strittige Artickel. An den Durchleuchtigen Hochgebornen Fü rsten und Herrn / Sei ner F. G. geliebten Herrn Brödern und Gevattern / Herrn Georg Friderichen / Markgrafen zu Baden
und Hochberg / . .. Ausser den / in Ihrer F. G. vorhero gesetzem schreiben / oder Epistel / an
statt der Pracfation / ei ngewendten Ursachen / getreuer Brüderlicher wohlmeinung / selbsten verfast / und in Truck verfertigt. Getruckt in Ihrer F. G. Schloß Staffort Durch Bernhardt
Albin M.D.XCIX." - Im selben Jahr erschien in Staffort ei ne kleinere Ausgabe dieses Buches zum Gebrauch in der Schullehre, deren Satz, abgesehen vom Titel, vorangestelltem Edikt und
Paginierung sich buchstäblich mit S. 359-555 der größeren Ausgabe deckt (vgl. Lautenschla-
ger, Bibliographie der badischen Geschichte. Bd. H , 1, Karlsruhe 1933, S. 37, Nr. 9572 . Und:
Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 18. Bd., Leipzig 1906, S. 744 f.). - Der Markgraf hatte den Speyerer Drucker Bernhardt Albin, Calvinist und bedeutendster
Speyerer Drucker im 16. Jahrhundert, eigens nach Staffort kommen lassen. - Staffort liegt nörd lich von Karlsruhe, gehört jetzt zur Großgemeinde Stutenscc. Das Schloß wurde 1689 völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Markgraf Ernst Friedridl weilte häufig zu länge-
rem oder kürzerem Aufenha lt dort. - Literatur: Sachs, a. a. 0., Anm. 18, S. 252 ff.; Sachs,
Auszug, a. a. 0., Anm. 19, S. 99; Gehres, a. a. 0 ., Anm. 3, 2. Teil, S. 95; Karl Friedrich
Vierordt, a. a. 0., Anm. 19, Tr. Bd. Karlsruhe 1856, S. 32 ff.; Fecht, a. a. 0., Anm. 4, S. 251
(Titel des "Stafforter Buches" ist fa lsch wiedergegeben); Die Kunstdenkmäler Badens, IX. Bd.,
5. Abteil.: Karlsruhe Land (bearb. v. Lacroix, Hirschfeld, Paeseler), Karlsruhe 1937, S. 197.
Emi l Strauß hat den Widerstand der Pforzheimer Bürger gegen das kalvinistische Engage-
ment Ernst Friedrichs in seinem 1912 erschienenen Roman "Der nackte Mann" behandelt.
22 Titel: "Bi blia ... Teutsch Doct. Mart. Luther. Auff gnädigste Vero rdnung und Vorschub der
durchlauchtigsten Fürstin Frauen Augustae Mariae Marggräfin zu Baden und Hochberg. Basel
1698 bei Joh. Jak. Battier." Literatur: Hans Rott, Kunst und Künstler am Baden-Durlacher
53 Hof bis zur Gründung Karlsruhes. Karlsruhe 1917, S. 141.
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23 Der Druck soll in der Vatikan-Bibliothek in Rom vorhanden sem. Vgl. Benzing, a. a. 0 ., Anm. 12, S. 43 u. 5 . 7. - Der zweitgenan nte Druck .,Annotatio" stand uns in einem seltenen
Exempla r der Stadtbibliothek Trier zur Verfügung, wofür wir H errn Bibliotheksdirektor Dr. Laufner, Trier, zu Dank verpflidltct sind. (Ein Exemplar war 1927 im Antiquariat an-
geboten.) - In dieser Geschichtschronik heißt es unter der Jahreszahl 1222: "Conradus
Fridcrici primi Cesaris frater occisus in Du rlach oppidu lo, prope Lueshardum si luam, ob
adu lterium, dum proficiscitur contra Zeringeses." Unter 1230: "Rudolphus Habspurgen . Alsatiae dominus Durlachum, Mulbergum ac Baden cepit, turrim Durlacensem destruxit."
Unter 1519 : "Pestis admodum sevit, ur a Pasce festo uscß Martini in Durlarn mille ceorum,
& apud Ettlingen Sesquimille emigrarent." Der Verfasser (oder Kobian) hat also in weltge- schichtlichem Zusammenhang der Druckerstadt Durlach gebührende Reverenz erwiesen.
Unter 1524 vermerkt er auch die von uns schon berichtete Intervention des Markgrafen Ernst
zugu nsten der Kenzingcr Lutheraner. - Im ganzen handelt es sich um ein Kompositum aus
weltgeschichtlichen und provinziellen Daten.
24 Die "Durlacher Bibel" ist in Stuttgart (Württembergische Landesbibliothek), Wolfenbüttel
(Herzog-August-B ibliothek) und Wernigerode als Gesamtexemplar vorhanden . Die Bayerische Staatsbibliothek München hat ihr Exemplar durch Kriegseinwirkung verloren, die Schloß- bibliothek Maihingen (FürstI. Bibliothek Harburg) hat ihr Exemplar 1934 verkauft. Für die
freu ndl iche Vermittlun g in die Einsichtnahme des Stuttgarter und Wolfenbütteler Exemplars
sowie des in Stuttgart vorhandenen Nachdrucks von 1530/32, sind wir dem Leiter der Badi- schen Landesbibliothek Karlsruhe, Bibliotheksdirektor Dr. Elmar Mittler, zu Dank verbun- den .
25 Ritter, a. a. 0., Anm. 7, S. 283.
26 Diese wie die folgenden Angaben sind - nach Überprüfung - folgender maßgeblichen
Quelle entnommen: P. Pietsch, Bibliographie der deutschen Bibel Luthers. Nr. 146. In: M. Luther, Deutsche Bibel. Bd. 2, 1909, S. 472 u. S.490/500. Wir ergänzen diese Angaben später
durch spezielle Hinweise auf die Druckermarken Kobians und auf das Bibelexemplar des Pfinzgaumuseums.
27 Erinnert sei auch an die bei den Schlangenleiber in der Druckermarke Wolf KöpfIs.
28 Derselbe Druckstock ist auf einem Corvinus-Druck KöpfIs aus dem Jahre 1540 für Sankt
Andreas wiederverwendet, das Attribut ist hier das Kreuz mit schräggestelltem Balken (vgl.
Ritter, a. a. 0 ., Anm. 7, S. 241). 29 z. B. mit den Arbeiten von Geoffroy Tory in Paris um 1536 (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher-
Ornamentik der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 97).
30 Es war üblich, daß ein Drucker, der im Auftrag ("auß Verlegung") druckte, keine eigene
J!1ruekermarke benutzte, sondern dem betreffenden Werk das Signet des Auftraggebers mit-
g~b. So zeigte z. B. der Straßburger Drucker Matthias Schürer, der für die Brüder Atlantsee
in Wien druckte, in diesen Büchern nur das schöne Atlantsee-Wappen) nicht das Schürersmc
Wappen mit der Garbe (vgl. auch Anm. 14). 54
55
31 Im ganzen in Straßburg ged ruckten Bibelteil taucht diese Zierleiste nur dreimal auf (Neues
Testament, Episteln St. Pauli u. St. Johannis). Es ist zu vermuten, daß dieser Teil auch in Durlach ged ruckt wurde. Unsere These wi rd gestützt durch die Einsicht in den Straßburger Nachdruck von 1530/ 32, der ohne Kobians Mitwirkung bei Wolf Köpfl erschien. In dieser
Neuauflage, die im übrigen im ganzen nicht mehr so reich illustriert ist wie die Erstausgabe
(es fehlen Holbeins Holzschnitte zur Offenbarung; dafür ist als Titelblatt für das Neue Testa- ment die Renaissance-Umrahmung der Erstausgabe - Abb. II - übernommen) taucht weder
di e spezielle Zierleiste noch der besagte Zierschnörkel auch nur einmal auf.
32 z. B. bei dem Straßburger Drucker Christian Egenolph, dem Mainzer Peter Schöffer oder dem Franzosen Jean de Tournes. - Das Exemplar des Pfinzgaumuseums wurde wohl beim späte-
ren Einband beschnitten, ebenso wie die Exemplare in Stuttgart und Wolfenbüttel. Einer Seiten höhe von 25,5 cm (Exempla r Pfinzgaumuseum) steht eine Seitenhöhe von 28 cm (Exemplar Stuttgart der Neuauflage 1530/32) gegenüber. Dagegen erwähnt Schöpflin 1764
(a. a. 0., Anm. 1) ein Durlacher Exempla r in Quartformat aus der nach Basel geretteten Baden-Durlachischen Bibliothek.
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XIV
Eva Zinunermann
Zwei spätgotische Bildwerke aus Wössingen
Im Gegensatz zu den immer noch reichen Beständen des Breisgaus an spätgotischer Plast ik haben
sich in unserer Gegend nur wen ige Skulpturen aus dieser Zeit erhalten. Um so größer wa r die Überraschung, als an läßlich der Neuein ridltung des Pfinzgaumuseums zwei aus Wössingen stam- mende Figuren dieser Epoche, eine Madonna und ein männlicher Heiliger, ans Licht kamen, die
mit besonderer Sorgfalt geschnitzt sind '. Leider tragen die Bildwerke schwere Schäden: beiden
si nd die Hände sowie die Nase bzw. Nasenspitze abgeschlagen; mit den Händen hat der Heilige seine Attribute, hat die Maria ihr Kind verloren. Dies si nd typische Wunden, w ie sie ein Bi lder-
stürmer den ihm verhaßten Idol en zuzufügen pflegte. Fragen wir, wann das geschah, stellt sich
ganz a llgemein die Frage nach der Geschichte der Bildwerke. Ehe sie im April 1893 in die dama-
lige Großherzogliche Sammlung vaterländischer Altertümer kamen, befanden sich die Figuren
im Rathaus von Wössingen. Ein hl. Sebastian und eine weibliche Heilige, die heute verschollen
si nd, gehörten noch dazu:!. Es hieß damals, daß die vier Bildwerke aus einer der zwei früheren Kirchen von Wöss ingen sta mmten 3. Diese Angabe läßt sich heute genauer fassen: die Figuren
müssen vom Hochaltarsch rein der Kirche zu Unterwössingen herrühren, für den sie am Ausgang
des 15. Jahrhunderts, also noch vor der Reformation, geschaffen wurden. Der Ort, der ursprüng- lich in Unter- und Oberwössingen getrennt war, gehörte zur Markgrafschaft Baden; nach den
im 16. Jahrhundert erfolgten Erbteil ungen kam er zur Linie Baden-Durlach. Das bedeutet, daß
spätestens mit der Kirchenordnung von 1556 U nter- und Oberwössingen evangelisch geworden si nd . Welche Patrozinien die Kirchen in den beiden Ortsteilen zur katholischen Zeit besaßen, ist
nicht bekannt; doch wissen wi r, daß zu Unterwössingen eine Kaplanei St. Katharina und eine
Kapla nei St. Wendelin gehörten '.
Wendel in ist nun auch die Benennung, die w ir aufgr und der ikonographischen Untersuchung unserer männlichen Figur geben müssen. Trotz der Verstümmelung lassen sich die Attribute
dieses Heiligen erkennen : der jetzt kopflose Schäferhund, der auf der rechten Seite des Man-
nes hockt, vo rne am Sockel der Ansatzpunkt der Hirtenkeule, die der Heilige in der Linken
gehalten hat, und schließlich auf der linken Seite ein ebenfalls als Attribut gedachtes, min iatur-
haft klein es Felsengebi rge mit buschigen Bäumen und zwei kopflosen Tieren, die wohl Schaf und
Schwein darstellten. Wendel in war ei n iroschottischer Königssoh n, der auf den Thron verzichtet
hatte und nach einer Rom-Wallfahrt bei Trier ein Einsiedlerleben führte. Er hütete die Tiere eines
Edelmannes und pflegte die Herde zu einem weit entfernten Berg, dem heutigen St. Wendel, zu
treiben, wo er betete. Darüber geriet der Edelmann in Zorn, weil er glaubte, daß die Tiere nicht
mehr rechtzeitig heimkehren würden, was aber wunderbarerweise doch geschah. Wendclin wurde
69 später Abt des Klosters Tholey. Sein Grab fand er auf jenem Berg, zu dem er so oft zum Beten
..
HI. Wendelin aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt.
gezogen war. Vielleicht soll das kleine Felsmassiv zu Füßen unserer Figur eben diesen Berg andeu-
ten. Die besondere Kleidung des Heiligen: über violettem Gewand trägt er eine rote Pelerine mit
Kapuze und einen breitkrempigen roten Hut (kann sowohl Pilger- wie Hirtentracht sein); nur
wenn sich auf der jetzt abgeschlagenen vorderen Hutkrempe eine Muschel, das typische mittel-
alterliche Pilgerabzeichen, befand, war eindeutig das Pilgergewand gemeint. Als Schutzpatron
des Viehs war Wendelin im späten Mittelalter ei n viel verehrter, volkstümlicher Heiliger, der in
der spätgotischen Kunst oft dargestellt wurde, so z. B. nicht weit von Wössingen in dem 1523
datierten Beiertheimer Altar 5.
Dadurch, daß glücklicherweise St. Wendelin als Patron der einen Kaplanei in Unterwössingen
überliefert ist, läßt sich die Kirche dieses Ortsteiles als ursprünglicher Standort unserer Figuren bestimmen. Die Größe der Bildwerke - die Muttergottes ist immerhin 114,5 cm hoch - legt es
nahe, in ihnen die Reste des Hochaltarretabels zu sehen. Wenn die beiden verschollenen Figuren, Sebastian und eine weibliche Heilige, auch dazu gehörten - wofür die übereinstimmenden Maße
sprechen -, müßten wir aus Gründen der Symmetrie sogar einen stattlichen, mit fü nf Bildwerken
gefüllten Altarschrein annehmen: ZU Seiten der Madonna standen dann je zwei Figuren. Die Ver-
stümmelung der Skulpturen geht wahrscheinlich auf die Reformationszeit zurück. Danach mögen
die Figuren auf dem Kirchenspeicher verschwunden sein . Vielleicht hat man sie erst wiederent- deckt, a ls nach dem Neubau einer Kirche für ganz Wössingen, die 1821-1822 nach dem Entwurf Weinbrenners entstand, die beiden alten Gotteshäuser abgerissen wurden. Reste einer steingrauen
Bemalung, die über den jetzt freigelegten Spuren original er Fassung lag, sprechen dafür, daß man
die Figuren im 19. Jahrhundert "aufgefrischt" hat. Trotz aller Beschädigungen, trotz des weitgehenden Verlustes der ursprünglichen Fassung, die
den Bildwerken etwas Leuchtendes gegeben hatte - während wir heute den stumpfen dunklen
Holzton sehen -, ist noch so viel künstlerische Substanz vorhanden, daß wir die Leistung des
Schnitzers zu erkennen vermögen.
Beide Skulpturen stehen auf hohen mitgeschnitzten Architektursockeln, wobei derjenige der
Maria durch reichere Profilierung ausgezeichnet ist. Auch die Körperhaltung entspricht sich hi er und dort : mit leichtem Tritt ist das unbelastete rechte Bein, das "Spiel"bein, vorgeste ll t, auf
der Gegenseite schwingt die Hüfte aus, die Schulter folgt dieser Schrägstellung, d. h. die rechte
Schulter hängt herab, doch der Kopf ist wieder aufgerichtet, beim Wendelin sogar der erhöhten
Schulter zugeneigt. Dadurch ergibt sich ein Aufbau in schwingender gotischer S-Linie, der alle
gewichtigen ruhenden Horizontalen meidet. Bei der Madonna als der Hauptfigur ist die Schwin-
gung stärker ausgeprägt; durch die Neigung des Oberkörpers nach rückwärts - a ls Gegenbewe-
gung zu dem ehemals vorne auf dem link en Arm sitzenden Kind - gew innt sie auch noch an
räumlicher Tiefe.
Das ruhige Antlitz der Maria mit dem nur eben angedeuteten Lächeln in den Mundwinkeln war
ursprünglich wohl als stilles Gegenbild zum Christkind gedacht, das die Spätgotik quirlig-bewegt
- wie ein richtiges Kind - darzustellen pflegte. Der H eilige dagegen zeigt die Vorliebe der Zeit
71 für ed le Charakterköpfe von schmerzlich-bewegtem Ausdruck . Scheinbar bildnisgetreu in der
•
Madonna aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt.
genauen Wiedergabe der Einzelheiten, jeder Runzel, jeder Locke, ordnen sich die Formen doch
nach dem Gesetz künstlerischer Ebenmäßigkeit ; auch der Ausdruck bleibt verhalten im Sinne spätmi ttelalterlicher Frömmigkeit.
Die Gewänder sind auffallend knittrig. Dies gilt wieder für die Marienfigur in besonderem
Maße: nach dem weitgehenden Verlust der Fassung mit ihren sondernden Farben ist es oft schwer zu unterscheiden, was Kleid, was Kopftueh, was Mantelfutter, was Außenseite des Mantels ist .
Der Blick schräg von der Seite zeigt, wie auch hier die Gewandgebung nicht abgerundet, sondern
die Tiefe räumlich zu staffeln versucht. Maria trägt ein eng tailliertes blaues Kleid mit Pelzbesatz
am Hals, wie es zu Ende des 15. Jahrhunderts Mode war, darüber einen goldenen, rotgefütter-
ten Mantel, d. h. eigentlich ei n loses Tuch, das unter den Ellenbogen hochgenommen ist und
dessen ei ne Bahn quer über den Leib gezogen ist, so daß sie vorn e den Unterkörper deckt. Offen herabfallendes Haar, Schleier und Kronreif kennzeichnen die Gestalt a ls die jungfräuliche Him-
melskönigin; der Mond zu ihren Füßen ist das Attribut des apokalyptischen Weibes (Offenba-
rung 12, 1), das von der mittelalterlichen Theologie seit dem 12. Jahrhundert oft mit Maria
gleichgesetzt wurde. Gerade bei diesen Motiven zeigt sich die Lust des Künstlers an ein er kompli- zierten Verknüpfung der Formen: der Schleier deckt nicht nur das Haupt der Mutter, sondern diente
mit sei nem Ende auch als Unterlage für das - sicher nackt dargestellte - Kind; und die Mond-
sichel muß sich gleich in zwei Kleidungsstücken - Rocksaum und Mantelsaum - verfangen. Auch der Schäferhund des Wendel in ist halb vom Mantel des Heiligen verdeckt. Beide Figuren
tragen spitze Schuhe, wie sie nach dem Jahr 1500 nidn mehr Mode waren. Die nächstverwandten Skulpturen - auch sie heute Eigentum des Badischen Landesmuseums -
stammen aus der Kirche von Knielingen, ebenfalls einem altbadischen Ort, welcher zum Gebiet
der protestantischen Durlacher Linie zählte ' . Die ursprüngliche Aufstellung der Knielinger Figu-
ren läßt sid, nicht mehr mit Sicherheit bestimmen. Vielleicht stand das große Vesperbi ld in der Mitte des Hochaltarschreins und die Anna Selbdritt ebenda als Seitenfigur, während die
kniende Maria Magdalena zur Kreuzigung im Gesprenge gehörte. Oder es handelte sich um einen
Kreuzaltar mit der Kreuzigungsgruppe im Schrein; in diesem Fall wäre zumindest das Vesper-
bild a ls isoliert aufgestelltes Andachtsbild zu denken . Obwohl durch den Holzwurm hier viel von der Oberfläche zerstört wurde, lassen sich Gemeinsamkeiten mit den Wöss inger Figuren er-
kennen: die Gesichter mit den tiefliegenden Augäpfeln, den scharf umrissenen, schweren Ober-
lidern, die Bildung des Halses bei der Wössinger Madonna und der Maria des Vesperbildes, die
fei ne knittrige Behandlung der Binnenfalten, überhaupt die genaue Ausarbeitung der Einzel-
fo rmen, und schl ießlich die Bändigung dieser kleinteiligen Unruhe durch den geschlossenen Umriß .
Wir sehen uns hier der Spätform eines Stiles gegenüber, der den großen, oft versch lun genen, aber
immer räumlich aufgelockerten Faltenwurf schätzte, der Gestalt und Gewand gerne vonein-
ander zu lösen versuchte, um dadurch ein reiches Gegenspiel ihrer Formen zu erzeugen (Da ngols-
heimer Maria im Museum Berlin-Dahlem, Hochaltar der Nördlinger Georgskirche). Doch jetzt
sind aus der ehemals großzügigen Faltenfülle kleine scharfkantige Splitterformen, aus den
73 Raumtiefen zwischen Mantel lind Körper schmale Schluchten geworden. Neu ist, daß nun der
Kopf des hl. Wendclin
Vesperbild aus Knielingen, vermutlich Straßburger Werkstatt, um 1500
•
Umriß die räumliche Bewegung zusammen faßt, wodurch die bildhaft-flächige Ansicht der Skulp-
tur betont wird. Bei den Knielinger Figuren - vor allem bei der Anna Se1bdritt - ist darüber
hinaus auch ein Flacherwerden der einzelnen Motive festzustellen . Sie dürften deshalb etwas später als die Wössinger - schon um die Jahrhundertwende - entstanden sein. Doch sonst ist
vom Neuen der Renaissance-Zeit noch nichts zu spüren.
Seinem Ursprung nach ist dieser Stil straßburgisch. Das spricht dafür, daß die Wössinger und Knielinger Bildwerke aus einer bisher nicht mit Meisternamen belegbaren Straßburger Werkstatt
stammen; auch andernorts in der Markgrafsdtaft, in Baden-Baden, Oos und Beiertheirn, hat man sich damals Altäre in diesem Hauptort spätgotischer Schnitzerkunst bestellt.
Anmerkungen
1 Bei diesen Figuren handelt es sich um Dauerleihgaben des Badischen Landesmuseums, die sich seit 1924 im Pfinzgaumuseum befinden . - Maria, Höhe mit Sockel 114,5 em, Inv.-Nr.
C 6704; hl. Wendelin, Höhe mit Sockel 104,5 em, Inv.-Nr. C 6706; beide aus Lindenholz, dreiviertelrund, rückseitig ausgehöhlt. Herr Restaurator Anton Rommel hat die Figuren im Sommer 1975 von übermalungen befreit und gereinigt.
2 Hl. Sebastian, Höhe 110 em, Inv.-Nr. C 6703; weibliche Heilige, Höhe 111 em, Inv.-Nr. C 6705 .
3 Die Kunstdenkmäler des Großherzogturns Baden, -Bd. IX, 1, Kreis Karlsruhe, Amtsbezirk Bretten, Tübingen 1913, S. 162 ff. erwähnt die Figuren nicht. Für Auskünfte und Hi lfe bin
ich Herrn OttO Bickel, Herrn Dr. Hans Huth, Herrn Dr. Hermann Rückleben, Herrn und
Frau Pfarrer Hans-Ulrich Schulz und Herrn Dr. Hans Martin Schwarzmaier zu Dank ver- pflichtet.
4 Wössingen im Wandel der Zeit, 1971, S. 69.
5 Ausstellungskatalog Spätgotik am Oberrhein, Meisterwerke der Plastik und des Kunsthand- werks 1450-1530, Badisches Landesmuseum, Karlsruhe 1970, Nr. 147-152, Abb. 130.
6 Alle drei Figuren aus Lindenholz, Fassung abgelaugt. Vesperbi ld Höhe 106,5 em, untere
Breite 53 em, Inv.-Nr. C 1993; Anna Selbdritt, Höhe 112 em, Inv.-Nr. C 1996; Maria Mag- dalena, Höhe 70,5 em, Inv.-Nr. C 1992. Nähere Angaben bei A. v. Schneider, Die plastischen
Bi ldwerke, Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseum, Karlsruhe 1938, Nr. 90-92,
Taf. 44-46, und bei Spätgotik am Oberrhein (Anm. 5), Nr. 112-113, Abb. 104. Aus Knie- lingen stammten außerdem die heute verschollenen Figuren: Christus am Olberg, Holz, Höhe
68 em, Inv.-Nr. C 1994, und ein Holzrelief mit männlicher Figur, Höhe 70 em, Inv.-Nr.
C 1995; der Zusammenhang dieser bei den mit den drei hier behandelten Figuren ist unklar. Laut Inschrift am Westturm wurde der spät gotische Bau der Knielinger Kirche 1480 begonnen
(siehe: Die Kunstdenkmäler Badens, Bd. IX, 5, Karlsruhe-Land. Karlsruhe 1937, S. 157).
76
Ernst Schneider
Durlach im Wandel der Jahrhunderte
Im Uf- und Pfinzgau lassen sich sei t der Mitte des 12. Jahrhu nd ertS die Sta ufer nachweisen.
Sie konnten in diesem Raum vor allem als Inhaber der Vogtei über klösterlichen Besitz, in erster Li nie des Klosters Weißenburg, Fuß fassen. Im Pfinzgau kam dem heutigen Turmberg bei Du rl ach
eine wichtige Stellung der staufischen Macht zu. Zwischen 1187 und 1196 sind di e Staufer in den
Besitz der Burg Grötzingen (auf dem Tu rmberg) gelangt, haben die G rafschaft im Pfinzgau und die weißenburgischen Lehen an sich gezogen. Als ihr bedeutendstes Werk im Pfinzgau gilt die
Gründung der Stadt Du rlach, die in den Jahren 1191/92 wohl gleichzeitig mit Etdingen durch
Kaiser H ein rich VI. erfolgt sein dürfte. D ieser Kaiser hielt sich vom Dezember 11 91 bis Mai
1192 - eine ungewöhnlich lange Zeit - in Weißenburg, H agenau und Speyer auf. Im Jahre 11 96 weilte H einrich VI. in Durlach und hat hier zwei Urkunden ausgestellt. Und aus dem Jahre
11 96 stammt die erste urkundliche Erwähnung von Du rlach als "oppidum" . Diese Fak ten bewei- sen, daß Du rlach im Jahre 11 96 als Stadt bestanden hat. Vorher ist der Name nicht nachzuweisen.
Wie andere frühe Stauferstädte liegt Du rl ach an der Grenze zwischen Altsiedel- und Rodun gs-
land , zwischen Ebene und Hügelland. Von Bedeutung ist auch die Lage an der alten Straße von Frankfurt nach Basel. Die Stauferstad t Durlach, woh l a ls Festungsstadt gedacht und im Bereich
der Gemarkung Grötz ingen angelegt, wurde durch ein 5traßenkreuz bestimmt, dem sich im Laufe
der Jahrhunderte vier Stadttore anschlossen. Vo n dieser Stauferstadt ist nichts mehr erhalten. Durlach zählt aber auch zu den Städten, die durch Anlehnung an ei ne berei ts vorhandene Burg
entstanden sind. Diese Burg erhob sich auf dem heutigen Turmberg und ist, entgegen Angaben
im Durlacher Schrifttum, ä lter a ls die Stadt. Zu Ende des 11 . Jahrhunderts haben auf diesem Berg die Grafen von Hohenberg ihre Burg err ichtet. Das Gebiet gehörte seit dem 8. Jahrhundert dem Kloster Weißenburg, die Burg stand vo r der Gründ ung von Durlach auf Grötzi nger Ge-
markung und heißt deshalb auch "castrum Grecingen". Von hi er aus kolonisierten die H ohen-
berger den H ardtwa ld und gründeten das Kloster Gottesaue. Im 12. Jahrhundert war diese Burg Sitz der G rafen von Grötzingcn, die in engen Beziehungen zu den Staufern standen. Auch die
Grabungsergebnisse lassen den Sch luß zu, daß diese Burganlage vor 1100 entsta nden ist.
Nu r weni ge Jahre verblieb Du rlach in staufischem Besitz. Markgraf H ermann V. von Baden
(11 90-1243) hatte sich mit Irmingard, der Tochter des welfischen Pfal zgrafen Heinrich des
Jüngeren, verheiratet. Dadurch wa r er in den Besi tz der Stadt Pforzheim und ei nes Teils der
braunschweigischen Güter gelangt. Im Jahre 1219 tauschte H ermann V. von Kaiser Friedrich 11.
die Reichs- und Stauferstädte Lauffen, Eppingen und Sinsheim als P fa ndschaften, Etdingen als
Lehen und Du rlach a ls Eigentum gegen die bra unschweigischen Güter. In einer späteren U rkunde
vom November 1234 wurde dieser Tausch durch Kaiser Fried rich II . nochmals bestäti gt .
Mit Durlach war sicher die Burg Grötzingen an die badischen Markgrafen gekommen, auch die
Vogtei über das Kloster Gottesaue, aber nicht der gesamte Stauferbesitz. Für die markgräfliche
Städtepolitik bedeutete diese Erwerbung, daß dad urch eine Verbindung vom oberrhei nischen
Gebiet zu den a lten markgräflichen Besitzungen am mittleren Neckar geschaffen werden konnte.
Die Markgrafen förderten die Stadt und bauten sie aus.
Die überlieferung ist zu dürftig, um den Ausbau Durlachs vom 13. bis 15. J ahrhundert genauer
verfolgen zu können. Selbst über ein so hervorstechendes Merkmal der mittelalterlichen Stadt,
nämlich die Stadtummauerung mit den Stadttoren und -türmen, lassen sich zur Entstehung keine
genauen Angaben mad1en. Die Stadtmauer erscheint urkundli ch als Lagebenennung seit dem
14. J ahrhundert und umschloß ursprünglich das von der (heutigen) Bienleinstor-, Zunft-, Amt-
haus- und Kclterstraße gebi ldete Oval. Im 15. Jahrhundert wurde die Stadtmauer nach Nord-
osten hinausgerückt, 1468 wurde das Blumentor errichtet. Früh belegt si nd die Kirche (ecclesia
Durlach 1255) und die mittela lterl iche Ticfburg, auf deren Stelle die spätere Karlsburg mit dem
heutigen Prinzessinnen bau errichtet wurde.
Für den Rang Durlachs als Stadt ist auch die Verleihung des Marktrechts von Bedeutung. Am
10. August 1418 verlieh König Sigismund der Stadt das Recht, jährlich zwei Jahrmärkte, auf
St.-Jakobs- und St.-Gallen-Tag, abzuhalten. Dies ist die friiheste Nachricht über die Abhaltung
von Jahrmärkten in Durlach. Das Marktwesen wurde .wie überhaupt das öffentlid,e Leben durch
Ord nungen geregelt, die 1536 im Durlacher Rechtsbuch zusammengefaßt wurden, aber sicherlich
schon lange vo rher bestanden. Sowohl die Königsurkunde von 1418 als auch das Rechtsbud1 von
1536 befinden sich im Stadtarchiv Karlsruhe.
Als im Jahre 15 35 die Markgrafen Ernst und Bernhard den Vertrag über die Teilung der Mark-
grafsd1aft schlossen, erhi elt Ernst neben seinen bisherigen Besitzungen u. a. die Städte, Schlösser,
Amter pforzheim, Durlach, Mühlburg. Er wählte Pforzheim als Residenz, die sein Nachfolger,
Markgraf Karl 11. , im Jahre 1565 nach Durlach verlegte.
Durlach - Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach. Dies wirkte sich zunächst im Stadt-
bild aus. Im Vordergrund stand der Bau des Residenzschlosses, der Karlsburg, aber auch Stadt-
mauer und Stadttore wurden erneuert, Straßen und Plätze wurden gepflastert. Die Durlad1cr
wurden von manchen Abgaben befreit. Das Verhältnis des Landesherrn zu den Einwohnern sciner
Residenz wird in besonderer Weise durch den Inhalt einer am 17. Mai 1567 ausgestellten Urkunde
gekennzeichnet. Karl I I. sprach in dieser Urkunde die Befreiung der "E inwohner und gantzen Gemeindt unser Statt Durlach" von der Leibeigensd1aft gegen Bezahlung einer bestimmten Summe
aus. In diesem "Servitut" sah der Landesherr ein großes Hindernis für die Entwick lung seiner
Residenzstadt. Auch diese Urkunde wird im Stadtarchiv Karlsruhe verwahrt.
Als selbstbew ußter Landesherr hat Karl TI. die Errichtung einer Münzstätte ins Auge gefaßt
(Ende 1571). Von 1572 bis 1575 wurden unter Karl 11. Münzen geprägt : Taler, Halbbatzen,
Dreier und Pfennige. Die Talerprägungen von 1575 waren nur von kurzer Dauer und gehören
heute zu den Seltenheiten. Unter Karls Sohn, Markgraf Ernst Friedrich, wurd e 1586 das Dur- 78
lacher Gymnasium vollendet und eingeweiht. Zahlreiche bedeutende Gelehrte haben an diesem
Gymnasium gewirkt.
Diese Entwicklung der Residenzstadt auf den verschiedensten Gebieten fiihrte im 17. Jahrhundert
zu schweren Rückschlägen. Der 30jährige Krieg lastete schwer auf den Oberrheinlanden, aud,
auf Durlach und sei ner Bevölkerung. Nur langsam gelan g es, normale Verhältnisse zu schaffen,
als das Land vom Pfälzischen Erbfolgek ri eg heimgesucht wurde. Schicksalstag für die Stadt und
ihre Bewohner wurde der 16. August 1689 : an diesem Tag ging Durlad1 in Flammen auf. Das
Schloß brannte bis auf den Prinzessinnenbau ab. Nur wenige Häuser blieben verschont.
Unter den zahl reichen Maßnahmen, die nach diesen schw eren Kriegsjahren zur Förderung der Stadt ergriffen wurden, ist der von Markgraf Fried rid1 Magnus seiner Residenzstadt am 3. April
1699 erteilte "Freiheitsbrief" zu nen nen . Die bisherigen Privilegien blicben bestehen, also auch
die Befreiung von der Leibeigenschaft. Wer ein modellmäßiges Haus baute, war 20 Jahre lang
von gewöhnlichen und außergewöhnl ichen Abgaben und Lasten befreit, auch von Frondiensten.
Die Sorge um das Wohl der E inwoh ner geht aus folge nder Stelle dieser Urku nde hervor: "Uns wi rd auch übrigens immerfort gelegen sein, die jetzige sowohl als künftige Bürger und Inwohner
dieser unser lieben Statt Durlach nicht all~in bey guter auskömm licher Nahrung zu conserviren
und zu schützen, sondern auch darin von Tag zu Tag nach Möglichkeit zu verbessern ... " Auch
dieser "Freiheitsbricf" zähl t zum Bestand des Karlsruher Stadtarchivs. Mitten in den nur langsam vorankommenden Wiederaufbau der zerStörten Stadt trat ein Ereig-
nis, durch das die weitere Entwicklung von Durlach einen empfindlichen Stoß erlitt: 1715 ver- legte Markgraf Karl Wilhelm seine Residenz von Durlach nach Karlsruhe. Man darf diesen Vor-
gang nicht isoliert, nur auf Durlach bezogen sehen. Durlach zählt zu der Städtcgruppe an der
Bergstraße und am Gebirgsrand, die als planmäßige Gründung ebenso wie andere Randstädte
längere Zeit landesherrliche Residenz war und im 18. Jahrhundert diese Funktion an die Neu-
gründungen in der Ebene abtreten mußte.
Die Stadt DurIach war sich der Folgen, di e sich aus diesem Verlu st ergaben, durchaus bewußt.
Wohl versuchten die Markgrafen Ka rl Wilhe1m und vor allem Karl Friedrich, die Wirtschafts-
kraft der Stadt zu fördern. Es entstanden im 18. Jahrhundert Fabriken oder Manufakturen, die
auf landesherrliches Privileg hin gegründet und mit zahlreichen, immer wieder erneuerten Frei-
heiten von Abgaben, Steuern und Zöllen ausgestattet wurden. Diese industriellen Versuche sind
als Ausdruck des merkantilistischen Wirtschaftssystems zu sehen. Sie haben sich für die Stadt öfters
nachteilig ausgewirkt: wiederholt waren ihre Besitzer unter Hinterlassung von Schulden "echap-
piert". N ur eine dieser Gründungen hat das 18. Jahrhundert überdauert: die Fayencefabrik .
Im Jahre 1779 befaßte sich der Durlacher Rat mit der Frage über die Errichtung einer Univer-
sität. Aus zwei Gründen sei dieses Vorhaben genannt: zum einen zeigt es das Bemühen der städti-
schen Organe um Mittel und Wege für die Entwicklung der Stadt, zum andern aber gibt dieses
Vorhaben Aufschluß über allgemeine Durlacher Verhältnisse des 18 . Jahrhunderts. Wegen des
Universitätsprojektes hat sich der Durlacher Rat am 30. April 1779 in einer ausführlichen Bitt-
schrift an den Landesherrn gewandt. Darin wird die wirtschaftliche Lage, die Armut und der
•
Zerfa ll der Stadt in bewegten Worten geschildert. "Hätte Durlach das unschätzbare Gl ück eines solchen Instituts, so würden die Brandstätten und Lücken der Stad t, welche bisher traurige Zeugen
der Un vermögenheit der Inwohner sind, bald in modellmäßige Gebäude verwandelt seyn,
schlechte Lotterfall en niedergerissen, zu tauglichen Häusern gemacht, an dere um ei n Stockwerk
erhöhet und die ganze Stadt nach und nach verschönert werden.«
Nach diesem Zeugnis hatte Durlach im ausgehenden 18. Jahrhundert die Folgen langer Kriegs-
jahre noch nicht überwunden. Erst die im 19 . Jahrhundert eingetretenen territorialen, politischen
und wirtschaft lichen Veränderungen schufen auch für Durlach ein en Wandel. Vor a llem war es die zunehmende Industrialisierun g, die nicht nur neue StädtetypeIl SdlUf, sondern auch die älteren Städte veränderte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist in D urlach ein wi rtschaftlicher Auf- schwung zu verzeichnen. Als im Jahre 1903 die Durlacher Gewerbe- und Indust rie-Ausstellu ng
veranstaltet wurde, befanden sich unter den 230 Ausstellern 132 Durlacher Firmen.
Eine wichtige Voraussetzung für diese Entwicklung bildete der Ausbau der Verkehrsverbindun-
gen, vo r a ll em der Bahnbau (Lini en H ei delberg - Karlsruhe, Durlach - Mühl acker, Kraichgau- bahn). Aber auch städtische Einrichtun gen wurden geschaffen wie das Gaswerk (1861) und das
Wasserwerk (1896/97). Um die Jah rhundertwende wuchs die Stadt weit in das Umland hinein . Eine wesentliche Strukuränderung brachte der aufs trebenden Stadt das Jahr 1938, in dem sie in die Großstadt Karlsruh e eingegliedert wurde . .
Die Geschichte einer Stadt und ihrer Bewohner is t Spiegelbild der Landes- und Reichsgesch ichte. Durlach, von den Staufern gegründet, seit dem 13. Jahrhu ndert Markgrafenstadt, 150 Jahre
lang Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach, ha t in dieser jahrhundertelangen territoria-
len Zugehöri gkeit Zeiten friedliche r Entwicklung und Entfaltung, aber auch schwere, von K rieg, Not und Armut geprägte Jahre erlebt. Alle diese Schicksalssch läge hat die Durlacher Bevölke- rung gemeistert. Der Gegenwa rt obliegt die verpfli chtende Aufgabe, sich dieser Tradition bewußt
zu sein und das überlieferte Kultu rgut zu bewah ren. Dieser Aufgabe dient auch das neugestaltete Pfin zgaumuseum .
Hinsichtlich der Revolutionsdokumente 1848/49 des Pfinzgaumuseums
verweisen wir auf "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" Band 2
Die Badische Revolution 1848/49
im Pfinzgaumuseum erhältlich (DM 2,-)
Vorankündigung:
Als Band 4 der "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs"
wird erscheinen:
Ernst Schneider
Durlacher Volksleben 1500 - 1800
Volkskundliches aus archivalischen Quellen
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmpZbwlSRBoIy/Pfinzgaumuseum.pdf
Chronik der Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe 1898
Denkmal Kaiser W ilhelms I.
C h r o n i k V
der
Haupt- und Residenzstadt
K a r l s r u h e
f ü r ö a & J a h r
1898. XIV. Jahrgang.
Im Austrage der städtischen Nrchivkommisston bearbeitet.
M r h V ^ t
Baulimche. V e r l a g d e r M a c k l o t ' s c h e n B u c h h a n d l u n g u n d L u ch d r u ckere i .
Büchereien und SdVWtliit'cheÄ dör Stadt Rarlsmhe
Mi t (O Abbildungen.
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i.
Schicksale des Grotzherxoglichen Hauses.
m 2 V J a n u a r kehrten der Großherzog und die Großherzogin von Schloß B aden, wo einige T age zuvor die Aronprinzessin von Schweden auf der Durchreise nach I ta lie n bei ihren E ltern geweilt
hatte, zum bleibenden Aufenthalte nach K arlsruhe zurück.
I m M ärz stellte Kaiser M ilhelm den Großherzog ä la suite der M arineinfanterie. D as Telegram m , in welchem er ihn davon in Kenntnis setzte, hatte nachfolgenden W o rtlau t:
B e r l i n , 28. März zsgs. ■ G r o ß h e r z o g v o n B a d e n
Karlsruhe. Das Flottengesetz ist soeben mit starker M ajorität in dritter Lesung
angenoinenm worden. Vor Allem ist es Deiner unermüdlichen M itarbeit zu danken, in der Du, wie immer, wenn es sich um das Wohl des Vaterlandes handelt, mit Hingabe und Nachdruck mir beigestanden. Zum Dank dafür stelle ich Dich L la suite unserer M arineinfanterie, deren brave Jungens im fernen Osten unsere Flagge beschirmen. G ott segne Dich!
W i l h e l m I. R.
Einige Wochen später erhielt das Großherzogliche p a a r den Besuch des Kaisers selbst. Derselbe traf am s 8 . A pril vorm ittags mittelst Sonderzug von W iesbaden ein und blieb bis zum nächsten Tage. E r verbrachte den größten Teil dieser Z eit im engsten
\
Kreise m it 6cm Großherzog und der Großherzogin, m it denen zusammen er auch der A ufführung der Gluck'schen © per „ o rpheus und Eurydike" im h oftheater anwohnte. E in feierlicher Em pfang hatte nach feinem Wunsche nicht stattgefunden; der Großherzog, welcher ihn am Bahnhofe empfangen hatte und ihn bei der Abreise auch dahin geleitete, hatte hierzu die P aradeuniform der M arin e infanterie angelegt.
2lm T age nach der Abreise des Kaisers begaben sich der Großherzog und die Großherzogin zum Besuche der Kronprinzessin von Schweden nach Nervi, I h r e Rückkehr von dort erfolgte am sO. M ai, nachdem sie noch Venedig besucht hatten, über Verona und M a ilan d , an welch letzterem o rte sie wegen des in den Tagen vom 7. bis 9- Zltai wütenden Straßenkam pfes zu einem zwei stündigen Aufenthalte gezwungen worden waren.
A m f. J u n i nahm en sie ihren Aufenthalt in B aden, wo nach einigen T agen auch die Kronprinzessin von Schweden wieder eintraf. Gegen Ende des gleichen m onats siedelten sie dann nach S t. Blasien über, welches sie nach dreiwöchentlichem Aufenthalt verließen, um einige Zeit in S t. M oritz im E ngadin zu verbringen. Die Zeit von M itte August b is A nfang Oktober verlebten sie au f der M a in a u , den Rest des J a h re s wiederum in Baden. Pier empfingen sie in der zweiten Hälfte des N ovem bers den Besuch des von seiner Palästinareise zurückkehrenden K aiserpaares. Die Rückkehr nach K arlsruhe geschah in den letzten Tagen des Ja h re s .
Der Großherzog wohnte — ein erfreuliches Zeichen seiner wieder gekräftigten Gesundheit — zum erstenmal seit seiner Erkrank ung im O ktober f 8 9 6 , im Herbst des Berichtsjahres wieder den M anövern des X IV ., X V . und X VI. Armeekorps bei, an deren Schlusse er in Metz sein bayerisches Infanterieregim ent besichtigte. Z n den ersten T agen des o ktobers folgte er einer E inladung des Kaisers zur Teilnahm e an der Fahnenweihe des 3. Seebataillons, welche in P o tsd am stattfand. E r verweilte einige Tage daselbst und in B erlin und wohnte am \2. in C amenz in Schlesien zusammen m it dem kaiserlichen P a a re der feierlichen Beisetzung der Prinzessin Albrecht von Preußen bei. I m Dezember stattete er in M ünchen dem Prinzregenten Luitpold von B ayern, der, wie erinnerlich, ihn aus A nlaß der Feier seines siebzigsten G eburts
tages im J a h re h 896 zum In h a b e r des 8 . bayerischen Infan terie* regiments pranckh ernannt hatte, einen mehrtägigen Besuch ab.
Der Großherzogin verlieh der Kaiser im Oktober die Rothe Kreuz - M edaille in Gold. Dieselbe w ar von folgendem aller höchstem Handschreiben begleitet:
„Durchlauchtigste Fürstin, freundlich geliebte Muhme, Schwester und T a n te !
Nachdem Ich auf den Antrag Ih re r Majestät der Kaiserin und Königin, M einer Gemahlin, als Protektorin der Vereine vom Rothen Kreuz für besondere Leistungen im Dienste des letzteren und der ihm verwandten Aufgaben ein neues Ehrenzeichen unter dem Namen „Rothe Kreuz-Medaille" gestiftet habe, kann Ich es M ir nicht versagen, Euerer Königlichen Ejoheit und Liebbett in Anerkennung der ersprießlichen Thätigkeit, welche Euere Königliche poheit und Liebden dem Interesse der leidenden Menschheit im Kriege wie im Frieden fortgesetzt und unermüdlich zuwenden, die Rothe Kreuz-Medaille in Gold zu verleihen. E s gereicht M ir zur besonderen Freude, Euerer Königlichen Hoheit und Liebden die Dekoration beifolgend zu übersenden. Zugleich benutze Ich diesen willkommenen Anlaß, um Denenselben die Versicherung Meiner herz lichen Zuneigung, sowie der aufrichtigen Hochachtung und Freundschaft zu erneuern, womit Ich verbleibe
Euerer Königlichen Hoheit und Liebden freundwilliger Vetter, B ruder und Neffe
Wilhelm R. Konstantinopel, den 2 2 . Oktober
I m September verlobte sich Prinz M axim ilian von B aden m it der G roßfürstin Helene W ladim irow na, der Tochter des Großfürsten M lad im ir von R uß land ; im Laufe des folgenden J a h re s wurde diese Verlobung indes wieder gelöst.
—
II.
Entwicklung der Gemeinde als solcher; Gemeindeverwaltung.
Einw ohnerzahl der S tad t 'Karlsruhe stellte sich nach den Berechnungen des statistischen A m ts am A nfang (f. J a n u a r)
des Wahres 1897 auf 8 6 ^7 2 Köpfe, f 898 auf 89 252 und \89f> auf 92 087*).
Über die F i n a n z l a g e der S tad t im ^fahre \ 898 entnehmen w ir dem städtischen Rechenschaftsberichte folgendes:
Die IDirtfchaftseinnahmen und A usgaben einschließlich der Umlagen wurden im Gemeindevoranschlag für das Rechnungs ja h r s898 vom Bürgerausschuß in seiner Sitzung vom 26., 27. und 29 . A pril f 898 auf 5 585 888 Ulk. festgesetzt. Der Abschluß der Stadtkassenrechnung ergab für die W irtschafts e i n n a h m e n die Sum m e von 5 850 957 ZTTf. \ P fg ., für die W irtschafts a u s g a b e n nur 5 5 j5 (f88 Ulk. 85 p fg ., m ithin einen Einnahm e-
*) (Einquartiert waren im Ja h re lege in der Stabt in Mietquartieren 125 (Offiziere und 2(60 M ann mit 1-Z76 bezw. 175U (Quartiertagen, in Bürgerquartieren 7 Dffiziere und 635 M ann mit 58 bezw. soso (Quartier tagen. — Die am 3 . Dezember oorgenommcne Viehzählung ergab folgenden Tierbestand: 3027 Pferde, <Efe[, q.6-1 Stück Rindvieh, 21 Schafe, -157 Schweine, 19 6 Z iegen , z-zo Bienenstöcke, 1 808 G änse, 360 (Enten, -17 60 Tauben, szg-l chiihner und 2 1 9 s chnnde.
Staalsininister a. D. Turban. Erst. 1898. (ZU 45. 93.)
Nach einer Photographie von G . Surf in Karlsruhe.
Überschuß von 355 ^68 M k. s8 P fg . Dieser Berechnung sind die wirklichen E innahm en und A usgaben zu Grunde gelegt; würde man die Sollbeträge der Rechnung annehm en, so ergäbe sich nur ein Einnahmeüberschuß von 525 9?^ Blk. 72 P fg . Bon dieser Sum m e wurden 278 808 BTf. a ls Deckungsmittel in den V or anschlag für s899 ausgenommen.
Bon den W irtschaftseinnahmen entfielen a u f : V Die R h e in e isen b ah n 26 2 79 5 IHf. = 6 ,82 prozent, 2 . das Gaswerk * ) .......................... 585 (4 6 „ = (5,20 „ 5. das Wasserwerk .................... 522 0 4 0 „ = 8,36 „ 4 . die Verbrauchssteuern . . . . 537 4 (( „ = 8,76 „ 5. die Spar» und pfandleihkasse . . ( 0 0 6(7 „ — 2 ,6 ( „ 6. die Umlagen .................................. ( ( 2 9 89 8 „ — 29 ,3 4 „ 7. die Gebäude und Grundstücke. . 355 580 „ == 9 , ( 8 „ 8. den Schlacht» und Viehhof . . . 50 6 2 8 „ = (,52 „ 9 . den F r i e d h o f 26 0 6 0 „ = 0 ,6 8 „
(0 . die übrigen Einnahmen . . . . 68 2 784 ,, = (7,73 „ Bon den A u sg a b e n tra fen auf : (. Die Mittel» und Volksschulen . . 855 8 0 9 Mk. = 2 4 ,3 4 Prozent, 2 . die Arinen» und Krankenpflege. . 241 8(8 „ = 6,88 „ 3. die G esundheitspflege ..................... ( ( 4 3 2 4 „ = 3 ,25 „ 4 . die Unterhaltung der Straßen rc. . 4 5 5 7 ( 4 „ = ( 2 ,9 ( „ 5 . die Schuldentilgung und Verzinsung 9 4 8 (58 „ = 2 6 ,9 7 „ 6. die Gemeindeverwaltung . . . . 5 5 7 9 9 t „ = (0 , ( 8 „ 7. die Kreisumlage und den Beitrag
an den S taat für die Schutzmannschaft 222 4 49 „ — 6,33 „ 8. die Straßenreinigung und Kehricht»
a b f u h r ..................................................... (05 078 „ ----- 2 ,9 5 „ 9 . die übrigen Positionen ......................... 2 ( 8 (4 7 „ — 6 ,2 ( „
*) I n den städtischen Gaswerken wurden vom (. M ai ( 8 9 7 bis 30. April (898 9 265 8 8 0 kbm G as erzeugt gegen 8 775 6 4 0 kbm im Betriebs jahre ( 89 6 /9 7 . Abgegeben wurden ( 232 ( 2 9 kbm für öffentliche Beleuchtung und 7 0 ( 6 953 kbm für private und Behörden. Gasmesser waren am 50 . April ( 8 9 8 75 5 4 für Leuchtzwecke und 4 6 4 4 für Koch- und kseizzwecke ausgestellt. (Öffentliche Laternen brannten Ende April (898 2(27.
**) Beim Wasserwerk betrug im Ja h re (8 9 8 der Gesamtwasserverbrauch 4 0 6 ( 252 kbm gegen 4 08 ( 9 (o kbm im Ja h re ( 8 9 7 . Die stärkste Tagesabgabe betrug 20 98 9 kbm, die schwächste 6 5 0 9 kbm. Z u öffentlichen Zwecken, Straßengießen, Springbrunnen u. s. w. wurden 4 6 6 327 kbm abgegeben. Die Zahl der öffentlichen B runnen belief sich auf 58, die der öffentlichen Feuer hahnen auf 709 , die der öffentlichen Springbrunnen auf 8.
A m V J a n u a r )[ 898 betrug die gesamte Anlehensschuld der Stadtgemeinde 20 585 \0 0 A lf., von denen 8 68s 500 Alk. aus das 3 prozentige Anlehen von j886 , 3 559600 2TTf. auf das 3 prozentige Anlehen von H889, 9^5 000 Blk. auf das 3 Hs prozentige Anlehen von ^892 bei der Versicherungsanstalt B aden , \ ^ 8 0 0 0 Bef. auf das 3hiprozentige Anlehen von H893 bei der Allgemeinen Ver sorgungsanstalt im Großherzogtum B aden , \ ty75 000 Blk. auf das 5prozentige Anlehen von 1(896 und ^ 000 000 Blk. auf das 3prozentige Anlehen von 1(897 entfielen. Von diesen Anlehen wurden bis zum 3 s . Dezember \ 898 insgesamt s 555 (00 M f . abgetragen, so daß also die Anlehensschuld am {. J a n u a r \ 899 f9 252 000 B lk ., bezw. da die nach den Schuldentilgungsplänen zur A m ortisation aufzuwendenden Sum m en jeweils an den G rund stock abgeliefert werden, dieser also auch die noch im Rest stehenden, gekündigten, aber nicht eingelösten Schuldverschreibungen mit \7 500 M k. au s eigenen M itte ln zu bestreiten hat, (9 25^ 500 Blk. betrug.
D as gesamte Vermögen der Stadtgemeinde belief sich auf {7 805 650 M k. ^3 P fg ., die Schulden, die darauf ruhten, auf f9 506 88l; Blk. 50 P fg ., so daß sich demnach ein reiner Schulden stand von l 505 255 B lk. 87 P fg . ergab.
Bei Aufstellung der Vermögensberechnung sind, wie in früheren fa h re n , auf G rund der gesetzlichen Vorschriften die Gebäulichkeiten nu r m it dem verhältnism äßig sehr niedrigen Brandversicherungs anschlag und die gewerblichen Anlagen nur mit den Grftellungs- kosten ausgenommen.
Letztere wurden aber auch im Berichtsjahre wieder bedeutend von den nach dem Reinertrag bemessenen Hprozentigen lVertanschlägen übertroffen, wie folgende Gegenüberstellung zeigt:
LrsteUmigskosten:
Rheineisenbahn . . . * 2 9 * 9 7 3 .8 2 2ttf. 5 -*98 ??5 ITTF. G a s w e r k ......................3 2 9 * 6 *7 .62 „ *-* 360 -*75 „ Wasserwerk . . . . 2 8 9 -* 3*9.6* „ 7 -*08 250 „
7 <*77 9* *.05 XTiF. 27 267 300 Mk.
Der M ehrw ert dieser drei Anstalten beträgt demnach l9 789 588 Blk. 95 P fg .
Außer denselben warfen noch folgende Anstalten einen wenn auch teilweise geringen E r tra g a b :
V die Badeanstalten mit einom Feuerversicherungsanschlag von ( 4 0 8 6 0 IHf. 2 . die Festhalle mit einem Fenerversicherungsanschlag von . . 558 700 „ 3. der Schlacht- und Viehhof mit einein Feuerversicherungs-
anfchlag von . . .......................................................................... <oz too „ 4 . die Ausstellungshalle mit einem Feuerversicherungsanschlag
v o n .................................... 73 300 „ 5. dastNalerateliergebaude mit einem Feuerversicherungsanschlag
v o n ...........................................................................................................U 9 600 „ 6. das WohngebäudeKarlstraße 97init einemFeuerversicherungs-
anschlag von ................................................................................ Z3 300 „ 7. das Wohngebäude Sophienstraße 75 mit einem Feuer
versicherungsanschlag v o n 38 400 „ 8. das ehemalige Mühlengebäude in Mühlburg mit einem
Feuerversicherungsanschlag v o n 20 2 5 0 „ 9 . die sogenannte Axxenmühle mit einem Feuerversicherungs
anschlag v o n ................................ ' 80 2 2 0 „ to. das Wohngebäude Bahnhofstraße 22 mit einem Feuer
versicherungsanschlag v o n 22 5 0 0 „ IV die alte Insanteriekaserne mit einem Feuerversicherungs
anschlag v o n . 240 50 0 „ \ 2 . das Wohngebäude Waldhornstraße (3 mit einem Feuer
versicherungsanschlag v o n 43 560 „ <3. die Wohngebäude Bannwaldallee 26, 28 und 30 mit einem
Feuerversicherungsanschlag v o n ........................................................46 4 0 0 „ t 4 . die verpachteten Acker, wiesen und Lagerplätze re. im Steuer
anschlag v o n ......................................................................................t56 6 ( 4 „
A m Schlüsse des J a h re s besaß die S tad t außerdem noch W e r tp a p ie r e zc. im Betrage von 8s7 666 Alk. 5 p fg .
Die Gesamtsumme des e r t r a g a b w e r f e n d e n Vermögens betrug auf Schluß des J a h re s fO 550 88s Alk. 8 P f g . ; das k e i n e n E rtrag abwerfende Verm ögen, welches zu Gemeinde-, vorzüglich aber zu Schulzwecken diente, bezifferte sich m it seinem Feuerversicherungs-, bezw. Steueranschlag aus 72 5 2 7 ^9 Alk. 55 P fg .
Neben diesem soeben dargestellten Vermögen der städtischen Aasten besaßen noch die S p a r - u n d P f a n d l e i h k a s s e nach Abzug der an die Stadtkasse abzuliefernden Überschüsse ein V er mögen von 870 8 H5 lllk . 30 P f g . , die S c h u l s p a r k a s s e ein solches von 20^ Alk. 79 Pfg- und die unter der V erw altung des S tad t ra ts stehenden S t i f t u n g e n eines von \ 068 385 Alk. 88 P fg .
Um lagen wurden 55 Pfennig von fOO U lf. Steuerkapital der G ru n d - , Häuser- und Gewerbsteuer, 99 Pfö* von fOO Ulk. der Ginkommensteueranschläge und 8,8 P fg . von fOO Ulk. der Rentensteuerkapitalien erhoben.
Ron den der Städteordnung unterstehenden Städten des Landes hatte K arlsruhe auch in diesem J a h re noch die niedrigste Umlage, wie aus nachstehender Zusammenstellung hervorgeht:
G r t
G rund- und
Häuser- steuer
4
(Sc- werb steuer
4
Lin- kommen- steucran- schläge J l. j 4
Kapital renten steuer
4
Ungedeckter Gemeinde aufwand
J t
K onstanz...................... 61 61 1 83 8,8 281 753 L a b r ........................... 50 50 1 50 8,8 174 524 B a d e n ..................... 45 45 1 35 8,8 329 230 Mannheim . . . . 45 45 1 35 8,8 2 276 969 B ru c h sa l...................... 42 42 1 26 8,8 154 252 Heidelberg . . . . 41 41 1 23 8,8 - 576 190 Pforzheim . . . . 38 36 1 08 8,8 404 458 F re ib u rg ...................... 35 35 1 05 8,8 668 804 K a rls ru h e . . . 33 33 — 99 8,8 1070 031
Die umlagepflichtigen Steuerkapitalien beliefen sich aus 95 599 8fO U lf. G rund- und Häusersteuerkapital, 60 190 800 U lf. Gewerbsteuerkapital, 55 765 1 15 U lf. Ginkommensteueranschlag und 250 6 s8 560 U lf. Rentensteuerkapital.
2 . Veränderungen in der Gemeindeverwaltung sind folgende zu
verzeichnen: A n Stelle des im F eb ruar verstorbenen S tad tra ts Ludwig
I P a l t z wurde Fabrikant August R u h , bis dahin Ulitglied des geschästsleitenden Vorstandes der Stadtverordneten, in den S tad tra t gewählt, und nach dessen noch im Berichtsjahre erfolgten Tode an seiner Stelle K aufm ann Adolf I Vi l s e r .
F ü r den Bürgerausschuß wurden fünf Grgänzungswahlen nötig.
— 9 —
Z u Beginn des J a h re s legte der O b m an n des geschäfts- leitenden Vorstandes der Stadtverordneten Geh. Kommerzienrat K arl August S c h n e i d e r sein A m t nieder, das er fast volle siebzehn J a h re bekleidet hatte. Oberbürgermeister Schnetzler sprach demselben aus diesein A nlaß in öffentlicher Bürgerausschußsitzung den Dank der S tadt für seine langjährige ersprießliche Wirksamkeit au s . Z u m O bm ann des geschäftsleitenden Vorstandes der S tad t verordneten wurde Professor D r. Robert G o lö sch m i t gewählt. N eu traten während des Berichtsjahres in den geschästsleitenden Vorstand ein Architekt A a rl A u g e n st e i n an Stelle des neugewählten O b m a n n s , K aufm ann Adolf W t l f e r , gewählt für den durch seine W ahl zum S tad tra t ausgeschiedenen Fabrikanten A . R u h , und Oberstistungsrat Rudolf F e tz e r an Stelle des nach Freiburg verzogenen Landgerichtspräsidenten (Emil F i e s e r .
Die durch den Tod des langjährigen Sparkassenverwalters Jo h a n n W örner erledigte Stelle eines V erw alters (Rechners) der städtischen S p ar- und Pfandleihkasse wurde vom S tad tra t m it Z u stimmung des Bürgerausschusses dem Revidenten beim Evangelischen Oberkirchenrate in K arlsruhe K arl K i r c h e r übertragen.
Der B ü r g e r a u s s c h u ß hatte im J a h re (898 9 Sitzungen ((8 9 7 : 7), in welchen über 75 ((8 9 7 : 6H) Gegenstände beraten wurde; Derselbe bewilligte die Verwendung von Anlehensmitteln*) für nachstehend verzeichnete Zwecke.
1. pochbauten: (. U m bau der städtischen Festhalle m it einem A ufw and von
2 7 0 2 0 0 Wik., sowie Verlegung des Z ugangs zum Stadtgarten und Herstellung eines Dienstwohngebäudes für den S tad tgarten einnehmer mit einem A ufw and von 2 ( 5 0 0 W k.
2. Errichtung einer T urnhalle m it M agazin für Feuerlösch gerätschaften bei dem Schulhaus am Leopoldsplatz m it einem Aufw and von 5 0 000 M k.
*) Die Bewilligung kleinerer Beträge unter \o ooo Mk. ist hier un berücksichtigt geblieben ; auch ist von der Auszählung der beschlossenen 5traßen- herstellungen mit Rücksicht auf die in Kapitel III folgende Übersicht über die 5 tragenbauten abgesehen.
— (0 —
5. (Erbauung eines Volksschulhauses mit Turnhalle und Dienerwohnung an der Kaiferallee auf dem ehemaligen Schuhen* platze mit *122 800 ZITf.
'f. Architektonische Ausgestaltung des K am ins für die D am pf kesselfeuerung des städtischen V ierordtsbades (vgl. Chronik für *89? S. (9) m it 17 000 ZNk.
5. Zlnlage einer Unterstation des städtischen Elektrizitätswerkes im D ierordtsbad m it 52 000 Zick.
II. Geländeankäufe: 6. E rw erbung des Geländes für den Sonntagplatz um den
p re is von 65*172 ZITf. 7. Geländeankauf zum Zwecke der Herstellung der Zufahrt*
straße nach dem Rheinhafen (Honfellftrafe) um den p re is von 77*1 *1*1 ZITf.
8. Ankauf einer 1 12 8*(7 Q uadratm eter großen Geländefläche im G ew ann M ittlerer See auf der Gemarkung Kniclingen um 1(3 317 Zick.
9. Ankauf von Gelände auf dem Gebiete der ehemaligen ©bftbaufchule von dem großh. D om änenärar um den P re is von 103<f22 ZITf.*)
III. Sonstiges: 10. Anlage des Rheinkanals und Rheinhafens, abgesehen
von den Hochbauten, m it 2 600 000 ZITf. und Erw erbung des erforderlichen Geländes m it 6(8*153 ZITf., bezw. um den im Zw angsenteignungsverfahren festzustellenden P re is (vgl. Chronik für (896 S . 36 f.).
11. Anlage eines ZITefPlatzes zwischen T iergarten und Beiert heimer Wäldchen m it einem A ufw and von 83 *(00 ZITf.
12. Herstellung des platzes vor der Festhalle m it einem A uf w and von 28 300 ZITf.
15. A usbau des städtischen Kanalsystems behufs E inführung der Schw em m fanalifation m it 1 (5 9 0 0 0 ZITf.
(*(. Bew illigung eines B eitrags zum N eubau eines chemischen L aboratorium s der technischen Hochschule in der Höhe von ( o o o o o ZITf.
*) Die Geländeankäufe zum ausschließlichen Zwecke der Entstellung von Drtsstraßen sind hier nicht berücksichtigt.
— u —
Weitere Beschlüsse des Bürgerausschusses betrafen:
sä. Die Errichtung eines Alädchengymnasiums (vgl. Kapitel IV).
s6. Die Anlage eines Elektrizitätswerkes.
s7. Die Umgestaltung des Hauptbahnhofes (vgl. K apitel VIII).
s8. Die Feststellung von Grundsätzen über die Anstellungs und Einkommensverhältnisse der städtischen Beam ten (Beam ten statut), im wesentlichen eine einheitlich geordnete Zusammenfassung aller vom Bürgerausschusse seit dem Z ahre 1889 gutgeheißenen Bestimmungen über diese Gegenstände.
19. Die Aufstellung von Grundsätzen für die O rdnung der Dienst- und Einkommensverhältnisse der städtischen Arbeiter (Arbeiterstatut). Diese Grundsätze enthalten Bestimmungen über die Einstellung der Arbeiter, über A rbeitslohn, Arbeitszeit, A rbeits ordnungen, Arbeiterausschüsse, den Arbeiterunterstützungsfonds, die sogenannten „ständigen" Arbeiter u. s. w. W ir heben einige dieser Bestimmungen hier heraus. A ls städtische Arbeiter sollen, soweit thunlich, nur gut beleumundete und gesunde Personen neu einge stellt werden, welche das 50. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben (§ I). Der Lohn derselben soll dem ortsüblichen W ert der ihnen obliegenden A rbeit zum mindesten entsprechen und, abge sehen von den A rbeitern , die aus Gründen der Armenpflege beschäftigt sind, keinesfalls geringer sein , a ls der nach § 8 des Reichskrankenversicherungsgesetzes festgesetzte ortsübliche T aglohn gewöhnlicher Tagarbeiter. Arbeiter, welche 5 J a h re im städtischen Dienst gestanden sind, erhalten bei befriedigender Führung eine jeweils nach N eujahr in einer Sum m e auszuzahlende Belohnung, welche für das 6. bis sO. Dienstjahr 80 Alk., für das ) ) . bis sä. s00 Alk. und für das s6. und die folgenden Dienstjahre säO Alk. beträgt (§ 6 und 7). Die regelmäßige Arbeitszeit soll je nach der Schwere der Arbeit auf 9 bis \ \ Stunden im T ag e festgesetzt werden. Zeder Arbeiter ist aber verpflichtet, auch über die regelmäßige Arbeitszeit h inaus zu arbeiten, wenn dies der Vorgesetzten Behörde aus besonderen Gründen notwendig erscheint; eine besondere Vergütung wird hierfür gewährt (§ ty— \3). Z u r Unterstützung des S tad tra ts bei Regelung der Arbeitsverhältnisse und zur Vertretung der Znteressen der städtischen Arbeiter werden
- \ 2 —
Arbeiterausschüsse gebildet (§ \5). A rbeiter, welche sO J a h re lang irn Dienste der S tad t gestanden sind und das 50. Lebensjahr vollendet haben, sollen, wenn ihre Dienstführung und ihr außer dienstliches Verhalten zufriedenstellend wa r , a ls ständige städtische A rbeiter angestellt werden und Anwartschaft auf Ruhegehalt für den F a ll ihrer Arbeitsunfähigkeit und auf Hinterbliebenenversorgung für den F a ll ihres Todes erhalten (§ 22— 2H . Bei Bemessung des Ruhegehaltes und der Hinterbliebenenversorgung wird der Zahresarbeitsverdienst zu Grunde gelegt, welchen der Arbeiter im Augenblick seiner Zuruhssetzung, bezw. seines Todes bezogen hat. Der Ruhegehalt beträgt für das K alenderjahr, in welchem die ständige Anstellung erfolgt, 40' Prozent des Zahresarbeitsverdienstes und steigt für jedes weitere K alenderjahr um \ P rozent, jedoch nicht über 70 Prozent. A n Hinterbliebenenversorgung wird Sterbe geld, W itwengeld und Waisengeld in verschiedener Abstufung gew ährt (§ 25— 52). Die Grundsätze gelten auch für Arbeiterinnen, jedoch m it der Beschränkung, daß die Kinder solcher bei Lebzeiten des V aters kein Waisengeld erhalten (§ 40). Die Grundsätze, insbesondere m it ihren zuletzt aufgeführten Bestimmungen über die ständigen Arbeiter, stellen sich als eine sozialpolitische Neuerung von bedeutender T ra g w e ite 'd a r , sie bilden zu gleicher Zeit aber auch in gewissem Sinne einen Abschluß jener Bestrebungen, welche auf die Fürsorge für die im Dienste der S tad t beschäftigten Personen gerichtet sind, und die schon früher in der Aufstellung von G rund sätzen über die Einkommensverhältnisse der städtischen Beamten jvgl. Thronik für f 8 9 1 5 . 14 ff.), sowie von solchen „über die G ew ährung von Zuschüssen zum gesetzlichen Einkommen der Lehrer und Lehrerinnen an den städtischen Volksschulen" (vgl. Thronik für I 890 5 . 54; fO und verschiedenen anderen Beschlüssen des Bürger- ausschuffes zum Ausdruck gekommen sind.
Von wichtigeren Verkäufen von städtischem Gelände erwähnen wir: 20. Den Verkauf von 2 000 Q uadratm eter Gelände im B an n
w ald an die Gesellschaft für B rauerei, Sp iritus- und Preßhefen fabrikation, vorm als G . S inner, in Grünwinkel um den P reis von 20 000 A lk .;
2 P von 5 0 0 0 Q uadratm eter Gelände im B annw ald an Generaldirektor Robert Sinner für 22 800 A lk .;
22.. von H 928 Q uadratm eter Gelände im B annw ald an Architekt Herm ann W älder um 39 H2^ M f . ;
23. von 7 000 Q uadratm eter Gelände im B annw ald an Fabrikant Georg W ittm er in Ettlingen um $2 000 B lk .;
2 f . von \6 7 ^ Q uadratm eter Gelände im B annw ald an die F irm a M aschinenfabrik vorm als £. N agel um lOO^ß'f B lk .;
25. von 2 ^00 Q uadratm eter Gelände im B annw ald an die Erzgießerei K arlsruhe, Peters und Beck, um s 6 800 B lk .;
26. von 3 000 Q uadratm eter Gelände im B annw ald an P riva tm ann W ilhelm Dieffenbacher in K arlsruhe um |8 sO O Blk.;
27. von 3 000 Q uadratm eter Gelände im B annw ald an Handelsmann M oses B aer um |8 000 Blk.
Beim B ü r g e r m ei ft er a m t waren 2258 Eivilprozefse anhängig ; von denselben wurden erledigt durch Abweisung der Klage 97, durch Verurteilung |2 3 2 , durch Vergleich 307, durch Klageverzicht 592.
Berufungen fanden 8 \ s ta tt; bei s8 wurde das Erkenntnis bestätigt, bei s6 abgeändert, wurden durch Vergleich erledigt, 22 durch Verzicht auf die Berufung.
Sühneversuche wurden ^39 vorgenom m en; bei 95 gelang die Sühne, bei 3 ^ m ißlang sie.
Zahlungsbefehle wurden 2058 erlassen, Vollstrecknngsbesehle 802, widersprochen wurden 33 s Zahlungsbefehle.
Beim S t a n d e s a m t wurden angemeldet 270s Geburten und s65s Todesfälle; Eheschließungen fanden ty57 statt*).
An Gebühren für Fertigung von Auszügen aus den S tandes registern kamen s5s3 Blk. 50 P fg . zur Erhebung, hierzu sei bemerkt, daß weitaus die M ehrzahl der gefertigten Registerauszüge (im J a h re s898 etwa 2000) für Behörden zu dienstlichen Zwecken oder für Kranken-, A lters- und Invaliditätsversicherungszwecke ausgestellt wurde und deshalb gebührenfrei w ar.
*) Dieselben verteilen sich auf die einzelnen Monate wie fo lg t: J a n u a r ............................ 45 J u l i ........................................ 9 4 F e b r u a r ............................ 39 A u g u st................................. ( 6 4 M ä r z .............................. 59 Septem ber..............................70 A p r i l ................................134 ( O k to b e r ............................137 M a i ....................................... 91 N ovem ber............................105 J u n i ..................................42 D ezem ber..............................57
— H —
Bei der s t ä d t i s c h e n M e l d e s t e l l e für Kranken-, In v a lid i- 1äts= und Altersversicherung gingen im J a h re (898 55 552 An m eldungen und 54 (62 Abmeldungen, zusammen 607 (4 Meldungen ein. Der stärkste M e ldetag w ar der 5. (Oktober m it 795 , der schwächste der (6 . Dezember m it 9? M eldungen. Durchschnittlich gingen 230 M eldungen am T age ein. S trafan träge wegen unter lassener bezw. verspäteter M eldungen wurden ( ( 53 gestellt, welche m it einem Gesam tstraf betrag von 826 M k. (7 P fg . rechtskräftig wurden. Q uittungskarten N r. ( wurden 3860 ausgestellt; 250 K arten wurden erneuert an Stelle verlorener; umgetauscht und an die Anstalt abgeliefert wurden 25484 K arten. Bewilligt wurden für K arlsruhe 67 In v a lid en - und 14 Altersrenten. Die höchste Invalidenren te betrug (59 M k. 60 P fg ., die niederste In v a lid en rente ( (5 M k. 20 p fg . Die höchste Altersrente betrug (9 ( M k. 40 p fg ., die niederste (06 M k. 80 P fg . A nträge auf Beitragsrück erstattung wurden infolge von Verehelichung 509, infolge Ablebens 25 gestellt.
Bei der s t ä d t i s c h e n A r b e i t e r v e r s i c h e r u n g s k o m m is s io n als Aufsichtsbehörde über die Krankenkassen gingen 2 7 Beschwerden und Klagen ein. Von 24 Beschwerden gegen Krankenkassen wurde ( dadurch erledigt, daß der Kassenvorstand den erhobenen Anspruch anerkannte;. 9 Beschwerden wurden zu Gunsten der Beschwerdeführer entschieden, (2 wurden abgewiesen und 2 von den Beschwerdeführern zurückgezogen. Bei 3 Klagen von Krankenkassen gegen Dritte erfolgte in 2 Fällen Verurteilung des Beklagten und in einem Falle leistete der Beklagte freiwillig .Zahlung. I n 2 Fälle» wurde beim Großherzoglichen V erw altungs gerichtshof Rekurs gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde erhoben; in einem Falle wurde die Entscheidung der Aufsichts behörde aufgehoben und in einem Falle die Berufung zurückgezogen.
D as G e w e r b e g e r i c h t w ar im Berichtsjahre nur als richterliche Behörde thätig. E s behandelte in 64 Sitzungen 620 Rechtsstreitigkeiten. Von denselben wurden 557 durch Urteil, 9 ? -durch Vergleich und 57 durch Zurücknahme der Klage entschieden; beruhen blieben (09 . I n den durch Urteil entschiedenen 357 Rechtsstreitigkeiten traten als K läger 4 ° Arbeitgeber und 3 (7 Arbeitnehmer aus. I m ganzen ergingen (57 Urteile ganz nach
— \ ö —
-ein A ntrag der K lage ; ganz abgewiesen wurde die Klage in \75 F ä lle n , teilweise in ^5. B ei den ^0 von Arbeitgebern erhobenen Klagen erging das Urteil in 29 Fällen ganz nach dem A ntrag der Klage, während in \ s Fällen die Klage ganz abgewiesen wurde. Von den 5 \7 von Arbeitnehmern erhobenen Klagen wurden J08 ganz nach dem K lageantrag entschieden, wurden ganz, 45 teilweise abgewiesen *).
D e r G r t s g e s u n d h e i t s r a t hatte im J a h re t 898 6 Sitzungen (\8ty7 gleichfalls 6), in welchen 89 Angelegenheiten zur Besprechung kamen.
Öffentliche W arnungen wurden erlassen: gegen C. B . F . Rosenthal in M ünchen, der sich zur
brieflichen Heilung von Nervenleiden bereit erklärte; 2. gegen D. M ah ler in V oorburg (Niederlande) und sein
angebliches Heilmittel bei Fallsucht, K räm pfen und Nervenleiden; 5. gegen Bezug des sogenannten GlektroWoltakreuzes, das von
M . Feith in B erlin a ls M itte l gegen Gicht, Neuralgie, Asthma und alle Arten anderer Krankheiten angepriesen w a r;
ch gegen schriftliche B eratung .des M agnetopathen Geo Schmidt hier;
5. gegen Dr. med. lsofbrueckl in M ünchen und Bezug feines angeblichen Heilmittels bei Lungenleiden;
6. gegen schriftliche B eratung des Leiters des Bildabades hier, W . 5 t. Kustermann, und Anwendung des von ihm angepriesenen sogenannten 5onnenätherstrahlapparates.
Ferner wurden in mehreren Fällen früher erlassene W arnungen wiederholt.
I n H Fällen wurde wegen unerlaubten Vertriebs von Arznei-
*) Die Gesamtzahl der im Ja h re (8 9 8 von dem großherzoglichen B e z i r k s a m t behandelten Anzeigen wegen innerhalb des Stadtbezirks begangener polizeilichen Übertretungen belief sich auf 9 9 8 5 mit ( 0 (88 An« gezeigten. Erledigt wurden die Anzeigen bei ( ( ( 9 Personen durch Einstellen des Verfahrens, bei 8 793 durch rechtskräftige bezirksamtliche Strafverfügung, bei ( ( durch Bestätigung der bezirksamtlichen Strafverfügung durch die höhere Polizeibehörde (großh. Landeskommissär) und bei (85 durch schöffengerichtliches Urteil, wobei (67 Personen verurteilt und (8 freigesxrochen wurden. Un erledigt blieben die Anzeigen gegen 80 Personen.
Die zuerkannten Strafen bestanden in 7788 Geldstrafen und ((83 lfaft- strafen.
— f6 —
Mitteln, die n u r in Apotheken feilgehalten werden dürfen, dein großh . Bezirksamt zum weiteren Einschreiten M itteilung gemacht.
I n f l weiteren Fällen, in welchen auf Veranlassung des O rtsgesundheitsrates eine Untersuchung angepriesener Heilmittel oder eine P rü fung empfohlener Heilsysteme stattfand, wurde das weitere Einschreiten eingestellt, bezw. die Veröffentlichung von W arnungen unterlassen.
Außerdem beschäftigten den O rtsgesundheitsrat eine Reihe von Fragen, welche in gesundheitlicher Einsicht für die S tad t von Bedeutung sind, so u. A . die M aßnahm en zur Beseitigung der gesundheitswidrigen Zustände, die sich aus der Beschaffenheit des Wassers der p r iv a t-P u m p b ru n n e n hiesiger S tad t ergeben, die M aßregeln zur Beseitigung der Rauchbelästigung, insbesondere zur Verminderung der im Bahnhofgebiet durch die Locomotiven der großh. Staatseisenbahn entstehenden Rauchbelästigung*), sowie in einer Reihe von Einzelfällen die bei Aufstellung von D am pf kesseln in hiesiger S tad t zur Verhütung der Rauchbelästigung zu treffenden M aß n ah m en , die Verwendung von Koks und G a s als Feuerungsm aterial int Bäckereibetriebe, die Perstellung von Uindertmlch nach dem Verfahren des Professors D r. Backhaus und Zulassung dieses V erfahrens in der der Kontrolle des O r ts gesundheitsrats unterstehenden Birkenmeier'schen M ilchkuranstalt, die Trichinenschau, die E rhöhung der Gebühren für dieselbe, die Verlegung der Freibank in den Schlachthof und die Aufstellung
Die durch Bestrafung erledigten Anzeigen unterschieden sich in den einzelnen Arten wie folgt:
Vrdnungspolizei m u , Sittenpolizei H8tz Gesundheitspolizei 3 ^4 , Feuer polizei 2 0 , Baupolizei z3 1 , Wasser- und Straßenpolizei 2736 , Handels- und Gewerbepolizei s ö l , Feld- und Gemarkungspolizei 3 , Fischereipolizei 4, Eigentumsfrevel \ I, sonstige Uebertretungen \7 6 .
Die Z ahl der vom A m t s g e r i c h t erlassenen Zahlungsbefehle betrug 3^50, die der vollstreckungsbefehle \ 3 z3, die der verlangten Fahrnispfändungen 4 0 6 , die der vollzogenen Liegenschaftsvollstreckungen (3 , Sie der eröffneten Konkurse \8 , und die der aufgenommenen Wechselproteste 2630.
*) Hierzu sei bemerkt, daß die Generaldirektion der großherzoglichen Staatseisenbahnen den in dieser Beziehung geltend gemachten Wünschen in zuvorkommendster weise entsprach und mit dem Beginne des Jah res ( 8 9 9 für die im Empfangsgebäude des Bahnhofes stationierten Lokomotiven trotz der damit verbundenen bedeutenden Mehrkosten die Anfeuerung mit Koks anordnte, wodurch wenn auch keine vollständige Rauchlosigkeit, so doch wenigstens eine wesentliche Verminderung der Rauchentwicklung erzielt wurde.
eines Fleischdämpfers daselbst, die Abänderung der Freibankord nung und die Erlassung einer Betriebsordnung für die Freibank, die Fleischschauordnung und die Dienstweisung für die Fleisch beschauer, die Konservierung eingeführten amerikanischen Schweinefleischs
m it B orsäure, die erste Pilseleistung bei Unglücksfällen durch die Schutzmannschaft und die A usrüstung der Polizeistationen m it T rag b ah ren , Verbandkästen und dergl., die Vornahm e von Form alin-D esinfektionen, die häufigere Herbeiführung von D esin fektionen in Wohnungen, in welchen sich an ansteckenden K rank heiten leidende Personen aufgehalten haben, insbesondere auch bei der Tuberkulose, der Verkauf von nicht genügend ausgereiftem Obst und von Speiseschwämmen auf dem Wochenmarkt, das von der S tadt Durlach ausgehende Projekt der B ebauung einer G elände fläche im Durlacher W ald beim Rangierbahnhof und beim städtischen Wasserwerk, der N eubau eines städtischen Kranken hauses, die A usw ahl eines geeigneten B au-G eländes hierfür, die Einrichtung und Leitung der K urabteilung im städtischen V ierordts- bad u. a. m.
Bei der Centralftation der städtischen T e l e p h o n - u n d F e u e r a l a r m a n l ä g e wurden im J a h re \898 20 B rände gemeldet, darunter ein ausw ärtiger. E inen größeren U m fang nahm nur ein B rand a n , derjenige welcher in der Frühe des 2s. J a n u a r innerhalb weniger Stunden die ausgedehnten F abrik gebäude der „ K a r l s r u h e r w e r k z e u g - M a s c h i n e n f a b r i k v o r m . G s c h w i n d t u n d C o ." an der Ecke der Ritterstraße und Gartenstraße vollständig in Asche legte. Uber die F rage, ob die Fabrik an der alten Stelle wieder ausgebaut werden oder aber die Stadtgemeinde durch Ankauf des Geländes eine Verlegung derselben nach einem der Außenbezirke der S tad t herbeiführen solle, erhob sich innerhalb der Bürgerschaft ein lebhafter M einungs austausch. D a das letztere nur unter schweren O pfern von der S tadt hätte erreicht werden können, sah m an sich genötigt, von der A usführung dieses p lan es Abstand zu nehmen.
2
III.
Bauliche Entwicklung der Stadt.
|tt den Gemarkungs-Verhältnissen der S tab t K a r l s r u h e ist im J a h r e 1898 eine Veränderung nicht eingetreten.
D as städtische S traßen- und Kanalnetz erfuhr im Berichts jahre folgende Erw eiterungen:
Die im J a h r 1896 begonnenen Straßenbauten — B a n n w a l d a l l e e zwischen Keßlerstraße und Schotterstraße, Schotter straße einschließlich Herstellung eines Lagerplatzes — wurden im 3 a h re 1898 fertiggestellt, ebenso die im J a h re 1897 begonnenen B auten der S e e p r o m e n a d e und der M i t t e r m a i e r s t r a ß e .
F ü r 28 Straßenstrecken erfolgten im Berichtsjahre die A u s führungsbew illigungen; von denselben kamen bis zum Schluffe des 3 ahres ‘k Zur A usführung.
Die nachstehenden Tabellen bieten eine Übersicht der S traßen bauten.
S tadtrat Fr. Ludwig. Gest. 1898.
Nach eiuer Photographie.
— 19 —
Ä. I n früheren Jah ren begonnene, im Jah re 1898 vollendete B au ten :
Bezeichnung der
Straßenstrecken.
vom Biir- Bewil Aufwand Des Baues gerausschuß genehmigt
am
ligter B auauf
wand M. I 4
<898 Jli. |
ganzen
,M. |
Beginn Voll
endung
B a n n w a l d a l l e e zw. Keßlerstraße und Schotterstraße 12. Mai 23 900 4 012 95 18 987 26 Sept. 1896 Okt. 1898
S ch o t t e r s t r a ß e , einschl. Herstellung eines Lagerplatzes
S e e p r o m e n a d e zw. Mittermaier- straßeu.Neuertveg
1896
7. © ft. 1896 31 664 11 878 92 33 833 63 Febr. 1897
M i t t e r m a i e r - s t r a ße . . . . 6 080 11 89 4 904 47 März 1897 Juni 1898
60 644 - 15 903 76 57 725 36
b. Im Jahre 1898 begonnene und vollendete Bauten:
Bezeichnung vom B ü r gerausschuß
bewilligt am
B ew il ligter Gesamt
Des B aues
der Straßenstrecken
B auau f wand M. |4
aufwand
M. 14
Beginn Vollendung
S e e p r o m e n a d e zw. Lttlingerstraße und Mittermaier- straße . . . . 13. Ju li 1897 18 956 19 271 76 J a n . 1898 Novbr.1898
«Goethes t raße zw. Schillerstraße und Körnerstraße . . 10. Iau .1898 5 405 42 5 093 10 Febr. 1898 Aug. 1898
P a r k s t r a ß e . . 7. März 1898 57 980 — 57 683 19 M ai 1898 Nov. 1898 L d e l s h e i ms t raße „ „ „ 2 900 — 2 817 70 ir 11 Sept. 1898
K o r n b l u m e n - s t r a ß e . . . . 3 400 3 282 85 Nov. 1898
E i f e n l o h r s t r a ß e u. K r i e g ft r a g e , Anschlußstrecken . 4 403 40 4 300 23
• 93 044 82 92 448 83 2 *
c. I n früheren Jah ren begonnene, noch nicht vollendete Bauten:
Bezeichnung der
Straßenstrecken
Dom B ürger ausschuß ge nehmigt am
Bewilligter L anauf
wand
vA. | $1
Aufwand im Jah re
(898
M. | S,
Beginn des
Baues
h i ! d a p r o IN c n a d e zwischen Kaiserallee u. Hertzstraße . . . . 12. Febr. 1897 13 842 5196 05 M ai 1897
H ertz st r a ß e nördl. d. Friedrich-Schulhauses . ................. 5 842 — — —
G r a s h o f st r a ß e nördl. d. Friedr.-Schulhauses 2 335 — — —
h e l in h o l tz st r a ß e zw. Grashofstraße u. Hertzstraße . . . . 3 997
K r i e g st r a ß e zwischen Schillerstraße und Schwiiiiinschiilstraße . 7. M ai 1897 51 524 38 538 23 Ju n i 1897
K ö r n e r s t r a ß e zw. Weinbrennerstraße u. Kriegstraße . . . . 1 682 966 56 Aug. 1897
B u n se ii st r a ß e zw. Weinbrennerstraße u. Lisenlohrstraße. . . 11 744 9 761 37 Dez. 1897
E i s e n l o h r s t r a ß e zw. Kriegstraße und Bunscnstraße . '. . 13 689 8 675 23 Nov. 1897
h i r s c h s t r a ß e zwischen Klanprerbtstraße und Geniarkungsgrenze . 15. Ju l i 1897 29 436 17 717 92 Dez. 1897
134 091 80 855 36
d. Im Jahre 1898 begonnene, noch nicht vollendete Bauten.
Bezeichnung der
Straße» strecken
vom Bürger ausschuß be- willigt am
Bewilligter B auauf
wand
Aufwand im Jah re
1898
tJC | -vZ
Beginn des
B aues
V e r b r e i t e r u n g der R r i e g s t r a ß e u n d K r o n e n s t raße bei in e h e ma l . F r i e d r i c h s t h o r , V e r s t e l l u n g e i ne r ö f f e n t l i c h e n A n l a g e a u f d e in e h e m a l i g e n i s r a e l i t i schen F r i e d Hofe 13. Ju li 1897 6 000 258 20 Nov. 1898 I o l l y st r a ß e • . . 12. Nov. 1897 22 584 70 19 621 69 J a n . 1898
L u i s e n st r a ß c ztv. lNorgenstraße und Schcrrstraße . . . . 5 460 3 782 95 Febr. 1898
R a n k e s t r a ß e zwischen Riippurcrstraße und Scherrstraße . . . . 15 730 11 663 29
A u g a r t e n s t r a ß e zw. Rüppurerstraße und Morgenstraße . . . 10 578 5 925 03
M o r g e u st r a ß e zwischen Rankestraße und Augartenstraße . 7 152 4 872 29
Schcr r s t r aße zwischen Rankestraße u. Luisen straße .......................... 9 910 1883 11
G r ü n w i ii k e l e r - s t r a f e zwischen Lager straße und Lohnstraße 4 654 4 581 65 J a n . 1898
L a g e r st r a ß e zwischen Grünwinkelerstraße und Arbeitstraße . . 5 784 5 444 44 Ju n i 1898
A r b e i t st r a ß e zw. Bannwaldallee und Lohnstraße . . . . 10 092 8 558 17
Übertrag . . . 97 944 70 66 590 82
i
92
Bezeichnung der
Straßenstrecken
vom B ürger ausschuß ge nehmigt am
Bewilligter B auauf
wand
tJh t ^
Aufwand im Jah re
1898
j -V̂
Des Baues Beginn
Übertrag . . . / 97 944 70 66 590 82
L o h n s t r a ß e zwischen Grünwinkeierstraße und Arbeitstraße . . 12. Nov. 1897 6168 5 627 57 Ju n i 1898
R a n k e s t r a ß e zwischen Scherrstraße u. Sybel- s t r a ß e ........................... 29. April 1898 5 284 629 91 Aug. 1898.
S c h e r r s t r a ße zwischen Rankestraße und Augartenstraßc . . . 7 562 10 4 354 78
A u g a r t e n st r a ß e zwischen Morgenstraße und. Scherrstraße . . 5 014 56 2 905 04
L o h n st r a ß e längs des Malderschen Grundstücks . . . 14. April 1898 7 500 2 315 25 Sept. 1898
G e w e r b e st r a ß e, einschließlich der süd lichen Verbindungs strecke zw. Gewerbe straße und Lohnstraße 9 400 258 99
S ü d e n d st r a ß e zw. ksirschstraße u. Boeckh- straße ........................... 15. Itili 1898 20 640 2 416 20
S o p h ie n s tra ß e zw. Schillerstraße und Körnerstraße . . . 24. Okt. 1898 26112 49 864 90 1898
Koch st r a ß e zwischen Kaiserallee und kselm- holtzstraße . . . . 9. Aug. 1898 6794 3 097 23 Nov. 1898
ksel inhol t zst raße zw. Kochstraße und bsertz- s t ra ß e ........................... 5 000 2 306 82
Übertrag . . . 197 419 85 91 367 51
— 23 —
Bezeichnung der
Dom Bürger, ausschuß be
Bewilligter Bauauf-
Aufwand im J a h r Des B aues
Straßenstrecken willigt am wand 1898 Beginn
JL je. J L
Übertrag . . . 197 419 85 91 367 51
G o e t h e s t r aße zw. k örnerstraße und der westlichen Grenze des Schützenplatzes . . . 20. Sept. 1898 6 382 01 1 80 Nov. 1898
B a n n w a l d a l l e e zwischen Benstraße und ksardtftraße . . . . „ 38100 — 15 — Dez. 1898
Li s t s t r a ß e - zwischen theustraße und B ann . waldallee . . . . „ 15 000 — 1448 67 N or. 1898
A o h l e n s t r a ß e . . „ „ „ 5 000 — 414 96 Dez. 1898
jdut l i t zs t raße zwischen Boeckhstraße und Brauerstraße . . . 24. © ft. 1898 10 511 01 2 40 "
H u m b o l d t s t r a ß e 14. April 1898 12. N or. 1897 59 757 38 18 043 51 Aue. 1898
R i n t h e i m e r s t r a ß e zw. Anwesen N r. 2 und ksuinboldtstraße . 4 700 — 1134 92' N or. 1898
I n d u s t r i e b a h n II ii 87 000 — 1251 20 Aug. 1898
Ro t t e c k s t r a ße . . 14. Ju n i 1898 7 400 — 712 50 „ „
S c h wa r z wa l d s t r a ß e u n d n e u e r M e ß platz .......................... 20 Sept. 1898 22 350 — 902 34 Dez. 1898
453 620 25 115 294 81
Größere Umpflasterungen wurden im J a h r sSßS vorgenommen in der Luisenstraße zwischen Ettlingerstraße und Rüppurerstraße mit einer Fläche von 3706 Q uadratm etern und in der Sophien» straße zwischen Aarlstraße und der höheren Mädchenschule mit einer Fläche von s \05 Q uadratm etern. Beide Straßenstrecken waren Schotterstraßen und erhielten M elaphyrpflaster mit Gestück» fundament.
K analbauten wurden im J a h re folgende fertiggestellt:
B ew il ligter
B auauf wand
I m Jah re 1898 ausgeführt Oes Baues
Dom Bürger ausschuß
genehmigt am
Straßen« Schachte Gesamt-
kancile verschie-
Lichtweiten
Schieber verschie
bt rt
Straßen sink kasten
Ieituug.en Zltifmaiib
Beginn Vollendung
M. lfd. Meter Stück Stück lfd. Meter M.
ZZ e n g r a b e it . . . . 29. Ju li 1895 300 000 4361.84 42 5 61.15 278 601 59 Mk'. 1895 Ana. 1898
H ertz st r a ß e . . . . G r a s h o f s t r a ß e . . .
H i l d a x r o m e n a d e . . 12. Febr. 1897 12 300
51.32 37.87 1587
■ 47
J Sept. 1898 Sept. 1898
H e l i n h 0 l t z s t r aße . .. S t r o t z e n i m G r o ß -
h e r r e n f e l d . . . .
A r i e g s t r a ß e . . . . 588.39 12 31 164.51
K ö r n e r st r a ß e . . . 7. Mai 1897 59 3Ö0 2 31.55
B u n s e n st r a ß e . . . 278.31 3 8 31.67 40 594 52 Ju n i 1897
X000
(Eise ii tot ; r st r at ze . . 192.81 2 12 54.95
Z De l t z i e n s t r a ß e 193.94 2
I o l l y s t r a ß e . . . . 12. ZIoi'. 1897 25 700 363.93 4 10 47.20 11 962 73 März 1898 Dez. 1898
Übertrag . . . 397 300 6068.41 65 68 391.03 332 746 31
Übertrag . . . 397 300 6068.41 65 68 391.03 332 746 31
S e e p r o m e u a b e zw. Lttlingerstraße 11. lliitter maierstraße . . . . . 13. 3 'iti 1897 9 000 246.79 2 8 19.80 7 795 77 Za». 1898 Dez. 1898
L u i s e n s t r a ß e zwischen Morgenstraße und Lcherr- straße ................................ 78.71 1 2
R a n k e st r a ß e zwischen Rüppurerstraße und Scherrstraße..................... 280.18 5 10
A u g a r t e n st r a ß e zw. Rnppurerstraße und Morgenstraße . . . .
12. N or. 1897 28 973 191.33 2 6
119.67 27 703 43 Jan . 1898 N or. 1898
M o r g e n st r a ß e zwischen Rankestraße u. Augarten straße ................................ 105.06 2 4
S c b e r r s t r a ß e zwischen Luisenstraße und Ranke straße ................................. 119.67 2 6
H u i n b o l d t s t r a ß e . . 348.88 5 16 ■ R i n t h c i in e r str a ß e
zwischen Anwesen N r. 2 und Kuinboldtstraße . .
12. N or. 1897 31 000
358.42 3 12
.138.10 25 259 53 > I i 1898 N or. 1898
Übertrag . . . 466 273 7797.45 ' 87 132 668.60 393 505 04
A analbauten wurden im 3<chre (898 folgende fertiggestellt: (Schluß).
Bewil ligter
Bauauf wand
3 m 3astrc 1898 ausgcführt Oes B aues
Dom B ürger Straß.'n- Schachte (Besamt- Aufwand
ausschuß genehnngt
am
kanäle verschie-
Lichtweite
und Schieber verschie-
Art
Straßen sink kasten leitungeil Beginn Vollendung
JL lfd. Meter Stück Stück sd. Meter JL
Übertrag . . . 466 273 7 7 9 7 .4 5 87 132 668.60 393 505 04
G r ü i i w i n k e l e r s t r a ß e südlicher Teil . . . . 253.41 3 10
S a g erst r a g e zwischen Grünwinkelerstraße und A rbeitstraße..................... 12. B or. 1897 18 700 140.06 2 4 . 126.00 18 605 83 lltai 1898 Nor. 1898
A r b e i t st r a ß e zwischen Bannwaldallee 11. Lohn- s t ra ß c ................................ 95.27 2 8
k o h n s t r a ß e . . . . 75.68 4
G o e t h e st r a ß e zwischen Schillerstraße und Körner« straße ................................ 10. gar . 1898 4103 150.07 1 4 161 April 1898 3»tii 1898
Übertrag . . . 489 073 8511.94 95 158 794.60 416 271 87
Übertrag . .
P a r k s t r a ß e . . .
E d e l s h e i i n s t r a ß e .
K o r n b l u m e n s t r a ß e
R a n k e s t r a ß e zwischen Scherrstraße und Sybel- straße ................................
S c h e r r s t r a ß e zwischen Rankestraße u. Augarten straße ................................
A u g a r t e n s t r a ß e zw. Morgenstraße und Schert- s tra ß e ................................. ,
Ko c h s t r a ß e zwischen Kaiserallee und lselm h o ltz s t ra ß e .....................
ks e l m h o ltz s tra ß e zw. Kochstraße und bsertzstraße
p n t l i t z s t r a ß e , B r a u e r - s t r aße, P o r h y l z s t r a ß e
7. M an 1898
29. April 1898
9. Aug. 1898
24. ©ff. 1898
489 073
16 600
10 900
4 700
20 750
542 023
8511.94
390.15
59.46
70.52
82.81
114.88
91.92
104.10
245.25
9671.03
95 158 794.60 416 271 87
5 10 ' 1 2 129.98 15 282 75 März 1898 Nov. 1898
1 2
1 2
1 4 36.72 10 084 76 M ai 1898 Dez. 1898
2 4
2 4 15.35 4 608 51 Rov. 1898 Dez. 1898
3 8 25.50 8 455 94 Dez. 1898 De-. 1898 111 194 1002.15 454 703 83
w «Nj
— 28 —
Die Gesam tlänge des städtischen k analnetzes betrug mit Einschluß dieser Neuherstellungen am Schluffe des Wahres f898
76 626 M eter mit 855 k ontroll- und S pü lschachten und \ 759 Straßensinkkasten.
Der Ersatz der Straßen- und k analkosten erfolgt durch die Angrenzer nach den bestehenden Bestimmungen.
N am en erhielten im Berichtsjahre folgende Straßen und P lätze:
in der o s ts ta d t der Schwalbenweg, die M alzstraße; in der S ü d s t a d t die Treitschkestraße , Schwarzwaldstraße,
päusserstraße 2), IDelekerstraße 3j, k reutzerstraße ch; in der S ü d w e s ts ta d t die Fröbelstraße 5;, Devrientstraße
Schwindstraße 7), Lenzstraße; in der W e st st a d t die honsellstraße 8), Sternstraße, Vogesen-Straße , Sonnenstraße, Fliederstraße, Fliederplatz, G lüm erstraße9),
G eibelftrasze 10j, M ozartstraße Weberstraße 12), Beethoven straße " ) , h ay dnstraße 14J, V irchowstraße K ochstraße 16) ;
beim W e s t b a h n h o f die Liststraße 17j.
9 H e in r ich v o n Trei tschke, ( 8 3 4 — >8 9 6 , Geschichtsschre iber.
2) Ludwig Häusser, ( 8 ( 8 — ( 8 6 7 , Geschichtsschreiber. s) K art Theodor welcker, ( 7 9 0 — ( 8 6 9 , Publizist und Rechtslehrer. 4) K o n r a d i u K reu tze r , ( 7 8 0 — ( 8 ^ 9 , K o m p o n is t .
5) F r ied r ich F r ö b e l , ( 7 8 2 — (8 5 2 , P ä d a g o g u n d B e g r ü n d e r de r K in d e r -
g ä r t e n . ®) Philipp Eduard Devrieut, ( 8 0 ( — (8 7 7 , Dramaturg, ( 8 5 ( — ( 8 6 9 Direktor
des großhorzoglichen Hoftheaters. ’) M ori tz v o n S c h w in d , ( 8 0 -(— ( 8 7 ( , M a l e r .
8) M a x H onse l l , geb. >8-(Z, G b e r b a u d i r e k t o r in K a r l s r u h e , h e r v o r r a g e n d e r
w a s s e r b a u t e c h n ik e r . ®) Adolf von Glümer, ( 8 ( - — ( 8 9 6 , p reuß ische r General, im K r i e g e ( 8 7 o / 7 (
. F ü h r e r de r badischen Division. *') Lmanuel Geibel, (8 (5— (88-(, Dichter. u ) Wolfgang Amadeus Mozart, ( 7 5 6 — ( 7 9 ( . 12) Karl M aria von Weber, ( 7 8 6 — (8 2 6 . 13) L u d w ig v a n B e e t h o v e n , ( 7 7 0 — (8 2 7 .
“ ) J o s e p h H a y d n , ( 7 3 2 — ( 8 0 9 . 15) R u d o l f v i r c h o w , geb . ( 8 2 (, pa tho log ische r Ana to>n u n d A n th r o p o lo g . 16) Robert Koch, geb. (8H3, Arzt und Bakteriolog. " ) Friedrich List, (789— (8-(6, Nationalökonom.
— 29 -
5.
Dom städtischen H o c h b a u a m t wurden im Berichtsjahre folgende B auten ausgeführt:
A uf dein städtischen Gelände im B a n n w a l d wurden d r e i A r b e i t e r w o h n h ä u s e r m it zusammen 20 W ohnungen errichtet. M it dem B au der Häuser wurde im F rü h jah r begonnen; am V Oktober konnten dieselben bezogen werden.
Die im Vorjahre begonnenen Neubauten für z we i A r b e i t e r - w o h n H ä u s e r in der S o p h i e n s t r a ß e N r . 7 5 m it je 5 W ohn ungen wurden im Berichtsjahre vollendet und am l. Oktober bezogen.
j m Stadtgarten wurde im Frühjahre bei der Hilfspump« station der B au eines D i e n st W o h n g e b ä u d e s für den O ber ausseher und den O bergärtner mit 2 W ohnungen begonnen unb im S p ä tjah r zum Bezug vollendet.
D as F e u e r l ö s c h g e r ä t e m a g a z i n in der Nebeniusstraße wurde im S pä tjah r fertiggestellt.
3 « der F e s t h a l l e wurden im B etriebsjahre umfassende bauliche Veränderungen und Herstellungen vorgenom m en, durch welche eine größere Sicherheit gegen Feuersgefahr geschaffen wurde. Eine im F rüh jahr bald nach dem großen Brandunglück in dem W ohlthätigkeitsbazar in P a r is von einer 'Kommission des S tad t ra ts vorgenommene Untersuchung der Halle hatte in dieser Beziehung ein wenig günstiges E rgebnis gehabt. Zahlreiche Tuchvorhänge, auf Leinwand gemalte und in Rahm en aufgespannte Dekorationen, Tuchstramine, m it denen die Oberlichter abgeschlossen waren, und dergleichen schlossen eine große Feuersgefahr in sich, die noch dadurch vermehrt w urde, daß auch die W ohnung des W irtes und die Schlafräume des W irtschaftspersonals, sowie die Wirtschaftsküche im H auptbau untergebracht waren. N unm ehr wurden alle jene feuergefährlichen Stoffe, soweit es irgendwie angängig w ar, durch Eisen, Blech, G la s u. f. w. ersetzt. Auch wurde um eine rasche Entleerung der m it Menschen gefüllten Halle zu ermöglichen, die Z ah l der Eingänge vermehrt und zwei besondere Steintreppen erbaut, welche von der oberen Galerie direkt ins Freie führen. Durch Ausstellung von Tischen und andere Einrichtungen wurde
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-außerdem bewirkt, daß eben diese obere Galerie, auf welcher sich vordem bei besonderen Gelegenheiten bisweilen gegen 2 000 Menschen zusam m engedrängt hatten, in Zukunst nicht mehr a ls s 000 Menschen fassen kann. Auch wurde die Palle m it elektrischer Beleuchtung und m it Zentralheizung versehen.
Durch Erstellung eines besonderen, zweistöckigen W i r t - s c h a s t s g e b ä u d e s wurden die W ohnung des W irts, die Schlaf» räum e des Personals und die Wirtschaftsküche m it ihren Neben» räum en au s der Festhalle entfernt und außerdem für die zu Garderobezwecken umgebaute Weinstube Ersatz geschaffen.
M it den B auarbeiten wurde im Z um begonnen; dieselben wurden derart gefördert, daß am Dezember das erste Konzert im großen Saale stattfinden konnte.
Auch das an der Westseite der Festhalle errichtete Di e n s t - w o h n g e b ä u d e f ü r d e n S t a d t g a r t e n - E i n n e h m e r ist im laufenden J a h r e im R ohbau vollendet worden.
M it dem U m b a u d e s st ä d t i s ch e n D i e r o r d t s b a d e s , sowie m it der E r b a u u n g e i n e r S c h w i m m h a l l e daselbst wurde im August begonnen und die Arbeiten im R ohbau fertig» gestellt.
Der B a u eines M ä d c h e n f c h u l h a u s e s auf dem ehemaligen Schützenplatze an der Kaiserallee wurde im M o n a t September begonnen und die Fundation bis Sockelunterkante fertiggestellt.
A m Mendelssohnplatz (ehemal. Friedrichsthor) wurde mit der E rbauung einer P o l i z e i s t a t i o n , sowie eines D e r b r a u c h s » f t e u e r e r h e b e r h ä u s c h e n s m it öffentlichem A bort und Brücken wage irrt F rü h jah r begonnen. Dieselben wurden noch im Laufe des J a h re s im R ohbau vollendet.
Don größeren n ic h t s t ä d t i s c h e n ö f f e n t l i c h e n B a u t e n , welche im B etriebsjahre vollendet oder ihrer Dollendung entgegen geführt wurden, erwähnen w ir das neue W aisenhaus int Stadtteil M üh lbu rg , die katholische Notkirche in der Goethestraße, einen Atelierbau in der poffstraße, das chemisch-technische In stitu t der technischen pochschule, die Gebäude für die elektrische Anstalt und den A ulabau der technischen Hochschule, den G efängnisneubau im großherzoglichen Bezirksanttsgebäude und einen A nbau im Finanz ministerium. Tüchtig gefördert wurden d! evangelische Kirche
vor dein M ühlburger T h o r und die katholische vor dem Durlacher Thor, ebenso auch der umfangreiche Reichspostneubau.
Die p r i v a t e B a u t h ä t i g k c i t w ar im Berichtsjahre wiederum eine außerordentlich rege; sie übertraf noch diejenige des J a h re s \ 89” , welche die stärkste seit dem Bestehen der S tad t gewesen w ar. L s wurden neu erbaut (60 Vorderhäuser und 52 selbständige Hinter- und Seitengebäude m it zusammen 9 l 8 M ahnungen ((8 9 7 : (^6, bezw. 55 m it 905 M ohnungen). Durch den Abbruch von Häusern kamen 22 M ohnungen in W egfall ( ( 8 9 ? : (H , so daß ein reiner Zuw achs von 896 M ohnungen zu verzeichnen ist ((897 : 889). Von den W ohnungen hatten (8 je ein Zim m er, 520 je zwei, 36s drei, (27 vier, 85 fünf , 56 sechs, 5s sieben und 20 acht und mehr. M a s die Baudichtigkeit anbetrifft, fo ist zu bemerken, daß bei 76 56s Q uadratm eter B a u gelände $2 95 s Q uadratm eter oder etwas mehr a ls die Hälfte der betreffenden Grundstückflächen überbaut wurden. 59 M ohn gebäude (gegen 27 im J a h r e (89?) wurden im Gebiete der offenen Bauweise erbaut, darunter s6 an geschlossenen S traßen zügen im offenen Baugebiet. (Vgl. auch Beiträge zur Statistik der S tad t K arlsruhe. N r. 5. Statistischer Jahresberich t für (898. K arlsruhe (899- 5 . XII ff. und S . (6 ff.)
A m s. M ärz des Berichtsjahres tra t eine neue s t äd t i s che B a u o r d n u n g in K raft. Durch dieselbe wurde u. a. die Gem arkung der S tad t in vier Bauzonen eingeteilt, für welche von einander abweichende Bestimmungen hinsichtlich der gestatteten Gebäudehöhe, der Stockwerkzahl, des M aß es der zulässigen Bebauung (Hofgröße), der Mohnungsdichtigkeit, der Abstände der Fensterwände von den N achbarhäusern u. s. w. Geltung haben.
IV.
Schule und Kunst.
1. Schulen. städtische A ufw and für die Schulen betrug im J a h re
M * v 1898 855 809 A lf. (gegen 8 0 ^ 3 3 ^ A lf. im J a h re 189?). Don dieser Sum m e sind 27 \ 077 A lf, a ls Alietwert der städtischen Schulgebäude nebst In v e n ta r a ls durchlaufender Posten zu betrachten, da sie in (Einnahme und Ausgabe ro rfo m m en ; dieselben erscheinen a ls die Zinsen der für die bezeichneten Zwecke verwandten Kapitalien. $26 880 A lf. 8H P fg . betrug der Barzuschuß für die Dolfsfchulen, 35 910 A lf. 89 P fg . der zur Kaffe des Realgym nasiums, 80 f30 A lf. 58 p fg . der zu der Kaffe der beiden Real schulen und 3(( 760 A lf. \2 P fg . derjenige zur Kaffe der höheren Mädchenschule. Außerdem wurden noch Zuschüsse in verschiedener pöhe für die Gewerbeschule, die fausmännische Fortbildungsschule, die Allgemeine A lusifbildungsanstalt, das Konservatorium für A lu sif, die Alalerinnenschule, die beiden Frauenarbeitsschulen in der S tad t und im Stadtteil A lüh lbu rg , sowie an die Kochschule des badischen Frauenvereins gewährt.
Die Frequenz der hiesigen Schulen hat sich im Schuljahre 1897/98 im großen und ganzen auf der pöhe derjenigen des vorhergehenden J a h re s gehalten. Aber (Einzelheiten vergleiche m an die Zusammenstellung in Beilage I.
Die Z a h l der Schüler in den dem R eftorat unterstellten s t ä d t i s c h e n S c h u l e n hat sich gegen das vorhergehende J a h r
Professor E. Herr. Gest. 1898. .Z u S . 90.)
Nach einer Photographie von (D. Sucf in Karlsruhe.
um 28^ verm ehrt; sie betrug am Schluffe des Schuljahres 9 f 6 8 gegen 888^ am Ende des Schuljahres \ 896/97.
K n a b e n h a n d f e r t i g k e i t s u n t e r r i c h t wurde in 3 Werk stätten an rund 260 Schüler erteilt; an der städtischen S c h ü l e r k a p e l l e beteiligten sich in 4 Abteilungen 76 Schüler; in der H a u s h a l t u n g - - u n d K o c h s c h u l e wurden etwa 440 Schülerinnen in 18 K lassen unterwiesen.
I m J u n i des Berichtsjahres waren fünfundzwanzig J a h re verflossen feit dem Dienstantritte des Rektors der städtischen Schulen, Stadtschulrats Gustav S p e c h t . A us diesem Anlasse begaben sich am V orm ittag des \ V J u n i Oberbürgermeister Schneller, Bürgermeister Siegrist und die S tadträte Boeckh und W illiard in die W ohnung des G enannten, um ihm den Dank der S tad t für feine langjährigen ersprießlichen Dienste auszusprechen. A m Abend veranstaltete die Lehrerschaft der dem Rektorat unter stehenden Schulen im kleinen Saale der Festhalle eine Festfeier, der außer der Fam ilie des J u b ila rs Vertreter staatlicher, städtischer und kirchlicher Behörden beiwohnten und bei welcher Hauptlehrer Stehlin in der Festrede einen Aberblick über die Entwickelung des städtischen Volksschulwesens in den rückliegenden fünfundzwanzig Jahren gab.
Wie bisher wurden auch im Berichtsjahre wiederum fort laufende Auszeichnungen über s t r a f b a r e H a n d l u n g e n und sonstige grobe O rdnungswidrigkeiten von Schülern der städtischen Anstalten gemacht. Nach denselben kamen in den V o l k s s c h u l e n eine polizeiliche Bestrafung (wegen Übertretung der Fahrradordnung) und eine gerichtliche (wegen Unterschlagung) vor. S c h u l s t r a f e n wurden 88 erkannt und zwar f9 wegen Entw endung und Unter schlagung, s6 wegen Sachbeschädigung und sonstiger E igentum s vergehen, \ wegen Schlägerei, 3 wegen unzüchtiger Handlungen,
wegen groben' Unfugs und Ruhestörung und 5 wegen Feld- und Holzfrevel. 83 Strafen trafen Knaben und 5 M ädchen. I n der K n a b e n Vo r s c h u l e und der M ä d c h e n s c h u l e d e s S t a d t t e i l s M ü h l b u r g waren Schulstrafen (Arrest und körperliche Züchtigung) nicht zu verhängen. I n der O be r r e a l s c h u l e , dem R e a l - u n d R e f o r m g y m n a s i u m und der h ö h e r e n M ä d c h e n s c h u l e kamen weder gerichtliche noch polizeiliche
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Bestrafungen, in der R e a l s c h u l e ( polizeiliche Bestrafung wegen Sachbeschädigung vor. Schulstrafen wurden in der Oberrealschule, dem Real- und Reform gym nasium und der höheren Mädchenschule ebenfalls keine erkannt, in der Realschule
Bon dem Komitee für F e r i e n k o l o n i e n wurden während der Sommerserien ( (2 Kinder in sieben Kolonien in die Kolonieorte des oberen M u rg th a les zu einem vierundzwanzigtägigen Aufenthalt entsendet.
D as M ä d c h e n g y m n a s i u m wurde im Schuljahre (897/98 von (6 Schülerinnen besucht, die sich auf vier Klassen (Untertertia, Untersekunda, Obersekunda und U nterprim a) verteilten. M it Beginn des Schuljahres hatte der S tad tra t die Schule, die bisher von dem Verein „Frauenbildungsreform " unterhalten worden w ar (vgl. Chronik für (895 5 . ^7), vorläufig in feine Verwaltung genommen, nachdem Zwistigkeiten innerhalb des genannten Vereins, die zu einer dauernden S paltung führten , den Fortbestand der Anstalt in F rage gestellt hatten. Gleichzeitig w ar eine Sonder kommission niedergesetzt worden m it dem Aufträge, Vorschläge über die fernere O rganisation des M ädchengym nasium s zu machen. Verhandlungen, welche im weiteren Verlaufe mit dem großherzog lichen O berschulrat geführt w urden, hakten zur Folge, daß das M inisterium der Ju s tiz , des K ultus und Unterrichts sich'grund sätzlich m it der Übernahme der Anstalt durch die S tad t einverstanden erklärte. I n seiner Sitzung vom (*(. J u n i (898 gab sodann der Bürgerausschuß m it 79 von 87 Stim m en seine Zustim m ung zu dieser Übernahme und genehmigte die hierfür ausgearbeiteten neuen „Satzungen der Mittelschule für M ädchen in der S tad t K arlsruhe". Nach diesen Satzungen wird das M ädchengymnasium in Zukunft m it der schon bestehenden höheren Mädchenschule in der A rt verbunden sein, daß die Direktion beider Anstalten gemeinsam ist, ebenso eine Anzahl Lehrer an beiden Anstalten- gleichzeitig wirkt. Gemeinsam werden beiden Anstalten auch die drei untersten Klassen sein. E rst m it der vierten Klasse (Untertertia) beginnt die Trennung, indem von da an für den Unterricht im Mädchengymnasium der für das Reform gym nasium eingeführte Lehrplan maßgebend fein w ird. M s Zeitpunkt, m it welchem die neue O rganisation wirksam werden soll, wurde der Beginn des Schuljahres (898/99 festgesetzt.
-
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Die B a u g e w e r k e s c h u l e eröffnete ihr zwanzigstes Schul* jah r im November \8ty7 m it 467 Schülern. Die Anstalt um faßte außer der Abteilung zur Heranbildung der Gewerbelehrer s9 Klassen und es wirkten an ihr neben dem Direktor 54 Lehrkräfte. Von den einzelnen Abteilungen wurden besucht: die hochbau technische Abteilung von 505 Schülern, die bahn- und tiesbautechnische von 47, die maschinenbautechnische von 95 und die Abteilung zur Heranbildung der Gewerbelehrer von 22. ^06 Schüler gehörten dem Großherzogtum Baden a n , 19 stammten au s der bayerischen Rheinpfalz, s5 aus P reußen , 7 aus W ürttem berg, 5 aus A lt bayern , je 4 aus Elsaß-Lothringen und der Schweiz, 5 aus R ußland und je f aus Hohenzollern, Lippe-Detmold, Sachsen* Meiningen, Frankreich, Liechtenstein und Luxemburg.
Die t e c h n i s c h e H o c h s c h u l e wurde im Wintersemester 1897/98 von 1072 (1896/97 : 996) und im Sommersemester 1898 von 895 (s897 : 866) Hörern besucht. Der Professor der Volks wirtschaftslehre Dr. Heinrich H e r k n e r (derselbe w ar auch M itglied der sozialen Kommission der Stadt) erhielt einen R uf an die Universität Zürich und siedelte im A pril des Berichtsjahres dort hin über, nachdem er seit s892 dem Lehrkörper der technischen Hochschule angehört hatte. A n Stelle des im J a n u a r verstorbenen Professors August Vischer wurde M a x Läuger, zuletzt Lehrer und Professor an der Kunstgewerbeschule und seit >894 gleichzeitig Lehrer des Dekorierens an der technischen Hochschule, zum außer ordentlichen Professor des Figurenzeichnens und Dekorierens ernannt.
2. Kunst. Nach dem Almanach des großherzoglichen Hoftheaters wurden
von dem letzteren 2 0 5 , einschließlich der 57 in B a d e n , insgesamt 260 Vorstellungen gegeben. Von den 205 Vorstellungen in K a rls ruhe kamen P 2 auf das Schauspiel und 91 auf die M per. J6 Vorstellungen waren außer Abonnement.
Von Autoren waren haupsächlich vertreten im Schauspiel S h a k e s p e a r e m it f5 Vorstellungen, B l u m e n t h a l und K a d e l - b u r g mi t s4, F u l d a und S u d e r m a n n mi t je sO, G r i l l p a r z e r mi t 8 und F. und P . S c h ö n t h a n und Z o b e l t i t z mi t je
3 *
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7; in der CDper W a g n e r mi t ( 5, A u b e r mi t jO, T h u i l l e mi t 8, L o r t z i n g mi t 7 und B e r l i o z und M e y e r b e e r mit je 6.
Außerdem wurden 20 Balletvorstellungen gegeben.
Novitäten kamen zur A ufführung im S c h a u s p i e l und T r a u e r s p i e l 8 (darunter „ J o h n G abriel B orkm an" von Ibsen, „M u tte r E rde" von £)albe, „Meerleuchten" von Ganghofer und „Die Schmetterlingsschlacht" von Suderm ann), im Lustspiel 5 und in der © per 2 (darunter „Lobetanz" von L. T huille , Dichtung von © . I . B ierbaum ).
Neueinstüdiert wurden 6 Trauerspiele und Schauspiele, 5 Lustspiele und 6 © pern.
Gäste traten im Schauspiel 5 auf , in der © per 2 0 ; unter den echteren befand sich F ra u Agnes S o r m a vom Deutschen Theater in B e rlin , unter den letzteren F ra u Rosa S u c h e r von der königlichen © per in B erlin .
, A us dem Verbände des großherzoglichen choftheaters schieden während des J a h re s (7 M itglieder a u s , darunter die Schau spielerin F ra u B a s s e r m a n n (Jenny Engelhardt).
Neuengagements fanden im ganzen 23 statt. E inem Entlassungsgesuche, welches Generalmusikdirektor Felix
M o t t l einreichte, um an das choftheater in München übertreten zu können, versagte der Großherzog die Genehmigung. Diese Entscheidung erregte allgemeine Befriedigung in weiten Kreisen der Bürgerschaft, in denen m an sich nicht verhehlte, welch unersetz lichen Verlust das Scheiden des Leiters der chofoper, die während dessen beinahe zwanzigjährigen Wirksamkeit einen W eltruf erlangt h a t , für das Kunstleben der S tad t bedeutet hätte. Die Kunde von seinen: Bleiben gab dem S tad tra t Veranlassung, unter M it wirkung der Gesangvereine „Liederhalle" und „Liederkranz" M ottl durch eine besondere Feier zu ehren. A m Abend des (7. M a i brachten die beiden Vereine in Verbindung m it der Kapelle des Leibgrenadierregiments M o ttl ein Ständchen. W ährend desselben begab sich eine städtische D eputation , bestehend aus O berbürger meister Schnetzler, den S tadträten Boeckh, Käppele und Koelle und dem © bm am : des Stadtverordnetenvorstandes D r. G old-
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schmit, welchen sich die Präsidenten und die Musikdirektoren der beiden genannten Vereine anschlossen, in die W ohnung M o ttls und überreichten demselben eine künstlerisch ausgestattete Adresse des S tad tra ts , wobei Oberbürgermeister Schnetzler der Freude der Bürgerschaft über das fernere Verbleiben des Gefeierten in K arlsruhe Ausdruck verlieh, zugleich aber auch das Bedauern aussprach, über die ihm bei verschiedenen Gelegenheiten von unbekannten Gegnern aus dein Verborgenen zugefügten Kränkungen, die in ihm die M einung hätten aufkornrnen lasten, daß er bei dem hiesigen Publikum die gebührende W ürdigung nicht mehr finde.*) Der Präsident der Liederhalle, V berlandesgerichtsrat Rothweiler forderte sodann seine Sangesbrüder zu einem poch auf M o ttl auf, während dieser seine Danksagung mit einem poch auf den G ro ß herzog schloß.
3 m S t a d t g a r t e n t h e a t e r gab wiederum in den M onaten 3 u n i, J u l i und August unter der Direktion von C . Beese eine aus M itgliedern verschiedener ausw ärtigen Theater zusammenge setzte T ruppe moderne deutsche und französische Schauspiele, Lust spiele und Schwänke, sowie verschiedene Operetten.
*) Die Adresse selbst hatte folgenden W ortlaut: „sterrn Generalmusikdirektor Felix Mottl. hochverehrter Ejerr! Die
Nachricht, daß Sie durch höchst beklagenswerte K ränkungen, die Ih n e n von unbekannter Seite her widerfahren sind, Sich veranlaßt gesehen haben, um Enthebung von Ih rem Amte an dem großh. ksoftheater dahier nachzusuchen, hat in den weitesten Kreisen der Bürgerschaft, die Ih r e künstlerische Wirk samkeitnamentlich auch in ihrer hohen Bedeutung für unsere Stadt gebührend zu würdigen weiß, das lebhafteste Bedauern hervorgerufen. Demgegenüber ist der Entschluß S. K. £st des Großherzogs, Ih n e n die erbetene Entlassung zu versagen, und die in diesem Entschluß liegende Vertrauenskundgebung mit aufrichtiger Freude und Dankbarkeit begrüßt worden, von diesen That- sachen vor Ih n en Zeugnis abzulegen und Sie der großen Wertschätzung, die Sie hier genießen, zu versichern, ist uns eine angenehme Pflicht, mit deren Erfüllung wir den herzlichen Wunsch verbinden, daß Sie noch recht lange Ih re hohe künstlerische Kraft und Fähigkeit hier bethätigen möchten zu Ih re r eigenen inneren Befriedigung und auch zur ferneren Verbreitung und Mehrung des künstlerischen Ansehens unserer Stadt. K arlsruhe, den (3. M ai (SstS. Der «Oberbürgermeister: Schnetzler. Der erste Bürgermeister: Krämer. Der zweite Bürgermeister: Siegrist. Der Ratschreiber: Schumacher."
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Außerordentlich groß w ar auch im Berichtsjahre wieder die Z a h l der K o n z e r t e . M e in den früheren Jah rg än g en der Chronik müssen w ir uns auch dieses M a l aus die A nführung einiger weniger beschränken. Bon ausw ärtigen Künstlern traten u. a. auf in selbständigen Konzerten der königlich preußische K am m ersänger E m il Götze und der Pianist A rthur Speed aus B erlin , die k. k. österreichische Kam m ervirtuosin Sophie M enter, der königlich preußische Kam m ersänger R aim und zur M ühlen und der P ianist G ra f von M erindo l, der Professor am königlichen K onservatorium in S tu ttgart und Klaviervirtuose M ax pauer, der Professor am kaiserlichen K onservatorium in M oskau und Klaviervirtuose M assily Sapellnikoff, E duard und Luise Reuß, letztere bis vor wenigen Z ahren M itglied des großherzoglichen Hof- theaters, in den A b o n n e m e n t s k o n z e r t e n des großherzoglichen p o f o r ch e st e r s endlich Professor L. Auer aus St. Petersburg, F rau Pelagie Ende-Andriesten aus F rankfurt a. M ., die k. k. K am m er sängerin F ra u A m alie M a te rn a au s M e n und der Konzertsänger A nton Sisterm ans. — F ü r ihre M itglieder veranstalteten Konzerte der Znstrumentalverein K arlsru h e , der Verein für evangelische Kirchenmusik, der Katholische Kirchenmusikverein K arlsruhe (St. S tephan), die Gesangvereine Liederhalle und Liederkranz, die Gesellschaft E intracht, die Museumsgesellschaft u. a. m . Bon Konzerten zu wohlthätigen Zwecken erwähnen w ir eine Ausführung, der „Liebesquelle von Spangenberg, Dichtung von A . von Frey dorf, für S o li, gemischten C hor und Pianofortebegleitung mit verbindender Deklamation componiert von K . G oepfart" zum Besten der im J a h re (89? von pagelschlag Betroffenen im G ro ß herzogtum B aden, ein von Gabriele von M ech unter M itw irkung von F . M o ttl, Konzertmeister Deecke und Hosmusiker Schwanzara veranstaltetes Konzert zu Gunsten des Neubaues des Ludwig- M ilhelm - K rankenheim s, ein Konzert zu Gunsten des Vereins „Frauenbilüung", bei dem die Biolinvirtuosin A nna Gegner aus Basel, die P ianistin Zeanne Z uilliard , die Konzertsängerin M a lly von Trützschler und Professor Heinrich Grdenstein mitwirkten, sowie ein anderes zu Gunsten des peim s der Geschäftsgehilstnnen (vgl. Chronik für (897 5 . 67), in welchem die Konzertsängerin M . CH. de Sauset aus E lberfeld, der großherzoglich badische
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Kammervirtuose F lo rian Z ajtc aus B erlin und Professor Heinrich Grdenstein auftraten.
D as mit der Kunstgewerbeschule verbundene K u n s t g e w e r b e m u s e u in hat während des Schuljahres 1897/98 durch Geschenke und Ankäufe wieder einen nainhaften Z uw achs an wertvollen und interessanten Kunstgegenständen, im ganzen s§>8 Stück, erfahren. Über die in dem M useum veranstalteten Ausstellungen vergleiche m an K apitel V II. 5.
Politisches, industrielles und Vereinsleben.
n politischer Hinsicht w ar das B erichtsjahr nicht weniger bewegt a ls das voraufgehende Z a h r l8si7. M e dam als
die W ahlen zum badischen L andtag , so waren es diesmal die R e i c h s t a g s w a h l e n , welche einen großen Teil der Einw ohner schaft, wenn nicht den größten, geraume Zeit hindurch in Atein hielten und eine hochgradige W ahlerregung und Aufregung selbst in Kreise hineintrugen, welche für gewöhnlich in geringerem M aße persönlichen Anteil am politischen Leben zu nehmen pflegen. Wie dam als brachten auch dieses M a l schon M onate vor der W ahl die T agesblätter M itteilungen aus den Program m en der Parteien, W ahlaufrufe, Betrachtungen über die Wahlaussichten, wohl auch m ehr oder weniger heftige Angriffe auf gegnerische Parteien und je nachdem auf die von denselben aufgestellten Kandidaten. Aber auch an Epilogen und nachträglichen Betrachtungen nach der W ah l selbst fehlte es nicht; noch nach Wochen und M onaten füllten solche die Spalten der Zeitungen. M it dem Herannahen des W ahltages häuften sich die W ähler- und Volksversammlungen in allen Teilen der S tad t — kaum daß ein Abend verging, an dem nicht eine oder mehrere stattfanden — , bedeckten sich die Anschlagsäulen m it A ufrufen und E rm ahnungen an die W ähler, darunter nicht selten solchen, die durch ungewöhnliche G röße oder
S tad tra t T. Waltz. Grst. 1898.
(Zn S . 96.)
Nach einer Photographie.
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auffallende Farben die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden auf sich ziehen mußten, und selbst in letzter Stunde, a ls der W ahlakt bereits begonnen, tauchten im m er noch neue A ufrufe, W arnungen, Berichtigungen angeblich falscher Gerüchte u. s. w. auf. Von einer P arte i, der sozialdemokratischen, wurde berichtet, daß sie in der Zeit der W ahlbewegung im W. W ahlkreis, zu dem die S tad t K arlsruhe nebst dem A m t K arlsru h e und die S tad t und das A m t Bruchsal gehören, allein Versammlungen abgehalten und 165 000 Flugblätter, sowie 175 000 Stimmzettel verteilt habe.
W ahltag w ar der 16. J u n i . Die W ahlbeteiligung w ar eine außerordentlich starke. Von \ 7 406 Wahlberechtigten der S tad t K arlsruhe stimmten 14 U 2 ab, also 81 Prozent. Dorf den fünf Kandidaten, welche ausgestellt waren, erhielten in der S tad t der sozialdemokratische, Redakteur Adolf Geck in V ffenburg, 5 419/ der nationalliberale, Rechtsanwalt D r. Ludwig Schneider in K a rls ruhe, 5 052, der von der deutschen Volkspartei und der T entrum s- partei gemeinsam aufgestellte Professor D r. K arl Heimburger in K arlsruhe 5 O H , der K andidat der Konservativen, Landgerichtsrat € . v. Stockhorner in K arlsruhe, 450 und derjenige der Antise miten, Schuhmachermeister F ranz Schmidt, 222 . I m ganzen 10. Wahlbezirk wurden für Geck 9 051, für Schneider 7 6 07 , für Heimburger 6 370, für Stockhorner 1 60-1 und für Schmidt 87,4 Stim m en abgegeben. D a bei der Gesamtzahl von 25 490 abge gebenen gültigen Stim m en die absolute M ehrheit 12 746 betrug, diese Z ah l aber keiner der Kandidaten erreicht hatte , wurde eine engere W ahl zwischen Geck und Schneider, welche die meisten Stim m en aus sich vereinigt hatten, nötig. A ls T erm in für dieselbe wurde der 24. Zum anberaum t. Der Verein der deutschen Volkspartei rief nunmehr seine M itglieder und alle W ähler Heimburgers auf, M an n für M a n n für Geck einzutreten, während der Landesaus schuß der konservativen P arte i die Parteigenossen aufforderte, überall wo Nationalliberale und Sozialdemokraten einander gegen über ständen, also auch in K arlsruhe, ihre Stim m en dem N ational- liberalen zu geben. D as Tentralkomitee der Tentrum spartci endlich erließ einen A ufruf an die T entrum sw ähler, in dem um „jedem M ißverständnis von vornherein den Boden zu entziehen" erklärt w urde, daß die T cntrum spartei in B aden nicht in der
Lage fei, irgend etw as zur Rettung eines nationalliberalen A lan- dats zu thun und daß es „unverständlich und selbstmörderisch" wäre, „dem N ationalliberalism us irgendwie die p and zn reichen, um ihm das wohlverdiente Schicksal zu ersparen oder auch nur zu erleichtern." D as kanr einer Aufforderung, für den Sozial demokraten zu stimmen, gleich, und diese wurde von der M ehrzahl der Eeiitrum sw ähler auch befolgt.
Bei der Stichwahl wurden in der S tad t f4 198 Stimmen abgegeben, 86 mehr a ls bei der P aup tw ah l. Don denselben entfielen aus Geck 7 f 58, aus Schneider 6 922 . Ersterer erhielt auch im aanzen Wahlbezirk die M ehrheit der S tim m en, \2 821 gegen 12 602, welche seinem Gegner zufielen, und w ar somit als Abgeordneter gewählt, a ls welcher er an die Stelle des bisherigen Vertreters der S tadt, des der freisinnigen Parte i Angehörigen Land w irts M ark u s Pflüger in Lörrach, trat.
2 .
Über Lage und G ang der Industrie und des Pandels im allgemeinen verweisen w ir auf den eingehenden Jahresbericht der Pandelskam m er für die Kreise K arlsruhe und B a d e n , dem auch ein Teil der unten mitgeteilten Einzelheiten entnommen ist.
Über den Verbrauch der wichtigsten Artikel in unserer S tadt liegen folgende Angaben v o r :
\. Die Gesam teinfuhr von W ein betrug 4 0 fi25 pektoliter, die W einausfuhr stellte sich auf 120 pektoliter, mithin betrug der W einkonsum 40 505 pektoliter, das ergiebt bei einer mittleren Zahresbevölkerung von siO 660 Köpfen pro Kopf einen W ein verbrauch von 4 M 6 Liter.
2 . D as hier gebraute B ier betrug nach dem Faßgehalt ( = 80°/o von K e s s e l in h a l t ) ................................... 456 \ 19 Pektoliter
Dazu die E in fu h r: a. von den Brauereien des Landes . 15 7 7 1 „ b. von den N achbarstaaten (Bayern k . ) 18 805 „
Zusam m en 488 6si5 pektoliter
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Davon wurden ausg efü h rt: a. hier gebrautes B ier 256 596 Hekt. b. fremdes B ier . . 4 585 „
Zusam m en . . 241. f?9 Hektoliter
m ithin bleiben für den Verbrauch . . 247 5 f6 Hektoliter oder auf den Kopf 273 Liter
5. Die M ehleinfuhr betrug . . . . \0 555 200 K ilo die M e h l a u s f u h r ........................ l 463 925 „
bleiben für den hiesigen Verbrauch 8 89 l 275 Kilo oder pro Kopf 98,07 Kilo und nach Abzug des M ilitä rs
von etwa 5 000 Köpfen rund f04 Kilo. 4- Der Fleischverbrauch betrug 6 57 f 580 K ilo ; das ergiebt
pro Kopf 72,49 Kilo. 3 nx städtischen 5 ch I a ch t h 0 f wurden an G roßvieh geschlachtet:
V chsen K ü h e R i n d e r F a r r e n Z u s a m m e n Stück
*897 . . . . 3 809 2 6<*5 2 669 * 95 4 U 07 7 *898 . . . . 032 3 -*-*3 2 27 4 X 9"M ** 693
also *898 m e h r . . 223 798 — — 6 U 6 „ „ weniger — — 39 5 *0 — ■
A n K leinvieh wurden geschlachtet:
S c h w e in e K ä l b e r B ä m m e l 11.
Z i e g e n F e rk e l u . K itz le in
Z u s a m m e n
Stück
,8 9 7 . . . . 32 79ö *9 863 * 792 l 5<*7 55 998 *398 . . . . 27 5 -*8 *9 66* 2 *62 * 533 50 9 0 H
also *898 in e h r . . — — 3 7 0 — — „ „ w e n i g e r . 5 2'-*8 202 — *4 5 0 9 ^
Außerdem wurden Pferde geschlachtet. Dem städtischen V i e h Hof wurden im ganzen 48 9-38 Tiere
zugeführt (f 897 : 5 f 079) und zwar 7 506 Stück G roßvieh und 4 \ 652 Stück Kleinvieh.
3 m 3 ahre f 898 wurden 6 f5 L i e g e n s c h a f t e n verkauft. D arunter waren 50f Gebäude im W ert von 23 026 f 74 M a r k ; 242 Bauplätze mit einer Fläche von 24 Hektar 58 A r im Alert von 5 590 705 Alk., 59 Äcker mit einer Fläche von 7 Hektar 75 A r im W ert von 495 352 Alk., \ \ Stück sonstiges Gelände m it einer Fläche von 2 Hektar 15 A r im Alert von f 5 0 7 8 f Alk. Der Alert der 6 f5 Liegenschaften betrug im ganzen 27 2 4 5 0 f 2 Alk.
— w —
Ü ber die Geschäftslage der hiesigen Geld- und Kreditanstalten ist folgendes zu bemerken:
s. Der Geschäftsumsatz bei der K a r l s r u h e r R e i c h s b a n k - s t e l l e stellte sich in (Einnahme und A usgabe auf 45 443 600 2Tif. im Lom bardverkehr, 525 774 900 Alk. im gesamten Wechselver kehr , s 456 87 1 200 Alk. im G iro- und Anweisungsverkehr, 9 1 292 700 Alk. im Verkehr m it Reichs- und anderen S ta a ts kassen und auf 1 899 446 800 Alk. überhaupt.
2. Der Gesamtumsatz der B a d i s c h e n B a n k (in A lannheim, F iliale in K arlsruhe) betrug 2 668 797 951 Alk. 58 p fg .
5. Die Umsätze der R h e i n i s c h e n K r e d i t b a n k (h auptstelle in M a n n h e im , F ilialen in K arlsruhe u. a. (D.) beliefen sich — (Eingang und A usgang zusammengerechnet — auf 5 792 018 957 Alk. 78 p fg .
4 . Bei der s t ä d t i s c h e n S p a r k a s s e , deren (Einlagekapital am A nfang des J a h re s 1898 15 5(15 224 Alk. (10 P fg . betragen h a tte , wurden neu eingelegt 5 51(165-1 Alk. 22 P f g . , dagegen nu r 5 322 952 Alk. 77 P fg . zurückgezogen, also mehr eingelegt 191 681 Alk. (15 p fg . Durch diese m ehreinlage und die den (Einlegern am Schlüsse des J a h re s gutgeschriebenen Zinsen mit 4 58 1-17 Alk. -18 P fg . erhöhte sich das (Einlagekapital am Schluffe des B erichtsjahres auf 16 173 053 Alk. 55 P fg .
Bei der p f a n d l e i h k a s se betrugen die Darlehen auf F ah rn is pfänder am A nfang des J a h re s 13-1-192 Alk. Z m Laufe des Z ah res wurden neu dargeliehen 195 566 Alk., zurückbezahlt durch A uslösung 1552-19 A lk ., durch Versteigerung 15 52-1 Alk., erneuert wurden 2 653 Pfänder mit einem Darlehensbetrage von 4 2 23-1 Alk. Der gesamte Pfänderverkehr umfaßte 47 158 Stück (gegen 46 665 im J a h r e 1897). A m Schluffe des J a h re s betrug das in Pfändern angelegte K ap ita l 165 085 Alk., die Z ah l der in den M agazinen vorhandenen Pfänder 17 682 (gegen 16 169 (Ende 1897). Darlehen auf W ertpapierpfänder wurden während des J ahres 142 gegeben mit 6 4 8 9 6 Alk., erneuert wurden 205 m it 1 9 6 458 A lk ., zurückbezahlt 141 m it 9 2 6 9 1 Alk. Am Schluffe des Z ah res liefen 180 Darlehen im Betrage von 11 585 Alk.
5. B ei der s t ä d t i s c h e n S c h u l s p a r k a s s e gingen 517 (Einleger neu zu; 459 traten aus. Die Z a h l der (Einleger stieg
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demgemäß von 5 507 auf 5 585. D as E inlageguthaben ging, von 166 862 217F. 66 p fg . auf (58 5 ( 1 2T7f. 68 p fg . zurück.
D as reine Vermögen der Anstalt betrug am 5 f. Dezember 1898 204 217k. 79 p fg .
6. Die p r i v a t s p a r g e s e l l s c h a f t zählte am Schluffe des J a h re s 7 929 Einleger mit einem G uthaben von 8 028 554 217k. gegen 7 419 Einleger mit einem G uthaben von 7 450 922 217k. im Ja h re 1897. 2ffeueingelegt wurden \ 128 986 217k., zurück genommen 817 654 217k.
7. Der S p a r « u n d V o r s c h u ß v e r e i n 217ü h l b u r g hatte am 5 f . Dezember 1898 553 M itglieder m it einem G uthaben von 112 076 217k. Die Kasseneinnahme hattq. während des J a h r e s 2 186 <170 217k., der Reingewinn 16 155 217k. betragen. Den Reservefonds bildeten 62 591 217k., a ls Dividende wurden 7 217k. von hundert bezahlt.
8. Der V e r e i n s b a n k K a r l s r u h e gehörten am Schluffe des Berichtsjahres 7; 022 M itglieder an (1897: 5 645). Die G uthaben der Genossenschafter beliefen sich aus 1 481 186 217k. (1897: 1 422 554 217k.). Die Kasseneinnahme betrug 42 9 1 1 O89 217k. (1897: 58 469 142 217k.), der Reingewinn 147 465 217k. (1 8 9 7 : 150 567 217k.),der Reservefonds 517514 217k. (1897: 2 7 5 8 (8 217k.), a ls Dividende wurden 7 M k. von hundert bezahlt (1897 eben falls 7 217k.).
9- D as Gesamtvermögen der A l l g e m e i n e n V e r s o r g u n g s a n s t a l t im Großherzogtum B aden hat am Ende des Berichtsjahres die pöhe von 151 716 096 217k. 98 P fg . erreicht. Der Versicherungsbestand w ar 96 788 Versicherungen von 86 188 P e r sonen über 4 11 805 507 217k.; da derselbe Ende (897 92 501 Versicherungen von 82 566 Personen über 390 098 082 217k. betragen hatte, so ist ein reiner Zuw achs von 4 287 Versicherungen von 5 622 personen über 21 707 225 217k. zu verzeichnen.
I m Oktober verließ die Anstalt ihr altes langjähriges peiru am Ludwigsplatze und siedelte nach dein neuen Anstaltsgebäude vor dem M ühlburger T hor über. A us diesein A n laß fand am 19. des genannten M o n a ts eine Festfeier statt, an der das gesamte Personal, sowie Vertreter der staatlichen und städtischen Behörden und zahlreiche Eingeladene teilnahmen. B a u ra t Professor Adolf
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G anser, nach dessen P länen und unter dessen Oberleitung der B a u in der kurzen Zeit von 28 M onaten erstanden w ar, übergab int Vestibül m it einer Ansprache das Gebäude dem Aufsichtsrate. Bei dem eigentlichen Festakte im Sitzungssaal begrüßte General arzt a. D. poffm ann als ältestes M itglied des Aufsichtsrates die Erschienenen und brachte ein poch auf den Kaiser und den G ro ß herzog aus, während der Anstaltsdirektor Geh. p o fra t D r. E lauß die eigentliche Weihefestrede hielt.
Z m 3 u li des Berichtsjahres wurde in unserer S tadt die F i r m a : „ O b e r r h e i n i s c h e E l e k t r i z i t ä t s w e r k e , Aktiengesell schaft K arlsruhe" gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist jede A rt gewerblicher Erzeugung, Verwendung und Verwertung elektrischer Energie, sowohl innerhalb wie außerhalb des Weich bildes der S tad t W i e s l o c h , ferner der B a u , E rw erb und Betrieb aller zur vorteilhaften Ausnützung oder besseren Veräußerung elektrischer Energie dienlichen Anlagen und Betriebe, Perstellung von Einrichtungen zur Leitung und Verwendung des elektrischen S trom s, sowie der Vertrieb der dam it zusammenhängenden A pparate und Gebrauchsgegenstände, der E rw erb von Eoncessionen für Eisenbahnen m it elektrischem und anderem K raftbetriebe, sowie der B a u und der Betrieb solcher Eisenbahnen u. s. w. D as G rundkapital wurde auf eine M illion M ark festgesetzt.
Die im November m it einem G rundkapital von 4 M illionen gegründete „ B a d i s c h e F e u e r v e r s i c h e r u n g s b a n k in K a rls ruhe" hat zum Gegenstand des Unternehmens die Versicherung beweglicher und unbeweglicher Gegenstände gegen Feuer, Blitz und Explosionsschaden.
B ei der A n s t a l t f ü r A r b e i t s n a c h w e i s wurden im Berichtsjahre 25 f5s Gesuche eingeschrieben gegen sß 0 4 8 im Ja h re s89-7. Die Z a h l der eingetragenen Gesuche von Arbeitgebern betrug s0 s52 ; durch dieselben wurden s5 685 Arbeitskräfte ver lan g t; wirklich eingestellt wurden W 799 Arbeitnehmer gegen 9 9 \2 im vorhergehenden Zahre.
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5. Von den während des B erichtsjahres in unserer S tad t neu
entstandenen Vereinen nennen w ir hier eine „ ( O r t s g r u p p e d e s A l l d e u t s c h e n V e r b a n d e s " , welche, A nfangs November auf Anregung und unter thätiger M itw irkung des V ertrauensm annes des Alldeutschen V erbands, P riv a tm an n s O tto A m m on, ins Leben gerufen, gegen (Ende des J a h re s bereits an 200 M itgliedern zählte. Der „Alldeutsche V erband" erstrebt nach seinen Satzungen „die Belebung der deutsch-nationalen Gesinnung auf der ganzen E rde, E rhaltung deutscher A rt und Sitte in E u ro p a und über See und Zusammenfassung des gesamten Deutschtums" durch eine die N ation umfassende O rganisation .
A m Dezember konstituierte sich in Anwesenheit des Prinzen K arl von Baden und des kommandierenden G enerals des X IV . Armeekorps, Generaladjutanten v. B ülow , im großen R athaussaale unter dem Vorsitze des Präsidenten der Handelskammer der Kreise K arlsruhe und Baden, Geh. Kom m erzienrats K a rl August Schneider, ein „ B a d i s c h e s L a n d e s k o m i t e e d e s d e u t s c h e n F l o t t e n - v er e in s " . Zweck und Ziel des Flottenvereins ist, das Verständnis für die weltumfassende Bedeutung der deutschen Flotte in die weitesten Schichten unseres Volkes zu tragen. D as Protektorat über das Landeskomitee übernahm der Großherzog, den E hren vorsitz P rinz K arl. E s wurde ein geschäftssührender Ausschuß gebildet und Aufrufe zum B eitritt zu dem Vereine erlassen.
Die Feier seines zehnjährigen Bestehens beging das „ K o n s u l a t K a r l s r u h e d e r f r e i e n V e r e i n i g u n g d e r A l l g e m e i n e n R a d f a h r e r - U n i o n " am 15. M a i unter Beteiligung verschiedener ausw ärtigen Radfahrervereine durch ein Rennen am V orm ittag, einen Galapreiskorso am N achm ittag und ein S a a l- fest m it Preisverteilung am Abend im Kolosseum.
A uf ihrer Sängerfahrt durch Süddeutschland tra f die „ b j a r - m o n i e Z ü r i c h " am s8. M a i zu einem Besuche der „ L i e d e r h a l l e K a r l s r u h e " in unserer S tad t ein. A m Bahnhofe wurden die Schweizer Sänger von der Liederhalle m it dem Begrüßungschor „Eidgenossen, G ott zum G ru ß !" empfangen und von dem Präsidenten der Liederhalle, O berlandesgerichtsrat Roth-
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weiler, in kurzen W orten willkommen geheißen. D ann zogen sie unter V orantritt der Kapelle des Leibdragonerregiments zum Schlosse, wo der Großherzog sie am h aupteingang empfing und sich m it ihnen nach dem oberen G artensaale begab, chier trugen sie drei Chöre vor: „Schweizer P sa lm " von Zwyssig, „ I h r Berge, lebt w ohl!" von B runner und „Frühlingseinzug" von Jüngst, w oraus der Großherzog ihnen in herzlichen W orten seinen Dank für die ihm dargebrachte Huldigung aussprach und sie zu einem choch auf die Schweiz und das Schweizervolk aufforderte. Der. Abend vereinigte die M itglieder der Liederhalle mit ihren (Säften im kleinen S aale der Festhalle zu einem Festbankett, bei welchem O berlandesgerichtsrat R othw eiler, Oberbürgermeister Schnetzler, der Präsident der Harm onie, Oberstlieutenant Schneebeli, und der Präsident des Schweizer Sängerbundes B rand aus Basel Ansprachen hielten und Trinksprüche ausbrachten. A m M orgen des folgenden T ages verließen die fremden Gäste wieder die Stadt.
B ei einem Ende M a i in Kreuznach veranstalteten nationalen Gesangswettstreit errang der hiesige Gesangverein „B adenia" den ersten P r e is , einen silbernen Pokal und 600 M k. in G e ld , und bei dem engeren Wettstreit um den von Großherzog Friedrich von B aden gestifteten Ehrenpreis trug der Verein ebenfalls den Sieg davon. Unter den zahlreichen dein Vereine aus diesem A nlaß gewidmeten G ratu la tions- und Anerkennungsschreiben befand sich auch eine Adresse des K arlsruher S tadtrates. Dieselbe, von Zeichen lehrer D ittm ann künstlerisch ausgeführt, hatte folgenden W ortlau t:
„A n den hochverehrlichen Verein B adenia. Ulit großer Freude haben w ir von den ehrenden Auszeichnungen K enntnis
e rh a lten , die S ie in dem nationalen Gesangsw ettstreit zu Kreuznach sich er rungen haben, w i r beglückwünschen Sie herzlich zu diesem schönen Erfolge und sind stolz auf die rühmliche V ertretung, die K arlsruhe bei jenem W ettstreit in Ih re m Verein gefunden hat. m ögen Sie m it gleichbleibendem Eifer immer festhalten an I h r e n löblichen Bestrebungen zum ferneren fröhlichen Gedeihen I h r e s V erein s, zur Förderung der edlen Sangeskunst und zur ITIehrimg der künstlerischen R ufes unserer S tadt. K a r l s r u h e , den 3. J u n i z8 9 8 . D e r S t a d t r a t der kjaupt- und Residenzstadt K arlsruhe. S c h n e t z l e r , (Ober bürgermeister. S c h u m a c h e r , Ratschreiber."
m inisterialpräsident a. D. K. v. Grimm. Gest. 1898.
Nach einer Photographie von l). Graf in Berlin.
VI.
Leistungen des Gemeinstnns; Armen- und Krankenwesen.
t as s t äd t i s che B i e r o r d t s b a d w ar im Berichtsjahre bis zum 29 . M a i geöffnet; den Rest des Wahres w ar der Betrieb wegen des Um baues des B ades eingestellt. B is zu dem genannten Zeitpunkt wurden im ganzen 5 6H0 B äder (W annenbäder, russische D am pfbäder, Dampfdouchen) genommen und 893 Tageskarten für die A urabteilung gelöst. Die E innahm en aus öent Bade einschließlich der A urabteilung beliefen sich auf 6355 Ulk. 50 p fg .
I m S t a d t g a r t e n wurden für 27 329 Ulk. 90 P fg . T ages karten und für 22 52^ 21Tf. Abonnementskarten gelöst; I 897 für 2^ 9^2 Ulk. 9 P fg , und für 22 Ulk. 50 Pfg .). F ü r die Benützung der Sesselwage wurden 3 Jf82 A arten zu f0 P fg . au s gegeben, also eine E innahm e von 5 f 8 2Uk. 20 p fg . erzielt (gegen 55^ Ulk. 20 P fg . im vorhergehenden Ja h re ) . Der E rlö s aus der Gondelmiete belief sich auf 2 885 Ulk. 67 P fg . (f 897 3 3 f 2 Ulk. ^3 Pfg.), der aus der E isbahn auf | 660 Ulk. 80 P fg . (s897 2 5 ^ lklk. sO Pfg.), der aus den Netzballfpielplätzen auf 650 Ulk. (f897 ^80 Ulk.) und der aus der Cam era obscura auf 2^5 lklk. 20 P fg .
Der Stadtgarten und die F est H a l l e wurden in der her gebrachten Weife zu Konzerten, Abendunterhaltungen u. f. w. benützt, letztere auch wieder im F ebruar zu zwei großen M asken-
4
— 50
ballen. Die Z a h l der Konzerte im Stadtgarten betrug 87 ; davon kamen 82 auf hiesige M ilitärkapellen (58 auf die Kapelle des Leibgrenadierregiments, \7 auf die Artilleriekapelle, auf die Kapelle des Infanterieregim ents N o. f 69 und 1(5 auf die des Leibdragonerregim ents), 5 auf fremde M ilitärkapelle t und 2 auf hiesige und fremde Civilkapellen. (Dgl. die Zusammenstellung im Statistischen Jahresbericht für (898 5 . 52 f.)
I m T i e r g a r t e n w aren im Berichtsjahre vorhanden:
52 Raubtiere (darunter 5 russische B ä re n , 2 M alayenbären und 5 Wölfe), (98 Nagetiere (darunter f Stachelschwein, 9 Aguti, 2 M urm eltiere und f chinesisches (Eichhörnchen), 5 Beuteltiere (H K änguruh und ( Kufu), 68 Huftiere (darunter 5 Edel- und 9 Damhirsche, 5 Axis- und 5 Schweinshirfche, (( Zebu, 5 Esel, \ Ponyhengst, 2 Renntiere, ^ M u fflo n , 2 Hirschziegenantilopen, 5 Heideschnucken, 1 Ziege mit vier Hörnern, 5 Kalmücken-Fett schwanzschafe, 2 indische Schafe und ^ L a m a ), 55 A ffen, 50 Raubvögel (darunter $ weißköpfige G eie r, 1 Heideadler, f See adler und \ Steinadler, 2 Kolkraben und ( C aracara), 2 Borsten gürteltiere, 58 Sittiche und Papageien, 160 Sing- und Ziervogel, 596 H ühner, 6 ( F asan en , f0 P fau en , 5 S trauße (darunter 5 P am pastrauße), f6ch T a u b e n , 15 W aldhühner, 57 G änse, 129 E n te n , 20 Schwäne (darunter 2 schwarzhalstge und 6 schwarze), 2 Pelikane, 27 Sumpfvögel (K raniche, Schnepfen, 2 Flamingo u. f. w .), 55 Reptilien ((Dttern, Schildkröten, verschiedene Echsen, S a lam an d er, Gecfoncn, C ham äleons u. s. w .) , sowie 180 ver schiedene Fische in A quarien.
A ls Anstiftung zu einer im J a h re f 896 von ihm gemachten Stiftung im Betrage von 20 000 M k. schenkte der Stadtverordnete M a le r W ilhelm K lose, dem die S tad t und verschiedene ihrer gemeinnützigen und wohlthätigen Anstalten schon manche reiche Zuwendung verdanken, im Berichtsjahre der Stadtgemeinde aber m als 20 000 M k., aus deren Zinsen bedürftigen, in der Behand lung eines Stadtarztes stehenden Kranken in dringenden Fällen sofortige Unterstützung gewährt werden soll.
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I n diesem Zusam m enhänge möge erw ähnt werden, daß im 21Iäi"5 des Berichtsjahres auf Veranlassung des S tad trates im Gange oberhalb des Treppenhauses im Rathause eine E h r e n t a f e l angebracht wurde, aus welcher die N am en derjenigen B ürger ausgezeichnet sind, die der S tad t größere Vermächtnisse oder Stiftungen zugewendet haben. Die Tafel ist aus Bronze und hat eine Länge von ( M eter 65 Tentimeter und eine Höhe von ( M eter 22 Tentimeter. Rechts vom Beschauer ist eine F rauen gestalt; oben stehen die W orte „Z u m ehrenden Gedächtnis edler Stifter" und darunter die N am en : ‘K am m errat Christoph Friedrich L i d e l l st (795, Geh. R a t Christoph C m anuel Z a u b e r f \827, Bankier Heinrich V i e r o r d t st 1(867, Hofbankier Georg 211 ü I I e r st (875, Stadtverordneter Bankier E duard K o e l l e st (8 8 ( , Z oll inspektor Eugen U l l r i c h st (8 8 6 , Geh. H ofrat D r. Ludwig S ch en k st ( 8 9 t , Fräulein Philippine G r o ß h o l z st (8 9 (, Professor Dr. Joseph D i e n g e r st ( 8 9 5 , P riv a tm an n H erm ann 2U 0 m b e r t st ( 8 9 5 , Geh. G berregierungsrat K arl S i e g e l s t ( 8 9 6 , G ra f W ilhelm von D o u g l a s , Stadtverordneter 2Ualer W ilhelm Kl os e , Stadtverordneter Brauereibesitzer K arl S c h re m p p , Kommerzienrat W ilhelm L o r e n z , K aufm ann M ichael H a m b u r g e r , Dr. August S c h m i e d e r. Die T afel ist modelliert von B ildhauer Fridolin Dietsche und gegossen von H. p e la rg u s in S tuttgart.
Der V e r e i n z u r B e l o h n u n g t r e u e r D i e n s t b o t e n zählte im Rechnungsjahr ( 897/98 59st M itglieder und besaß ein vermögen von 2st 955 M k. 87 P fg . Bei der Preisverteilung im 2Uai, welcher die Großherzogin beiwohnte, wurde an einen Dienst boten das silbervergoldete Ehrenkreuz für eine Dienstzeit von mehr als vierzig J a h re n , an fünf Dienstboten das silberne Ehrenkreuz für eine Dienstzeit von mehr a ls fünfundzwanzig J a h re n und an einen Dienstboten ein silbernes Kreuz für eine Dienstzeit von drei undzwanzig J a h re n verliehen. Außerdem erhielten 2st Dienstboten Belobungen, 59 erste Belohnungen, (st zweite, 9 dritte, 6 vierte
und 5 fünfte. Der K a t h o l i s c h e D i e n s t b o t e n v e r e i n erteilte im Berichts
jahre Belobungen an (0 Dienstboten, p räm iie rt wurden 7 Dienst- 4*
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boten mit einer Dienstzeit von vier bis fünf Ja h re n , 26 m it einer solchen von fünf bis zehn J a h r e n , 5 m it einer von zehn bis fünfzehn, 6 m it einer von fünfzehn bis zwanzig, mit einer von zwanzig bis dreißig und einer m it einer Dienstzeit von fünfund- dreißig J a h re n .
Bei der A l l g e m e i n e n V o l k s b i b l i o t h e k d e s K a r l s - r u h e r M ä n n e r h i l f s v e r e i n s find im J a h re f898 5 f6 Besucher neu zugegangen ( f8 9 7 : ^ 7 3 , nicht wie Chronik für l897 5. 6ij angegeben ist, öO'H. I m ganzen wurden 27 (32 B ände an ( ^90 Personen ausgeliehen. Der Vermögensstand betrug am 5 f. Dezember ^898 \2 l 15 ZT£f. f 7 p fg . Unter den E innahm en (2 766 M k. f 6 Pfg.) befanden sich wiederum 500 M k. von der Stadtgemeinde K arlsruhe, welche auch wieder den Bücher- faa l m it Heizung und Beleuchtung unentgeltlich überlassen hat.
Die von dem B a d i s c h e n F r a u e n v e r e i n unterhaltene V o l k s b i b l i o t h e k versandte während des J a h re s insgesamt 9 ^ 0 8 B ände nach ausw ärts . Die Bibliothek um faßte am Ende des J a h re s 7 3 f2 Bände.
Über die Frequenz der K l e i n k i n d e r b e w a h r a n s t a l t e n (Kleinkinderschulen) in unserer S tad t liegen folgende M itteilungen vor. E s hatten im J a h re f 898 in p flege:
die Kleinkinderbewahranstalt 690 Kinder, von denen f05 im M utterhause (Erbprinzenstraße N o. \ 2 ) ’ 255 im Luifenhaus, 62 im Anstaltsgebäude in der Sophienstraße (No. 52), • 67 im Hilda haus (Scheffelstraße N o. 57), 6^ im Haufe in der Kapellenstraße (No. tfO, feit J u l i f 8 9 8 ; bis dahin W aldhornstraße No. 57), 85 in demjenigen in der Durlacher Allee (No. 3 6 , feit f. April f 8 9 8 ; bis dahin Lachnerstraße N o. 8) und ö'f in dem Haufe in der Augustastraße (N o. 3) untergebracht w a ren ;
die (katholischen) Kleinkinderbewahranstalten in der Stein straße (N o. 29) 3 2 0 , in der Sophienstraße (No. \7) 2<f0 und in der Luisenstraße (No. 29) etwa 220 ;
die Kleinkinderfchule am Schwimmschulweg (No. 6) durch schnittlich 80— 9 0 ;
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die Kleinkinderbewahranstalt im , S t. Franziskushaus (Grenz- straße N o. 7) durchschnittlich 50— 70 ;
die evangelische Kleinkinderbewahranstalt im Stadtteil Ncühl- burg (M arktstraße No. ( 6) durchschnittlich (2 H und
die von Niederbronner Schwestern geleitete katholische Klein« kinderschule im Stadtteil N lühlburg (Rheinstraße N o. 13) durch schnittlich 90— ( ( 0 .
2. Krmrnwesen.
(Armenpflege und IDohlthätigkeit.)
Der s t ä d t i s ch e A u s w a n d sür die A r m e n - und K r a n k e n p f l e g e betrug im Z a h r (898 2Hs 8 (8 N if. oder 6,9 Prozent des gesamten städtischen Aufwandes.
F ü r Enthebung von Neujahrsbesuchen und von Absendung von K arten wurden 2 26( N if. in den U)ohlthätigkeitsfonds ein bezahlt.
Don dem städtischen A rm enrat wurden insgesam t 2 500 P e r sonen unterstützt, ebensoviel a ls im vorhergehenden Ja h re .
Die Z a h l der Kinder, deren Unterbringung zum Zwecke der Zwangserziehung in einer Erziehungs- bezw. Besserungsanstalt oder in einer Fam ilie auf Erkenntnis des großherzoglichen A m ts gerichts erfolgte, betrug (0 9 .
Z n der von der Abteilung II des badischen Frauenvereins (für Kinderpflege) unterhaltenen „ K r i p p e " im Luisenhaus wurden im Durchschnitt täglich 35 Kinder verpflegt, in der im H ildahaus durchschnittlich täglich 20. Die Z a h l der Derpflegungstage belief sich in den beiden Krippen auf 9 506, bezw. 5 722. Neu aufge nommen wurden 8 5 , bezw. HO Kinder. Der Aufw and betrug für die Krippe im Luisenhaus 5 (Os NIk. 72 P fg „ für diejenige im H ildahaus 3 (53 NIk. 66 P fg . Z m Anschluß an die Krippe im H ildahaus wurde auf Anregung der Großherzogin der Der- such einer Heilstätte für rachitische Kinder gemacht, in welcher im ganzen 7 Kinder Aufnahm e fanden.
Von der Abteilung IV des badischen Frauenvereins (für Armenpflege und W ohlthätigfeit) hat der S o p h i e n - F r a u e n v e r e i n im Berichtsjahre an Unterstützungen gewährt Geld, ZUilch, Fleisch und dergl. im Betrage von 654 U lf., K ohlen' im Werte von 82 s Ulk. 90 P fg ., 2 570 Laib B rod zum Preise von 874 U lf. 82 P fg . und \ P 4 Portionen Essen aus deu Volfsfüchen zu 198 U lf. 25 P fg . Außerdem wurden auf Veraulaffung des Vereins 57 Kinder für je vier Wochen in das Solbad D ürrheim aufgenommen. Der A ufw and für dieselben betrug 2 702 U lf. \5 P fg .; zu dessen Deckung steuerten die Stadtgemeinde einen B eitrag von 400 U lf. und der Elisabethenverein einen solchen von 600 U lf. bei.
Von dem E l i s a b e t h e n v e r e i n wurden an arme K ranfe 96 s G aben an G eld, W ein, Fleisch, Suppen und Kohlen ausge teilt und außerdem 5 220 Portionen Essen aus der Volfsfüche angewiesen. A n Wöchnerinnen wurden \72 Speiseförbe und s60 Pfund Fleisch verteilt; außerdem wurden denselben Pflege, durch die bestellten Pflegerinnen, Kleidungsstücke, Kostgaben und der gleichen zugewendet.
Die drei V o l f s f ü c h e n haben zusammen 418 428 Portionen abgegeben, und zwar die Küche im Luisenhaus 2 5 9 0 5 5 , die in der Ritterstraße 79 954; und diejenige im fchlbahaus 99 W -
3 n der Ko c h s c h u l e des b a d i s c h e n F r a u e n v e r e i n s wurden wiederum 5 Unterrichtsfurse vou einer D auer von je 75 Tagen abgehalten. Die Z a h l der Teilnehmerinnen an allen Kursen betrug zusammen 75. Von diesen gehörten 54 K a rls ru h e , 54: dem übrigen B aden und 5 dem übrigen Deutschland an.
Abendfochfurse für Arbeiterinnen fanden 9 von je zehn wöchentlicher D auer statt. Dieselben wurden von zusammen 405 Teilnehmerinnen besucht.
F ü r das von dem badischen Frauenverein im G ftober s897 eröffnete „ k ) e i m f ü r G e s c h ä f t s g e h i l f i n n e n " (vergl. Thronif für f 897 5 . 67) wurde im Berichtsjahre ein eigenes Gebäude in der W itte der S tad t (Blumenstraße N o. j5) erworben. Neben dem schon bestehenden „ A r b e i t e r i n n e n h e i m " in der Leopold
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straße N o. 29) wurde ein weiteres in der Bahnhofstraße (No. 4) ins Leben gerufen.
Die im S t . F r a n z i s k u s h a u s (Grenzstraße N o. 7) befind liche K o c h s c h u l e zählte durchschnittlich 26 Zöglinge, die N äh- schule durchschnittlich 20 Schülerinnen. D as im gleichen Haufe untergebrachte Dienstbotenheim beherbergte vorübergehend 1(86 weibliche Dienstboten. Bei der Dienststellenvermittlung des Hauses gingen 469 Anfragen von Herrschaften ein, von welchen (41 befriedigt werden konnten.
Die K a r l - F r i e d r i c h - , L e o p o l d - u n d S o p h i e n s t i f t u n g (pfründnerhaus) zählte am Ende des J a h re s (898 58 Pfründner erster Klaffe und 65 P fründner zweiter Klaffe. Die (Einnahmen der Anstalt bestanden aus 74 054 M k. 3 p fg . laufenden (Ein nahmen und 5 002 Blk. 76 p fg . Grundstockseinnahmen; ihnen standen 76 448 N if. 56 p fg . A usgaben gegenüber.
Der V e r e i n g e g e n H a u s - u n d S t r a ß e n b e t t e l hat im Berichtsjahre 5 259 Personen unterstützt, 3 t mehr a ls im vor hergehenden Ja h re . Wegen fehlender oder sonst ungenügender Legitimation wurde niemand mehr abgewiesen, dagegen erhielten 70 Personen nur Nachtlager auf einer Pritsche, weil sie dringend verdächtig waren, gar nicht arbeiten zu wollen.
A uf die einzelnen N ionate verteilten sich die Unterstützten wie fo lg t:
J a n u a r 747 Personen J u l i . . 556 Personen Februar 560 „ August . 308 „ M ärz . 360 „ September 5fi4 „ A pril . 53 ( „ (Oktober . 454 „ M a i . 277 „ November 554 „ J u n i . 304 „ Dezember . 654 „
Der Heimat nach waren ( 258 aus P reußen , 9 (9 aus Bayern, 757 aus B aden, 655 aus W ürttemberg, 446 aus Sachsen, 44( aus (Österreich, 234 aus der Schweiz und 554 au s verschiedenen anderen Ländern.
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Der Beschäftigung nach waren \20 Schuhmacher, s49 Schreiner, 225 Bäcker, 5 s2 Schneider, 570 Schlosser; die übrigen gehörten den verschiedensten anderen Gewerben an.
W ie seither w ar unter den Unterstützten das jüngere Lebens alter (s6— 25 Ja h re ) überwiegend vertreten. Entsprechend einem Übereinkommen m it der Anstalt für Arbeitsnachweis wurden nur solche Personen unterstützt, welche vorher um Arbeit nachgesucht hatten und hierüber Bescheinigung vorlegten.
Wegen Mittellosigkeit und Krankheit erhielten 5s Personen Unterstützung durch G ew ährung von Eisenbahnsahrkarten.
Die Z a h l der M itglieder des Vereins betrug am Schluffe des J a h re s 2ft2 gegen 302 am Schluffe des J a h re s s897.
Die p e r b e r g e z u r H e i m a t gewährte vom s. November s897 bis zum gleichen T age des J a h re s s898 25 02 s Personen Unterkunft; 2537 Personen übernachteten in dem mit der perberge verbundenen G asthaus und 275 Personen wohnten als Pensionäre längere Zeit daselbst. A n 8 9^6 Personen wurde Mittagessen zum Preise von ^0 p fg ., an s s 605 solches zu 50 p fg . und an 395 s solches zu 70 p fg . verabreicht. Die gesamten E innahm en der A n stalt betrugen 98 2$ s MF. 72 p f g . , die Ausgaben 97 985 M i 7H P fg . D as Reinvermögen betrug am s. November s898 6^ 253 M i \8 p fg .
Der M ä n n e r - V i n c e n t i u s - V e r e i n K a r l s r u h e (St. S tephan- und Liebfrauen-c onferenz) zählte im Berichtsjahre 5 s aktive und 70$ passive M itglieder, sowie ein Ehrenmitglied. Die E innahm en des Vereins beliefen sich auf 7 056 M i 60 p fg ., die A usgaben auf 6 5 7 0 M i 5 p fg . In sg esam t wurden s77 Fam ilien m it 699 Köpfen unterstützt; außerdem trug der Verein zur U nterhaltung einer Anzahl von Kindern bei, welche in katholischen Anstalten untergebracht sind.
3. K rankenwesen. I m städtischen K rankenhaus wurden im J a h r s898 5 694
Kranke verpflegt (s897 : 5 757); die Z a h l der Verpflegungstage belief sich auf 77 0^0 (s8 9 7 : 75 2 -sp .
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A m ersten eines jeden M o n a ts w ar der Krankenstand folgender:
Z a h l der Kranken Z ah l der Kranken V J a n u a r 1 9 0 J u l i 477 V Februar 2 5 4 V August 4 8 2 V M ärz 2 5 6 September 20 \
A pril 224 s. Gktober 4 9 5 V M a i 204 4. November 2 1 4 V J u n i 488 \. Dezember 2 5 2 Der höchste Krankenstand w ar in den einzelnen M onaten
folgender: Z ah l der Kranken Z ah l der Kranken
2 6 . J a n u a r 2 5 6 H . J u l i 496 6. F ebruar 2 6 5 5 0 . August 498 4- M ärz 2 5 9 9 . September 240 7 . A pril 2 5 8 5 0 . Gktober 245 9 . M a i 2 2 5 29 . November 240 8 . J u n i 2 0 8 4 . Dezember 2 5 0
Der niederste Krankenstand w ar folgender: Z ah l der Kranken Z ah l der Kranken
2 . J a n u a r W 5 . J u l i 4 7 0 2 5 . Februar 254: 45 . August 464 2 \ . M ärz 2 \ 3 2 7 . September 490 5 0 . A pril 204 44. Gktober 485 5 V M a i 4 8 8 45. November 2 0 7 2 6 . J u n i m 49. Dezember 492
Die Z ah l der Konsultationen der S t a d t ä r z t e belief sich im J a h r \ 8si8 auf 57 0 9 4 , diejenige ihrer Hausbesuche auf \2 5{2 . Die Z ah l der Konsultationen des H e i l g e h i l f e n betrug 45 740, die feiner Hausbesuche 520.
3 m L u d w i g - W i l h e l m - K r a n k e n h e i n r wurden in s gesamt { {77 Personen verpflegt (444 in der gynäkologischen A b teilung, 525 in der Augenabteilung und 245 im Wöchnerinnen asyl). Die Z a h l der Verpflegungstage betrug in der gynäkolo gischen Abteilung 7 425, in der Augenabteilung fl 508 und im Wöchnerinnenasyl 2 5 4 7 ; \5 506 Verpflegungstage entfielen auf
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Erwachsene (ohne Wöchnerinnen), 3 557 auf Kinder (ohne die im Asyl neugeborenen), privatpflege wurde in 5 s66 Pflegetagen geleistet.
Die e v a n g e l i s c h e D i a k o n i s s e n a n s t a l t zählte am September \898 \62 Diakonissen, 7^ Probeschwestern und 5
Vorprobeschwestern. I n den Krankenhäusern und den Spitälern der S tad t und auf den Stationen wurden in der Zeit vom V Sep tember s897 bis V September s898 H 6s8 Kranke und 8^ P fründner verpflegt. P r iv a t- und Armenpflege wurde an sOH6 s Personen geleistet. Die M arthaherberge beherbergte s 5 sO Dienst mädchen; ^0 9 0 Herrschaften suchten Dienstmädchen, 2 280 Dienst mädchen suchten Stellen, \ 6^7 Dienstmädchen erhielten Stellen. I n der M arthaschule waren am s. September s 898 20 Schülerinnen. I m M arth ah e im wohnten 8 Pensionärinnen, 7 Damen nahmen in demselben vorübergehend Aufenthalt.
I n dem S t . V i n c e n t i u s h a u s wurden im J a h re s898 992 Kranke in 25 s00 Verpflegungstagen verpflegt.
Die durchschnittliche Z ah l der M itglieder aller der städtischen Arbeiterversicherungskommission unterstellten K r a n k e n k a s s e n der S tad t (5 Mrtskrankenkassen, j Innungskrankenkasse und \7 Be- triebs-(Fabrik-)Krankenkassen) betrug im Berichtsjahre 26 628. Die A usgaben der Kassen beliefen sich auf 6 ss 9jl9 M k. 80 Pfg., ihre E innahm en auf 689 99 l M k. 59 p fg . — Über alle weiteren Einzelheiten vgl. m an die „Beiträge zur Statistik der S tad t K a rls ruhe, herausgegeben , vom Statistischen A m t, N o. 6 : Kranken kassenstatistik für s898."
Geistlicher Rat I . Benz. Gest. 1898.
(ZU S . 97 .)
Nach einer Photographie von Th. Schuhmann u. Sohn in Karlsruhe.
VII.
Versammlungen, Feierlichkeiten und Festlich keiten, Ausstellungen und Sehenswürdigkeiten.
V 111 s6 . J a n u a r hielt die „ D e u t s c h e V o l k s P a r t e i i n
B a d e n " im G asthaus zum goldenen Adler einen P a r teitag a b , den ersten seit ihrer T rennung von der freisinnigen Partei, und nach dem konstituierenden T age von (Dsfenburg. Den Vorsitz führte Rechtsanwalt (D. M user von G ffenburg ; a ls Redner traten u. a. auf der Vorsitzende des weiteren Ausschusses der P arte i, Landtagsabgeordneter Professor D r. A . Heimburger aus K arlsruhe, und Leopold Bonnemann aus Frankfurt a. M .
A m 27. F eb ruar tagte in der W irtschaft zur deutschen (Eiche die „ Z w e i t e K o n f e r e n z d e r s o z i a l d e m o k r a t i s c h e n B ü r g e r a u s s c h u ß m i t g l i e d e r B a d e n s " , welche von etwa sechzig Teilnehmern aus K arlsruhe, Pforzheim, M annheim , Laden burg, Königsbach und Neckarau besucht w ar. Zweck der Ver sammlung w ar die Stellungnahm e zu der Revision der Städte- ordnung.
Unter dem Vorsitze des Landtagsabgeordneten G konom ierat A. Schmid aus Tauberbischofsheim fand am 9 . M a i im S aale des Weißen B ären die \ G e n e r a l v e r s a m m l u n g d e r l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n K r e d i t g e n o s s e n s c h a f t e n B a d e n s statt, an welcher u. a. M inisterialrat K rem s und Geh. R egierungsrat
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M ärk lin a ls Vertreter der großherzoglichen Regierung, der P räsi dent des landwirtschaftlichen Vereins, Landtagsabgeordneter P . Klein au s M ertheim, der Direktor des landwirtschaftlichen Aonsumver- bandes, Kommerzienrat F . Reiß, und a ls Vertreter der rheinischen Hypothekenbank in ZHaimheim Geh. H ofrat Dr. Hecht aus M an n - Heini teilnahmen. Von den \7 6 Vereinen des Verbandes, welche etw a 25 000 M itglieder zählen, waren {32 vertreten.
A m folgenden T age fand unter dem Vorsitze des Kom m er zienrats Reiß der l 5. V e r b a n d t a g d e r l a n d w i r t s c h a f t l i chen K o n s u m v e r e i n e B a d e n s statt.
A m 28. und 29 . J u n i hielt der w i s s e n s c h a f t l i c h e P r e d i g e r v e r e i n B a d e n s im S aale des Meißen B ären seine 5 ^ . H auptversam m lung ab und
am 50. des gleichen M o n a ts im S aale des Prinzessin - M il- H elm -Stifts der 780 ordentliche und außerordentliche Mitglieder zählende V e r e i n b a d i s c h e r L e h r e r i n n e n seine s t . General versam m lung. Über die au s diesem Anlasse gehaltenen Vorträge vgl. inan K apitel XI.
A m 9 . August tagte im großen R athaussaale der L a n d e s n u s s c h u ß d e r b a d i s c h e n G e w e r b e v e r e i n e unter dem Vorsitz seines Präsidenten des P riv a tm an n s R . Vstertag aus K arlsruhe. Die Verhandlungen betrafen die N euorganisation der Gewerbe vereine und die Stellungnahm e zu den Innungsbestrebungen, die W ahlen zu den Handwerkskammern und das neue Norm alstatut der Gewerbevereine. Über letzteres hielt Geh. M berregierungsrat B ra u n einen einleitenden V ortrag . A ußer demselben waren auch G eh. R a t G . v. Stösser und Bürgermeister K räm er bei den Ver handlungen zugegen.
A m 26. und 27. August hielt der V e r b a n d d e r a l l g e m e i n e n d e u t s c h e n l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n G e n o s s e n s c h a f t e n im kleinen S aale der Festhalle seinen {%. Verbandstag ab . Derselbe w ar von ungefähr 500 Personen besucht. Die badische, die hessische und die württembergische Regierung hatten Vertreter entsandt, ebenso die deutsch-österreichischen Genossen schaften und die französischen landwirtschaftlichen Genossenschaften; auch w ar der Vorsitzende des internationalen Genoffenschaftsver
bandes, Präsident Henry W ulff au s London, erschienen. Der P räsi dent des M inisterium s des In n e rn Geh. R a t Eisenlohr, der zum Ehrenpräsidenten der V ersam m lung ernannt worden w ar, begrüßte die Teilnehmer an derselben im N am en der großherzoglichen Regierung, Bürgermeister K räm er überbrachte den W illkommen gruß der S tad t. Den Vorsitz bei den Verhandlungen führten abwechselnd Okonom ierat Schmid au s Tauberbischofsheim, Okono- m ierat D r. Hillmann aus Mecklenburg und der Verbandsdirektor der pfälzischen Genossenschaften, Rechtsanwalt Bangartz aus Lan dau. Den Jahresbericht erstattete Geh. R egierungsrat H aas au s Offenbach, der A nw alt des Verbandes. Nach demselben belief sich die Z ah l aller eingetragenen Genossenschaften in Deutschland im Berichtsjahre auf s5 60 0 , die der landwirtschaftlichen allein auf I { 85^. Vorträge hielten Verbandssekretär p h . Riehm au s K arlsruhe über die Entwicklung des landwirtschaftlichen Genossen schaftswesens in Baden und Kreiswanderlehrer Höcker aus Radolfzell über die Bedeutung der Winzergenossenschaften, insbesondere für Baden. Ferner berichteten Direktor Biernatzki au s Kiel über die Frage der Anstellung eines Generalrevisors für die Tentralkaffe des allgemeinen Verbandes, D r. H illm ann nam ens des V erbands direktors v. Blankenburg in Pom m ern über die O rgan isation des Butterabsatzes in Deutschland, Verbandsdirektor P asto r O ls - hauscn aus M assel in Schlesien über den A n trag auf Abfassung einer Geschichte des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens, Generalsekretär D r. R abe aus Halle über die Grundsätze der Kreditgewährung an Kornhausgenossenschaften, Landgerichtsrat D r. Meifel aus Darm stadt über die F rag e , wie ist der m it E in führung des bürgerlichen Gesetzbuches drohenden Entrechtung der in Vereinsform bestehenden sogenannten „freien Genossenschaften" am wirksamsten zu begegnen?, Geschäftsführer Dettweiler aus Gießhübel über die Lage des Thomasmehlgeschäfts, ZITayer aus B reslau über die Grundsätze einer gleichmäßigen Nmsatzberechnung und endlich O konom ierat D r. Havenstein aus B onn über die Möglichkeit einer einheitlichen technischen und kaufmännischen Buch führung für Genossenschaften, speziell für Molkereien.
A n den Kaiser und an den Großherzog wurden H uldigungs telegramme abgesandt. Nach Schluß der Verhandlungen am
zweiten Verhandlungstage fand im großen Saale der Eintracht ein Festmahl statt; für den Abend hatte die S tadt ein Gartenfest im Stadtgarten veranstaltet. A m 28. unternahmen die Teilnehmer Ausstüge nach B aden und nach Triberg.
Der 22 \ Vereine m it über ^ 000 ordentlichen und 5 000 außerordentlichen M itgliedern umfassende V e r b a n d de r k a t h o l i s chen A r b e i t e r v e r e i n e Süddeutschlands hielt unter dem Vorsitze des D om kapitulars D r. G utm ann aus Freiburg am 2ß. und 50. August im Saale des Kaffees Nowack seinen V III. Dele giertentag ab. Hauptgegenstand der Beratungen w ar das T hem a: „ W a s können S taa t, Gemeinde, die Arbeitgeber und die Arbeiter selbst zur Schaffung eines gesunden, leistungsfähigen Arbeiterstandes beitragen und w as ist auf diesem Gebiete schon geschehen?" Zu diesen Fragen sprachen Landtagsabgeordneter Eckart aus S tu tt gart, Redakteur Schmidt aus M ünchen und Redakteur Erzberger aus S tu ttg a rt; auch wurden verschiedene auf diese Fragen bezüg liche Resolutionen gefaßt. A ls Vertreter der großherzoglichen Regierung wohnte Geh. G berregierungsrat Freiherr v. B odm an, a ls Vertreter der S tad t S tad tra t W illiard den Verhandlungen an. B ei einer am Abend des 28. zu Ehren der Delegierten und der geladenen Gäste veranstalteten Begrüßungsfeier im Kolosseum wurden Telegramme an den Großherzog, den neuerwählten Erzbischof D r. N örber und den Weihbischof D r. Knecht in Frei burg abgcsandt.
A m 1^. November tagte im großen R athaussaale die Haupt- Versammlung des L a n d e s a u s s c h u f s e s d e r B a d i s c h e n M ä n n e r h i l f s v e r e i n e unter dem Vorsitze des (Obersten z. D. Stiefbold. Dieser selbst berichtete über die Aufgaben und Ziele der M ännerhilfsvereine nnd über die Friedensthätigkeit der freiwilligen Sanitätskolonnen, während Hofapotheker Ströbe einen V ortrag über die Thätigkeit der Delegierten der freiwilligen Krankenpflege hielt.
A m fst. November hielt der V e r e i n b a d i s c h e r T i e r ä r z t e im Hotel zum Erbprinzen seine 52. ordentliche Generalversammlung a b , der M inisterialrat D r. K rem s und Regicrungsrat Hafner beiwohnten.
Der im Z ahrs (Sß'f gegründete V e r b a n d d e r V e r w a l t u n g s b e a m t e n d e r M r t s k r a n k e n k a f f e n u n d B e r u f s -
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gen o f f e n D e u t s c h l a n d s hatte am 50. November im G asthaus zum meisten B ären eine Zusammenkunft. Bei derselben wurde die (Errichtung einer Bezirksgruppe für das G roßherzogtum Baden beschlossen und zu deren Vorsitzenden K ontrolleur A. See- m ann aus K arlsruhe gewählt.
2 . Der G eburtstag des K a i s e r s und derjenige des G r o ß -
h e r z o g s wurden im Berichtsjahre in der hergebrachten Weise festlich begangen. Die Häuser der S tad t w aren beflaggt. F rüh morgens ertönte Glockengeläute und der Donner von sOf K anonen schüssen. Z n t Lause des v o rm ittag s fanden Festgottesdienste in den Kirchen sta tt; am N achm ittag folgten verschiedene Festessen, am Abend Bankette. Bei dem Festessen, welches die Spitzen der T ivil- und M ilitärbehörden im M useum vereinigte, hielt jeweils Staatsm inister D r. Nokk die Festrede. Dieselbe lautete an K aisers geburtstag folgenderm aßen:
„hochansehnliche Festversam m lung! h e u te , da w ir m utigen uud - zukunftsfrohen Herzens das .Geburtsfest
des Kaisers feiern, dem wir Treue halten werden allezeit, senkt sich das alte M ort P in d a rs in unsere Seele: „Steil gehen der Vollendung P fade".
Nicht leicht geworden ist unserem kaiserlichen H errn des Reiches F ührung . Die glanzvollen J a h re w aren vorübergerauscht; nach den tragischen neunzig Tagen des kaiserlichen Dulders hatte der graue W erktag m it seinen schweren Aufgaben und den harten Gegensätzen der In teressen Licht und Freude ver hüllt. M anchmal riefen w ir m it dem D ichter: „Nicht im Laub und auf den B äum en, in den Herzen m uß es keimen, w enn es besser werden soll." Aber vorw ärts ging es doch im zähen R ingen. Der Deutsche hatte das unschätzbare Bewußtsein wieder erlangt, das Glied eines großen Volkes zu sein. M o auch auf Erden er sein Mesen und seine K raft entfaltete, fühlte er über sich seines V aterlandes schützende Hand. Die W elt sah deutsche Arbeit wachsen und gedeihen uud unser K a u fm an n , der noch zu den Z eiten der Renaissance im eigenen Hause zu L ondon, im Stahlhofe, saß und seine S ä le von ho lbein schmücken ließ, er um spannt wieder die E rde m it seinem Schaffen und W agen.
Uber all' diesem w erdenden wacht in treuer Sorge der Kaiser. D as deutsche Reich ist ein Reich des Rechts und des Friedens. Aber Deutsch land will all' seinen K indern ein menschenwürdiges Dasein sichern und braucht freie B ahn , w i r dürfen diesen „Platz an der Sonne" auch fordern, denn wo immer w ir auftreten, soll die K u ltu r ihren E inzug halten und die milde S itte des V aterlandes. W ir wollen m it den Völkern d e r 'E rd e G ü te r tauschen und
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die Schätze des G eistes, die w ir heilig behütet haben, auch in den trübsten Tagen. D as in Freiheit geeinte deutsche Volk wird seiner großen Aufgabe, ein Rüstzeug der Livilisation zu sein, gerecht werden, es wird alle Müdigkeit abschütteln und sich des Wortes von Fischart erinnern: „Unverdrossen und allgemach werden verricht' die schwersten Sach."
voran geht uns der willenskräftige Kaiser, den kein grämlicher Geist, kein scharfes Streiten schreckt, der jede Trägheit und allen Widerstand über windet mit den einfach großen M itteln treuer Arbeit und weisen Maßhaltens. Rufen Sie mit mir in freudiger Begeisterung: Der Deutsche Herrscher „stolz im Denken, stark im Thun" S e i n e M a j e s t ä t K a i s e r w i l h e l i n II. l e b e hoch, hoch, hoch!"
Der kommandierende G eneral des XIV. Armeekorps, General- ad ju tan t des K aisers von B ülow feierte im Anschluß daran den Großherzog in folgender Ansprache :
„Meine Herren! I n Ehrerbietung und treuer Hingebung haben wir unseres kaiserlichen
Herrn gedacht, der in seiner erhabenen Person das geeinte Vaterland verkörpert. Lassen Sie uns nun dem guten alten Brauche folgend, in gleicher Ehrerbietung und mit warmem Herzen die Blicke erheben zu dem edlen deutschen Mann auf dem Throne, der einst einer der thätigsten und erfolgreichsten Mitbegründer der Einheit unseres Volkes w ar und der nunmehr unseres Kaisers treuester Freund und Bundesgenosse, sein uneigennützigster Ratgeber, der des Reiches festeste Stütze ist.
I n wenigen M onaten werden es 46 Ja h re fein, daß G r o ß h e r z o g F r i e d r i c h mit W eisheit, Gerechtigkeit und M ilde, mit nie rastender und immer gleicher Pflichttreue und Freudigkeit die Geschicke seines angestammten Landes leitet. Das Geschlecht, welches zur Zeit seiner Thronbesteigung lebte, ist zum weitaus größten Teile dahingegangen und selbst d ie , die als Jü n g linge dem Prinz-Regenten von Z852 hoffnungsvoll zujubelten, tragen heute den Schriee des Alters auf den Häuptern.
Meine Herren! W enn schon die Fürstenwürde an sich Ehrfurcht gebietet, wenn das hohe Alter als solches ein natürliches Anrecht auf Ehrerbietung besitzt, — e i n e Empfindung gibt e s , die muß e r w o r b e n werden, wenn sie in den Herzen Wurzel fassen, gut verankert sein soll, das ist die L i e b e . Diese Liebe, G r o ß h er z og F r i e d r i c h besitzt sie in einem Maße, wie es wohl wenigen Fürsten vergönnt ist, er besitzt sie, weil er sie erworben hat, und viele Länder dürfen unser gesegnetes badisches Land beneiden wegen des schönen, reinen, ungetrübten Verhältnisses zwischen Fürst und Volk. W ir aber wollen zu G ott hoffen, daß es unserem Großherzoge noch lange Ja h re vergönnt sein möge, sich neben der allgemeinen Ehrerbietung der Liebe seines Volkes zu erfreuen, an der Seite seiner edlen G em ahlin, der Tochter unseres großen Kaisers. Meine Herren! Seine Königliche Hoheit G r o ß h e r z o g F r i e d r i c h hoch! h o c h ! ho c h ! "
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Die Festrede des S taatsm iniftcrs D r. Nokk bei der Feier des G eburtstages des Großherzogs hatte folgenden W o rtla u t:
„kfochansehnliche Festversam m lung!
Weiser M änner, die u ns w o h lth a ten spenden, sollen w ir an jedem T ag in dankbarer Verehrung gedenken, Heute feiern w ir einm ütigen S in n es das G eburtsfest des Fürsten, der nach dem schönen W ort des amerikanischen Denkers die edelste W eisheit in sich trä g t: die W eisheit der Menschenliebe.
L in langes, köstliches Leben liegt h inter unserem erhabenen Landesherrn. L r ha t in der T h a t das Dichterwort w ah r gemacht: „ v o n e i n e r A rbeit dient die andere zum (Erholen." F ü r das deutsche V aterland und die schöne Heimat h a t Großherzog Friedrich allezeit die höchsten K räfte eingesetzt, selbstlos und in jener Zuversicht, „die G o tt zum B egleiter hat." I n einem solchen Leben werden w ir nicht alt, sondern jung.
G ew altiges hat der Königliche H err wirken sehen und hierbei Treue gehalten in deutschem S inne, Heute, da auch der machtvolle Geist, der unserm großen Kaiser geholfen h a t , das Reich zu g ründen , von u n s gegangen ist, der H eros, dessen N am e nicht untergehen w ird , so lange ein deutscher Laut auf L rden erklingt, heute scharen w ir u n s noch fester um den Reichsfürsten, der zu aller Z eit, in W ort und T hat, um des V aterlandes G röße und W ohl fah rt sich gemüht hat und sich m ühen wird m it der ganzen K raft seiner reichen Seele und seines von allem Kleinlichen abgewandten, durch die Fülle der E rfah rung getragenen ernsten Denkens.
Die Z eit hat u n s das Höchste gebracht: D as geeinte V aterland und die eine neue Epoche einleitenden großen Gedanken der sozialen Reform . Aber die schweren K äm pfe auf allen Gebieten w arfen auch tiefe Schatten und schienen manchmal die Freude an der großen Z eit völlig zu trüben. N ic h t unserm allgeliebten L andesfürsten, der stets das edle W ort „ Ich vergesse so gern" im Herzen getragen. E r hat nie aufgehört, an sein Volk zu glauben und nie geschwankt in dem V ertrauen auf die schönste und herrlichste E n t faltung der zusammengefaßten deutschen K räfte.
Möge der Fürst, den ein ganzes Volk verehrt, noch lange, lange J a h r e mit der hohen K raft seiner Menschenliebe des G u ten Fülle verbreiten, beglücken, trösten, schirmen, u n s Allen ein hehres Vorbild sein! Z u ihm wollen w ir aufschauen im K am pfe des deutschen Lebens und auf sein geheiligtes Hmipt herabflehen allen Segen, den der allmächtige G o tt den Menschen gew ähren kann.
R ufen Sie m it m ir: Der hochsinnige Fürst von fruchtbarstem Schaffen fü r sein L an d , der
mildeste, gütigste Herrscher, der deutsche Reichsfürst ohne w a n k e n , der V ater seines dankbaren Volkes, Seine Königliche Hoheit G r o ß h e r z o g F r i e d r i c h v o n B a d e n l e b e hoch! hoch! hoch! "
A m 30. J u l i w ar in Friedrichsruh B i s m a r c k , der letzte und größte der großen M änner, welche in Deutschlands herrlichster
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und ruhmreichster Zeit Kaiser W ilhelm I. zur Seite gestanden, gestorben. Die Kunde von diesem weltgeschichtlichen Ereignisse wurde in der S tad t m it allgemeiner Teilnahm e ausgenommen. Die T agesblätter widmeten dem großen Toten Nachrufe, einige derselben erschienen mit T ra u e rra n d , andere gaben besondere Gedenkblätter h e ra u s , die Schilderungen einzelner denkwürdigen Ereignisse aus dem Leben des Dahingeschiedenen u. a. enthielten. Die öffentlichen Gebäude und verschiedene Privatgebäude hißten die Flaggen halbmast oder hängten m it T rauerflor umhüllte Fahnen aus. A m T age der Beisetzung trugen das R ath au s und der M arktplatz Trauerschmuck. Der S tad tra t w ar alsbald nach dem Eintreffen der Nachricht zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengetreten, an welcher auch die M itglieder des geschäfts leitenden Vorstandes der Stadtverordneten teilnahmen. (O b e rb ü rg e r meister Schnetzler gab der tiefen T rau er Ausdruck, welche das perz eines jeden Vaterlandsfreundes erfüllte und die Anwesenden erhoben sich in ehrendem Andenken an den Verewigten von den Sitzen. E s wurde beschlossen ein Telegram m an den Fürsten perbert Bismarck, sowie einen K ranz nach Friedrichsruh zu senden. D as Telegram m hatte folgenden W o r tla u t:
„Tieferschüttert durch die Nachricht von dem Tode des großen Staats» mannes bekunden wir Eurer Durchlaucht das herbe Leid, welches die patrio tische Bürgerschaft unserer Stadt heute mit Ih n en und Ih re r Familie empfindet, und die unwandelbare Dankbarkeit, die sie dem verewigten (selben in aller Zukunft zollen wird."
Auch von anderer Seite wurden Kränze abgeschickt, so von den Professoren der Technischen pochschule und von dem national- liberalen Verein K arlsruhe. Einzelne Vereine und die Schulen veranstalteten Gedächtnisfeiern, letztere, da Ferien waren, erst einige Zeit später, wie z. B . die Technische Hochschule am 26. November und am gleichen Tage im kleinen Saale der Festhalle die städtischen Volksschulen. E ine allgemeine Gedächtnisfeier konnte im Berichts jahre nicht mehr abgehalten werden, da wegen des Umbaues der Festhalle der große S a a l der Festhalle nicht benützt werden konnte; w ir werden über diese Feier im nächsten Jah rg än g e der Chronik zu berichten haben. W ohl aber erließ schon einige Wochen nach dem Tode Bism arcks ein aus M ännern der verschiedensten Parteirichtung
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-gebildetes Komitee einen A ufruf zur Errichtung eines Bism arck denkmals in unserer Stadt.
A m \2. 3 u n t feierte die f r e i w i l l i g e F e u e r w e h r des S t a d t t e i l s 2Tt ii h 1 b u r g das Fest ihres fünfzigjährigen Bestehens. A m B orm ittag fand ein Festakt auf dem Festplatze statt, bei welchem der Amtsvorstand Geh. (Oberregierungsrat Freiherr v. B od- m att die Glückwünsche des Großherzogs und der großherzoglichen Regierung überbrachte und an fünf Feuerwehrleute das E hren zeichen für fünfundzwanzigjährige Dienstzeit überreichte, während (Oberbürgermeister Schnetzler im N am en der S tad t und des S tad t rates das K orps beglückwünschte und an fünf andere M itglieder desselben die von der S tad t gestiftete M edaille für eine vierzig jährige Dienstzeit übergab. Der K om m andant des K orps, M a u re r meister F r. Pfeifer, sprach seinen und seiner K am eraden Dank aus, den er m it einem poch auf den Großherzog und die S tad t schloß, w orauf die Übergabe einer von den F rauen und Ju n g frau en des Stadtteils gewidmeten Fahnenschleife und eines goldenen' Kranzes für die Fahne des K orps erfolgte. E in von den Gesang vereinen Kasino-Licdcrkranz und Frohsinn vorgctragenes §ied beschloß diesen Akt der Feier, ebenso wie ein solches ihn einge leitet hatte. 3 m Anschluß daran fand eine Probe am Steighause statt. A m Nachm ittag w ar Festessen im G asthaus zum pirsch, während welchem an den Großherzog und den Erbgroßherzog puldigungstelegram m e abgeschickt wurden. U m halb vier U hr bewegte sich der Festzug, an welchem fast alle Vereine des S tad t teils teilnahmen, durch die festlich geschmückten S traßen nach dem Festplatz, p ie r hielt K aufm ann Karcher die Festrede, in welcher er einen kurzen Überblick über die Geschichte des K orps gab, dessen Errichtung seiner Zeit vornehmlich auf Anregung des ehe maligen Stadtpfarrers D r. (Otto erfolgt w ar und von dessen Gründern noch drei die Feier des fünfzigjährigen Bestehens m it begehen konnten. E ine gesellige U nterhaltung auf dem Festplatze und ein darauf folgender Festball im „pirsch" beschlossen den T ag .
Z u r E rinnerung des T ages, an dem vor fünfzig Z ehren (2f . September \ 8^8) durch das Auftreten Z ohann Micherns in
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W ittenberg die „ I n n e r e M i s s i o n " ins Leben gerufen wurde, fand am Nachm ittag des s7. September im Evangelischen Ver- einshaus eine zahlreich besuchte Gedenkfeier statt. Nach einer ein leitenden Ansprache des P fa rre rs M au re r hielt der Vereinsgeist- liche Bender einen V ortrag über „Wichern auf dem Kirchentage zu W ittenberg." E s folgte sodann ein geistliches Lied, an das sich eine Ansprache des S tad tp farrers M ühlhäußer anschloß.
W ir verweisen in diesem Zusam m enhangs auf die in der Zeit vom p . bis p . Oktober während eines Instruktionskurses für innere M ission im Evangelischen Vereinshause gehaltenen V orträge, welche in K apitel XI. verzeichnet sind.
Wenige T age nach der oben geschilderten Feier, am 25. und 26. September, beging der B a d i s c h e L a n d e s v e r e i n d e s A l l g e m e i n e n e v a n g e l i s c h - p r o t e s t a n t i s c h e n M i s s i o n s v e r e i n s die Feier seines Iahrssfestes. Dieselbe begann mit einem Festgottesdienst in der Stadtkirche am Abend des 25., eines Sonn- -tags, bei welchem P fa rre r K a rl aus Sand die Festpredigt hielt und der Verein für evangelische Kirchenmusik mitwirkte. Bei dem darauffolgenden Fam ilienabend im Weißen B ären sprachen Professor Bassernrann aus Heidelberg über die Berechtigung der M ission und die A rt und Weise, wie dieselbe betrieben werden solle, S tad tp farrer v. Schoepffer aus M annheim über den Stand der M ission in J a p a n und E h ina und Prediger Lempfuhl aus Berlin, der Generalsekretär des Vereins, über das neue M issions unternehmen in Kiautschou. Die Tagesordnung der am folgenden Tage abgehaltenen Laudesversammlung und Missionskonferenz bildeten verschiedene innere Angelegenheiten des Vereins.
A m ch Dezember, dem 2. Adventsonntag, wurde die feierliche Benediktion der für die Katholiken der Weststadt erbauten N o t ki r che S t . B o n i f a z durch S tadtpfarrer Albert von Ettlingen unter M itw irkung der p farrkuraten K . Brettle und F r. Isem ann vollzogen. Die Festpredigt hielt Geistlicher Lehrer F r. Iester, das levitierte Hochamt wurde von p fa rrk u ra t A . Link celebriert, dem Geistlicher Lehrer Iester und der K ap lan der neuen Kirche assistierten. A n der Feier nahmen zahlreiche G läubige teil, darunter Ver treter des katholischen V berstiftungsrates, die sämtlichen Mitglieder
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-es katholischen S tiftungsrates, die Dam en des Param entenvereins und Abordnungen der katholischen Vereine der S tadt.
Die neue Kirche, aus einem an die Goethestraße und die Sophienstraße anstoßenden platze stehend, wurde in der kurzen Zeit von vier M onaten erbaut. Sie ist a ls polzfachwerkbau au f geführt und faßt bei einer Länge von 50 und einer Breite von 15 M eter etwa I 000 Personen.
Ö.
A m 15. und 16. Februar stellte Professor p . V o l z in seinem Atelier in der poffstraße das M odell der für das K a i s e r d e n k m a l i n E s s e n bestimmten Reiterstatue Kaiser W ilhelm s I., sowie einen zu demselben gehörenden Löwen in Bronzeguß aus.
Vom Iß. bis A pril veranstaltete der R a d i e r v e r e i n K a r l s r u h e im Lokale des Kunstvereins eine s c h w a r z - w e i ß e A u s s t e l l u n g , die gegen zweihundert Radierungen, Lithographien und Holzschnitte von G ra f Kalckreuth, Professor K allm orgen, 1}. v. Volkmann, F r. poch, p . Gattiker, G . K am pm ann u. a. umfaßte.
3>n Rückblick auf eine vierzigjährige künstlerische Thätigkeit in unserer S tad t — er w ar im 3 a h re 1858 als Schüler Lessings zum ersten M a l nach K arlsruhe gekommen, das er dann zum bleibenden Aufenthalte wählte — veranstaltete M a le r A u g u s t p ö r t e r im 3 " l i in feinem Atelier in der Bismarckstraße eine Ausstellung eigener Werke. Neben zahlreichen Landschaften, die durch ihre (Eigenart den Beschauer fesselten, erregten vornehmlich auch einige Bildnisse, darunter ein solches von Scheffel und ein anderes von (Eduard Dcvricnt, die Aufmerksamkeit der Besucher.
3>n November und Dezember brachte der 3 n h ab er der po f- kunsthandlung 3 - Velten, K . Kellner, eine in feinem Besitze befind liche Sam m lung von O r i g i n a l a q u a r e l l e n K a r l s r u h e r K ü n s t l e r und in Verbindung dam it eine Anzahl hervorragender Kunstblätter nach alten und modernen Meistern zur Ausstellung.
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A uf Anordnung der Großherzogin wurden an den letzten T agen vor Weihnachten in der T urnhalle der Viktoriaschule drei große T r a n s p a r e n t b i l d e r , die Verkündigung der G eburt Thristi, die Anbetung der p irten und die Flucht nach Aegypten, welche poftheaterrnaler A . W o l f nach berühmten Meistern au s geführt h a tte , ausgestellt. Z u Gunsten des Ludwig -W ilhelm - Krankenheirns wurde von Erwachsenen ein E intrittsgeld von 20 p fg . erhoben, während Kinder freien E in tritt hatten.
I n der Ku n s t s t i c k e r e i s c h u l e d e s B a d i s c h e n F r a u e n v e r e i n s w ar im J a n u a r eine große Anzahl verschiedener Gegen stände, wie Stickereien, M alereien, Webereien, Holzbrandmalereien und seine Porzellane, aus allerhöchstem privatbesitz und eine von der Großherzogin überlassene Sam m lung Photographien von der internationalen Ausstellung in Stockholm ((897) ausgestellt, und im J u n i die von der Großherzogin für die Verlosung zu Gunsten des Ludwig-W ilhelm-Krankenheims gefertigten Landarbeiten.
I m großherzoglichen K u p f e r s t i c h k a b i n e t t in der Kunst* Halle wurden während des B erichtsjahres u. a. vorübergehend ausgestellt B lätter photographische Ansichten der Schloßkirche zu W ittenberg, die von Zeichenlehrer K. G utm ann in K arlsruhe angefertigten Aquarellkopien der spätgotischen W andgemälde der Burgkapelle auf Schloß Zwingenberg, das Werk Roffis über die christlichen M osaiken der Kirchen R om s, die Chrom olithographien der A rundel - Society — farbige Reproduktionen, meist nach Gemälden oberitalienischer Renaissancemeister — , sowie Nach bildungen der meisten Gemälde A . B öcklins;
im großherzoglichen K u n s t g e w e r b e m u s e u m u. a. durch den Centralverein für das gesamte deutsche Buchgewerbe eine 526 Tafeln ausgewählter Werke der namhaftesten Meister um fassende S am m lung moderner deutscher Holzschnitte.
Die L a n d e s g e w e r b e h a l l e endlich beherbergte von M itte November bis M itte Dezember eine von den F irm en F . M ay e r und Co., Gebrüder pim m elheber (M öbelfabrik) und E d . Beck (Tapetenfabrik) veranstaltete Ausstellung von keramischen und kunst gewerblichen Erzeugnissen.
Z u den ständigen Ausstellungen unserer S tad t gehört seit einer Reihe von J a h re n auch eine a r c h i v a l i s c h e A u s s t e l l u n g im großherzoglichen G e n e r a l - L a n d e s a r c h i v . Dieselbe wurde im Berichtsjahre neu aufgestellt und enthält wertvolle und interessante Stücke zur Reichs-, Kirchen- und Landesgeschichte (Pergamenturkunden, Aopialbücher, Lehenbücher u. s. w.).
VIII.
Verkehrswesen.
m ber den j ) o st - u n d T e l e g r a p h e n v e r k e h r von
K arlsruhe im J a h re (898 liegen folgende Ein gaben v o r :
Briefsendungen (Briefe, Postkarten, Drucksache», w aren- proben): ab U IN 628 St.
an 8 7*9 386 „ Packete ohne W ertangabe: ab 450 629 „
an 739 665 „ Briefe und Packete mit W ertangabe: ab
an 56 243 67 850
"
W ert derselben: ab 75 (53 959 M. an 25t 3(2 895 „
Nachnahmesendungen: ab 80 675 St. an 78 353 „
W ert derselben: ab an
820 93t t t 99 935
m.
Postaufträge: ab an
28 2>t t6 538
St.
Betrag der angekommenen Postaufträge: t 8-t5 370 M. Postanweisungen: ab -tOt 28-t St.
an -t9S 862 „ Betrag derselben: ab 23 9-t5 <(77 m.
an 32 (89 -(OS „
Telegramme: ab {s ausländische: t (O 960 St. 3OO-t9 „
an (inländische und ausländische): ((2 592 „
Vergleicht m an diese Verkehrsziffern m it denjenigen des v o r hergehenden Wahres, so ergiebt sich für w eitaus den größten Teil derselben wiederum eine teilweise nicht unbedeutende Zunahm e. Zurückgegangen ist allein die Z a h l der hier aufgegebenen, sowie der hier eingegangenen Briefe und Packete m it W ertangabe (jene von 57 63 s Stück auf 56 2^5, diese von 70 2^6 auf 67 850), ebenso deren W ert (von f f9 2 f9 BT!. auf 75 j5 5 959 Blk., bezw. von 7 8 3 22f 58^ U lf. auf 2 5 \ o \ 2 895 Zttf.), sowie endlich die Z ah l der eingegangenen Postaufträge (von \ 7 ^02 Stück auf f6 538).
Von dem U m fang des W e i h n a c h t s - u n d N e u j a h r s v e r k e h r s bei den Postäm tern der S tad t geben folgende Zahlen ein Bild. I n der Zeit vom f6. bis einschließlich 2 \ . Dezember wurden 27 0ß7 Packetsendungen eingeliefert. Ferner gingen in der Zeit vom f9. bis einschließlich 25. des gleichen Nconats 28 097 Stück zur Bestellung und A bholung ein. 2tusfchtießlich der auf andere Post- und Tisenbahnkurse umgeladenen Packete wurden im Durchschnitt täglich 6 882 Packete behandelt. Bei der Bewältigung des Packereiverkehrs w aren f06 Beam te und 228 Unterbeamte thätig gegen 98 Beam te und f 7^ Unterbeamte unter gewöhnlichen Verhältnissen.
Vom 27. Dezember bis 3 \. Dezember abends wurden 509 820 Stück Freimarken, Postkarten und Kartenbriefe verkauft, und zwar 275 075 Freimarken zu 5 P fg ., fOO 072 zu- 5 pffg., 83 329 zu fO p fg . und 26 256 Postkarten und Kartenbriefe. A uf die Zeit vom 50. Dezember m ittags bis 5 f. Dezember abends entfallen von der obigen Gesamtzahl 2 \ 2 552 Stück. A n B rief- sendungen gingen in der Zeit vom 3 s. Dezember m ittags bis 2. J a n u a r m ittags zur Bestellung durch die B riefträger (also ohne die zur Abholung gelangten) 603 772 Stück ein, darunter 116 950 Stadtbriefsendungen. D as m it der Bearbeitung der Brief- sendungen betraute persona l, für gewöhnlich aus 98 Beam ten und f7H Unterbeamten bestehend, wurde für die Zeit vom 50. Dezember bis zur Abwicklung des N eujahrsbriefverkehrs (Vormittag des 5. J a n u a r ) auf \2<{ Beam te und 28^ U nter beamte verstärkt.
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Der E i s e n b a h n v e r k e h r auf sämtlichen hiesigen Stationen (H auptbahnhof, M ühlburgerthorbahnhos und B ahnhof im S tad t teil M ühlburg) betrug (898 985 080 Personenfahrkarten gegen ( 228 8 2 ( im J a h re (897 und (8 282 Kilometerhefte gegen (6 ( ( 6 im J a h r e zuvor.
Tiere wurden im Berichtsjahre 12 520 befördert ((897 : 6 9 0 j), an Gepäck 6 0 7 ( 9 (0 K ilogram m ((8 9 7 : 5 6 ( ( 276 K ilo gram m ), an G ütern insgesamt 8 (5 505 Tonnen ((8 9 7 : 725 790 Tonnen).
Die Einnahm en der K a r l s r u h e r S t r a ß e n b a h n ge sie l l - f c h a f t (Bereinigte K arlsruhe-M ühlburger und Durlacher Pferde- und Dampfbahngesellschaft) betrugen im J a h re (898 5^6 255 M k. 90 P fg . gegen 527 872 M k. im J a h re ( 897. D avon entfielen aus die Stadtlinie (8^ (58 M k. '(O P fg ., auf die Linie K arls- ruhe-Durlach (27 588 Blk. 55 P fg . und aus die Linie K arlsruhe- M ü h lb u rg 54 <(8? M k. (5 p fg . In sg esam t wurden 5 552 (52 Personen befördert ((8 9 7 : 3 (78 9^4)-
I m M ärz schloß die Straßenbahngesellschaft m it dem S tad trat einen V ertrag ab über die U m w andlung der jetzigen Pferdebahn« und Dampfbahnstrecken in elektrische Bahnen, sowie den B au und Betrieb einiger neuen elektrischen Linien im Stadtgebiete. Die erforderliche Staatsgenehm igung hierzu wurde vom großherzog lichen M inisterium des In n e rn im Berichtsjahre erteilt.
Die Betriebseinnahm en der K a r l s r u h e r L o k a l b a h n e n (Durm ersheim - K arlsruhe - Spöck) beliefen sich im Berichtsjahre ( 897/98 insgesamt aus 2 0 5 0 5 8 M k. Hiervon kamen (89575 Mk. aus den Personen- und Gepäckverkehr und ( ( 98O M k. auf den Güterverkehr. Die Z a h l der beförderten Personen betrug \ W (§6.
Nachdem am (. Dezember (897 der Betrieb aus der 7,82 Kilometer langen Teilstrecke K arlsruhe-M eßplatz— Ettlingen- Holzhof der A l b t h a l b a h n mit den Stationen und Haltepunkten K arlsruhe - M eßplatz, K arlsruhe - Nebeniusstraße, Klein - Rüppur, R üppur, Ettlingen-Exerzierplatz, E ttlingen-Erbprinz und Ettlingen-
Holzhof eröffnet worden w a r , wurde am j-f. M a i des Berichts jahres die Fortsetzung dieser B ah n bis F rauenalb und etw as später auch die Strecke F rauenalb— Herrenalb dem Berkehr über geben. Dom V M a i an verkehrten die Züge auf der Strecke K arlsruhe-M eßplatz bis Ettlingen-Holzhof, die später a ls elektrische B ah n eingerichtet wurde, von 5 U hr 50 M inuten morgens bis abends f f Uhr halbstündlich. Die B ah n ist von der F irm a Lenz und Cie. in Stettin a ls eingeleisige Schm alspurbahn erbaut. Z u den Baukosten hat die S tad t K arlsruhe, gemäß Beschluß des Bürgerausschusses vom 30. Novem ber j896 einen B eitrag von f50 000 M k. geleistet. E ine zweite von Ettlingen abzweigende und über Langensteinbach, Ittersbach , Dietlingen und Brötzingen nach Pforzheim führende B ah n wurde im J a h re \ 899 dem Betriebe übergeben. I m J a h re j8 9 8 wurden auf der B ah n 877 222 P e r sonen, ^58 Tonnen Gepäck und 2 H3H Tonnen G üter befördert. Die E innahm en beliefen sich auf 220 j0 6 Ulk.
Z u den Gegenständen, welche die öffentliche M einung in unserer S tad t in den letzten J a h re n lebhaft beschäftigten, gehört vor allem die Frage nach einer U m g e s t a l t u n g d e r h i e s i g e n B a h n h o f s V e r h ä l t n i s s e . Die Lage des H auptbahnhofs m it seinen Niveauübergängen zwischen der Altstadt und der Südstadt erweist sich mehr und mehr als ein außerordentliches Hemmnis des Verkehrs zwischen den beiden Stadtteilen. M a n hat eine Reihe von Erhebungen angestellt und gefunden, daß an bctt E rhebungs tagen in der Zeit von morgens 5 U hr bis abends fO U hr der Übergang an der Rüppurerstraße durchschnittlich 98m al m it einer Gesam tdauer von 5 Stunden 52 M inu ten und mittlerer Dauer einer Schließung von 3,5 M inuten geschlossen w a r , der Übergang an der Ettlingerstraße 85m al m it einer G esam tdauer von 5 Stunden 57 M inuten und mittlerer D auer einer Schließung von ^ M inuten , der Übergang an der G artenstraße endlich 78m al mit einer Gesam tdauer von 5 Stunden 27 M inuten und mittlerer Dauer einer Schließung von 2,7 M inuten . Die Z a h l der F u h r werke, die an den Übergängen täglich angehalten werden, berechnete
m an auf durchschnittlich f 60 0 , ihren Gesamtzeitverlust auf \5 Stunden 48 M inuten. D as sind die Zustande unter gewöhnlichen Verhältnissen. Noch ganz anders gestalten sich dieselben natürlich, wenn au s A nlaß größerer Festlichkeiten, wie deren die S tad t in den letzten J a h re n verschiedene gehabt hat, oder aus ähnlichen Ursachen große Menschenmengen zusammenströmen und der Zugsverkehr ebenso wie der Straßenverkehr eine bedeutende Steigerung erfahren. 2tIs im J a h r e {8^5 das Landeskriegerfest hier stattgesunden hatte, ging die Nachricht durch die Zeitungen, daß an dem Hauptfesttag die Schranken am E ttlinger Übergang für den Fuhrwerkverkehr einm al fast zwei Stunden ununterbrochen geschlossen waren, von 2 U hr 55 M inu ten nachm ittags bis 4 U hr 8 M inuten, während welcher Zeit die Gehwegschranken achtmal auf kurze Zeit geöffnet wurden, daß eine zweite Absperung von 5 U hr 5 M inuten bis 5 U hr 40 M inuten dauerte und eine dritte von 6 U hr 27 M inuten bis 6 U hr 42 M inuten — und diese Angaben sind unwider sprochen geblieben. I n erster Linie haben unter diesen Mißständen naturgem äß die Bew ohner der Südstadt zu leiden, da aber das V ierordtsbad, der S tadtgarten und die Festhalle, das S tadtgarten theater, der M eßplatz und neuerdings auch der B ahnhof der A lb thalbahn südlich der B ahnlinie liegen, ist auch den Bewohnern der übrigen S tad t mehr a ls reichlich Gelegenheit gegeben, die Schattenseiten der bestehenden Zustände aus eigener E rfahrung kennen zu lernen. Beschwerden und Klagen in Zuschriften aus dem P u b lik u m , kürzere und längere 2trtikel m it allen möglichen Vorschlägen zur Beseitigung der M ißstände aus mehr oder weniger sachverständiger Feder bildeten seit geraumer Zeit, eine ständige Rubrik in den T agesblättern aller Parteirichtungen. Versammlungen einzelner Vereine der S ta d t , wie auch allgemeine B ürger Ver sam m lungen befaßten sich m it der Angelegenheit, und auch die Handelskammer der Kreise K arlsruhe und Baden sah sich veranlaßt zu derselben Stellung zu nehmen.*) Alles drängte zu entscheidenden Schritten, verlangte durchgreifende 2Uaßregeln, die geeignet wären 2lbHilfe und Besserung zu schaffen.
*) Dgl. Jahresbericht der Handelskammer für die Kreise Karlsruhe und Baden für J897 S . 5 0 —32; für Z8Y8 5 . 27 f.
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Die bedeutende Zunahm e der Z a h l der den hiesigen B ahnhof berührenden Züge, eine Folge des gerade in den letzten J a h re n rasch angewachsenen Personenverkehrs — K a rls ru h e , wo sechs B a h n linien einm ünden, hat den größten Personenverkehr von allen badischen Stationen — wurde der G ru n d , daß die geschilderten M ißstände neuerdings sich besonders bemerkbar machten, bestanden haben sie natürlich, wenn auch in geringerem Zllaße, schon längere Zeit. Ebenso sind die Bestrebungen, Abhilfe zu schaffen, nicht neu, sie liegen vielmehr in ihren Anfängen mehr a ls dreißig J a h re zurück.*) I m J a h re 1866 hatte sich der S tad tra t zum erstenmal veranlaßt gesehen eine Petition von Bewohnern des B ahnhof stadtteils, der heutigen Südstadt, — derselbe zählte dam als etwa 2000 Einw ohner — der Direktion der großherzoglichen Verkehrs anstalten vorzulegen. W ährend früher die Übergänge an der Ettlingerstraße und an der Rüppurerstraße nur bei der E in und A usfahrt der Züge geschloffen worden waren, hatte m an d am als zur Bewältigung des gesteigerten Verkehrs weitere Ausweichgeleise gelegt und fing nunm ehr auch an, an den Übergängen zu rangieren, w as zahlreichere und längere Verkehrsstörungen hervorrief. Die Petition wurde abschlägig beschieden. Z u A nfang der siebenziger J a h re nahm der S tad tra t die Sache wiederum aus. Seine B e mühungen hatten im weiteren Verlaufe die E rrichtung jenes F u ß gängersteges an der E ttlingerstraße, der von 1875 bis 1889 eine zweifelhafte Zierde der S tad t bildete und zuletzt wegen des herrschenden Zugwindes nur noch von Kindern benützt wurde, zur Folge, sowie die Anlage eines weiteren N iveauübergangs an dem damaligen sogenannten Viehtriebweg, der heutigen Gartenstraße. Die dam als zuerst geltend gemachte Forderung fahrbarer Überbrückungen der Rüppurerstraße und der Ettlingerstraße wurde von den entscheidenden Behörden wiederholt zurückgewiesen. I m Eisenbahnbudget für t 882/85 w ar eine Sum m e von 700 000 M k. eingesetzt für eine Erweiterung des Personenbahnhofs, dessen beschränkte Verhältnisse als 'gefahrdrohend bezeichnet wurden. E ine Verbesserung der Zustände an dem Rüppurer und dem Ettlinger Übergang w ar
*) Z u dein folgenden vergleiche man die Denkschrift von Vberbürger» Meister Schnetzler „Die K arlsruher Bahnhoffrage. K arlsruhe ^898."
in der Vorlage nicht vorgesehen, hiergegen erhob sich in der Bürgerschaft eine lebhafte A gitation. Die Einwohnerschaft wollte von einer Erw eiterung des bestehenden Personenbahnhofs nichts wissen, sondern glaubte einen völligen N eubau beanspruchen zu können, wie er den Verhältnissen*einer größeren S tad t angemessen sei. E ine vom S tad tra t in diesem Sinne an die zweite K am m er gerichtete Petition wurde von derselben, nachdem sie die angeforderten N ütte l genehmigt h a tte , der Regierung empfehlend überwiesen. Unterdessen hatte der S tad tra t von dein Professor am damaligen Polytechnikum B a u r a t . R . Baumeister ein Gutachten über die Bahnhoffrage erhoben. Dasselbe lautete dahin , daß die pöher- legung des B ahnhofs an der jetzigen Stelle die allen Interessen am gleichmäßigsten dienende Lösuyg sein werde, wenn nicht die hohen Kosten ein unüberwindliches Hindernis bilden sollten. Ver handlungen, welche der S tad tra t darauf mit dem großherzoglichen Finanzm inisterium führte, ließen jedoch erkennen, daß dasselbe im E inverständnis m it der Generaldirektion der großherzoglichen Staatseisenbahnen von dem p lan e einer späteren Verlegung oder einer pöherlegung des B ahnhofs, welche bei früheren Gelegenheiten von derselben Generaldirektion a ls in Zukunft wohl ausführbar betrachtet worden w ar, endgiltig abgekommen fei und dafür Ver besserungen des bestehenden B ahnhofes in Aussicht genommen habe. F ü r die Beseitigung der N iveauübergänge, die bei diesen Ver besserungen berücksichtigt werden sollten, konnten demgemäß nun m ehr nur noch Straßenüberführungen in Betracht kommen. Und in der C h a t wurde denn auch in dem Budget für. \ 88^/85 von der Regierung die Sum m e von { 500 000 21Tf. für Straßenbrücken beim E ttlingerthor und beim Friedrichsthor angefordert. I n der B egründung wurden die Gefahren an den beiden Übergängen schon dam als von der Regierung so hoch angeschlagen, daß nach Ansicht derselben der Betriebsbehörde die Verantwortlichkeit für alle A nfälle, die trotz sorgfältigster Überwachung sich ereignen könnten, auf die D auer nicht zugeinutet werden könne. I n einer Petition an die zweite K am m er sprach sich demgegenüber der S tad tra t dahin a u s , daß er in der geplanten Überbrückung eine Verschlechterung der bestehenden Zustände erblicke, und b a t, die Anforderung der Regierung abzulehnen, dagegen für die Herstellung
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je eines Tunnels für Fußgänger an den Bahnübergängen der R üppurerstraße, der Ettlingerstraße und der G artenstraße die 2nittcl zu bewilligen. Neben um ittelbar sachlichen Erw ägungen, die sich hauptsächlich aus die Erschwerung des Lastfuhrwerkverkehrs durch die bei der A uffahrt auf die Brücken zu überwindenden Steigungen bezogen, w ar es vornehmlich auch der G edanke, daß die Eisenbahnverwaltung nach Beseitigung der bestehenden B etriebs gefährdungen durch die Brücken keinen A nlaß mehr haben werde, in absehbarer Zeit an die Anlage eines neuen B ahnhofes heran- zutretcn, welcher die Gemeindeverwaltung veranlaßt h a tte , unter völliger Aufgabe ihres bisher eingenommenen Standpunktes sich gegen Straßenüberführungen zu erklären. Die zweite K am m er gab der Petition insoweit F o lg e , a ls sie die Regierungsforderung ablehnte und die M itte l für z w e i Fußgängertunnels an der E tt- lingerstraße und an der Rüppurerstraße genehmigte. Der S tad tra t hatte gewünscht, daß die Tunnels nicht durch T reppen, sondern durch Ram pen zugänglich gemacht würden, die Eisenbahnverw altung hatte dies aber aus verschiedenen Gründen für nicht ausführbar erklärt.
Die durch die E rbauung der strategischen B ah n (G raben- K arlsruhe-D urm ersheim -Rastatt) hervorgerufenen Veränderungen der Bahnanlagen in der Umgebung der S tad t — w ir erinnern an die Anlage des Rangierbahnhofes und die dam it verbundene Entlastung des Pauptbahnhofs von den Güterzügen und das Verbot des Güterverkehrs auf der der S tad t gehörigen Strecke M ü h lb u rg -P au p tb ah n h o f, sowie an die Anlage einer G üterbahn R angierbahnhof-M ühlburg m it einem Westbahnhof — führten eine wenn aüch geringe Verminderung der Störungen am Ettlinger und am Rüppurer Übergang herbei; aber dieselbe w ar nicht von Dauer. Die stetige Zunahm e des Eisenbahnverkehrs bewirkte bald wieder das Gegenteil. Der S tad tra t hatte das vorausgesehen und w ar deshalb schon im M ärz f8ß5 bei der großherzoglichen Generaldirektion wegen endlicher gründlicher Hebung der M iß« stände aberm als vorstellig geworden, indem er auf die schwierige Lage der S tad t bei Feststellung der B au p län e , der Erw eiterung des Straßenbahnnetzes u. s. w. infolge der Ungewißheit der künftigen Gestaltung des Bahnhofes hinwies. A us der A ntw ort der genannten
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Behörde ging hervor, daß dieselbe dam als die lhöherlegung des B ahnhofes a ls das geeignete B utte l zur Beseitigung der vor handenen M ißstände anerkannte, im übrigen aber der Ansicht w ar, daß nach A usführung der m it der Anlage der strategischen B ahn verknüpften Betriebsänderungen der Übergang an der Ettlinger- straße so entlastet würde, daß m an dort im N iveau eine elektrische S traßenbahn nach der Südstadt über die S taa tsbahn führen könne, eine A nnahm e, die wie sich zeigte, durchaus irrtümlich w ar. I m September 1(895 wandte sich dann der S tad tra t an das M inisterium des Großherzoglichen Dauses und der ausw ärtigen Angelegen heiten, dem die Eisenbahnen jetzt unterstellt sind, und bat, es möge die Generaldirektion beauftragt werden über die verschiedenen Lösungen der B ahnhoffrage P läne und Kostenanschläge auszu arbeiten und mit der Gemeindebehörde in Verhandlung zu treten. Dieser B itte wurde entsprochen;■ die P läne gingen im Februar des Berichtsjahres der Gemeindeverwaltung zu. Dieselben bezogen sich auf drei mögliche Lösungen.
V k)ochliegende Kopfstation zwischen Tiergarten und Beiert heimer W äldchen, m it einem Kostenanschlag von (8 250 000 M F., wovon etwa 5 M illionen durch Ver äußerung des gegenwärtigen Bahnhofsgeländes gedeckt werden könnten.
2. pochlegung des B ahnhofes an feiner jetzigen Stelle und zwar: a. bei Belastung der M axaubahn und der B ah n Karls»
ruhe-Eggenstein-Graben auf den jetzigen Linien, Kosten anschlag l 7 750 000 M k .;
b . bei Verlegung der M axaubahn und der B ah n K arls ruhe-E ggenste in -G raben nach der Linie der gegen wärtigen G üterbahn Rangierbahnhof-W estbahnhof- M ühlburg , Kostenanschlag (5 000 000 M k.
3. Überführung der S traßen mittelst Brücken über die B ahn (Kostenanschlag 4 520 000 M k.) und zw ar: a. Überführung der Ettlingerstraße und der Gartenstraße
beim P a n o ra m a (( 730 000 M k .) ; b. Überführung der Rüppurerstraße ( ( <(50 000 M k .); c. Überführung der W olfartsweiererstraße ( ( (4 0 0 0 0 M L).
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M it öcm letzten Projekt sollte die Anlage eines Fußgänger tunnels m it Ram pen an der Gartenstraße, sowie die Herstellung von Ram pen am Fußgängertunnel der Ettlingerstraße verbunden werden. Nach der Ansicht der Eisenbahnverw altung würden die bestehenden M ißstände durch die Straßenüberführungen in vollkommen befriedigender Weise beseitigt, die beiden anderen Projekte könnten „abgesehen von ästhetischen und wirtschaftlichen Bedenken" schon wegen der hohen Rosten nicht in F rage kommen. Auch wurde bei einer späteren Gelegenheit von dem M inisterium des Großherzoglichen Hauses und der ausw ärtigen Angelegen heiten ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß bei einer h öherlegung oder Verlegung des B ahnhofes nicht die Eisenbahn verwaltung, deren Interessen durch die Überführung völlig befriedigt werden könnten, sondern die Stadtgemeinde a ls Hauptinteressent anzusehen sei und demgemäß auch den M ehraufw and im wesent lichen zu übernehmen habe. A uf Ersuchen des S tad tra ts ließ sodann die Generaldirektion der Staatseisenbahnen M odelle für die h öherlegung des B ah n h o fs , sowie für die Ü berführung der Ettlingerstraße und der Rüppurerstraße anfertigen und teilte auch einige weitere M aterialien m it, erklärte dabei aber über den Rostenbeitrag, welcher der S tad t im Falle der h öherlegung ange sonnen werde, keine Auskunft erteilen zu können. Die M odelle wurden den M itgliedern des Bürgerausschusses, den Vertretern der Presse, den Vorstandsmitgliedern der Handelskam m er, des Gewerbevereins und der Bürgervereine der Gststadt, der Südstadt, der Weststadt und der Südweststadt, sowie dem Vorstand des Eisen bahnreformvereins vorgezeigt und außerdem in der Zeit vom 2. bis sO. J u n i öffentlich ausgestellt, während welcher Zeit sie von 3 90^ Personen besichtigt wurden.
Inzwischen w ar die K arlsruher B ahnhoffrage bei B eratung des Eisenbahnbudgets im M a i in den beiden K am m ern des Landtages zur Sprache gekommen. I n der zweiten K am m er bekannte sich der Abgeordnete Delisle (deutsche Volkspartei) a ls Gegner der Überführungen; ihm schloß sich der Abgeordnete für K arlsruhe B leß an . Der Abgeordnete Fieser (nationalliberal) sah die Notwendigkeit einer späteren k^öherlegung des B ahnhofs voraus, verneinte aber, daß dieselbe jetzt schon B edürfnis fei,
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und befürwortete fü rs erste die Überführung. M inister v. B rauer erklärte, daß die Überführungen kein Provisorium bedeuteten, daß bei denselben hinreichend R au m bleiben werde, um die später erforderlichen Erweiterungen des B ahnhofes innerhalb derselben vor zunehmen; gegenüber verschiedenen Ausstellungen, die m an gemacht hatte, betonte er, daß die Überführungen keine Verunstaltung der Stadt zur Folge hätten, daß sie im Gegenteil eine hervorragende Zierde für dieselbe werden würden. E r schloß damit, daß er wiederholte, die Regierung fei für die Überführungen und sie hoffe, daß die städtischen Behörden und die Einw ohner für diesen p ia it noch günstig gestimmt w ürden; aber W ohlthaten würden nicht auf gezwungen, und wenn die S tad t K arlsruhe von der Überführung nichts wissen wolle, so könne die Eisenbahnverw altung auch ohne dieselbe auskommen. Z n ähnlicher Weife sprach sich der Minister in der ersten K am m er aus, wo Geh. R a t Engler feine Zustim m ung zu der energischen H altung der Regierung gegenüber den uferlosen Bahnhofplänen Ausdruck verlieh.
N un waren aber gerade die Straßenüberführungen dasjenige P ro jek t, gegen das sich die weitesten Kreise der Einwohnerschaft durchaus ablehnend verhielten, während die M einungen über die beiden anderen Projekte, Verlegung oder Höherlegung, sich unge fäh r das Gleichgewicht hielten. Außerdem hatte o berbaurat Professor R . Baum eister, welcher von der S tad t neuerdings um ein Gutachten ersucht worden w a r , im M a i die Hochlegung des B ahnhofes für die S tad t wiederum als das wünschens werteste Hülssmittel zur Beseitigung der Übelstände erklärt, mit Rücksicht auf den Kostenaufwand allerdings geraten, sich zunächst m it den Überführungen zu begnügen. Bei der außerordentlichen Bedeutung der ganzen F rage für die S tad t beschloß nunmehr der Bürgerausschuß auf Anregung des S ta d tra ts , bevor er endgültig zu den Projekten der Generaldirektion Stellung nähm e, zunächst ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, durch welches die Gemeindeverwaltung und die Bürgerschaft insbesondere auch in die Lage versetzt werden sollte, über die eisenbahntechnische Seite der Frage sich näher zu unterrichten. Dieses Gutachten wurde wieder o berbaurat R . Baumeister in K arlsruhe, ferner dem Generaldirektor der königlich bayerischen Staatseisenbahnen
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<8. v. (Ebermayer in München und dem Livilingenieur C. (D. Glenn in H am burg übertragen. Diese drei Sachverständigen fam en zu dem Ergebnis, daß zunächst eine Verlegung des Personen bahnhofs nicht empfohlen werden könne, da für die möglichst centrale Lage des pauptverkehrspunktes einer Stadt neben den geschäftlichen Einzelvorteilen, welche sich an die Lage eines bestehenden B a h n hofes knüpfen, das wohl verstandene allgemeine Interesse der Bevölkerung so maßgebend sei, daß m an schon heute m it Bestimmt heit sagen könne, die Sache dürfe auch in K arlsruhe keinen anderen V erlauf nehmen, als in so vielen anderen S täd ten , welche sich oft m it schweren Mpfern die centrale Lage ihrer lhauptbahnhöfe gewahrt haben. Die Anlage eines Kopfbahnhofes wurde als ausgeschlossen betrachtet wegen der m it einem solchen verbundenen Betriebsschwierigkeiten und Zeitversäumnisse, die bei einer S tation wie K arlsruhe, bei welcher der Durchgangsverkehr die Hauptrolle spielt, besonders schwer ins Gewicht fallen müssen. Demgemäß bleibt nur die Möglichkeit einer pochlegung des B ahnhofs an seiner jetzigen Stelle m it Unterführung der kreuzenden S traßen ungefähr in ihrer jetzigen Höhenlage oder eine Überführung der S traßen auf Brücken. Beides kann nach dem Gutachten in einer sowohl für die Interessen der S tad t wie die der B ah n befriedigenden Meise geschehen; doch verdient das erstere Projekt aus technischen Gründen den Vorzug. Die Kosten sind für beide Projekte nicht sehr verschieden. F ü r die pöherlegung wurden sie von der General direktion der Staatseisenbahnen auf ^ 9 5 0 000 Ulk. angeschlagen. Die Kosten der Überführungen berechnet das Gutachten insgesamt auf 5 0^0 000 M k. D a aber durch die Überführungen die Erweite rung des Personenbahnhofes, der zeitgemäßen Ansprüchen in keiner Meise mehr genügt, nicht überflüssig wird, m it derselben viel mehr in absehbarer Zeit begonnen werden m uß, so sind hierher auch die Kosten für diese Erw eiterung in der f)öhe von etwa \0 ^00 000 M k. zn ziehen, so daß das ganze Projekt „Tiefliegende Erweiterung und Straßenüberführungen" auf s5 4^0 000 M k. zu stehen kommt.
A uf G rund dieses Gutachtens entschied sich der S tad tra t ein stimmig für die pöherlegung des B ahnhofes und seinem A ntrage gemäß beschloß sodann der Bürgerausschuß ebenfalls einstimmig
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in seiner Sitzung vom 24 . Gktober s8s)8, daß der S tad tra t bei dem M inisterium des Großherzoglichen Dauses und der au sw är tigen Angelegenheiten nam ens der Stadtgemeinde sich für die 6öherlegung aussprechen solle. D am it erreichten die Erörterungen der städtischen Kollegien über die Besserung der Bahnhossverhält nisse fü rs erste ihren Abschluß.
IX.
Übersicht über die Witterungsverhältniffe. ) A . Ziffernmäßige Darstellung der wichtigsten Klimatischen Elemente.
Luftdruck Lufttemperatur in C°.
18 9 8 in
Mo-
m m .
Ab- M onats,
mittel.
Ab- l?i
C».
»chste
Dat.
Nied
C°.
rigste.
Dat. E ? S <& I
Ja n u a r . . 761,3 + 6,4 2,4 + 1,6 11,0 6.31 - 5,2 19 15 6 Februar . . 750,8 - 1 , 5 3,4 + 1,6 11,1 2 - 6,0 12 — 9 — März . . . 746,4 — 3,5 4,9 - 0 , 1 12,7 29 - 3,0 13.22 — 11 — April . . . 749,9 + 2,4 10,2 + 0,3 20,8 9 - 2,5 6 — 1 — M ai . . . 747,9 — 2,4 12,9 — 0,9 26,8 2 5,0 28 1 — — Ju n i . . . 750,9 0,0 16,9 — 0,8 28,2 22 4,4 4 6 — — J u l i . . . 752,9 + 1,7 17,0 — 2,2 28,5 19 7,0 6 6 — — A ugust. . . 752,8 + 2,0 20,0 + 1,6 32,0 22 7,5 1 17 — — September 754,6 + 2,7 15,0 + 0,2 29,0 10 2,1 26 9 — — Gktober . . 749,3 - 2 , 0 11,6 + 1,9 18,3 18 2.4 15 — — — November 750,3 - 1 , 0 5,5 + 1,1 14,0 13 - 3,4 21 — 5 — Dezember. . 757,1 + 5,1 3,9 + 6,0 11,4 3 - 8,0 27 — 11 4
J a h r . . . 752,0 + 0,8 10,3 + 0,6 32,0 22 VIII.
- 8,0 27 X II.
39 52 10
*) Die Zusammenstellung dieser Übersicht verdanken wir, wie diejenigen in den früheren Jah rgängen , dem hiesigen Lentralbüreau für Meteorologie und Hydrographie.
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Ja n u a r . 4,8 + 0,6 88 + 1 82 + 1 0 14,5 9,1 9 8 7 2 Februar . 4,6 0,0 78 + 3 77 + 8 58,2 8,7 2 21 18 8 1 März . . 5,0 - 0 , 2 77 + 2 73 + 1 1 39,6 8,4 1 14 12 8 1 April . . 6,7 + 0,2 72 + 2 69 + 1 2 47,7 15,8 2 11 11 1 — M ai . . 8,7 + 0,3 79 + 10 81 + 2 8 119,6 16,5 11 26 26 — 4 Ju n i . . 10,4 - 0 , 4 73 + 2 64 + 9 115,1 31,0 7 18 18 — 9 J u l i . . 10,7 - 1 , 4 75 + 3 67 + 1 5 118,6 30,0 30 12 12 — 5 A ugust. . 12,9 - 1 , 1 74 0 36 —12 28,5 8,8 31 7 4 — 3 September 9,7 — 0,8 75 — 3 25 — 22 19,4 17,0 28 2 2 — — (Oktober 9,0 + 1,2 88 + 5 78 + 1 5 88,1 21,7 18 17 13 — 1 November. 6,2 + 0,3 90 + 6 79 + 5 44,8 8,9 4 11 11 — — Dezember . 5 , 4 + 1,0 87 0 78 + & 35,4 7,7 16 16 15 2 —
J a h r . . 7 , 8 + 0,1 80 + 3 67 + 7 729,5 30,0 30. VII 163 149 21 24
Letzter Frost . Erster Frost . Letzter Schnee Erster Schnee
6. April, 8. Noveinber, 2. April,
23. Dezember,
Längste Regenzeit: 3.—21. Mai, Längste Trockenzeit: 1.—19. Sept. Sonnenscheindauer 1545,3 Stunden = 3 5 % des möglichen; im Tag 4,2 Stunden. Tage ohne Sonnenschein 107.
Bei der Rubrik Abweichung bedeutet zu große, — zu kleine Werte gegenüber den durchschnittlichen; die zum Vergleich herangezogenen Mittelwerte des Luftdrucks beziehen sich auf den Zeitraum {876— ( 8 9 0 , jene der Luft temperatur auf Z779— (868, jene der Luftfeuchtigkeit auf — 1849, 1 8 6 9 — 1 8 8 0 . E in vergleich der Niederschlagsverhältnisse mit den vorhandenen Mittelwerten ist unterlassen, weil letztere unzuverlässig sind.
Sommertage sind Tage, an welche» die Lufttemperatur mindestens 25“ erreicht hat, Frosttage sind Tage, an welchen das Thermometer unter den Gefrierpunkt gesunken ist, und W intertage sind Tage, an denen beständig Frost geherrscht hat.
B. S ch ilderung de« W itie ru n g sv erlau fs .
Der J a n u a r w ar mild, niederschlagsarm und überaus trüb. Frost ist zwar an der Hälfte aller T ag e , doch jeweils nur sehr- m äßig aufgetreten.
— 87 —
Auch der F e b r u a r w ar trüb und mild, wenu auch nicht in gleichem M aß e wie sein V orgänger, dabei aber im Gegensatz zu diesem überaus niederschlagsreich. Weiteres W etter m it den für unser F rüh jah r charakteristischen großen Tem peraturschwan kungen herrschte nur in den T agen vom sO. bis s3. Die starke Bewölkung, die für den ganzen vorangegangenen W inter kenn zeichnend w a r , hielt auch noch das ganze F rü h ja h r hindurch bis in den Som m er hinein an.
Der M ä r z w ar dabei meist unfreundlich; er hatte rauhes W etter, nur die T age vom \2. bis fH. brachten schönes, am T age w arm es Wetter. A n der M ehrzahl aller T age lag zwar die Tem peratur unter der no rm alen , doch hat eine stärkere E r w ärm ung gegen Ende des zweiten M onatsdritte ls bewirkt, daß sich ein nahezu norm ales Tem peraturm ittel ergab. Niederschläge sind zwar ziemlich häufig, doch in zu geringen M engen gefallen.
Der A p r i l wies vielfach große Sprünge in den Tem peraturen auf ; im Durchschnitt w ar er etwas zu w arm .
Besonders ungünstig w aren die W itterungsverhältnisse im M a i , der zu kühl und überaus regnerisch w ar. Nachtfrost ist zwar nicht mehr aufgetreten, doch ist es auch nicht sonderlich w arm geworden. Art nur 5 Tagen ist kein Regen gefallen und an nicht weniger a ls fO Tagen hat die Sonne gar nicht geschienen.
Der J u n i w ar ebenfalls zu trü b , dabei vorwiegend kühl und regnerisch. Der unfreundliche Eindruck, den der M o n a t hinterließ, wurde außer den vielen Regenfällen noch wesentlich dadurch bedingt, daß nur selten etwas höhere Tem peraturen ver zeichnet werden konnten.
Der J u l i w ar noch ungünstiger a ls sein Vorgänger. Von einigen w arm en T agen gegen Schluß des zweiten Drittels abgesehen, w ar es so kühl, daß sich der sehr erhebliche W ärm em angel von 2,2 °, der in diesem Jah rh u n d ert nur 5 M a l in K arlsruhe vor gekommen ist, ergeben konnte. Regen ist zwar nicht sehr häufig, aber doch jeweils in erheblicheren M engen gefallen. Die Bewölkung w ar so dicht, daß für die D auer des Sonnenscheins der für einen Som m erm onat überaus geringe B etrag von nur 37 °/o des mög lichen erreicht wurde.
3 nt vollen Gegensatz zu den bisherigen W itterungsverhält nissen standen jene des A u g u s t , der wenig bewölkt, sehr w arn t und überaus trocken w ar.
Den gleichen (Charakter trug der S e p t e m b e r , der fast beständig schönes w arm es W etter und nur an zwei Tagen etwas Regen brachte.
Der S p ä t h e r b s t und der W i n t e r a n f a n g ((Dftober bis zum 3ahresschluß) waren ebenfalls wesentlich zu w arm , und dabei ebenso wie die ganze Zeit vom J a n u a r bis zum August zu trüb. Niederschläge sind nicht sehr oft und in zu geringen Mengen gefallen.
Der N o v e m b e r w ar insofern n o rm a l, a ls er viele Nebel brachte.
D as 3 a h r H898 w ar a ls ganzes genommen wesentlich zu w a rm , zu trüb und etwas zu trocken. Kennzeichnend w ar das lange, oft monatelange Anhalten eines bestimmten W itterungs charakters.
Gel;. Obrrregierungsrak E. Bechert. ®£|f. 1898.
(3u S . 96.)
Nach einer Photographie von M. Suck in Karlsruhe.
X.
Vevölkrrungsvorgängs, Sterblichkeit, Totenschau.
§ m Z ahre (898 Farnen 2702 G e b u r t e n zur Anzeige; da
runter 56 ( uneheliche (1897: 255^ m it 359 unehelichen). Don den 2702 Rindern gehörten (38<( dem männlichen, (3 (8 dem weiblichen Geschlecht an (1(897: (27 ( dem männlichen und (283
dem weiblichen). Die höchste Z ah l der Geburten wies der ZTtai auf m it 2^2 ((8 9 7 : der M a i m it 252), die niederste der Septem ber m it 2 ( ( ((897 der Dezember m it ( 79). Totgeburten wurden 5^ angemeldet ( (8 9 7 : 69). D as V erhältnis der Totgeburten zu den Geburten lebender Rinder w ar (-.5 0 ,0 2 ((8 9 7 : ( : 57,0 () . A uf je (000 Einw ohner Famen 28,79 Geburten.
Die Zahl der T o d e s f ä l l e betrug (650 ((8 9 7 : (600); darunter waren 856 Todesfälle von Personen männlichen Ge schlechts ( ( 8 9 7 : 82() und 79^ von solchen weiblichen Geschlechts ((8 9 7 : 779). Rinder unter einem J a h r starben 6 ^( ((8 9 7 : 57(). Die meisten Todesfälle erfolgten im August mit 20^ ((897 im ju l i mit (67); die geringste Zahl wies der Februar auf mit ( ( ( ((897 der November mit ( (7) . Auf je (000 Einwohner Famen (8,2 Todesfälle.
Totenschau. A m 8. Z an u a r starb im Alter von 77 Ja h re n Hofmaler
und Professor August v i s c h e r . A m 50. J u n i (8 2 ( in M ald- gngeloch geboren, machte er seine Studien in M ünchen, Antwerpen
und P a r is . 186^ wurde er badischer pofntaler, 1870 Professor des Figurenzeichnens an dem damaligen Polytechnikum, dessen Lehrkörper er bis zu seinem Tode angehörte. A ls Genremaler, wie auch a ls P o rträ t- und Geschichtsmaler w ar er mit gleichem Trfolge während seines langen Lebens thätig. Von seinen zahl reichen Werken sind u. a. vier größere historische Gemälde in K arlsruhe geblieben: „ Toligny von den Spaniern bei S t. Quentin überfallen" (1850), „D iana von Pottiers m it König Franz I. von Frankreich" (1851), „Franz I. in der Schlacht von P a v ia " ((857) und „Die Schlacht an der Adda von 1 (5 8 " ((86ch). I m Ja h re (871 hat er die großen T ransparen te gem alt, welche während des Friedensfestes in K arlsruhe die Vorhalle des Polytechnikums schmückten. A ls Schriftsteller tra t er mit einigen Arbeite« kunst wissenschaftlichen In h a lte s vor die Öffentlichkeit. (Nekrolog in der Badischen Landeszeitung vorn (8. J a n u a r (SsiS; ein älterer Aufsatz über ihn von T . A. Regnet in den Dioskuren (5, J a h r gang (1870) N o . 2q).
A m 29 . M ä rz starb B ildhauer Adolf f s e e r , der Schöpfer des hiesigen Kaiserdenkmals. T r w ar im J a h re 18^9 in Vöhren- bach auf dem Schwarzwald a ls Sohn des B ildhauers Joseph l)eer geboren. Schon frühe zeigte er ein ausgesprochenes Talent für die Bildhauerkunst. Die erste Anleitung im Modellieren erhielt er in der väterlichen Werkstätte, dann studierte er an der Kunst gewerbeschule in N ürnberg und später zwei J a h re lang in Berlin, wo er bei Talandrelli und Siemering freundliche Aufnahme fand. Weitere zwei J a h re stand er a ls Gehilfe dem Bildhauer Brey- m ann bei seinen großen monumentalen Arbeiten zur Seite. Von dem Fürsten von Fürstenberg m it der A usführung zweier über lebensgroßen F iguren in carrarischem M a rm o r, eines Lebensengels und eines Todesengels, be trau t, verweilte er dann vier J a h re in I ta lie n , zumeist in R om , wo er weiterhin im Aufträge des Fürsten von Fürstenberg eine G ruppe überlebensgroßer Figuren, die Donau quellen darstellend, modellierte, die gleichfalls in carrarischem M a rm o r ausgeführt wurden. A u Tnde seines Aufenthaltes in I ta l ie n erhielt er einen R uf an die Kunstgewerbeschule in K arls ruhe, deren Lehrkörper er von 1881 bis zu seinem Tode angehörte.
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Vielfache Gelegenheit zu größeren plastischen Arbeiten erhielt er bei dem von o berbaudirektor Durm erbauten Palais des Bankiers Schmiedet dahier; die riesigen Atlanten, die lebensgroßen Nischen figuren und Lucarnengruppen an dem Äußeren des Baues hat sein Meisel geschaffen. Auf Bestellung des M alers Wilhelm Klose führte er weiter die Gruppe über dem portale der hiesigen Festhalle aus, im Aufträge der großherzoglichen Regierung ferner zwei lebensgroße Figuren, Wissenschaft und Fam a, die für die Aula der Universität Heidelberg in Erz hergestellt wurden; auch die Sandsteinfiguren an der Fassade des Heidelberger Rathauses rühren von ihm her. Dazwischen modellierte er die Skizze zu einem Scheffeldenkmal, der bei der Karlsruher preisbewerbung im Ja h r s 888 der erste Preis zuerkannt wurde und die dann auf Veranlassung des Komitees für Errichtung eines Scheffel denkmals in Heidelberg für diese Stadt künstlerisch ausgeführt wurde. Sein größtes Werk, das Kaiserdenkmal in Karlsruhe, das seinen Namen mit einem Schlage weithin bekannt gemacht und ihm den Ruf eines Künstlers ersten Rangs verschafft hat, ist auch sein letztes geblieben. Noch während der Ausführung des selben hatten hervorragende dekorative Arbeiten für das Kaiserin- Augusta-Bad in Baden-Baden und für den Umbau der Gemälde galerie in Karlsruhe seine Thqtigkeit in Anspruch genommen; auch eine Skizze zur Hauptgruppe für den Bau des großherzoglichen Bezirksamtes dahier hat er noch entworfen, bereits aber stellten sich bedenkliche Störungen seines Nervensystems ein. Bei der Enthüllung des Kaiserdenkmals am f8. Oktober vorigen Jahres war er schon schwer leidend. Eine Fahrt nach Italien brachte die erhoffte Genesung nicht. I n Rom an M alaria erkrankt, kehrte er hierher zurück, wo nach wenigen Wochen eine Lungen entzündung ihn dahinraffte. Die Teilnahme der Bevölkerung war eine allgemeine. Der Beisetzung auf dem Friedhofe wohnte der Großherzog bei. Die Kronprinzessin Viktoria von Schweden richtete ein Beileidstelegramm an den Direktor der Kunstgewerbeschule, Professor Götz. Der Kaiser drückte seine Teilnahme durch folgendes Telegramm an die Großherzogin a u s : „Ich bedauere aufrichtig den Tod des Professors Heer , dem wir alle aufrichtigen Dank schulden, auch über das Grab hinaus! Das herrliche Denkmal für
den teuren Großpapa ist auch für ihn ein Denkstein, welcher der Nachwelt Kunde geben wird von dem Genie und dem patriotischen Gedankenfluge des berühmten badischen Bildhauers. Wi l he l m. "
Am 6. April starb Mimsterialpräsident a.D . Karl v. Gr i mm . Am 2. Februar (850 in Karlsruhe als Sohn des Kaufmanns Karl Grimm geboren, ließ er sich nach beendigtem Rechtsstudium erst in Pforzheim ((85g), dann in Mannheim ((86H als Rechts anwalt nieder, an welch letzterem Orte er seit (870 auch die Stelle eines Fiskalanwalts bekleidete. (86ß entsandte ihn die Stadt Mannheim als Abgeordneten ' in den badischen Landtag, dem er später auch als Vertreter der Stadt Offenburg angehörte. Von dem Wahlkreis Philippsburg in den Reichstag gewählt (1875— (8 7 6 ) , nahm er an der Beratung der Reichsjustizgesetze lebhaften Anteil und wurde als Vertreter Badens in die Reichs- justizkommission berufen, aus deren vielmonatlicher Arbeit die Entwürfe zum Gerichtsverfaffungsgesetz, zur Livilprozeßordnung und zur Strasprozeßordnung in der Gestalt hervorgingen, in der sie sodann zu Gesetzen erhoben wurden. Als es galt die vom Reiche beschlossene Organisation in einer der heimischen Verhältnisse angemessenen weise zur Einführung zu bringen, wurde er mit dieser Ausgabe betraut. J in Jahre (876 wurde er vom Großherzog zum Präsidenten des Ministeriums des großherzoglichen Hauses und der Justiz berufen. An der Spitze dieses Ministeriums verblieb er bis zum Jahre (88(. Nach feinem Rücktritt aus dem Staatsdienste widmete er sich vornehmlich den kolonialen Bestrebungen, die seit Anfang der achtziger Jah re in Aufnahme kamen. E r wurde einer der ersten Vorkämpfer der kolonialen Sache, für deren Förderung und Ver breitung er in w ort und Schrift, durch persönliches und finanzielles Eintreten gewirkt hat. Mitbegründer der Gesellschaft für deutsche Kolonisation, war er einer der wenigen entschlossenen Männer, welche im Jah re (88^ die peters'sche Expedition in das Hinter land von Sansibar entsandten und damit dem deutschen Reiche Ostasrika erwarben. E r wurde Mitglied des Verwaltungsrates der deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft und später Mitglied des Kolonialrates. I n Karlsruhe erst Vorstand der Gesellschaft für
deutsche Kolonisation, bekleidete er sodann bis zu seinem Code die Stelle eines Vorsitzenden der aus der Vereinigung der genannten Gesellschaft m it dem K o lo n ia le rem hervorgegangenen „Deutschen Kolonialgesellschaft". Sein eifriges S tudium der kolonialen Dinge fand auch Ausdruck in der Veröffentlichung einiger Schriften, die sich sowohl mit der G egenwart a ls auch mit der Vergangenheit der heutigen deutschen Besitzungen in Ostafrika beschäftigen. Den Angelegenheiten seiner Vaterstadt hat er stets ein reges Interesse entgegengebracht. Von demselben legen vor allem auch die zahl reichen Zuwendungen Zeugnis a b , die er den städtischen S a m m lungen gemacht h a t; dieselben verdanken ihm manche alte und selten gewordene, für die Geschichte der S tad t wertvolle Schrift. J m J a h re 1891 verlieh der Großherzog G rim m auf sein Ansuchen den Adelstitel, den schon früher einmal ein M itglied seiner Fam ilie, der durch feine Beziehungen zu Kaiserin K ath arin a II. von R u ß land bekannte Gncyklopädist Friedrich M elchior Freiherr von G rim m , geführt hatte.
A m 12. Z uni schied der Präsident der Oberrechnungskam mer Staatsm inister a. D. D r. Ludwig C u r b a n aus dem Leben. <Er w ar am 5. Oktober 1821 zu Bretten als Sohn des dortigen S tad t pfarrers K arl Friedrich C . geboren. Nach Vollendung seiner juristischen Studien in den Staatsdienst eingetreten, wurde er, dam als Assessor bei der Regierung des Unterrheinkreises in M annheim , im Zahre 185^ dem (Grafen von Leiningen-Billigheim und nach her dessen Nachfolger, dem S ta a ts ra t B ru n n e r, bei ihren Ver handlungen in R om zur Beilegung des Kirchenstreites a ls Sekretär beigegeben. Bei den darauf folgenden Konferenzen der zur O b er rheinischen Kirchenprovinz gehörigen Staaten bekleidete er eben falls die Stelle eines Sekretärs. 1860 zum M inisterialrat in dem neu begründeten Handelsministerium ernannt, beschäftigten ihn u. a. vornehmlich die Vorbereitung und Bearbeitung des Gewerbe-- gefetzes, die Revision der polizeilichen Vorschriften im Ressort des H andelsm inisterium s, sowie die Neuorganisation des landw irt schaftlichen Vereinswesens. 1872 wurde er zum Präsidenten des Handelsministeriums ernannt; 1876 erhielt er beim Rücktritt Zollys unter Beibehaltung des Präsid ium s des Handelsministeriums.
— 94 — die E rnennung zum Staatsm inister und Präsidenten des S ta a ts ministeriums. A ls späterhin das Handelsministerium mit dem M inisterium des In n e rn vereinigt wurde, übernahm er dieses M inisterium P 8 8 s ) . Beim E in tritt in sein 70. Lebensjahr im J a h r e f890 bat er um Enthebung von der Leitung des M inisteriums des In n e r n ; das Präsidium des S taatsm inisterium s führte er au f den Wunsch des Großherzogs bis \ 893 weiter. I m M ärz dieses J a h re s reichte er ein Gesuch um Enthebung auch von diesem Amte ein. Der Großherzog entsprach dem Gesuche, ernannte aber gleichzeitig T u rb an , um ihn dem aktiven Staatsdienste weiter zu erhalten, zum Präsidenten der Oberrechnungskammer. „A uf weiten Gebieten des staatlichen Lebens hat die rastlose Thätigkeit des S taatsm inisters T u rb an Werke von bleibender Bedeutung geschaffen und für alle Zeit wird sein amtliches Wirken in der Geschichte des Badischen Landes mit Auszeichnung und Dankbarkeit genannt werden", sagt sein Nekrolog von ihm. E s würde über den Rahm en dieser B lätter hinausgehen, wollten wir hier auch nur die hauptsächlichsten der während seiner langjährigen M inisterthätigkeit ins Leben gerufenen Neuschöpfungen, welche sich gleichmäßig aus die Gebiete des Gewerbes, der Industrie und des Pandels, der Landwirtschaft, des Verkehrswesens, der Ver waltungsrechtspflege, der Gemeindesteuergesetzgebung, der Sozial politik u. s. w. verteilen, oder die wichtigsten gesetzgeberischen Akte dieses Z eitraum es hier aufführen, w ir verweisen in dieser Beziehung aus den unten angeführten Nekrolog. E rw äh n t möge jedoch werden, daß T u rb a n neben seiner amtlichen Thätigkeit auch die M uße fand , in einer Reihe von Ehrenäm tern sich an den öffentlichen Angelegenheiten der S tad t zu beteiligen, die seit f 855 sein dauernder Wohnsitz w a r , so eine Zeit lang a ls M itglied und Vorsitzender des O rtsschulrats der evangelischen Volksschule, a ls Präsident der Allgemeinen M usikbildungsanstalt, so vor allem auch während sechsundzwanzig J a h re n a ls M itglied des evangelischen Airchen- gemeinderats. Von dem V ertrauen, das der Großherzog seinem langjährigen B erater entgegenbrachte, legt m it am besten das Schreiben Zeugnis ab, mit welchem derselbe ihm im J a h re ̂8P3 die erbetene Enthebung vom Präsidium des Staatsm inisterium s erteilte, und in welchem folgende Stelle vorkam : „ M it großer
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Dankbarkeit blicke Ic h auf die langen J a h re zurück, in denen Ic h I h r e hilfreichen Dienste in dauerndein Verkehr so erfolgreich in Anspruch nehmen durfte. Die treue Gesinnung und die auf opfernde Eingebung, welche Sie in den vielen J a h re n bethätigten, bleiben M ir eine werte E rinnerung und dankbar werde Ic h der Selbstlosigkeit gedenken, w om it Sie I h r e ausgezeichneten Dienste dem W ohle des S taates gewidmet haben. M öge Ih n e n Gottes Gnade noch lange J a h re gesegneten Lebens gewähren." (Nekrolog in der K arlsruher Zeitung vom 2 ( . Dezember (898).
Von weiteren Toten des J a h re s (898 sind zu nennen: Geh. Rat Anton W a l l i , geboren am 8. November (8(6
in Rastatt, gestorben am 8. Januar, (854— (866 Ministerialrat beim großherzoglichen Finanzministerium, (866— (880 beim Justiz ministerium, (8 5 9 — (864 auch Abgeordneter der zweiten Kammer der Landstände.
S tad tra t Ludwig W a l tz , geboren am 25. September (854 in Heidelberg, gestorben am (7. F ebruar, ein M a n n , der mit selbstloser Hingabe lange J a h re a ls Stadtverordneter und später als S tad tra t (seit ( 889) für die Interessen der S tad t thätig w ar und als M itglied vieler Vereine und Kommissionen um das P fründnerhaus, die Arbeiterkolonien, das Asyl in Scheibenharb und andere Anstalten sich verdient gemacht hat. I n E rfüllung eines Wunsches des Verstorbenen wurde von seinen Angehörigen dem Stadtrate die Sum m e von 2 000 M t zur Ausschmückung des T rauungszim m ers im R a th au s übergeben.
Geh. Regierungsrat Dr. Ju lius J o l l y , geboren (856 in Heidelberg, gestorben am 20. Februar in München, (895— (896 Staatsanwalt in Karlsruhe, aus dieser Zeit den Lesern der (Chronik durch die Festrede, die er bei der Bismarckfeier in der Festhalle am (. April (895 gehalten hat, bekannt (vgl. Chronik für (895 S. 65 ff.), seit (896 Chefredakteur der Allgemeinen Zeitung in München.
Jo h a n n M ö r n e r , geboren am ( ( . Dezember (859 511 M ühlburg, gestorben am 26. M ä r z , von (879 bis zu seinem
Tode V erwalter der städtischen S p a r- und Pfandleihkasse, von f87^ bis zu ihrer Aufhebung im J a h re \8st6 auch Verrechner der städtischen Hypothekenbank, in verantwortungsvoller Stellung ein pflichttreuer, bei den zahlreichen Personen, die mit ihm zu verkehren hatten, wie bei seinen Vorgesetzten gleich beliebter Beamter.
Baudirektor Perm ann (E sse r , geboren am sst. J a n u a r lS'fO zu Köln, gestorben am 2. A pril, s87H— fSstl Vorstand der Eisen bahnhauptwerkstätte in K arlsruhe, fSstf— f 8st6 Kollegialmitglied der Generaldirektion der badischen Staatseisenbahnen und von f 8st6 bis zu feinem Tode Leiter der technischen Abteilung dieser Behörde (Nekrolog in der K arlsruher Zeitung von: fst. M a i *898).
Kommerzienrat Robert C a u tz , geboren f 8 f 9 in Köln, gestorben um 28. A pril, seit 18^5 erst technischer Direktor, dann Vorsitzender des Vorstandes und zuletzt des Aufsichtsrates der hiesigen Maschinenbaugesellschaft, längere Zeit auch M itglied des Bürgerausschusses.
D r. Georg K o b e r l e , Bühnendichter und D ram aturg, geboren am sst- M ärz f 8 f9 zu N onnenhorn bei Lindau am Bodensee, gestorben am 7. J u n i in Dresden, f 872 Leiter der hiesigen pofbühne, scheiterte er in dieser Stellung, die er nur ein Z a h r bekleidete, bei seinem Versuche die deutsche Schaubühne zu „reformieren".
S tiftungsverw alter Adolf A b t , geboren f 8^6 in Stocfach, gestorben am 28. J u l i , seit s872 Vorstand der katholischen S tiftungsverw altung K arlsru h e , M itglied des Bürgerausschusses, ein M a n n , der im katholischen Vereinsleben der S tadt vielfach hervorgetreten ist.
Geh. O berregierungsrat E m il B e c h e r t , geboren am 9 . J u l i f8^3 zu M osbach, gestorben am 6. August, *869 A m tm ann in K a rls ru h e , J[870/7f Unterpräsekt bezw. Kreisdirektor in Schlett- stadt, f 872 O beranrtm ann in K arlsruhe , s87^ M itglied des M inisterium s des In n e rn und seit fsg o zugleich Landeskommissär für die Kreise K arlsruhe und B aden , f 875 — \ 87 8 auch Abge ordneter der zweiten K am m er der Landstände für den Landbezirk K arlsruhe (Nekrolog in der K arlsruher Zeitung vom 8. Dezember *898).
Fabrikant A. Ruh. Grst. 1898.
(3u S . 97.
Nach einer Photographie von ®. 5utf in Aarlsruhe.
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Fabrikant August R u h , geboren am 26. Dezember 18^1 in K arlsruhe, gestorben am H. Oktober, ein hervorragender I n dustrieller der S tadt, M itbegründer der F irm a Junker und R uh (1870), heute einer der bedeutendsten Fabriken auf dem Gebiete der Nähmaschinenindustrie; ein rastlos thätiger M a n n , bekleidete er auch verschiedene Ehrenäm ter a ls Handelsrichter, M itglied der Handelskammer, S tad tra t (vgl. oben 5 . 8) u. f. w.
Geistlicher R at Joseph B e n z , geboren am (6 . Dezember s82ö zu Konstanz, gestorben am 30. N ovem ber, seit (872 katholischer S tadtpfarer in K arlsruhe und seit 1882 gleichzeitig Dekan des Landkapitels E ttlingen, ein treubesorgter, durch milde und ver söhnliche Gesinnung ausgezeichneter Seelenhirte seiner Gemeinde, unter deren regen Anteilnahme ihm noch im August des Berichts jahres vergönnt w a r , sein fünfzigjähriges Priesterjubiläum zu feiern, bei welcher Gelegenheit ihm der Großherzog und die G ro ß herzogin in einem Telegram m aus 5 t. M oritz ihre Glückwünsche aussprachen.
S tad tra t Friedrich L u d w i g , geboren am 20. J a n u a r s8^6 zu Birckendorf im Amtsbezirk Bonndors, gestorben am 8. Dezember. Seit dem J a h re 1878, da er eine von ihm bis dahin betriebene S trohhutfabrik ausgab, hat derselbe seine ganze K raft in den Dienst gemeinnütziger Interessen gestellt. Durch das Vertrauen seiner M itbürger in den Bürgerausschuß und in den S tad tra t (1890) berufen, hat er unermüdlich an der Förderung der städtischen Angelegenheiten mitgearbeitet; a ls Vorstand der a lt katholischen Gemeinde, a ls Ausschußmitglied der nationalliberalen P a r te i , sowie a ls M itglied zahlreicher anderer Vereine hat er ebenfalls eine große Thätigkeit entfaltet und sich Freunde in den weitesten Kreisen der Bürgerschaft erw orben, wie das schon die zahlreiche Beteiligung bei seiner Beisetzung zeigte. Die G roßher zogin ließ der G attin des Heimgegangenen telegraphisch ihre Teil nahme aussprechen und gedachte dabei dankbar des W irkens des Verstorbenen aus dem Gebiete der W ohlthätigkeit.
O berstleutnant a. D. Viktor R o c h l i tz , gestorben im 70. Lebensjahr am 25. Dezember, 1870/71 a ls M a jo r K om m andeur der Korpsartillerie der badischen Artilleriebrigade. ■
7
A us dem J a h re s897 tragen w ir nach den am V Novem ber in München erfolgten Tod Leonhard Sohiicfcs, des bekannten Physikers; geboren am 7. A pril U8^2 in Halle a. 5 . w ar er j[87H— f882 Professor der Physik und Vorstand des physikalischen K abinetts der Technischen Hochschule unserer Stadt.
J. Wörner, Verwalter der städt. -Spar- und Pfandleihkasse.
Gest. 1898.
Nach einer Photographie von C. Ruf in Karlsruhe.
XI.
Vorträge.
m folgenden geben w ir ein Verzeichnis der im chahre (898 in K arlsruhe gehaltenen V orträge, soweit uns dieselben
bekannt geworden sind. E s sind im ganzen 25s ((8 9 7 : )[95). Die größte Z ah l der Vorträge weist wie (897 der November aus, nämlich ^3. E s folgen der Nkärz m it (((, der (Oktober m it 57, der F ebruar m it 28, der J a n u a r m it 25, der Dezember m it 22, der J u n i m it 20, der A pril m it (5 , der ZTcai m it (0 , der Sep tember mit 8 und der J u l i m it 3. F ü r August w ar, wie im vorhergehenden ^jahre, kein V ortrag zu verzeichnen. A n ^2 Tagen wurden je 2 V orträge gehalten, an 9 je 5, an 5 je H und an 2 (dem \2 . Oktober und dem 7. November) je 5. Von den V or tragenden waren \2ty au s K arlsruhe selbst, 22 gehörten dem übrigen Baden a n , 89 dem übrigen Deutschland und \ \ dem A uslande.
Ja n u a r 3. stud. G . J u s t : „Line Reise nach Südamerika" (Sektion K arls ruhe des deutsch, u. öfterreich. Alpenvereins).
„ 5. A. S t a c h l e : , „Der überhandnehmende, furchtbare Abfall in der Christenheit, ein untrügliches Zeichen der nahen perfön»
. lichen Wiederkunft Jesu Christi, sowie des schrecklichen Gerichtes, welches in Kürze über die Christenheit Hereinbrechen wird" (Dffentl. Vortrag im Saale des Botels Monopol).
„, 8. Kapellmeister A. S mo l i a n : „Richard W agner und seine Beziehungen zu König Ludwig II. von Bayern" (Kauf männischer verein Karlsruhe).
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Ja n u a r x2. ksofsattlermeister R. G s t e r t a g : „Die Thätigkeit der Gewerbe gerichte" (Gewerbeverein).
„ ^2 . A. S t a e h l e : „Der llberhandnehmende, furchtbare Abfall in der Christenheit, ein untrügliches Zeichen der nahen persön» liehen Wiederkunft Jesu Christi, sowie des schrecklichen Gerichtes, welches in Kürze über die Christenheit Hereinbrechen wird (Fortsetzung)" (Gssentl. Vortrag im ßotel Monopol).
„ (3 . Dr. G p p e n h e i m aus M annheim : „Salomo ibn Aderat und der Kampf um die Philosophie" (Verein für jüd. Geschichte und Litteratur).
„ Z3. Kaufmann Karl M a g n e r : „China" (Schwarzwaldverein). „ ksofrat Professor L. B r a u e r : „Die Vibrationen der Schrauben»
dampfer und Mittel zu deren Abschwächung" (Naturwissen schaftlicher Verein).
„ \ 6 . Divisionspsarrer B o r n H ä u s e r aus Rastatt: „Die biblische Naturbetrachtung im vergleiche mit der modernen N aturver götterung und Naturschwärmerei" (IV. Abonnementsvortrag im Evangelischen Vereinshaus).
„ 16 . Ludwig Sch i i t t aus M annheim : „Straflose Jugenderziehung" (Freidenkerverein).
„ (S . Kaplan S t u m p f : „Entstehung und Entwicklung der lsand- werkerinnungen" (Katholischer Gesellenverein).
„ ( 7 . K arl F lu c k : „Erlebnisse eines Matrosen bei der kaiserlichen M arine und Reiseerinnerungen aus Asien, Afrika und Austra lien" (Arbeiterbildungsverein).
„ (g. Betriebssekretär Fr. F e l d Ho f e n : „Aberglauben im M ittel alter" (Kathol. Männerverein Konstantia).
„ 2v P farrer N a u m a n n aus B erlin: „Nationale Politik und Sozialismus" (Hffentl. Vortrag in der Festhalle).
„ 23. Seminardirektor F. L eu tz : „vom Spiel zur Schule" (Evange lischer Bund).
„ 2<(. Rechtsanwalt £). M a y : „Die badische Verfassung" (Arbeiter bildungsverein).
„ Alexander S t r a k o s c h aus W ien: „Recitation: Maccabäer und Balladen" (Kaufmännischer Verein Karlsruhe).
„ 26. Kaplan L a y e r : „kfermann v. Mallinckrodt" (Lase Nowack). „ 2 6 . A. S t a e h l e : „Über die uns in Gott verheißene Errettung
vor der kommenden großen Trübsal" (Gssentl. Vortrag im Saale des kfotels Monopol).
„ 28. Ingenieur k) etzel aus B asel: „Acetylen-Gaslicht" (Versamm lung größerer Gaskonsumenten der Stadt Karlsruhe).
,, 28. Professor Dr. U. M ü l l e r : „Die Bedeutung der Waldstreu" (Naturwissenschaftlicher Verein).
— \ 0 \ —
Ja n u a r 30. P farrer C o r r e v o n aus Frankfurt: „C. H. Spurgeon" (V. Abonnementsvortrag im Evapgel. Vereinshaus).
„ 3t- Dr. W e r n e r aus München: „Die Sekten im Judentum " (Verein für jlld. Geschichte und Litteratur).
Februar 2 . Hofrat F. L e u tz : „Pflanzenfunde im alten Aegypten" (G arten bauverein Karlsruhe).
„ 2 . Dr. Hermann M e y e r aus Leipzig: „M eine Reife nach Gert- tral-Brafilien" (Naturwissenschaft!. Verein; Abteilung K arls ruhe der deutschen Kolonialgesellschaft).
„ 2. Rechtsanwalt Dr. S c h l e s i n g e r : „Das Duell vom rechtlichen und gesellschaftlichen Standpunkt" (Kaufmännischer Verein Karlsruhe).
„ 2 . 21. S t a c h l e : „Die Handauflegung der Apostel zur Versiege lung mit dem hl. Geiste auf den Tag der Erlösung" (Reli giöser Vortrag im Hotel Monopol).
„ 3. Rechtsanwalt B y t i n s k i : „Das Recht der Handlungsgehilfen" (Verein der deutschen Kaufleute. G rtsverein Karlsruhe).
„ 3. Kaufmann K. W a g n e r : „Meine Reisen in Gstafien" (Schwarz waldverein).
„ <(. Redakteur H ü f n e r aus E ttlingen: „Die Handwerkerfrage" (Katholischer Männerverein Badenia im Stadtteil Mühlburg).
„ 6. P farrer L a u b aus S traßburg: „Meine jüngste Reise unter den talmndischeit und chassidischen Juden des Ostens von Europa und die große zionistische Bewegung dortselbst" (Evangel. Vereinshaus).
„ 6 . Dr. m ed . O f a w a aus Tokyo: „Kulturbilder aus J a p a n von einem Japaner" (Allgem. evangel.-protestantischer Missions verein Karlsruhe).
„ 7. Reallehrer A. B e r g m a n n : „6 Wochen in London" (Arbeiter bildungsverein).
„ 8. Justizrat G . Be c k e r : „Quer durch die Schweiz auf einsamen und betretenen Pfaden" (Alpenverein).
„ (0 . H. H a a s : „Der Krieg Frankreichs gegen China und das Königreich Anam, Maffakre des Hauptmanns Pouliko auf dem Posten Hen-Lang mit einem Fluchtversuch" (Badischer M ilitärverein, Badischer Leibgrenadierverein und andere Waffenvereine der Stadt).
„ tO. A. S t a e h l e : „Der Zustand nach dem Tode bis zur Aufer stehung der Toten" (Religiöser Vortrag im Saale des Hotels Monopol).
„ Prediger 5 . D. C o n t i n o : „Die evangelische Kirche Ita lien s" (Evangel. vereinshaus).
„ u* <Seh. R at Dr. K. E n g i e r : „Studienreise an das Rote Meer" (Naturwissenschaftlicher verein,.
F e b r u a r (3 . K a m m e rd ire k to r a . D . K r a u s a u s H e id e lb e rg : „ S h a k e s p e a re s R ic h a rd I I ." (V I. A b o n n e m e n ts v o r t r a g im L v a n g e l . V e re in s
h a u s ) . .
„ 15. S t a d tp f a r r e r R a p p : „ F o r ts c h r it t o d e r R ü ck sch ritt? B e a n tw o r t e t a n d e r S c h r if t d e s P ro fe ss o rs D r. S c h e ll: D e r K a th o l iz is m u s a l s P r in z ip des F o r ts c h r i t ts " ( K a r l s r u h e r P ro te s ta n te n v e re in ) .
„ n. S ch rif ts te lle r (O tto A m m o n : „D eutsche u n d englische A rb e ite r- V erh ä ltn isse" (A rb e ite rb i ld u n g s v e re in ) .
„ 15 . H . H a a s : „ E rleb n is se a l s A n g e h ö r ig e r d e r französischen
F re m d e n le g io n " ( L v a n g e l . A rb e i te rv e re in ) .
„ 17. A . S t a e h l e : „ D ie A u fe rs te h u n g d e r T o te n " (R e lig iö s e r
V o r t r a g im H o te l M o n o p o l) . „ 1 7. E . F r e ih e r r v . W o l z o g e n , S c h rif ts te lle r a p s M ü n c h e n :
„ E in e n e u e H u m o re s k e u n d h ln ja m w e w e II. A kt (R o c i ta t io n )"
(K a u fm ä n n is c h e r V e re in K a r l s r u h e ) . „ 2 ( . R e a l le h r e r A . B e r g m a n n : „ D ie le ite n d e n G ru n d s ä tze f ü r
H a u s e ig e n tü m e r bei d e r E r w e r b u n g u n d V e rw a l tu n g v o n H ä u s e rn " (S ch u tzv e re in d e r H a u s e ig e n tü m e r) .
„ 22 . H o fv ik a r D r . F r ö m m e l t „ D ie G ru n d g e d a n k e n L ech lers ü b e r
d ie F r a g e d e r A r b e i te rw o h n u n g e n " (L v a n g e l . A rb e ite rv e re in ) .
„ 2 ^ . A . S t a e h l e : „ D ie A u fe rs te h u n g d e r T o te n . E in e erste u n d e in e a llg e m e in e A u fe rs te h u n g " (R e lig iö se r V o r tr a g im H o te l
M o n o p o l) . „ 2 5 . D r. H . .M o e s e r : „ D a s F a s te n - u n d A b stiu en zg eb o t der K irche ,,
v o m ä rz tlich en S ta n d p u n k t a u s b e tra c h te t" (C a fe N ow ack). „ 2 6 . S c h rif ts te lle r K a r l E m il F r a n z o s a u s B e r l i n : „ G o g o l u n d
T u r g e n ie w " (K a u fm ä n n is c h e r V e re in K a r ls r u h e ) .
„ 27 . M iss io n ä r K n o b l o c h : „ D ie S te l lu n g d e s w eib lich en G eschlechts
in I n d i e n " ( D r t s v e r o in K a r l s r u h e f ü r ä u ß e re M ission ).
„ 27 . P r i o r S e i l e a u s W ö r i s h o f e n : „ D a s N e rv e n sy s te m u n d seine
K ra n k h e i te n " (K n e ip p v e re in ) .
„ 28 . P ro fe sso r D r. R . (S o Id sch m i t : „ G n e is e n a u " (A rb e ite r
b i ld u n g s v e re in ) .
M ä r z v H o fv ik a r D r. F r o m m e i : „ D ie W o h n u n g s f r a g e " (E v a n g e l .
A rb e ite rv e re in ) .
„ 2 . L a n d ta g s a b g e o rd n e te r D r. H e i m b u r g e r : „ D ie b ev o rs teh en d en R e ic h s ta g s w a h le n " (V o lk sv e re in K a r ls r u h e ) .
„ 2. F e d o r v . Z o b e l t i t z , S c h rif ts te lle r a u s B e r l i n : „ D ie E n t
stehungsgesch ich te d e s B u c h e s " (K a u fm ä n n is c h e r V e re in K a r l s
ru h e ). „ 3. D r . A r n o l d : „ A c e ty le n g a s " (G e w e rb e v e re in ) . •
„ 3. G e h . R e g i e r u n g s r a t P ro fe sso r B u ß l e y a u s B e r l i n : „ D ie D eutsche F lo t te u u d ih re technische E n tw ic k lu n g " (K le in e r
S a a l d e r F e s th a lle ) .
— (05 —
4 . Professor G . K u p p : „Butter und M argarine" (Naturwissen schaftlicher Verein).
5 . Reichstagsabgeordneter Rektor Ko p f c h aus B erlin : „Die Bedeutung der nächsten Reichstagswahlen" (Versammlung der Freisinnigen Volkspartei).
6. Dr. theol. w e b s k y aus B erlin : „Die kirchliche Reaktion in der zweiten kfälfte des neunzehnten Jahrhunderts" (Karls ruher Protestanteuverein).
7. K. F reiherr.v . G r ü n a u , Leutnant im v Bad. Leibgrena- dierregimeut No. \ o y : „Korea" (Deutsche Kolonialgesellschaft, Abteilung Karlsruhe).
7. Professor Dr. L. N e u m a n n aus Freiburg: „Wanderungen und Fahrten im Kaukasus und in Transkaukasten" (Alpen verein).
8. Professor Dr. £ . E l s t e r aus Leipzig: „Kampfspiele und Liebesleben zur Zeit der Minnesinger" (Museumsgesellschaft).
8. Dr. Joh . M ü l l e r aus Schliersee: „Religion und Naturwissen schaft" (Gffentl. Vortrag im großen Rathaussaal).
9 . Rektor Dr. G e r w i g : „Bilder aus der deutschen Sprache" (Gabelsberger Stenographen-Verein).
to. Reallehrer und Lehrer der Kandelswissenschaften A. B e r g m a n n : „Die ksandelshochschulfrage" (Kaufmännischer Verein Merkur).
\o . A. S t a c h l e : „Die Kirche vor ( 8 0 0 Jahren, zu Lebzeiten der Apostel Jesu Christi als ein Muster und Spiegelbild für alle Jahrhunderte" (Gffentl.. Vortrag im Saale des Ejotels Monopol).
\3 . Stadtvikar k f e s s e l b a c h e r : „Savonarola" (Evangelischer Bund).
t 2 . Prediger S e i d l e r aus Neuwied: „David Zeisberger, der Apostel der Ind ianer" (Evaugel. vereiushaus).
\3 . Prediger S e i d l e r : „Entstehung und Entwicklung der B rüder gemeinde" (Evangel. M änner- und Jünglingsverein).
^ .P ro fe sso r L eu tz : „Belebende und betäubende Genußmittel" (Arbeiterbilduugsverein).
(5. Dr. Jo h . M ü l l e r aus Schliersee: „(Siebt es einen (Sott?" (Gffentl. Vortrag im Saale der Eintracht).
ts . Privatier G . D e s s a r t : „Friedrich Wilhelm I., König von Preußen" (Fidelitas, Verein kathol. Kaufleute und Beamten).
(6. Direktor k). G ötz: „Aegypten" (BadischerKunstgewerbeverein). (6. Geh. ksofrat Professor Dr. G n c k e n aus G ießen: „Wahrheit
und Dichtung von Don Carlos" (Kaufmännischer Verein Karlsruhe).
— w —
M ä r z (7 . A . S t a c h l e : „ G o t te s G n a d e n w e rk im ty - J a h r h u n d e r t , e in W eck- u n d M a h n r u f f ü r d ie g a n ze L h r is te n h e it a u f d ie n a h e
Z u k u n f t C h ris ti" (R e lig iö s e r V o r t r a g im S a a le d e s lh o te ls M o n o p o l) .
„ „Der Aberglaube im Mittelalter und die Stellung der Kirche hierzu" (Rathol. Männerverein Badenia im Stadtteil Mühlburg).
„ tg. K o l b : „Die wahlrechtsfrage im Badischen Landtag" (Sozial demokratische Volksversammlung).
„ \0). D r. M . ( Q u a r k a u s F r a n k f u r t a . M . : „ D ie B e d e u tu n g der V o lk s e rh e b u n g v o n ( S ^ s /^ g " (S o zia ld em o k ra tisch e v o lk s v e r - fa m m lu n g ) .
„ 2 0 . S c h la c h th a u s a rz t S . C a r l : „ D ie k le in sten F e in d e d e s m ensch
lichen K ö r p e r s (B a k te r ie n ) " (L v a n g e l . A rb e ite rv e re in ) .
„ 20. B undesagent k f e l b i n g aus Elberfeld,: „A us der Arbeit des westdeutschen Jü n g lin g sb u n d es. — B ilder au s dem Soldaten heim in Metz" (Lvangel. V ereinshaus).
„ 2 0 . Kaplan L a y e r : „Friedrich v. Spee" (Fidelitas, Verein katholicher Kaufleute und Beamten).
„ 2 0 . D . W a g n e r , Direktor der Bilzffchen Naturheilanstalt in D resden-R adebeul: „Welche köeilweise macht uns gesund, Medizin oder Naturheilkunde?" (Öffentlicher, vom Verein für Gesundheitspflege und für arzneilose Lseilweise veranstalteter Vortrag im Cafö Nowack).
„ 2 V S u p e r io r p a t e r C y p r i a n , o rd . C a p . : „ D a s S ch lach tfe ld der C h a r i t a s " (v e re in ig te katholische V e re in e ) .
„ 2 Recht sanwal t p . F r ü h a u f : „Die B ahnhoffrage und ihre Bedeutung fü r die wirtschaftliche Entwicklung der S tadt K arlsruhe" (Öffentliche, vom Vorstand des Freisinnigen Vereins veranstaltete Versammlung).
„ " 7 - D r. J o h . M ü l l e r a u s S c h lie rse e : „ B u d d h i s m u s u n d C h ris te n
tu m " ( I m S a a l e d e r E in tra c h t) .
„ 2 \ . A. S taehle: „Die Erfüllung des Gleichnisses von den zehn Jungfrauen in unseren Tagen. M orin besteht die Klugheit der klugen und die Thorheit der thörichten Ju n g srau en ?" (Religiöser Vortrag im ksotel Monopol).
„ 2 6 . F r e y aus S tu ttgart: „w ie verbessern wir unsere Lage?" (Versammlung der Buchbindergehilfen).
„ 27. p a te r C y p r i a n : „Die sozialen, und religiösen pflichten des M annes" (Katholischer Arbeiterverein Karlsruhe).
„ 2 8 . p a t e r C y p r i a n : „ D e r E n g e l d e r B a rm h e rz ig k e it" (v e re in ig te ka tho lische V e re in e ) .
„ D r . Jo h . M ü l l e r : „Wer w ar Jesus von N azareth?" (Öffentlicher Vortrag im Lintrachtsaal).
— 105 —
M ä rz 3 0 . H o f r a t P ro fe sso r D r. H e n s e a u s F r e i b u r g : „ D ie M a s k e d e r
griechische» T ra g ö d ie u n d ih re E in w i r k u n g a u f d ie trag isch e
K u n s t" (M u seu m sg ese llsch a ft) .
„ 30. D r. med. H. I T l o c f c r : „Die Homöopathie in Verbindung m it dem N aturheilverfahren a ls Heilmethode der Z ukunft" (Verein fü r Homöopathie und Naturheilkunde).
„ 3V D r. H . v o n M ü l l e r : „ A u s den T a g e b ü c h e rn e in e s A fr ik a
fo rsch e rs, d es f H a u p tm a n n e s K a r l Z e u n e r " (K a u fm ä n n is c h e r V e re in M e rk u r) .
„ 31- A . S t a e h l e : „ D e r E in z u g J e s u in J e r u s a l e m , e in w u n d e r
b a re s V o rb ild v o n dem E in z u g J e s u in se in e K irch e be i s e in e r
n a h e n p e rsö n lich en W ie d e rk u n f t" (G ff e n t l . V o r t r a g im H o te l M o n o p o l).
April v Geo S c h mi d t , Direktor der N aturheilanstalt Hirschstraße 12 .: „Das Wasser und seine Anwendungen am gesunden und kranken Körper; Blutstauungen und deren Folgen, Gicht, Rheu matismus und Nervenleiden" (Gffentl. Vortrag im Gasthaus zum weißen Bären).
„ 4 . Superior P ater C y p r i a n : „Die modernen Bedürfnisse der Charitas" (vereinigte katholische vereine).
„ 7. A. S t a c h l e : „Der Kampf Jesu im G arten Gethsemane" (Gffentl. Vortrag im Saale des Hotels Monopol).
„ 13. D ire k to r H . G ö t z : „ S y r ie n u n d P a lä s t in a " (B a d isc h e r K u n s t
g e w erb ev e re in ).
„ 13. H ofrat D r. H. M e i d i n g e r : „Gewerbliche Fachblätter" (Gewerbeverein K arlsruhe).
„ 13. Missionsinspektor G e h l e r aus B asel: „Entstehung, Entwick lung und Charakter der B asler Mission" (Missionsvortrag in der evangel. Stadtkirche):
„ u . H auptlehrer B a r r o : „Die Kanarienhecke" (Verein von vogelfreunden).
„ 14 . A. S t a e h l e : „Die persönliche Auferstehung Christi von den Toten als Beweis seiner wahren Gottheit und der Gültigkeit seines stellvertretenden O pfers und als G arantie für die Auf erstehung der Entschlafenen" (Gffentl. Vortrag im Hotel Monopol).
„ 18 . Z a h n a r z t A l l e r s : „ E in e ita lien isch e R e is e " , m it P r o je k t io n s b ild e rn (A lp e n v e re in ) .
„ 2 1 . A. S t a e h l e : „Die Sammlung und Bereitung einer Erstlings schar auf die nahe Zukunft Christi, ein besonderes Zeichen von der Nähe des Herrn" (Gffentl. Vortrag im Hotel Monopol).
„ 23. Lehram tspraktikant H Ü b l e r : „Regen und W ind" (A rbeiter bildungsverein).
— (06 —
A pril 25 . Dr. med. p a u l l : „D ie K leidung und die Gesundheitspflege" (V erein „Frauenbildung", A bteilung K arlsruhe).
„ 26 . LI. W eila n d t, Direktor der A usstellung für das gesamte Reklam ewesen in S tu ttgart: „W esen und P raxis der Reklame" (Landesgew erbehalle).
„ 27 . K . K o r n h a s , B ildhauer und Keramiker: „Die Kunst in Cittä di Castello, Erläuterungen zu einem größeren publika tionswerke nebst A usstellung desselben" (Badischer Kunst gewerbeverein).
„ 29. Dr. w i l s e r au s H eidelberg: „D ie Theorien von Ranke und Sergi über den Ursprung des europäischen Menschen" (N atur wissenschaftlicher Verein).
M ai 2. Kunstmaler E . p l a t z a u s M ünchen: „Touren in der Bernina- Gruppe" (A lpenverein).
„ 4. Professor Dr. K l e i n : „Weinstock und M ein" (G artenbau verein K arlsruhe).
„ 5 . L. H ä m e r : „D ie E ingew öhnung der ausländischen Vögel" (V erein von Vogelfreunden).
„ 6. Landtagsabgeordneter v e n e d e y au s Konstanz.: „D as Jah r z 848" (Volksverein K arlsruhe).
„ 9. K arl F h i d : „M eine Erlebnisse a ls M atrose bei der kaiser lichen M arine und R eiseerinnerungen an Bord 5 . M . Schiff „Bismarck" in Asien, Afrika und Australien" (Arbeiterbildungs verein).
„ Z2. A . S t a e h l e : „D as Werk E lias' unter I s r a e l , ein Vorbild und P in w e is von dem verheißenen w underbaren , herrlichen G nadenw erk G ottes in unseren Tagen" (Religiöser Vortrag im H otel M onopol).
„ zz. M ajor L e u t w e i n , kaiserlicher Landeshauptm ann von D eutfch-Südwest-Afrika: „D ie historische Entwicklung und wirtschaftliche B edeutung von Deutsch-Südwest-Asrika" (Deutsche Kolonialgesellschaft, A bteilung K arlsruhe).
„ 20. Dr. K . Escherich: „Ameisen und Ameisengäste" (Naturwissen schaftlicher Verein).
„ 22. Vikar Löhlein, Gberkirchenratssekretär: „LHristliches und kirch liches vereinsleben" (Evangelischer M ännerverein der Weststadt).
„ 26. A . S t a e h l e : „Der F rüh- und Spätregen in I s r a e l , ein w underbares Vorbild von der A usgießung des Hl. Geistes auf die Kirche" («Öffentlicher Vortrag im Hotel M onopol).
J u n i v Dr. H. w . E l a u ß : „D ie p flan ze in der Heilkunde vom A ltertum bis zur Neuzeit" (G artenbauverein K arlsruhe).
„ 2. Assistent I . D a u b : „M eh lw ü rm er, deren Zucht und w ert für die S ingvögel" (Verein von vogelfreunden).
— 107 —
3 uni 2. Stadtpfarrer R o h d e : „Die Aufgabe und Ziele des evangeli schen M ännervereins" (Evangelischer Männerverein der Weststadl).
„ 2. A. S t a e h l e : „Die Elemente der N atur in ihrer nutzbringen den A rt, Sinnbilder von der mannigfaltigen Wirksamkeit des Hl. Geistes in der Kirche G o ttes; in ihrer zerstörenden Wirkung auch Sinnbilder von der (Offenbarung der dämonischen Nächte, wie sie zu dieser Zeit zu Tage treten" ((Öffentlicher Vortrag im Botel Monopol).
„ 3 . Professor Dr. b s e i m b u r g e r : „Die Reichstagswahl" ((Öffent liche Wählerversammlung der Deutschen Volkspartei in der Restauration „Prinz Beinrich" in der Kurvenstraße).
„ S. Geh. ksofrat Dr. © f t e r : „Briren in landschaftlicher und kuusthistorischer Hinsicht" (Alpenverein).
„ 9 . 21. S t a c h l e : „Die Tage Noahs und unsere Zeit. V Mos. 6, M ath. 2% 37—»2 " (Religiöser Vortrag im Hotel Monopol).
„ (0. Professor Dr. S c h o l l : „Die ätiotropen Modifikationen des Kohlenstoffes (Kohle, G raphit, D iam ant)" (Naturwissenschaft licher Verein).
„ (6. A. S t a e h l e : „Die Tage Lots und unsere Zeit" (Religiöser Vortrag im Hotel Monopol).
„ (8. Stadtschulrat Dr. L u n g e n aus Frankfurt: „Knabenerziehung— Mädchenerziehung" (Verein Frauenbildung — Frauenstudium).
„ 2 0 . Buchdruckereibesitzer Ferd. T h i e r g a r t e n : „Genua, Turin (Landesausstellung), Mailand (Aufstand)" (Arbeiterbildungs verein).
„ 2 2 . Rektor D r. G e r w i g : „Erinnerungen an Neapel" (Gabels- berger'fcher Stenographenverein).
„ 23. A. S t a e h l e : „Die Beschneidung und Einführung des Volkes Is ra e l durch Io sua in das Land der Verheißung, ein Vorbild von der Bereitung und Vollendung der Kirche durch Apostel auf die nahe Zukunft Christi" (Religiöser Vortrag im Hotel Monopol).
„ 2q. Dr. K. v. K r a a t z - K o s c h l a u : ,,Edelsteine" (Naturwissen schaftlicher verein).
„ 26. P farrer © . M a u r e r : „Die evangelische Mission in Jerusalem " (Evangel. Vereinshaus).
„ 2 8 . Stadtpfarrer R a p p : „Der Apostel Petrus im neuen Testament" (5<t. Hauptversammlung des wissenschaftlichen Predigervereins Badens).
„ 2 9 . Stadtpfarrer D e g e n aus Bruchsal: „w ie kann durch den Schulunterricht die Kenntnis und Vertrautheit mit der heiligen Schrift gefördert werden?" (zq. Hauptversammlung des wissen schaftlichen Predigervereins Badens).
— 108 —
J u n i
J u l i
Septem ber
<DFtober
2 9 . Professor D. D e i ß m a n n aus Heidelberg: „Die Größe des Apostels P au lus" (z-l- Hauptversammlung. des wissenschaft lichen Predigervereins Badens).
30. F rau Loe p er - H o u s f e I e : „Erziehung zur Arbeit" ( u . Generalversammlung des Vereins badischer Lehrerinnen).
3 0 . A. 5 tu e Hi e : „W as ist das Gebet ? Wer soll beten? W ann und wie soll man beten ? M as sollen wir beten? W as nützt das G ebet?" (Religiöser Dortrag im Hotel Monopol).
4 . (Dberlandesgcrichtsrat Frli. v. T e u f f e l und Geh. R at He ß : „Über eine gemeinsame Reise in den Dstalpen" (Alpenverein).
5 . A. H e l m s , Geschäftsführer des Vereins für Handlungs- kommis von (858 (Kaufmännischer Verein) in Hamburg: „Die Entwicklung des Hamburger 58er Vereins" (Bezirk Karlsruhe des Vereins f. Handlungskommis von (858).
22. Dr. K. (Es eher ich: „Parasitism us im Tierreich" (N atur wissenschaftlicher Verein).
5 . Druckereibesitzer F. T h i e r g a r t e n : „Die Generalversammlung des deutschen und Ssterr. Alpenvereins in N ürnberg; Besteigung der Zugspitze" (Alpenverein).
7 . R e a ls c h u lk a n d id a t K . K e l l e r , T a u b s tu m m e n le h ro r in M e e r s
b u r g : „ D ie I n s e l M a in a u " (G a r te n b a u v e r e in ) . (8. vereinsgeistlicher H. B e n d e r : „Wichern auf den Kirchentag zu
Wittenberg" (Gedenkfeier des 50 jährigen Bestehens der inneren Mission in Deutschland im Evano. Vereinshaus).
( 9 . Professor D. von Nathusins aus G reifswald: „Die Aufgabe der Kirche an der Volksseele" (Evangelische Konferenz).
2 0 . P farrer P 0 my k a c z aus Freudenthal in (Österreichisch- Schlesien: „Der Protestantismus in (Österreich - Schlesien in Vergangenheit und Gegenwart" (K arlsruher Zweigverein der Gustav-Adolf »Stiftung).
2 6 . R. v. P e i n aus H am burg: „Deutschlands größte kaufmännische verbände im Lichte der Sozialreform und Warenhäuser, Filial- gefchäfte und deren notwendige Bekämpfung" (Deutsch-natio naler Handlungsgehilfen-Verband, Ortsgruppe Karlsruhe).
27. Reichstagsabgeordneter K g ft e r ans S tuttgart: „Die Beschränk ung des Koalitionsrechts durch hohe Zuchthausstrafen" (Dom Gewerkschaftskartell einberufene Protestversammlung im Reichs- Hallentheater; dieselbe wurde nach Verlauf von etwa einer halben Stunde von dem überwachenden Beamten aufgelöst).
28. Reichstags- und Landtagsabgeordneter Geck aus ©ffenburg: „Koalitionsrecht und Zuchthaus" (Sozialdemokratische Versamm lung im Reichshallentheater).
3. Geh. Leg.-Rat Freiherr v. Marschall: „Touren in den Alpen" (Alpenverein).
— —
Gktober 5. beginnend hielten Professor Dr. K. Armbruster und Professor D r. F. £ a m c y , sowie Hofarzt D r. DT. Dreßler \ 2 Vorträge aus der Kunstgeschichte (III. Abteilung: Italienische Frührenais- fance, Spanische Renaissance, Venezianische Kunst. IV. Ab teilung : Symbolik der menschlichen Gestalt. V. Abteilung Deutsche Hochrenaissance)" (Turnhalle der höheren Mädchenschule).
5. „Das Protektoratsrecht über die Katholiken im Grient" (Kathol. MLnnerverein Konstantia).
5. Hauptlehrer A. K n e u c k e r : „Line Ferienreise nach dem Grient" (Gartenbauverein Karlsruhe).
8. beginnend hielt jeweils Samstagabends Seminardirektor Dr. G e s e r Vorlesungen über Larlyle, Feuerbach, Nietzsche, Ibsen, George Elliot, Turgeniew, A. Daudet, Böcklin u. a. (Aula des Prinzeffin-M lhelm-Stifts).
(0. Reichstagsabgeordneter F ö r s t e r aus Hamburg: „Die gegen wärtige wirtschaftliche und politische Lage" (Sozialdemokratische Versammlung).
10. Dr. jur. K. L a n g aus S traßburg : „Die derzeit herrschenden stenographischen Richtungen" (Stenotachygraphen-Verein K arls ruhe).
IV P- H a f f e aus B erlin : „Die Fürsorge für die weihliche Jugend" (Instruktionskursus für innere Mission).
1 V Reichstagsabgeordneter H e n n i n g aus Berlin, Generalsekretär der deutschen Sittlichkeitsvereine: „Der Kampf gegen die Un» fittlichkeit, eine Kulturaufgabe der Gegenwart" (Großer R a t haussaal).
IV Stadtpfarrer VOu r ft e r aus Heilbronn: „Geschichte und Auf gabe der inneren Mission" (Instruktionskursus für innere Mission).
1 u. (2. L. La r o l i , Physiker aus München: „Lxperimental- vorträge".
(2. Reichstagsabgeordneter H e n n i n g aus Berlin und P fa rre r H o f f e t aus K olm ar: „Der Kampf gegen die Unsittlichkeit" (Instruktionskursus für innere Mission).
12. P farrer K a y s e r aus Frankfurt a. DT.: „Christliche Presse und Schriftenverbreitung" (Instruktionskursusfür innereMission).
■12 . P farrer K r i e g e r aus Brötzingen: „Kirchliche Kunst" (Instruk tionskursus für innere Mission).
\2 . Hofsattler R. © ft e r t a g : „Neuorganisation der Gewerbe vereine und Stellungnahme derselben zum neuen Handwerker gesetz" (Gewerbeverein).
(5. Stadtpfarrer M ö g l i n g aus S tu ttg a r t: „Der Kampf gegen die Trunksucht" (^nstruktionskursus für innere Mission).
Gktober
’n
t5. P farrer S c h e r r aus Weinheim: „vorbeugende Maßregeln gegen das Verbrechertum" (Inftm ftionsfurfus für innere Mission). Dr. med. fj. M o e f e r : „Welchen W ert hat die Teilnahme an den modernen gesundheitlichen Reformbestrebungen für jeden Gebildeten?" (Verein für Homöopathie und Naturheilkunde), P farrer H. W a l t e r ans K arlsruhe: „Die weibliche Diakonie" (Instruktionskursus für innere Mission).
H4 . P farrer W i e d e r k e h r ans Korb: „Die Fürsorge für die Epileptischen" (Instruktionskursus für innere Mission).
\ 6 . Dr. med. M o e s e r : „Der Alkoholismus, ein gefährlicher Feind unserer Gesundheit und unseres Glückes" (J ahresfest des „Vereins vom Blauen Kreuz" im Betsaal der Methodisten, gemeinde, Zirkel jga).
(6. Kirchenrat R i t t e r aus Zürich: „Civilisation und Christentum" (I. Abonnementsvortrag im Evang. Vereinshaus).
t8. Dr. m e d . M o e s e r : „Gesundheitliche Schädigungen im kauf, männischen Gewerbe und deren Verhütung" (Verein der deutschen Kaufleute, O rtsverein und Verwaltungsstelle K arls ruhe).
ty. Dr. Fr. S c h u l z e , Professor an der technischen- Hochschule in Dresden: „Das Seelenleben des Weibes" (Kaufmännischer Verein Karlsruhe).
2 \ . Dr. v. K r a a t z - K o s c h l a u : „Die neuesten Erdbeben" (Natur wissenschaftlicher Verein).
2 v Direktor Geo S c h m i d t : „E xperimentalvortrag über die An wendung der Wickel, Packungen u. s. w." (Verein für Ge sundheitspflege und arzneilose Heilweise).
25. Missionär A u t e n r i e t h , früher in K am erun: „Die evan gelische Mission im Hinterlande von Kamerun, ihre Erfolge und Schwierigkeiten" (Bezirksoerein Karlsruhe für äußere Mission).
2 \ . „Die Verwüstung der Pfalz" (Arbeiterbildungsverein K arls ruhe).
2 \ . Hofprediger a. D. S t ö c k e r aus B erlin : „Deutschtum und Reformation" (II. Abonnementsvortrag im Evang. vereinshaus).
2 6 . Regierungsrat Dr. G . L a n g e , Vorstand des großh. statistischen Landesam ts: „Handwerkerfragen" (Gewerbeverein).
26. Dr. M. S c h m id aus Aachen: „Hauptströmungen der modernen Malerei seit *870 (mit Lichtbildern)" (Museums- gesellschaft).
2 8 . S ta d tp fa re r R a p p : „Freuden und Leiden eines Pastorations geistlichen" (Gustav-Adolf-Frauen- und Iungfrauenverein).
— m —
Oktober
November
2 8 . und November 4 . u. U- Professor Dr. A. v. Ve c h e l h a e u s e r : „Palästina, Syrien und Aegypten (unter Vorführung von Licht bildern)" (Aula der Technischen Hochschule).
30. Stadtpfarrer B r ü c k n e r : „Die protestantische Freiheit" (Karlsruher Protestantenverein).
30. P farrer F. R a m i n : „Johannes Brenz, der Reformator W ürt tembergs" (Evangel. Vereinshaus).
3(. Professor A. H ü b 1 e r : „Der Kompaß" (Arbeiterbildungs verein Karlsruhe).
(. Hauptlehrer F i n k : „England, Land und Leute" (Verein der deutschen Kaufleute, G rtsverein u. Verwaltungsstelle K arlsruhe)
3. Garteninspektor M a s s i a s aus Heidelberg: „Der Einfluß des Gartenbaues auf die Erziehung" (Gartenbauverein Karlsruhe).
3. Betriebssekretär A. W e i s : „pflege, Zähmung und Abrichtung von Papageien" (Verein von vogelfreunden).
4 . Professor Dr. L. K l e i n : „Die Physiologie des Weines" (Naturwissenschaftlicher Verein).
5. Roßarzt B r o s e : „Die Hautkrankheiten der Hunde" (Bad. kynologischer Verein).
5, Geh. Hofrat Dr. N e ß l e r : „Geldwert und Aufbewahrung der N ahrungsm ittel" (Gartenbauverein Karlsruhe, Stadtteil Mühlburg).
6. Stadtvikar P farrer H e s s e l b a c h e r : „Evangelisches und Katholisches aus I ta l ie n , Reiseeindrücke und Erinnerungen" (Evangelischer Bund, G rtsverein Karlsruhe).
6. Pastor W i l h e l m i aus H am burg: „G räfin Lasxarin und die Diakonissensache" (III. Abonnementsvortrag im Evang. Der» einshaus).
7. beginnend, Anna ( E t t l i n g e r : „Bilder aus der Litteratur- geschichte des (Y. Jahrhunderts von ;850 bis in die neueste Z eit" ((5 Vorträge; Litteraturkursus für Damen).
7. Rechtsanwalt B y t i n s k i : „Die Beratungen und Beschlüsse des XX. Verbandstages der städtischen Haus- und Grundbe sitzer-Vereine Deutschlands in Wiesbaden vom 3— s. August" (Schutzverein der Hauseigentümer).
7. Dr. v . P o h l m e y e r , Dozent an der Humboldt-Akademie in Berlin: „Gustav Freytag" (Kaufmännischer Verein Karlsruhe).
7. Professor K. S e ith : „Der Vesuv" (Alxenverein). 7. Hofbauführer Sommer: „Die Verwüstung der P falz" (Arbei
terbildungsverein). 8 . Baroneß von B i s t r a m aus W iesbaden: „N ora und die wahre
Emanzipation der F rau" (Verein. Frauenbildung — Frauen studium).
— U 2
November 8 . Fräulein Schmidt aus Hamburg: „Der Kaffeegenuß in der Familie" (©ffcittl. Vortrag für Damen im Saale der Eintracht).
„ 8 . Kanzleiassistent 21. Schultz: „Dr. Luther" (Evangelischer ITtän« nerverein der Weststadt).
' „ 9 . H auptlehrer F i n k : „Die politische Lage der Gegenwart" (Volksverein Karlsruhe).
,, 9 . Stadtpfarrer Dr. L e h m a n n aus Hornberg: „Konkurrenz und Sittlichkeit" (Evangelisch-soziale Vereinigung Badens).
„ 9 . J e u s Lü t z e n , Dozent an der Humboldt-Akademie in Berlin: „B ilder aus dem Goldlande Alaska" (Museumsgesellschaft).
,, 9 . Fr. R a t z e l , Architekt und Dozent an der Technischen Hoch schule: „Neuere Bestrebungen im Bauwesen" (Gewerbevcrein).
„ \ 2 . Schriftsteller Georg 5 i 111011 i aus Budapest: „Wie matt alt werden und doch jung bleiben kann" (Verein für Gesundheits pflege und arzneilose h eilweise).
„ \5 . S tadtpfarrer p ö n i g aus Heidelberg: „Richard Rothe und die Badische Landeskirche" (Karlsruher j)rotestatrtenverein).
„ is . Iesuitenpater A n d e l f i n g e r : „Uber die Stellung der katho lischen Kirche zur christlichen Religion" (Kleiner Festhallesaal).
„ Z6 . Iesuitenpater A n d e l f i n g e r : „Über den religiösen Jndiffe- rentism us in seinen Voraussetzungen, feinem Wesen und seinen W irkungen" (Kleiner Festhallesaal).
„ ( 6 . Professor Dr. B u l t h a u p t aus Brem en: „Goethes Faust, feine Vorgänger und seine Nachfolger" (Kaufmännischer Verein Karlsruhe).
„ ( 8 . h ofrat Professor p a i d : „Schwerkraftmessungen im Herbst 1 8 9 7 " (Naturwissenschaftlicher Verein).
„ td- Dr. © . S c h w id 0 p : „Militärgesundheitsdienst beim Landheer" (Militärverein Karlsruhe).
„ 2 \ . Rechtsanwalt o tto H e i n s h e i m e r : „Die Reichsverfassung" (Arbeiterbildungsverein).
„ 2 2 . Reallehrer 21. B e r g m a n n : „Pandelsgeographie" (Kaufmän nischer verein Merkur).
„ 2 zff. Mr. J. P r e s s i g n y : »Meliere« (dans la salle du Rathaus). „ 2 5 . Finanzamtmann Dr. T r u e d i n g e r aus S tuttgart: „Die Z u
kunft des deutschen pandwerks im modernen Konkurrenzkampf" (Gewerbeverein).
„ 23. Universitätsprofessor Dr. Eugen W o l f s aus Kiel: „Zola und Ibsen" (Museumsgesellschaft).
„ 2 4 . Professor K. W i d m e r : „Modernes Kunstgewerbe" (Landesge werbehalle).
— U S —
November 2 5 . „Über die demnächst hier und im ganzen Großherzogtum Baden von Seiten der Freien Vereinigung anzubriugenden Fahrradanschlußstellen" (Deutscher Tourenclub, Freie Vereinig ung des Konsulats K arlsruhe, der Allgem. Radfahrer-Union).
„ 2 7 . Professor Dr. 21. D r e w s : „Mozarts Zauberflöte" (Im Saale des großh. Konservatoriums).
,, 27. J a c o b ! : ,,Dr. Ludwig W indhorst" (Fidelitas, Verein katho lischer Kaufleute und Beamten).
,, 27. Stadtvikar 2V. Schulz aus Freiburg i. B r . : „lvalther von der Vogelweide, ein Vertreter mittelalterlicher Laienfrömmigkeit" (Karlsruher Protestantenverein).
,, 2 8 . Rechtsanwalt O tto W e i l : „Über geistiges Eigentum" (Kaufmännischer Verein Karlsruhe).
„ 2 8 . o berkirchenrat Z ä r i n g e r : „Die Feste in Ulm und lfeidel- berg" (Gustav-Adolf-Frauen- und jungfrauen-V erein).
„ 2 9 . Stadtvikar P . L ö h l e i n : „E . Ul. 2lrndt" (Evang. M änner- verein der W eststadt)..
„ 30. o berkirchenrat o e h l e r : „Erlebnisse und Eindrücke in P a lä stina" (Elisabethenverein).
Dezember (. Dr. K. B r u n n e r : „Stand der heimischen Geschichtsforschung" (Karlsruher Altertumsverein).
„ 2 . Dr. med. L l a u ß : „Streifzüge in das Gebiet der W ohnungs- hygiene, Ärztliches und Nichtärztliches" (Bürgerverein der O ststadt).
„ 2 . Professor Dr. A. S c h l e i e r in ach e r : „Wärmestrahlung" (N aturwissenschaftlicher Verein).
,, 4 . Professor Dr. 2l. D r e w s : „ W agners Parsifal" (Im Saale des großh. Konservatoriums).
„ 4 . Professor K. Fr. M ü l l e r : „Lady Stanhope, die Königin von Thadmor" (Evang. Bund).
„ 4 . S c h a t t aus M annheim : „herrschende, dienende und freie Religion" (Freidenkerverein).
„ 4 . P farrer IV er it e r aus F rankfurt: „Ernst Moritz A rnd t, ein gutes, altes deutsches Gewissen" (Evangel. Vereinshaus).
„ 5. Professor I). F i s c he r : „Bilder ans der Urgeschichte unseres Volkes" (Arbeiterbildungsverein Karlsruhe).
„ 7. Dr. G. Hu t h , Privatdozent an der Universität B erlin-Char- lottenburg : „R eise nach O stsibirien und Rußlands Absichten
, und Aussichten in O stasien" (Museumsgesellschaft). „ 8. h ofapotheker Fr. S t r ö be: „Meerleuchten" (Gartenbauverein
Karlsruhe). 10 . h ofschauspieler A. J u n k e r m a n n aus W ien : „Ut mine
Strom tid; Ut mine Festungtid; Läuschen und Rim els" (Kauf männischer Verein Karlsruhe).
8
— U 4 —
Dezember 1 v Schriftsteller v r . N e u b a u r aus Berlin : „Englische Kolonial politik in Afrika und die deutschen Interessen" (Alldeutscher Verband, (Ortsgruppe Karlsruhe).
„ \2 . profestor Dr. R. ( S o l d s chm i t : „Deutschland vor hundert Ja h re n " (Arbeiterbildungsverein Karlsruhe).
,, 12 . Professor Dr. A. S c h w a r z aus W ien : „Die Hochschulen in Palästina und Babylon" (verein für jüdische Geschichte und Litteratur).
„ (5. Dberkirchenratssekretär K. B a u e r : „Johann bseinrich Michern" (Lvangel. Männerverein der Meststadt).
„ Z3 . Dr. £ j u t h , privatdozent an der Universität B erlin : „Sibirien auf Grund eigener Reisebetrachtungen" (Kaufmännischer Verein Merkur).
„ \6 . Hofrat Professor Dr. L e h m a n n : „Die Harmonie der Töne" (Naturwissenschaftlicher Verein).
„ . 18 . Professor K. F. M ü l l e r : „Ans. der Zeit des Rheinbundes" (Militärverein Karlsruhe).
,, 18 . prediger S e i d l e r von der Brüdergemeinde: „Johannes King, der ohne sichtbares menschliches Zuthun erweckte Evangelist Surinam s" (Evangel. Vereinshaus).
,, 2 \ . Professor Arthur A c h l e i t n e r aus München: „Humoristisches ans dem Leben in den Alpen" (Mnseumsgesellschaft).
„ 2 9 . p rä lu t a. D. D. D o l l : „Bibel und N atur" (Gustav-Adolf- Frauen- und Jungfrauen-Verein).
Verlage 1,
Schülerzahl dev Karlsruher; Schulen.
Schuljahr I . S tädtische S chulen . *8 9 6 /9 7 *) *3 9 7 /9 8 *)
1. Realgymnasium (mit Klasse VI u. V eines Reforingym nasium s)..................................... 499 528
2 . Vbcrrealschule . . . ..................................... 50 4 553 5 . R e a ls c h u le ..................................................... . 378 34 4 4 . Höhere M ädchenschule............................... ..... 5 43 550 5 . Gewerbeschule.................................................... 483 532 6. Sophienschule (Unterricht für weibliche Hand
arbeit und Kleidermachen)........................... *50 *80 7 . Dem Rektorat unterstellte Schulen
a. Einfache Knabenschule (mit Mühlburg) . * *02 * **7 b. Einfache Mädchenschule (mit Mühlburg) . * 2 9 * * 3*7 c. Erweiterte K n a b e n sc h u le .......................... * 8 *0 * 90 6 d. Erweiterte M ädchenschule.......................... * 9 2 * * 97 4 e. K nabenvorschule........................................... 483 555 f. B ü rg e rs c h u le ................................................ 2 4 0 259 g. Töchterschule ........................................... 877 89 4 h. Knabenfortbildungsschule (mit Mühlburg)
in *9 K la ssen ................................................. 6 0 0 596 i. Mädchenfortbildungsschule (mit Muhlburg)
in *3 Klassen ................................ 4 2 * 4*2 k. Kaufmännische Fortbildungsschule (in 5.
K la ssen )........................................................... *3* *52
Zusammen (a.—k.) . . 8 8 8 4 9 *68
I I . S taa tlich e Schulen .
8. Akademie der bildende» K ü n s te ..................... 93 87 9 . Baugewerkeschnle............................................... 4 7 5**) 467
*o. G ym nasium ......................................................... 60 0 630
*) Die Z a h le « beziehen sich, soweit nicht a n d e rs bem erkt is t , a u f den S ta n d a m Schlüsse des S chuljahres.
**) B ei B eg in n des W intersem esters 1(896/97, bezw . 1(897/98.
— U 6 —
Schuljahr (896/97 (897/98
(( . K unstgew erbeschule........................................... 2 2 0*) 2 0 4*) ( 2 . Lehrerseminar I ..................................................... ( ( 2 (0 6 (z. Lehrerseminar II ................................................... ( ( ( (0 9 (9. L ehrerinnensem inar..................................... . 93 90 (3. Schule des Lehrerseminars I ............ (72 (6( (6. Schule des Lehrerseminars I I ............ (83 (88 (7. T urnlehrerbildungsaüstalt 95 (0 9 **)
I I I . S chulen des badischen chrauenvere ins.
(8. F rauenarbeitsschn le ........................... ( 0 6 9 ( 0 9 9 (9 . ksaiishaltungsschnle des Friedrichstifts . . . 2 6 20 2 0 . Indnstriekurse zur Ausbildung von kjandar-
beitslehrerinnen: a. an V o lk ssch u len ................................................. 98 b. au höheren Mädchenschulen . . . 90 29 •
2 (. Luisenschule............................................ 82 83 2 2 . Schule für K unsts tickere i................. 5( 59 2 3 . Seminar zur Ausbildung von h andarbeits-
lehrerinnen an Mädchen-Fortbildungsschulen 33***) 36***)
IV. priratfchulen.
2 9 . Allgemeine Musikbildungsanstalt . . . . 386 399 23. Institu t (und Fortbildungskurs) von A. Fried»
lä u d e r ................................................. ( 2 0 ( 0 6 2 6 . Konservatorium für Musik ........................... 5 9 8 t ) 585f) 27. M ädchengym nasium .................................. ........ 20 (6 2 8 . M alerinnenschule................................. 75 69 2 9 . Militär-vorbereitungsanstalt von A. Fecht . 82 82 3 0 . V iktoriaschnle...................................... 2 2 9 23(
*) Davon waren 1(68, bezw. J59 ständige Schüler. **) Davon waren 48 Volksschullehrer (Ausbildungszeit \2 . bis 30. April), 3J Lehrer an
höheren Anstalten (J. bis 27. August), etwa 20 hiesige Lehrer und JO Lehrerinnen. ***) I n je zwei K ursen. t ) Darunter waren 433 eigentliche Schüler, 83 Hospitanten und 32 Kinder, bezw. 443
eigentliche Schüler, J09 Hospitanten und 33 Kinder.
V. Die Frequenz der technischen Hochschule im Studienjahre s 897/98 ergiebt sich aus folgender Übersicht:
»
Wintersemester ( 897/98
Sommersemester (898
fcnbir Yosxi- tanken ganzen t n t tanten ganzen
Abteilung für Mathematik und all gemein bildende Fächer . . . . 19 4 23 16 5* 21
Abteilung für Architektur . . . . 134 16 140 131 8 139 Abteilung für Ingenieurwissenschaft. 124 4 128 125 1 126 Abteilung für Maschinenwesen . . 282 15 297 262 10 272 Abteilung für Elektrotechnik . . . 123 7 130 123 5 128 Abteilung für C h e m i e ..................... 123 20 146 108 11 119 Abteilung für Forstwesen . . . . 33 1 34 29 — 29
841 67 908 794 40 834 T e iln e h m e r ........................................... — — 164 — — 61
1072 895
II .nn’inq;
S t a t i s t i k d e s B e v ö l k e r u n g s v o r g a n g e s 1 8 9 8 .
M o n a t .
Lebend- Hot» Gestorbene,
ausschließlich Totgeborener
T o d e s u r s a c h e n
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Akute D arm - hanfbeiten
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Ja n u a r . . . 221 3 116 80 5 1 11 17 13 3 60 6 Februar . . . 216 5 111 30 1 1 2 1 2 14 1 Ü 11 1 58 4 März . . . . 218 1 136 39 1 1 1 — 1 18 26 12 2 72 2 April . . . . 233 2 134 35 — — 4 - — — 18 26 15 4 61 6 Mai . . . . 242 1 137 46 — — 2 — — 19 14 22 7 67 6 Ju n i . . . . 217 7 115 36 — 1 4 — 1 21 13 12 6 55 2 Ju li . . . . 233 8 144 64 — — 1 1 — 17 16 33 17 56 3 August . . . 229 5 204 127 — — 1 — — 14 9 94 54 27 5 September . . 211 6 168 99 — — — 3 — 10 9 66 18 56 6 (Oktober . . . 231 5 139 69 1 — 2 — 14 15 34 8 61 4 November . . 213 4 118 29 1 — 1 2 2 18 18 16 3 52 5 Dezember. . . 237 7 128 37 1 — 2 1 — 17 28 12 — 65 2
Zusammen . 2 701 54 1-650 641 5 3 25 9 6 191 207 340 123 690 51
10_Dq1_Karl_Chronik_1898__Titel
10_Dq1_Karl_Chronik_1898__1
10_Dq1_Karl_Chronik_1898__2
10_Dq1_Karl_Chronik_1898
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/chronik/HF_sections/content/ZZmmyiWHszSEyg/10_Dq1_Karl_Chronik_1898.pdf
Liebe Besucher*innen,
das Spektrum unserer Sonderausstellungen reichte 2019 von »Paris, Paris! Karlsruher Künstler an der Seine« mit Werken aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu neusten Arbeiten in der Schau »TOP_0019: Meisterschüler*innen und die Sammlung der Städtischen Galerie Karlsruhe im Dialog«. Das spektrenreiche Miteinander von aktueller und historischer Kunstproduktion bot den Be trach tenden vielfältige Anregungen. Einen weiteren Blick in die eigene Sammlung vermittelt die Aus stellung »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe«, die nur noch wenige Tage zu sehen sein wird – so auch am Tag der offenen Tür am 6. Januar. Überaus ansprechend finden die Besucher*in nen hier die Vielfalt der künstlerischen Ausdrucksformen.
Das Kunstjahr 2020 beginnt bei uns Anfang Februar mit der Verleihung des Kunstpreises der WernerStoberStiftung an Florian Köhler. Vier Wochen später eröffnen wir im Lichthof die Präsentation »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980«. Gleichermaßen irritierende wie faszinierende Kunstwerke regen uns zum Nachdenken an über Ressourcen und ihren bis in die jüngste Vergangenheit verschwenderischen Einsatz.
Wir freuen uns auf Ihr Kommen! Ihre Brigitte Baumstark und das Team der Städtischen Galerie Karlsruhe
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Tradition und Aufbruch Nachkriegskunst in Karlsruhe 20/07/2019 –19/01/2020
»Tradition als Verpflichtung« – unter diesem Motto stand nicht nur die Karlsruher Kunst- akademie, als sie nach schweren Kriegszerstörungen 1947 ihren Lehrbetrieb wieder aufnahm, diese Haltung kennzeichnet auch die gesamte Kunstszene der Nachkriegszeit in der Fächerstadt. Mit der Wiedereinsetzung ihrer 1933 entlassenen Professoren Karl Hubbuch und Wilhelm Schnarrenberger bzw. mit den Berufungen von Erich Heckel und Otto Laible knüpfte die Akademie an ihre eigenen Wurzeln und an anerkannte Richtungen der Klassischen Moderne an. Als vorbildhaft galten insbesondere die französische Kunst des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts und der deutsche Expressionismus. Auch das Schaffen der hier freiberuflich tätigen Künstler blieb größtenteils einer gegen- ständlich-figurativen Bildsprache verbunden. Erst mit HAP Grieshaber, der 1955 als Nachfolger Heckels nach Karlsruhe kam, wurden neue Impulse wirksam. Grieshaber be- geisterte seine Studierenden für die aktuellen Positionen der internationalen Avantgarde und förderte eine große Zahl junger Talente. Aus seiner Klasse ging die Neue Figuration hervor, zu deren bedeutendsten Vertretern u. a. Horst Antes und Walter Stöhrer zählen. Spannende Gegenüberstellungen individueller Positionen vermitteln einen facettenreichen Einblick in das Kunstgeschehen der Stadt zwischen Kriegsende und 1960. Gezeigt werden ca. 150 Gemälde, Grafiken und Plastiken, die bis auf wenige Ausnahmen zum Sammlungsbestand der Städtischen Galerie Karlsruhe gehören.
Nur noch wenige Tage!
Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung 2019 Florian Köhler Tschau Agip 06/02 – 03/05/2020
Der Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung für das Jahr 2019 wurde an Florian Köhler ver liehen. Die Auswahl für dieses Stipendium trafen die Mitglieder des Professoren - kollegiums an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Florian Köhler, 1973 geboren, studierte seit 2001 an der Karlsruher Kunstakademie und schloss 2007 sein Studium als Meisterschüler bei Professor Meuser ab. Nach einem Reise stipendium der Kunstakademie Karlsruhe (2007) und einem 6-monatigen Stipendium an der Cité Internatio- nale des Arts in Paris (2013) lebt und arbeitet der Künstler heute in Karlsruhe-Mühlburg.
In schnellem Arbeitsprozess setzt Köhler seine Gussformen aus gefundenen Materialien zusammen, verbindet sie mit Bauschaum und Plastikfolie, lässt sie mitunter stehen und addiert später das letzte formgebende Element. Durch das Abgießen in Beton entstehen Skulpturen, die in ihrer Abstraktion eine allgemeingültige Form erzielen. Köhler weist den zuvor alltäglichen Bestandteilen, die er oft an der nahe gelegenen Tankstelle findet, eine neue Materialität und Funktionalität zu. Die reinen zusammengefügten Formen in ihrer ursprünglichen Materialität reizen den Künstler weniger als die Übersetzung der Alltags- gegenstände in eine neue, abstrakte Form. Das Resultat sind faszinierende Skulpturen, die erst bei genauerem Blick ihre Vielschichtigkeit offenbaren.
(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980 07/03 –13/09/2020
Die Auswirkungen der heutigen Konsumgesellschaft auf die Umwelt sind allgegenwärtig. Sei es, dass wir sie mit unseren eigenen Sinnen erfahren und darüber im Alltag diskutieren, sei es, dass wir entsprechende Berichterstattungen Tag für Tag in den Medien verfolgen können. Vom Klimawandel ist dort die Rede, von der Verknappung der Ressourcen oder der Vermüllung der Meere. Vor gesundheitlichen Folgen wird ebenso gewarnt wie vor wirtschaft- lichen und sozialen. Nicht zuletzt wird immer wieder der Ruf nach der Notwendigkeit eines Umdenkens laut.
Ausgehend von ausgewählten Beispielen der letzten 40 Jahre stellt die Ausstellung zeit- genössische Künstler*innen vor, die sich mit den wechselseitigen Einflüssen zwischen der sich zunehmend globalisierenden Konsumgesellschaft und ihrer Umwelt beschäftigen. Diese aktuellen Positionen beobachten, dokumentieren und kommentieren die Veränderungen und Spuren, die Nutzung und Ausnutzung unserer Lebensgrundlagen hinterlassen. Das heutige Verhältnis zwischen Natur und Zivilisation wird ebenso in den Blick genommen wie das vielgestaltige Phänomen des Abfalls. Auch natürliche Rohstoffe wie Wasser oder fossile Ressourcen sind Gegenstand der künstlerischen Betrachtung.
Künstler*innen Nándor Angstenberger, Bernd und Hilla Becher, Michael Beutler, Joseph Beuys, Björn Braun, Nina Canell, Julian Charrière, Tony Cragg, Tue Greenfort, Andreas Gursky, Georg Herold, Roni Horn, Markus Jäger / ONUK, Kristof Kintera, Susanne Kriemann, Alicja Kwade, Klara Lidén, Agnes Märkel, Marlie Mul, Sigmar Polke, Klaus Rinke, Lois Weinberger
Erwin Gross Auf Papier 2017–2019 05/12/2019 –13/04/2020
Der Maler Erwin Gross, Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karls ruhe und von 2000 bis 2012 Rektor der angesehenen Kunsthochschule, trat in der Vergangenheit vor allem mit seinen großformatigen Leinwänden an die Öffentlichkeit. Diese waren u. a. vor zehn Jahren in der Städtischen Galerie Karlsruhe zu sehen. Parallel zu seinem um fangreichen malerischen Werk entstehen Gouachen und Collagen, die bislang wenig bekannt sind. Nun zeigt die Städtische Galerie Karlsruhe im zweiten Obergeschoss die erste Sonderausstellung, die allein seinen Kunstwerken auf Papier gewidmet ist. In einer repräsen tativen Auswahl werden Beispiele aus den letzten drei Jahren präsentiert.
»Auf Papier«, der Ausstellungstitel, benennt das Trägermaterial, dessen Eigenschaften diese Werkgruppe wesentlich mit bestimmen: Es sind das eher kleine Format, das dem Künstler ein unmittelbareres Vorgehen und größere Freiheit ermöglicht, die unterschiedliche Haptik der Papiere und die verschiedenen Weißtönungen der Oberflächen. Was beide Werkgruppen, die Leinwände und die Papiere, verbindet, sind die Farben, Pigmente gebunden in Acryl, und die Werkzeuge, zu denen neben dem Pinsel auch Schwämme oder Stoffreste zählen. Die eher kleinen Kompositionen zeichnen sich durch eine stimmungsvolle, poetische Leichtig- keit aus. Sie assoziieren Erinnerungen an Themen wie Landschaft, Pflanzliches sowie ge - legentlich Architektur und entführen die Betrachter*innen in ihre eigene innere Welt.
Mittwochs um 11 Mi11 Der besondere Termin am Vormittag mit Führungen in den aktuellen Sonderausstel - lungen oder der Sammlungspräsentation. Sitzgelegenheiten stehen zur Verfügung. Kosten: 2 € + Eintritt
Mittwochs um 6 Mi6 Der besondere Abendtermin um 18 Uhr in der Städtischen Galerie Karlsruhe. Dabei wechseln sich Gespräche über Kunst mit Zeitzeugen und Führungen zu aus gewählten Themen der Dauer- und Sonder ausstel lungen ab. Kosten: 2 € + Eintritt
Kinderwerkstatt – KW Offene Workshops Jeden Sonntag steht ein neues, spannendes Thema der Ausstellungen im Mittelpunkt. Angeregt durch die betrachteten Werke geht es dann an das eigene Gestalten. Für Kinder ab 6 Jahre, ohne Anmeldung, Kosten: 2 €
Führungen für Gruppen und Schulklassen und weitere Kunstvermittlungsangebote entnehmen Sie bitte unserem gesonderten Flyer. Anmeldung und Auskunft unter Telefon (0721) 133-4411/-4401, Mo–Fr / 9–15 Uhr
»Mit Kindern Ansehen« Interkultureller Eltern-Kind-Workshop In der Regel einmal im Monat laden wir frei- tags in Kooperation mit der vhs Karlsruhe zu einem interkulturellen Eltern-Kind-Work- shop ins Museum ein. Familien mit Kindern (3–12 Jahre) begegnen sich im Schauen, Sprechen und gemeinsamen Kreativsein. Für Eltern mit Migrationshintergrund sind Deutschkenntnisse ab B1-Niveau empfohlen. Anmeldung unter (0721) 3351 608 oder reich.kuk@mail.de. Der Eintritt ist frei.
»Wortwechsel« Kreatives Schreiben Entdecken Sie Ihre kreativen Talente und lassen Sie sich von Bildern unserer Ausstel- lung inspirieren. Im gegenseitigen Gedanken- austausch nähern wir uns schreibend den Kunstwerken. Mit Carmen Beckenbach M.A. Anmeldung und Auskunft unter Telefon (0721) 133-4411/-4401, Mo–Fr / 9–15 Uhr, Kosten: 6 €
Eintritt Ab 2. Januar 2020 ist der Besuch unserer Dauerausstellung und der darin integrierten Sonderschauen kostenfrei: → umgehängt 2019:
Facetten der Malerei 1960–2010 → Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019 → Florian Köhler. Tschau Agip
Sonderausstellungen → Tradition und Aufbruch.
Nachkriegskunst in Karlsruhe Ab 2. Januar 2020 freier Eintritt
→ (Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980 8 € / 6 € ermäßigt
Freitags ab 14 Uhr freier Eintritt! Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schulklassen in Begleitung einer Lehrkraft frei, Gruppen ab 10 Personen ermäßigter Eintritt, öffentliche Führungen und Kinder aktionen sowie Führungen für Schulklassen 2 € pro Person.
Museums-PASS-Musées Freier Eintritt, auch in die Sonderausstellungen
Do 02 12.15 Kurzführung Ulrich Steinberg M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« Fr 03 16.00 Führung Margit Fritz M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« So 05 15.00 Führung Dr. Claudia Pohl »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Silke Stimmler M.A. »Rumgepurzelt und stillgestanden – Stillleben in Bewegung«
Mo 06 Tag der offenen Tür (11–18 Uhr)
11.30 Führung Thomas Angelou M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 12.00 Kurzführung Dr. Martina Wehlte »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 13.00 Führung Dr. Martina Wehlte »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 14.00 »Hilfe – Wilde Tiere in der Städtischen Galerie!« Interaktive Abenteuertour mit iPad durchs Museum mit Carmen Beckenbach M.A. für Erwachsene
und für Kinder! (ab 8 J.) – begrenzte Teilnehmerzahl – 14.30 »50/50 – Die Kunst der 1950er Jahre zwischen Malerei und Neuen Medien« Ein Streifzug durch Städtische Galerie und ZKM mit Ulrich Steinberg M.A. 15.00 Führung Dr. Claudia Pohl »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 16.00 »Back to the fifties – eine verwegene Zeitreise« Aktionsführung mit Carmen Beckenbach M.A. – begrenzte Teilnehmerzahl – 17.00 Kurzführung Eric Schütt »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe«
Wir verschenken Kunstpostkarten, Plakate und Kataloge – solange der Vorrat reicht!
Do 09 12.15 Kurzführung Sylvia Bieber M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« Fr 10 16.00 Führung Simone Maria Dietz M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« So 12 15.00 Führung Kiriakoula Damoulakis M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Eric Schütt »Es tanzt der Kreis, es hüpft das Quadrat - Formen und Farben entdecken« Mi 15 11.00 Mi11 Führung Sylvia Bieber M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« Do 16 12.15 Kurzführung Ulrich Steinberg M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« Fr 17 16.00 Führung Eric Schütt »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« So 19 15.00 Führung Dr. Claudia Pohl »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Ulrich Steinberg M.A. »Im Feuerwerk der Farben – Wenn Bilder explodieren« Do 23 12.15 Kurzführung Dr. Brigitte Baumstark »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« Fr 24 15.00–17.00 »Mit Kindern Ansehen« Interkultureller, kreativer Museumsnachmittag für Eltern und Kinder (3-12 Jahre) mit Eva Wittig (Anmeldung erforderlich, siehe Rückseite unten. Der Eintritt ist frei.) So 26 15.00 Führung Dr. Martina Wehlte »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Eric Schütt »Mit Haar und Borste – Bilder bunt gepinselt« Do 30 12.15 Kurzführung Ulrich Steinberg M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019«
So 02 15.00 Führung Margit Fritz M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Silke Stimmler M.A. »Willkommen in der Winterkreativwerkstatt« Do 06 12.15 Kurzführung Florentine Seifried M.A. »Florian Köhler. Tschau Agip« So 09 15.00 Führung Ulrich Steinberg M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Birgit Reich »Zauberwald und Kunstsumpf - Dreidimensionale Wandbilder« Do 13 12.15 Kurzführung Dr. Brigitte Baumstark »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« So 16 15.00 Führung Simone Maria Dietz M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Silke Stimmler M.A. »Bilder lügen wie gedruckt? Experimentelle Druckwerkstatt« Do 20 12.15 Kurzführung Simone Maria Dietz M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« Fr 21 15.00–17.00 »Mit Kindern Ansehen« Interkultureller, kreativer Museumsnachmittag für Eltern und Kinder (3-12 Jahre) mit Eva Wittig (Anmeldung erforderlich, siehe Rückseite unten. Der Eintritt ist frei.) Sa 22 16.00–18.00 »Wortwechsel« Kreative Schreibwerkstatt mit Carmen Beckenbach M.A. (Anmeldung erforderlich, siehe Rückseite unten. Kosten: 6 €) So 23 15.00 Führung Margit Fritz M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Birgit Reich »Maler Klecksel: Hinter den Fleck geblickt!« Do 27 12.15 Kurzführung Florentine Seifried M.A. »Florian Köhler. Tschau Agip«
So 01 15.00 Führung Dr. Martina Wehlte »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Ulrich Steinberg M.A. »Die Kunstpaparazzi sind los – Mit der Kamera durchs Museum« Do 05 12.15 Kurzführung Florentine Seifried M.A. »Florian Köhler. Tschau Agip« So 08 15.00 Führung Dr. Claudia Pohl »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Birgit Reich »Verwandlungskunst: Upcycling Workshop 1: Schönes« Mi 11 11.00 Mi11 Führung Christina Korzen M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Do 12 12.15 Kurzführung Thomas Angelou M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Fr 13 16.00 Führung Margit Fritz M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« So 15 15.00 Führung Kiriakoula Damoulakis M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Silke Stimmler M.A. »Kunterbunterland – Auf abenteuerlicher Reise durchs Museum« Mi 18 18.00 Mi6 Führung Christina Korzen M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Do 19 12.15 Kurzführung Florentine Seifried M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Fr 20 16.00 Führung Dr. Claudia Pohl »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« So 22 15.00 Führung Dr. Martina Wehlte »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Birgit Reich »Wiederwertig: Upcycling Workshop 2: Nützliches« Do 26 12.15 Kurzführung Thomas Angelou M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Fr 27 15.00–17.00 »Mit Kindern Ansehen« Interkultureller, kreativer Museumsnachmittag für Eltern und Kinder (3-12 Jahre) mit Eva Wittig (Anmeldung erforderlich, siehe Rückseite unten. Der Eintritt ist frei.) 16.00 Führung Margit Fritz M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« So 29 15.00 Führung Kiriakoula Damoulakis M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Eric Schütt »Im Goldrausch der Kunst«
Städtische Galerie Karlsruhe Lorenzstraße 27, 76135 Karlsruhe Telefon (0721) 133-4401/-4444 Fax (0721) 133-4409 staedtische-galerie@karlsruhe.de www.staedtische-galerie.de www.facebook.com/ StaedtischeGalerieKarlsruhe
Öffnungszeiten Mi–Fr / 10–18 Uhr Sa, So / 11–18 Uhr Mo, Di / geschlossen
Sonderöffnungszeiten zur art Karlsruhe 13/02 –16/02/2020 Do, Fr / 9.30 –18 Uhr Sa, So / 10 –18 Uhr
Öffnungszeiten an Feiertagen 31/12/2019 / geschlossen 01/01/2020 / geschlossen 06/01/2020 / 11–18 Uhr
Januar
umgehängt 2019: Facetten der Malerei 1960–2010 bis Frühjahr 2020 Eintritt frei!
Seit etwa zehn Jahren präsentiert die Städtische Galerie Karlsruhe ihre Dauerausstellung unter dem bildhaften Begriff »umgehängt«, um unmittelbar deutlich zu machen, dass dieser Bereich im ersten Obergeschoss regelmäßig neu konzipiert wird. Die reichen Bestände der Städtischen Kunstsammlung und der Sammlung von Ute und Eberhard Garnatz mit Werken aus den 1960er- bis in die 2010er-Jahre werden unter immer neuen Vorzeichen und in unterschiedlichsten Konstellationen vorgestellt, so dass die Besucher*innen auf ein breites Spektrum von eher selten gezeigten bis zu vertrauten Kunstwerken treffen. Im Mittelpunkt der aktuellen Schau »Facetten der Malerei« steht das traditionsreiche Medium und seine experimentelle Öffnung zu anderen Kunstgattungen. Vor dem Hintergrund der veränder - ten künstlerischen Haltungen in den 1960er-Jahren mussten sich die Maler neu orientieren. Sie begannen ihr Medium zu hinter fragen, erkundeten seine spezifischen Möglichkeiten und erweiterten diese auf unterschiedlichste Weise.
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01– 03 Programm Januar Februar März 2020
https://www.karlsruhe.de/b1/kultur/kunst_ausstellungen/museen/staedtische_galerie/fuehrungen/HF_sections/content/ZZooNlJzCqwzMk/MoPro_Januar_%20Februar_%20M%C3%A4rz%202020_digital.pdf
1Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
·
Stadtbauforum 15. Dezember 2011
Dokumentation der Ausstellung
Vorträge
Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt
Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt Leiter: Dr.-Ing. Harald Ringler
Redaktion: Dr.-Ing. Harald Ringler
Grafik: Dietmar Kup
Druck: druckcooperative - Karlsruhe, Oktober 2012
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Wir danken für die Unterstützung:
dem Kulturamt und dem Architekturschaufenster e. V. für die Überlassung der Veranstaltungsräume
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Stadtbauforum 15. Dezember 2011
Dokumentation der Ausstellung
Vorträge
Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt
5
Inhalt
Stadtbauforum und Ausstellung im Ständehaus, 15. Oktober 2011 „75 jahre Stadtplanungsamt Karlsruhe · 2011“
Begrüßung, BM Michael Obert ...................................................................................................................................................................................4
„Ein Rückblick als Ausstellung - eine Einleitung zur Eröffnung“, Dr.-Ing. Harald Ringler ...............................................................................................6
„Rückblicke“ 1972-1994, Prof. Dr. Egon Martin ..........................................................................................................................................................8
„Rückblicke“ 1994-2004, Rudolf J. Schott ................................................................................................................................................................16
Ausstellung „75 Jahre Stadtplanungsamt Karlsruhe“ ................................................................................................................................................20
Vorträge und Ausstellung im ‚Architekturschaufenster‘, 11–26. Januar 2012
„Stadtplanung im 20. Jahrhundert“ – Carl Peter Pflästerer und Karlsruhes Stadtmitte, Isabelle Dupont MA ...............................................................56
„Zwischen Visionen und Kirchturmdenken“, Prof. Markus Neppl, ASTOC architects and planners, Köln .......................................................................64
„Stadtplanung und Politik“, Alltägliches und Besonderes aus der kommunalen Werkstatt Stadtplanungsamt, Dr.-Ing. Harald Ringler ..........................74
6 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Stadtbauforum
Donnerstag, 15. Dezember 2011 • 20 Uhr Ständehaus (Stadtbibliothek) Karlsruhe, Ständehausstraße
Begrüßung Michael Obert, Bürgermeister, Baudezernent
Rückblicke Prof. Dr.-Ing. Egon Martin, Stadtplanungsamt Amtsleitung 1972–1994 Dipl.-Ing. Rudolf Schott, Stadtplanungsamt Amtsleitung 1994–2004
Ausstellungseröffnung Dr.-Ing. Harald Ringler, Leiter des Stadtplanungsamtes Ausstellung: 16.–22.12.2011 · 11–18 Uhr
Stadt Karlsruhe, Stadtplanungsamt · Tel. 133-6114 Eintritt frei
K A R L S R U H E » D I E S T A D T N E U S E H E N «
7Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Begrüßung im Ständehaus-Saal
Die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstandene Stadtplanung moderner Prägung wurde bis in die ersten Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts meist von den zuständigen Ämtern - in Karlsruhe vom Wasser- und Straßenbauamt, dann vom Tiefbauamt - als Fluchtlinienplanung wahrgenommen. Der Städtebau war damals mehr auf technische Gesichtspunkte ausgerich- tet. Zwischen 1910 und 1926 stand diesem Amt Emil Blum-Neff vor, dem Emil Bronner, Mitver- fasser des Generalbebauungsplans und Stütze der damaligen Stadtplanung, folgte. Er verließ 1929 Karlsruhe, da er zum Stadtbaurat für Städ- tebau und Tiefbau der Stadt Duisburg gewählt worden war. Mit dem Dienstantritt des neuen Tiefbauamtsleiters Otto Seith erhielt das Stadt- erweiterungsbüro - bisher dem Amtsleiter direkt
Ein Stadtbauforum „75 Jahre Stadtplanungsamt Karlsruhe“
stellung, aber auch erzählen durch Zeitzeugen. Ich freue mich deshalb sehr, dass zwei ehe-
malige Amtsleiter sich bereit erklärt haben, Rückblicke zu geben auf ihre Amtszeit. Es kön- nen natürlich nur kurze Rückblicke sein in Form ausgewählter Themen, Ereignisse, Episoden, ihre Einschätzung aus heutiger Sicht. Prof. Egon Mar- tin, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag feierte, war 22 Jahre Amtsleiter, in einer Zeit mit großen Umbrüchen in der Stadtplanung. Denken wir dabei an die gesetzliche Einführung der Bür- gerbeteiligung in der Bauleitplanung 1976, an die Wiederentdeckung der Blockrandbebauung am Beispiel der Altstadtsanierung, die Nordtan- gentenabstimmung im Gemeinderat und vieles mehr. Herr Rudolf Schott, der bereits Vertreter von Herrn Martin war, begleitete in seiner zehn- jährigen Amtszeit die großen Konversionen, die Umnutzung militärischer Flächen, von Bahnge- lände sowie Industriebrachen. Stadtumbau und Stadterneuerung gewannen besondere Bedeu- tung, auch entwickelten sich unterschiedliche Beteiligungsformen für die Öffentlichkeit. Die Auslobung großer Wettbewerbe und deren pla- nungsrechtliche Umsetzung sind ebenfalls zu nennen. Bevor die beiden Herren referieren, führt Herr Dr. Ringler kurz in die Ausstellung ein.
Michael Obert
unterstellt - den Status einer eigenen Abteilung innerhalb des Tiefbauamtes mit sechs Mitarbei- tern unter Karl Pflästerer. Er und sein, ihn 1933 aus politischen Gründen ablösender Nachfolger Dr. Johannes Dommer spielten beim Dammer- stock-Projekt bedeutende Rollen. Die damaligen Aufgaben des Stadterweiterungsbüros umfas- sten die gesamte Bandbreite eines heutigen Stadtplanungsamtes.
Die Selbständigkeit der Karlsruher Stadtpla- nung begann 1936 mit der Herauslösung des Stadterweiterungsbüros zuerst aus dem Tiefbau- amt und dann aus der Hauptabteilung II. Der er- ste Leiter war Dr. Dommer. Nach dem Krieg über- nahm Karl Pflästerer die Leitung des Amtes bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1954. 1939 wurde er mit Sonderaufgaben wie die Gauhauptstadt- planung betraut. Ihm folgte Max Beller, der 1968 in Ruhestand ging. Willi Lausch wurde daraufhin die Leitung des Amtes übertragen. Von 1972 bis 1994 führte Prof. Dr.-Ing. Egon Martin die Amts- geschäfte, die ab 1981 auch mit der Stelle eines Referenten für Stadt- und Stadterneuerungspla- nung verbunden waren. Im darauf folgenden Jahrzehnt stand das Amt bis September 2004 unter der Leitung von Rudolf Schott. Ihm folg- te Dr.-Ing. Harald Ringler. Soweit die nüchterne Schilderung der Stadtplanung in Karlsruhe.
Ein Geburtstag - er war übrigens schon am 31. August dieses Jahres - ist aber ein guter Anlass, ein wenig mehr über den Werdegang einer In- stitution zu erzählen. Erzählen mittels einer Aus-
Michael Obert, Bürger- meister, Bau- dezernent
8 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
9Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Genügt es nicht, einen Geburtstag zu feiern, bei dem Verwandte, Bekannte, Freunde zusammen kommen...
...bei einem Glas Wein über Vergangenes plau- dern und sich dabei hoffentlich gut unterhalten? Warum also noch eine Ausstellung? Wie Sie aber wissen, werden bei derartigen Feiern - vor allem bei fortgeschrittenem Alter des Jubilars auch Fo- toalben herum gereicht oder Bilder an die Wand geworfen, nicht immer zum Vergnügen der Gä- ste. Von diesem traditionellen Ritual wollen auch wir nicht abgehen. Keine Angst, es folgt kein Vor- trag mit 75 Bildern, wir reichen auch keine Alben herum. Wir haben aber eine kleine Ausstellung aufgebaut und uns den räumlichen Verhältnissen angepasst. Bilder und Pläne sind auf 14 Tafeln zusammengestellt, chronologisch geordnet und mit kurzen Texten versehen. So können auch Sie, wenn Sie zu den Ruheständlern oder Aktiven des Stadtplanungsamtes gehören, also die „Familie“ darstellen, sich manches in Erinnerung rufen, da- malige Planung und heutige Realität vergleichen, dabei zufrieden oder enttäuscht sein. Wenn Sie zu den Freunden des Stadtplanungsamtes gehö- ren, blicken Sie bitte wohlwollend, konstruktiv- kritisch auf das Vergangene und bewerten Sie auch unseren Versuch der Zusammenstellung und Darstellung. Gehören Sie zum Bekannten- kreis so gilt folgendes: dieser Bekanntenkreis teilt sich in der Regel in Interessierte, Desinter- essierte und Missbilliger. Letztere sind wir durch unsere tägliche Arbeit gewohnt und heißen sie dennoch freundlich, aber gelassen willkommen. Die Interessierten sind für uns wichtig, weil sie den nötigen Abstand haben und ihre Kommen- tare uns helfen können. Deshalb liegt ein noch leeres Buch aus, betitelt mit „Bedenken und An- regungen“, der alten Bezeichnung im Baugesetz- buch für die Einwendungen der Öffentlichkeit.
Die Ausstellung gliedert sich in folgende Teile: Ein Rückblick über sieben Jahrzehnte als Kaleidos- kop, gegliedert auch nach Jahrzehnten und ver- sehen mit Überschriften. Sie sollen aus heutiger Sicht Schwerpunkte der damaligen Stadtplanung charakterisieren. Eine Tafel ist als Ausblick für unsere Arbeit in den nächsten Jahren gedacht. Wir waren dabei bemüht, möglichst alle Bereiche innerhalb der Stadtplanung wie Generalplanung, Städtebau, Verkehr, Stadtgestalt zu berücksichti- gen. Ein zweiter Rückblick beschäftigt sich mit den Wettbewerben für die Stadtplanung als Teil
der Stadtbaukultur in unserer Stadt, und zwar über die letzten einhundert Jahre. Sie werden da- bei 120 Konkurrenzen aufgelistet und teilweise illustriert finden, 58 davon direkt von der Stadt- planung ausgelobt.
Die 1960er Jahre haben wir ein wenig her- ausgestellt, und zwar mit einem Teil des Stadt- modells aus dieser Zeit, mit dem damaligen Flä- chennutzungsplan-Entwurf und einem Film von 1961, wie sich die Stadt damals dargestellt hat. Mit mehr Zeit und Geld hätten wir für jedes Jahr- zehnt eine derartige Illustration zeigen können.
Hier im Saal sehen Sie 20 Bebauungspläne chronologisch nach ihrer Entstehungszeit auf- gehängt, um auch diesen Teil der Stadtplanung, meist das „Schwarzbrot“ neben den Vorzeige- projekten, zu illustrieren.
Dass Stadtplanung keine Einzeldisziplin ist, sondern Mannschaftsleistung, beweist auch un- sere Ausstellung. Zustande gekommen ist dieses Projekt innerhalb eines knappen Jahres nur durch den engagierten Einsatz von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Stadtplanungsamtes, und zwar neben deren Hauptaufgaben von Kristin Barbey, Sigrun Hüger, Wassili Meyer-Buck, Jan Riel und mir. Besonders hervorheben möchte ich - die anderen Mitstreitenden verstehen das - Herrn Kup, der die grafische Umsetzung vollbrachte und Frau Kaufmann, die sich für den Aufbau und vie- les mehr sehr engagiert hat. Beim Aufbau stan- den ihr zur Seite die Herren Alm, Gedik, Simon und Spann sowie Frau Rickersfeld. Dank auch an das Kulturamt, das uns gestattet hat, für eine Woche die örtliche Dauerausstellung ein wenig zu beeinträchtigen. Dass das Unternehmen kurz- fristig gefährdet war, will ich auch erwähnen. Herr Dr. Bräunche, der Leiter des Stadtarchivs kannte unsere Absichten, zweifelte aber kurz am Jahr des Selbstständigwerdens der Stadtpla- nung. Am 28. Juni schrieb er mir aber:„Lieber Herr Ringler, Sie können wieder ruhig schlafen, das Datum 1936 ist m. E. korrekt, wenn die Um- benennung in Stadtplanungs- und Siedlungsamt
auch erst 1938 erfolgte“. Also kann in zwei Jah- ren wieder gefeiert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, stu- dieren Sie die Ausstellung, die bis zu 22.12. an diesem Ort verbleibt und dann in verkleinerter Form ins Architekturschaufenster wandert, dort ergänzt mit drei Vorträgen. Der erste Vortrag beschäftigt sich mit Karl Pflästerer, der über 35 Jahre für die Stadt tätig war, zuletzt als Leiter des Stadtplanungsamtes bis 1954. Es gibt den glücklichen Zufall, dass eine Magisterarbeit über ihn fertig gestellt und jetzt veröffentlicht wurde und zwar von Frau Isabelle Dupont. Sie wird auch den Vortrag halten, und zwar am 10.Januar. Die Arbeit selbst ist Gegenstand einer gemeinsamen Herausgabe des Stadtarchivs und des Stadtpla- nungsamtes und kann erworben werden. Prof. Markus Neppl, Partner des Büros ASTOC Archi- tects and Planners, Köln und Hochschullehrer am KIT, gibt am 12.Januar Einblicke in die Arbeit eines freien Stadtplanungsbüros. In meinem Vortrag zur Finissage der Ausstellung am 26. Ja- nuar geht es um den Alltag in der kommunalen Planungswerkstatt. Nun aber zu unseren beiden Referenten dieses Abends, Herrn Prof. Dr. Egon Martin, Amtsleiter von 1972 bis 1994, und an- schließend Herrn Dipl.-Ing. Rudolf Schott, Amts- leiter von 1994 bis 2004.
Harald Ringler
„75 Jahre Stadtplanungsamt Karlsruhe“, ein Rückblick als Ausstellung - eine Einleitung zur Eröffnung
Dr.-Ing. Harald Ringler, Leiter des Stadt- planungs- amtes
10 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
In der ersten Reihe die ehemaligen Amtsleiter (v.l.n.r.), Rudulf J. Schott, Stadtplanungsamt, Dr. Egon Martin, Stadtplanungsamt,
Robert Mail, Tiefbauamt und Robert Mürb, Gartenbauamt, sowie
Baubürgermeister Michael Obert
11Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
„Rückblicke“ 1972–1994
Prof. Dr.-Ing. Egon Martin Leiter des Stadt- planungs- amtes 1972-1994
ziele seiner OB-Aufgaben den Schuldenabbau genannt (und dies auch erreicht!), · Karlsruhe verliert immer noch zentrale Einrich- tungen an die Landeshauptstadt. Dieser Entwick- lung ist auf breiter Front Kampf angesagt, · eine Stadt, deren Planung noch auf extreme Be- völkerungsentwicklung eingestellt ist. Man dis- kutiert über notwendige Kurskorrekturen - doch eine Entscheidung hierzu war nicht erfolgt.
Grundproblematik eines Rückblicks über 22 Jahre Planungsarbeit
Antwort geben auf die Frage, was war zwi- schen 1972 und 1994 für mich als Planungs- amtsleiter wichtig? Die zur Lösung anstehenden Planungsaufgaben waren umfangreich und um- fassten den gesamten Katalog der Planungsebe- nen. Sicher erwartet man auch eine objektive Aussage, sofern das überhaupt möglich ist.
Eine Schwierigkeit bei diesem Versuch ist si- cher auch: Stadtplanung ist ewiges Planen und schließt auch ein Umdenken in der Zielsetzung ein, sich an geänderte Rahmenbedingungen an- passen. Selten auf einen bestimmten Zeitpunkt festlegbar! Was entstand in meiner Zeit, was war vom Vorgänger angedacht? Ich nenne nur das Beispiel Altstadtsanierung.
„Planen und Bauen“ zu Beginn der siebziger Jahre · Ende der Wiederaufbauphase nach dem Kriege, · eine Zeit des Umbruchs, · neues Denken über Stadt, Stadtplanung, Archi- tektur · die Zeit der extremen Entwicklung ist vorbei, die „großen Horizonte“ stoßen auf Widerstand, Kritik an den Wohnmaschinen (Neue Heimat), · Kritik an Stadtplanung und Architektur,
· ich erinnere mich an die Ausstellung „Heimat Deine Häuser“, · auch wir haben Erfahrungen gesammelt im Wettbewerb Altstadt, vor allem wir Vorprüfer, · der neue Oberbürgermeister tätig mit dem Ziel „weg von der hohen Verschuldung - das wirkt sich natürlich auch auf die Planung aus.
Beim Durchblättern meiner Unterlagen aus den siebziger Jahren finde ich Gedankengänge wie · dem Leben in der Stadt neue Impulse geben, In- nenentwicklung, weg von der Gesichtslosigkeit, · weg von der Reduzierung auf Funktion und/oder Kommerz, · neue Gestaltungskriterien: einfügen, einordnen, Raumgeborgenheit, · keine Wohnmaschinen - Flexibilität der Wohn- formen, · behutsamer Umgang mit historischer Bausub- stanz und immer wieder: · weg von der autogerechten Stadt!
Das alles hat sich auch in der Politik ausge- wirkt. Man erwartet darauf von uns entsprechen- de Reaktionen durch planerische Korrekturen. Unsere Vorgänger hatten nicht oder nur wenig reagiert. Mir war dagegen sofort klar: die Vor- stellung einer übertrieben expandierenden und autogerechten Stadt ist für eine verantwortbare Stadtplanung nicht länger vertretbar.
Genug der Einleitung! Das nachfolgende Referat ist auf Bildern aufge- baut, die stichwortartig beschrieben werden.
Karlsruhe im Jahr 1972 Meine Bilanz „Stadt Karlsruhe“ zum Zeit-
punkt des Beginns als Amtsleiter - ich war 1972 schon 15 Jahre Mitarbeiter des Stadtplanungs- amtes, kannte die Stadt und die Verwaltung: · Karlsruhe, eine Stadt mit vielen Werten, die es gilt auszubauen, · der Wiederaufbau der zu 80 % im Zweiten Weltkrieg zerstörten Innenstadt ist nahezu ab- geschlossen, · durch neue Wohn- und Gewerbegebiete ist der Wohnungsbedarf gedeckt und Industrie und Ge- werbe haben ausreichende räumliche Entwick- lungsmöglichkeiten, · Karlsruhe, Stadt mit guter Infrastruktur. Mit ho- hem Aufwand sind die Schulen und Kultur- und Freizeiteinrichtungen ausgebaut, im Verkehrssek- tor ist jedoch noch Nachholbedarf. · Durch den Wiederaufbau und die Nach- kriegsprojekte bedingt: Stadt mit großer Ver- schuldung. Karlsruhe ist nach Bremen die in der BRD höchstverschuldete Kommune. Der 1970 gewählte Oberbürgermeister Otto Dullenkopf hatte in seinem Wahlkampf als eines der Haupt-
12 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Der Flächennutzungsplan als städte- baulicher Leitplan
Den Flächennutzungsplan 1961 haben wir vom Vorgänger übernommen. Er war laut neuem Bundesbaugesetz 1961 gefordert als städtebau- licher Leitplan.
Wesentlich beeinflusst waren die großen ge- planten Erweiterungsflächen von den Bevölke- rungsprognosen. Hierzu hatte die Stadt Karlsruhe 1960 an Prof. Dr. Gerhard Isenberg ein Gutachten in Auftrag gegeben über die wirtschaftliche Ent- wicklung des Stadt- und Landkreises Karlsruhe. Auch die IHK Karlsruhe beauftragte 1965 Arnold Bergstraesser mit einer Untersuchung über Grund- lagen zur Neuorientierung eines Großstadtbe- reichs („Soziale Verflechtung und Gliederung im Raum Karlsruhe“). In der Abb. unten sehen Sie neben der Gutachterprognose aber auch die wirkliche Entwicklung der Einwohnerzahl mit z.T. hohen Verlusten, pro Jahr bis zu 2000 Einwohner.
Den noch im Geiste des ungebremsten Wachs- tums konzipierte Flächennutzungsplan 1961 als maxi- malem Entwicklungskonzept für über 350000 Einwohner in Karlsruhe haben wir sofort korrigiet. Grundlage der neuen Planung war eine sehr de- taillierte Bestandsaufnahme über alle Einflüsse und Grundlagen einer gewissenhaften Flächen- nutzungsplanung mit einer eigenen Prognose- betrachtung, Bevölkerungsentwicklung.
Konsequenz: Reduzierung der Erweiterungs- flächen im FNP 1961, fünf an der Zahl. Genau- so haben wir auch alle Planungsgedanken einer extremen Entwicklung aus den 60iger Jahren ein für allemal ausgeschlossen wie · Wohngebiet Fritschlach. In der OB-Wahl 1970 hatte einer der OB-Kandidaten die gesamte Frit- schlach als Großsiedlungsgebiet propagiert, · meine Vorgänger diskutierten gelegentlich (im stillen Kämmerlein) über die Bebauung des Ober- waldes oder · eine Bergstadt im Hanggebiet Durlach. Alle diese planerischen Vorstellungen haben wir nie weiterverfolgt.
Diese enormen Veränderungen am alten FNP wurden erleichtert durch die neuen planerischen Leitvorstellungen - Freiräume zur Gliederung der Stadt, Grün für das Leben der Bewohner (Kleinklima) und erhärtet durch unsere detail- lierten ökologischen Untersuchungen und deren Erkenntnisse. Ich selbst war dankbar für die auf- keimende grüne Bewegung, die unsere restriktive Entwicklungsplanung unterstützte.
Zu diesem „Absterben lassen“ gehörte die Rheinstadt.
„Unter dem Druck eines scheinbar unaufhörli- chen Bevölkerungswachstums entstand das küh- ne, auf rund 30 000 Menschen angelegte Projekt einer Rheinstadt am Knielinger See. Durch Was- serarme getrennt, sollte der neue Stadtteil aus drei Wohneinheiten bestehen. Es blieb ein utopi- scher Traum“. [Josef Werner - in „Die 60er Jahre].
Auch wir Planerkollegen waren begeistert von Theo Schlüters Entwurf, haben mitgearbeitet (Ha- rald Hoffmeisters Diplomarbeit hat sich mit deren Erschließung auseinandergesetzt). Und trotzdem haben wir mit politischer Unterstützung das Kon- zept gestoppt, u.a. wären teure Vorinvestitionen Voraussetzung gewesen.
Können wir auch heute noch den Verzicht auf die Realisierung der Planung Rheinstadt vertre-
ten? Ein eindeutiges „Ja“. Was hätten wir mit den Wohnmaschinen der 60er Jahre und deren Erhalt für Probleme bekommen. Ich denke an Steilshop in Hamburg, an das Märkische Viertel in Berlin und an viele andere Trabanten-Siedlungen aus den 60/70iger Jahren in ganz Deutschland.
Bauliche Erweiterungen Wir haben nicht nur die Erweiterungsflächen
reduziert - wir haben auch Wohn- und Gewerbe- gebiete geplant, das Bauen vorbereitet. Unsere Zielsetzung dabei: · Wohnerweiterung entsprechend detaillierter Untersuchungen über Bedarf, auch Erhebung: was will die Bevölkerung? (Bürgerbefragung). · In jedem Fall aber: keine neuen Trabanten. · Versuch, allen vorhandenen Stadtteile, eine bau- liche Entwicklungsmöglichkeit zu geben, damit die Tragfähigkeit der öffentlichen Einrichtungen, die Ver- und Entsorgung, gesichert bleibt, zumal die Einwohnerzahl in allen Stadtteilen rapid ab- nimmt.
Im Rahmen der Neubautätigkeit spielte der Umbau der Altstadt eine übergeordnete Rolle.
Altstadtsanierung (Gesamtentwick- lung), im Überblick
OB Klotz mit Gemeinderat und Verwaltung entscheiden sich in den fünfziger Jahren für Flächensanierung. Folge: Grundstückskauf und Gebäudeabriß.
Der Entwurf zur Neubebauung (Abb. unten) stammt von Prof. Friedrich W. Krämer, Braun- schweig. So stellte man sich vor dem Altstadt- wettbewerb die neue Altstadt vor: Das damals in allen deutschen Großstädten übliche Bebauungs- konzept, bereits im Bebauungsplanverfahren. Beim abschließenden Beschluss kommt es zur hef- tigen Auseinandersetzung im Gemeinderat. Unter
„Rückblicke“ 1972–1994 Prof. Dr.-Ing. Egon Martin, Leiter des Stadtplanungsamtes 1972-1994
Flächennutzungsplan 1961 Reduzierung der Wohn-Erweiterungsflächen
Geplante Rheinstadt
Bevölkerungsentwicklung Karlsruhe
RHEINSTADT
FRITSCHLACH
OBERWALD
DURLACHER HANGGEBIET
BEIERTHEIMER FELD
13Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Führung der „Jungen Wilden“ wird der Entwurf abgelehnt. Der Gemeinderat will bei dieser Jahr- hundertaufgabe mehrheitlich einen Wettbewerb. Daraufhin entscheidet sich der Oberbürgermeister für einen damals noch unüblichen europaweiten Wettbewerb. In diesem städtebaulichen Wett- bewerb, an dem 216 Architekten teilnahmen, spielen sich vor allem im langwierigen Entschei- dungsverfahren Lern- und neue Bearbeitungs- prozesse ab. Ein Kapitel für sich, interessant - aber für meinen Überblick zu umfassend.
Am 18.12.1972 Entscheidung im Gemeinde- rat zwischen Münchener und Berliner Entwurf.
Abb. unten, Berliner Entwurf: mit einer der Stadtstruktur zuwiderlaufenden neuen Bebau- ung, mit einer durchgehenden Fußgängerebene auf plus 6 m Hohe, natürlich wirtschaftliche Bau- weise und und….
Abb. Mitte, Münchner Entwurf der Architek- ten Hilmer+Sattler: mit Blockrandbebauung, mit üblichen Straßen und ruhigen Innenhöfen und Erhalt des Altstadtteils.
Sanierungsträger Neue Heimat, die im Sanie- rungsbeirat eingeladenen Fachexperten - die dama- ligen sog. deutschen Stadtplanungs- und Architek- turpäpste favorisierten den Berliner und - wir, das Planungsamt, unterstützt durch einige Karlsruher Architekten standen hinter dem sog. Münchner Entwurf. Diesen Münchner Entwurf habe ich in der Planungsbeiratssitzung vehement verteidigt. In der darauffolgenden Gemeinderatssitzung kam es zu einer 17:18 Entscheidung für München.
Wir waren und sind heute noch stolz darüber. Unser damaliger Oberbürgermeister Otto Dullen- kopf hat das Planungsamt massiv unterstützt.
Geglückte Bewältigung des Straßenraums - die Fritz -Erler-Straße war als „une grande mal- heure“ von einem der Wettbewerbsteilnehmer bezeichnet. Doch durch die Reduzierung der Straßenbreite, durch die Fußgängerbrücke Zäh- ringer Straße (Architekt Prof. Gernot Kramer) und vor allem die z.T. geglückte Randbebauung (wie Heinrich-Hübsch-Schule von Prof. Heinz Mohl) führten zu einer vertretbaren Lösung.
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Einfügung Münchner Entwurf in Stadtgrundriss,
Blick über die Altstadt von Osten
Ergebnis der Altstadtsanierung: Auch die bauli- che Ausformung ist gelungen. Links: Teil B, Grundriss
Objektsanierung und die sog. Werkbundhäuser. Mitte: neuer Wohnungsbau im Flächensanierungsgebiet.
Ich verzichte auf meine persönliche Bewertung der Dörfle-Sanierung und zitiere nur Professor Dr.-Ing Gerd Albers, emeritierter Ordinarius des Lehrstuhls für Städtebau an der Technischen Universität München: „Das Karlsruher „Dörfle“ - Wegmarke der Stadterneuerung!“
1972
14 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Umplanung Oberreut Ein Stadtteil im Südwesten, geplant in den
sechziger Jahren, Wohnungen für die ehemaligen Altstadtbewohner. Geplant für etwa 15 000 Ein- wohner (hälftig Stadtwald, hälftig Privatbesitz, Erschließung mit Bussen (die Verkehrsbetriebe bestanden darauf!).
1972 ist nur die Waldlage bebaut, Feldlage noch nicht mit Bebauungsplan ausgestattet, problembeladen? Scheu vor der Umlegung!
Wir greifen aber 1974 die Planung Oberreut wieder auf wegen der u.a. besonders guten kli- matischen Lage des Siedlungsgebietes: · Änderung des Erschließungs- und Bebauungs- konzeptes: Mischung von Mittelhochbau und Flachbau zur Verbesserung der sozialen Mischung. · Jetzt Straßenbahnerschließung mit der Konse- quenz einer Umplanung des gesamten östlichen Siedlungebereichs. · Jetzt Zentrum für zentrale Einrichtungen · Neben Wohnen jetzt auch Arbeiten. Am End- haltepunkt der Straßenbahn werden Flächen für Arbeitsplätze ausgewiesen mit dem Vorteil einer besseren Auslastung der Straßenbahnlinien.
Stadterneuerung Im ersten Jahr sollte sich der neue Planungs-
amtsleiter im Wirtschaftspiegel äußern über seine Gedanken zur städtebaulichen Planung der Stadt Karlsruhe. Ich entschied mich für:
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Durlach, Stadt auf neuen Wegen Ein für uns besonderes Kapitel in der Stadt-
erneuerung. Durlach, die alte Stadt, der alte Stadtteil, von Kriegszerstörungen weitgehend verschont, das bedeutet, den alten Baubestand erhalten. Nach dem Kriege keine nennenswer- ten baulichen Aktivitäten. Der erste Schritt in Durlach: 1978 Individualverkehr heraus aus der Pfinztalstraße! Die Altstadt wird wieder erlebbar und für die Bewohner lebenswert.
Detaillierte Voruntersuchungen zur Sanie- rungswürdigkeit mit großem Aufwand über Alternativ-Studien führen dann zu einem Neuori- entierungskonzept als Grundlage für die Stadter- neuerung (Abb. S. 39). Es dienen uns dabei die großen Erfahrungen aus der Dörfle-Sanierung.
Weder Flächensanierung noch Sanierung durch Bauträger. Wir motivieren die Hausbesitzer, beraten sie und damit haben wir Erfolge. Die Ei- gentümer modernisieren selbständig. Doch Vor- aussetzung ist die persönliche Beratung, sogar mit planersichen Hilfestellungen durch unseren Herrn Dipl.-Ing. Günter Telian, ein qualifizierter Planer und Berater.
Erwähnenswert ist auch die starke Unterstüt- zung durch den Ortschaftsrat und das Stadtamt
Durlach. Durch Zufall fand ich in den Akten diesen Briefkopf (unten) für Einladungen zum Durlacher Gespräch. Was haben wir uns Mühe gemacht mit dem alten Durlach und es hat sich gelohnt.
Sanierung und Er- neuerung Durlach - ein gutes Ergebnis.
Die Karte zeigt die Flächen, die wir angegangen sind, d.h. wir haben das Thema Ernst genommen.
15Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Verkehsplanung in der Stadtplanung Karlsruhe.
Sie erwarten sicher von mir, dem Bauingenieur, hierzu auch eine Aussage. Dem komme ich gerne nach.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und mit dem ex- trem zunehmenden Autoverkehr kommt es zum Verkehrs-Chaos. Man sucht die Ordnung.
Dieses Bild mit dem Trichter fand ich in ei- nem Informationsheft der Stadt Bern, „Berner Verkehr gestern heute morgen“ aus dem Jahre 1962, in dem die Verwaltung ihr Verkehrskonzept verständlich machte. Aus dem Verkehrschaos zur Verkehrsordnung!
Das war auch die Zielsetzung aller städtischen Verkehrsplaner der ersten Jahre nach dem Krieg. Ordnung schaffen für alle Verkehrsarten. Dass man damals dann auch übertrieben hat, zeigen die beiden nächsten Darstellungen:
Allzu hart griff man oft in Bausubstanz ein, um primär Verkehrsbedürfnisse bewältigen zu kön- nen, sicher im gezeigten Beispiel übertrieben mit dem Wendeplatz für Müllfahrzeuge. Aber auch das Ziel „sichere Wege für Fußgänger“ führte
zu dieser Karrikatur aus Russland. Wir hatten in Karlsruhe in den 60/70iger Jahren sicher auch mit den „sicheren Wegen für die Fußgänger - Tunnel und Fußgängerbrücken“ übertrieben.
Später, schon zu meiner Zeit haben wir Fuß- gängerunterführungen umgenutzt und festge- stellt, dass die für Fußgänger gebauten Brücken am Adenauerring und sonst wo nicht angenom- men werden.
Doch diese Zeit der in der Verkehrsplanung übertriebenen totalen Unterordnung unter das Auto war 1972 vorbei.
Öffentlicher Nahverkehr Gleich nach dem Kriege, während in den gleich-
großen Städten wie Kiel, Straßburg etc. Straßen- bahnen aufgegeben und Busse eingeführt wurden, hat Oberbürgermeister Klotz als Schienen-Fan für den Erhalt der Straßenbahn gekämpft und dafür
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gesorgt, dass das Straßenbahnnetz ausgebaut wurde. Das Problem in Karlsruhe ist jedoch: die Kaiserstraße, heute als Sammelschiene für nahe- zu alle Straßenbahnlinien.
Die erste Nahverkehrs-Untersuchung erfolgte bereits in den 50er Jahren (WIBERA). Dann legt ein Arbeitskreis U-Strab Karlsruhe (Dorbath/Mar- tin/Meil/Müller,E.) unmittelbar vor 1972 eine U- Strab-Untersuchung vor mit dem Ergebnis: · Stadtachsen ins Umland müssen erweitert werden, · In der überfrachteten Kaiserstraße sind aber diese Stadtbahnlinien, die das Umland an die Stadt anbinden, herauszunehmen und unter die Erde zu legen. Die Straßenbahnen, die die Stadt erschließen, sollen aber ebenerdig im Kaiserstra- ßenniveau bleiben zur Belebung, auch aus Ko- stengründen.
Dieses Konzept ist zwischenzeitlich überholt, sollte kein Anlass zur weiteren Diskussion geben.
Die Straßenplanung 1961 hat der Gemeinderat einen Verkehrsli-
nienplan beschlossen, der uns weitergegeben wurde. Wir haben ihn kritisch geprüft und auch
hier wesentliche Reduzierungen der geplanten Straßenachsen und kreuzungsfreie Knotenpunk- te vorgenommen (in roter Farbe gekennzeichnet).
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Sicher wundern Sie sich nicht, wenn ich in die- sem Zusamenhang die Südtangente anspreche, die ersten Vorentwürfe stammen von mir persön- lich. Die Südtangente ist ein wesentlicher Teil des Verkehrslinienplans, eine Schnellverkehrsstraße von der Rheinbrücke zur B3, 15km. 25 Jahre Bau- zeit, für Großprojekte nicht unüblich. Der letzte Abschnitt, Bulacher Kreuz bis Ettlinger Allee, wurde 1983 - 88 gebaut.
Mit die wertvollste Teilstrecke dürfte zwischen Bulacher Kreuz und Bahnlinie liegen, 700 m lang, nicht - wie eingangs geplant, harte Kon- frontation zur bestehenden Bebauung Bulach und Beiertheim, sondern total überdeckelt. Das gab harte Auseinandersetzungen (auch mit dem TBA), denn das Land Baden-Württemberg als Zuschussgeber lehnte die teure Lärmschutzmaß- nahme ab. Doch wir haben erreicht, dass die 14 Millionen Mehrkosten für die Tunnelstrecke von der Stadt getragen wurden.
Die Südtangente hatte bundesweit Beachtung gefunden und Ende der 80iger Jahre einen ersten Preis für die Einbindung einer innerstädtischen Verkehrsstraße in die Stadt, in die Landschaft erhalten. Bewertung: „Der stadtgerechte Aus- bau einer Hochleistungsstraße in einem Verdich- tungsraum. Gesamtkonzept und in der Einzelaus- führung beispielhaft.“
Wir alle waren und sind stolz, das Tiefbauamt, das Gartenbauamt und das Planungsamt. Es war eine schwierige aber lohnenswerte Arbeit - ohne die Südtangente könnte die Stadt Karlsruhe heu- te kaum noch funktionieren.
Bei einem Vortrag in Berlin vor über 1000 Teil- nehmern auf einer Fachtagung habe ich unter der Überschrift „Stadt ist Lebensraum“ formuliert:
Das Ziel muß sein, Straße und Straßenraum als „Lebensraum“ zurückzugewinnen, in einer Stadt, die umweltgerecht mit dem Auto lebt. Der Erfolg dieser Bemühungen hängt davon ab, inwieweit es gelingt, das Auto, die Straße in die Stadtstruk- tur einzubinden. Dass dies möglich ist, zeigen einige Beispiele, die erfreulich sind. Dann zeigte ich unsere Südtangente - das Ergebnis kam an.
Die Abteilung Straßenverkehrstechnik im Stadtplanungamt plant, berechnet und koordi- niert die über 100 Verkehrssignalanlagen und deren „Grüne Wellen“. Sie versucht, öffentlichen Nahverkehr und Straßenverkehr optimal mitein- ander - ohne Vorzug einer Verkehrsart - in Ein- klang zu bringen.
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Radwegenetz Sehr detaillierte Erhebungen und auch Planun-
gen für den Radverkehr erfolgen durch die Abt. Generalverkehrsplanung schon sehr früh. Bereits 1978 legen wir den ersten Radwegeplan vor. Wir waren schon damals mit unserem Radwegekon- zept Vorzeigestadt.
Tempo 30 Zonen Noch ein letzter Plan zur Verkehrsplanung:
Tempo-30- Zonen. Konzept, das dann auch in Etappen durchgeführt wurde.
Sonderkapitel Innenstadt mit Fuß- gängerzonen und neuer Platzgestal- tung.
Vor 1972 bereits ins Auge gefasst - aber von uns jüngeren Planern. Wir konnten damit 1972 schnell einsteigen - die Vorarbeiten lagen schon vor. Ich trage unser Konzept im Gemeinderat vor, dort einstimmig genehmigt, dann in Etappen durchgeführt mit den anschließend erforderli- chen Umbauten der Plätze - diese sind natürlich nach 35 Jahren erneuerungsbedürftig.
Die Eingemeindungen,... ...haben uns viel Arbeit gekostet, die sich
aber lohnte. Für das Planungsamt gibt es zwei Schwerpunkte, beispielhaft beschrieben an den Bergdörfern und Grötzingen:
1) Reduzierung der geplanten Erweiterungs- flächen, die in den Eingemeindungsverträgen aufgenommen waren,
(2) nicht weniger bedeutungsvoll: Erhalt der Dorfstruktur.
In Grünwettersbach war vor der Eingemein- dung beabsichtigt, die Landesstraße im Ortskern zu begradigen (ich erinnere an den Erhalt des
Kaiserstraße 1970: 24000 PKW/Einheiten pro Tag
Plätzekonzept
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Hauses König) und die Fläche zwischen Landes- straße und Wettersbach total zu sanieren, d.h. die alten Gebäude abzureißen und mit vierge- schossigen Zeilenbauten von der Straße bis zum Bach neu zu bebauen.
Auch im Neubaugebiet „Ob der Eichhälden“ waren viergeschossige Bauten geplant, die wir noch verhindern konnten. Dies übrigens auch im Baugebiet „Rehbuckel“ in Hohenwettersbach.
Beispiel Grötzingen: Wir lehnten die Erweite- rung des Baggersees entschieden ab, mit Erfolg, obwohl der Kiesabbaubetrieb eine Regattastrek- ke entlang der Bahnlinie zusagte.
Auch in Grötzingen: Reduzierung der Bau- konzepte. Punkthochhäuser entlang der B3, Grebau-Gelände in Ortsmitte, Pläne mit dichter Bebauung und höheren Gebäuden lagen vor,
dafür konzipierten wir eine den Ortskern nicht belastende Bebauung.
Neue Aufgaben durch den Nachbar- schaftsverband Karlsruhe
Um die anstehenden großen Probleme zwi- schen Kernstadt und Umland lösen zu können hat man für die Großstädte Baden-Württembergs nach dem neuen Landesplanungsgesetz Nach- barschaftsverbände gebildet mit der Aufgabe, einen gemeinsamen Flächennutzungsplan für Kernstadt und Umland aufzustellen. Das Stadt- planungsamt Karlsruhe wurde Planungsstelle dieses neuen Verbandes mit der Konsequenz der Vergrößerung des Planungsgebietes um 200%, aber auch einer erheblichen Zunahme der Aufga- ben (ohne Personalaufstockung).
Städtebauliche Schlüsselgrundstücke... ...von mir immer wieder in die Diskussion ge-
bracht zum Leidwesen des Kämmerers. Meistens habe ich Erfolg und die Grundstücke werden dann von der Stadt gekauft. Immer wieder wird der Planungsamtschef zum Rapport gerufen, „wie können wir das Grundstück nutzen?“
Sei es beim Pfaffgelände in der Haid-und-Neu-
Straße. Dort sollte ein Einkauszentrum entstehen, dafür kommt die Technologiefabrik, oder Hallen- bau A. Mindestens 1 Jahrzehnt suchen wir nach Nutzungen (vom Techn. Landesmuseum, Uni, selbst Wohnnutzung steht in der Diskussion). Wichtig war, dass wir unsere Bemühungen nicht aufgaben und mit unseren Forderungen nach „Warten auf die richtige Nutzung“ durchhielten.
Streit mit der Wirtschaftsförderung und deren Bürgermeister wegen Nichtverlängern von Pacht- verträgen im Schlachthof.
Bundesbahnausbesserungswerk führt zunächst nicht zu einem positiven Ergebnis, obwohl für mich die Umnutzung der Fläche als ein Lecker- bissen für Innerstädtisches Wohnen galt. Als die Deutsche Bahn bei einer Besprechung OB Klotz mit dem Bundesbahnpräsidenten in den 50er Jahren einen Verkauf ansprach und den Preis mit 500 DM pro m² nannte, lehnte Klotz ab, vor allem wegen des Verlustes der Arbeitsplätze. Dann sind lange, Jahrzehnte andauernde Verhandlungen - vor allem auch wegen der notwendigen Fläche für die Kriegsstraße-Ost - ohne Ergebnis, erst als die Bahn AG in allen Städten Deutschlands Eigentum veräußert, gibt es in den ersten 90er Jahren eine Kaufmöglichkeit.
Gedanken zur Kulturachse Angestoßen durch das 14-Städte-Programm,
ein Finanzierungs-Programm des Landes Baden- Württemberg - sollten wir nach Projekten su- chen - wir finden einen Ansatzpunkt: Zentrum für Kunst- und Medientechnologie hinter dem Hbf. Dort hatte uns das städtebauliche Umland schon einige Jahre Kopfzerbrechen bereitet. Jetzt scheint unsere städtebauliche Aufwertung zu gelingen, zusammen mit dem ZKM. Die Vorbe- reitungen hierfür werden getätigt, Parkierungs- flächen werden geschaffen, doch das ZKM findet seinen Ausbau an der Brauerstraße. Damit findet
Oben: „via triumphalis“ Rob Kier, unten: ZKM hinter dem Hbf
Reduzierung der Flächenexpansion
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die Kulturachse keinen südlichen Abschluß. Ein kleines Relikt des Planungsgedankens stellt die Fahnenbastion an der Südtangente dar.
Achse für Forschung und Lehre In meinen Routinebesprechungen mit Uni und
Uni-Bauamt, auch bei meinen planerischen Ziel- vorgaben, war diese Achse gedanklicher Hinter- grund. Immer wieder bekomme ich von Wissen- schaftlern, aber auch Unternehmern, den Vorteil der räumlichen Nähe zwischen den Forschungs- stätten, der Universität und der Technologieori-
entierten Unternehmen genannt - ein Vorteil in der Stadt Karlsruhe!
Der Gedanke „Achse für Forschung und Leh- re“ war ausschlaggebend z.B. beim Kampf für den Kauf des Gebäudes Pfaff oder bei der Stand- ortsuche für die Bundesanstalt für Ernährung, oder Umnutzung Blösse vom Wohngebiet zum Technologiepark.
Bei Besprechungen mit Uni-Rektor Wittich we- gen dringender Erweiterungsnotwendigkeiten der Universität ist mein Angebot: Mackensen-Kaserne und Gottesaue.
Wohnbedarfsbefriedigung 1989 Erinnern Sie sich an unsere Erweiterungsflä-
chen-Streich-Aktivitäten zu Beginn 1972? Nach 15, 20 Jahren muß man bilanzieren. Die
Flächennutzung ist deshalb Ende der 80iger Jah- re diesbezüglich tätig. Ich stelle an einem Abend selbst eine Liste auf mit meinen realistischen Vor- stellungen - Darunter die Bilanz (meine Bilanz!)
In dem nachfolgenden Ergebnisbericht der Ab- teilung Flächennutzungsplanung finde ich schon damals den Hinweis auf die militärischen Flächen - was für unsere Nachfolger von großer Bedeu- tung wurde, die Konversionsflächen.
Öffentlichkeitsarbeit... ...eine im politischen Alltag immer wieder von
der Verwaltung geforderte Aktivität. Auch wir haben uns bemüht und meinen:
es war gut so. In meiner Erinnerung sind die immerwiederkehrenden Besprechungen mit den Bürgervereinen von großer Bedeutung. Die Aus- einandersetzungen waren wertvoll. Dort habe ich die Probleme des Stadtteils erfahren, aber nicht nur von den Bürgern, deren Orientierung sich beschränkte auf ihr Haus und die unmit- telbare Umgebung, dort konnte man sprechen über die Notwendigkeit von öffentlichen Einrich- tungen und die Stadtteilschwierigkeiten.
Stadtteilausstellungen: von mir besonders be- liebt, wo wir auf den gesamten Stadtteil und seine Entwicklung eingingen - zusammen mit Gartenbau- amt, Tiefbauamt und Hochbauamt. Eine zusätzliche
Riesenaufgabe, die meine Stadtteilplaner m.E. gerne auf sich nahmen. Bei diesen Ausstellungen konnten wir mit den Bürgern in Kontakt kommen.
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„Rückblicke“ 1972–1994 Prof. Dr.-Ing. Egon Martin, Leiter des Stadtplanungsamtes 1972-1994
Die letzten Projekte in meiner Amtsperiode · Geroldsäcker - die bauliche Erweiterung von der Waldstadt bis nach Hagsfeld, ein Planungs- konzept eines Heidelberger Architekten. Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs. · Modell des Technologie-Parks Blösse, Entwurf Archis, Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs. · Noch ein Ergebnis städtebaulicher Wettbewerb Kriegsstraße-Ost / Südoststadt, Preisträger Ross- mann und Partner, Landschaftsplaner Charly Bauer (Abb. S48).
Drei Wettbewerbsergebnisse, mit denen die Stadt zufrieden sein kann und wird.
Ich ende mit einem Luftbild: unsere schöne Stadt Karlsruhe1985.
Wir, meine Mannschaft und ich, versuchten · das Wesentliche zu erhalten, Stadtstruktur und Dorfstrukturen ernst zu nehmen, · mit sensiblen Entwicklungen den Stadtorganis- mus zu ordnen, zu entwickeln, ohne Brüche.
Dies alles zusammen mit der gesamten Stadt- verwaltung, den Bürgermeistern, dem Gemein- derat und den Bürgern. Vielleicht ist uns dies teilweise gelungen.
Unsere Arbeit wurde meistens von unserer politischen Spitze, den Oberbürgermeistern und seinen Dezernenten geschätzt, der Gemeinderat hat uns bei erfolgreichen Konzepten unterstützt.
Wir vom Planungsamt haben die Zusam- menarbeit mit den anderen Ämtern der Stadt gepflegt und waren dadurch auch gemeinsam erfolgreich. Es gab für uns Hochpunkte aufgrund von planerischen Erfolgen, es gab aber auch Ent- täuschungen, wo unsere Vorstellungen aufgrund von politischen, finanziellen, selbst privaten Rah- menbedingungen infrage gestellt wurden.
Es gab vielleicht auch weniger geglückte Kon- zepte, aber immer versuchten wir, unser planeri- sches Tun zu orientieren an der vorhandenen Quali- tät des Bestandes, der Stadtstruktur. Stadtplanung in überschaubaren und finanzierbaren Schritten, Offenhalten zukünftiger Möglichkeiten, Schutz der
Landschaft und Verbesserung der Bedingungen für das Wohnen in der Stadt waren unsere Ziele.
Der Künstler Jürgen Görtz hat in seinem Ent- wurf für die Weinbrenner-Plakette uns Planer dargestellt, uns verglichen mit dem Vogel, der alljährlich sein Nest erneuert, auf dem Bestand aufbaut, gelegentlich aber auch eine neue Unter- kunft suchen muß.
Umgemünzt auf uns Planer: stets den Bezug zum Bestand, zur Geschichte, zur vorhandenen Stadtstruktur haben und Kreativität bei den Lö- sungen für eine positive Entwicklung der Stadt. Das haben wir gemeinsam versucht, meine quali- fizierte Mannschaft mit mir.
Egon Martin
Links: Bebauungsplan Geroldsäcker, rechts: Modell/Zeichnungen Technologie-Park Blösse
Entwurf für die „Weinbrenner- plakette“, Jürgen Görtz
20 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
In der ersten Reihe die ehemaligen Amtsleiter (v.l.n.r.), Robert Mail, Tiefbauamt und
Robert Mürb, Gartenbauamt, sowie Baubürgermeister Michael Obert,
am Rednerpult Dr. Egon Martin
21Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
„Rückblicke“ 1994-2004
Vielen Dank für die Einladung auf das Podium des heutigen Stadtbauforums.
Beim Recherchieren von Unterlagen für diesen Abend fand ich einen Satz, den auch die Stadt- planung verinnerlichen muss:
„Es ist auf kommunaler Ebene schwieriger, ein Ideologe, Bürokrat oder Opportunist zu sein und
gleichzeitig ein gutes Gewissen zu haben, weil die Wirklichkeit stärker in’s Auge springt“schreibt der Stuttgarter Oberbürgermeister Rommel in seinem 1981 erschienenen Buch „Das Ende vom Schlaraffenland“.
Das Stadtbauforum findet seit 1997 statt. Mit der Bürgerschaft soll über die „Zukunft unserer Inneren Stadt“ gesprochen werden. Die erste Veranstaltung sehen manche im Rathaus zu- nächst recht skeptisch.
Das Stadtbauforum entwickelt sich bis heute weiter. Und das ist gut so.
Rückblicke sind vielschichtig und vielseitig. Das „Projektmosaik“ zeigt es. Dabei zeigt es nur Teile all unserer Arbeit in den 10 Jahren von 1994 bis 2004.
Heute wäre also über vieles zu reden. Dazu gehörten insbesondere Wettbewerbe, Mehrfach- beauftragungen, Planungswerkstätten, informel- le und formelle Planungen sowie das Begleiten von großen und auch kleinen Bauvorhaben. Der mir vorgegebene Zeitrahmen beträgt allerdings nur 15 Minuten. So tröstet mich - und sie - Erich
Kästner: „Wer was zu sagen hat, hat Weile. Er lässt sich Zeit und sagt’s in einer Zeile.“
Wir wenden uns deshalb auch nur einem Teil des „Projektmosaikes“ zu, dabei aber auch man- chen „Hintergründen“. Erläuterungen von Plä- nen erspare ich uns.
Hintergründe können Ahnung - auch von Stadtplanung - vermitteln. Meinungen schwä- cheln oft. Dazu ein Beispiel aus dem Vorwort zum Buch „Karlsruhe- Neue Architektur“:„ Dann ist noch das große Einkaufszentrum am Ettlinger Tor zu nennen, das unabhängig von der durch einen Wettbewerb geplanten Fassade eine inne- re Straße besitzt, die so ganz und gar nicht dem schützenswerten Grundriss der Stadt folgt“. Was soll das heißen? Ist unser Stadtgrundriss ergän- zungsbedürftig, wird er durch das Einkaufszen- trum beschädigt?
Stadtplanung hat etwas mit Konversion, d. h. mit Veränderung, sowie mit Politik, mit Zeit, mit Strategien und sehr oft mit Geld zu tun.
„Rückblicke“ 1994–2004
Rudolf J. Schott, Leiter des Stadt- planungs- amtes, 1994-2004
22 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Zum Beispiel wird aus einem Weinberg ein Maisfeld und dann ein Baugebiet: „50-Morgen“ in Hohenwettersbach. Ist es ein Gerücht, dass die Bezeichnung „50-Sorgen“ im alternativen Ansatz und der Furcht vor einer alternativen Wählerschaft begründet ist? Die Vorgaben des Energie- und Flächensparens sowie Garagen un- ter den Gärten der Gebäude am Beginn der Spiel- straßen lassen manche Bauwillige etwas zögern.
Heute sind die „50-Morgen“ nicht nur ein Kinderparadies! Städtebaulich-freiräumlich und architektonisch ist das Quartier am Rand des bald 750 Jahre alten Dorfes bemerkenswert.
Wenden wir uns der Stadt und ihren Konver- sionen zu. Bahnflächen, Militärflächen, Gewer- beflächen innen und außen sowie Straßen und Plätzen. Herausforderungen fast ohne Ende!
„…. wir müssen alles in der Hand haben“ ist in Wolfgang Leonhards auch für Planer wichti- gem Buch „Die Revolution entlässt ihre Kinder“ zu lesen.
Das amerikanische und französische Militär zieht aus. Die Nordstadt entsteht auf einem bis dahin für die Bürgerschaft unzugänglichen rie- sigen Gelände. Darüber zu sprechen würde den Rahmen sprengen. Eine Fahrradtour durch das Gebiet lohnt sich sehr.
„Rückblicke“ 1994–2004 Rudolf J. Schott, Leiter des Stadtplanungsamtes von 1994-2004
23Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Wir gehen nach „Südost“. „Vom Reisbrett auf’s Gleisbett“ wie es bei der Bahn einmal hieß. Die Stadt lobt vor 1992 unter Beteiligung der Bun- desbahn, der Telekom und anderer den Wettbe- werb „Karlsruhe-Südost-Gottesaue (Bundesgar- tenschau 2001)“ aus. Das Büro Rossmann und Partner mit dem Landschaftsarchitekten Karl Bauer aus Karlsruhe gewinnt. Der Entwurf lehnt sich zum Teil bewusst an die dichte Blockrandbe- bauung der Südstadt an.
Er formuliert die östliche Kriegsstrasse als Al- lee neu. Sie kommt damit einem dringenden und nachvollziehbaren Wunsch der Stadt nach. Groß- zügige, vernetzte Günangebote ermöglichen die beabsichtigte „Bundesgartenschau 2001“- aus der dann leider nichts wird.
Leider wird auch ein konzeptionell und örtlich anderer Ansatz von André Heller im Jahre 2002 „schubladiert“.
Bald nach dem Wettbewerb herrscht bei der Grundstückseigentümerin, der Bahn, eine gewis- se Funkstille. Ihre Privatisierung und die damit
verbundene Neuordnung ihres Immobilien-Ma- nagements sind wohl ein wesentlicher Hinter- grund. Der Bahnvorstand erklärt nach einiger Zeit hochrangigen Vertretern der Stadt Karlsruhe sei- ne Bedingung für eine weitere Zusammenarbeit: Ca. 1/3 mehr Bruttogeschossfläche!
Beauftragte der Bahn legen einige Wochen später ein Konzept zu Lasten von Grünflächen vor. Es ist nicht gut!
Allerdings: Eine zeitnahe städtebauliche und verkehrliche Neuordnung der östlichen Kriegs- straße will die Stadt. Lärmberechnungen längs dieser neuen Kriegsstraße-Ost machen auf deren Südseite Schutz zugunsten des geplanten Parks und der Wohnbebauung erforderlich. Gemeinsam mit den Wettbewerbsgewinnern entwickeln wir deren Siegerentwurf weiter.
Die Forderung der Bahn nach Mehrwert ist nun in eine die Straße begleitende, Lärm abwei- sende Gebäudezeile umgesetzt. Eine großstädti- scher Boulevard hin zur Stadtmitte ist im Werden: Die Ludwig-Erhard-Allee. Auf der Rückseite der Gebäudezeile entstehen Stadtpark, Wohnungs-
bau und Infrastrukturen. Das neue Stadtquartier wächst schnell. Seine
öffentlichen Räume sind städtisch – nicht vor- städtisch. Für das Gelände nördlich der neuen Al- lee mit der Lohfeldsiedlung gibt es 2002 unsere erste Planungswerkstatt.
Die Karlsruher Architekten Gilbert und Holzap- fel setzen sich mit ihrem Konzept eines schritt- weisen Umbaus des Quartieres durch. Eine zwei- te Planungswerkstadt folgt im gleichen Jahr für Neureut Kirchfeld-Nord. Hier wird das Kopenha- gener Büro Tegnestuen Vandkunsten mit der Wei- terbearbeitung seiner Planung beauftragt.
Planungswerkstätten sind dialogische Ver- fahren zwischen Politik, Bürgerschaft, Planern und weiteren Fachleuten. Alle daran Beteiligten finden sich in einem Lernprozess. Er vermittelt Ahnung, Wissen und ermöglicht Verständnis der Arbeitsweise von Planern.
„Rückblicke“ 1994–2004 Rudolf J. Schott, Leiter des Stadtplanungsamtes von 1994-2004
24 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Nun zu öffentlichen Räumen: Deren Qualitä- ten in Form und Funktion ist immer die stadtpla- nerische Herausforderung. Sehen Sie sich Plätze genau an, nehmen Sie die Ordnung in den Ver- kehrsräumen wahr! Gute Beispiele können die Ebert-, die Brauer- und die Erzbergerstraße mit der Straßenbahn sein. 2003 erhält die Stadt eine Anerkennung des Renault-Traffic-Award.
Qualität gelingt nur bei konstruktiver und in- tensiver Kommunikation zwischen den verschie- denen Fachbereichen einer Verwaltung. Diese Erfahrung kommt sicher der Kriegsstraße zwi- schen Mendelssohnplatz und Karlstor zu gut. Die Straße kann ihre Trennwirkung verlieren.
In die Zeit zwischen 1994 und 2004 fallen Untergang der „U-Strab“ und Auferstehung der „Kombi-Lösung“. Die Kriegsstraße zum Be- standteil einer „Kombi-Lösung“ zu machen, ist nicht nur aus stadträumlichen und verkehrlichen Gründen sehr bemerkenswert!
Ohne Diplomatie und Willen scheitert die be- ste Planung.
Kurz zurück zur Brauerstraße, dem Stichwort zum nächsten „Fall“. Der „Filmpalast“ des Köl- ner Architekten Till Sattler wird im Jahr 2000 fer- tig. Die „Lobbyisten-Resistenz“ der Stadt führt ohne Verzögerungen zu einer bemerkenswerten Ergänzung des Ensembles auf den ehemaligen IWKA-Flächen.
„Rückblicke“ 1994–2004 Rudolf J. Schott, Leiter des Stadtplanungsamtes von 1994-2004
25Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Wir kommen in der Stadtmitte an. Seit Jahren soll sie nach Süden weiterentwickelt werden. Alle Planungsüberlegungen bleiben bis 1997 Papier. Dann wird der Architektenwett-be- werb „Karlsruhe: vom Schlossplatz zum Kongress- zentrum – via triumphalis - 2022“ ausgelobt. Es geht um städtebaulich-freiräumliche, verkehrli- che und nutzerische Ideen für den Bereich Karl- Friedrich- und Ettlinger-Straße, für die Mittelach- se oder „via triumphalis“.
Das Büro Professor Wulf und Partner aus Stutt- gart gewinnt den Wettbewerb.
Winkelförmige, transparente „Stadtloggien“ markieren den Süden der Kreuzung Ettlingerstra- ße / Kriegsstrasse. Bauliche Ergänzungen auf de- ren Nordseite zeigen Optionen für Veränderun- gen auf. Gleiches gilt für das Kongresszentrum. Dort eröffnet 2002 das Kongresshotel der Wett- bewerbsgewinner Professor Schweger und Part- ner aus Hamburg. Die Gestaltung des Freiraumes vor dem Hotel plant das Büro „Agence Ter“ von Profes-sor Henri Bava aus Karlsruhe/Paris.
Nach dem Wettbewerbsentscheid zur „via triumphalis“ erarbeiten wir Ende 1998 ein Dis-
kussionspapier zur „Entwicklung der südlichen Innenstadt“. Es soll Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen einschätzen.
Wo kann, wo sollte sich etwas nicht nur aus Sicht der Stadtplanung verändern?
„Nicht vorauszuschauen heißt lamentieren“ (Leonardo da Vinci).
Das fast fertige Papier wird zum Jahreswech- sel 1998/99 Gegenstand eines sehr internen Pla- nungsgespräches mit einem Vertreter der Ham- burger ECE-Projektentwicklungsgesellschaft.
Zu deren Bedauern und so zum Vorteil unserer Innenstadt ist das Telekom-Grundstück an der Süd-Ost-Ecke des Mendelssohn-Platzes schon anderweitig verkauft.
Flächen der ehemaligen Bundesbahndirektion und anderer im Süden der Stadtmitte zwischen Ettlinger Tor und Friedrichsplatz finden die Sym- pathie des Hamburger Vorstandes. Das Projekt nimmt schnell Form an. Sechs namhafte Archi- tekturbüros beteiligen sich an einem konkurrie- renden Entwurfsverfahren zur städtebau-lichen Einbindung. Der Vorschlag der Architekten Pro- fessor Kramm und Striegel aus Karlsruhe/Darm-
stadt überzeugt die Jury. Nach Baubeginn 2003 eröffnet das Center „Ettlinger Tor“ im Herbst 2005, etwa 6 Jahre nach dem ersten Planungs- gespräch.
Die Zahl der Besucher der gesamten Innen- stadt nimmt um ca. 30% zu. Wir können uns heute kaum noch an die ziemlich leeren Erbprin- zen-, Lamm- und Karl-Friedrich-Straßen erinnern. Der „Kirchplatz St. Stephan“ – schon von Wein- brenners so genannt - mutiert vom „Toiletten- und Park-Platz“ zum generations-übergreifenden Aufenthaltsort neuer Qualität. Dank „Ettlinger Tor“ und des dadurch herausgeforderten Enga- gements des örtlichen Einzelhandels wird ein langer Traum nicht nur der Stadtplanung Wirk- lichkeit.
Wir können nun von den Chancen der Karl- Friedrich-Straße träumen, sobald sie oberirdisch von Stadt- und Straßenbahnen befreit ist. Sie gilt es zu nutzen.
Eine Stadt entwickelt sich immer weiter, sie ist nie fertig gebaut.
„Rückblicke“ 1994–2004 Rudolf J. Schott, Leiter des Stadtplanungsamtes von 1994-2004
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Zum Schluss noch eine wichtige Erfahrung: Alle an den Verhandlungen zum „Ettlinger Tor“ Beteiligten haben unterschiedliche Interessen. Sie geben ihr Bestes. So kann die Wirklichkeit sein! Die Gespräche der Hamburger und der städtischen Teams verschiedenster Berufszwei- ge finden auf sehr hohem Niveau statt. Sie ver- binden Durchsetzungswillen mit Offenheit und Diplomatie. Die Sitzungen dauern oft bis in den sehr späten Abend. Mehrfach sollen die „Bü- cher“ geschlossen werden. Die Norddeutschen hatten ihre süddeutschen Partner vielleicht für „gemütlicher“ gehalten. Für uns sind die Vorga- be des Oberbürgermeisters Heinz Fenrich „Ja, aber nicht um jeden Preis“ und die „Einflussresi- stenz“ nicht nur der Baubürgermeisterin Heinke Salisch Verhandlungsrahmen und Chance.
Dass ein derartiger Prozess kein Weg ohne Steine ist, ist selbstverständlich: Aus betriebs- wirtschaftlichen Gründen sind weniger Geschäfte des „Ettlinger Tor“ auch von den umgebenden Straßen zugänglich als gewünscht. Aus städte- baulichen Gründen gibt es nur 2 statt der ge- forderten 4 Parkgeschosse. Damit fügt sich das große Haus in die vorgegebene Homogenität der Stadtsilhouette ein. Und auch die spiegelt den „Geist unserer Stadt“.
Hoffen wir darauf, dass die Planung des Bü- ros von Professor Wulf nach dem Fertigstellen der „neuen“ Kriegsstraße nicht nur Traum bleibt. Träume können Chancen für Konversionen sein.
„Rückblicke“ 1994–2004 Rudolf J. Schott, Leiter des Stadtplanungsamtes von 1994-2004
Auch ich habe einen Traum: Hinter dem Hauptbahnhof entsteht in einigen
Jahren ein neuer Stadtteil für eine mobile und fle- xible Gesellschaft. Man kann hier arbeiten oder wohnen oder beides. Nicht nur ganz oben mit Blick auf den Schwarzwald und idealerweise auf eine neue „Herrenalber Allee“ in Rüppurr.
„Ein Planer soll aus Fehlern gelernt haben, zu- hören können und wissen, dass das Wasser den Berg hinunter fließt“ sagt sinngemäß der Lon- doner Architekt Sir Patrick Abercrombie in den späten 1940er Jahren.
Rudolf J. Schott
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Die Selbständigkeit der Karlsruher Stadtplanung begann 1936 mit der Herauslösung des Stadter- weiterungsbüros aus dem Tiefbauamt, geleitet von Dr. Dommer. Nach dem 2. Weltkrieg über- nahm Karl Pflästerer die Leitung des Amtes bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1954. Ihm folgte Max Beller, der 1968 in Ruhestand ging. Willi Lausch wurde daraufhin die Leitung des Amtes übertragen. Von 1972 bis 1994 führte Prof. Dr.- Ing. Egon Martin die Amtsgeschäfte, die ab 1981 auch mit der Stelle eines Referenten für Stadt- und Stadterneuerungsplanung verbunden waren. Im darauf folgenden Jahrzehnt stand das Amt bis September 2004 unter der Leitung von Rudolf Schott. Ihm folgte Dr.-Ing. Harald Ringler.
Die Ausstellung gibt beispielhaft einen Einblick in die Arbeit des Stadtplanungsamtes seit der Grün- dung. Sieben Tafeln, gegliedert in Zeitabschnit- ten, zeigen eigenständige Arbeitsergebnisse und weisen damit auch auf damals aktuelle Haltun- gen der Stadtplanung hin. Fünf Tafeln dokumen- tieren die Aktivitäten und Initiativen der Karlsru- her Stadtplanung für die Durchführung von Wett- bewerbsverfahren. Der Ausblick auf die Arbeit der nächsten Jahre beschließt diese Ausstellung. Eine vollständige Dokumentation der Arbeiten der letzten 75 Jahre war nicht beabsichtigt. Die Aus- wahl der Beispiele erfolgte aus dem heutigen Blickwinkel, ist selektiv, lässt viele Lücken und bietet selbstverständlich Anlass zur Kritik.
Zustande gekommen ist dieses Projekt innerhalb eines knappen Jahres nur durch den engagierten Einsatz von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Stadtplanungsamtes und zwar neben deren Hauptaufgaben: Kristin Barbey, Sigrun Hüger, Bir- git Kaufmann, Dietmar Kup, Wassili Meyer-Buck, Jan Riel, Harald Ringler.
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Stadtplanung im Dritten Reich Gründung des Stadtplanungsamtes, Karlsruhe 1936
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1936 Entstehung und Gründung des Stadtplanungsamtes
Die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ent- standene Stadtplanung moderner Prägung wur- de bis in die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhun- derts meist von den für den „technischen Städte- bau“ zuständigen Ämtern - in Karlsruhe vom Wasser- und Straßenbauamt, dann vom Tiefbau- amt - als Fluchtlinienplanung wahrgenommen.
1929 erhielt das Stadterweiterungsbüro - bisher dem Amtsleiter direkt unterstellt - den Status ei- ner eigenen Abteilung mit sechs Mitarbeitern in- nerhalb des Tiefbauamtes unter Carl Pflästerer und ab 1933 unter Dr. Johannes Dommer.
Erst 1936 begann die Selbständigkeit als eigene technische Dienststelle. 1938/39 erfolgte die Umbenennung in Stadtplanungs- und Siedlungs- amt, dem Dr. Dommer vorstand.
Die Stadtverwaltung war, ähnlich wie heute, in Abteilungen (heute Dezernate) gegliedert, die bis 1933 der Oberbürgermeister Dr. Julius Finter, die drei Bürgermeister Heinrich Sauer, Dr. Erich Kiem- schmidt sowie Hermann Schneider leiteten.
Die Arbeit der Stadtplanung wurde von verschie- denen beschließenden und beratenden Ausschüs- sen und Kommissionen begleitet wie der „Orts- baukommission“ und dem 1926 eingeführten „Künstlerische Beirat für die Stadterweiterung“.
In der Zeit des Dritten Reiches bestand ein „Aus- schuss für Stadterweiterungsfragen“, dem 1936 u. a. Billing, Heiligenthal und die Dammerstock- Architekten Rößler, Prof. Lochstampfer und Dr. Rö- siger angehörten.
Quellen: Stadtarchiv Karlsruhe: Beschluss Verwaltungsdirektion, 1/H-Reg. 951 Gestaltung der Stadt, 7_Nl_Pflästerer_177_2 Nord-Süd-Achse, 7_Nl_Pflästerer_177_3 Gauforum, 7_Nl_Pflästerer_177_12 Perspektive Richtung Süden, 7/NL Pflästerer Zerstörungsplan, 8_PBS_XVI_1220 Bad. Landesmuseum (Hg.): „Neues Bauen der 20er Jahre, Gropius, Haesler, Schwitters und die Dammerstocksiedlung in Karlsruhe, 1929“, Karlsruhe 1997. Harald Ringler: Der Karlsruher Generalbebauungsplan 1926. Ein Entwurf zur langfristigen Stadtentwicklung, in: „Blick in die Geschichte“ 1988-1993, Karlsruhe 1994
Ein Leitplan für Karlsruhe um 1940
Nord -Süd Achse um 1940
Entwurf für ein Gauforum an der im „Dritten Reich“ geplanten Nord-Süd-Achse,
heute Ettlinger Straße um 1940
Beschluss-Akte vom 31. August 1936 das Stadtplanungsamt als
selbständige Stelle aufzuführen.
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Stadtplanung im Dritten Reich Gründung des Stadtplanungsamtes, Karlsruhe 1936
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Kartierung der Zerstörung der Innenstadt durch die Luftangriffe im 2. Weltkrieg 1944.
Von 57 000 Wohnungen vor Kriegsbeginn blieben nach Kriegsende nur über 11000 bewohnbar. Das Stadtzentrum war zu 80 % zerstört.
1933-1945 Die politischen Ereignisse des Jahres 1933 führten auch im Bereich der Baupolitik zu einer tiefgreifenden Umgestal- tung. Mit der Rücktrittserklärung von Baubürgermeister Herrmann Schneider waren die fortschrittlichen Aktivitäten in der Stadtplanung beendet.
Carl Pflästerer war 1939 Leiter der Abteilung „Sonderauf- gaben“ und für das städtebauliche Erscheinungsbild und Repräsentationsbauten zuständig. Pflästerer sah eine Ost- West-Achse vom Rhein bis nach Durlach und eine Nord-
Karlsruhe, südliche Umgebung Vogelperspektive 30er Jahren
Süd-Achse vom Schloß nach Ettlingen mit Großbauten und Platzanlagen vor.
Auf einer Gemarkungsfläche von ungefähr 8600 ha - Bu- lach und Knielingen waren inzwischen eingemeindet wor- den - lebten 1935 an die 159000 Einwohner. Nach den Ein- gliederungen von Hagsfeld und Durlach im Jahre 1938 vergrößerte sich Karlsruhe auf 12300 ha mit 186000 Ein- wohnern. Das bekannteste Wohnsiedlungsprojekt dieser Zeit, der erste Bauabschnitt der „Rheinstrandsiedlung“ in
Daxlanden, war als architekturideologisches Gegenprojekt zur als „kulturbolschewistisch“ verfemten Dammerstock- siedlung gedacht.
Größere Bauaufgaben waren die städtebaulich bereits 1924 vorgedachte Oberpostdirektion von Billing an der Ett- linger Straße, fertiggestellt 1939, und das ehemalige Ar- beitsamt an der Kapellenstraße - heute Landesvermes- sungsamt -, geplant vom städtischen Hochbauamt, errichtet zwischen 1935 und 1938.
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Wiederaufbau und Stadtumbau Stadtplanung in Karlsruhe 1945 bis 1959
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Die Beseitigung der Kriegsschäden und der Woh- nungsbau setzten die Prioritäten in der Stadtpo- litik nach Beendigung des 2. Weltkriegs. Die Aus- lobung des Wettbewerbs Kaiserstraße (1947) ist bereits als Zeichen des Gestaltungswillens für die Zukunft der Innenstadt zu sehen. Mit der dann folgenden Aufstellung des Bebauungsplans war auch die Entscheidung zur Beibehaltung des hi- storischen Stadtgrundrisses und einer städtebau- lich homogenen und überwiegend traditionellen Ausformung der Stadtgestalt verbunden.
Die Flächennutzungs- und Verkehrsplanung für die Gesamtstadt orientierte sich anfangs am Ent- wurf des Generalbebauungsplans von 1926. En- de der 1950er Jahre begann dann die Arbeit für einen Flächennutzungsplan, der als Entwurf 1961 fertig gestellt wurde. Die 1958 beschlosse- ne städtische Bauordnung mit ihrem Baugebiets- plan regelte sowohl die Nutzungs- wie auch die Baumassenplanung, da es nur für wenige Gebie- te Bebauungspläne gab.
Von den 57.000 Wohnungen (1939) waren 1945 lediglich 11.000 unbeschädigt geblieben, 12.600 total zerstört. Die Einwohnerzahl hatte 1946 mit 175.600 Menschen die Größe vor dem Weltkrieg (1939: 185.500) noch nicht erreicht (Gemeinde- fläche: 12.280 ha). 1960 belief sich der Woh- nungsbestand bei 240.400 Einwohnern bereits auf 77.000. Diese große Aufbauleistung war vor allem in neuen Baugebieten wie Mühlburger Feld, Rintheim-Süd, Waldstadt sowie in der Nord- weststadt erfahrbar (Rennbuckel-, Siemens-, Flugplatzsiedlung). Nicht berücksichtigt ist dabei die ab 1950 entstehende „Amerikanersiedlung“ als erste „Waldstadt“ in der heutigen Nordstadt mit 1.200 Wohnungen. Eine Initiative aus dem Gemeinderat für eine Parkring-Bebauung wurde glücklicherweise nicht umgesetzt.
Neben dem Siedlungsbau verdient das erste gro- ße Stadtumbauprojekt Karlsruhes in Mühlburg Beachtung. Die 1952 vom Stadtplanungsamt er- arbeitete Verkehrskonzeption für Mühlburg führ- te über einen Bebauungsplan zur Verbreiterung der Rheinstraße. Davor fielen die noch vorhande- nen Gebäude an der Nordseite der Spitzhacke zum Opfer. Eine durchgehende Neubebauung entstand an der zurück gesetzten Baulinie.
1947 Generalbebauungsplan (Stadtplanungsamt).
Es fehlen noch Vorhaben wie die Waldstadt, Flugplatz-Bebauung
und Oberreut. Dafür gibt es noch „südliche Randstraßen“, durch den Oberwald führende
Verkehrswege u.a.
Bebauungsplan Heidenstücker- siedlung-Süd von 1950
1949 Bebauungsplan Kaiserstraße
mit der um sechs Meter zurückgesetzten
südlichen Bauflucht ab dem ersten Obergeschoß
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Quellen: Stadt Karlsruhe: Harald Ringler, Denkschrift über den Wieder- aufbau, 1946 Statistische Jahrbücher 1947, 1960; Siedlungen der 50er Jahre in Karlsruhe, „Blick in die Geschichte“ 1993 - 1998; Harald Ringler: Die städtebauliche Neuordnung Mühlburgs in den 50er Jahren, Karlsruhe 1998; Stadtarchiv Karlsruhe: Mühlburg, Streifzüge durch die Ortsge- schichte, 1998 Stadtplanungsamt Karlsruhe: Wiederaufbau der Kaiserstraße, 1949 Fotos: Bildstelle der Stadt Karlsruhe
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Wiederaufbau und Stadtumbau Stadtplanung in Karlsruhe 1945 bis 1959
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1955 Mühlburger Feld und Stadtumbau Rheinstraße, im Vordergrund die später zurück gebaute Ebertstraße
1958 Baugebietsplan der städtischen Bauordnung mit den Vorgaben der Nutzung,
Anzahl der Geschosse und Bauweise
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Entwurf für die Waldstadt (1955)
1945 die zerstörte Stadtmitte
Marktplatz: Modell für den Wiederaufbau (1949).
Beachtenswert die Vorgabe von Sattel- bzw. Walmdächern
sowie der Kolonnaden an der Nordseite.
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Vom Wiederaufbau zum Ausbau der Stadt Stadtplanung in Karlsruhe in den 60er Jahren
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1960er Jahre Der Generalbebauungsplan aus den 1950er Jah- ren wurde den kompliziert werdenden Aufgaben nicht mehr gerecht. Ab 1961 beschrieben Einzel- aufbaupläne die Problembereiche: Es entstanden Generalverkehrsplan, Flächennutzungsplan und ein Verkehrslinienplan.
Die Förderung des Wohnungsbaus blieb auch in den 1960er Jahren vordringliche Aufgabe der Stadtplanung. Der vorläufige Flächennutzungs- plan von 1961 enthielt Darstellungen zahlreicher neuer Wohnbauflächen. In den 1950er Jahren begonnene Wohnquartiere in der heutigen Nord- weststadt, Rintheim, Waldstadt und Rheinstrand- siedlung wuchsen weiter. Mit Oberreut Wald- und Feldlage sowie der Bergwaldsiedlung ent- standen zwei neue autarke Wohnsiedlungen. Die Idee einer Rheinstadt als Wohnstandort für 29.000 Einwohner bei Knielingen blieb auf dem Reißbrett.
In den neuen Baugebieten wurden oft unter- schiedliche Gebäudeformen wie Hochhaus, Scheibe und Reihenhaus kombiniert. Der Städte- bau vieler Siedlungen der damaligen Zeit lässt heute deutliche Ordnungsmuster, Kompaktheit und Raumbildung vermissen. Die Baumgarten- Siedlung in Rüppurr und das Wohnquartier im Eichbäumle in der Waldstadt erhalten auch heute noch die überregionale Aufmerksamkeit als Mu- ster für qualitätvollen und flächensparenden Sied- lungsbau in der Stadt.
Neben dem Siedlungsbau auf der „grünen Wie- se“ trug der innerstädtische Wohnungsbau auf vormals gewerblich genutzten Flächen ebenfalls zur Deckung der Wohnungsnachfrage bei. Ent- standen sind die „Richt-Wohnanlage“ nördlich des Durlacher Güterbahnhofs, sowie das Eigen- tumswohnungscenter an der Kaiserallee auf dem Areal der ehemaligen Brauerei Printz.
Karlsruhe wurde weiter autogerecht ausgebaut: Die Umgehungsstraße von Durlach in Richtung Pfinztal, die neue Rheinbrücke bei Maxau sowie die Vogesenbrücke in Mühlburg konnten dem Verkehr übergeben werden. Für die ausgebaute Kriegsstraße wurde die Unterführung am Ettlin- ger Tor und die Schlossplatzunterführung fertig- gestellt und der Ausbau der Südtangente begon- nen. Der Vorschlag, die Entlastung der Innenstadt vom Autoverkehr konsequent bis zur Schaffung autofreier Flächen weiterzuführen, fand noch keine Gegenliebe.
Quellen: Stadtplanungsamt Siedlungskarte: Stadtarchiv Karlsruhe: Karlsruhe - Die Stadtgeschichte, 1998 Karlsruher Chronik, 1992 Bauarbeiten Ettlinger Tor, 8_Alben393_20_Jlg_52965 Harald Ringler: Siedlungen 60er Jahre, „Blick in die Geschichte“, 2003 Einsele / Kilian: Stadtbausteine Karlsruhe, 1997 Stadtplanungsamt: Verkehrslinienplan, 1962 „rheinstadt - karlsruhes neue, wohnstadt am rhein“, 1965 Luftbild Bergwaldsiedlung: Brugger, Stuttgart Stadtplanungsamt: Verkehrsplanung Schlossplatz Karlsruhe, 1963
Illustration der 1960er Jahre - heute Wirklichkeit?
Planung Verkehrsnetz Innenstadt, 1963
Verkehrslinien- plan, 1962 Im Plan bereits enthalten, u.a. der vierspurige Ausbau der Kriegsstraße, eine Nord- und eine Südtangente, eine nordwestliche Um- gehungsstraße für Durlach und eine N e u t r a s s i e r u n g der B36 zwischen Knielingen und Neureut.
Bundesgartenschau 1967, mit Neugestaltung des Stadt- und Schloßgartens,
sowie Aussichtsturm Festplatz
Bauarbeiten Unterführung Ettlinger Tor, 1965
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Vom Wiederaufbau zum Ausbau der Stadt Stadtplanung in Karlsruhe in den 60er Jahren
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Richt-Wohnanlage Durlach (1964-71) für 2.500 EW mit Alten- und Pflegeheim und Privatkrankenhaus. Architekten Colling und Schneider / Bohne
Rheinstadtprojekt Eine Projektgruppe im Stadtplanungsamt arbeitete 1965 einen Plan aus, der auf 100ha Fläche drei große und zwei kleine Nachbarschaften vorsah und 29.000 Menschen be- herbergen sollte. Vier- bis zwanziggeschossige Bauten, teil- weise auf Parkierungs- und Erschließungsebenen gelagert, folgen dem baulichen Leitbild der 1960er Jahre „Urbanität durch Dichte“. Direkt an dem stark erweiterten See gelegen und zum Rhein hin mit Fußgängerbrücken verbunden, bot die neue Stadt „Wohnen am Wasser“ mit hohem Freizeit- und Erholungswert. Die Idee blieb aufgrund rückläufiger Bevölkerungszahlen auf dem Reißbrett.
Oberreut Feldlage Die Erweiterung der Stadt nach Süden war schon im Ent- wurf des Generalbebauungsplanes 1926 angedacht. Um- gesetzt wurde die Planung der Satellitenstadt Oberreut erst im Zusammenhang mit der Stadtsanierung des Dörfles. Die
Bergwaldsiedlung - Konzept einer neuen Parkstadt mit verdichteter, gemischten Bebauung.
Blick nach Oberreut
Volkswohnung errichtete vorrangig Sozialwohnungen in vier- bis achtgeschossiger Zeilenbebauung. Im Anschluss an die 25 ha große Waldlage wuchs Oberreut seit 1968 in die Feldlage.
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1970er Jahre Die Sanierung des „Dörfle“ bewegte Karlsruhe in den 1960er und in den 1970er Jahren in hohem Maße. Noch in den 1960er Jahren waren Entwür- fe entstanden, die sich in hohem Maße am Leit- bild der autogerechten Stadt orientierten. Fuß- gänger und Kfz-Verkehr sollten auf separaten Ebenen geführt werden und es war eine bis zu 20-stöckige, großflächige Neubebauung vorge- sehen, die sich nicht am bestehenden Stadt- grundriss orientierte. Die Planungen stießen auf großen Widerstand und wurden schließlich auf- gegeben. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch schon große Teile der Bebauung abgerissen. Nach dem Wettbewerb im Jahr 1970 setzte sich 1972 schließlich der Entwurf des Münchner Bü- ros Hilmer & Sattler durch. Dieser sah auf den be- reits freigeräumten Flächen eine neue, dem be- stehenden Stadtgrundriss folgende Blockrandbe- bauung vor. Die noch erhaltenen Gebäude östlich der Waldhornstraße sollten soweit möglich ein- zeln saniert werden.
Der motorisierte Individualverkehr spielte in den 70er Jahren nach wie vor die wichtigste Rolle un- ter den verschiedenen Verkehrsarten: Im Verkehrs- linienplan von 1972 wurde das angestrebte Netz der inner- und außerörtlichen Hauptverkehrsstra- ßen festgelegt. Darin waren neben der durch den Hardtwald führenden Nordtangente auch die Westtangente (L605) und die bereits im Bau be- findliche Südtangente enthalten. Langsam rück- ten auch zunehmend die Belange von Fußgän- gern, Radfahrern und öffentlichem Verkehr ins Bewusstsein: Im November 1972 wurden die er- sten Abschnitte der Fußgängerzone eingeweiht. Die Eröffnung der Fußgängerzone in Durlach er- folgte 1977.
Die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum war ein weiteres Thema der 1970er Jahre und teilwei- se dem Umstand geschuldet, dass im Rahmen der Dörfle-Sanierung zahlreiche Menschen um- gesiedelt werden mussten. So wurden Siedlungs- flächen verdichtet und erweitert, beispielsweise das Rintheimer Feld oder Oberreut (Feldlage II). Die teilweise problematische Sozialstruktur der bestehenden Neubaublöcke war erkannt worden. Dem sollte durch die Schaffung von Aufenthalts- bereichen, zentralen Einrichtungen sowie der Begrü- nung der Wohngebiete entgegengewirkt werden.
Im Zuge der Gemeindereform fand in den 70er Jahren die Eingemeindung mehrerer bis dahin ei- genständigen umliegenden Gemeinden in die Stadt Karlsruhe statt. Die Arbeit des Stadtplanungs- amtes war in den Folgejahren verstärkt mit Pla- nungsaufgaben für diese sieben Stadtteile befasst.
Quellen: Stadt Karlsruhe, Koordinierungsstelle Stadtsanierung: „Altstadtsanierung Dörfle Karlsruhe 1954-1994“, 1995 Eingemeindungen: Karlsruher Beiträge Nr. 7, 1994 Foto Südtangente: Stadtplanungsamt, 1975 Mitteilungen Baudezernat, Stadtplanungsamt, Stadtplanungsamt, 1972
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Das „Dörfle“Gebiet im Jahr 1970
Die bereits In den 60er Jahren entstandene Planung von
Kraemer, Pfenning und Sieverts
Der Bebauungs-
plan nach dem Entwurf von
Hilmer & Sattler
Einzeln sanierte Objekte in der Künstlerhausstraße
Verkehrslinienplan Karlsruhe, 1972
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Stadterweiterung und Sanierung Stadtplanung in Karlsruhe in den 70er Jahren
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Die Südtangente auf Höhe des Knoten- punktes Kühler Krug, 1975 (im Hintergrund das Eckgebäude am Fuße der Zeppelinstraße)
Stadtplanungsamt: Gesamtplanung für Oberreut in den 1970er Jahren Eingemeindungen bis 1995
Fußgängerzone Kaiserstraße: Detailplanung von Kramer und Partner, 1974
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38 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Stadterweiterung und Stadtteilplanung Stadtplanung in Karlsruhe in den 80er Jahren
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1980er Jahren Die Vielfalt der Themen in der Stadtplanung nahm in diesem Jahrzehnt deutlich zu, von der Fertigstellung der zentralen Fußgängerzone in der Innenstadt bis zum Abschluss des Verfahrens für den Flächennutzungsplan. Auch begleitete die Öffentlichkeit die Planungen aufmerksam.
1981 verwarf der Gemeinderat den Beschluss zur Nordtangenten-Planung aus dem Jahre 1979. 1982 wurde die so genannte Variante 17, der „Hängebauch“ beschlossen.
Die bauliche Entwicklung der Stadt erfolgte lang- sam in Richtung Innenentwicklung. Die Umnut- zung von Infrastrukturflächen und Gewerbebra- chen sowie die Stadterneuerung rückten in den Blickpunkt. Anfang der 1980er Jahre begann die Wohnbebauung auf dem ehemaligen Fabrikge- lände der Nobel AG in Wolfartsweier. Das ehema- lige Stadtwerkegelände an der Kaiserallee bot sich für Büronutzungen, Wohnungen und kultu- relle Einrichtungen am Rande einer neuen Grün- verbindung an. Die Stadt kaufte von der Deut- schen Bundesbahn ein 4,6 ha großes Gelände südlich des Hauptbahnhofs für die Ansiedlung des ZKM. Das 1985 beschlossene 14-Städte-Pro- gramm des Landes und ein ergänzendes Sanie- rungsprogramm ermöglichten für dieses Areal den Mitteleinsatz zur Freimachung sowie für den Bau einer Tiefgarage.
Die Stadterneuerung konnte in diesen Jahren durch weitere Programme immer größere Bedeu- tung für die Stadtentwicklung gewinnen. So ging der Sanierung Durlach, die 1984 begann, ein Wohnumfeldprogramm (WUP) voraus, weitere Schwerpunkte waren das ehemalige Stadtwerke- gelände, Südstadt Ost und Südweststadt Mitte. Danach folgte das „Programm einfache Stadter- neuerung“ (PES) für Gottesaue und Mühlburg. Für Stupferich konnte ein Dorfentwicklungspro- gramm eingesetzt werden. Die Altstadtsanierung lief noch bis 1994. Das Stadtplanungsamt war in allen Arbeitsbereichen mit hohem Einsatz enga- giert.
Von den ca. 60 rechtsgültig gewordenen Bebau- ungsplänen innerhalb der 1980er Jahre betreffen über 20 die in den 1970er Jahren eingemeinde- ten Stadtteile. Oft werden damit Verpflichtungen aus den Eingemeindungsverträgen erfüllt.
Mit der Gültigkeit des Flächennutzungsplanes im Jahre 1985 - Karlsruhe ist Teil des 1974 gesetz- lich verordneten Nachbarschaftsverbandes Karls- ruhe - gab es erstmals eine demokratisch beschlos- sene verbindliche Generalplanung für die Stadt.
Quellen: Alle Entwürfe Stadtplanungsamt. Stadt Karlsruhe: Stadterneuerung in Karlsruhe. Programme und Maßnahmen, 1985 Stadt Karlsruhe, Stadtplanungsamt: Sanierung Durlach 1984 - 2004 Prof. W. Leutzbach: Varianten zur Nordtangente im Auftrag der Stadt Karlsruhe, Gutachten, 1981 Stadt Karlsruhe, Stadtarchiv: Karlsruher Chronik, 1992 Entwurf Marktplatz, 8/PBS XV 2385
Rahmenplan Bulach, 1. Realisierungsstufe, 1983
Übersicht der 1981 untersuchten Varianten für eine Nordtangente
(Gutachten Prof. Leutzbach)
Entwurf Marktplatz, Karlsruhe 1982
Rahmen- planung für Beiertheim 1988
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Stadterweiterung und Stadtteilplanung Stadtplanung in Karlsruhe in den 80er Jahren
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zu ergänzende Raumkante
sichtbare Stadtauerflucht
zu ergänzende Stadtmauerbebauung
Erneuerungs- bereich
Parkierungs- anlagen
Entkernung und Begrünung
teilweise erhaltene Stadtmauerreste
zu gestaltende öff. Platz- u. Grünfläche
zu begrünende Raumkante
zu ergänzende Fußgängerverbindung
neu zu gestaltender Straßenraum
zu ergänzende Fußgängerzohne
geplante Quergasse
Städtebauliche ZieleKonzept zur Sanierung Durlach 1980
Der seit 1980 gültige B-Plan „Säuterich und Säusteiger Feld“ umfasst ein 17 ha großes Gelände und bietet
270 Grundstücke für Eigenheime.
Entwicklungskonzept Hauptbahnhof-Süd von 1985
Der Entwurf des Flächennutzungsplans von 1982 war Gegenstand der vorgezogenen Bürgerbeteiligung
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Nachhaltige Stadtentwicklung Stadtplanung in Karlsruhe in den 90er Jahren
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1990er Jahre Durch die politischen Veränderungen Anfang der 1990er Jahre und den Abzug der aliierten Streit- kräfte wurden große Flächen in stadtnaher Lage frei. Die Nordstadt konnte mit dem Umbau der ehemaligen „Amerikanersiedlung“ als neues Quar- tier aus der Taufe gehoben werden.
Große Auswirkungen für Karlsruhe hatten die Standortverlagerung der IWKA und die Stillle- gung des Bundesbahnausbesserungswerks. Der große städtebauliche Wettbewerb für den Karls- ruher Südosten war der Startschuss für die Ent- wicklung dieses ehemals industriell geprägten Stadtbereichs.
Die Urbarmachung dieser Flächen in zentrumsna- her Lage korrespondierte mit der Renaissance des „Stadtlebens“, wie der Wettbewerb zur „Via Triumphalis“ belegt. Die Sanierungen der grün- derzeitlichen Stadtquartiere Süd-, West- und Ost- stadt unterstützten die Wiederentdeckung dieser Quartiere als lebendige Stadträume. Auch die Ge- samtanlagensatzungen „Altstadt Durlach“ und „Gutenbergplatz“ hatten das Ziel, die Stadtsub- stanz zu bewahren. Die Gestaltungsgrundsätze für Gewerbegebiete sind heute noch aktuell.
Neben der Aufwertung der Bestandsquartiere und der Entwicklung von ehemaligen Militär- und Industrieflächen war weiterhin die Erweiterung des Siedlungsbaus eine Hauptaufgabe der Stadt- planung. Die Zunahme eines nachhaltigen und ökologischen Bewusstseins in der Gesellschaft ist bei den Neubaugebieten dieser Zeit, z.B. der Ökosiedlung Geroldsäcker und dem Baugebiet „50 Morgen“, als ein wesentlicher Planungsan- satz zu erkennen. In dieser Dekade wurde auch die Studie zu den „Belastungsgrenzen für den Raum Karlsruhe“ entwickelt.
Die Verkehrsplanung nahm in den 1990er Jahren mit Leitgedanken wie „Stadt der kurzen Wege“ und dem Ausbau des Umweltverbundes endgül- tig Abschied von der autogerechten Verkehrs- und Stadtplanung der früheren Jahrzehnte. Der Bau des B 10-Tunnels in Grötzingen, die Planun- gen für die Umfahrung Wolfartsweier und die Nordtangente-Ost, die Einrichtung von Tempo 30–Zonen, die Fortschreibung der Karlsruher Al- leen mit dem „Brauerboulevard“, Ebertstraße und Ludwig-Erhard-Allee brachten neue Qualitä- ten für die öffentlichen Räume. Auch die ersten Planungen für die Untertunnelung der Kaiserstra- ße und die Machbarkeitsstudie für die Straßen- bahn in der Kriegsstraße stehen für den Tenor der 90er Jahre, der nachhaltigen Stadtentwicklung.
Quellen: Stadtplanungsamt: „Bausteineplan“ Günther Telian / Stadtplanungsamt: „50 Morgen“ Luftbild Karlsruhe-Südost, aurelis-real-estade GmbH&Co. KG IWKA, Harald Ringler, Mai 1993
Sanierung Weststadt 1979-2007 Faltblätter informierten die Bewohnerinnen und Bewohner
über die Entwicklung der Sanierung.
Karlsruhe Oststadt-Südstadt - Bausteineplan Der 1995 beschlossene Rahmenplan
setzt das Ergebnis des Wettbewerbs für den Karlsruher Südosten von 1993 in einzelnen Bebauungsplänen um.
Ökologisch Wohnen: Die Skizze zum 1998 in Kraft getretenen Bebauungsplan „50 Morgen“ zeigt die Entwurfsidee, die Bebauung entlang des Hangverlaufs anzuordnen.
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41Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Nachhaltige Stadtentwicklung Stadtplanung in Karlsruhe in den 90er Jahren
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Mit der Eröffnung des Zentrums für Kunst und Medien- technologie (ZKM) am 18.10.1997 erfuhr auch das Umfeld eine deutliche Wandlung. In der Skizze sind die Allee der Brauerstraße und die Neubauten von Arbeitsamt und Bun- desanwaltschaft bereits enthalten. Schematisch dargestellt noch das Baufeld des heutigen Filmpalastes am ZKM.
Hallenbau A, Industriewerke Karlsruhe-Augsburg (IWKA), Mai 1993 Nur für kurze Zeit bot sich der von Bebauung völlig freie Blick von der Brauerstraße auf den Hallenbau der ehemaligen Industriewerke Karlsruhe-Augsburg (IWKA).
östliche Südstadt, Stand: August 2011 Am 31.10.1996 begann der Abbruch des Güterbahnhofs am Rüppurrer Tor (Mendelssohnplatz). Heute wohnen schon über 2.800 Menschen in der Erweiterung der östli- chen Südstadt.
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42 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Die Wiederentdeckung der Stadt Stadtplanung in Karlsruhe 2000 bis 2011
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2000 bis 2011 Die inhaltliche Arbeit der letzten elf Jahre war be- stimmt durch die Aufwertung der inneren Stadt, die Umwertung und Umnutzung von Flächen so- wie die Weiterentwicklung der Verfahrenskultur.
Bei der Kombi-Lösung ist auch das Stadtpla- nungsamt gefordert, da die Innenstadt zum The- ma für alle Arbeitsbereiche wurde: öffentlicher Raum, Fahrradstraßen, Höfekonzept, historischer Fächer, Sanierungsprojekte, Lichtplanung, Kultur- wegweisung, Bebauungsplanung sowie die Be- gleitung privater Projekte.
In diesem Jahrzehnt erlebten auch die Konversio- nen ihren Höhepunkt. Planerisch vorbereitet war Karlsruhe-SO auf dem ehemaligen DB-Ausbesse- rungswerk. Stadterneuerung in den Programm- gebieten „Soziale Stadt“ und „Stadtumbau- West“ sowie der Lärmaktionsplan sind Beiträge zur Förderung des Lebens in der inneren Stadt. Das Progamm „Fahrradfreundliches Karlsruhe“ zeigt bereits große Wirkung. Die Initiierung und Betreuung von besonderen Wohnformen wie Mehrgenerationen-Wohnen eröffnen neue Mög- lichkeiten des Zusammenlebens.
Die Fortschreibung des 2004 gültig gewordenen FNP 2010 des Nachbarschaftsverbandes - das Stadtplanungsamt ist die Planungsstelle - hat mit der „Tragfähigkeitsstudie“ begonnen. Der Ver- kehrsentwicklungsplan als Grundlage für die Weiterentwicklung der Mobilität zum „multimo- dalen“ Verkehrsverhalten im Sinne der Gleich- wertigkeit aller Verkehrsarten wird 2012 dem Gemeinderat vorgelegt werden.
Dem Projekt „Stadtausstellung Karlsruhe 2015: die Stadt neu sehen“ fehlen noch die finanziellen Grundlagen.
Die Stadtbaukultur konnte weiterentwickelt wer- den. Überzeugungsarbeit und Unterstützung pri- vater Projektträger führten zur Ausschreibung von zwanzig konkurrierenden Verfahren. Das Stadtplanungsamt selbst lobte 15 Wettbewerbe und Mehrfachbeauftragungen aus und organi- sierte fünf Planungswerkstätten. Zehn Architek- turspaziergänge in Zusammenarbeit mit der Ar- chitektenkammer und 40 Stadtbauforen zu den unterschiedlichsten Themen der Stadtplanung konnten in der Öffentlichkeit das Interesse für die räumliche Entwicklung der Stadt wecken. Der 2007 eingerichtete Gestaltungsbeirat befasste sich mit über 50 Projekten zum Großteil mit er- folgreichem Abschluss. Seit 1996 gelten für zwei Stadtbereiche Gesamtanlagensatzungen und für neun weitere Zonen städtebauliche Erhaltungs- satzungen. Derzeit sind zwei Gestaltungssatzun- gen in Arbeit.
Quellen: Stadtplanungsamt Liegenschaftsamt
Innenstadt-Konzept, Städtebauliche Analyse
Architektur- spaziergang
auf dem KIT-Campus 2009
Historischer Stadtgrundriss:
„Karlsruher Fächer“
Homogenität der Bebauungs-
struktur
Nutzungs- mischung
Dichtes Netz an Grünräumen
Stadtbild- prägende
Plätze und Raumfolgen
Differenziertes Verkehrs- und
Erschließungs- konzept
Bebauungsplan-Entwurf Klamm/Illwig
Höfekonzept für die Aufwertung
von vier ehemaligen Anlieferhöfen:
Hirschhof (Simulation)
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Die Wiederentdeckung der Stadt Stadtplanung in Karlsruhe 2000 bis 2011
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20-Punkte-Programm „Fahrradfreundliches Karlsruhe: Planung Radwegenetz
Lärmaktionsplan: Hotspots (Ausschnitt)
Neugestaltung Ortsdurchfahrt Wolfartsweier im Sinne der Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer
Einladung Stadtbauforum Klima
Die Diskusion um einen zweiten Rheinübergang wurde mit dem „Faktencheck“ fortgesetzt
Touristische Fernradwege (Bestandteil des Nebennetzes)
Nebennetz
Ringroute
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Radverkehrsnetz.pdf 28.08.2009 11:30:59
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Radverkehrsnetz.pdf 28.08.2009 12:08:45
Lärmkartierung Karlsruhe 2007
Projektdurchführung:
Auftraggeber:
Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt Generalplanung und Stadtsanierung
Hotspots Einwohnerdichte über Schwellenwert: 60 dB(A) (Ln) in Einw. / km²
<= 0 0 < <= 500
500 < <= 1000 1000 < <= 1500 1500 < <= 2000 2000 < <= 2500 2500 < <= 3000 3000 < <= 3500 3500 < <= 4000 4000 < <= 4500 4500 < <= 5000 5000 < <= 5500 5500 < <= 6000 6000 < <= 6500 6500 < <= 7000 7000 <
Stadtbauforum im Albert-Schweitzer-Saal
Donnerstag, 14. April '11 • 20 Uhr Albert-Schweitzer-Saal, Reinhold-Frank-Str. 48a (Gemeindesaal Christuskirche, Mühlburger Tor)
Dipl.-Ing. Heinz Brandl, Projektleiter, Senatsverwaltung Berlin Dipl.-Geogr. Peter Trute, Geschäftsführer, GEO-NET Umweltconsulting GmbH, Hannover Michael Obert, Bürgermeister, Baudezernent Dr.-Ing. Harald Ringler, Leiter des Stadtplanungsamtes
Stadt Karlsruhe, Stadtplanungsamt Tel. 133–6114 · Eintritt frei
D I E Z U K U N F T U N S E R E R S T A D T
Stadt(-planung) im Klimawandel Berliner Stadtentwicklungsplan Klima und Karlsruher Modellprojekt
Eine Radlänge voraus
Karl Drais225 Jahre
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Städtebaukultur durch Konkurrenz Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe 1904-1936
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Das Wettbewerbswesen im Städte- bau beginnt in Karlsruhe nach der Jahrhundertwende. Bis heute sind weit über fünfzig Ausschreibungen bekannt.
1904 startete der „Wettbewerb zur Erlangung eines zweckmäßigen Ortsbauplans für die wich- tigsten Stadterweiterungsgebiete“, der aber oh- ne planerische Folgen blieb.
Der 1911 ausgelobte Wettbewerb zur „Gestal- tung des Bahnhofplatzes in Karlsruhe“ bestimmt mit dem damaligen Vorschlag eines der beiden er- sten Preisträger Oskar Seemann und Wilhelm Vit- tali noch heute das Stadtbild am Hauptbahnhof.
Die bis heute ungelöste „Ettlinger-Tor-Platz-Fra- ge“ führte seit 1902 zu zahlreichen behördenin- ternen Überlegungen, aber auch zu Gutachten und Wettbewerben. 1912 kam es zu einem Ver- fahren, bei dem kein erster Preis vergeben wur- de. Ende 1923 beauftragt die Stadt die Architek- ten Hermann Billing, Hans Großmann und Fritz Rößler, Vorschläge zu erarbeiten.
Der Wohnungsbau fand vor dem 2. Weltkrieg Be- rücksichtigung in zwei Wettbewerben, die aus ideologischer Sicht völlig gegensätzlich waren. 1928 beriet ein Preisgericht unter Leitung von Mies van der Rohe über 43 eingereichte Entwür- fe für das Siedlungsprojekt „Dammerstock“. Die prämierten Arbeiten zeigten alle vorbehaltlos, dass das „neue Bauen“ nun auch in Karlsruhe Einzug gehalten hatte. Dem Entwurf von Walter Gropius wurde der erste Preis zuerkannt. Alle Preisträger konnten an der Realisierung unter der künstleri- schen Oberleitung von Gropius mitwirken.
Das 1936 ausgelobte Projekt „Daxlanden-Süd: Preisausschreiben zur Erlangung eines Auftei- lungsplanes und von Entwürfen für Einfamilien-, Zweifamilien-, Ein- und Zweifamilien-Doppel- häuser, sowie Einfamilienreihenhäuser“ kann als Gegenprogramm zum Dammerstock gesehen werden. „Die Siedlung soll einen städtischen Charakter erhalten und in städtebaulicher Hin- sicht, sowie im gesamten Aufbau ein richtung- gebendes Vorbild nationalsozialistischen Gedan- kengutes sein“. Der Mieter- und Bauverein zog für die Realisierung den zweiten Preisträger Prof. H. Mehrtens aus Aachen den ersten Preisträgern Wach und Roßkotten aus Düsseldorf vor.
Quellen: Franzen, Brigitte: Die Siedlung Dammerstock in Karlsruhe (1993) Stadt Karlsruhe: Das Ettlinger Tor in Karlsruhe (1924) Stadtarchiv Karlsruhe: Bahnhofplatz, 8/PBS o XIV a 2110 Albsiedlung, Foto: Harald Ringler
1904 Beitrag von Hermann Billing und Wilhelm Vittali (1. Preis) zur Entwicklung des Südgebietes von Karlsruhe im Rahmen des Wettbewerbs 1904/05.
1915 Bahnhofplatz nach dem Bau des neuen, 1913 eröffneten Hauptbahnhofs. Das untere Luftbild gibt den Bestand der Randbebauung um 1920 wieder.
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1923 Blick auf Wohngebäude der Albsiedlung an der Daxlander Straße. Der Karlsruher Architekt Hans A. Zippelius konnte den 1923 ausgelobten Wettbewerb für sich entscheiden.
1936 Modellfoto des Entwurfs von H. Mertens/Aachen für Daxlanden-Süd
1928 Die Zeilenstruktur überwiegt in den prämierten Beiträgen zum Dammerstock-Wettbewerb 1928. Im neu errichteten Eingangspavillon zur Dammerstock- Siedlung an der Danziger Straße sind die nachgebauten Modelle ausgestellt.
1904/05 und 1912 waren bereits zahlreiche Wettbewerbsentwürfe für den Bereich Ettlinger-Tor erstellt worden (unten vier Arbeiten von 1912)
1924 Lageplan des 1924 vorgelegten Entwurfs für den Bereich Ettlinger-Tor von Hermann Billing
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Quellen: Henning, H.: Kaiserstraße, Karlsruher Planung „Die Neue Stadt 8/9“ (1948) Waldstadt, Luftbild Brugger Modellfotos Altstadt: Altstadtsanierung „Dörfle“, Karlsruhe 1954 - 1994, Karlsruhe 1995 Stadt Karlsruhe, Stadtplanungsamt-Bildstelle: Marktplatz Wettbewerb Beiertheimer Feld
1947 - 1979 Die Karlsruher Innenstadt und hier wiederum die Kaiserstraße wiesen die schwersten Kriegsschä- den auf. Der 1947 ausgelobte Wettbewerb sollte zu Vorschlägen für den Wiederaufbau des Stadt- zentrums führen. Viele Arbeiten interpretierten den Stadtgrundriss in unterschiedlicher Weise. Die Stadtverwaltung ging ihren eigenen Weg und das Stadtplanungsamt erarbeitete im Zusam- menwirken mit dem dafür gegründeten Pla- nungsbeirat einen Bebauungsplanentwurf.
Im August 1956 lobte die Stadt auf Drängen der Architektenschaft den „Städtebaulichen Ideen- wettbewerb und Bauwettbewerb Waldstadt- Karlsruhe“ aus, obwohl es bereits einen Entwurf des Stadtplanungsamtes gab. Der erste Preisträ- ger Karl Selg wich nicht grundsätzlich vom städ- tischen Vorschlag von 1955 ab. 1974 erarbeite- ten fünf Planergruppen Planungsgutachten zur Waldstadt-Feldlage. Das Berliner Büro Freund- Oefelein-Schmock-Volkenborn erhielt dann den Planungsauftrag.
Das „Dörfle“ war Gegenstand des Verfahrens „Internationaler städtebaulicher Ideenwettbe- werb Karlsruhe 1970“. Aus 20 Ländern Europas gingen 216 Arbeiten ein. Die Wettbewerbsbeiträ- ge glichen einem Kaleidoskop der damals gängi- gen Architekturauffassungen von pyramidenför- migen Baukörpern über Einzelriegel bis zur Blockrandbebauung. Der Gemeinderat entschied sich nach Überarbeitungsphasen Ende 1972 für den „Münchner Entwurf“, der die Grundlage für die Altstadtsanierung lieferte.
1971 mündeten die Absichten das Beiertheimer Feld zu bebauen in einen städtebaulichen Ideen- wettbewerb. Der Entwurf des ersten Preisträgers J. Jakubeit für das ebenfalls zu gestaltende Alb- grün führte zur heutigen Günther-Klotz-Anlage.
Die Gestaltung der ersten Fußgängerzone in Karlsruhe lag nach einem Gutachterverfahren zur Gestaltung der Kaiserstraße und des Marktplat- zes in den Händen von Gernot Kramer.
Städtebaukultur durch Konkurrenz Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe 1947-1979
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1947 Wettbewerb
Kaiserstraße: Preisträger
Horst Linde/ R. Diem
1970 Altstadt-Wettbewerb mit unterschiedlich- sten Ergebnissen.
Unten die über- arbeiteten Entwürfe von Schmock + Volkeborn/Berlin und von Hilmer + Sattler/München.
Der nachfolgende Bebauungsplan beruht auf dem „Münchner Ent- wurf“.
Weitere Beiträge
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60er Jahre: Die Waldstadt-Feldlage war damals noch nicht bebaut.
1971 Wettbewerb Beiertheimer Feld: Jury-Sitzung
1974 Gutachterverfahren Marktplatz: Der nicht realisierte Beitrag von Prof. Gunnar Martinsson zeichnete sich aus durch einen roten Sandsteinbelag und Baumpflanzungen (Modellaufnahmen).
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48 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
1980-1999 Der 1981 jurierte städtebauliche Ideenwettbe- werb für das vormals von einer Brauerei genutz- te „Binding-Areal“ zwischen Karlstraße und Bei- ertheimer Allee führte zur Bebauung nach den Plänen von W. Weigert. Ein Jahr später folgte die Umgestaltung des Dragonerkasernen-Geländes als Wettbewerbsaufgabe, ebenfalls eine Konver- sion einer militärisch genutzten Fläche und ei- nem Gewerbeareal.
Mit dem 1989 erfolgten Verfahren für den „Tech- nologiepark Vogelsand“ begann die gezielte An- siedlungspolitik für technologieorientierte Dienstleistungen in Karlsruhe.
Das gebaute Ergebnis des 1990 durchgeführten Gutachterverfahrens „Ökologisches Bauen Ge- roldsäcker“ ist auch heute noch ein gelungenes Beispiel für gemeinschaftliches Wohnen unter ökologischen Gesichtspunkten.
Auch für eine geplante Bundesgartenschau liefen zwei Wettbewerbe, der „Städtebauliche Ideen- wettbewerb Karlsruhe-Südost-Gottesaue“ 1992 (Erster Preis: Rossmann und Partner) und der Fol- gewettbewerb „Ideen- und Realisierungswettbe- werb Bundesgartenschau Karlsruhe 2001“ (1993).
Nicht immer führen Wettbewerbe zur Realisie- rung der gefundenen Vorschläge. So nahm das Bauprojekt „Zentrum für Kunst und Medientech- nologie Karlsruhe (ZKM)“ einen völlig anderen Verlauf als es mit dem 1986 veranstalteten Ide- enwettbewerb „Entwicklungsbereich Haupt- bahnhof-Süd“ und dem 1989 abgeschlossenen Realisierungswettbewerb ZKM begonnen hatte. 1994 beginnen nach einem abgeschlossenen Gutachterverfahren mit drei eingeladenen Pla- nungsbüros die Umbauarbeiten im Hallenbau A auf dem ehemaligen IWKA-Gelände.
Die städtebauliche Planungen für Konversionen, der Umwandlung von großen Arealen der Bahn, des Militärs sowie der Industrie hatten mit Wett- bewerbsverfahren begonnen, so auch für den Al- ten Flugplatz. Die Ergebnisse des Wettbewerbs 1997 können wegen der später erfolgten natur- schutzrechtlichen Vorgaben aber nur in kleinem Umfang Verwendung finden.
Die vom Karlsruher Schloss ausgehende Nord- Süd-Achse ist seit dem 18. Jahrhundert Anlass für städtebauliche Planungen. Der 1997 durchju- rierte Wettbewerb „via triumphalis 2022“ sollte zu Beiträgen für eine langfristige Leitvorstellung für die Innenstadtentwicklung führen.
1986 Ideenwettbewerb
Entwicklungsbereich Hauptbahnhof,
Entwurf Speer & Partner (1.Preis)
1989 Realisierungs- wettbewerb ZKM „Würfel“ Rem Koolhaas/OMA (1.Preis)
1992 Karlsruhe Südost: Entwurf Rossmann und Partner mit Karl Bauer und Hans Billinger
Quellen: Stadtplanungsamt Karlsruhe: „Wettbewerb Alter Flugplatz“ Brücke Alb/Südtangente: Hilmer+Sattler, Foto, Atelier Kinold, 1970 alle übrigen Fotos Stadtplanungsamt
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1989 Technologiepark nach einem Ideenwettbewerb 1989,
Preisträger M. Eltrich und K. Fehrenbach
1981 Bebauung Binding-Areal (Architekt Dietrich Weigert)
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1997 Realisierungswettbewerb Konversion Alter Flugplatz.
Entwurf Günter Telian (2.Preis)
1970 Straßenbahnbrücke Günther-Klotz-Anlage nach dem im Rahmen einer Mehrfachbeauftragung (1983/84) ausge-
zeichneter Entwurf von Hilmer + Sattler/München
1996 Ideenwettbewerb: Vom Schlossplatz zum Kongresszentrum „via triumphalis“ 2022,
Erster Preis Tobias Wulf und Partner
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Städtebaukultur durch Konkurrenz Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe 2000-2011
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2000 - 2011 Der Blick zurück zeigt, dass das Stadtplanungs- amt bzw. dessen Vorgänger selbst nahezu 40 städtebauliche Wettbewerbe ausgelobt und an- dere technischen Ämter der Stadtverwaltung bei weiteren konkurrierenden Verfahren begleitet bzw. unterstützt hat. Daneben sieht sich das Amt auch in der Pflicht, andere öffentliche Institutio- nen und private Bauherrn von den Vorteilen des Wettbewerbswesens zu überzeugen, zu beraten und mitzuwirken. Dies ist seit 1980 in über 60 Fällen erfolgt. Die Bemühungen in den letzten Jahren führten vor allem im innerstädtischen Wohnungsbau zu teilweise bemerkenswerten Er- gebnissen, in allen Fällen aber zur besseren Ar- chitektur als diese ohne Mehrfachbeauftragun- gen gebaut worden wäre.
Im letzten Jahrzehnt bestimmten Themen wie Konversionen, Stadtumbau, Zukunft der Karlsru- her Innenstadt sowie die Gestaltung öffentlicher Räume den Städtebau in unserer Stadt. Dies spiegelt sich in den Aufgaben der Planungskon- kurrenzen wider. Der letzte große „Planungs- wettbewerb Kaiserstraße und Karl-Friedrich-Stra- ße“ (2010) reiht sich ein in eine Tradition von Verfahren über die Hauptachsen der Karlsruher Innenstadt. Die vollständige Umsetzung der prä- mierten Arbeit wird erst nach Fertigstellung der Kombilösung 2020 erlebbar sein.
Aber auch Projekte für den Verkehr (Haltestellen U-Strab, Eisenbahnunterführung Schwarzwald- straße) und den Lärmschutz gewannen an Be- deutung (Fußgängerbrücken Rodbergweg, Was- serwerk, B 36, Lärmschutz Bulacher Kreuz).
Neben den konventionellen Verfahren und Mehr- fachbeauftragungen gewannen Planungswerk- stätten als Planungskonkurrenzen einen festen Platz in der Verfahrenskultur. Gute und erfolgrei- che Beispiele dafür sind die Projekte Konversion Neureut (2002), Lohfeldsiedlung (2002), Schlachthof/Viehhof (2006) und Mehrgeneratio- nen-Wohnen Albgrün (2010).
Konkurrierende Verfahren im Planungs- und Bau- wesen sind in Karlsruhe inzwischen ein nicht mehr weg zu denkender Baustein für die Stadt- baukultur.
Quellen: Broschüren der einzelnen konkurrierenden Verfahren
2002 Planungswerkstatt Konversion Neureut Die ehemals militärisch genutzte Fläche von nahezu 50 ha sollte zivilen Nutzungen zugeführt werden: 600 Wohnun- gen einschließlich Infrastruktur, 16 ha Gewerbeflächen so- wie die Neuanlage von Sportflächen. Sieben ausgewählte Planungsbüros beschäftigten sich unter Einbeziehung der Konversionsgesellschaft, städtischer Ämter sowie des Neu- reuter Ortschaftsrates mit dieser Aufgabe. Das dänische Büro Tegnestuen Vandkunsten erarbeitete anschließend den städtebaulichen Rahmenplan und die Hochbauplanung für Cluster 1.
2002 Planungswerkstatt Lohfeldsiedlung Der Erhalt der Siedlung, ihre behutsame Weiterentwicklung sowie die Fortführung der Frühlingsstraße bis zur Gottes- auer Straße sind auf die von der Volkswohnung und vom Stadtplanungsamt getragenen Planungswerkstatt zurück- zuführen. Grundlage dafür war der Beitrag des Büros Gil- bert und Holzapfel.
2003 Städtebaulicher Realisierungs- wettbewerb Konversion Knielingen Das ehemalige Kasernengelände von 32 ha wird voraus- sichtlich 1.200 Menschen neuen Wohnraum und Wohnfol- geeinrichtungen bieten. Gewerbliche und gemischte Zonen
bilden den Puffer zu den verbleibenden militärischen Anla- gen. Das Freiburger Büro Rosenstiel und faktorgrün liefer- ten eine sehr klare städtebauliche Struktur.
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Städtebaukultur durch Konkurrenz Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe 2000-2011
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2009 Ideen- und Reali- sierungswettbewerb Bahnhofplatz Karlsruhe Die angestrebte Barrierefreiheit für den wichtigsten Umsteige- punkt des öffentlichen Nahver- kehrs in Karlsruhe wird essentielle Auswirkungen auf die Gestalt des westlichen Platzes und seine un- mittelbare Umgebung haben. So empfahl sich ein von den VBK und vom Stadtplanungsamt ausgelob- ter Wettbewerb, den terra.nova landschaftsarchitektur, München für sich entschied.
2010 Planungswettbewerb Kaiserstraße und Karl-Friedrich-Straße Die Realisierung der Kombilö- sung zieht die Umgestaltung des öffentlichen Raumes in der Innenstadt nach sich. 37 Büros lieferten Beiträge für den Ide- enteil und konkrete Vorschläge für Marktplatz, Europaplatz und Berliner Platz. Das mit dem ersten Preis ausgezeichnete Büro Mettler Landschaftsplanung, Berlin und der Kooperationspartner AV1 Ar- chitekten, Kaiserslautern wurden mit der weiteren Planung betraut.
2005 Konkurrierendes Entwurfsverfahren Haltestellengestaltung Kombilösung Von 97 Bewerbungen wurden zehn zur Teilnahme zugelassen, um Entwürfe für insgesamt sie- ben Haltepunkte der U-Strab einschließlich der Abgänge zu liefern. Die Arbeitsgemeinschaft der Architekten Allmann, Sattler und Wappner, München mit Ingo Maurer (Licht) und Allmann & Raithel (Kommunikationsdesign) gingen als Gewinner der Konkur- renz hervor.
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Stadtplanung Karlsruhe Konkurrierende Entwurfsverfahren 1904-1936
1904 Wettbewerb zur Erlangung eines zweckmäßigen Ortsbauplans für die wichtigsten Stadterweiterungsgebiete 1911 Wettbewerb zur „Gestaltung des Bahnhofplatzes Karlsruhe“ 1912 Wettbewerb „Ettlinger-Tor-Platz“
1923 Wettbewerb Albsiedlung 1924 Gutachten Ettlinger-Tor-Platz Bebauung 1928 Wettbewerb „Bebauung Bahnhofstraße“ 1928 Wettbewerb „Siedlungsprojekt Dammer- stock“ 1930 Wettbewerb „Bebauung Gottesauer Exerzierplatz“ 1936 „Daxlanden-Süd: Preisausschreiben zur Erlangung eines Aufteilungsplanes und von Entwürfen für Einfamilien-, Zweifamilien-, Ein-und Zweifamilien= Doppelhäuser, sowie Einfamilienreihen- häuser“
Stadtplanungsamt Karlsruhe Konkurrierende Entwurfsverfahren 1947 - 2010 Durchführung der Verfahren durch das Stadtplanungsamt (z. T. in Zusammenarbeit mit anderen städtischen Ämtern):
1947 Ideenwettbewerb Kaiserstraße 1953 Wettbewerb Mühlburger Feld 1956 Städtebaulicher Ideen- und Bauwettbe- werb Waldstadt 1970 Internationaler städtebaulicher Ideenwettbewerb Karlsruhe (Altstadt)
1971 Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Albgrün“ 1973 Städtebauliches Gutachten „Umgestal- tung Marktplatz-Kaiserstraße-Hauptpost 1974 Planungsgutachten „Nordoststadt“ 1981 Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Bindingareal“ 1982 Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Dragonerkaserne“ 1984 Wettbewerb „Straßenbahnbrücke Oberreut“ 1984 Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Schloss Gottesaue“ 1985 Wettbewerb „Grünzug Hildapromenade“ 1986 Ideenwettbewerb „Entwicklungsbereich Hauptbahnhof“ 1986 Wettbewerb „Fußgängerbrücke Veilchenstraße“ 1986 Bahnsteigüberdachung Albtalbahnhof 1987 Ideen- und Realisierungswettbe- werb „Außenanlagen Karlsburg“ 1988 Wettbewerb „ZKM am Hauptbahnhof-Süd“
1988 Ideen-u. Realisierungswettbewerb „Außenanlagen Karlsburg“ 1989 Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Technologiepark Vogelsand“
1990 Mehrfachbeauftragung Planungsgutachten „Ökologisches Bauen Geroldsäcker 1991 Mehrfachbeauftragung Kaiserstraße 1991 Mehrfachbeauftragung Neugestaltung Grünzug Südstadt 1991 Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Karlsruhe Südost-Gottesaue (Bundesgartenschau 2001) 1996 Mehrfachbeauftragung Amerikanersied- lung/Nordstadt 1996 Wettbewerb „Via Triumphalis“
1997 Wettbewerb „Alter Flugplatz“ 1998 Wettbewerb „Stephan-/Europaplatz“ 1998 Wettbewerb „Kostengünstige Reihen- häuser“ 1998 Wettbewerb „Empfangsgebäude Hauptbahnhof Süd“ 2000 Mehrfachbeauftragung „Fahrradstation am Hauptbahnhof„ 2000 Mehrfachbeauftragung „Fußgängerbrücke Rodbergweg“ 2002 Wettbewerb „Abgang zum Landgraben“ für junge Architekten 2002 Planungswerkstatt „Lohfeldsiedlung“ 2002 Planungswerkstatt „City 2015 - Visionen zur Karlsruher Innenstadt“ 2002 Mehrfachbeauftragung „Wasserwerkbrücke“ 2002 Planungswerkstatt „Konversion Neureut“ 2004 Wettbewerb „Konversion Knielingen“ 2004 Mehrfachbeauftragung „KombiLösung – Haltestellengestaltung“ 2005 Mehrfachbeauftragung „Eisenbahnüber- führung Schwarzwaldstraße“ 2005 Mehrfachbeauftragung „Zentrum Grünwinkel“ 2005 Wettbewerb „Lärmschutzanlagen am Bulacher Kreuz“ 2005 Mehrfachbeauftragung „Unterführung Kriegstraße/Hirschstraße“ 2006 Mehrfachbeauftragung „Geh- und Rad- wegbrücke über B 36“ 2006 Planungswerkstatt „Schlachthof/Viehhof“ 2007 Mehrfachbeauftragung „Neuordnung Walther-Rathenau-Platz“ 2007 Zweiphasiger Wettbewerb „Zoologischer Stadtgarten“ 2008 Ideen- und Realisierungswettbewerb „Bahnhofplatz Karlsruhe“ 2009 Planungswerkstatt „Mehrgene- rationen-Wohnen am Albgrün 2010 Planungswettbewerb „Kaiserstraße und Karl-Friedrich-Straße“
Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Übersicht
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53Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
2008 Mehrfachbeauftragung Festplatz Daxlanden 2008 Mehrfachbeauftragung Areal Eislaufhalle Neureut 2008 Mehrfachbeauftragung „Kirchfeld-Nord Cluster 2“ 2008 Mehrfachbeauftragung „Kirchfeld-Nord Cluster 8“ 2009 Mehrfachbeauftragung „Kirchfeld-Nord Cluster 4+5“ 2009 Mehrfachbeauftragung „Wasserwerk Kastenwörth“ 2009 Mehrfachbeauftragung „Hochhaus Carl- Metz-Straße“ 2009 Gutachterverfahren EnBW - Standorter- weiterung Karlsruhe 2010 Mehrfachbeauftragung „Konversion Knie- lingen Baufelder D2/E3/E4 2010 Mehrfachbeauftragung „Karlsruhe Südost Baufeld 15 + 19“ 2010 Zweiphasiger Wettbewerb „Neubau Hauptfeuerwache und Leitstelle“ 2010 Mehrfachbeauftragung „Sonnenstraße 7-9“
2011 Mehrfachbeauftragung „Karlsruhe Südost, Baufeld 24“ 2011 Mehrfachbeauftragung „Neues Wohnen in Rintheim“
Vom Stadtplanungsamt Karlsruhe initiierte bzw. begleitete Verfahren 1980 - 2011
1980 Katholisches Gemeindezentrum St. Judas Thaddäus Neureut 1983 Wettbewerb „Friedhof Nordwest“ 1984 Ideen- und Realisierungswettbewerb „Quartier Weiherhof“ 1986 Wettbewerb „Bundesanstalt für Ernährung“ 1986 Neubau Volksbank Durlach 1987 Katholisches Gemeindezentrum Christ-König Rüppurr 1987 Wettbewerb „Feuerwehrgerätehaus Hagsfeld“ 1988 Seewiesenäcker Rüppurr 1988 L’Oréal Kronenplatz
1988 Altenhilfezentrum/Studentisches Wohnen Waldstadt-Feldlage 1989 Lärmschutz A5 Karlsruhe/Ettlingen 1989 Wettbewerb „Zentralinstitut für Bild- gebende Diagnostik (ZIBID)“ 1990 Realisierungswettbewerb Neubau Arbeitsamt 1990 Realisierungswettbewerb Innovations- zentrum Karlsruhe IZKA 1991 Wettbewerb „Gewerbeschule Durlach“ 1992 Wettbewerb „Verwaltungsgebäude auf dem ehemaligen Opelgelände“ 1993 Ideen- und Realisierungswettbewerb „Bundesgartenschau 2001“ 1993 Mehrfachbeauftragung „Röserhaus am Mendelssohnplatz“ 1994 Stadtteilfriedhof Oberreut 1994 Mehrfachbeauftragung „Grünzug ZKM“ 1995 Wettbewerb „Wohnungsbau auf dem ehemaligen Opelgelände“ 1995 Wettbewerb Neubau der IHK, Erbprinzenstraße“ 1998 Wettbewerb „Kongresshotel am Festplatz“ 1998 Wettbewerb „Kostengünstige Reihen- häuser Friedrich-Blos-Straße“
1999 Wettbewerb „Stadtteilfriedhof Grünwinkel, Daxlanden“ 2000 Realisierungswettbewerb „Neue Messe“
2000 Mehrfachbeauftragung „Haltestellen Nordstadtbahn“ 2000 Mehrfachbeauftragung „Handels- und Dienstleistungszentrum am Ettlinger Tor“ 2000 Mehrfachbeauftragung „Altenbetreutes Wohnen an der Rüppurrer Straße“ 2000 Realisierungswettbewerb „Wohnungsbau ‚Im Blumenwinkel‘, Durlach“ 2000 Mehrfachbeauftragung Festplatz 2001 Realisierungswettbewerb „Neues Frei- zeitbad Karlsruhe“ 2002 Realisierungswettbewerb „Erweiterung Bundesverfassungsgericht“ 2002 Planungswerkstatt „Lohfeldsiedlung“ 2004 Realisierungswettbewerb „Schlossplatz 21“ 2004 Mehrfachbeauftragung „Gemeindezen- trum Laurentius Gemeinde Hagsfeld“ 2004 Mehrfachbeauftragung KombiLösung U-Strab-Haltestellen 2005 Mehrfachbeauftragung „Seniorenzen- trum Wettersbach“ 2006 Mehrfachbeauftragung „Projekt HTP“ Ecke Kapellen-/Kriegsstraße 2007 Mehrfachbeauftragung „Kaiserkarree“, Volksbankgebäude Marktplatz 2007 Mehrfachbeauftragung „Baden Carré“ Opel-Gelände 2007 Mehrfachbeauftragung Gestaltung RHDKW Block 8 2007 Mehrfachbeauftragung VBK Albtalbahnhof 2008 Realisierungswettbewerb Infopavillon Kombilösung am Ettlinger Tor 2008 Mehrfachbeauftragung „Bebauung Herrenalber Straße, Gartenstadt“
2008 Mehrfachbeauftragung „Theodor-Rehbock-Straße“ 2008 Mehrfachbeauftragung Campus Studen- tenwohnen Degenfeld-/Gottesauer Straße
Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Übersicht
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54 Stadtbauforum im Ständehaus · 75 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
Stadtplanung Karlsruhe 2011 ff Stadt neu sehen: räumlich, klimatisch, energetisch, multimodal.
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Ausblick Die Themenvielfalt und die Leitthemen innerhalb der Disziplin Stadtplanung wandeln sich im Laufe der Jahrzehnte. So bestimmen Klimaanpassung, kreative Ökonomie, heterogene Wohnformen, Multimodalität im Mobilitätsverhalten und die öffentlichen Räume die Aktivitäten der kommen- den Jahre.
Leitlinien für den planerischen Alltag sind: · Nachverdichten - aber wie · Umnutzen - aber intelligent · Sich bewegen - aber multimodal öffentliche Räume gestalten - für wen?
Gute Information und Einbindung der Betroffe- nen bestimmen Stadtplanung als Prozess.
1976 Lutz Wolf (*1943 +1997) Radierung/Nachdruck 1992 Bildmotiv der Urkunde zur „Weinbrennerplakette“
Quellen: Stadtplanungsamt „Stadtplanung in Karlsruhe“ Radierung, Nachdruck für Stadt Karlsruhe, Stadtplanungsamt
GEWERBEGEBIET GOTTESAUER FELD
BEBAUUNGSPLAN ALTER FLUGPLATZ OST
STADTERNEUERUNG RINTHEIM
ENTWICKLUNG INNERE STADT Soziale Stadt Innenenstadt-West Sanierung City-West Fächergrundriss Transformation Bürobauten Gestaltung Kaiserstraße und Karl-Friedrich-Straße Bebauungsplan Kaiserstraße Gestaltungssatzung
ENTWICKLUNGS- BAND VIA TRIUMPHALIS Marktplatz Karl-Friedrich-Straße Ettlinger Tor / Kriegsstraße Erweiterung Staatstheater Festplatz Bahnhofplatz Hauptbahnhof-Süd
ENTWICKLUNGSBAND DURLACHER ALLEE Durlacher Tor Platz Schlachthof Messplatz DB-Fläche Untermühl Stadteinfahrt Ost
‘SOZIALE STADT‘ MÜHLBURG
BEBAUUNGSPLÄNE HANGGEBIET
INTEGRIERTES WOHNEN KÖNIGSBERGER STRASSE 37
BEBAUUNGSPLAN SÄUTERICH
BEBAUUNGSPLAN ZENTRUM FÜR INTEGRIERTES
WOHNEN
NEUORDNUNG STUTTGARTER STR.
Städtebauliche Konzepte, Pläne und Projekte 2011 ff
RÄUMLICHES LEITBILD
UMSETZUNG LICHTPLAN
FAHRRADSTADT KARLSRUHE
RAHMENPLAN KLIMAANPASSUNG
VERKEHRSENTWICKLUNGSPLAN, MULTIMODALES KARLSRUHE
FORTSCHREIBUNG FLÄCHENNUTZUNGSPLAN, NACHBARSCHAFTSVERBAND KARLSRUHE
5575 Jahre Stadtplanungsamt, 2011
· 1936 – 2011
Ausstellung im ‚Architekturschaufenster‘ 11. – 26. Januar 2012 Mo – Do, 9 – 12 Uhr, 14 - 16 Uhr, Fr 9 – 12 Uhr 16., 17. und 19. Januar ist die Ausstellung wegen einer Seminarveranstaltung nicht öffentlich zugänglich www.architekturschaufenster.de
Vorträge im ‚Architekturschaufenster‘: 10. Januar 2012 · 19 Uhr, »Stadtplanung im 20. Jahrhundert« Carl Peter Pfl ästerer und Karlsruhes Stadtmitte. Isabelle Dupont MA
12. Januar 2012 · 19 Uhr, »Zwei Wirklichkeiten. Zwischen strategischen Planungen und Kirchturmdenken« Aus dem Alltag Städtebau und Stadtplanung. Prof. Markus Neppl, astoc architects and planners, Köln
26. Januar 2012, 19 Uhr, »Stadtplanung und Politik« Alltägliches und Besonderes aus der kommunalen Werkstatt Stadtplanungsamt. Dr.-Ing. Harald Ringler, Stadtplanungsamt Karlsruhe
https://www.karlsruhe.de/b3/bauen/publikationen/75_jahre_stpla/HF_sections/content/ZZl89j0mQVFkoJ/ZZl89jyZXMfUTt/75jahre_Stpla%20Teil1.pdf
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Das P rogra
mm.
2014
15. bis 30. März 2014
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Impressum
Gesamtkoordination: Stadt Karlsruhe, Kulturamt - Kulturbüro
Projektplanung: Christoph Rapp
Mitarbeit: Aliz Müller, Denise Heinrich, Frieda Olfert , Jasmin Schönherr
Öffentlichkeitsarbeit/ Internet: Ariadne MedienAgentur www.ariadne-medienagentur.de
Gestaltung, Layout, Gesamtproduktion: Ariadne MedienAgentur
Presse: Ariadne MedienAgentur Petra Stutz
Bildrechte Wir weisen daraufhin, dass während der Veranstaltungen in den Karlsruher Wochen gegen Ras- sismus Bild-/Ton- und Filmaufnahmen gemacht und in den Medien veröffentlich werden können.
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzu- ordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtenden Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zur verwehren oder von dieser auszuschließen.
www.wochen-gegen-rassismus-karlsruhe.de
Karlsruher Wochen gegen Rassismus
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Grußwort des Oberbürgermeisters der Stadt Karlsruhe Dr. Frank Mentrup
Grußwort Oberbürgermeister Dr. Frank Men- trup für das Programmheft für die zweiten Karlsruher Wochen gegen Rassismus vom 15. bis 30. März 2014
Karlsruhe ist seit seiner Gründung 1715 eine ständig wachsende Stadt - dies ist den vielen Menschen zu verdanken, die aus der näheren und weiteren Umgebung oder auch aus dem Ausland hierher gezogen sind und immer noch ziehen. So ist es nicht verwunderlich, dass heute die Mehrheit der Einwohnerinnen und Einwoh- ner Karlsruhes nicht in Karlsruhe geboren sind und etwa jeder Vierte einen Migrationshinter- grund hat. Bereits in seiner frühen Geschichte war Karlsruhe Heimstatt für Menschen unter- schiedlicher nationaler, ethnischer, kultureller, religiöser und sozialer Zugehörigkeiten und gewährte ihnen - im jeweiligen zeitgeschicht- lichen Maßstab gesehen - vergleichsweise li- berale Rechte und Freiheiten. Gerade auch im Kontext dieser Traditionen und ihrer völligen Verkehrung in der Zeit der nationalsozialis- tischen Willkürherrschaft ist es der Stadt heute ein wichtiges Anliegen, allen Menschen in Karls- ruhe ein Leben in Würde, Sicherheit und Ge- rechtigkeit zu ermöglichen. Und hier schließe ich diejenigen ein, die sich - wie die Flüchtlinge in der LEA und ihren Außenstellen - nur auf Zeit in Karlsruhe aufhalten.
Karlsruhe als Residenz des Rechts und Stadt der Grund- und Menschenrechte setzt sich mit großer Überzeugung gegen Rassismus, Diskri- minierung und Fremdenfeindlichkeit ein. Wir stehen hier in einer besonderen Verantwortung, der Stadt und Zivilgesellschaft aber gerne und mit Überzeugung gerecht werden. Dies wurde besonders sichtbar, als sich die Stadtgemein- schaft am 25. Mai 2013 unter dem Motto
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„Karlsruhe zeigt Flagge“ geschlossen gegen menschenfeindliches Gedankengut einsetzte. Doch das Ereignis macht auch sichtbar, dass es leider noch immer in Deutschland und auch hier in unserer Stadt demokratiefeindliche und ras- sistische Kräfte gibt, denen es entgegenzutre- ten gilt. Nicht immer zeigt sich rassistisches und fremdenfeindliches Gedankengut jedoch so offensichtlich wie bei dem Aufmarsch im Mai.
Seit 2007 ist Karlsruhe aktives Mitglied der europäischen Städtekoalition gegen Rassismus. Der dort entwickelte 10-Punkte-Aktionsplan bietet auf kommunaler Ebene eine Handlungs- anleitung zur Bekämpfung von Diskriminierung an. Als Mitglied der Städte-Koalition ist die Fä- cherstadt eingebettet in eine weltweite Familie von Städten, die sich gemeinsam für einen wir- kungsvollen Kampf gegen Rassismus, Diskrimi- nierung und Fremdenfeindlichkeit einsetzt. Teil dieser Arbeit ist die Ausrichtung von Internatio- nalen Wochen gegen Rassismus.
Nachdem Karlsruhe sich 2013 zum ersten Mal mit erfreulich großem Erfolg und einem bunten Veranstaltungsreigen an den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ beteiligt hat, finden nun vom 15. bis 30. März 2014 die zweiten Karlsruher Wochen gegen Rassismus statt.
Die Wochen gegen Rassismus setzen sich in Vorträgen und Diskussionen mit rechtsextre- men Denkweisen und Handlungen sowie All- tagsrassismus auseinander und haben zum Ziel, Ressentiments, Vorurteile und Stereotype zu hinterfragen. Den Teilnehmenden wird die Möglichkeit geboten werden, eigenes Denken und Handeln zu reflektieren. Betroffenen von Rassismus soll ein zwangloses, offenes Forum geboten werden, um ihre Erfahrungen und An-
liegen zu thematisieren und einer breiten Öf- fentlichkeit bekannt zu machen. Lokale Akteure der Anti-Rassismusarbeit stellen ihre Arbeit vor und zeigen interessierten Bürgerinnen und Bür- gern Möglichkeiten des Engagements auf. Im Kabarett und Theater, in Filmen und Konzerten wird Rassismus auf nachdenkliche, kritische und auch humoristische Weise behandelt und aufgearbeitet. Die Fülle an unterschiedlichen Veranstaltungsformen bietet Menschen un- terschiedlichen Alters eine bunte Auswahl an interessanten Aktivitäten. Außerdem werden Zeiträume und Orte des Miteinanders und Ken- nenlernens angeboten.
Ich bedanke mich herzlich bei allen Beteiligten für ihr großes Engagement und wünsche den zweiten Karlsruher Wochen gegen Rassismus einen regen Zuspruch und nachhaltige Wir- kungen.
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13. März DONNERSTAG >> Vortrag von Eren Güvercin: „Rassis- mus ist kein typisch deutsches Problem“ Zeit: 18.30 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Eintritt frei
14. März FREITAG >> Ausstellungsführung: „Verführbarkeit zur Gewalt“ Zeit: 16 Uhr - 17 Uhr Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südwest- stadt Eintritt und Führung frei
15. März SAMSTAG >> „Das reizvolle Fremde in der Kunst“ - Führung durch die Kunsthalle Zeit: 15 Uhr Ort: Hauptgebäude der Kunsthalle, Hans-Thoma-Straße 2-6, KA-Innenstadt Eintritt: 8 €, ermäßigt 6 €, zzgl. Füh- rungsgebühr 2 € pro Person
>> Das Projekt Tasse Tee: „Antiziganis- mus als Fluchtgrund“ Zeit: 15.30 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt, Dachgeschoss Eintritt frei
>> Ausstellungsführung: „global aCtI- VISm“ und „Kata Legrady. Smart Pistols“ Zeit: 16.30 Uhr - 17.30 Uhr Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südwest- stadt Eintritt: Führung 2 € + Museumsein- tritt
>> Eröffnung der Wochen gegen Rassismus durch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, Grußwort v o n Britta Graupner, Projektreferentin der INTER- NATIONALEN WOCHEN GEGEN RASSISMUS beim „Interkulturellen Rat in Deutschland“ in Darmstadt und Eröff- nungsvortrag von Hadija Haruna, Journalistin und Vorstandsmitglied
der Initiative Schwarze Menschen in Deutsch- land e.V.: Zeit: 18 Uhr Ort: Rathaus, Marktplatz, KA-Innenstadt, Bürgersaal Eintritt frei
>> Filmvorführung: „Aus dem Leben eines Schrottsammlers“ Epizoda U Zivotu Ber- aca Zeljeza Zeit: 19 Uhr Ort: Studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassa- ge 6, KA-Innenstadt Eintritt: Eintritt: 6.- € / 4.50 € ermä- ßigt
16. März SONNTAG
>> Lesung: Izvan sistema / Außerhalb des Systems Zeit: 11 Uhr und 13 Uhr Ort: PREVIEW.SÜD Atelier | Galerie, Schützenstraße 37, KA-Südstadt Eintritt frei
>> Fußballturnier „Kicken gegen Rassis- mus“ Nähere Infos und Anmeldung bei Mecnun Ölmez (Mail: mecnun62@hotmail.de, Tel: 0157/71418061) Zeit: 11 Uhr Ort: Sporthalle 1, Unterfeldstraße 6, KA- Neureut Teilnahme frei
>> Ausstellungsführung: „global aCtI- VISm“ und „Kata Legrady. Smart Pistols“ Zeit: 11.30 Uhr - 12.30 Uhr Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südwest- stadt Eintritt: Führung 2 € + Museumsein- tritt
>> Einblicke: „Freundschaft statt Rassis- mus“ Zeit: 16.30 Uhr - 18 Uhr Ort: JuZe der Jugendkirche Karlsruhe, Hermann-Billing-Str. 11, KA-Südweststadt
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Eintritt frei
>> Vortrag und Yogastunde: „Erkenne: Der andere bist du!“ Zeit: 19 Uhr (Vortrag), 19.30 Uhr (Yo- ga-Stunde) Ort: Sangat – Raum für Yoga und Klang, Gartenstraße 72, KA-Südweststadt Eintritt frei
>> Begegnungsabend zu Fluchtursa- chen: „Warum wir hier sind“ Zeit: 19 Uhr Ort: Gemeinschaftsunterkunft Kutschen- weg, Verwaltungsgebäude, Kutschenweg 30, Rheinstetten- Forchheim (Silberstreifen) Eintritt frei
17. März MONTAG >> Muslimische Frauen laden Frauen zum Gespräch ein Zeit: 10 Uhr - 12 Uhr Ort: Stadtteilbüro Oststadt, Gottesauer- str. 3, KA-Oststadt Eintritt frei
>> Workshop: Diskriminierung im Night- life / reloaded Zeit: 15 Uhr - 17 Uhr Ort: Gasthaus Marktlücke, Marktplatz, KA-Innenstadt Eintritt frei
>> Lesung: „Die größte Sehenswürdig- keit die es gibt, ist die Welt - sieh sie dir an“ (Kurt Tucholsky) Zeit: 16.30 Uhr - 18 Uhr Ort: Café Palaver, Gewerbehof, Steinstraße 23, KA-Innenstadt Eintritt frei
>> Vortrag von Ellen Esen: „Mitläufe- rinnen und Macherinnen - Mädchen und Frauen in der extremen Rechten“ Zeit: 19 Uhr, Einlass ab 18.30 Uhr Ort: Museum für Literatur am Oberrhein, Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10, KA-Innen- stadt
Eintritt frei
>> Vortrag von Astrid Messerschmidt: „Der Wunsch unschuldig zu sein - Rassismus in der Demokratie“ Zeit: 20 Uhr Ort: Menschenrechtszentrum, Alter Schlachthof 59, KA-Oststadt Eintritt frei Anmeldungen erwünscht unter info@ freundeskreis-asyl.de
>> Theatrale Aktion im öffentlichen Raum Zeit: 20 Uhr Ort: Kronenplatz
>> Konzert Gregor McEwan Zeit: 20.30 Uhr Ort: Jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Kleiner Saal Eintritt: 11€ (VK), 12€ (AK)
18. März DIENSTAG >> Mobi: Spielerische Begegnungen Zeit: 14 Uhr - 17 Uhr Ort: NCO-Club, Delawarestraße 21, KA-Nordstadt Teilnahme kostenlos
>> Kindertheater: „Woanders ist es im- mer anders“ Zeit: 15 Uhr Ort: Tollhaus, Alter Schlachthof 35, KA-Oststadt Eintritt frei
>> Abendgespräch für Frauen: „Barm- herzigkeit“ im Christentum und im Islam. Um- gang mit Menschen in schwierigen Lebenssitu- ationen aus theologischer und praktischer Sicht. Zeit: 18 Uhr - 20 Uhr Ort: Herz-Jesu-Stift, Gellertstr. 41, KA-Mühlburg Eintritt frei
>> Vortrag von Kurt Möller: „Das Ländle – die ’Insel der Seligen’? Rechtsextremismus in
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Baden- Württemberg. Erscheinungsweisen, Ursachen und Gegenstrategien“ Zeit: 19.30 Uhr Ort: Jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Großer Saal Eintritt frei
>> Konzert: New Model Army – „ Bet- ween Dog and Wolf”-Tour 2014 Zeit: 20 Uhr Ort: Substage, Alter Schlachthof 19, KA-Oststadt Eintritt: 28,60 € (VK), 32 € (AK)
>> Filmvorführung: „Aus dem Leben eines Schrottsammlers“ Zeit: 21.15 Uhr Ort: Studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassa- ge 6, KA-Innenstadt Eintritt: Eintritt: 6.- € / 4.50 € ermä- ßigt
19. März MITTWOCH >> MOBI: Spielerische Begegnungen Zeit: 14 Uhr - 17 Uhr Ort: NCO-Club, Delawarestraße 21, KA-Nordstadt
>> Training: „Bewusst Weiß sein“ Zeit: 9 - 16.30 Uhr (Mittwoch) 9 - 15.30 Uhr (Donnerstag)Teilneh- merzahl: min. 10, max. 18 Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Kosten: 60,- € / ermäßigt 40,- € Anmeldung bei: Stoffwechsel e.V.
>> Vorleserunde für Kinder: „Das kleine Krokodil und die große Liebe“ nach einem Kin- derbuch von Daniela Kulot Zeit: 15 Uhr Ort: Stadtteilbibliothek Neureut, Badner- landhalle, Rubensstraße 21, KA-Neureut Eintritt frei
>> Vortrag von Stefan Luft mit anschlie- ßender Diskussion: „Herausforderungen euro- päischer Grenzpolitik“ Zeit: 19.30 Uhr
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Eintritt frei
>> Theater: „Benefiz - Jeder rettet einen Afrikaner“ Zeit: 20 Uhr Ort: Badisches Staatstheater, Baumeister- straße 11, KA-Südstadt, Studio Eintritt: 13 € / erm. 7 €
>> Senay Duzcu: „Ich bleib dann mal hier!“ - Ethno Stand-Up Comedy ohne Kopftuch auf der Bühne Zeit: 20.30 Uhr Ort: Jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Großer Saal Eintritt: 16,50 € (VK), 18 € (AK)
>> Vortrag: Psychologische Aspekte von Vorurteilen aus transkultureller Sicht Zeit: 19.30 Uhr Ort: Bahai-Zentrum, Amalienstraße 30, KA-Innenstadt Eintritt frei
20. März DONNERSTAG >> MOBI: Spielerische Begegnungen Zeit: 13 Uhr - 16 Uhr Ort: vor dem Kinder- und Jugendtreff Mühlburg, Fliederplatz 1, KA-Mühlburg
>> Vorleserunde für Kinder: „Irgend- wie Anders“ nach dem Bilderbuch von Kathryn Cave Film- und Vortragsabend: „Joséphine Baker. Schwarze Diva in einer weißen Welt.“ Zeit: 19 Uhr Ort: studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassa- ge 6, KA-Innenstadt Eintritt: 6 € 4,50 / € ermäßigt (für Mitglieder der Kinemathek:)
>> Film „Kriegerin“ Zeit: 19.30 Uhr Ort: Landesmedienzentrum, Moltkestraße 64, KA-Weststadt Eintritt frei
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>> Vortrag von Christoph Ruf: „Grup- penbezogene Menschenfeindlichkeit im Fuß- ball“ Zeit: 19.30 Uhr Ort: Kinder- und Jugendtreff Südstadt, Augartenstraße 21, KA-Südstadt Eintritt frei
>> Ökumenisches Nachtgebet gegen Rassismus: „Aufstand im Paradies - Südafrikas Farmarbeiter kämpfen für ein besseres Leben.“ Zeit: 19.30 Uhr Ort: Stadtkirche, Marktplatz, KA-Innen- stadt Eintritt frei - um eine Spende zur Un- terstützung der Gastmusiker wird gebeten.
21. März FREITAG >> Performance zum Themenkomplex Identität anlässlich der Zweiten Karlsruher Wo- chen gegen Rassismus Zeit: 12 Uhr - 12.21 Uhr Ort: Platz der Grundrechte, Karl-Fried- rich-Straße, zwischen Zirkel und Schlossplatz, KA-Innenstadt Eintritt frei
>> Freitagsgebet am KIT Zeit: 13.15 Uhr Ort: AKK-Stadion, Gebäude 30.81, Paul- ckeplatz 1, KA-Innenstadt Eintritt frei
>> MOBI: Spielerische Begegnungen Zeit: 13 Uhr - 16 Uhr Ort: vor dem Kinder- und Jugendtreff Mühlburg, Fliederplatz 1, KA-Mühlburg
>> Ausstellungsführung: „global aCtI- VISm“ Zeit: 16 Uhr - 17 Uhr Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südwest- stadt Eintritt frei, Führung 2 €
>> Trommeln und Kochen mit AJUMI Zeit: 17 Uhr
Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Anmeldung beim ibz unter Tel. 0721/89333710 oder info@ibz-karlsruhe.de
>> Filmvorführung: „My Dog Killer“ Zeit: 19 Uhr Ort: studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassa- ge 6, KA-Innenstadt Eintritt: 6.- € / 4.50 € ermäßigt
>> Demokratieförderung und Bekämp- fung von gruppenbezogener Menschenfeind- lichkeit an Schulen: Das Netzwerk für Demokratie und Courage Baden-Württemberg (NDC) stellt seine Arbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus vor Zeit: 19 Uhr Ort: DGB-Haus, Ettlinger Straße 3a, KA-Südstadt, Großer Saal Eintritt frei
>> Vortrag von Tarek Badawia: „Vor- urteile und gruppenbezogene Menschenfeind- lichkeit bei deutschen Jugendlichen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ Zeit: 20 Uhr Ort: Deutschsprachiger Muslimkreis Karls- ruhe e.V., Rintheimer Straße 15, KA-Oststadt Eintritt frei
>> Lesung und Musik: „Tedd a kezed - Leg deine Hand - und suche nach dem Wun- der“ Zeit: 20 Uhr - 21.30 Uhr Ort: PREVIEW.SÜD Atelier | Galerie, Schützenstraße 37, KA-Südstadt Eintritt frei
>> Theater: „Hans & Hasan” Zeit: 20.30 Uhr Ort: Sandkorn-Theater, Kaiserallee 11, KA-Weststadt Eintritt: Theatereintritt
22. März SAMSTAG >> Streetdance-Wettbewerb The Show Zeit: 15 Uhr, Einlass ab 14 Uhr Ort: Jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt
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Eintritt: 2 €
>> Das Projekt Tasse Tee: „Antiziganis- mus als Fluchtgrund“ Zeit: 15.30 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt, Großer Saal
>> „Schwarz schmeckt! Tunesischer Kaf- fee, spanisches Dinner“ Zeit: 19 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Eintritt frei
>> Filmvorführung: „My Dog Killer“ Zeit: 19 Uhr Ort: studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassa- ge 6, KA-Innenstadt Eintritt: 6.- € / 4.50 € ermäßigt (für Mitglieder der Kinemathek Karlsruhe)
>> Vortrag: Stefan Schmidt Zeit: 20 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Eintritt frei
>> Festival gegen Rassismus mit den Rockbands BENDER, MESS UP YOUR DNA, EXI- LITY, URRUTIA und KEITH HAWKINS Zeit: 19.30 Uhr, Einlass ab 19 Uhr Ort: Substage, Alter Schlachthof 19, KA-Oststadt Eintritt: 5 € (AK)
>> Konzert: Bergitta Victor Zeit: 20 Uhr Ort: Kulturzentrum Tempel e.V., Hardt- straße 37a, KA-Mühlburg, Scenario Halle Eintritt: 14 € (AK)_
23. März SONNTAG >> Gottesdienst: „Jeder ist Ausländer - fast überall“ Zeit: 10 Uhr Ort: Evangelische Stadtkirche Durlach, Am Zwinger 5, KA-Durlach
>> Lesung: „Die größte Sehenswürdig-
keit die es gibt, ist die Welt - sieh sie dir an“ (Kurt Tucholsky) Zeit: 11 Uhr Ort: Kaffeehaus Schmidt, Kaiserallee 69, KA-Weststadt Teilnahme kostenlos
>> Interkulturelles Festival „Die Welt blüht“ Zeit: 11 Uhr - 16.30 Uhr Ort: Studentenhaus, Adenauerring 7, KA-Innenstadt Eintritt frei
>> Infoveranstaltung mit Yücel Özdemir zum NSU-Prozess Zeit: 15 Uhr Ort: Menschenrechtszentrum, Alter Schlachthof 59, KA-Oststadt Eintritt frei
>> Streetdance-Wettbewerb: The Show
>> Christlich-Islamisches Friedensgebet Zeit: 17.30 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt, Großer Saal Teilnahme kostenlos
>> Vortrag von Lamya Kaddor: „So fremd und doch so nah. Juden und Muslime in Deutschland“ Zeit: 19 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Eintritt frei
>> „Hoffnung teilen“ – Ökumenischer Gottesdienst in der ZKM-Ausstellung „global aCtIVISm“ Zeit: 18.30 Uhr Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südwest- stadt Eintritt frei
24. März MONTAG >> Kalligraphie-Workshop: Frauen fertigen Plakate gegen Rassismus in verschie- denen Sprachen an.
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Zeit: 10 Uhr - 12 Uhr Ort: Stadtteilbüro Oststadt, Gottesauer- straße 3, KA-Oststadt Eintritt: frei (evtl. Materialkosten)
>> AMARO KHER- Schüler_innen und andere junge Menschen leben NACHHALTIGE SOLIDARITÄT Zeit: 19.30 Uhr Ort: Freie Waldorfschule, Neisser Straße 2, KA-Waldstadt Eintritt frei - Um Spenden für das Projekt wird gebeten
>> Workshop: Schau Hin in Karlsruhe - Alltagsrassismus und Diskriminierung und wie man sich dagegen wehren kann. Zeit: 19 Uhr Ort: Badisches Staatstheater, Baumeister- straße 11, KA-Südstadt, Foyer Eintritt frei
25. März DIENSTAG >> MOBI: Spielerische Begegnungen Zeit: 13 Uhr - 16 Uhr Ort: vor dem Kinder- und Jugendtreff Lohn-Lissen auf der Drachenwiese, Ellmendin- ger Straße 1, KA-Durlach-Aue
>> Vortrag mit Diskussion von Klaus Fa- rin: „Über die Jugend und ande Krankheiten“ Zeit: 19.30 Uhr, Einlass ab 18:30 Uhr Ort: Jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Jubez-Café Eintritt: 5 € (VK), 7 € (AK)
>> Filmvorführung: „Ertrunken vor mei- nen Augen“ Zeit: 19 Uhr Ort: Hochschule für Gestaltung, Lorenz- straße 15, KA-Südweststadt Eintritt frei
>> Podiumsgespräch: „Schlüsselfrage! - Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt“ Zeit: 19.30 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Eintritt frei
>> Lesung Theodor Michael: „Deutsch sein und schwarz dazu“ - Erinnerungen eines Afro-Deutschen Zeit: 19.30 Uhr Ort: Stadtbibliothek, Ständehausstraße 2, KA-Innenstadt, Lese-Café
>> Filmvorführung: „My Dog Killer“ Zeit: 21.15 Uhr Ort: studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassa- ge 6, KA-Innenstadt Eintritt: 6.- € / 4.50 € ermäßigt
26. März MITTWOCH >> Theater: „Roma Romeo und Sinti Carmen“ Zeit: 11 Uhr Ort: Insel, Karlstraße 49, KA-Südwest- stadt Eintritt: 12 €, erm. 7 €, 6 € für Schu- len
>> MOBI: Spielerische Begegnungen Zeit: 13 Uhr - 16 Uhr Ort: vor dem Kinder- und Ju- gendtreff Lohn-Lissen auf der Drachenwiese, Ellmendinger Straße 1, KA- Durlach-Aue
>> Führung durch die Ausstellung: „Seid wachsam, dass über Deutschland nie wieder die Nacht hereinbricht. Gewerkschafter in Kon- zentrationslagern 1933 – 1945“ Zeit: 18 Uhr Ort: Erinnerungsstätte Ständehaus, Neues Ständehaus, Ständehausstraße 2, KA-Innen- stadt Eintritt frei
>> Multimediavortrag und Benefizkon- zert für Amaro Kher: „Ein Haus fürs Leben der Roma“ Zeit: 19 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Eintritt frei - Um Spenden für das Projekt wird gebeten
>> Filmvorführung: „Erntehelfer“
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Zeit: 19 Uhr Ort: Studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassa- ge 6, KA-Innenstadt Eintritt: 6 € / 4.50 € ermäßigt
>> Vortrag von Mohammad Luqman: „Der Schrecken des Abendlandes - der Islam in Europa“ Zeit: 19 Uhr Ort: Friedensheim des Ba- dischen Landesvereins für Innere Mission, Redtenbacherstraße 10-14, KA- S ü d - weststadt Eintritt frei
>> Theatrale Aktion im öffentlichen Raum Zeit: 19 Uhr Kronenplatz
>> Vortrag mit Diskussion: „Glatze, Springerstiefel, Bomberjacke? Rechtsextremis- mus erkennen und richtig handeln“ Zeit: 19 Uhr - 21 Uhr Ort: Jugend- und Gemein- schaftszentrum „Weiße Rose“, Otto-Wels-Stra- ße 31, KA-Oberreut Eintritt frei
>> Lesung: „Die biologische Lösung - oder die deutsche Justiz und das Massaker von St. Anna“ Zeit: 19.30 Uhr Ort: Jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Jubez-Café Eintritt frei
>> Vortrag von Gen Kelsang Gogden: „Gibt es einen Unterschied zwischen Dir und mir?“ Zeit: 19.30 Uhr - 21 Uhr Ort: Menlha-Zentrum für Buddhismus, Gartenstraße 1, KA-Südweststadt Eintritt frei
27. März DONNERSTAG >> Vortrag mit Diskussion: „Glatze, Springerstiefel, Bomberjacke? Rechtsextremis-
mus erkennen und richtig handeln“ Zeit: 18 Uhr - 20 Uhr Ort: Wer ne r- von -S i emen s - S c h u l e, Kurt-Schumacher-Straße 1, KA-Nordweststadt, Aula Eintritt frei
>> Lesung: „Ich will’s ja selbst gern ver- gessen!“ Zeit: 18 Uhr Ort: Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10, KA-Innenstadt Eintritt frei
>> Vortrag: „Jüdische Zeitreise mit Dany Bober – Lied, Geschichte(n), Jüdischer Humor“ Zeit: 19.30 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Eintritt frei
>> Buchpremiere: Ibraimo Alberto und Daniel Oliver Bachmann präsentieren ihr Werk „Ich wollte leben wie die Götter. Was in Deutschland aus meinen afrikanischen Träumen wurde.“ Zeit: 20 Uhr Ort: Museum für Literatur am Oberrhein, Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10, KA-Innen- stadt Eintritt frei
>> Veranstaltung in der Tapasbar Pin- txos : „Pasion Gitana - Spanische Live Musik“ Zeit: 20.30 Uhr Ort: Restaurant Pintxos Tapas y Pasión, Waldstrasse 30, KA-Innenstadt Eintritt frei
28. März FREITAG >> Freitagsgebet am KIT Zeit: 13.15 Uhr Ort: AKK-Stadion, Gebäude 30.81, Paul- ckeplatz 1, KA-Innenstadt Eintritt frei
>> Ausstellungseröffnung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbre- chen“ mit einem Vortrag der Ausstellungs-
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macherin Birgit Mair Zeit: 17 Uhr Ort: DITIB Zentralmoschee Karlsruhe, Käppelestraße 3, KA-Oststadt Eintritt frei
>> Vortrag: „Zwischen Tschetschenien, Polen und Deutschland - Hintergründe zu den Schicksalen von Flüchtlingen“ Zeit: 20 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Eintritt frei
>> Theater: „Benefiz - Jeder rettet einen Afrikaner“ Zeit: 20 Uhr Ort: Badisches Staatstheater, Baumeister- straße 11, KA-Südstadt, Studio Eintritt: 13 € / erm. 7 €
>> „Dein Wort gegen Rassismus“ – die Lange LeseNacht im ZKM Zeit: 20 Uhr bis ca. 23.30 Uhr – mit Pause und After-Show-Party Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südwest- stadt, Medientheater Eintritt frei_
29. März SAMSTAG >> „Erinnerung aufpolieren!“ Aktive der Karlsruher Stolpersteine-Putzaktionen stellen ihre Initiative vor. Zeit: 14 Uhr Ort: Jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Jubez-Café
>> Das Projekt Tasse Tee: „Antiziganis- mus als Fluchtgrund“ Zeit: 15.30 Uhr Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt, Dachgeschoss Eintritt frei
>> Vortrag von Ahmad Mansour: „Musli- mischer Antisemitismus“ Zeit: 19 Uhr Ort: Badisches Landesmuseum, Schlossbe- zirk 10, KA-Innenstadt, Gartensaal
Eintritt frei
>> Filmvorführung: „Erntehelfer“ Zeit: 19 Uhr Ort: Studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassa- ge 6, KA-Innenstadt Eintritt: 6 € / 4.50 € ermäßigt
>> Theater-Uraufführung: „Rechtsmate- rial“. Ein NSU-Projekt von Jan-Christoph Go- ckel & Konstantin Küspert Zeit: 19.30 Uhr Ort: Badisches Staatstheater, Baumeister- straße 11, KA-Südstadt, Studio Eintritt: 13 €, erm. 7 €
>> „Lichterlauf gegen Rassismus und Diskriminierung“ Zeit: 20 Uhr Ort: Gemeinsames Ziel: Platz der Grundrechte, Karl-Friedrich-Straße zwi- schen Zirkel und Schlossplatz, KAInnenstadt Teilnahme kostenlos
>> Theater: „AMÜSÜMÜNT“ Zeit: 20.30 Uhr Ort: Sandkorn-Theater, Kaiserallee 11, KA-Weststadt, Studio Eintritt: Theaterpreise_
30. März SONNTAG >> Fest im Tollhaus: „Wir feiern die Viel- falt“ Zeit: 14 Uhr - 20 Uhr Ort: Kulturzentrum Tollhaus, Alter Schlachthof 35, KA-Oststadt Eintritt frei
>> „Willst du mit mir gehen?“ (Arbeitsti- tel) Zeit: Zeit: 14 Uhr - 16 Uhr (??) Ort: Kulturzentrum Tollhaus, Alter Schlachthof 35, KA-Oststadt Eintritt frei
>> Theater: „Am falschen Ort“ Zeit: 19 Uhr Ort: Badisches Staatstheater, Baumeister-
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Die Karlsruher Wochen gegen Rassismus werden von einer großen Zahl von Institutionen und Vereinen durch eigene und Kooperations- veranstaltungen getragen und unterstützt:
Ahmadiyya Muslim Jamaat (KdöR) AJUMI |Aufnahmegruppe für junge Migranten
(Heimstiftung) AK Migrationsbeirat Albschule Karlsruhe Amaro Kher - Förderverein für das Roma-Ge-
meinschaftshaus in Kriva Palanka e.V. Amnesty International, Bezirk Karlsruhe ANA & ANDA (Künstlerinnen) Armenisches Hilfswerk e. V. Attac Gruppe Karlsruhe Badisches Staatstheater Karlsruhe Bahai Gemeinde Karlsruhe Beratungsnetzwerk „kompetent vor Ort. für
Demokratie - gegen Rechtsextremismus“ Bündnis 90/ Die Grünen Rheinstetten Bürgerverein Nordweststadt Bürgerverein Oberreut Büro für Integration (Sozial- und Jugendbehör-
de der Stadt Karlsruhe) CIG | Christlich-Islamische Gesellschaft Karls-
ruhe e.V. Dachverband islamischer Vereine in Karlsruhe
und Umgebung e.V. DAV | Deutsch-Afrikanischer Verein e.V.
Karlsruhe DMK | Deutschsprachiger Muslimkreis Karls-
ruhe e.V. DITIB | Türkisch Islamische Gemeinde zu
Karlsruhe e.V. Isis Chi Gambatté (Künstlerin) Eine-Welt-Theater Europa-Union Deutschland, Kreisverband
Karlsruhe Stadt und Land e.V. Evangelische Stadtkirchen-Gemeinden Durlach Fachstelle gegen rechts im StJA e.V. Filmboard Karlsruhe e.V. Förderverein Fest der Völkerverständigung e.V.
FgF | Forum für gesellschaftlichen Frieden Karlsruhe
Freie Waldorfschule Karlsruhe Freunde für Fremde e. V. Freundeskreis Asyl e.V. Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V., Sekti-
on Nordbaden Gesellschaft für bedrohte Völker e.V., Regio-
nalgruppe Karlsruhe Gleichstellungsbeauftragte (Zentraler Juristi-
scher Dienst der Stadt Karlsruhe) Heike Pitschmann (Künstlerin) Initiative „Erinnerung aufpolieren - Stolper-
steine putzen“ Input Karlsruhe ISFBB | Institut für sozialwissenschaftliche For-
schung, Bildung und Beratung e.V. Nürnberg ibz | Internationales Begegnungszentrum
Karlsruhe e.V. Internationaler Bund / Jugendmigrationsdienst
e.V. Internationaler Jugend- und Kulturverein e.V.
| IJUKUV Irmela Mensah-Schramm (Menschenrechtsak-
tivistin) Islamische Internationale Frauengemeinschaft
e.V. | IIFG Johannes-Kepler-Privatschulen jubez (StJA e.V. Karlsruhe) Jüdische Kultusgemeinde Karlsruhe (KdöR) Jugendkirche Karlsruhe der Evangelisch-me-
thodistische Kirche Bezirk Karlsruhe KASA | Kirchliche Arbeitsstelle südliches Afri-
ka, Heidelberg Katholische Kirchengemeinde St. Stephan Kinemathek Karlsruhe e.V. Kulturverein Tempel e.V. Kulturzentrum Tollhaus Karlsruhe e.V. KunstUnternehmen GbR | Bernadette Hörder,
Ulrike Israel Lessing-Gymnasium Karlsruhe Libertäre Gruppe Karlsruhe Literarische Gesellschaft Karlsruhe e.V. LMZ | Landesmedienzentrum Baden-Württemberg
Die beteiligten Institutionen, Organisationen und Vereine
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Markgrafen-Gymnasium Karlsruhe Marktlücke Karlsruhe Menlha-Zentrum für Buddhismus e.V. MRZ | Menschenrechtszentrum Karlsruhe Migrationsbeirat der Stadt Karlsruhe MOBI | Mobile Spielaktion des StJA e.V. Musikmobil Soundtruck des StJA e.V. Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. Pintxos Tapas & Pasión PREVIEW.SÜD Atelier | Galerie PopNetz Karlsruhe Sangat – Raum für Yoga und Klang Schillerschule Karlsruhe Schwestern vom Göttlichen Erlöser Herz-Jesu
Stift Seniorenbüro/ Pflegestützpunkt mit Senioren-
fachberatung der Stadt Karlsruhe Stephanus- Buchhandlung Karlsruhe SJD | Sozialistische Jugend Deutschlands - Die
Falken Sophie-Scholl-Realschule Karlsruhe Spanischer Elternverein Karlsruhe e.V. StJA | Stadtjugendausschuss e.V. Stadtkirche Karlsruhe Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Stadtarchiv und Historische Museen (Kulturamt
der Stadt Karlsruhe) Stadtbibliothek (Kulturamt der Stadt Karlsru-
he) Stoffwechsel e.V. Substage e.V. Tunesischer Club Karthago e.V. Tiyatro Dialog e.V. Ver.di - Migrationsausschuss Karlsruhe Vishuddha Zentrum Karlsruhe VHS | Volkshochschule Karlsruhe e.V. Werkraum Karlsruhe e.V. Yelitza Laya ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnolo-
gie Karlsruhe
Die einzelnen Veranstaltungen führen die jeweiligen veranstaltenden Organisationen, Institutionen und Vereine in eigener Verant- wortung durch. Die Stadt Karlsruhe trägt keine Verantwortung für die nicht durch städtische Dienststellen getragenen Veranstaltungen und die dortigen Inhalte.
Die Koordination der Wochen gegen Rassismus erfolgt durch das Kulturbüro des Kulturamtes der Stadt Karlsruhe.
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Albschule Scheibenhardter Weg 23 76199 Karlsruhe (Weiherfeld-Dammerstock)
AKK Stadion, Gebäude 30.81 Paulckeplatz 1 76131 Karlsruhe (Innenstadt)
Badisches Staatstheater Baumeisterstr. 11 76137 Karlsruhe (Südstadt)
Badisches Landesmuseum Schloßbezirk 10 76131 Karlsruhe (Innenstadt)
Bahai-Zentrum Amalienstraße 30 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Bürgersaal Rathaus am Marktplatz Karl-Friedrich-Str. 10 76124 Karlsruhe (Innenstadt)
Café Palaver Steinstraße 23 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Deutscher Gewerkschaftsbund Ettlinger Str. 3 76137 Karlsruhe (Südstadt)
Deutschsprachiger Muslimkreis e.V. Rintheimer Straße 15 Karlsruhe (Oststadt)
DITIB Zentralmoschee Karlsruhe Käppelestraße 3 76131 Karlsruhe (Oststadt)
Eine-Welt-Theater Alter Schlachhof 23 f 76131 Karlsruhe (Oststadt)
Evangelische Stadtkirche Durlach Am Zwinger 5 76227 Karlsruhe (Durlach)
Freie Waldorfschule Neisser Straße 2 76139 Karlsruhe (Waldstadt)
Friedensheim des Badischen Landesvereins für Innere Mission Redtenbacherstraße 10-14 76133 Karlsruhe (Südweststadt)
Gasthaus Marktlücke Marktplatz 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Gemeinschaftsunterkunft Kutschenweg Verwaltungsgebäude Kutschenweg 30 76287 Rheinstetten-Forchheim (Silberstreifen)
Griesbach-Haus Sophienstraße 193 76185 Karlsruhe (Mühlburg)
Herz-Jesu-Stift Gellertstr. 41 76185 Karlsruhe (Mühlburg)
Hochschule für Gestaltung Lorenzstraße 15 76135 Karlsruhe (Südweststadt)
IBZ - Internationales Begegnungszentrum Karlsruhe e.V. Kaiserallee 12 d 76135 Karlsruhe (Weststadt)
Insel Karlstraße 49 76133 Karlsruhe (Südweststadt)
Die Veranstaltungsorte
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Internationaler Bund e.V. Werderstraße 57 76137 Karlsruhe (Südstadt)
Johannes-Kepler Privatschulen Daimlerstraße 7 - 11 76185 Karlsruhe
jubez Karlsruhe Kronenplatz 1 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Jugendbibliothek im Prinz-Max-Palais Karlstraße 10 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Jugend- und Gemeinschaftszentrum „Weiße Rose“ Otto-Wels-Straße 31 76189 Karlsruhe (Oberreut)
Jugendzentrum der Jugendkirche Karlsruhe Hermann-Billing-Straße 11 76137 Karlsruhe (Südweststadt)
Kaffeehaus Schmidt Kaiserallee 69 76133 Karlsruhe (Weststadt)
Kinemathek Karlsruhe e.V. Studio 3 Kaiserpassage 6 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Kinder- und Jugendtreff Lohn-Lissen Ellmendinger Straße 1 76227 Karlsruhe (Durlach-Aue)
Kinder- und Jugendtreff Mühlburg Fliederplatz 1 76185 Karlsruhe (Mühlburg)
Kinder- und Jugendtreff Südstadt Augartenstraße 21 76137 Karlsruhe (Südstadt)
Kulturverein Tempel e.V. Hardtstraße 37a 76185 Karlsruhe (Mühlburg)
Kulturzentrum Tollhaus Karlsruhe e.V. Alter Schlachthof 35 76131 Karlsruhe (Oststadt)
Landesmedienzentrum Baden-Württemberg Moltkestraße 64 76133 Karlsruhe (Weststadt)
Lessing-Gymnasium Sophienstraße 147 76135 Karlsruhe (Weststadt)
Markgrafen-Gymnasium Gymnasiumstraße 1-3 76227 Karlsruhe (Durlach)
Menlha-Zentrum für Buddhismus e.V. Gartenstraße 1 76133 Karlsruhe (Südweststadt)
Menschenrechtszentrum Karlsruhe e.V. Alter Schlachthof 59 76131 Karlsruhe (Oststadt)
Museum für Literatur am Oberrhein, Prinz-Max-Palais Karlstraße 10 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
NCO-Club Delawarestraße 21 76149 Karlsruhe (Nordstadt)
Neues Ständehaus Ständehausstraße 2 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Pintxos Tapas y Pasión Waldstrasse 30 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Platz der Grundrechte Karl-Friedrich-Straße zwischen Zirkel und Schloßplatz 76131 Karlsruhe (Innenstadt)
PREVIEW.SÜD Atelier I Galerie Schützenstraße 37 76137 Karlsruhe (Südstadt)
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Sandkorn-Theater Kaiserallee 11 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Sangat – Raum für Yoga und Klang Gartenstraße 72 76135 Karlsruhe (Südweststadt)
Schillerschule Kapellenstraße 11 76131 Karlsruhe (Oststadt)
Sophie-Scholl-Realschule Karlsruhe Joachim-Kurzaj-Weg 4 76189 Karlsruhe (Oberreut)
Sporthalle 1 des Schulzentrums Neureut, Unterfeldstraße 6 76149 Karlsruhe (Neureut)
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Hans-Thoma-Str. 2-6 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Stadtteilbibliothek Neureut, Badnerlandhalle Rubensstraße 21 76149 Karlsruhe (Neureut)
Stadtteilbibliothek Waldstadt Neisser Straße 12 76139 Karlsruhe (Waldstadt)
Stadtteilbüro Oststadt Gottesauerstraße 3 76131 Karlsruhe (Oststadt)
Stadtkirche Durlach Am Zwinger 5 76227 Karlsruhe (Durlach)
Stadtkirche Karlsruhe Marktplatz 76133 Karlsruhe (Innenstadt)
Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais Karlstr. 10 76131 Karlsruhe (Innenstadt)
Studentenhaus Adenauerring 7 76131 Karlsruhe (Innenstadt)
Substage Karlsruhe e.V. Alter Schlachthof 19 76131 Karlsruhe (Oststadt)
Vishuddha-Zentrum Pfinztalstraße 46 - 50 76227 Karlsruhe (Durlach)
Werner-von-Siemens-Schule Kurt-Schumacher-Straße 1 76189 Karlsruhe (Nordweststadt)
ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe Lorenzstraße 19 76135 Karlsruhe (Südweststadt)
Einen Web-Stadtplan mit Adress-Suchfunktion finden Sie unter: www.geodaten.karlsruhe.de/stadtplan
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21. März 1960 – Das Massaker von Sharpeville
Sharpeville, Südafrika: Am Vormittag des 21. März 1960 finden sich an verschiedenen Orten der kleinen Stadt 50 km südlich von Johannes- burg rund 20.000 Menschen zusammen. Sie folgen einem Aufruf des Pan African Congress (PAC), der eine fünftägige gewaltfreie und friedliche Protestaktion angekündigt hatte.
Die Menschen demonstrieren gegen die Pass- gesetze des Apartheid-Regimes. Diese Ge- setze sahen die scharfe Trennung von Wohn- und Geschäftsbezirken für Weiße, Schwarze und Inder vor. Drei bis vier Millionen Afrikaner wurden zwangsumgesiedelt, weil sie in den für die Weißen vorgesehenen Gebieten lebten. So wurde versucht, Menschen auf Dauer voneinan- der zu trennen. Die Schwarzen lebten in weit von den weißen Vierteln entfernten “Towns- hips”. Doch ohne die schwarzen Arbeitskräfte wäre die Wirtschaft des weißen Südafrikas schnell zusammengebrochen. Passgesetze re- gelten das “Aufenthaltsrecht” der schwarzen Südafrikaner, die Anzahl der Schwarzen in den Städten sollte so auf ein Minimum beschränkt werden, ihre Arbeitskraft aber weiter zur Ver- fügung stehen.
Die Demonstrierenden setzen sich in Rich- tung Polizeistation im Sharpeviller Zentrum in Bewegung. Die Polizei hält die friedlich de-
Informationen zum Internationalen Tag und zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus
monstrierende Menge mit niedrig fliegenden Flugzeugen und Tränengas in Schach. Um kurz nach 13 Uhr eskaliert dann schließlich die Situation: Angeblich als Reaktion auf Steine- werfer schießt die Polizei in die Menge. Die Menschen fliehen in Panik, die Polizei schießt weiter. 69 Menschen werden getötet, darunter acht Frauen und zehn Kinder. Viele – die Anga- ben variieren von 180 bis über 300 Personen – werden verletzt, teilweise schwer.
Der UN-Gedenktag
Als Gedenktag an das Massaker von Sharpe- ville wurde sechs Jahre später, 1966, der 21. März von den Vereinten Nationen zum “In- ternationalen Tag zur Überwindung von Ras- sendiskriminierung” ausgerufen. 1979 wurde dieser Gedenktag durch die Einladung der Vereinten Nationen an ihre Mitgliedstaaten ergänzt, eine alljährliche Aktionswoche der Solidarität mit den Gegnern und Opfern von Rassismus zu organisieren. 1996 wird schließ- lich von Nelson Mandela in Sharpeville die neue demokratische Verfassung Südafrikas in Gang gesetzt. Der 21. März wird seither in Südafrika als South African Human Rights Day, als “Südafrikanischer Tag der Menschenrechte” begangen.
Quelle: www.internationale-wochen-gegen- rassismus.de/hintergrund/was-geschah-am- 21-maerz
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21
Das Programm.
Mitglied der
Internationale Wochen gegen Rassismus
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Interkulturelles Projekt: „Weiße Fahnen im Wind“
Schüler_innen des Lessing-Gymnasiums ge- stalten zusammen mit der Karlsruher Künstler- gemeinschaft KunstUnternehmen Fahnen, die eine Gesellschaft des friedlichen Miteinanders zum Thema haben. Diese Fahnen werden dann bei den Karlsruher Wochen gegen Rassismus an markanten Stellen im öffentlichen Raum in Karlsruhe zu sehen sein.
Eine Gesellschaft, die sich aktiv gegen Rassis- mus und für ein friedliches und offenes Mitei- nander einsetzt, muss diesen Wert in der Bil- dung von Kindern und Jugendlichen vermitteln. Einen solchen Auftrag kann gerade die Kunst mit ihren Möglichkeiten, über Form zum Inhalt zu gelangen, erfüllen. Die Fahne ist als Zeichen Symbolträger von vorwiegend nationaler Zu- gehörigkeit. Die weiße Fahne hingegen wird allgemein als Friedenszeichen verstanden. Ein überdimensional langes weißes Band soll von Schülern gestaltet werden. Die Künstle- rinnen des KunstUnternehmens werden diesen Prozess in der Schule begleiten. Diese Aktion der Gestaltung zum Thema „Fremd Sein“ oder „Anders Sein“ wirkt nach Innen. Anschließend werden die Fahnen im öffentlichen Raum stehen und nach Außen wirken.
Prozess: 1. Vom 10. bis zum 14. März werden fünf Fah- nen von Schüler_innen des Lessing-Gymnasiums gestaltet. 2. Während der Karlsruher Wochen gegen Rassismus werden diese Fahnen im öffentlichen Raum aufgehängt. 3. Bei der Schlussveranstaltung werden alle Fahnen gemeinsam präsentiert.
„Weiße Fahnen im Wind“
Das Projekt soll an weiteren Schulen fortgeführt werden. So wird regelmäßig an diesem weit sichtbaren Symbol einer demokratischen Aktion für ein Miteinander gearbeitet. Karlsruhe setzt ein Zeichen des Zusammenhaltes im Stadtraum und die Bevölkerung trägt diese Botschaft ebenso in die Ferne.
Über KunstUnternehmen: KunstUnternehmen ist eine Ateliergemeinschaft zweier freischaffender Künstlerinnen in Karls- ruhe, Bernadette Hörder und Ulrike Israel. Sie initiierten in den vergangenen zehn Jahren Projekte zu unterschiedlichen Themen wie z. B. Zwischen Kunst und Wirtschaft, Kunst und die Weltreligionen, Kunst und Gestaltung im Öf- fentlichen Raum durch Schulen. Im Vordergrund steht jeweils der Dialog verschiedener Welten. Die Kunst setzt hierbei neue Impulse und umge- kehrt erfährt sie einen erweiterten Ansatz au- ßerhalb des gängigen Kunstbetriebes.
Ort: Lessing-Gymnasium, Sophienstraße 147, KA-Weststadt Veranstalter: KunstUnternehmen GbR, Deutsch-Afrikanischer Verein e.V.
www.kunstunternehmen.de www.lessing-gymnasium-karlsruhe.de
10. März (Montag) bis 14. März (Freitag)
10. 3.
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13. März (Donnerstag)
Vortrag von Eren Güvercin: „Rassis- mus ist kein typisch deutsches Pro- blem.“
Allzu leichtfertig werde sich in Deutschland über Rassismus beklagt, findet der Autor Eren Güvercin. Dabei gerät jedoch aus dem Blick, dass auch Personen mit einem sogenannten Migrationshintergrund rassistisch denken und handeln. Fremdenfeindlichkeit ist ein gesamt- gesellschaftliches Problem, das gemeinsam ge- löst werden muss.
Eren Güvercin studierte Rechtswissenschaften in Bonn und arbeitet heute als freier Journalist. In seinem Blog „Grenzgängerbeatz“ (http:// erenguevercin.wordpress.com) beschäftigt er sich unter anderem mit dem Thema Islam auf gesellschaftlicher und politischer Ebene.
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Beginn: 18.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: ibz Karlsruhe e.V.
www.erenguevercin.wordpress.com/tag/ eren-guvercin/
„Rassismus ist kein typisch deutsches Problem.“
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13. 3.
24
Ausstellungsführung: „Verführbarkeit zur Gewalt“
Führung durch die Ausstellung „Kata Legrady. Smart Pistols“ im Museum für Neue Kunst des ZKM mit Dipl.-Theol. Tobias Licht (Leiter Bil- dungszentrum Karlsruhe) und Dr. Andreas Bei- tin (Kurator der Ausstellung und Leiter des ZKM | Museums für Neue Kunst). Im Rahmen des Programms „Überschreitungen - Theologen treffen auf zeitgenössische Kunst“.
Siehe auch Ankündigung 15. März.
Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südweststadt Zeit: 16 Uhr - 17 Uhr Eintritt und Führung frei Veranstalter: ZKM
www.zkm.de
„Verführbarkeit zur Gewalt“
14. 3.
14. März (Freitag)
Kata Legrady Government (multicolor-mini), 2012 Pistole, mini Smarties 114,2 x 21,9 x 4 cm Courtesy Kata Legrady
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„Das reizvolle Fremde in der Kunst“ – - Führung durch die Kunsthalle Die Museumsbesucher erwartet ein Streifzug durch die verschiedenen Sammlungsschwerpunkte der Kunsthalle, eine Reise in fremde Länder und Kulturen und vergangene Jahrhunderte. Fremdar- tige Lebensweisen sind dabei ebenso von Interesse wie kostbare Gegenstände und Kleidermoden. Die Führung bietet eine Entdeckungstour zu den Dingen, die aus unserer heutigen Lebensweise verschwunden sind.
Führung mit Dr. Ursula Schmitt-Wischmann (Kunsthistorikerin, Museumspädagogin).
Ort: Hauptgebäude der Kunsthalle, Hans--Thoma--Straße 2-6Straße 2 – 6, KA-Innenstadt Beginn: 15 Uhr Eintritt: 8,- €, ermäßigt 6,- €, zzgl. Führungsgebühr 2,- € pro Person Veranstalter: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
www.kunsthalle-karlsruhe.de
15. März (Samstag)
„Das reizvolle Fremde in der Kunst“
15. 3.
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15. März (Samstag)
Das Projekt Tasse Tee: „Antiziganismus als Fluchtgrund“
Im Rahmen der Karlsruher Wochen gegen Rassismus öffnet das Projekt „Tasse Tee“ seine Türen für Karlsruher und Karlsruherinnen, um sich an der Diskussion über sogenannte Armuts- flüchtlinge zu beteiligen. Das Projekt bietet die Möglichkeit, bei einer Tasse Tee oder Kaffee und einem Stück Kuchen mit Flüchtlingen aus Serbien, Bosnien, dem Kosovo und Mazedonien über ihre Schicksale zu reden. Die Mitarbei- terinnen des Projektes stehen als Expertinnen oder Dolmetscherinnen zur Verfügung. Wir werden uns in Gesprächen und Diskussionen die Frage stellen: Welche Rolle spielt der Antiziga- nismus als Fluchtgrund für die große Zahl der Flüchtlinge aus den ehemaligen jugoslawischen Ländern?
Referentinnen: Das im Jahr 2012 entstandene Projekt „Tasse Tee“ wird von vier ausländischen Studentinnen der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, Yana Shykhyrina, Aynur Mam- madova, Nuray Mammadova und Nicoleta Elena Alexander geleitet. Es ist eine Koopera- tion mit dem Verein „Freunde für Fremde e.V.“ und dem „Internationalen Begegnungszentrum Karlsruhe e.V.“. Es lädt an jedem Samstag die Asylbewerber aus Gemeinschaftsunterkünften zu Gesprächen ein.
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt, Dachgeschoss
Beginn: 15.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Projekt Tasse Tee in Kooperation
mit „Freunde für Fremde e.V.“ und „ibz Karlsruhe e.V.“
www.ibz-karlsruhe.de/integrationsprojekte/ tasse-tee.html
„Antiziganismus als Fluchtgrund“
15. 3.
Abb. oben: Foto: Oren Ziv / Activestills, Protest gegen den G20-Gipfel, Toronto 2010
Abb. rechts: Ausstellungsansicht global aCtIVISm im ZKM | Museum für Neue Kunst Foto: Wootton © ZKM | Karlsruhe 2013
Abb. rchts außen: Kata Legrady Bullet „Flower“ (multicolor), 2012 C-Print, Diasec 300 x 100 x 2,8 cm Courtesy Kata Legrady
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15. März (Samstag)
Ausstellungsführung: „global aC- tIVISm“ und „Kata Legrady. Smart Pistols“ Öffentliche Führung im ZKM | Museum für Neue Kunst mit einem Überblick über die Aus- stellungen „global aCtIVISm“ und „Kata Legra- dy. Smart Pistols“
Über „global aCtIVISm“: Die Ausstellung „global aCtIVISm“ widmet sich dem Feld der künstlerischen Ausdrucksform, die politisch inspiriert ist. Diese macht durch Aktionen, Demonstrationen und Performances im öffentlichen Raum auf Missstände aufmerk- sam und fordert zur Veränderung bestehender Verhältnisse auf. Mit Objekten, fotografischen, kinematografischen, videografischen und mas- senmedialen Dokumenten zeigt die Ausstellung den globalen Aktivismus als die erste neue Kunstform des 21. Jahrhunderts.
Über „Kata Legrady. Smart Pistols“: Die Skulpturen, Fotografien und Zeichnungen von Kata Legrady irritieren. Ihre Kunst- werke konfrontieren die Be- sucher_innen mit Objekten der Gewalt, die gleichzeitig infantile Lustobjekte sind. Egal ob die Waffen ge- zeichnet, fotografiert oder plastisch ausgeführt worden sind, ihnen ist immer gemein- sam, dass sie in größtmög- lichem Gegensatz erscheinen. Die Waffen sind mit farbenfrohen Schokodrops, mit kostbarem Pelz oder Geldscheinen verziert.
Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südweststadt Zeit: 16.30 Uhr – 17.30 Uhr Eintritt: Führung 2 € + Museumseintritt Veranstalter: ZKM
„global aCtIVISm“ und „Kata Legrady. Smart Pistols“
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Eröffnung der Wochen gegen Rassismus
15. 3.Eröffnung und Begrüßung durch den Karlsruher Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup
Grußwort Britta Graupner, Projektreferentin der INTERNATIONALEN WO- CHEN GEGEN RASSISMUS beim „Interkultu- rellen Rat in Deutschland“ in Darmstadt
Eröffnungsvortrag von Hadija Haruna, Journalistin und Vorstands- mitglied der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V.:
„Alte Rassismen in neuem Gewand“ Die Taten der rechtsextremen Vereinigung des NSU, eine Diskussion um die Abschaffung diskriminierender Wörter in Kinderbüchern, Hetzproteste vor Flüchtlingsunterkünften, Racial Profiling-Vorwürfe bei der Polizei oder popu- listische Slogans um das neue Schreckensge- spenst des Armutsmigranten. All diese Beispiele zeigen: Rassismus ist ein Thema in Deutschland. Doch zeigt sich bereits im Umgang mit dem Be- griff die Ambivalenz mit diesem Thema. Eine differenzierte Auseinandersetzung krankt da- ran, dass Rassismus nicht gerne gesehen wer- den will und viele Ressentiments tief in der Mit- te unserer Gesellschaft verankert sind.
Wesentlich für ein Verständnis von heutigem Rassismus ist es, Zusammenhänge herzustellen und geschichtliche Verbindungslinien zu erken- nen: Das Erbe des Kolonialismus und des Na- tionalsozialismus, der so genannte „Rassismus ohne Rassen“ der 1960er Jahre, ein transnati- onaler Nationalismus heute. Nicht ohne Grund richten sich die aktuellen Ressentiments haupt- sächlich gegen Flüchtlinge, Muslime und Roma. Was sie eint: Sie stellen ein gemeinsames,
„Alter Rassismus in neuem Gewand“
vermeintlich nichteuropäisches Außen, das bedrohliche „Fremde“ dar, vor dem sich das gesellschaftliche, europäische „Eigene“ glaubt verteidigen zu müssen. Gerade in Krisenzeiten lässt sich über diese Bestimmung Identität kon- struieren. Heutzutage verbindet sich dabei der Rechtspopulismus mit Ideen der neuen Rechten, die sich vom Image des Rassismus und Extre- mismus distanzieren will und in der „identitären Bewegung“ ihr neues Selbst sucht.
Doch was bedeutet diese Entwicklung für die Zugehörigkeit und Teilhabe der dritten und vierten Generation von Menschen mit Migra- tionsgeschichte in Deutschland? Wo finden Schwarze Menschen und People of Colour ih-
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„Alter Rassismus in neuem Gewand“
ren Raum - in einem gesellschaftlichen Setting, welches das Aussehen noch immer an eine na- tionale Identität knüpft? Wie empowern sie sich und finden in einer wachsenden Einwan- derungsgesellschaft wie Deutschland selbstbe- stimmte Strategien, um sich gegen einen wach- senden Rechtspopulismus zu wehren?
Ziel des Vortrags ist es, die vielfältigen Erklä- rungen aktueller Debatten über Alltags- und institutionellen Rassismus zusammen zu führen, Ähnlichkeiten und Unterschiede, aber auch historische Entwicklung und Kontinuitäten auf- zuzeigen und wissenschaftliche Erkenntnisse in anschaulichen Beispielen aufzudröseln. Der Beitrag will Gedankenanreize bieten und Sen- sibilität und ein Bewusstsein dafür schaffen, wann Ausgrenzung und wo Abwertung beginnt. Nämlich bereits da, wo Vorurteile im Mainst- ream geschürt, verachtende Bilder toleriert und damit reproduziert werden.
Über Hadija Haruna: Hadija Haruna lebt und arbeitet als Autorin und Redakteurin in Frankfurt am Main. Ihre Ar- beitsschwerpunkte sind Jugend und Soziales, Migration und Rassismusforschung. Ihre Redak- teursausbildung hat die Diplom-Politologin an der Berliner Journalistenschule (BJS) absolviert. Derzeit arbeitet sie als Redakteurin für die jun- ge Welle des Hessischen Rundfunks (YOU FM). Außerdem schreibt sie unter anderem für den Tagesspiegel, die ZEIT und das Fluter-Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung. Sie ist Preisträgerin des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gestifteten KAUSA-Me- dienpreises 2012 „Macht sie sichtbar – Bil- dungswege von Migrantinnen und Migranten“. Darüber hinaus ist sie beim Journalistenverein der Neuen Deutschen Medienmacher (NDM) aktiv und engagiert sich ehrenamtlich bei der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD). Der Verein wurde Mitte der 1980er gegründet und setzt sich in seiner Arbeit für
die Emanzipation und politische Partizipation Schwarzer Menschen ein - mit dem Ziel, ihre Perspektiven, Geschichte und Lebensentwürfe in Deutschland sichtbar zu machen. Der Verein versteht sich als Interessenvertretung, interve- niert bei Fällen von Diskriminierung und Rassis- mus und bezieht Stellung gegenüber der Öf- fentlichkeit.
www.hadija-haruna.de www.isdonline.de
Video: „Vorurteile? Vorurteile!“ Eigens für die Wochen gegen Rassismus 2014 produziert Isis Chi Gambatté den Clip „Vorur- teile? Vorurteile!“. Der Clip führt dem Betracht- enden auf humorvolle Weise vor Augen, wie wir alle insgeheim mit Vorurteilen über Men- schen denken. Vorurteile sind ein Bestandteil des alltäglichen Lebens und für den Betrof- fenen wie ein Glücksspiel um seine Identität.
Über Isis Chi Gambatté: Isis Chi Gambatté ist Komponistin, Videopro- duzentin, Regisseurin, Schauspielerin, Sänge- rin und Tänzerin. Neben Auftragsarbeiten für Theater und Film engagiert sie sich sozial in Theaterprojekten mit Migrant_innen und pro- duziert Videos und Musik gegen Rassismus und Verfolgung. www.gambatte.name
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„Dazugehören ist einfach!“ Video: „Dazugehören ist einfach!“:
Toleranz ist heute groß in Mode. Solange Menschen sich der Norm gemäß geben, wird über ihre Andersartigkeit schweigend hinweggegangen. Doch wie weit geht die Toleranz, wenn An- dersartigkeit sichtbar wird? Das Video des Künstlerinnen-Paars ANA & ANDA mit dem Titel „Da-
Im Anschluss: Stehempfang der Stadt Karlsruhe
zugehören ist einfach!“ macht die Probe aufs Exempel: Zwei Liebende lösen sich Stück für Stück von den Konventionen und fordern da- durch echte Akzeptanz. Am Beispiel eines lesbischen Liebespaars zei- gen ANA & ANDA, dass Diskriminierung nicht nur durch offene gruppenbezogene Men- schenfeindlichkeit geschieht, sondern gerade auch durch den subtilen Druck, „normal“ zu sein. Es ist ein Appell an die Gesellschaft, Minderheiten nicht „normalzureden“, sondern offen akzeptierend mit ihnen umzugehen. Und dazu gehört auch das Sprechen darüber – in der Schule, am Arbeitsplatz oder Zuhause.
Über ANA & ANDA: „Kunst im Dienst der Menschenrechte“ ist das Motto des Künstlerinnen-Paars ANA & ANDA. Mit Musik und Bühnenkunst, dem Ökomo- de-Label „nachhaltige Eleganz“, ökofairen Stadtführungen durch Karlsruhe und kultu- rellen Schulprojekten an Brennpunktschulen engagieren sich ANA & ANDA für Demokra- tie, Menschenrechte und Toleranz. Seit 2012 produzieren sie auch künstlerische Videos dazu. www.anaundanda.de
Vor der Veranstaltung: Tee- und Kaffee-Spezialitäten gereicht vom Tunesischen Club Karthago, dem Eritreischen Verein, dem Iranischen Kulturzentrum e.V. und dem Förderverein Fest der Völkerverständi- gung e.V.
Musikalische Umrahmung: Ender & Uwe 7ender-uwe
Anmeldung erwünscht per E-Mail an: wochen-gegen-rassismus@kultur.karlsruhe.de
Ort: Rathaus, Marktplatz, KA-Innenstadt, Bür- gersaal
Beginn: 18 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Stadt Karlsruhe
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15. März (Samstag)
15. 3.
Filmvorführung: „Aus dem Leben eines Schrottsammlers“ Epizoda U Zivotu Beraca Zeljeza Danis Tanovic, Bosnien-Herzegowina/Slowe- nien 2013 mit Senada Alimanovic, Nazif Mujic, Sandra Mujic, Semsa Mujic, digital, 75 Min., dt.UT
Eine Roma-Familie in Bosnien-Herzegowina, in einem Dorf abseits der großen Stadt. Vater Nazif zerlegt alte Autos und verkauft die Me- tallteile an einen Schrotthändler, Mutter Sena- da besorgt die Hausarbeit und kümmert sich liebevoll um die beiden kleinen Töchter. Als sie eines Tages Schmerzen im Unterleib bekommt, wird im Krankenhaus diagnostiziert, dass das Kind in ihrem Leib gestorben ist. Senada hat keine Krankenversicherung und die Entfernung des Fötus kostet weit mehr, als die Familie auf- bringen kann. Doch im Krankenhaus beruft man sich auf die Vorschriften und lehnt den Eingriff ab. Beinahe dokumentarisch und mit großer Anteilnahme folgt die Kamera dem mühevollen Alltag der Familie, die sich hier selbst spielt. Auf realen Ereignissen beruhend und ohne Dra- matisierung macht der Film einen alltäglichen
Rassismus deutlich, der sich nicht in buchstäb- licher Gewalt äußert, aber ähnlich fatale Fol- gen hat.
Nach der Vorführung am 15. März besteht Gelegenheit zum Gespräch mit Erzad Mikic, Dipl.-Ing./Universität Sarajevo.
Ort: Studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassage 6, KA-Innenstadt
Beginn: 19 Uhr Eintritt: 6,- € / 4,50 € ermäßigt (für Mitglieder
der Kinemathek Karlsruhe) Veranstalter: Kinemathek Karlsruhe e.V. und
Gesellschaft für bedrohte Völker e.V., Regio- nalgruppe Karlsruhe
Weiterer Vorführung am 19. März, 21.15 Uhr
www.kinemathek-karlsruhe.de www.gfbv.de
„Aus dem Leben eines Schrottsammlers“
15. 3.
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16. März (Sonntag)
Fußballturnier: „Kicken gegen Rassismus“ Der Internationale Jugend- und Kulturverein Karlsruhe lädt zum gemeinsamen Jugend-Hal- lenfußballturnier ein.
Angesichts noch herrschender Spaltung zwi- schen hier lebenden Jugendlichen, die auf gegenseitigen Vorurteilen beruht, kann jede soziale, politische, kulturelle und sportliche Ak- tivität gegen Spaltung und Rassismus, für ein besseres Zusammenleben nur positive Auswir- kungen haben. Dem Sport, und gerade dem Fußball, kommt für die Verständigung zwischen den hier lebenden Jugendlichen verschiedener Nationalitäten große Bedeutung zu. Das Hal- lenfussballturnier soll hier lebenden Jugend- lichen ermöglichen, untereinander Vorurteile abzubauen, Freundschaften aufzubauen und sie für ein gemeinsames, gleich-berechtigtes und friedliches Zusammenleben stärken.
Nähere Infos und Anmeldung bei Mecnun Öl- mez (E-Mail: mecnun62@hotmail.de, Telefon 0157-71418061)
„Kicken gegen Rassismus“
Ort: Sporthalle 1, Unterfeldstraße 6, KA-Neureut Beginn: 11 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Internationaler Jugend- und Kul-
turverein Karlsruhe e.V., Ver.di migration Karlsruhe, Menschenrechtszentrum Karlsruhe e.V.
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16. März (Sonntag)
Izvan sistema / Au- ßerhalb des Systems Lesung mit Rajka Poljak und Vlado Franjević, Kroatien/ Liechtenstein
Vlado Franjević liest einen kurzen Prosa- text, den er extra für die zweiten Karlsru- her Wochen gegen Rassismus schrieb. Seine Texte wider- spiegeln eigene Er- fahrungen in einem, wie er ironisch meint „bit- ter-süßen (Um)Feld“. So knallhart ehrlich und offen wie in diesem Text äußerte er sich zu gewissen Themen in der Öffentlichkeit noch nie zuvor. Neben dem Prosatext „SIND WIR ALLE (mehr oder weniger) PSYCHO-SADOMASO?“ wird auch Franjevićs zweisprachige Lyrik vor- getragen. Dabei wird er von seiner Frau Rajka Poljak unterstützt, die die kroatische Fassung der Gedichte vorlesen wird.
Über Vlado Franjević und Rajka Poljak: Vlado Franjević ist multimedialer Kunstschaf- fender und Autor. 1963 in Kroatien geboren, Ausbildung als Maler an der Schule für die angewandten Künste in Zagreb. Mitglied im Berufsverband bildender Künstler_innen Liech- tensteins (BBKL) und Olymia FArts Association (OFAA). Ebenfalls Mitglied im Zürcher Schrift- steller_innen Verband und Verband Ostschwei- zer Autorinnen und Autoren (ZSV). 2003 Werk- jahrstipendium des Kulturbeirats der Fürstlichen Regierung Liechtensteins.
Rajka Poljak, Jahrgang 1964, in Mihovljan, Kroatien geboren. Studium der Kunst und Kultur
„Außerhalb des Systems“
in Zagreb. Lebt seit 2009 als bildende Künst- lerin und Autorin in Liechtenstein. Koautorin der Publikation „Vlado Franjevics Improvisationen, Rajka Poljaks Interpretationen“, herausgege- ben vom Kulturzentrum der Stadt Cazma. Aus- stellungen in Liechtenstein, Frankreich, Deutsch- land und Kroatien.
Ort: PREVIEW.SÜD Atelier | Galerie, Schützen- straße 37, KA-Südstadt Beginn: 11 Uhr und 13 Uhr Eintritt frei Veranstalter: PREVIEW SÜD. Atelier | Galerie
www.previewsued.blogspot.de 16. 3.
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16. März (Sonntag)
Einblicke: „Freundschaft statt Rassismus“
„Freundschaft bedarf ständig der nährenden Flamme. Sie fällt einem nicht zu; man muss sie kämpfend erhalten.“ (Kerrin Westphal) Kampf gegen Rassismus bedeutet für uns Kampf für ungewöhnliche Freundschaften. Wie junge Menschen unter schwierigen Be- dingungen Grenzen überschreiten hin zu er- staunlichen Beziehungen, zeigen die Teens und Mitarbeitenden vom Jugendzentrum (JuZe) espírito. Sie bieten authentische Einblicke an- lässlich der Karlsruher Wochen gegen Rassis- mus mit Erzählen, Tanz und Bildern.
Die Jugendkirche espírito begleitet und ver- netzt. Im Jugendzentrum kommen an fünf Ta- gen die Woche jeweils ca. 50 Teens und Ju- gendliche aus etlichen Herkunftsländern und verschiedener Kultur und Religion zusammen. Sie wohnen überwiegend in der Süd- und Süd- weststadt. Über die Karlsruher Tafel können wir täglich gute Lebensmittel anbieten, aber auch Lernunterstützung, Bewerbungstraining und vor allem Begleitung in schwierigen Lebensphasen.
Ausstellungsführung „global aCtIVISm“ und „Kata Legra- dy. Smart Pistols“
Siehe auch Ankündigung 15. März. Zeit: 11.30 Uhr - 12.30 Uhr
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„Freundschaft statt Rassismus“
Ort: JuZe der Jugendkirche Karlsruhe, Her- mann-Billing-Str. 11, KA-Südweststadt
Zeit: 16.30 Uhr - 18 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Jugendkirche der Evangelisch-
methodistischen Kirche Bezirk Karlsruhe
www.espiri.to
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Vortrag und Yogastunde: „Erkenne: Der andere bist du!“
Über die yogische Sichtweise zum Thema Ras- sismus und zum Zitat von Yogi Bhajan: „Erkenne: Der andere bist du!“ spricht Sohan Kaur Klinis.
Im Yogazentrum trifft sich eine bunte Vielfalt von Menschen unterschiedlichster Kulturen und Glaubensrichtungen. „Sangat“ bedeutet Zusammenkommen, Gemeinschaft. Das Yo- gazentrum öffnet seine Türen im Rahmen der Karlsruher Wochen gegen Rassismus für alle, die Freude an Yoga haben und in diesem Sinn ein bewusstes Erlebnis von Gemeinschaft jen- seits aller vermeintlicher Unterschiede erleben möchten. Unsere Erfahrung ist: Die Gemeinschaft ver- stärkt dieses Erlebnis – ob im Yoga, in der Meditation oder im Mantren-Singen. In unserer sich beschleunigenden und fordernden Zeit sehnen sich viele nach ihrem wahren Sein, nach Ganzheit. Das Sangat bietet einen Raum für alle Menschen, die wieder Anschluss an ihre in- neren, heilenden Quellen finden möchten.
16. 3. „Erkenne: Der andere bist du!“
Wenn ich mich ganz fühle, erfahre ich mich als selbst verantwortlich für mein Leben. Ich habe keinen Grund mehr, andere dafür verantwort- lich zu machen, zu diskriminieren oder abzu- werten.
Im Anschluss findet eine Kundalini-Yoga-Stun- de mit einer Übungsreihe zum Thema Toleranz statt. Pavel Khlopovskiy Paviter Singh leitet die Yoga-Stunde, zu der auch Yoga-Neulinge herzlich eingeladen sind. Bitte bringen Sie be- queme Kleidung mit. Matten und Kissen sind im Raum vorhanden.
Ort: Sangat – Raum für Yoga und Klang, Gar- tenstraße 72, KA-Südweststadt
Beginn: 19 Uhr (Vortrag), 19.30 Uhr (Yoga-Stunde) Eintritt frei Veranstalter: Kundalini Yoga-Lehrer_innen
Karlsruhe
www.yogasangat.de
16. März (Sonntag)
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Begegnungsabend zu Fluchtursachen: „Warum wir hier sind“
Im Rheinstettener Stadtteil Forchheim-Silber- streifen wohnen seit einigen Monaten zahlreiche Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises Karlsruhe am Kutschenweg. In der aktuellen Diskussion über Flüchtlingspolitik, Asylrecht und Gemeinschaftsunterkünfte wird oft über Flüchtlinge, aber nicht mit ihnen ge- sprochen. Die Veranstalter möchten mit einem Begegnungsabend zum Abbau von Kontakt- barrieren und Vorurteilen beitragen. Dabei sollen die Asylsuchenden vor allem selbst zu Wort kommen und die Gelegenheit haben, die Situation in ihrem Land und die eigenen Fluch- tursachen zu erläutern. Darüber hinaus soll Raum für Fragen, individuelle Begegnungen und Gespräche sein.
Ort: Gemeinschaftsunterkunft Kutschenweg, Verwaltungsgebäude, Kutschenweg 30,
Rheinstetten-Forchheim (Silberstreifen) Beginn: 19 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Bündnis 90/Die Grünen Rheinstetten und weitere Partner
„Warum wir hier sind“
16. März (Sonntag)
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Aktionstag „Afrika erleben beim Afri- katag in der Albschule Karlsruhe!“
Die Albschule ist eine Karlsruher Schule für geistig behinderte junge Menschen mit weit- reichenden Kooperationen inklusiver und inten- siver Kooperationsmaßnahmen im schulischen und außerschulischen Bereichen. Teilhabe an der Gesellschaft heißt für die Albschule, sich auch zu öffnen für den unmittelbaren persön- lichen Kontakt zu Menschen, die ihre Wurzeln in fremden Kulturen haben. Wir wollen mit diesem Aktionstag kulturpoli- tische und ethische Ziele in der Auseinanderset- zung mit fremden Kulturen und auch Religionen erreichen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass sol- che Begegnungsmaßnahmen wie der Afrikatag das Selbstwertgefühl gerade unserer Schüler_ innen mit schwarzer Hautfarbe immens positiv steigern könnte. Die Schüler_innen erleben und fühlen Afrika unmittelbar und lebensnah durch gemeinsame Aktionen mit den Afrikanerinnen und Afrikanern in verschiedenen Workshops wie Gesang, Tanz, Trommeln, Knüpfen und landeskundlichen Informationen durch Bilder und Erläuterungen. Dies entspricht dem päda- gogischen Grundsatz der Schule, ganzheitlich mit allen Sinnen zu lernen. So können Vorurteile gegenüber dem Anderssein abgebaut werden. In der Albschule betrachten wir die Vielfalt multikultureller Gesellschaft als Bereicherung und nicht als Belastung.
Geschlossene Veranstaltung
Ort: Albschule, Scheibenhardter Weg 23, KA-Weiherfeld-Dammerstock
Zeit: 8.30 – 15 Uhr Veranstalter: Stoffwechsel e.V. in Kooperati-
on mit der Albschule, der Gruppe MAYI AFRIKA sowie jungen Flüchtlingen, die in Karlsruhe leben
www.stoffwechsel-ev.de www.albschule.de
„Afrika erleben!“
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17. 3.
17. März (Montag)
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Sie starrt mich an ... Ich bin sicher, sie hasst Muslime ...
Sie starrt mich an ... Ich bin sicher, sie hasst Ungläubige ...
Dem Islam wird vorgeworfen, Frauen zu un- terdrücken und ihnen viele ihrer individuellen Grundrechte zu verwehren. Muslimische Frauen werden zwangsverheiratet, misshandelt und im Namen der Ehre ermordet. Die muslimische Frau, insbesondere die kopf- tuchtragende, wird oft bemitleidet, man/frau möchte: - sie dabei unterstützen, ihre Rückständigkeit „abzukleiden“ - ihr dabei zu helfen, sich von ihrer Kopfbe- deckung zu befreien, da es als Unterdrückung ihrer Rechte und als Zwang durch den Ehemann bzw. die Familie gesehen wird - ihr den Weg zur Emanzipation und zur per- sönlichen Freiheit zeigen. Was sagen muslimische Frauen dazu?
Muslimische Frauen laden Frauen zum Gespräch ein
Viele Migrantinnen müssen trotz hoch qualifi- zierten, im Ausland erworbenen Abschlüssen putzen gehen. Hat dies mit Rassismus zu tun? Eine koptuchtragende Erzieherin mit gutem Ab- schluss findet keinen Arbeitsplatz! Hat dies mit Diskriminierung zu tun?
Wir laden alle interessierten Frauen recht herzlich dazu ein, mit uns und anderen musli- mischen Frauen sich bei offener Atmosphäre und bei Kaffee und Tee über diese Themen zu unterhalten und den direkten Erfahrungsaus- tausch zu erleben.
Ort: Stadtteilbüro Oststadt, Gottesauerstr. 3, KA-Oststadt
Zeit: 10 Uhr - 12 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Islamische internationale Frauen-
gemeinschaft Karlsruhe und Umgebung (IIFG) e. V.
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17. März (Montag)
„Mit bunten Farben gegen braune Parolen“
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Workshop mit Irmela Mensah-Schramm: „Mit bunten Farben gegen braune Parolen“
Der Workshop für Kinder und Jugendliche greift die von Frau Schramm fotografierten fremdenfeindlichen, menschenverachtenden und verletzenden Parolen im öffentlichen Raum auf. Im ersten Teil des Workshops berichtet die Politikaktivistin über ihre Erfahrungen als „Po- lit-Putze“. In den letzten 27 Jahren dokumen- tierte und entfernte sie tausende menschen- verachtende, rassistische und antisemitische Aufkleber und Schmierereien deutschland- und mittlerweile auch europaweit. Die Workshop- teilnehmer_innen lernen die verschiedenen Symbole und sprachlichen Ausdrucksformen der hasserfüllten Sprüche und Parolen kennen und können sie im zweiten Teil des Workshops dann mit bunten Farben zu positiven, fröhlichen und respektvollen Botschaften umwandeln. Im
17. März (Montag)
17. 3.
Anschluss der Veranstaltung werden die um- gestalteten Werke präsentiert und gemeinsam besprochen.
Geschlossene Veranstaltung
Ort: Markgrafen-Gymnasium, Gymnasiumstr. 1-3, KA-Durlach
Veranstalter: Markgrafen-Gymnasium
www.hassvernichtet.de www.mgg.karlsruhe.de
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17. März (Montag)
Workshop: Diskriminierung im Nightlife/reloaded
In der Podiumsdiskussion über „Diskriminie- rung im Karlsruher Nightlife“ der letztjährigen „Karlsruher Wochen gegen Rassismus“ wurde aufgezeigt, dass Diskriminierung in der Gastro- und Clubszene auch in Karlsruhe durchaus existiert. Die Podiumsteilnehmer – Vertreter der Gastronomie, Polizei, Gaststättenbehörde der Stadt Karlsruhe und Karlsruher Clubbesu- cher_innen – einigten sich darauf, das Thema weiterhin anzugehen und gemeinsam ein Zei- chen gegen Diskriminierung an Clubtüren zu setzen. Basierend auf den Erkenntnissen wird dieses Jahr ein Workshop zur Erarbeitung einer Kampagne stattfinden, bestehend sowohl aus den Teilnehmenden vom letzten Jahr als auch von weiteren Akteuren. Interessierte sind herz- lich zum Mitdenken und Mitmachen eingeladen.
Ort: Gasthaus Marktlücke, Marktplatz, KA-In- nenstadt
Zeit: 15 Uhr – 17 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Kulturbüro der Stadt Karlsruhe,
AK Migrationsbeirat
www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/ bfi/migrationsbeirat.de
www.karlsruhe.de/b1/kultur/kulturfoerde- rung/kulturbuero
„Diskriminierung im Nightlife“
Lesung: „Die größte Sehenswürdig- keit die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an“ (Kurt Tucholsky)
Die Welt ist spannend und vielfältig. Für man- che aber auch bedrohlich und fremd. Wie ist es, wenn die weite ferne Welt auf uns trifft? Anlässlich der Karlsruher Wochen gegen Ras- sismus lesen Amnesty-Mitglieder und Gäste Texte von und zu Migrant_innen. Hören Sie zu – lesen Sie mit!
Ort: Café Palaver, Gewerbehof, Steinstraße 23, KA-Innenstadt
Zeit: 16.30 Uhr – 18 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Amnesty International Bezirk
Karlsruhe
www.amnesty-karlsruhe.de
„Die größte Sehens- würdigkeit die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an“ 17. 3.
17. 3.
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17. März (Montag)
Vortrag von Ellen Esen: „Mitläufe- rinnen und Macherinnen – Mädchen und Frauen in der extremen Rechten“
Die rechte Szene gilt als Männerdomäne. Doch längst haben Mädchen und Frauen auch diese Bastion erobert. Sie mischen in verschiedenen Bereichen der extremen Rechten mit, vielfach nicht ernst- oder wahrgenommen. Sie treten zunehmend auch als politische Akteurinnen in den Vordergrund. Sie sind in rechtsextremen Parteien aktiv, schließen sich Kameradschaften an, wirken als Türöffnerinnen auf dem Weg zur Mitte der Gesellschaft, arbeiten in Vorfeld-Or- ganisationen mit oder schwimmen schlicht auf der Welle der braunen Subkultur mit. Wer sind die Frauen am rechten Rand? Wie sind sie organisiert? Welche Anliegen vertre- ten sie? Was suchen und finden sie in extremen Gruppierungen? Was bedeutet diese Entwicklung? Und wie kann präventiv mit Mädchen und Frauen gearbeitet werden?
Über Ellen Esen: Politikwissenschaftlerin, gefragte Rechtsextremismus-Expertin und Frau der Praxis mit Studium der Geschichte und Politik. Seit den 1990er Jahren ist sie tätig in der politischen Jugend- und Erwachse- nenbildung mit den Schwerpunkten Rechtsextremismus, Sozialstaats- entwicklung, Sekten und Psychogruppen.
„Mädchen und Frauen in der extremen Rechten“
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17. 3.
Ort: Museum für Literatur am Oberrhein, Prinz- Max-Palais, Karlstraße 10, KA-Innenstadt
Beginn: 19 Uhr Veranstalter: Gegen Ver-
gessen – Für Demokratie e.V., Sektion Nordbaden, Gleichstellungsbeauf- tragte der Stadt Karls- ruhe
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17. März (Montag)
Vortrag von Astrid Messerschmidt: „Der Wunsch unschuldig zu sein – Rassismus in der Demokratie“
Trotz der Initiativen gegen Rassismus in vielen Städten fällt es immer noch schwer, alltagsras- sistische Erfahrungen anzusprechen, ohne dass diese abgewehrt und relativiert werden. Vor dem Hintergrund der erfolgten Aufarbeitungs- prozesse zu den NS-Verbrechen ist ein gesell- schaftliches Selbstbild der Anständigkeit eta- bliert worden, das Rassismus nur an Rändern und kaum in der Mitte der gesellschaftlichen Institutionen erkennt und kritisiert. Der Vortrag skizziert die zeitgeschichtlichen Bedingungen der kritischen Reflexion von Alltagsrassismus innerhalb der Demokratie. Dabei werden Per-
„Der Wunsch unschuldig zu sein.“
Theatrale Aktion im öffentlichen Raum Ort: Kronenplatz Beginn: 20 Uhr Veranstalter: Werkraum Karls-
ruhe e.V., IIFG e.V., „Projekt LEA“ des Stadtjugendaus- schuss e.V.
www.werkraum-karlsruhe.de
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spektiven für eine demokratisierende Bildungs- arbeit entwickelt. Rassismuskritik bedeutet darin, sich selbst in rassistischen Dominanzver- hältnissen wahrzunehmen und die Institutionen, in denen Bildung für eine demokratische Ge- sellschaft stattfinden soll, darauf hin zu befra- gen, wie sie Rassismus reproduzieren.
Über Astrid Messerschmidt: Dr. Astrid Messerschmidt ist Professorin an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind: Migrationsgesell- schaftliche und interkulturelle Bildung, Päda- gogischer Umgang mit Verschiedenheit und Diskriminierung, Zeitgeschichtliche Bildung in den Nachwirkungen des Nationalsozialismus, Kritische Bildungstheorie und Geschlechterre- flektierende Pädagogik
Anmeldung erwünscht per E-Mail an: info@freundeskreis-asyl.de
Ort: Menschenrechtszentrum, Alter Schlachthof 59, KA-Oststadt
Beginn: 20 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Freundeskreis Asyl e.V. in Zusam-
menarbeit mit dem Deutsch-Afrikanischen Verein e.V.
www.ph-karlsruhe.de/index.php?id=3256 www.freundeskreis-asyl.org
Theatrale Aktion im öffentlichen Raum
17. 3.
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17. März (Montag)
Konzert Gregor McEwan
„I was born in 1982, grew up on a quiet avenue“, mit diesen Worten beginnt Gregor McEwan den Titel „Rhododendron“, schwelgend in Erinnerungen an Heimat und Familie. Besser kann sich ein Musiker dem Hörer wohl kaum vorstellen. Auch wenn er die „quiet avenue“ in- zwischen gegen laute Berliner Großstadtstra- ßen getauscht hat, ist der Dorf-Romantiker aus McEwan einfach nicht herauszubekommen. Auf „Much Ado About Loving“ geht es nämlich mal wieder um sie: die Liebe... in all ihren Formen, mit all ihren Dramen. So hätte sich wohl selbst der Altmeister des Dramas, William Shake- speare, geehrt gefühlt, dass sein Stück „Much Ado About Nothing“ (Viel Lärm um nichts) als Inspirationsschub für diesen grandiosen zwei- ten Streich des Gregor McEwan diente. Viel Lärm um die Liebe, viel Lärm ums zweite Album, viel Lärm – zu Recht! Im Vergleich zu vielen an- deren Gitarrenjungs geht es hier nämlich nicht um das große Jammern, zur Schau gestelltes Selbstmitleid oder schmerzhaftes Hin-und-her- Gewälze. Nein, es ist viel mehr als das: die Liebe zur Natur, zur Heimat, zur Familie. Ver-
liebtsein, Nicht-mehr-Verliebtsein-wollen, ent- täuschte Liebe und ja, sogar die körperliche Liebe. Für sein Debütalbum „Houses And Homes“ hatte McEwan unzählige Vorschusslorbeeren erhalten und wurde auch mit internationalen Größen wie Ryan Adams, Damien Rice, City And Col- our, Bright Eyes oder Glen Hansard verglichen. Und so verwundert es nicht, dass man sogar ein Genre antrifft, welches man erst noch auf den Namen Folklor(e)core taufen müsste. So finden sich charmante Ennio Morricone-Zitate, wuchtig-hallige Drums und seichte, elektro- nische Samples, aber auch Altbekanntes wie verträumte Cello-Klänge, treibende Banjo-Pi- ckings, sphärische E-Gitarrensounds und schwe- re Klavierakkorde.
Ort: jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Klei- ner Saal
Beginn: 20.30 Uhr Eintritt: 11 € (VK), 12 € (AK) Veranstalter: jubez
www.jubez.de www.gregormcewan.com
„Much Ado About Loving“
17. 3.
Gregor McEwan
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18. März (Dienstag)
Workshop mit Irmela Mensah-Schramm:
„Mit bunten Farben gegen braune Parolen“ Siehe Ankündigung vom 17. März
Geschlossene Veranstaltung
Ort: Internationaler Bund Karlsruhe, Werder-
straße 57, KA-Südstadt Veranstalter: Jugendmigrationsdienst des Inter-
nationalen Bundes e.V.
Spielerische Begegnungen
Mobi: Spielerische Begegnungen
Wir, die Mobile Spielaktion des Stadtjugend- ausschuss Karlsruhe, sind eine spielpädago- gische Einrichtung, die mit verrückten Spieli- deen und verschiedensten Spielgeräten zu den Kindern in die jeweiligen Stadtteile fährt. Vor Ort ermöglichen wir freies, bedürfnisorien- tiertes und selbstbestimmtes Spielen. Genau das möchten wir auch all den Kindern ermög- lichen, die neu nach Deutschland gekommen sind.
Wir werden an verschiedenen Nachmittagen die StJA-Einrichtungen in der Nordstadt, Mühl- burg und Lohn-Lissen (Durlach) besuchen. Mit unserem vollgepackten Circuswagen machen wir Rast und verbringen mit den Kindern einen erlebnisreichen Spielnachmittag. Herzlich eingeladen sind alle Kinder von 6 – 14 Jahren aus dem jeweiligen Stadtgebiet, ganz besonders die Kinder, die erst kurze Zeit bei uns wohnen, um sich zusammenzufinden und zu teilen, was alle Kinder eint: das Spiel.
Ort: NCO-Club, Delawarestraße 21, KA-Nord- stadt
Zeit: 14 Uhr – 17 Uhr Teilnahme kostenlos Veranstalter: Mobile Spielaktion des StJA
Karlsruhe e.V.
www.mobi-aktion.de
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18. 3.
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18. März (Dienstag)
Kindertheater: „Woanders ist es immer anders“
In der Reihe „Kleines Tollhaus“: Ein Projekt zur Förderung von Integration und Miteinander
Ein Stück über das Kennenlernen und Verstehen anderer Kulturen zeigen Schauspielerin und Sängerin Susanne Back und der Schauspieler, Regisseur und Autor Georg Veit im Rahmen der Karlsruher Wochen gegen Rassismus. „Woan- ders ist es immer anders“ ist der Versuch eines gemeinsamen Weges, der mit jungen Men- schen ab dem Kindergartenalter mit Farben, Musik und in beeindruckenden Bildern beschrit- ten wird.
Blau. Der Himmel ist blau. Die strahlenden Au- gen der Kinder sind blau. Und der Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüf- te. Blau. Es geht um die Geschichte von Herrn Blau. Herr Blau lebt im Lande Blau. Dort ist tatsächlich alles blau. Nicht nur der Himmel und die klei-
„Woanders ist es immer anders“
nen romantischen Blumen auf der Wiese, die Herr Blau so gern hat. Nicht nur die Elefanten und Nashörner. Auch die Häuser und Straßen- schilder, die Gießkannen, Schnürsenkel und die Autos. Alles in Blau ist blau. Und alle in Blau sprechen Blau, denken Blau und fühlen Blau. Es riecht blau, es schmeckt blau und wenn du die Luft ganz fest durch die Nase ziehst, dann spürst du, wie von oben nach unten ein blau- er Hauch durch deinen ganzen Körper fährt. BLAU. Und wenn sich schließlich der blaue Mond über das Land senkt, dann möchte Herr Blau nirgends anders sein als da, wo er gerade ist. Doch eines Tages wird alles ganz anders. Etwas Schreckliches geschieht im Lande Blau. Herr Blau muss fliehen. Eine lebensgefährliche Reise übers Meer ... bis er in GELB ankommt.
Ort: Tollhaus, Alter Schlachthof 35, KA-Oststadt Beginn: 15 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Kulturzentrum Tollhaus Karlsruhe e.V.
www.tollhaus.de
18. 3.
46
18. März (Dienstag)
Abendgespräch für Frauen: „Barm- herzigkeit im Christentum und im Islam. Umgang mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen aus theologischer und praktischer Sicht“
Die Frauenkommission der Christlich-Islamischen Gesellschaft Karlsruhe e.V., die Islamische In- ternationale Frauengemeinschaft Karlsruhe und Umgebung e.V. und die Schwestern vom Gött- lichen Erlöser im Herz-Jesu Stift laden alle in- teressierten Frauen zu einem Austausch und zur Begegnung bei Gebäck und Tee ein.
Die Christlich-Islamische Frauenkommissi- on ist Teil der Christlich-Islamischen Gesell- schaft Karlsruhe (CIG). Frauen beider Religi- onen treffen sich drei bis vier Mal im Jahr, um sich gemeinsam über Themen auszutauschen, die ihr Leben und ihren Glauben betreffen. Wir schauen gemeinsam in die Bibel und den Koran, entdecken Gemeinsamkeiten und Unter- schiede und lernen Vieles und sehr Konkretes über das Leben, das Denken und den Glauben der Schwestern.
Die Islamische Internationale Frauengemein- schaft e. V. Karlsruhe und Umgebung (IIFG)
ist ein Zusammenschluss muslimischer Frauen internationaler Herkunft, die hilfsbedürftige Personen bei Problemen und Fragen beraten sowie ganz individuelle praktische Unterstüt- zung leisten. Mit der Gründung des Vereins im Jahre 2002 wurde nicht nur ein Netzwerk geschaffen, das islamischen Frauen einen Er- fahrungsaustausch und eine Anlaufstelle bietet. Vielmehr hat sich der Verein das Ziel gesteckt, bestehende Vorurteile und Missverständnisse abzubauen und sich für die soziopolitische und kulturelle Emanzipation der Karlsruher Frauen einzusetzen. Die IIFG fördert den interkultu- rellen und interreligiösen Dialog und bringt sich aktiv in die Entwicklung verschiedener Stadt- teile ein. Sie bietet jeden dritten Freitag im Monat ein Trommel-Workshop für jede_n an und lädt jeden ersten Montag im Monat Flücht- lingsfrauen zu einem internationalen Frühstück ein.
Ort: Herz-Jesu-Stift, Gellertstr. 41, KA-Mühlburg Zeit: 18 Uhr – 20 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Frauenkommission der CIG, IIFG
e. V. und Schwestern vom Göttlichen Erlöser im Herz-Jesu Stift
www.cig-karlsruhe.de www.schwestern-vom-goettlichen-erloeser.de/ Einrichtung_fuer_Wohnsitzlose.21.0.
„Barmherzigkeit im Christentum und im Islam
18. 3.
47
18. März (Dienstag)
Vortrag von Kurt Möller: „Das Ländle – die ’Insel der Seligen’? Rechtsex- tremismus in Baden-Württemberg. Erscheinungsweisen, Ursachen und Gegenstrategien“
Rechtsextremismus? Nun, der mag Anfang der 1990er Jahre in Deutschland grassiert haben und heute vielleicht noch im Osten existieren. Aber gegenwärtig in Baden-Württemberg? Kann man das ernsthaft behaupten? Ja, man kann! Der Referent Prof. Kurt Möller wird aufzeigen, dass das Ländle beileibe keine ‚Insel der Seligen’ im Meer braunen Gedanken- guts darstellt. Er wird dabei besonders auf die Anfälligkeiten junger Leute, speziell von Jungen und Männern, eingehen. Und er wird andeuten, welche Strategien erfolgversprechend erschei- nen, extrem rechte Tendenzen zurückzudrän- gen.
Über Kurt Möller: Dr. Kurt Möller ist Professor für Theorien und Konzepte Sozialer Arbeit an der Hochschule Esslingen. Neben seiner wissenschaftlichen Tä- tigkeit war er mehrere Jahre in der Jugend- arbeit und Erwachsenenbildung tätig. Seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte liegen auf der Gewalt- und Rechtsextremismusforschung, auf Jugendkulturen, männlicher Sozialisation und pädagogischer Jungen-/Männerarbeit und politischer Partizipation von Jugendlichen.
Ort: jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Gro- ßer Saal
Beginn: 19.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Kulturbüro der Stadt Karlsruhe,
jubez, Fachstelle gegen rechts im StJA e.V., Beratungsnetzwerk kompetent vor Ort. für Demokratie gegen Rechtsextremismus.
www.hs-esslingen.de/de/mitarbeiter/ kurt-moeller www.jubez.de www.stja.de/projekte-events-mehr/ kompetent-vor-ort www.karlsruhe.de/b1/kultur/ kulturfoerderung/kulturbuero
„Das Ländle – die ’Insel der Seligen’? Rechtsextremismus in Baden-Württemberg.
18. 3.
48
Konzert: New Model Army – „Bet- ween Dog and Wolf“-Tour 2014
Nachdem New Model Army 2013 bereits Teil 1 der „Between Dog and Wolf“-Tour absolviert haben, freut sich die Band darauf, auch 2014 wieder nach Deutschland zu kommen und da- bei viele Orte zu besuchen, an denen sie zu- vor noch nicht gespielt haben. 2013 war ein interessantes Jahr für New Model Army, sagt Frontmann Justin Sullivan: „Es war ein aufre- gendes Jahr für uns. Wir wussten nicht, was uns mit ‚Between Dog And Wolf‘ erwartet, wir haben unseren Sound verändert und das auch in der Liveperformance umgesetzt. Die Reakti- onen darauf waren besser, als wir je erwartet hätten, umso mehr freuen wir uns darauf, 2014 das fortzusetzen, was wir dieses Jahr begon- nen haben.“ Mit Platz 31 markierte „Between Dog and Wolf“ den höchsten Charteinstieg der Band in Deutschland seit 1993 und zudem das erfolgreichste New Model Army-Album seit 20 Jahren.
18. März (Dienstag)
Auch die Presse zeigte sich begeistert: „Die New Model Army zieht nicht mehr selbst in den Kampf, aber sie singt der jun- gen Generation ins Gewissen. Manchmal knüppelt sogar die alte Wut aus den Laut- sprechern.“ (Zeit Online) „Die langlebige Kapelle findet mit ihren archaischen Rhythmen einen neuen Ansatz, der dennoch bruchlos zum Stil von New Model Army passt.“ (Classic Rock) „Eine ergreifende Platte, die Kritiker, die der Band immer Eintönigkeit vorwarfen, für immer verstummen lassen dürfte.” (Eclipsed) „Das beste NMA Album seit ‚The Love Of Hopeless Causes‘” (Guitar)
Die neue Single „7 Times“ erscheint im Januar. Wir freuen uns sehr, dass die Band mal wieder in Karlsruhe zu Gast ist.
Ort: Substage, Alter Schlachthof 19, KA-Oststadt Beginn: 20 Uhr Eintritt: 28,60 € (VK), 32 € (AK) Veranstalter: jubez
www.jubez.de www.substage.de www.newmodelarmy.de
New Model Army
18. 3.
„Between Dog and Wolf“
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18. März (Dienstag) / 19. März (Mittwoch)
Filmvorführung: „Aus dem Leben eines Schrottsammlers“
Siehe Ankündigung vom 15. März
18. 3.
Workshop mit Irmela Mensah-Schramm: „Mit bunten Farben gegen braune Parolen“
Siehe Ankündigung vom 17. März
Geschlossene Veranstaltung
Ort: Schillerschule, Kapellenstr. 11, KA-Oststadt
www.schillerschule-ka.de
MOBI: Spielerische Begegnungen
Siehe Ankündigung vom 18. März
Ort: NCO-Club, Delawarestraße 21, KA-Nordstadt
Zeit: 14 Uhr – 17 Uhr
19. 3.
19. 3.
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Weißsein ist eine unmarkierte Position, von der aus andere beschrieben, markiert und bewer- tet werden. Es ist mit Privilegien verbunden, die meistens nicht als solche wahrgenommen oder empfunden werden. Überall da, wo weiße Menschen und PoC (People of Color; Nicht-Weiße) zusammenkommen, kooperieren oder zusammenarbeiten, stellt sich die Frage: Kommt man hier auf Augenhöhe zusammen? Nutzen weiße Menschen ihre strukturell vor- gegebenen Privilegien für einen gleichberech- tigten Austausch? Oder nutzen sie ihre aus den Privilegien resultierende Macht, um diese auf- rechtzuerhalten und zu festigen? Ist es möglich und sinnvoll, wenn weiße Menschen sich als Re- präsentant_innen der anderen verstehen, ohne deren Beteiligung zu sichern?
Zielgruppe sind alle Mitarbeiter_innen aller Verwaltungen, die in ihrem alltäglichen Um- gang ein anregendes Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Wurzeln fördern können, sowie alle weißen Menschen, die mit PoC zu tun haben – sei es bei der Arbeit, bei ihrem ehrenamtlichen Engage- ment oder einfach im Freundes- und Bekann- tenkreis. Sie sollten Interesse und/oder Freude daran haben, ihr Wissen über sich selbst zu erweitern. Natürlich können PoC ebenfalls teil- nehmen. Teilnehmende entdecken ihre blinden Flecken im Umgang mit ihren Kolleg_innen, Kund_innen, Freund_innen und Bekannten of Color und set- zen sich damit auseinander.
Am ersten Tag wird es darum gehen, ein Be- wusstsein für das Weißsein und dessen Bedeu- tung zu entwickeln, das Weißsein und damit verbundene Privilegien zu reflektieren und Einsichten in persönliche Unsicherheiten zu ge- winnen. Am zweiten Tag wird über die Selbstverständ- lichkeiten im Umgang mit PoC gesprochen. Teil-
nehmende stärken ihre Bereitschaft und ihre Fähigkeit zur Abgabe von Privilegien, befrei- en sich von Privilegien-bedingten Verweichli- chungen. Am Ende werden die Teilnehmenden die Bedingungen für die Integration von Viel- fältigkeit in Teams und im täglichen Miteinan- der kennen. Die Teilnehmenden erwartet ein sehr interaktives, kurzweiliges, provokantes und herausforderndes Training. Die Veranstaltung wird von zwei qualifizierten und erfahrenen Trainer_innen durchgeführt.
Über die Trainer_innen: Lawrence Oduro-Sarpong, geboren und auf- gewachsen in Ghana, lebt seit 1992 in Berlin und studierte Deutsch als Fremdsprache. Er ab- solvierte Ausbildungen und berufsbegleitende Weiterbildungen zu verschiedenen Themen- feldern, darunter eine Mediationsausbildung, „Managing Diversity“, Change Management & Leadership Anti-Bias (Diskriminierung Ver- lernen) und Prozess-Moderation nach Arnold Mindell. Er arbeitet seit vielen Jahren als Ex- perte für Fragen der interkulturellen- und Di- versity-Kompetenz, des Konfliktmanagement und der Weißseinsreflexion.
Lucía Muriel ist in Ekuador geboren und seit ih- rer frühen Kindheit durch verschiedene Länder, Kulturen und Regionen migriert. Sie hat Erfah- rungen mit verschiedenen politischen Systemen gemacht. An der Freien Universität Berlin stu- dierte sie Psychologie und spezialisierte sich in Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsycholo- gie sowie in Erwachsenenbildung. Sie ist aktiv verbunden mit indigenen und lateinamerika- nischen Frauenbewegungen. Die kritische Auseinandersetzung mit der Entwicklungs-, Mi- grations- und Bildungspolitik der dominanten Weißheit ist fester Bestandteil ihrer Projekte, Trainings und Seminare. Seit 2013 arbeitet Lucía Muriel als Promotorin für den ersten mi- grantischen entwicklungspolitischen Verband in
Training „Bewusst Weiß sein“
19. März (Mittwoch) / 20. März (Donnerstag)
19. 3. 20. 3.
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Berlin, „moveGLOBAL e.V.“, den sie 2012 mit- gegründet hat. Die Veranstaltung findet am 19. und 20. März statt und kann nur an beiden Tagen besucht werden!
Teilnehmerzahl: min. 10, max. 18 Kosten: 60 €, ermäßigt 40 € Anmeldung bei Stoffwechsel e.V., Werner
Kersting, Kanalweg 95, 76149 Karlsruhe, info@stoffwechsel-ev.de
Veranstalter: Stoffwechsel e.V. mit Unterstüt- zung des ibz
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Zeit: 9 Uhr – 16.30 Uhr (Mittwoch) 9 Uhr – 15.30 Uhr (Donnerstag)
www.stoffwechsel-ev.de
19. März (Mittwoch)
Vorleserunde für Kinder: „Das kleine Krokodil und die große Liebe“ nach einem Kinderbuch von Daniela Kulot
Wenn sich ein kleines Krokodil in eine Giraffe mit langem Hals verliebt, gibt es Schwierig- keiten! Aber gemeinsam finden sie einen Weg.
Für Kinder ab vier Jahren
Ort: Stadtteilbibliothek Neureut, Badnerland- halle, Rubensstraße 21, KA-Neureut Beginn: 15 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Stadtbibliothek Karlsruhe
www.stadtbibliothek-karlsruhe.de
„Das kleine Krokodil und die große Liebe“
19. 3.
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19. März (Mittwoch)
Mit Begegnungen und verschiedenen Workshops
Die Islamische Internationale Frauengemein- schaft besucht zusammen mit dem Werkraum Karlsruhe die Flüchtlinge in der Flüchtlingsun- terkunft Griesbachhaus in Mühlburg. Zusammen mit dem Betreuungsteam des „Projekts LEA“ bieten sie den Bewohner_innen Bastelangebote (u.a. Patchwork, Filzen, Malen) sowie künstle- rische Workshops (u.a. Trommeln, Tanzen, The- ater) an. Die Frauen der IIFG stehen den Be- wohner_innen für Gespräche zur Verfügung.
Das „Projekt LEA“: Der Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe be- gann 2012 mit der Betreuung von Flüchtlings- kindern im NCO-Club. Der Bedarf an Kinder- betreuung ist auch an anderen Orten sehr hoch und so gibt es nun seit Ende letzten Jahres unter dem Namen „Projekt LEA“ auch in drei weiteren Außenstellen der Landeserstaufnah- mestelle Baden-Württemberg Betreuungsan- gebote. Während der Betreuungszeit können die Kinder Kreativ- und Bewegungsangebote wahrnehmen, es werden gemeinsame Ausflüge unternommen und die Kinder haben darüber hinaus die Möglichkeit, am Deutschunterricht teilzunehmen.
Geschlossene Veranstaltung
Ort: Griesbach-Haus, Sophienstraße 193, KA-Mühlburg
Beginn: 9.30 Uhr Veranstalter: IIFG e.V., Werkraum Karlsruhe
e.V., Stadtjugendausschuss Karlsruhe e.V. – „Projekt LEA“
www.werkraum-karlsruhe.de
Angebote für Flüchtlinge im Griesbach-Haus
Vortrag von Stefan Luft mit anschlie- ßender Diskussion: „Herausforde- rungen europäischer Grenzpolitik“
Europäische Migrationspolitik ist ein komplexes und dynamisches Politikfeld. Die Debatte ist gekennzeichnet durch polarisierte Kontrover- sen. Die gegenwärtige Konzentration der EU auf die Grenzsicherung zur Begrenzung irregu- lärer Zuwanderung wird überwiegend kritisch bewertet. Nicht selten führt sie zu Menschen- rechtsverletzungen und menschlichen Tragö- dien. Langfristig würde eine Verbesserung der Perspektiven in den Herkunftsländern den Mi- grationsdruck verringern.
Ein Vortrag mit Dr. phil. habil. Stefan Luft, geb. 1963, Privatdozent am Institut für Politikwissen- schaft der Universität Bremen
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Beginn: 19.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Europa-Union Karlsruhe, ibz Karlsruhe e.V.
www.stefanluft.de www.ibz-karlsruhe.de www.europa-union-karlsruhe.de
„Herausforderungen europäischer Grenzpolitik“
19. 3.
19. 3.
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19. März (Mittwoch)
Theater: „Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner“
Fünf hochmotivierte Gutmenschen proben eine Wohltätigkeitsveranstaltung für ein Schulpro- jekt in Guinea-Bissau – und verheddern sich heillos in Pauschalisierungen, Vorurteilen und vermeintlich politisch korrekten Verhaltensstra- tegien: Darf eine „echte Schwarze“ auf der Bühne sein, um die Veranstaltung zu beglau- bigen? Oder ist das positiver Rassismus? Muss man an die Botschaft glauben, die man ver- tritt? Oder ist die Wirkung wichtiger? In den Diskussionen der Fünf über die Verteilung der Redezeit, über peinliche Papp-Palmen oder Betroffenheitskitsch werden die Proben für das gut gemeinte Projekt zu einer Parade der Profilneurosen. Amüsant, klug und scharfsinnig entlarvt Ingrid Lausund in ihrer Komödie den Ablasshandel in Wohltätigkeitsveranstaltungen, den versteckten und vor allem gut gemeinten Rassismus und das Dilemma des schlechten Ge- wissens in unseren Köpfen.
„Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner“
19. 3.
Ort: Badisches Staatstheater, Baumeisterstraße 11, KA-Südstadt, Studio
Beginn: 20 Uhr Eintritt: 13 €, ermäßigt 7 € Veranstalter: Badisches Staatstheater Karlsruhe
www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/ info/1694
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„Ich bleib dann mal hier!“ Senay Duzcu: „Ich bleib dann mal hier!“ – Ethno Stand-Up Comedy ohne Kopftuch auf der Bühne
Senay Duzcu ist die erste türkische Komikerin in Deutschland. Ihr Weg auf die Bühne war weit, seit sie mit ihren Eltern, die als Gastarbeiter nach Deutschland kamen, einge- wanderte. Ihr Vater sagte zu einem Storch Schwein und seine Frau stellte er vor, indem er sagte: „Das ist eine Lebensgefahr“. Und eigentlich sollte die Schwester von Senays Mutter die Ehefrau ihres Vaters werden. Aber die hatte am Hochzeitstag keine Zeit. Wie alt Senay ist, weiß sie nicht. In der Türkei werden Geburtszahlen gerne angepasst. Senay glaubte lan- ge, sie sei wie Jesus in einem Stall ge- boren worden. In Deutschland erfuhr sie, es sei wohl doch eine Hausgeburt gewesen. Von da an machte es sich die hübsche Frau zur Aufgabe, Kultu- runterschiede aus der Sicht türkischer Frauen zu zeigen. Als „Komikerin im roten Kleid“ machte sie sich schnell ei- nen Namen, auch in Radio und Fern- sehen. In Bayern wurde Senay 2007 der Deutsch-Türkische Freundschafts- preis verliehen.
Ihr eigenwilliger Humor erlaubt es Senay, nicht nur zwischenmenschliche Unterschiede komisch wiederzugeben, sondern auch politische Aus- einandersetzungen aufzulockern. Intelligent und mit dem nötigen Augenzwinkern eröffnet die Wahlkölnerin manch überraschende Sicht- weise. So bringt sie Bewegung in eingefahrene Debatten mit scheinbar unverrückbaren Positi- onen und verhilft den Beteiligten nicht selten zu neuen Möglichkeiten der Verständigung. Ange- la Merkel empfiehlt sie, einen Türken zu heira- ten, „…dann könnte sie ein Kopftuch tragen, müsste sich nicht mehr um ihre Frisur scheren
und hätte mehr Zeit zum Regieren.“ Integration durch Comedy? Geht das? „Ja klar“, sagt Senay Duzcu. „ Zum Glück braucht das Lachen keine Dolmetscher.“
Ort: jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Gro- ßer Saal
Beginn: 20.30 Uhr Eintritt: 16,50 € (VK), 18 € (AK) Veranstalter: jubez
www.senay.tv www.jubez.de
19. März (Mittwoch)
19. 3.
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Training: Bewusst Weiß sein Siehe Ankündigung vom 19. März
MOBI: Spielerische Begegnungen Siehe Ankündigung vom 18. März
Ort: vor dem Kinder- und Jugendtreff Mühl- burg, Fliederplatz 1, KA-Mühlburg
Zeit: 13 Uhr – 16 Uhr
Vorleserunde für Kinder: „Irgendwie Anders“ nach dem Bilderbuch von Kathryn Cave
So sehr er sich auch bemühte, wie die anderen zu sein, Irgendwie Anders war erkennbar an- ders. Deswegen lebte er auch ganz allein auf einem hohen Berg und hatte keinen einzigen Freund. Bis eines Tages ein seltsames Etwas vor seiner Tür stand. Das sah ganz anders aus als Irgendwie Anders, aber es behauptete, genau wie er zu sein...
Im Anschluss an die Vorleserunde findet eine Bastelaktion statt.
Für Kinder ab vier Jahren
Ort: Stadtteilbibliothek Waldstadt, Neisser Straße 12, KA-Waldstadt Beginn: 15.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Stadtbibliothek Karlsruhe
www.stadtbibliothek-karlsruhe.de
„Ich bleib dann mal hier!“
19. März (Mittwoch) /20. März (Donnerstag)
Vortrag: „Psychologische Aspekte von Vorurteilen aus transkultureller Sicht“
Die Bahai-Religion ist eine junge Religion, die vor 150 Jahren entstanden ist und sich über die ganze Welt verbreitet hat. Bahais leben seit 1920 in Karlsruhe und treffen sich zu Vorträ- gen und Veranstaltungen in der Amalienstraße 30. Hauptgedanke des Bahai-Glaubens ist der Glaube an die Einheit der Menschheit und der Abbau jeglicher Art von Vorurteilen, seien es religiöse, rassische, nationale und andere. Um diese Gedanken bekannt zu machen, finden Informationsveranstaltungen im Bahai-Zentrum Karlsruhe statt. Der Referent Dr. habil. Hamid Peseschkian wird in seinem Vortrag auf die Vorurteile der Menschen eingehen, schildern, woher sie kommen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.
Über Hamid Peseschkian: Dr. Hamid Peseschkian ist Direktor der Wiesba- dener Akademie für Psychotherapie (WIAP), Medizinischer Direktor des Wiesbadener Psy- chotherapiezentrums und Präsident des Welt- verbandes für Positive Psychotherapie (WAPP). Er ist auch bekannt aus Beiträgen im ZDF.
Ort: Bahai-Zentrum, Amalienstraße 30, KA-Innenstadt Beginn: 19.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Bahai-Gemeinde Karlsruhe
www.peseschkian.com/de/hamid-peseschkian www.karlsruhe.bahai.de
„Vorurteile aus transkultureller Sicht“
„Irgendwie Anders“
19. 3.
20. 3.
20. 3.
20. 3.
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20. März (Donnerstag)
Film- und Vortragsabend in Zusam- menarbeit mit dem WDR: „Joséphine Baker. Schwarze Diva in einer wei- ßen Welt“ Regie: Annette von Wangenheim
Joséphine Baker zählt zu den berühmtesten und populärsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Ihr legendärer Bananen-Gürtel schrieb Thea- tergeschichte, ihr Chanson „J’ai deux amours“ wurde zum Evergreen und zur Baker-Hymne. Sie war die Königin des Charleston der Gol- denen 1920er Jahre, die Diva der Folies-Ber- gère und des Casino de Paris. Sie wurde zum ersten schwarzen international erfolgreichen Superstar. Der Film konzentriert sich auf ihr Leben und Werk aus schwarzer Perspektive. Dieser Ansatz ist in der Reihe bisheriger Do- kumentationen über Joséphine Baker neu und portraitiert die Künstlerin erstmals im Spiegel europäischer Kolonial-Klischees und als Aktivi- stin der weltweiten Black Consciousness-Bewe- gung des 20. Jahrhunderts.
Annette von Wangenheim, die Filmautorin, steht als Gesprächspartnerin und Vortragende zur Verfügung.
Über Annette von Wangenheim: Dr. Annette von Wangenheim studierte an der Universität zu Köln Musikwissenschaften, The- ater-, Film- und Fernsehwissenschaften sowie Kunstgeschichte. 1985 erschien ihre Dissertati- on „Béla Bartók. Der Wunderbare Mandarin. Von der Pantomime zum Tanztheater“ im Ul- rich Steiner Verlag. Seit 1988 arbeitet sie als freischaffende Autorin und Dokumentarfilmerin im Bereich Musik, Tanz, deutsche Kolonialge- schichte und Auslands-Dokumentationen für den WDR und ARTE. Ihre Filme sind im Fern- sehen, auf internationalen Festivals und in Be- gleitprogrammen zu Ausstellungen zu sehen, zum Beispiel „Nijinsky & Neumeier. Eine See-
Abb.: Josefine Baker: Diva, Ikone, Superstar. In den 30er Jahren gehörte sie zu den bestgeklei- deten Frauen der Welt (undatierte Aufnahme). © Bild: WDR/dpa
20. 3.
„Joséphine Baker. Schwarze Diva in einer weißen Welt“
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20. März (Donnerstag)
lenverwandtschaft im Tanz“, „Joséphine Baker. Schwarze Diva in einer weißen Welt“ oder „Pagen in der Traumfabrik. Schwarze Kompar- sen im deutschen Spielfilm“.
Ort: studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassage 6, KA-Innenstadt
Beginn: 19 Uhr Eintritt: 6 €, ermäßigt 4,50 € ( für Mitglieder
der Kinemathek) Veranstalter: Volkshochschule Karlsruhe e.V.,
Kinemathek Karlsruhe e.V., in Zusammenar- beit mit dem WDR
www.annettevonwangenheim.de www.vhs-karlsruhe.de www.kinemathek-karlsruhe.de
Vortrag von Christoph Ruf: „Gruppenbezogene Menschenfeind- lichkeit im Fußball“
Der Karlsruher Journalist Christoph Ruf re- cherchierte für sein Buch „Kurven-Rebellen. Die Ultras – Einblicke in eine widersprüch- liche Szene.“ monatelang in den deutschen Ultra-Szenen, die ihm Einblicke gewährten wie sonst kaum einem Journalisten. Und sie schil- derten Versuche von Neonazis, mit aller Bru- talität die Vorherrschaft der Ultra-Szenen zu brechen. Denn der vermeintliche Rechtsdrall der Ultras entspricht nur selten der Wahrheit – Ruf beschreibt zahlreiche Beispiele für ein be- merkenswertes Engagement gegen Rassismus und Antisemitismus. Zuvor erschienen mit „Was ist links? Reportagen aus einem politischen Mi- lieu.“ und „In der NPD. Reisen in die National Befreite Zone.“ bereits zwei Werke, in denen Christoph Ruf sich mit Politik auseinandersetzt. Im Rahmen der Karlsruher Wochen gegen Ras- sismus kombiniert der Autor diese beiden span- nenden Themenbereiche.
Ort: Kinder- und Jugendtreff Südstadt, Augar- tenstraße 21, KA-Südstadt
Beginn: 19.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: SJD – Die Falken, Input Karlsru-
he, Libertäre Gruppe, Beratungsnetzwerk kompetent vor Ort. für Demokratie gegen Rechtsextremismus, Kinder- und Jugendtreff Südstadt des Stadtjugendausschuss Karlsru- he e.V.
www.christoph-ruf.de www.sjd-falkenkarlsruhe.org www.stja.de/kinder-und-jugendeinrichtungen/
kinder-und-jugendtreff-suedstadt www.stja.de/projekte-events-mehr/ kompetent-vor-ort
„Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit im Fußball“ 20. 3.
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Film „Kriegerin“ David Wnendt, Deutschland 2011, 103 Minu- ten
Jung, weiblich und rechtsradikal. Marisa (20) ist ein Teil einer Jugendclique der rechtsextre- men Szene. Marisa schlägt zu, wenn ihr jemand dumm kommt. Sie hasst Ausländer, Schwarze, Politiker, Juden und die Polizei. Svenja, ein jun- ges Mädchen, stößt zur Clique und geht Mari- sa zunächst gehörig auf die Nerven. Aber aus Feindschaft wird eine vorsichtige Freundschaft. Während Svenja immer tiefer in die Szene rutscht, gerät Marisas Weltbild ins Wanken. Marisa beginnt darum zu kämpfen, sich aus der rechten Szene zu befreien, doch der Weg wird härter als sie ahnt.
Ort: Landesmedienzentrum, Moltkestraße 64, KA-Weststadt Beginn: 19.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Landesmedienzentrum Baden-Württemberg
www.kriegerin-film.de www.lmz-bw.de
„Kriegerin“
20. März (Donnerstag)
20. 3.
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20. März (Donnerstag)
Ökumenisches Nachtgebet gegen Rassismus: „Aufstand im Paradies – Südafrikas Farmarbeiter kämpfen für ein besseres Leben“
Mit Vortrag von Simone Knapp und Bonifa- ce Mabanza von der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika (KASA) Heidelberg, begleitet von den MOKO-Chören Heidelberg
Auch nach dem Ende der Apartheid ist die Lage der Farmarbeiter in Südafrika kaum ver- ändert. 55 000 weiße Farmer besitzen alles fruchtbare Land außerhalb der ehemaligen Homelands, während 20 Millionen Schwarze auf kleinen Parzellen kaum überleben können oder als Farmarbeiter immer noch gegen Hun- gerlöhne und für bessere Lebensbedingungen kämpfen müssen. Die Referenten von KASA be-
richten mit Zahlen, Fakten und Bildern von den Men- schen am Kap.
Die unter dem Namen Mo- ko-Chöre bekannten Afri- kachöre der Musik- und Singschule Heidelberg von Eva Buckman haben sich auf authentische Chormusik mit Schwerpunkt Südafrika spezialisiert. Afrikanische Chormusik ist Lebensfreude pur, die ansteckend wirkt. Die Verbindung von Klang und Bewegung prägten die Kulturen und das Bewusst- sein Afrikas im Alltag, bei Kampf und Feier.
„Aufstand im Paradies“
Bilder der Ausstellung „Our land... our life... our future“ stehen im Hintergrund. Bei einem kleinen Imbiss ist dort zum Nachgespräch Ge- legenheit.
Beginn: 19.30 Uhr Ort: Evangelische Stadtkirche, Marktplatz,
KA-Innenstadt Eintritt frei – um eine Spende zur Unterstützung
der Gastmusiker wird gebeten. Veranstalter: Stadtkirche Karlsruhe, St. Ste-
phan Karlsruhe, KASA Heidelberg, Forum für gesellschaftlichen Frieden Karlsruhe (FgF), Attac Karlsruhe, Weltladen Karlsruhe
www.stadtkirche-karlsruhe.de www.kasa.woek.de www.fgf-karlsruhe.de
20. 3.
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21. März (Freitag)
Angebot an weiterführende Schulen, Sekun- darstufe I / Klasse 7 – 10
Der Vormittag im EINE WELT THEATER beginnt mit einem lebendigen Vortrag zur Geschichte Südafrikas und dem Widerstand Nelson Man- delas und des ANC. Wir beleuchten die Be- deutung des Massakers von Sharpeville 1960 und lesen Berichte von Jugendlichen, die die Zeit der Apartheid erlebten. Wir gehen der Frage nach, warum es den Schüleraufstand von Soweto gab und wie sich Südafrika bis heute verändert hat. Die Veranstaltung wird ergänzt von persönlichen Fotos und Erlebnissen in Süd- afrika. Wir schlagen den Bogen mit der Frage: Welche Formen von Rassismus erleben wir hier und was sollten die Antworten darauf sein?
Anmeldung per E-Mail an: ruth.rahaeuser@gmx.de
Veranstalterin: Ruth Rahäuser, Eine Welt Theater Ort: Eine Welt Theater, Alter Schlachthof 23 f,
KA-Oststadt Zeit: 10 Uhr – 12.30 Uhr – nach Absprache Preis für 1 Klasse: 50 €
www.eine-welt-theater.de
Int. Tag zur Überwindung von Rassendiskriminierung
Regenbogennation SÜDAFRIKA
Performance zum Themenkomplex Identität anlässlich der Karlsruher Wochen gegen Rassismus am Tag der Überwindung von Rassendiskri- minierung.
Heike Pitschmann (Diplom-Medienkünstle- rin der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, Magistra der Kunstwissenschaft, Diplom-Kunsttherapeutin) ist als Künstlerin im öffentlichen Raum tätig. Das von ihr bearbei- tete Themenfeld umfasst vorwiegend Sozialkri- tisches. Zudem ist Heike Pitschmann u.a. Dozen- tin für Kunst der Gegenwart. Zu ihren Arbeiten zählen u. a.: „transparenz“, Frankfurt am Main, 2004; „i want to have a female pope“, Rom, 2005; „ALICE SCHWARZER ALS KANZLERIN“, Berlin, 2005; „V.A.M.P./ Visionary Art Mani- festo Performances“, Berlin, Amsterdam, Paris, London, Barcelona, Milano, Wien, Berlin, 2006; „stop_polarizing“, Wien, 2006; „99 balloons for g8 2007 in heiligendamm“, Heiligendamm, 2007; „koran“, Karlsruhe, 2010; „DREAMING OF A NON-CAPITALISTIC WORLD“, Kassel, 2012; „DREAMING OF A NON-COMMERCIAL CHRISTMAS 21 12 2013“, Stuttgart, 2013.
Ort: Platz der Grundrechte, Karl-Friedrich- Straße, zwischen Zirkel und Schlossplatz, KA-Innenstadt
Zeit: 12 Uhr – 12.21 Uhr Eintritt frei Veranstalterin: Heike Pitschmann
www.heikepitschmann.de
„Identität“
21. 3.
21. 3.
EINE-WELT-THEATER
EINE-WELT-THEATER
EINE-WELT-THEATER
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21. März (Freitag)Int. Tag zur Überwindung von Rassendiskriminierung
Muslimisches Freitagsgebet
Auf Initiative des Interkulturellen Rats in Deutschland und in Kooperation mit dem Mus- limischen Studentenverein in Karlsruhe laden der Deutschsprachige Muslimkreis und der Dachverband islamischer Vereine in Karlsruhe die Karlsruher Bürger_innen zu einem öffentli- chen Freitagsgebet ein. Die Freitagsansprache, die dort seit über einem Jahrzehnt auf Deutsch gehalten wird und an der hauptsächlich Stu- denten des KIT teilnehmen, findet in der Halle des AKK, dem alten Stadion der Universität, statt. Sie haben so die Möglichkeit, ein Frei- tagsgebet von Karlsruher Muslimen direkt zu sehen und zu hören und im Anschluss daran mit Muslimen bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch zu kommen.
Anmeldung erwünscht per E-Mail an: info@dmk-karlsruhe.de
Ort: AKK-Stadion, Gebäude 30.81, Paulckeplatz 1, KA-Innenstadt Beginn: 13.15 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Dachverband islamischer Vereine
in Karlsruhe und Umgebung e. V., Deutsch- sprachiger Muslimkreis Karlsruhe e.V.
www.dmk-karlsruhe.de www.karlsruher-muslime.de
Freitagsgebet am KIT
Siehe Ankündigung vom 18. März
Ort: vor dem Kinder- und Jugendtreff Mühl- burg, Fliederplatz 1, KA-Mühlburg
Zeit: 13 Uhr – 16 Uhr
Öffentliche Führung im ZKM | Museum für Neue Kunst durch die Ausstellung
Siehe Ankündigung vom 15. März
Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südweststadt Zeit: 16 Uhr – 17 Uhr Eintritt frei, Führung 2 € Veranstalter: ZKM
21. 3. 21. 3.
21. 3.
Spielerische Begegnungen
Ausstellungsführung: „global aCtIVISm“
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Die Ajumi-Gruppen (Aufnahmegruppe für jun- ge Migranten) der Heimstiftung Karlsruhe bie- ten eine erste Anlaufstelle für alleinstehende ausländische männliche Kinder und Jugend- liche. Neben der Inobhutnahme und der Ver- sorgung mit den notwendigsten Dingen steht die Klärung der Lebensumstände und Lebens- perspektiven im Vordergrund der Arbeit. Hier- bei werden in Gesprächen die Hoffnungen, Wünsche und Vorstellungen der Jugendlichen erfasst und sowohl diese als auch die Beobach- tungen der Mitarbeiter in der weiteren Jugend- hilfeplanung berücksichtigt. Die pädagogische Arbeit in der AJUMI zeich- net sich durch den ständigen Wechsel der Bewohner aus und findet in der kulturellen, sprachlichen und religiösen Vielfalt eine Beson- derheit. In den wenigen Monaten, welche die Kinder und Jugendlichen in unserer Einrichtung untergebracht sind, versuchen wir ein Vertrau- ensverhältnis zu ihnen aufzubauen und sie auf ihr weiteres Leben in Deutschland vorzuberei- ten. Neben der täglichen Betreuung im Haus und der grundlegenden Versorgung stehen deshalb die Vorbereitung auf den Schulbesuch sowie freizeitpädagogische und integrative Aktivitäten im Vordergrund. Ein weiterer wichtiger Arbeitsbereich ist der Kontakt mit den Vormündern, Jugendämtern und Nachfolgeeinrichtungen sowie die gemein- same Planung der weiteren Unterbringung.
Trommeln und Kochen mit AJUMI
Wir treffen uns mit den jungen Flüchtlingen und verbringen einen Nachmittag mit Kochen, Ge- sprächen und gemeinsamem Trommeln.
Anmeldung beim ibz unter Telefon 0721- 89333710 oder per E-Mail an: info@ ibz-karlsruhe.de
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Beginn: 17 Uhr Veranstalter: Ajumi (Heimstiftung), IIFG e.V., ibz
Karlsruhe e.V.
www.heimstiftung.karlsruhe.de/kinder/krisen- hilfe/ajumi
www.ibz-karlsruhe.de
21. März (Freitag) Int. Tag zur Überwindung von Rassendiskriminierung
21. 3.
63
Filmvorführung: „My Dog Killer“ Môj pes killer Mira Fornay, Tschechien/Slowakei 2013 Mit Adam Michal, Marian Kuruc, Libor Filo, di- gital, 90 Min., dt. Ut.
Der 18-jährige Marek lebt im Niemandsland irgendwo an der Grenze zwischen Tschechien und der Slowakei. Sein Vater baut Wein an, den er am liebsten selber trinkt. Seine Mutter ist mit einem Anderen abgehauen. Was Marek bleibt, ist sein gut abgerichteter Hund, den er Killer nennt. Und dann gibt es noch den Boxver- ein der Skinheads. Auch Marek ist Skinhead, allerdings mehr aus Mangel an Alternativen als aus Überzeugung. Als die Wohnung ver- kauft werden muss, soll Marek für eine erfor- derliche Unterschrift die Mutter aufsuchen, die mit einem Rom zusammen einen zweiten Sohn hat. Marek will weder mit ihr noch mit seinem Halbbruder etwas zu tun haben. Rassismus ist in „My Dog Killer“ das beherrschende Thema, doch es wäre falsch, den Film nur auf die Slo- wakei und diese Problematik zu begrenzen. Vielmehr zeigt Mira Fornay in ihrem zweiten Spielfilm auf sehr leise und einfühlsame Art das Versagen eines Staates und einer Gesellschaft,
in der Menschen inzwischen nichts mehr haben, zu dem sie sich zugehörig fühlen können. (nach: Viennale 2013)
Bei der Vorstellung am 21. März besteht Ge- legenheit zum Gespräch mit Yana Shykhyrina, Leiterin des Projektes „Tasse Tee“, das der Be- gegnung mit Asylbewerbern aus den Außen- stellen der Landesaufnahmestelle dient. Sie hat sich intensiv mit den Themen Rechtsradikalismus und Antiziganismus in osteuropäischen Ländern beschäftigt.
Ort: studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassage 6, KA-Innenstadt
Beginn: 19 Uhr Eintritt: 6 €, ermäßigt 4,50 € (für Mitglieder
der Kinemathek Karlsruhe) Veranstalter: Kinemathek Karlsruhe e.V.
Weitere Vorführung am 22. März, 19 Uhr; 25. März, 21.15 Uhr; 26. März, 21.15 Uhr
www.kinemathek-karlsruhe.de
„My Dog Killer“
21. März (Freitag)Int. Tag zur Überwindung von Rassendiskriminierung
21. 3.
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21. März (Freitag)
Demokratieförderung und Be- kämpfung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit an Schulen: Das Netzwerk für Demokratie und Courage Baden-Württemberg (NDC) stellt seine Arbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus vor
Seit mehr als 10 Jahren bietet das NDC für Schulen und sonstige Jugendeinrichtungen Pro- jekttage an. Hier werden Vorurteile benannt und bearbeitet, die viele gesellschaftliche Gruppen betreffen können. Oft sind Schü- ler_innen von einem Vorurteil betroffen, wäh- rend sie gleichzeitig andere Vorurteile selbst vertreten. Daher versucht das NDC auf ab- wechslungsreiche und unterhaltsame Art, Schü- ler_innen ein humanistisches Menschenbild zu vermitteln, das die Basis für ein demokratisches Zusammenleben bildet.
Bei dieser Veranstaltung möchte das NDC Lehrkräften und anderen Menschen, die mit Jugendlichen arbeiten, seine Arbeit vorstellen. Wir wollen Tipps geben und darüber diskutie- ren, wie erfolgreiche Konzepte gegen men- schenfeindliche Haltungen bei Jugendlichen aussehen können.
Veranstalter: Netzwerk für Demokratie und Courage e.V.
Ort: DGB-Haus, Ettlinger Straße 3 a, KA-Süd- stadt, Großer Saal
Beginn: 19 Uhr Eintritt frei
www.netzwerk-courage.de
Vortrag von Tarek Badawia: „Vorurteile und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bei deut- schen Jugendlichen und Jugend- lichen mit Migrationshintergrund“
Um Rassismus und gruppenbezogene Men- schenfeindlichkeit gerade in Zukunft zu ver- hindern und ein Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen ist es wichtig, die Jugend dafür zu sensibilisieren. Eine große Aufgabe und He- rausforderung ist es heute und wird in nächster Zukunft noch mehr sein, dass sich junge Leute mit deutschen Wurzeln und junge Menschen mit Migrationshintergrund besser verstehen kön- nen und mögliche Spannungen zwischen ihnen abgebaut werden. Um Jugendlichen bei po- tentiellen Konflikten gute Lösungen anzubieten, muss man mehr über ihr Denken und Verhalten erfahren.
Über Tarek Badawia: Dr. Tarek Badawia ist Leiter der Nachwuchs- gruppe Norm, Normativität und Normenwan- del am Department für Islamische Studien der Universität Erlangen-Nürnberg. Er beschäftigt sich sowohl wissenschaftlich als auch praktisch mit Jugendlichen und wird den Zuhörern das Thema näher bringen.
Ort: Deutschsprachiger Muslimkreis Karlsruhe e.V., Rintheimer Straße 15, KA-Oststadt
Beginn: 20 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Deutschsprachiger Muslimkreis
Karlsruhe e.V.
www.dirs.phil.uni-erlangen.de/nachwuchsfor- schergruppen/norm-normativitaet-und-nor- menwandel-ii/dr-tarek-badawia
www.dmk-karlsruhe.de
Netzwerk für Demo- kratie und Courage
21. 3.
21. 3. Voruteile bei Jugendlichen
Int. Tag zur Überwindung von Rassendiskriminierung
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21. März (Freitag)
Lesung und Musik
Lesung und Musik in der Installation „Karlsru- her-Welten-Bürger-Netz“ zu Gedichten und Prosa der jüdisch-ungarischen Dichter Attila József, Antal Szerb und Miklós Radnóti
„Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Ver- brechen.“ Mittels Lesung und Musik will die Künstlerin Re- nate Schweizer in ihrer Installation Farbe be- kennen für eine Gesellschaft ohne Hass, Aus- grenzung und Diskriminierung von Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland, Österreich, Ungarn, Europa und der Welt. Das „Welten- Bürger-Netz“ wächst seit 2005 beständig und besteht mittlerweile aus Tausenden zusammen- geknüpfter Teebeutelfäden, die von Menschen überall auf der Welt gesammelt und mitei- nander verbunden werden (siehe Kunstprojekt „Come to dinner – invitation to all nations and religions).
Über Renate Schweizer: Für Renate Schweizer bedeutet Kunst in er- ster Linie Kommunikation, die Verbindung zwi- schen ich und du und wir, das Entstehen einer „Wir-Welt“ durch Werk – Betrachter_in & Künstler_in im Dialog. Künstlerisches Arbeiten sieht sie als engagierte Kunst. Die Funktion ih- rer Kunst präsentiert sich im ästhetischen, so- zialen und sozialpolitischen Engagement. Ihre Herausforderung als Künstlerin zielt u. a. auf Experimente, auf eine experimentelle For- schung und Kunstpraxis, die sich im Kontext eines jeweiligen Projektes manifestiert. Re- nate Schweizer absolvierte einen Master- und Postgraduierten-Studiengang in intermedialer Kunst am Arts-Institute Of Boston in den USA. Sie lebt und arbeitet seit 1993 in Karlsruhe und engagiert sich stark in ihrer KunstWerk- statt HautNah gegen Gewalt und Selbstverlet- zung. Seit 1981 Teilnahme an internationalen Kunstausstellungen und Performance-Projekten
in Hongkong, Designmuseum Davis, Kalifornien; Museum in Kaliningrad, Russland; Bible Muse- um in Tel Aviv und Kaye Gallery, Beer Sheba, Israel; Museum of Art, Cluj-Napoca, Rumänien; Papier Museum Duszniki Zdroj, Polen; Papier- museum Seoul, Südkorea; Ogilvie High School, Hobart, Tasmanien u. v. m. Seit 2013 mehrere Künstleraufenthalte in Budapest u. a. Einladung vom Hungarian Multicultural Center/Budapest, Dallas zu „Artist in residence“-Aufenthalten in 2013 und 2014.
Musik: Resha & friends – (Renate Schweizer, Dragan Ahmedovic und Rüdiger Blank)
Ort: PREVIEW.SÜD Atelier | Galerie, Schützen- straße 37, KA-Südstadt
Zeit: 20 Uhr – 21.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: PREVIEW SÜD. Atelier | Galerie
www.previewsued.blogspot.de www.cometodinner.net
„Tedd a kezed – Leg deine Hand – und suche nach dem Wunder“
21. 3.
Int. Tag zur Überwindung von Rassendiskriminierung
21. 3.
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Theater: „Hans & Hasan” „Hans & Hasan“ ist ein humorvolles mediales Solo-Stück zwischen Schauspieler (Rusen Kartaloglu) und Cartoons, die miteinander in charmanter und witziger Weise in Dialog treten. Die beiden Fi- guren sind zwei Arbeiter (Prototypen ihrer Herkunftskultur), die Ausschnitte aus ihrem alltäglichen Leben mit all den Besonderheiten und Konflikten, aber auch deren Freundschaft kritisch erzählen. Hans stammt, wie der Name schon erraten lässt, aus Deutschland und Hasan ist türkischer Herkunft, lebt aber seit über 30 Jahren in Deutschland. Beide zeichnen ein positives Bild des Zusammenle- bens mit eigener Perspektive, geprägt von ihrer Herkunftskultur.
Pressestimme: „Lustvoll zeigte Kartaloglu die kulturellen Unterschiede auf und gewann daraus so manchen Scherz.“ (BNN)
Ort: Sandkorn-Theater, Kaiserallee 11, KA-Weststadt Beginn: 20.30 Uhr Eintritt: Theatereintritt Veranstalter: Tiyatro Diyalog e.V.
www.tiyatrodiyalog.de www.sandkorn-theater.de/spielplan/programmkalender/icalrepeat. detail/2014/03/21/2028/35|37|36|90/ tiyatro-diyalog-hans-a-hasan-
„Hans & Hasan”
21. März (Freitag)
21. 3.
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Der größte semiprofessionelle Streetdan- ce-Wettbewerb für Kinder und Jugendliche in Baden-Württemberg „the show“ wird am 22. und 23. März wieder im jubez am Kronenplatz über die Bühne gehen. „the show“ ist seit der ersten Stunde ein Gemeinschafts-Projekt zwei- er Einrichtungen des Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe, dem jubez am Kronenplatz und dem Musikmobil Soundtruck. Auftreten werden Tanz- gruppen verschiedener Altersklassen aus einem Umkreis von 30 Kilometern rund um Karlsru- he. Freie Formationen, Vereine und Tanzschu- len zeigen Hip-Hop-, Jazz-, Video-Clip- bzw. Show-Dance. Es gibt drei Gruppen: bis ein- schließlich elf Jahre, 12 bis 15 Jahre und 16 bis 21 Jahre. Es winken zahlreiche Preise, u. a. Auftritte. Die „Offene Bühne“ außerhalb des Wettbewerbs ergänzt das Programm – hier ist im Bereich Dance und Songs von Solokünstlern und Gruppen (fast) alles erlaubt. Jede Menge „Action“ wird an diesen zwei Tagen geboten. Es lohnt sich also wie immer, an beiden Tagen vorbei zu schauen und sich von der Begeiste- rung mitreißen zu lassen! Und die kleinen und großen Tänzer freuen sich natürlich über viele Zuschauer.
Ort: jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt Beginn: 15 Uhr, Einlass ab 14 Uhr Eintritt: 2 € Veranstalter: Stadtjugendausschuss e.V., jubez,
Musikmobil Soundtruck des StJA e.V.
www.the-show.eu www.jubez.de www.soundtruck.de
22. März (Samstag)
Streetdance-Wettbewerb „the show“
Tasse Tee Siehe Ankündigung vom 15. März Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt, Großer Saal
„Schwarz schmeckt! Tunesischer Kaffee, spanisches Dinner“ Der Tunesische Club Karthago und der Spanische Elternverein laden zu einem Din- ner-Abend ein. Wir bieten für unsere Gäste eine nette familiäre Atmosphäre bei spanischer Gitarre, tunesischem Kaffee und spanischer Pa- ella und Tapas. Der Kaffee ist kostenlos, Essen wird berechnet.
Anmeldung ist erforderlich bei Lilia Jeridi per E-Mail an: fv.fv@gmx.de oder unter Telefon: 0174-8875363.
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Beginn: 19 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Spanischer Elternverein Karlsru-
he e.V., Tunesischer Club Karthago e.V. und Förderverein Fest der Völkerverständigung e.V.
22. 3.
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22. 3.
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22. März (Samstag)
Vortrag: Stefan Schmidt Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Beginn: 20 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Menschenrechtszentrum e.V.
www.schleswig-holstein.de/Portal/DE/Land- tag/Fluechtlingsbeauftragter/Fluehtlingsbe- auftragter_node.html www.menschenrechtszentrum.de
Lampedua - in Karlsruhe?
22. 3.
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22. März (Samstag)
www.zkm.de
Konzert: Bergitta Victor Wer sich von einer starken, samtigen Soul-Stim- me streicheln lassen will, ist bei Bergitta Vic- tor richtig. Die Sängerin und Songwriterin von den Seychellen lebt aktuell in Hamburg und verbrachte einen Teil ihrer Jugend in Tansania und in der Schweiz. Victor hat soeben ihr drit- tes Album „On A Journey“ veröffentlicht, da- rauf sind etliche illustre Gäste zu hören (u. a. Blick Bassy). Sie klingt reif, ausgefeilt und spielt souverän auf der Klaviatur von Afro-Grooves, kreolischen Rhythmen, Reggae und universell verständlichen Balladetönen. Ständig auf der Suche nach Veränderung groovt sie mal fun- ky, swingt sie mal jazzig und schmeichelt sich dann mit ihrem warmen Soul in die Herzen ihrer Hörer.
Ort: Kulturverein Tempel e.V., Hardtstraße 37 a, KA-Mühlburg, Scenario Halle
Beginn: 20 Uhr Eintritt: 14 € (AK) Veranstalter: Kulturverein Tempel e.V.
www.bergittavictor.com www.kulturzentrum-tempel.de
Bergitta Victor: „On A Journey“
22. 3.
Film „My Dog Killer“ Siehe Ankündigung vom 21. März Beginn: 19 Uhr
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Festival gegen Rassismus mit den Rockbands Bender, Mess Up Your DNA, Exility, Urrutia und Keith Ha- wkins Gemeinsam mit dem Popnetz Karlsruhe ver- anstaltet das Substage im Rahmen der Karls- ruher Wochen gegen Rassismus das passende Rock-Festival. Denn die Themen Rassismus und Diskriminierung liegen uns sehr am Herzen, genau wie auch Musikern aus verschiedensten Musikrichtungen, die sich sehr gerne bereit er- klärt haben, an diesem Festival teilzunehmen.
Seit 2010 bringen Bender mit ihrer schweiß- treibenden Liveshow regelmäßig Baden-Württ- embergs Bühnen zum Beben. Dabei stehen sie immer nah am Feuer, brennen heißer und lauter als die anderen. Mit ultra-fettem Sound, heu- lenden Gitarrensoli, einer einmaligen Stimme und unglaublich tighter Performance zelebrie- ren die vier Karlsruher ihre unverwechselbare Mischung aus Rock, Grunge und Blues.
Exility ist eine deutsche Heavy Metal Band aus der Südpfalz, die sich der harten Musik verschrieben hat. Exility versteckt sich nicht hin- ter Kutten oder Klischees, für sie zählt ledig- lich die Überzeugung, dass Heavy Metal eine unwahrscheinlich ehrliche und ausdrucksstarke Musikrichtung ist. Besonders zeichnen die Band ihre deutschen, tiefsinnigen und auch oft ge- sellschaftskritischen Texte aus, die vom charis- matischen Sänger durch tiefen kehligen, aber auch melodischen Gesang zum Ausdruck ge- bracht werden. Dabei untermalen sowohl ag- gressive und klangvolle Gitarrenriffs als auch hämmernde Schlagzeugrhythmen ihre Songs.
Festival gegen Rassismus
22. März (Samstag)
22. 3.
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Dringt der Sound von Urrutia ins Ohr, erscheint unweigerlich ein Bild vor dem inneren Auge: sengende Hitze, staubige Weite, ein Roadtrip á la Tarantino – und man verspürt Lust auf Tequi- la. Der mexikanische Songwriter Manuel Urrut- ia hüllt seine Erfahrungen in scharfe und provo- kante Texte ... eine spannende Verschmelzung aus dem mexican way of life und der Seele des Rock´n´Roll. Die von Alternative, Funk, Psy- chedelic und Desert Rock beeinflusste Musik ist nicht nur tanzbar, sondern nährt auch das Fern- weh. Die Band wurde 2010 in Karlsruhe ge- gründet und hat bisher 2 Alben veröffentlicht.
Nu Metal ist tot? Von wegen. Drei Karlsruher Jungs namens Mess Up Your DNA haben es sich zur Aufgabe gemacht, im Fahrwasser des Genres ihren Weg zu finden. Trotz minimalis- tischer Besetzung knallt der Sound des Trios in der Manier des Nu Metals der späten 90er Jahre. Moderner Crossover mit Drums wie ein Gewitter, einem Bass der sich seinen Weg bahnt und einer kreischenden Gitarre. Was bleibt übrig? Ein Scherbenhaufen DNA.
Keith Hawkins ist ein Singer/Songwriter aus Roturua in Neuseeland. Im Moment tritt er mit seinem Soloprojekt Keith Hawkins and Band auf. Stilistisch bewegt sich die Band zwischen Reggae und Rock. Die meisten Songs sind ge- sellschaftskritisch, unter anderen Musikern ist er von Bob Marley beeinflusst. Es finden sich aber auch viele Songs über die Liebe in seinem Repertoire, die er allerdings lieber „positive Songs“ nennt.
Ort: Substage, Alter Schlachthof 19, KA-Oststadt Beginn: 19.30 Uhr, Einlass ab 19 Uhr Eintritt: 5 € (AK) Veranstalter: Substage e.V., PopNetz Karlsruhe
www.substage.de www.popnetz-karlsruhe.de www.wearebender.com www.exility-band.de
Urrutia Hawkins.Keith Mess Up Your DNA
22. März (Samstag)
22. 3.
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23. März (Samstag)
Gottesdienst Biblische Gedanken zu einem brisanten Thema – im Rahmen der Karlsruher Wochen gegen Rassismus.
Ort: Evangelische Stadtkirche Durlach, Am Zwinger 5, KA-Durlach
Beginn: 10 Uhr Veranstalter: amnesty international Bezirk
Karlsruhe, Evangelische Stadtkirchen-Ge- meinde Durlach
www.stadtkirche-durlach.de www.amnesty-karlsruhe.de
„Jeder ist Ausländer – fast überall“
Lesung „Die größte Sehenswürdigkeit die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an.“ (Kurt Tucholsky)
Die Welt ist spannend und vielfältig. Für man- che aber auch bedrohlich und fremd. Wie ist es, wenn die weite ferne Welt auf uns trifft? Anlässlich der Karlsruher Wochen gegen Ras- sismus lesen Amnesty-Mitglieder und Gäste Texte von und zu Migrant_innen. Hören Sie zu – lesen Sie mit!
Ort: Kaffeehaus Schmidt, Kaiserallee 69, KA-Weststadt
Beginn: 11 Uhr Eintritt frei Veranstalter: amnesty international Bezirk
Karlsruhe
www.amnesty-karlsruhe.de
Siehe Ankündigung vom 22. März
Interkulturelles Festival „Die Welt blüht“
Ziel der Veranstaltung im Rahmen der Karlsru- her Wochen gegen Rassismus ist es, Kinder, Ju- gendliche sowie Erwachsene in den Vereinen für die Thematik zu sensibilisieren. Es ist eine Ver- anstaltung der interkulturellen Begegnungen, der Integration und der Vielfalt; ob nun die Ju- gendlichen einen Migrationshintergrund haben oder nicht, ob mit oder ohne Behinderung. Wir, der Förderverein der Völkerverständigung, la- den alle sehr herzlich ein. Wir bieten ein viel- fältiges kulturelles Programm an sowie interna- tionale Tänze, Ballett, Gesänge und Musik. Wir sagen gemeinsam „Nein“ zur Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen!
Ort: Studentenhaus, Adenauerring 7, KA-Innenstadt Zeit: 11 Uhr – 16.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Förderverein Fest der Völkerver-
ständigung e.V.
„Die Welt blüht“
23. 3.
23. 3.
„the show“
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23. März (Sonntag)
Infoveranstaltung mit Yücel Özdemir zum NSU-Prozess
„Das NSU-Verfahren ist historisch relevant, weil es entscheidend dafür ist, ob die Angehörigen der Opfer und die Einwanderer insgesamt das Vertrauen gegenüber Deutschland und den Deutschen wiedererlangen können.“ (Yücel Öz- demir)
Über Yücel Özdemir: Journalist; Deutschland-Korrespondent der Ta- geszeitung „Evrensel“ und „Neues Leben“ mit einem festen Journalistenplatz im Münchener Oberlandesgericht.
Die Veranstaltung findet in türkischer Spra- che statt. Bei Bedarf wird eine konsekutive Übersetzung ins Deutsche angeboten.
Der NSU-Prozess
23. 3.
GÖÇMEN ESNAFLAR NEDEN ÖLDÜRÜLDÜ? Gazeteci YÜCEL ÖZDEMIR ile Söyleşi Almanya’da 2000-2007 yılları arasında 8’i Türkiye kökenli ve biri Yunanistanlı olmak üzere 9 göçmen esnafı ve bir Alman polisi katleden, Köln’de iki yeri bombalayan ırkçı terör örgütü NSU hakkında Münih Eyalet Yüksek Mahke- mesi’nde 6 Mayıs 2013 te görülmeye başla- nan davayı Yeni Hayat ve Evrensel gazeteleri adına izliyor. Söyleşi türkçe gerçekleştirilecek.
Ort: Menschenrechtszentrum, Alter Schlachthof 59, KA-Oststadt
Beginn: 15 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Internationaler Jugend- und Kulturverein Karlsruhe e.V.
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23. März (Sonntag)
Christlich-Islamisches Friedensgebet Wo Angehörige unterschiedlicher Religionen miteinander beten, respektieren sie einander in ihrer Verschiedenheit und nehmen sich gegen- seitig als Menschen mit ihrer persönlichen Got- tesbeziehung und mit ihren persönlichen An- liegen wahr – fern von allen Festschreibungen und Vorurteilungen. Christen und Muslime in Karlsruhe tun dies seit vielen Jahren. So laden sie auch innerhalb der diesjährigen Karlsruher Wochen gegen Rassismus zum Christlich-Isla- mischen Friedensgebet ein.
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt, Gro- ßer Saal
Beginn: 17.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Christlich-Islamische Gesellschaft
Karlsruhe e.V.
www.cig-karlsruhe.de 23. 3.
Vortrag von Lamya Kaddor
Wo liegen die Herausforderungen unserer Gesellschaft, in der Christen, Juden und Mus- lime wirklich gemeinsam leben? Was können die Kirchen im Umgang mit anderen religiösen Glaubensgemeinschaften besser machen? Und welche Verantwortung kommt dabei den Juden und Muslimen auch selbst zu? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Lamya Kaddor und Michael Rubinstein in ihrem ge- meinsamen Buch „So fremd und doch so nah -
„So fremd und doch so nah. Juden und Muslime in Deutschland“
Juden und Muslime in Deutschland“ und haben damit einen authentischen und konstruktiven Beitrag zur Integrationsdebatte geschaffen, denn die beiden Autoren leben und arbeiten in ihrem Geburtsland Deutschland und sind zu Hause in einer Glaubensgemeinschaft, die sie zu »Anderen« werden lässt. Weit besser als Statistiken und Zahlen wissen sie, wie es um In- tegration in Deutschland steht. Lamya Kaddors Mitautor des Dialogbands „So fremd und doch so nah. Muslime und Ju- den in Deutschland.“, Michael Rubinstein, ist Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde zu Duisburg.
Über Lamya Kaddor: Lamya Kaddor wurde 1978 im westfälischen
Ahlen als Tochter syrischer Einwanderer gebo- ren. 2003 schloss sie ihr Magisterstudium der Arabistik und Islamwissenschaft, Erziehungs- wissenschaft und Komparatistik an der Uni- versität Münster ab. Im Moment beschäftigt sie sich wissenschaftlich mit dem Leben musli- mischer Schüler in Deutschland. Sie hat regel- mäßig Lehraufträge inne und hat zuletzt an der Universität Duisburg-Essen (Fachbereich Evangelische Theologie) einen Lehrauftrag zum Thema „Bibel und Koran“ gehabt. Insgesamt
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23. März (Sonntag) / 24. März (Montag)
Ökumenischer Gottesdienst in der ZKM-Ausstellung „global aCtIVISm“
In dieser Ausstellung sind die vielfältigen zivil- gesellschaftlichen Engagements in einer globa- lisierten Welt versammelt. Was gibt uns Hoff- nung für eine lebenswerte Welt? Glaube und Engagement als Grund, Hoffnung miteinander zu teilen – das erhoffen wir uns von diesem Gottesdienst. Auch in Karlsruhe sind Gruppen mit dem „global activism“ verbunden. Sie wer- den in diesem Gottesdienst vertreten sein und wir laden alle Engagierten ein zum „Beten und Tun des Gerechten“. Der Gottesdienst wird von einer ökumenischen Gruppe aus dem ZKM und von evangelischen und katholischen Theologen vorbereitet. Predigt: Landesbischof i.R. Klaus Engelhardt.
Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südweststadt Beginn: 18.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: ZKM
www.zkm.de
„Hoffnung teilen“vier Jahre (2004-2008) bildete sie an der Uni-versität Münster islamische Religionslehrer aus und vertrat dort zwischen Juli 2007 und März 2008 die Aufgaben der Professur „Islamische Religionspädagogik“. Seit dem Schuljahr 2003/2004 ist sie Lehrerin im Rahmen des nor- drhein-westfälischen Schulversuchs „Islamkunde in deutscher Sprache“ in Dinslaken. Außerdem ist Lamya Kaddor als Autorin und Publizistin tätig und berät die Politik in Fragen Integration und Islam. Sie gehört zu den musli- mischen SprecherInnen für das deutschlandweit erste muslimische Wort im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, dem sog. „Forum am Freitag“ des ZDF (www.forumamfreitag.zdf.de). Sie ist erste Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes e.V. (www.lib-ev.de). Von der paneuropäischen Or- ganisation CEDAR wurde sie als eine der zehn European Muslim Women of Influence 2010 ausgezeichnet. Zudem ist sie Trägerin der „In- tegrationsmedaille der Bundesregierung“.
Ort: ibz, Kaiserallee 12d, KA-Weststadt Beginn: 19 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Christlich-Islamische Gesellschaft
Karlsruhe e.V., Jüdische Kultusgemeinde Karlsruhe (KdöR)
www.lamyakaddor.jimdo.com www.cig-karlsruhe.de www.jg-karlsruhe.de
24. 3.
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24. März (Montag)
Junge Menschen leben nachhaltige Solidarität
Workshop für Schüler_innen ab Klas- se 6: „Show Racism the Red Card – Zeig Rassismus die rote Karte“
Der Workshop wird von Experten des bun- desweit tätigen Vereins „Show Racism the Red Card, Deutschland e.V.“ durchgeführt. Eine Schulklasse bekommt die Möglichkeit, sich am Beispiel des Fußballsports mit den zahlreichen Facetten des Rassismus und der Diskriminierung auseinanderzusetzen. Die Jugendlichen erfah- ren in Rollenspielen, was sich im echten Leben abspielen kann und erarbeiten Handlungs- empfehlungen. Zudem sind die Begegnung und das Gespräch mit einem Vereinsvertreter des KSC bzw. einem Profispieler angefragt.
Der ca. dreistündige Workshop ist nicht öf- fentlich.
Weitere Informationen und Anmeldung unter Telefon: 0721-133-4262 (Stadtbibliothek/ Jugendbibliothek Karlsruhe) oder per E-Mail an: stadtbibliothek@kultur.karlsruhe.de.
Ort: Jugendbibliothek im Prinz-Max-Palais, Karlstraße 10, KA-Innenstadt
Zeit: nach Absprache Veranstalter: Stadtbibliothek Karlsruhe
www.stadtbibliothek-karlsruhe.de
Frauen fertigen Plakate gegen Rassis- mus in verschiedenen Sprachen an. Nach einer kleinen Einführung über die Kunst des Schönschreibens „Kalligraphie“ wollen wir gemeinsam mit allen Teilnehmerinnen unsere Kreativitäten entfalten und Plakate gegen Ras- sismus künstlerisch sowie kalligraphisch in ver- schiedenen Sprachen erstellen. Über eine rege Teilnahme von Frauen unter- schiedlicher Nationalitäten freuen wir uns sehr!
Anmeldung: 0176/66067537 oder iifgka@web.de.
Ort: Stadtteilbüro Oststadt, Gottesauerstraße 3, KA-Oststadt
Beginn: 10 Uhr - 12 Uhr Eintritt: frei (evtl. Materialkosten) Veranstalter: Islamische internationale Frauenge-
meinschaft Karlsruhe und Umgebung (IIFG) e. V.
Kalligraphie-Workshop
„Zeig Rassismus die rote Karte“
24. 3.
24. 3.
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AMARO KHER – Schüler_innen und andere junge Menschen leben nach- haltige Solidarität
Was treibt Schüler_innen vor allem aus der Freien Waldorfschule Karlsruhe dazu an, sich gemeinsam mit Ehemaligen, Eltern und Päda- gog_innen bei den Roma in Kriva Palanka, Mazedonien, zu engagieren? „Amaro Kher“ (romanes/dt.: Unser Haus) ist als langfristiger und nachhaltiger Prozess angelegt, getragen von der Idee, ein Problem an der Wurzel anzu- packen und zwar so, dass aus den betroffenen Roma Beteiligte und Gestalter ihrer eigenen, zumeist sehr schwierigen Lebensbedingungen werden können. Nur dann wird es möglich sein, Menschen zum Bleiben an ihrem Ort zu motivie- ren und Perspektiven zu entwickeln.
Worum geht es im Einzelnen? Mit nicht nur für die Roma: Da ging und geht es zunächst ganz praktisch darum, gemeinsam mit den Roma ein Gemeinschafts- und Bildungshaus zu bauen. In diesen Prozessen des gemeinsamen Planens, Organisierens und Bauens ist bereits das Erlebnis entstanden, dass mit Unterstützung von freiwilligen Helfern manches entstehen kann, sogar eine Perspektive. Konflikte können bewältigt werden, wenn man Kompetenzen zur Bearbeitung entwickelt. Vertrauen entsteht, wenn kontinuierliche Unterstützung erfahrbar wird und die eigenen Bedürfnisse der Roma sich z. B. in der Konzeption des Bildungsange- botes im Gemeinschaftshaus wiederfinden, weil sie gemeinsam entwickelt wurden.
Die Art des Bauens: Aus Wenigem Viel machen, aus Altem Neues entstehen lassen unter möglichst ökologischen Aspekten, ist ein weiteres Prinzip, das hier nachhaltig angelegt ist, weil die hier erwor- benen Kompetenzen für das eigene Lebensum- feld nutzbar werden können. Baumeister und weitere Projektbeteiligte be-
schreiben Stationen des ersten Bauabschnitts mit all dem, was da erlebbar geworden ist und dem, was weiterhin möglich werden soll.
Die Freie Waldorfschule – eine UNESCO-Pro- jektschule – unterstützt dieses Projekt nach Kräften. Die Projektbeteiligten haben inzwi- schen zusammen mit den Aktiven und Förderern den Förderverein „Amaro Kher“ gegründet.
Ort: Freie Waldorfschule, Neisser Straße 2, KA-Waldstadt
Beginn: 19.30 Uhr Eintritt frei, um Spenden für das Projekt wird
gebeten Veranstalter: Amaro Kher – Förderverein für
das Roma-Gemeinschaftshaus in Kriva Palanka e.V.
www.amarokher.org www.waldorfschule-karlsruhe.de
Roma-Projekt in Mazedonien
24. 3.
24. März (Montag)
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24. März (Montag)
Workshop: Schau Hin in Karlsruhe – Alltagsras- sismus und Diskriminie- rung und wie man sich dagegen wehren kann Schau hin, wenn du in der Tram deine Muttersprache sprichst und beim Aussteigen jemand laut und deutlich sagt: „Na endlich steigen die Fremden aus!“
Inspiriert durch den Blog und Twitter-Hashtag #SchauHin der Journalistin Kübra Gümüşay will diese Veranstaltung auf Alltagsrassismus und Diskriminierung in Karlsruhe aufmerksam machen. Betroffenen – sowohl mit oder ohne Migrationshintergrund – wird ein Forum gebo- ten, ihre Erfahrungen mitzuteilen, aber auch eigene rassistische und diskriminierende Ver- haltensmuster aufzuzeigen, zu hinterfragen und zu reflektieren. In Form eines World-Cafés haben alle Teilnehmenden die Möglichkeit sich einzubringen. Angeleitet werden die Gesprächsrunden an den einzelnen Thementischen durch erfahrene Moderator_innen aus Karlsruher Initiativen und Institutionen.
Folgenden Themen werden behandelt:
1. Diskriminierungserfahrung im Alltag: Jutta Gemeinhardt – Migrationsbeirat; Na- joua Benzarti – Migrationsbeirat, Vorsitzende der islamischen internationalen Frauengemein- schaft e. V Karlsruhe und Umgebung IIFG e.V.
2. Belästigung und Bedrohung im öffentli- chen Raum: Trainer_innen des Vereins Bürgerinitiative Zivil- courage e.V.; Vertreter der Polizei; eine Ver- treterin des KVVs
Schau Hin in Karlsruhe
3. Zivilcourage stärken und zu aktivem Handeln ermuti- gen: Trainer_innen des Vereins Netzwerk für Demokratie und Courage e.V.
4. Vorurteile durch Medien und kulturelle Angebote abbauen – Rolle der Medien für einen vorurteilsfreien Umgang miteinander: Henri Depe Tchatchu – Maooni e.V.; Petra Stutz – Freie Journalistin; Rusen Kartaloglu – Schau- spieler und Interkultureller Theaterpädagoge (Tiyatro Diyalog e.V.); Pressesprecher der Po- lizei (angefragt)
In den Karlsruher Wochen gegen Rassismus werden im Stadtgebiet an mehreren öffentli- chen Einrichtungen Boxen aufgestellt sein, in die anonym persönliche Statements zu Ras- sismus- und Diskriminierungserfahrungen ein- geworfen werden können. Selbstverständlich können Statements auch auf der Internetseite www.schau-hin-karlsruhe.de eingetragen werden. Diese werden dann ausgestellt und im Workshop ausgewertet.
Ort: Badisches Staatstheater, Baumeisterstraße 11, KA-Südstadt, Foyer Beginn: 19 Uhr Eintritt frei Veranstalter: AK Migrationsbeirat, Badisches
Staatstheater, Kulturbüro der Stadt Karls- ruhe
www.schau-hin-karlsruhe.de www.staatstheater.karlsruhe.de www.karlsruhe.de/b1/kultur/ kulturfoerderung/kulturbuero.de
24. 3.
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25. März (Dienstag)
Theater und Vortrag für Schulklassen: Angebot an weiterführende Schulen, Sekundarstufe I/Klas- se 5 – 7
Der Vormittag beginnt mit ei- ner Aufführung des Figurent- heaterstücks „THANDISI IN SÜDAFRIKA“, an das sich ein lebendiger Vortrag zur Ge- schichte Südafrikas und die Bedeutung Nelson Mandelas anschließt. Danach gehen wir der Frage nach, warum es den Schüleraufstand von SOWETO gab und wie sich Südafrika bis heute verändert hat. Im Rah- men der Kunstaktion „Wer bin ich?“ werden Fotos von südafri- kanischen Jugendlichen auf Papier übertragen und – mit Namen, Lebensräumen und Biogra- phien versehen – der Klasse vorgetragen. Der Vormittag im Eine Welt Theater fördert die konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema „anders aussehen“ durch das Figurentheater, das Übertragen der Fotoportraits auf Papier und die Kommunikation in der Gruppe. Das Hineinversetzen in die gewählte Biographie – ergänzt durch selbst erdachte Aspekte – er- möglicht und fördert die Fähigkeit zu Empathie (Mitgefühl) und die Entwicklung von Toleranz. Dies gilt sowohl für die vortragenden Jugend- lichen als auch für die aktiv zuhörenden und nachfragenden Gruppenmitglieder.
Anmeldung per E-Mail unter: ruth.rahaeuser@gmx.de
„Kinder unter dem Regenbogen“
Spielerische Begegnungen Siehe Ankündigung vom 18. März
Ort: vor dem Kinder- und Jugendtreff Lohn-Lis- sen auf der Drachenwiese, Ellmendinger Straße 1, KA-Durlach-Aue
Zeit: 13 Uhr – 16 Uhr
Ort: Eine Welt Theater, Alter Schlachthof 23 f, KA-Oststadt
Zeit: 10 Uhr – 12.30 Uhr/nach Absprache Eintritt: pro Klasse 60 € Veranstalterin: Ruth Rahäuser, Eine Welt The-
ater
www.eine-welt-theater.de
EINE-WELT-THEATER
EINE-WELT-THEATER
EINE-WELT-THEATER
25. 3.
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Vortrag von Klaus Farin mit Diskus- sion – Veranstaltung für Schulklas- sen (ab 8. Klasse)
Sie hören Gangsta-Rap oder Frei.Wild, bil- den sich mit Killerspielen zu Amokläufern aus, saufen, rauchen, kiffen immer mehr und immer jünger, sind konsumtrottelig und unengagiert, politisch völlig desinteressiert oder falsch – rechtsextrem – orientiert: Das Bild der Jugend in der öffentlichen Wahrnehmung war noch nie so negativ wie heute. Zugleich sind immer mehr Jugendliche kreativ engagiert – in jeder Stadt in Deutschland gibt es heute Rapper, Breakdancer, Sprayer, DJs. Doch noch nie war die Erwachsenenwelt derart desinteressiert an der Kreativität ihrer „Kinder“. Respekt ist nicht zufällig ein Schlüsselwort fast aller Jugendkul- turen und das, was Jugendliche von den Er- wachsenen am meisten vermissen.
Ein Vortrag mit Diskussion über Mythen und Wahrheiten, Realitäten und Utopien und da- rüber, was das mit Jugendarbeit zu tun hat. Spannend nicht nur für Kulturinteressierte und Pädagogen.
Der Jugendkulturforscher Klaus Farin ist Mit- begründer des Archivs der Jugendkulturen in Berlin und seit 2011 Vorsitzender der Stiftung „Respekt – Die Stiftung zur Förderung von jugendkultureller Vielfalt und Toleranz, For- schung und Bildung“.
Anmeldung bis zum 18. März per E-Mail an: j.hopfengaertner@stja.de
Teilnehmerzahl begrenzt
Ort: jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt Beginn: 11 Uhr Eintritt: pro Klasse 30 € Veranstalter: jubez in Kooperation mit dem Kul-
turbüro der Stadt Karlsruhe, dem PopNetz und der Fachstelle gegen Rechts im StJA e.V.
„Über die Jugend... ... und andere Krankheiten“
Vortrag mit Workshop
Das Büro für Integration führt in Zusammenar- beit mit der Landeszentrale für politische Bil- dung und der Sophie-Scholl-Realschule Karls- ruhe an jeweils zwei Tagen (25. und 27. März) für insgesamt fünf Klassen (ca. 130 Schüler_in- nen) einen Vortrag mit anschließenden Work- shops zum Thema „Rechtsextremismus erkennen und richtig handeln“ durch.
Die Mitarbeiter_innen der Landeszentrale für politische Bildung klären die Schülerschaft über die Erkennungsmerkmale des Rechtextremismus wie z. B. die Musik, die Bedeutung von Klei- dung und Symbolen sowie über die Strategien der Mitgliedergewinnung auf. Manuel Bauer, ein ehemaliger Neonazi, wird in einem span- nenden Vortrag darstellen, wie er in die Nazis- zene reinrutschte und welche Hilfen notwendig waren, um aus dieser Szene auszusteigen.
Geschlossene Veranstaltung
Ort: Sophie-Scholl-Realschule Karlsruhe, Joa- chim-Kurzaj-Weg 4, KA-Oberreut
Zeit: 8 Uhr – 13 Uhr Veranstalter: Büro für Integration und AK Mi-
grationsbeirat in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung und der Sophie-Scholl-Realschule
www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/bfi www.lpb-bw.de www.ssr-ka.de
„Rechtsextremismus erkennen und richtig handeln“
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25. März (Dienstag)
„Über die Jugend... ... und andere Krankheiten“ Vortrag von Klaus Farin mit Diskus- sion – Öffentliche Veranstaltung
Siehe Ankündigung für Schulveranstaltung um 11 Uhr
Ort: jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, ju- bez-Café
Beginn: 19.30 Uhr, Einlass ab 18.30 Uhr Eintritt: 5 € (VK), 7 € (AK) Veranstalter: jubez in Kooperation mit dem Kul-
turbüro der Stadt Karlsruhe, dem PopNetz und der Fachstelle gegen Rechts im StJA e.V.
www.farin.jugendkulturen.de/ www.jubez.de www.karlsruhe.de/b1/kultur/kulturfoerde-
rung/kulturbuero.de
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25. März (Dienstag)
Podiumsgespräch
Bei der Wohnungssuche werden alle Men- schen gleich behandelt – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und sozialem Milieu... Ist das in Wirklichkeit so? Leider ist das nur ein Wunschbild. In der Realität haben Menschen mit fremdklingenden Namen, anderer Hautfar- be und schwieriger finanzieller Lage weitaus schlechtere Karten. Weniger Chancen haben auch Familien mit Kindern, Student_innen, Mi- ni-Jobber und Hartz-IV-Empfänger und Allein- erziehende. Eine Kombination der genannten Kategorien macht die Wohnungssuche fast aussichtslos. Viele Diskriminierungserfahrungen passieren subtil und können nicht nachgewiesen werden.
Der Dortmunder Planerladen, eine Antidis- kriminierungsstelle im Bereich Wohnen, teilt in einem Input seine Ergebnisse aus einem Testing-Verfahren mit und berichtet über sei- ne Arbeit. Ein Vertreter der Volkswohnung Karlsruhe, einem der größten kommunalen Immobilienunternehmen Baden-Württembergs, berichtet über die lokale Wohnsituation und beschreibt die Praxis der Wohnungsvergabe.
Karlsruher Bürger_innen sind eingeladen, ihre eigenen Erfahrungen zu teilen. Ziel der Ver- anstaltung ist, eine breitere Öffentlichkeit mit dem oft geleugneten, aber sehr brisanten The- ma der Diskriminierung auf dem Wohnungs- markt zu erreichen.
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Beginn: 19.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: AK Migrationsbeirat, Kulturbüro
der Stadt Karlsruhe
www.karlsruhe.de/b1/kultur/kulturfoerde- rung/kulturbuero.de
www.planerladen.de www.volkswohnung.com/wir-ueber-uns
Film „My Dog Killer“ Siehe Ankündigung vom 21. März Beginn: 21.15 Uhr
„Schlüsselfrage! – Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt“
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25. März (Dienstag)
Filmvorführung Planetfilm in Koproduktion mit dem WDR, 45 min, 2007.
„Ich möchte die jungen Menschen bitten, ihr Leben nicht in die Hände der Mafia zu legen. Ich habe es getan und teuer dafür bezahlt und wenn ich es euch erzähle, erlebe ich alles wie- der und es tut mir sehr weh.“ (Ualid Nasur)
Der Somalier wollte Fußballspieler werden. Um Krieg und Armut zu entfliehen, hat er sich wie viele andere auf die Odyssee nach Europa ge- macht. In Griechenland endete die mehrjährige Reise in der Schiffsschraube eines Bootes der Küstenwache, die Ualids Körper zerfetzte. Während in Deutschland stolz jedes halbe Jahre Rekordtiefstände bei den Aufnahmebe- gehren von Flüchtlingen und Asylanten verkün- det wurden, verschärfte sich die Situation an der Griechisch-Türkischen Grenze ständig und wuchs sich zu einer der wichtigsten Einnahme- quellen der lokalen Mafia aus.
Immer wieder öffnen türkische Polizisten LKWs und vor ihre Füße purzeln Dutzende halb er- stickte, halb verhungerte Menschen, die in blinder Wut mit blanken Händen die Scheiben ihrer Schleuser einschlagen. Die türkischen Be- hörden stehen dem Ganzen fast ohnmächtig gegenüber. Es ist einfach zu viel Geld im Spiel.
Mit einem Nachgespräch mit der Regisseurin Gülsel Özkan, Planetfilm.
Ort: Hochschule für Gestaltung, Lorenzstraße 15, KA-Südweststadt
Beginn: 19 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Internationaler Jugend- und
Kulturverein e.V., Menschenrechtszentrum Karlsru-he e.V.
www.planet-international.de www.hfg-karlsruhe.de www.menschenrechtszentrum.de
„Ertrunken vor meinen Augen“
25. 3.
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25. März (Dienstag)
„Deutsch sein und schwarz dazu“
Theodor Michaels Autobiografie ist so aber- witzig, dass sie erfunden sein könnte, wenn sie nicht allzu wahr wäre. Er entfaltet in „Deutsch sein und schwarz dazu“ eine Welt, die man so nicht gekannt hat. Sie wird beschrieben von einem Mann, den man für seine Kraft, das alles zu bewältigen, nur bewundern kann; insbeson- dere auch dafür, dass es ihm gelungen ist, die Menschlichkeit zu bewahren. Theodor Micha- el erzählt ganz nüchtern, aber die Ereignisse sprechen für sich. Seine Lebenserinnerungen sind im November letzten Jahres bei dtv er- schienen; sie fanden in Presse, Rundfunk und Fernsehen eine große Aufmerksamkeit.
Theodor Michael wurde 1925 in Berlin gebo- ren. Sein Vater war Kolonialmigrant aus Kame- run, seine Mutter Deutsche. Nach dem frühen Tod der Mutter wachsen Theodor Michael und seine Geschwister teils unter erbärmlichen Um- ständen bei Pflegeeltern auf. Nach der Volks-
schule darf er aufgrund seiner Hautfarbe kei- ne weitere Ausbildung machen. Man fand, die Schwarzen sollten den Deutschen keine Arbeits- plätze wegnehmen. Aber in den sehr beliebten Völkerschauen kamen sie noch unter als „Art- fremde“ mit dem „negroiden Einschlag“. Sogar in der Nazi-Zeit waren sie als Statisten in den äußerst beliebten Kolonialfilmen beschäftigt. Doch dann landeten sie im KZ oder in Zwangs- arbeiterlagern.
So erging es auch Theodor Michael: Nach dem Tod seiner Eltern schlug er sich als Page, Portier und Komparse durch – bis er mit 18 Jahren in einem Zwangsarbeiterlager interniert wurde, wo er auch die Befreiung erlebte. Nach dem Kriegsende musste Theodor Michael feststellen, dass er, weil er überlebt hatte, der Kollabora- tion verdächtigt wurde. Damals hätte er es sich nicht träumen lassen, dass er Jahrzehnte später einmal als Regierungsdirektor und zu einem an- erkannten Afrika-Spezialisten werden würde.
Lesung Theodor Michael: „Deutsch sein und schwarz dazu“ – Erinnerungen eines Afro-Deutschen
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Ort: Stadtbibliothek, Ständehausstraße 2, KA-Innenstadt, Lese-Café
Beginn: 19.30 Uhr Veranstalter: Menschenrechtszentrum Karlsruhe
e.V., Stadtbibliothek Karlsruhe, Senioren- büro der Stadt Karlsruhe, Stadtjugendaus- schuss e.V.
www.dtv.de/autoren/theodor_michael_16729 www.dtv.de/buecher/deutsch_sein_und_
schwarz_dazu_26005 www.menschenrechtszentrum.de www.stadtbibliothek-karlsruhe.de/ www.karlsruhe.de/b3/soziales/personen-
gruppen/senioren www.stja.de
Lesung mit Theodor Michael: „Deutsch sein und schwarz dazu“ Geschlossene Veranstaltung
Ort: Markgrafengymnasium Durlach, Gymnasiumstraße 1-3, KA-Durlach
www.mgg.karlsruhe.de
25. März (Dienstag) / 26. März (Mittwoch)
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26. März (Mittwoch)
Theater: „Roma Romeo und Sinti Carmen“
Nach einer Prügelei im Klassenzimmer müssen Carmen und Josef ein Referat über Sinti und Roma zusammen erarbeiten. Doch es stellt sich heraus, dass die Recherchen zu dem Thema schwieriger sind als gedacht und die Ergeb- nisse widersprüchlich. Die beiden beschlie- ßen daher kurzerhand, selbst zu Zigeunern zu werden und Baden-Württemberg zu bereisen. Dabei stoßen sie auf die eigene familiäre Vergangenheit, auf hartnäckige Klischees und die unterschiedlichsten Reaktionen auf ihr Ex- periment. Sie beginnen, den Mechanismus von Vorurteilen zu hinterfragen und den Grund dafür zu suchen, warum man dazu neigt, alles und jeden in Schubladen sortieren zu wollen. Doch erst, als sie auf eine Gruppe umherrei- sender Sinti stoßen und sich mit ihnen unterhal- ten, begreifen sie die Dimension des Rassismus gegenüber Sinti und Roma. Ein Roadmovie über die Grenzen von Klischee und Wahrheit, Liebe, Hass und Vorurteile und über das Leben, das irgendwo da draußen auf uns wartet.
„Roma Romeo und Sinti Carmen“
Ort: Insel, Karlstraße 49, KA-Südweststadt Beginn: 11 Uhr Eintritt: 12 €, ermäßigt 7 €, für Schulen 6 € Veranstalter: Badisches Staatstheater Karlsruhe
www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/ info/1712/
Bild © Felix Grünschloß
Spielerische Begegnungen Siehe Ankündigung vom 18. März
Ort: vor dem Kinder- und Jugendtreff Lohn-Lis- sen auf der Drachenwiese, Ellmendinger Straße 1, KA-Durlach-Aue
Zeit: 13 Uhr – 16 Uhr
26. 3.
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Bild © Felix Grünschloß
Führung durch die Ausstellung: „Seid wachsam, dass über Deutschland nie wieder die Nacht hereinbricht. Gewerkschafter in Konzentrationsla- gern 1933 – 1945“
Gewerkschafter gehörten zu den frühesten und aktivsten Gegnern des Nationalsozialismus. Viele von ihnen bezahlten Widerspruch und Widerstand mit der Inhaftierung in Konzentra- tionslagern. An das Schicksal dieser mutigen Frauen und Männer will die Wanderausstellung der Freien Universität Berlin, der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen/Stiftung Branden- burgische Gedenkstätten und der Hans-Böck- ler-Stiftung erinnern.
Dazu hat das Stadtarchiv Karlsruhe eine lokale Ergänzung erarbeitet, die sich mit der Verfol- gung der Gewerkschaften durch die National- sozialisten in Karlsruhe und mit den Schicksalen der freien Karlsruher Gewerkschafter Gustav Schulenburg und Gustav Kappler befasst.
Führung mit Jürgen Schuhladen-Krämer (M.A.)
Ort: Erinnerungsstätte Ständehaus, Neues Stän- dehaus, Ständehausstraße 2, KA-Innenstadt
Beginn: 18 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Stadtarchiv und Historische Mu-
seen der Stadt Karlsruhe
www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/ staendehaus.de
„Seid wachsam, dass über Deutschland nie wieder die Nacht hereinbricht.“
26. März (Mittwoch)
26. 3.
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26. März (Mittwoch)
Roma-Projekt in Mazedonien
Multimediavortrag und Benefizkon- zert für Amaro Kher: „Ein Haus fürs Leben der Roma“ Entwickelt und gebaut von jungen Menschen aus Karlsruhe gemeinsam mit Roma aus Kriva Pa- lanka in Mazedonien.
Vorurteile überwindet man am besten, indem man sich begegnet und gemeinsam handelt und zwar so, dass sich aus diesem Handeln eine Perspektive entwickeln kann für diejenigen, die – gefangen in einer Spirale aus Armut, Benach- teiligung und Diskriminierung – alleine dazu im ersten Schritt nicht in der Lage sind.
Das war Motto und ist Erfahrung einer Gruppe von zumeist jungen Karlsruher Menschen, die den Roma in Kriva Palanka begegnet sind, ihre miserable, demütigende Lebenssituation miter- lebt und sich vorgenommen haben, hier etwas durch eigenes Tun zu verändern. Ein Leben am Rande der Gesellschaft, in dem Bildung nicht an erster Stelle stehen kann, wenn vor allem Hunger die Menschen plagt. Ohne Bildung der Kinder, aber auch der Jugendlichen und Er- wachsenen, wird der Kreislauf aus Armut und Ausgrenzung aber nicht überwunden werden können. Ohne Unterstützung bei und Partizi- pationsmöglichkeiten an der eigenen Zukunfts- gestaltung werden die Roma ihre Lebensver- hältnisse nicht überwinden können, sondern es braucht Raum und finanzielle Möglichkeiten. Der Raum: AMARO KHER – das Haus – wird von Freiwilligen aus Karlsruhe gerade gebaut, ökologisch nachhaltig mit Recycling-Bau und sozial verantwortlich mit begleiteten Prozessen der Selbstverantwortung und Gemeinschafts- bildung. Nicht konfliktfrei, aber mit Perspekti- ven für die Menschen dort vor Ort.
In einem Vortrag und Filmausschnitten wird der Prozess AMARO KHER von den Hauptinitia- tor_innen Angelika Ludwig-Huber, Sebastian Marschall, Maria und Charlotte anschaulich dargelegt – mit all den Fragen, die da ent- standen und ganz prinzipiell sind:
• Für die Roma oder mit den Roma? Wie viel Fremdbestimmung kann der Mensch ertra- gen? Oder: Selbstbestimmt geht besser!
• Was braucht ein Mensch, damit er Leben als lebenswert erleben kann?
• Lebenssituationen der Roma in Mazedonien und Deutschland: Diskriminierung, Demüti- gung, Fremdbestimmung und Perspektivlo- sigkeit
• Wie lässt sich dieser Kreislauf verändern und vor allem für die Kinder eine nachhal- tige Perspektive entwickeln?
Keine der großen Stiftungen konnte sich bis- lang entschließen, in dieses – auch ökologisch – interessante Projekt einzusteigen. Vielleicht ist es so einzigartig, dass es in kein Schema passt? Daher wird eine Gruppe von jungen Musikern aus der Waldorfschule Karlsruhe gemeinsam mit Roma-Musikern aus Wien versuchen, eine musikalische – und vielleicht auch finanzielle – Brücke um den Vortrag herum zu schlagen.
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Beginn: 19 Uhr Eintritt frei, um Spenden für das Projekt wird
gebeten Veranstalter: Amaro Kher – Förderverein für
das Roma-Gemeinschaftshaus in Kriva Pa- lanka e.V. und ibz
www.amarokher.org www.ibz-karlsruhe.de
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26. März (Mittwoch)
„Erntehelfer“
Film: „Erntehelfer“ Moritz Siebert, Deutschland 2013. Digital, 70 Min., dt. UT
Das unterfränkische Vierhundert-Seelen-Dorf Seinsheim erscheint durch die Augen des in- dischen Pfarrers Cyriac betrachtet zunächst recht befremdlich – es gibt kein Internet, da- für jede Menge Schnee, die Straßenverkehrs- ordnung ist heilig, und die Menschen tanzen schunkelnd auf den Tischen. Cyriac ist einer von mittlerweile 500 Priestern aus Indien, mit denen die katholische Kirche in Deutschland dem Fachkräftemangel zu begegnen versucht. Neben der Sprache muss er auch lernen, wie man Predigten schreibt und seine Gemeinde zusammenhält – ein schweres Unterfangen! Teil seiner Aufgabe als Seelsorger sind Krankenbe- suche und auch hier zeigt sich ihm ein fremdes Bild von der Einsamkeit der alten Menschen. Ein Blick von außen, der viele Fragen aufwirft. Eine teils melancholische, teils heitere Reise zwischen Blaskapellen, Karneval, Glaube, Zweifel und Schnee.
Im Anschluss an die Vorführung am 26. März besteht Gelegenheit zum Gespräch mit Pater Thomas Maier von der Katholischen Seelsor- geeinheit St. Raphael. Geboren in Schluchsee,
gehört er der katholischen Missionsgesellschaft der „Weißen Väter“ – Afrika-Missionare an. Er selbst hat während seiner Ausbildung drei Jahre in Afrika gelebt und später mehr als 12 Jahre in Jerusalem verbracht, wo er im Be- reich der Ökumene und im Kontakt zu ande- ren Glaubensgemeinschaften tätig war. Er ist spezialisiert in Ostkirchen-Wissenschaften und hat in Frankreich (Toulouse) und in Italien (Rom) studiert und promoviert.
Ort: Studio 3 (Kinemathek), Kaiserpassage 6, KA-Innenstadt
Beginn: 19 Uhr Eintritt: 6 €, ermäßigt 4,50 € (für Mitglieder
der Kinemathek Karlsruhe) Veranstalter: Kinemathek Karlsruhe e.V.
Weitere Vorführung am 29. März, 19 Uhr
www.siebertfilms.com/siebertfilms.com/ERNTE- HELFER
www.kinemathek-karlsruhe.de
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26. März (Mittwoch)
Theatrale Aktion im öffentlichen Raum Ort: Kronenplatz Beginn: 19 Uhr Veranstalter: Werkraum Karlsruhe e.V., IIFG
e.V., „Projekt LEA“ des StJA e.V.
Vortrag mit Diskussion
Die in den Köpfen verankerten Klischees über das Aussehen eines Neonazis sind seit längerer Zeit überholt. Es gibt neue, subtilere Symbole, derer sich die rechtsradikale Szene bedient, um die Gruppenzugehörigkeit in der Öffent- lichkeit zu zeigen. Zahlensymbolik, Musik, gra- fische Darstellungen, Bekleidung und Entleh- nungen aus der nordischen Mythologie sind nur einige Beispiele für versteckte Merkmale der rechtsextremen Szene. Das Büro für Integration lädt in Kooperation mit dem Landeskriminal- amt Baden-Württemberg und dem Bürger- verein Oberreut zum Vortrag mit dem Thema „Rechtsextremismus erkennen und richtig han- deln“ ein. Dem Vortrag folgt eine Diskussion mit Manuel Bauer, einem ehemaligen Mitglied der Neonazi-Szene, der seine Geschichte ausführ- lich erzählen wird. Er berichtet von den Anfän- gen, seiner Zeit als aktiver Neonazi und dem Weg, den er hinter sich hat, seit er beschloss auszusteigen. Lassen Sie uns gemeinsam das eingestaubte Halbwissen über Rechtsextremis- mus auffrischen und lernen, richtig zu handeln.
„Glatze, Springerstiefel, Bomberjacke? Rechtsextremismus erkennen und richtig handeln“
Ort: Jugend- und Gemeinschaftszentrum „Wei- ße Rose“, Otto-Wels-Straße 31, KA-Ober- reut
Zeit: 19 Uhr – 21 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Büro für Integration und AK Mi-
grationsbeirat in Zusammenarbeit mit Lan- deskriminalamt, Bürgerverein Oberreut und Jugend- und Gemeinschaftszentrum „Weiße Rose“, Stadtjugendausschuss e.V.
www.polizei-bw.de/Dienststellen/LKA/Seiten/ Staatsschutz
www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/ bfi
www.st ja.de/kinder-und-jugendeinric h- tungen/jugend-und-gemeinschaftszen- trum-weisse-rose.html
www.oberreut.de
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26. März (Mittwoch)
Lesung: „Die biologische Lösung – oder die deutsche Justiz und das Massaker von St. Anna“
Im Sommer 1944 haben SS-Männer in dem italienischen Gebirgsdorf Sant‘Anna di Stazze- ma mehrere hundert Frauen, Kinder und ältere Menschen ermordet. Bis heute stand keiner der mutmaßlichen Täter, von denen zwei aus dem Raum Karlsruhe stammen, vor einem Gericht. Zuletzt hat sich auch das Oberlandesgericht Karlsruhe mit einem Klageerzwingungsverfah- ren in der Sache Sant’Anna befasst.
Der Stuttgarter Autor, Filmemacher und Jour- nalist Hermann G. Abmayr hat mehrmals über den Fall berichtet und seine juristische Aufar- beitung vor wenigen Monaten in einem Buch- kapitel nachgezeichnet. Er wird Auszüge da- raus lesen und vorab ein kurzes Video zeigen, in dem Überlebende des Massakers zu Wort kommen.
„Die deutsche Justiz und das Massaker von St. Anna“
Ort: Jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Jubez-Café Beginn: 19.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: SJD – Die Falken, Input Karlsruhe,
Libertäre Gruppe Karlsruhe, jubez Karlsru- he und die Fachstelle gegen Rechts im StJA e.V.
www.jubez.de www.sjd-falkenkarlsruhe.org
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26. März (Mittwoch)
Film „My Dog Killer“ Siehe Ankündigung vom 21. März Beginn: 21.15 Uhr
Vortrag von Mohammad Luqman
Die Ängste des Abendlandes vor dem Islam lassen sich bis weit in das Mittelalter zurückver- folgen. Doch was sind die Ursachen hierfür? Hat der Islam auch einen Anteil an der westlichen Kultur und Zivilisation? Gibt es Beispiele gelun- gener Integration und friedlichen Zusammen- lebens? Der Vortragsabend möchte erwähnte Ängste und negative Eindrücke aufgreifen und darstellen, welche Position die islamischen Leh- ren gegenüber vermeintlich „Fremden“ – seien es Andersgläubige oder Andersseiende – ver- treten. Herr Luqman wird darstellen, was der Islam und was muslimisches Leben bedeutet. Darüber hinaus wird erläutert, wie der Islam zu den Wertevorstellungen des Abendlandes steht und welche Geschichte der Islam in Europa hat.
„Der Schrecken des Abendlandes – der Islam in Europa“
Über Mohammad Luqman: Er ist Islamwissenschaftler und hält regelmäßig wissenschaftlich fundierte Vorträge und Kurse über den Islam. Herr Luqman ist zudem Leiter der Abteilung Publikation in der Ahmadiyya Muslim Jamaat KdöR und führt derzeit auch den „Verlag der Islam“.
Ort: Friedensheim des Badischen Landesver- eins
für Innere Mission, Redtenbacherstraße 10 –14, KA-Südweststadt Beginn: 19 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Ahmadiyya Muslim Jamaat
(KdöR)
www.ahmadiyya.de
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Vortrag von Gen Kelsang Gogden: „Gibt es einen Unterschied zwischen Dir und mir?“
Buddha lehrte, dass die Unterschiede, die wir zwischen uns und anderen wahrnehmen, nicht aus sich heraus existieren, sondern Projektionen unseres Geistes sind. Somit gibt es aus bud- dhistischer Sicht keine gültige Grundlage für Gedanken des Rassismuses, der Ausgrenzung, des Hasses usw. Sie stehen im Widerspruch zur Wirklichkeit und erzeugen nichts als Leiden sowohl für uns selbst als auch für andere. Ge- danken des Respektes, der Zuneigung und des Mitgefühls für alle ohne Ausnahme jedoch sind im Einklang mit der Wirklichkeit und bringen uns und anderen nur Frieden und Glück.
Gen Kelsang Gogden wird an diesem Abend in diese buddhistische Sichtweise einführen und erklären, wie sie uns helfen kann, eine für uns und unsere Welt heilsame Erfahrung von liebe- voller Wertschätzung für jeden zu entwickeln. Anschließend an den Vortrag steht sie gerne für Fragen und Diskussion zur Verfügung.
„Gibt es einen Unter- schied zwischen Dir und mir?“
Über Gen Kelsang Gogden: Gen Kelsang Gogden ist eine moderne bud- dhistische Nonne der Neuen Kadampa-Tradi- tion und unterrichtet seit über 10 Jahren am Menlha-Zentrum für Buddhismus in Karlsruhe. Sie studiert und praktiziert Buddhismus seit vie- len Jahren und wird als buddhistische Lehrerin für ihre inspirierende, warmherzige Klarheit geschätzt.
Ort: Menlha-Zentrum für Buddhismus, Gar- tenstraße 1, KA-Südweststadt
Zeit: 19.30 Uhr – 21 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Menlha-Zentrum für Buddhismus
e.V.
www.meditation-karlsruhe.de
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27. März (Donnerstag)
Vortrag mit Diskussion
Im Rahmen der Reihe „Nordweststadt Impuls“ veranstaltet das Büro für Integration in Zu- sammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg und der Bürgergemein- schaft Nordweststadt einen Vortrag zum The- ma „Rechtsextremismus erkennen und richtig handeln“. Mitarbeiter des Landeskriminalamtes informieren über die rechtsextreme Musik, über die Bedeutung von Kleidung und Symbolen so- wie über die Strategien der Mitgliedergewin- nung. Manuel Bauer, ein ehemaliger Neonazi, wird in einem spannenden Vortrag darstellen, wie er in die Naziszene reinrutschte und welche Hilfen notwendig waren, um aus dieser Szene auszusteigen.
„Glatze, Springerstiefel, Bomberjacke? Rechtsextremismus erkennen und richtig handeln“
„Rechtsextremismus erkennen und richtig handeln“ Vortrag mit Workshop. Siehe Ankündigung vom 25. März
Der Vortrag richtet sich an die Schülerschaft, Pädagogen und Eltern, aber auch an alle inte- ressierten Bürger_innen in der Nordweststadt.
Ort: Werner-von-Siemens-Schule, Kurt-Schu- macher-Straße 1, KA-Nordweststadt, Aula
Zeit: 18 Uhr – 20 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Bürgergemeinschaft Nordwest-
stadt, Büro für Integration und AK Migra- tionsbeirat in Zusammenarbeit mit Werner- von-Siemens-Schule
www.polizei-bw.de/Dienststellen/LKA/Seiten/ Staatsschutz
www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/bfi www.ka-nordweststadt.de www.wvs-ka.de
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27. März (Donnerstag)
Lesung
Geschichten und Zeitzeugenberichte über die rassische Verfolgung und Ermordung der Karls- ruher Sinti in der NS-Zeit.
Michail Krausnick liest und erzählt: „Josef und seine Brüder“ – die Spurensuche eines Ho- locaust-Überlebenden im Generallandesarchiv und „Eine ganz raffinierte Person“ – vom Wi- derstand der Mathilde Klein gegen den Karls- ruher „Zigeunerkommissar“.
Über Michail Krausnick: Michail Krausnick ist Autor zahlreicher Veröf- fentlichungen zum Thema, u. a. „Wo sind sie hingekommen? Der unterschlagene Völkermord an den Sinti und Roma“; „Da wollten wir frei sein – eine Sinti-Familie erzählt“, das Thea- terstück „Lustig ist das Zigeunerleben?“, das Drehbuch zum TV-Film „Auf Wiedersehen im Himmel. Die Sinti-Kinder von der St. Josefspfle- ge“, das Kinderbuch „Elses Geschichte – ein Mädchen überlebt Auschwitz“, die Lokalstudie „Abfahrt: Karlsruhe“ und die Ausstellung „Die Überlebenden sind die Ausnahme“ gemeinsam mit Anita Awosusi.
„Ich will’s ja selbst gern vergessen!“
Ort: Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais, Karls- traße 10, KA-Innenstadt
Beginn: 18 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Gesellschaft für bedrohte Völ-
ker e.V., Regionalgruppe Karlsruhe und Stadtarchiv Karlsruhe
www.krausnick-info.de/start.htm www.gfbv.de
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27. März (Donnerstag)
Für seinen Vortrag „Eine Jüdische Zeitreise“ hat Dany Bober die in der Zeit der Weima- rer Republik auf deutschen Kleinkunstbühnen beliebte Form des „Features“ gewählt. Hierbei tragen die unterschiedlichsten Stilelemente wie Lieder, Berichte, Mundartgedichte und Humor zu einem kurzweiligen und informativen Abend bei.
Die Frankfurter Rundschau schrieb: „... Ein Abend der zeigte, dass Unterhaltung durchaus was mit Haltung zu tun hat. Und dass es möglich ist, ein ernsthaftes Thema auch ohne die durch- konstruierte Handlung eines Theaterstückes pu- blikumswirksam auf die Bühne zu bringen.“
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Beginn: 19.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: ibz Karlsruhe e.V., Stoffwechsel e.V.
www.kulturserver.de/-/kulturschaffende/ detail/32683 www.ibz-karlsruhe.de www.stoffwechsel-ev.de
Veranstaltung in der Tapasbar Pin- txos: Ort: Pintxos Tapas y Pasión, Waldstrasse 30, KA-Innenstadt Beginn: 20.30 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Pintxos Tapas y Pasión
www.pintxos.de/karlsruhe-1.html
„Pasion Gitana – Spanische Live Musik“
„Jüdische Zeitreise mit Dany Bober - Lied, Geschichte(n), Jüdischer Humor“
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27. März (Donnerstag)
Buchpremiere: Ibraimo Alberto und Daniel Oliver Bachmann präsentie- ren ihr Werk „Ich wollte leben wie die Götter. Was in Deutschland aus mei- nen afrikanischen Träumen wurde.“
„In Karlsruhe ist alles anders“, sagt Ibraimo Alberto. Er nennt Karlsruhe eine „fantastische Multikultistadt“. Hier ist er nicht mehr der ein- zige Schwarze. 2011 flüchtet Ibraimo Alberto von Brandenburg nach Karlsruhe. Er hält den Rassismus nicht länger aus. Aufgewachsen als eines von zwölf Kindern und Sklave eines Land- besitzers in Mosambik, zieht er 1981 in die DDR. Aber anstatt studieren zu können, wird er in ein Fleischkombinat abkommandiert. Er darf sich weder frei bewegen noch heiraten. Doch Alberto boxt sich nach oben: Er macht Karrie- re in einem Ostberliner Boxverein und boxt für den Club „Traktor Schwedt“ in der Bundesliga. 1991 beherrschen die Neonazis Schwedt. Al- berto wird täglich angepöbelt, beleidigt und angegriffen. Als Rechtsradikale seinen 17-jäh- rigen Sohn bei einem Fußballspiel totzuschla- gen drohen, weiß Alberto, inzwischen Auslän- derbeauftragter in der Stadt an der Oder, dass er hier keine Zukunft mehr hat. 2011 erhält er „innerdeutsches Asyl“ in Karlsruhe. Und er kämpft weiter gegen Rassismus und für Integration.
Ibraimo Alberto und Co-Autor Daniel Oliver Bachmann, geboren 1965, Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg, stellen das gerade im Verlag Kiepenheuer & Witsch erscheinende Buch in Ibraimo Albertos neuer Heimat gemeinsam vor.
Ort: Museum für Literatur am Oberrhein, Prinz- Max-Palais, Karlstraße 10, KA-Innenstadt
Beginn: 20 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Literarische Gesellschaft Karlsru-
he e.V., Stephanus-Buchhandlung
„Was in Karlsruhe aus meinen afrikanischen Träumen wurde.“
© Sven Paustian
www.kiwi-verlag.de/buch/ich-wollte-leben- wie-die-goetter/978-3-462-04624-3
www.literaturmuseum.de www.stephanusbuch.de
Theater-Uraufführung: „Rechtsmate-
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28. März (Freitag)
Ausstellungseröffnung mit einem Vortrag der Ausstellungsmacherin Birgit Mair
Die Ausstellung setzt sich auf 22 Tafeln mit den Verbrechen des NSU in den Jahren 2000 bis 2007 sowie der gesellschaftlichen Aufarbei- tung nach dem Auffliegen des „Nationalsozi- alistischen Untergrundes“ im November 2011 auseinander. Neben den Biografien der zehn Mordopfer, den Bombenanschlägen sowie zahlreichen Banküberfällen beleuchtet die Aus- stellung Neonaziszenen, aus denen der NSU hervorging. Analysiert werden zudem Gründe, warum die Mordserie so lange unaufgeklärt blieb. Die Ausstellung wird mit einem Vortrag der Diplom-Sozialwirtin Birgit Mair eröffnet. Sie stellt das Ausstellungsprojekt vor und geht auf aktuelle Entwicklungen im NSU-Prozess so- wie den Umgang mit Neonazismus und Rassis- mus nach dem Auffliegen des NSU ein. Im An- schluss besteht die Möglichkeit für Fragen aus dem Publikum.
Die Ausstellung ist nach der Eröffnungsver- anstaltung zwei Wochen, bis zum 12. April, im Konferenzsaal der Zentralmoschee täglich von 13 Uhr –17 Uhr zu besichtigen.
Ort: DITIB Zentralmoschee Karlsruhe, Käppel- estraße 3, KA-Oststadt
Beginn: 17 Uhr Eintritt frei Veranstalter: DITIB Karlsruhe in Kooperation
mit dem Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung Nürnberg (ISFBB) e.V.
www.ditib-karlsruhe.de www.isfbb.de
„Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“
Vortrag: „Zwischen Tschetschenien, Polen und Deutschland – Hintergründe zu den Schicksalen von Flüchtlingen“
2013 kamen die meisten Flüchtlinge, die in Deutschland einen Asylantrag stellten, aus der Russischen Föderation und hier aus Tschetschenien.
Sarah Reinke, GUS-Referentin der Gesell- schaft für bedrohte Völker, klärt über die Hin- tergründe der Flucht und die aktuelle Lage in Tschetschenien auf. Anhand von Einzelschick- salen stellt sie die Folgen der europäischen Flüchtlingspolitik für die Betroffenen dar und beschreibt, wie sich die Situation seit Jahres- beginn 2014 auch im Zusammenhang mit den Olympischen Winterspielen in Sotschi entwi- ckelt.
Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt Beginn: 20 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Gesellschaft für bedrohte Völker
e.V., Regionalgruppe Karlsruhe
www.gfbv.de
„Hintergründe zu den Schicksalen von Flüchtlingen“
Freitagsgebet am KIT Siehe Ankündigung vom 21. März
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28. März (Freitag)
Theater: „Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner“ Siehe Ankündigung vom 19. März
Die Lange LeseNacht im ZKM
Wer Menschen ausgrenzt, verstößt gegen die Menschenrechte und gefährdet den gesell- schaftlichen Zusammenhalt. Rassismus verletzt Menschen durch Worte und Taten. Amnesty International Karlsruhe möchte zeigen: Worte können auch viel Kraft entfalten und zur Ver- ständigung beitragen!
Bekannte Karlsruher Bürger_innen lesen mit- gebrachte Werke – Schauspieler tragen Texte vor. Musik von ZILL feat. N. Rieger und 7Ender & U.W.E. with friends.
„Dein Wort gegen Rassismus“
Mit Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, Prof. Dr. h.c. mult. Peter Weibel, Gunzi Heil, Jan Linders, Schauspielern des Staatstheaters und Überraschungsgästen.
Literatur trifft Musik – und Du bist dabei!
Ort: ZKM, Lorenzstraße 19, KA-Südweststadt, Medientheater
Zeit: 20 Uhr – ca. 23.30 Uhr (mit Pause und After-Show-Party)
Eintritt frei Veranstalter: amnesty international Bezirk
Karlsruhe, in Kooperation mit dem ZKM und dem Kulturbüro der Stadt Karlsruhe
www.amnesty-karlsruhe.de www.zkm.de www.karlsruhe.de/b1/kultur/kulturfoerde-
rung/kulturbuero
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29. März (Samstag)
„Erinnerung aufpolieren!“ Aktive der Karlsruher Stolpersteine-Putzakti- onen stellen ihre Initiative vor
„Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig erinnern an Menschen, die Opfer der poli- tischen und rassistischen Verfolgungen unter der NS-Diktatur wurden: Eingelassen in die Gehsteige vor ihren letzten freiwillig gewähl- ten Wohnquartieren, lassen die quadratischen Messingplatten die Vorbeigehenden zumindest optisch über die Namen und Schicksale der einstigen Bewohner_innen „stolpern“. Auf diese Weise geben sie ihnen symbolisch wieder ein Stück ihrer Identität zurück. Mit der Zeit haben viele einstmals blitzende Stolpersteine Patina angesetzt; sie fügen sich nun sehr unauffällig ins Grau der Pflastersteine drum herum ein. Um wieder mehr Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, ist daher eine Erinnerungsarbeit ganz praktischer Art gefragt. Auf Initiative von „Ge-
„Erinnerung aufpolieren!“
gen Vergessen – Für Demokratie e.V.” führen mehrere Organisationen und zahlreiche Enga- gierte seit dem Frühjahr 2012 in ganz Karlsru- he Stolpersteine-Putzaktionen durch. An jeder Station wird dabei kurz der jeweiligen Opfer gedacht. Dabei kommt es zu unterschiedlichen Begegnungen.
Die Initiative stellt zunächst bei Kaffee und Ku- chen ihre Arbeit vor – anschließend gemein- sames aktives Gedenken an den Stolpersteinen in der Karlsruher Innenstadt.
Ort: jubez, Kronenplatz 1, KA-Innenstadt, Jubez-Café Beginn: 14 Uhr Veranstalter: Initiative „Erinnerung aufpolieren“
Anschließend um 15 Uhr gemeinsames aktives Gedenken an den Stolpersteinen in der Karls- ruher Innenstadt.
www.erinnerung-aufpolieren.de
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29. März (Samstag)
Vortrag von Ahmad Mansour
Die antisemitischen Stereotypen, die von musli- mischen Jugendlichen in Deutschland vertreten werden, sind sehr vielfältig und reichen von Verschwörungstheorien über die Herrschaft der Juden in der Finanz- und Weltpolitik, über die Darstellung der Juden als geldgierig, ma- nipulativ, dreckig, Feinde des Islams bis zur Ho- locaust-Verleugnung. Solche Stereotypen sind auch in der Mehrheitsgesellschaft vorhanden. Doch bei der Entstehung dieser Bilder in den migrantischen Milieus spielen der Nahostkon- flikt und der religiös begründete Antisemitismus eine entscheidende Rolle. Wir begegnen die- sem neuen Antisemitismus im Alltag auf Schul- höfen, in den Schulklassen, in Moscheen, auf Facebook, in Satellitensendern und in Foren. Diese Art von Antisemitismus ist kaum erforscht und trotzdem stellt er eine der großen Bedro- hungen für unsere Demokratie dar und benötigt ein pädagogisches Umdenken.
Über Ahmad Mansour: Ahmad Mansour ist Diplom-Psychologe, ge- boren 1976 in Tira (einem kleinen arabischen Dorf in Israel) und lebt seit neun Jahren in Deutschland. An der Universität in Tel Aviv studierte er Psychologie, Soziologie und Phi- losophie und arbeitete dort in verschiedenen
„Muslimischer Antisemitismus“
Projekten für friedliches Zusammenleben zwi- schen Arabern und Juden. In Berlin führte er sein Studium im Fach Klinische Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin fort. Neben seiner Tätigkeit als Gruppenleiter bei Hero- es, einem Projekt gegen die Unterdrückung im Namen der Ehre und für Gleichberechtigung, arbeitet Herr Mansour als wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem Projekt „ASTIU“ (Auseinan- dersetzung mit Islamismus und Ultranationalis- mus). Außerdem war Ahmad Mansour Mitglied der „Deutschen Islam Konferenz“ und berät die European Foundation for Democracy in den Themen Integration, Radikalisierung, Antisemi- tismus und Erziehungsmethoden in muslimischen Familien. Ahmad Mansour ist freier Autor und arbeitet gerade für die ARD an einer Repor- tage über muslimischen Antisemitismus. Ahmad Mansour fordert in seinen Artikeln die Muslime, die Pädagogik und die Politik auf, aktiv gegen den wachsenden Antisemitismus und die Radi- kalisierung zu handeln.
Ort: Badisches Landesmuseum, Schlossbezirk 10, KA-Innenstadt, Gartensaal
Beginn: 19 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Förderverein Fest für Völkerver-
ständigung e.V.
www.heroes-net.de/index.php/angebote
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29. März (Samstag)
„Rechtsmaterial“
rial“. Ein NSU-Projekt von Jan-Chri- stoph Gockel & Konstantin Küspert Der NSU-Prozess läuft seit dem 6. Mai 2013 in München und versucht, die Taten der rechten Terrorzelle „Nationalsozialistischer Unter- grund“ und auch deren Verstrickung mit den deutschen Geheimdiensten aufzuklären. Was geschah in der konspirativen Wohnung des NSU? Wie entwickeln sich Menschen zu rassisti- schen Mördern? Nach ausführlicher Recherche, Gesprächen mit der Bundesanwaltschaft und weiteren Behörden, Institutionen, Vereinen, die an einem der größten Strafprozesse des ver- einigten Deutschland beteiligt sind, nähert sich das Staatstheater der Thematik mit dem Ziel, historische Dimension und fatale Kontinuität des Terrorismus von rechts in Deutschland auf- zuzeigen. Aus einem alten Propagandastück, hunderten Seiten Akten und vielen detaillierten Berichten wird ein Theaterabend destilliert,
Tasse Tee Siehe Ankündigung vom 15. März Ort: ibz, Kaiserallee 12 d, KA-Weststadt,
Dachgeschoss
Film „Erntehelfer“ Siehe Ankündigung vom 26. März Beginn: 19 Uhr
der sich vor allem mit der Sichtweise der Täter beschäftigt.
Ort: Badisches Staatstheater, Baumeisterstraße 11, KA-Südstadt, Studio
Beginn: 19.30 Uhr Eintritt: 13 €, ermäßigt 7 € Veranstalter: Badisches Staatstheater Karlsru-
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www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/ info/1697
Theater:
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29. März (Samstag)
Der Deutschsprachige Muslimkreis Karlsruhe (DMK) lädt Vereine, Institutionen, Gruppen und alle Karlsruher Bürger_innen zu einem Lichter- lauf gegen Rassismus und Diskriminierung im Rahmen der Karlsruher Wochen gegen Rassis- mus ein. Mit diesem Lichterlauf soll an erster Stelle an die Opfer und Leidtragenden des Rassismus in unserem Land erinnert werden. Zu- dem sind die Lichter dieser Aktion Ausdruck der Hoffnung, dass sich jeden Tag mehr Menschen gegen Rassismus und gruppenbezogene Men- schenfeindlichkeit einsetzen. Der Lichterlauf ist eine gute Möglichkeit für Karlsruher Vereine, Institutionen, Behörden und Bürger_innen, für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen, dass es keinen Platz für Rassismus und Diskriminierung in ihren Einrichtungen und in der Stadt Karlsru- he gibt. Karlsruher Bürger und Gruppen, Insti- tutionen und Vereine können von unterschied- lichen Plätzen aus, an denen sie arbeiten oder leben bzw. von Orten, die für sie eine wichtige Bedeutung besitzen, mit Lichtern und Bannern gemeinsam loslaufen bzw. losfahren (wie z. B. vom Menschenrechtszentrum, von der LEA, dem Rathaus, vom IBZ, vom Büro für Integration, von den Fraktions- und Parteibüros, von der Syna- goge, den Kirchen, den Moscheen/dem DMK, dem Bundesverfassungsgericht, der Bundes- staatsanwaltschaft usw.).
Die Gruppen und Menschen, die loslaufen, treffen sich dann mit ihren Lichtern am Platz der Grundrechte und versammeln sich dort. Die Lichter werden nach und nach auf dem Boden zu Schriftzügen wie „Karlsruhe gegen Rassis- mus“ und „Für Vielfalt und Gemeinsamkeit“ ab- gestellt. Am Platz der Grundrechte geben die Gruppen auch jeweils ein kurzes Statement ab wie z. B. „Wir engagieren uns seit Jahren im Menschenrechtszentrum gegen Rassismus und Ungleichbehandlung, indem wir Flüchtlingen helfen und uns für die grundlegenden Rechte aller Menschen einsetzen“.
Je mehrnstitutionen, Vereine, Gruppen und Karlsruher Bürger_innen an dieser Aktion mit- machen, desto stärker kann ein Signal unseres gemeinsamen Anliegens in die Stadtgesell- schaft hineinwirken.
Bei entsprechenden Witterungsverhältnissen wird der DMK kostenlos warme Getränke an- bieten.
Wie kann man mitwirken? Lichterstäbe können beim Deutschsprachigen Muslimkreis Karlsruhe oder im Kulturbüro bei Christoph Rapp,(Rathaus am Marktplatz, Zim- mer C 109, Telefon 133-4053, E-Mail: christoph. rapp@kultur.karlsruhe.de) kostenlos abgeholt werden. Weiterhin haben die Veranstalter vorbe- reitete „Statements“, die bei Bedarf übergeben werden können. Für Bestellung der Lichterstäbe und evtl. Statements oder Fragen schreiben Sie uns per E-Mail an info@dmk-karlsruhe.de.
Gemeinsames Ziel: Platz der Grundrechte, Karl-Friedrich-Straße zwischen Zirkel und Schlossplatz, KA-Innenstadt
Zeit: 20 Uhr Teilnahme kostenlos Veranstalter: Deutschsprachiger Muslimkreis
Karlsruhe e.V.
www.dmk-karlsruhe.de
„Lichterlauf gegen Rassismus und Diskriminierung“
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Der Meddah amüsiert sich und das Publikum in AMÜSÜMÜNT
Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Inte- gration? Wo sind die Fallen? Wo die Rettungs- leine? Was ist Integration? Diesen Themen wid- met sich das Meddah-Theaterstück mit voller Inbrunst. Dies mag nach einem trockenen Inhalt klingen, ist aber genau das Gegenteil. Hier bleibt kein Auge trocken und kein Lachmuskel wird geschont!
Pressestimmen: „Gegenseitige Sympathie ist besser als je- des Integrationsgesetz: Rusen Kartaloglu nahm das Miteinander von Deutschen und Türken aufs Korn. Gerade in Zeiten, in de- nen das Thema Integration heiß diskutiert wird und nicht nur Politikern manch zweifel- haften Kommentar entlockt, tat es gut, den satirischen Ausführungen zum Stand der Din- ge zu lauschen. Aus beiden Blickwinkeln be- leuchtete Kartaloglu das deutsch-türkische Miteinander, skizzierte Klischees, machte
„AMÜSÜMÜNT“
auf die Unzulänglichkeit von Vorurteilen aufmerksam, nahm die Besucher mit zu ei- ner türkischen Hochzeit und gab Einblicke in die Kulturen. Wunderbar theatralisch geriet dabei sein Vortrag von herzzerreißenden türkischen Liedern, die er für das deutsche Publikum übersetzte. Natürlich wurde auch „mein Freund, der arme Thilo“ von dem Ka- barettisten erwähnt, der mit dem Publikum sowohl einen Ein- als auch einen Auswande- rungstest machte. Kein Gesetz zur Integrati- on könne so wirkungsvoll sein wie gegensei- tige Sympathie, hieß es am Ende. „Es gibt ein simples Rezept: Vorurteile abbauen und zwar auf beiden Seiten“, resümierte Rusen Kartaloglu, der mit seinem Programm einen Beitrag dazu leistete.“ (Saarbrücker Zei- tung)
„Das Stück ist nach dem Vorbild der tradi- tionellen türkischen Form ´Meddah´ gebaut als mit lebendiger Mimik und Gestik vorge- tragene Erzählung mit eingeflochtenen An- ekdoten.“ (Badische Neueste Nachrichten)
Ort: Sandkorn-Theater, Kaiserallee 11, KA-Weststadt, Studio Beginn: 20.30 Uhr Eintritt: Theaterpreise Veranstalter: Tiyatro Diyalog e.V.
www.tiyatrodiyalog.de
Großes Abschlussfest im Tollhaus
29. März (Samstag)
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Zum Abschluss der zweiten Karlsruher Wochen gegen Rassismus feiern wir alle miteinander ein buntes Fest mit viel Musik, Darbietungen, kuli- narischen Genüssen, vielen Informationen und Mitmach-Aktionen für die ganze Familie. Fei- ern Sie mit und werden Sie Teil unserer bunten Vielfalt!
Musik: and the change, Sea Time, Yelitza Laya und Band Caramelo, Kristina Neureuther und Band, Keith Hawkins, Cryptic Carpet, Tafka de Bouef und Isis Chi Gambatté
Gedichtrezitationen: Ruth Rahäuser und Rusen Kartaloglu
Videos: Ana und Anda, Isis Chi Gambatté
Impro-Workshop mit anschließender Präsen- tation: Lamis Klein
Szenische Ausschnitte aus den Workshops des „Projekts LEA“ (Werkraum Karlsruhe e.V.)
Comedy: Landsmannschaft der Deutschen aus Russland
11-Minuten-Yoga:
30. März (Sonntag)
„Wir feiern die Vielfalt“
Stefanie Flöter
Multireligiöses Gebet: AG Ein Garten für die Religionen für Karlsruhe
Moderation: Rusen Kartaloglu
Kulinarische Beiträge: Internationaler Jugend- und Kulturverein Karls- ruhe, DMK, Armenisches Hilfswerk, Pintxos Team, Verein Venezuela Creativa und Hallacas y algo más.
Infostand mit Einblicken in die Arbeit der Be- treuungsangebote des „Projekt LEA“
Zum Abschlussfest wird eine eigene kleine Programm-Broschüre mit genaueren Anga- ben erscheinen.
Ort: Kulturzentrum Tollhaus, Alter Schlachthof 35, KA-Oststadt
Zeit: 14 Uhr – 20 Uhr Eintritt frei Veranstalter: Kulturbüro der Stadt Karlsruhe,
Kulturzentrum Tollhaus e.V.
www.tollhaus.de www.karlsruhe.de/b1/kultur/kulturfoerde-
rung/kulturbuero
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Flüchtlingen konkret helfen - aber wie? Flüchtlingsvereine suchen nach Verstärkung und verraten dabei, was sie tun und was sie antreibt. Mit Speed-Dating. Lässt das Ihr Herz höher schlagen?
Beteiligte: Freunde für Fremde, Flüchtlings- betreuer Mühlburg, Projekt Tasse Tee, ibz, AI-Asylgruppe, Freundeskreis Asyl KA, weitere Hausvereine des MRZs
Ort: Kulturzentrum Tollhaus, Alter Schlachthof 35, KA-Oststadt
Zeit: 14 Uhr – 16 Uhr (??) Eintritt frei Veranstalter: Menschenrechtszentrum Karlsruhe e.V., amnesty international Bezirk Karlsruhe, Büro für Integration, evt. zusammen mit dem Aktivbüro der Stadt Karlsruhe (noch anzufra- gen)
Theater: „Am falschen Ort“ „Am falschen Ort“ dokumentiert das Schicksal von Flüchtlingen an der Außengrenze der Euro- päischen Union. Ausgehend von realen Lebens- geschichten beleuchtet es fünf Biografien am Rand der rumänischen Gesellschaft. Da ist die obdachlose alte Jüdin in Bukarest, der staaten- lose Mann aus Palästina, der junge Afghane, der über den Iran schließlich nach Rumänien flieht, die Serbin und die Irakerin, die der Krieg jeweils aus ihren Heimatländern vertrieben hat. Alice Monica Marinescu, geboren 1987, arbei- tet als Schauspielerin und schreibt für das The- ater. Gemeinsam mit David Schwartz, geboren 1985 in Bukarest, recherchierte sie für „Am falschen Ort“ berührende Geschichten vom Schicksal geprüfter Menschen, die die Verhei- ßungen des Westens in Frage stellen. Das Stück erzählt von Flucht und Vertreibung – und von der Suche nach einer neuen Heimat.
Ort: Badisches Staatstheater, Baumeisterstraße 11, KA-Südstadt, Studio
Beginn: 19 Uhr Eintritt: 13 €, ermäßigt 7 € Veranstalter: Badisches Staatstheater Karlsruhe
www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/ info/1459/
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30. März (Sonntag)
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Mobilität, Migration und Transkulturalität sind in unserer Welt keine Ausnahme, sondern die Re- gel. Trotzdem sind Migrant_innen und ihre Erfah- rungen für die Mehrheit der Gesellschaft meist unsichtbar. Die Ausstellung zeigt die Ergebnisse der zahlreichen soziokulturellen Projekte, die das Künstlerinnen-Kollektiv migrantas von 2003 bis heute in Berlin, Buenos Aires, Hamburg und Köln realisiert hat. Zwei- sprachige Texte mit zahlreichen Abbildungen erläutern die Arbeit mit vielen Hundert Migrant_ innen. Kern der Darstellung ist dabei der einzig- artige Entstehungsprozess von den Zeichnungen zu den künstlerisch-grafischen Piktogrammen, mit denen migrantas die Alltagserfahrungen und Gefühle von eingewanderten Frauen zum Aus- druck bringt und in die Öffentlichkeit trägt. Eine Dualität von der vereinfachten Darstellung der Piktogramme – Ikone, die für jeden verständlich sind – und die dahinter stehende Bedeutung, welche komplexe gesellschaftliche, soziale und ökonomische Zusammenhänge widerspiegeln, transportiert die Alltagserfahrungen von Mi- grant_innen, unabhängig davon, wo sie leben. Migrantas thematisiert Migration, Identität und interkulturellen Dialog und bedient sich in seinen vielfachen Projekten der Werkzeuge der Kunst, des Designs und der Sozialwissenschaften.
Über die Künstlerinnen: Die 1963 in Buenos Aires geborene Marula Di Como lebt seit 2002 in Berlin. Seit 2000 entwickelt sie Piktogramme als Teil ihrer künst- lerischen Sprache. Noch in Argentinien lernte sie Florencia Young kennen, wo die zwei Künst- lerinnen an verschiedenen Projekten zusammen arbeiteten: „El futuro está en el papel pintado de la Bauhaus“ (Goethe-Institut Buenos Aires, 1997) oder das Projekt „Des-Limites, Valle del Riachuelo Matanzas“ (Goethe-Institut Buenos Aires, 1999). Die 1965 ebenfalls in Buenos Aires geborene
Grafik-Designerin Florencia Young lebt seit 2002 in Berlin. Die beide Künstlerinnen tra- fen sich in Berlin wieder und konzipierten das
gemeinsame Projekt „Pro- yecto Ausländer“ (Berlin und Buenos Aires, 2003/2004). In dem Projekt geht es darum, die Erfahrungen und Empfin- dungen zu reflektieren, wie
es ist, eine Ausländerin zu sein. Die Künstlerinnen werden seit 2004 von der Soziologin Estela Schindel, seit 2006 von der Planerin Irma Leinauer und seit 2007 von der Journalistin Alejandra López unterstützt. Zu- sammen bilden sie das Kollektiv migrantas. Im Jahr 2011 wurde migrantas der Haupt- stadtpreis für Toleranz und Integration durch die Initiative Hauptstadt Berlin e.V. verliehen.
Geplant ist im Laufe des Jahres 2014 ein Workshop des Künstlerinnenkollektivs in Karlsruhe, bei dem zusammen mit Karlsru- herinnen weitere Kunstwerke geschaffen werden sollen.
Öffnungszeiten: Mo. u. Di.: 12 Uhr – 18.30 Uhr, Mi. – Fr.: 10 Uhr – 18.30 Uhr und während der Veranstaltungen (mit Ticket)
Ort: Kulturzentrum Tollhaus Karlsruhe, Alter Schlachthof 35, KA-Oststadt
Eintritt frei Veranstalter: Kulturbüro der Stadt Karlsruhe
und Kulturzentrum Tollhaus Karlsruhe e.V.
www.migrantas.org www.tollhaus.de
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1. bis 30. März
Ausstellung „migrantas | eine visuelle Sprache der Migration“ im Tollhaus
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Wörter, die wehtun
Piktogramm von migrantas - entstanden aus Zeichnungen von Migrantinnen in Berliner Workshops
Kunst und Migration 4.5. - 15.7.2013
KUNSTHALLE BAHNITZ Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg Frau Dr. Doris Lemmermei
Kollektiv migrantas
A6 Postkarte Auswahl + Rückseite Beispiel 27.01.2014
er Unterstützt durch: Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg; Landkreis Havelland; Kulturverein Bahnitz
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Ich bin deine NächsteKeine Terroristin
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Piktogramm von migrantas - entstanden aus Zeichnungen von Migrantinnen in Berliner Workshops
Kunst und Migration 4.5. - 15.7.2013
KUNSTHALLE BAHNITZ Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg Frau Dr. Doris Lemmermei
Kollektiv migrantas
A6 Postkarte Auswahl + Rückseite Beispiel 27.01.2014
er Unterstützt durch: Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg; Landkreis Havelland; Kulturverein Bahnitz
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In zahlreichen Romanen für Erwachsene wird Rassismus als zentrales Element der Erzählung aufgegriffen. Ein Büchertisch in der Stadtbibli- othek im neuen Ständehaus gibt Eindrücke in die vorhandene Literatur und fordert zur individuellen Auseinandersetzung durch Lesen auf. Ob zum Beispiel von Marie NDiaye („Drei starke Frauen“), Gail Jones („Perdita“) oder Jorge Amado („Die Werkstatt der Wunder“) - hier finden sich Romane von Autorinnen und Au- toren aus aller Welt, die oft in erschütternder Weise, teilweise aber auch tragisch-komisch, rassistische Erfahrungen verarbeiten.
In verschiedenen Kinderbüchern und Jugen- dromanen wird ebenfalls über Rassismus in erschütternden, aber auch fesselnden Hand- lungen erzählt. Parallel zur Präsentation für Erwachsene in der zentralen Stadtbibliothek ist in der Jugendbibliothek im Prinz-Max-Palais ein Büchertisch aufgestellt, der einen Überblick gibt und zum individuellen Schmökern einlädt.
Öffnungszeiten: Di. – Fr.: 10 Uhr – 18.30 Uhr, Sa.: 10 Uhr – 14 Uhr
Orte: Stadtbibliothek, Ständehausstraße 2, KA-Innenstadt; Jugendbibliothek im Prinz- Max-Palais, Karlstraße 10, KA-Innenstadt
Eintritt frei Veranstalter: Stadtbibliothek Karlsruhe
www.stadtbibliothek-karlsruhe.de
Im Yoga treffen Menschen aus allen Religionen und Kulturen zusammen. Wir leben die Einheit in der Vielfalt und möchten mit Hilfe von Me- ditation Frieden für jeden Einzelnen und Hei- lung für die Welt bewirken. Im Rahmen der Karlsruher Wochen gegen Rassismus treffen wir uns täglich, um das Heilungsmantra aus dem Kundalini-Yoga zu chanten/singen. Alle Interessierten, mit oder ohne Meditationserfah- rung, sind herzlich dazu eingeladen.
Ort: Vishuddha-Zentrum, Pfinztalstraße 46 – 50 (direkt über dm), KA-Durlach
Zeit: 17.45 Uhr – 18 Uhr, täglich vom 14. – 30. März
Eintritt frei Veranstalter: Vishuddha-Zentrum Durlach
www.karlsruhe-kundalini-yoga.de www.vishuddha-zentrum.de
15. bis 29. März
Doppelte Buchausstel- lung: Als Fremde leben
14. bis 30. März
Yogameditation
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Das Projekt „WERTvollerKOFFER“ wird an den Johannes-Kepler Privatschulen ins Leben geru- fen werden. Das Ziel dieses Projekts soll sein, den Schüler_innen einen Einblick in verschie- dene Kulturkreise zu ermöglichen. Dabei sollen die Schüler_innen mit ihren Eltern einen Besuch bei einer Gastfamilie abstatten. Diese Besuche sollen durch Dialoge zwischen den Familien den Kulturaustausch fördern. Der WERTvolleKOF- FER soll einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Nach den Besuchen soll jede Familie einen Ge- genstand, welches ihre Kultur repräsentiert, in den „WERTvollenKOFFER“ hineinlegen. Dieser wird am Ende des Jahres bei unserer Jahresab- schlussfeier geöffnet. Alle Familien sollen dann einen Einblick in die vielfältige Kultur unserer Schüler_innen bekommen.
Das Projekt startet am 11. März mit einem Re- ferat und anschließender Diskussion von Jutta Gemeinhardt zum Thema „Interkultureller Eis- berg“. Das Projekt wird an dieser Veranstal- tung ebenfalls vorgestellt.
An den staatlich anerkannten Johannes-Kepler Privatschulen Gymnasium & Realschule werden neben den schulischen Ausbildungen auch ein besonderer Wert auf das soziale Engagement und Förderung dieser Kompetenzen gelegt. Auch stellt die Schulsozialarbeit durch Mento- ring und Elternarbeit ein besonderes Merkmal unserer Schule dar.
Termin: Dienstag, 11. März 2014, 18.30 Uhr Ort: Johannes-Kepler Privatschulen, Daimler-
straße 7, KA-Nordweststadt Eintritt frei Veranstalter: Johannes-Kepler Privatschulen
www.kepler-privatschulen.de
Projekt im Rahmen der Wochen gegen Rassismus
Privatschulen
G y m n a s i u m & R e a l s c h u l e s t a a t l i c h a n e r k a n n t
„Interkultureller Eisberg“ Referat im Rahmen der Projekteröffnung „WERTvollerKOFFER“
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Rassismus und Diskriminierung Rassismus wird in dem Internationalen Über- einkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung aus dem Jahre 1965 fol- gendermaßen definiert: „Jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der Ab- stammung, dem nationalen Ursprung oder dem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschlie- ßung, Beschränkung oder Bevorzugung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass dadurch ein gleichberechtigtes Anerkennen, Genießen oder Ausüben von Menschenrechten und Grundfrei- heiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedem sonstigen Bereich des öffentlichen Lebens vereitelt oder beeinträch- tigt wird.“ Basierend auf dem Grundsatz, dass alle Men- schen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind, stellt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 in Artikel 2 des- halb unmissverständlich fest: „Jeder Mensch hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeine Unterscheidung, wie etwa nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Reli- gion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Vermö- gen, Geburt oder sonstigem Status...“. In der Präambel des Internationalen Überein- kommens zur Beseitigung jeder Form von Ras- sendiskriminierung bekräftigen die Vereinten Nationen, „dass jede Lehre von einer auf Rassenunter- schiede gegründeten Überlegenheit wissen- schaftlich falsch, moralisch verwerflich sowie sozial ungerecht und gefährlich ist und dass eine Rassendiskriminierung, gleichviel ob in Theorie oder in Praxis, nirgends gerechtfertigt ist ...“ und erklären, „dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und ein Recht auf gleichen Schutz des Ge- setzes gegen jede Diskriminierung und jedes Aufreizen zur Diskriminierung haben“.
Die Internationale Städte-Koalition gegen Rassismus Die „Internationale Städte-Koalition gegen Rassismus“ ist eine Initiative der UNESCO, die 2004 gestartet wurde. Das Ziel ist, ein welt- weites Netzwerk von Städten einzurichten, die sich gemeinsam für einen wirkungsvollen Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit einsetzen.
Internationale Konventionen, Erklärungen und Verfahren müssen von den einzelnen Staaten ratifiziert und umgesetzt werden. Gleichzeitig ist es aber sehr wichtig, dass auch die loka- le Ebene, auf der sich Menschen unterschied- lichster Herkunft und Eigenschaften tagtäglich begegnen, und die Opfer von Diskriminierung mit einbezogen werden. Nur so ist sicherzustel- len, dass die internationalen und nationalen Rechtsinstrumente auch tatsächlich angewandt und konkrete Probleme vor Ort berücksichtigt werden.
Deshalb kommt den Kommunen in Zeiten fort- schreitender Globalisierung und Urbanisierung eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, eine tolerante und solidarische Gesellschaft zu gestalten und allen Stadtbewohnern, gleich welcher nationalen, ethnischen, kulturellen, reli- giösen oder sozialen Zugehörigkeit, ein Leben in Würde, Sicherheit und Gerechtigkeit zu er- möglichen. Koalitionen gibt es mittlerweile auf verschie- denen Kontinenten: Der asiatische Koordinati- onssitz liegt in Bangkok, während die afrika- nische Koalition ihre Koordinationsstädte nach Regionen aufteilt (Bamako, Durban, Kigali und Nairobi). Der lateinamerikanische Koordinati- onssitz liegt in Montevido und Calgary ist Sitz der kanadischen Städtekoalition auf Ländere- bene. Im Jahr 2008 kam die Arabische Region hinzu und im September letzten Jahres die ver- einigten Staaten von Amerika. Im Jahr 2008 hat die UNESCO eine „Internati-
Europäische Städte-Koalition gegen Rassismus ECCAR und der Zehn-Punkte-Aktionsplan
Europäische Städte-Koalition gegen Rassismus
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onale Städte-Koalition gegen Rassismus“ ins Le- ben zu rufen, um die speziellen Eigenheiten und Prioritäten der verschiedenen Weltregionen zu berücksichtigen und eine engere Abstimmung der sechs regionalen Netzwerke zu erreichen.
Die Europäische Städte-Koalition gegen Rassismus Am 10. Dezember 2004 wurde in Nürnberg die „Europäische Städte-Koalition gegen Ras- sismus“ gegründet und ein „Zehn-Punkte-Akti- onsplan“ mit konkreten Handlungsbeispielen verabschiedet. Die Koalition hat sich zum Ziel gesetzt, Rassis- mus und Diskriminierung auf kommunaler Ebe- ne zu bekämpfen und dadurch einen Beitrag zum Schutz der Menschenrechte, zur Förderung der Integration und zur Achtung der Vielfalt in Europa zu leisten, die Mitgliedsstädte durch den „Zehn-Punkte-Aktionsplan gegen Rassis- mus“ bei dieser Aufgabe zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen, Prioritäten zu setzen, ihre Strategien zu optimieren und ihre Zusam- menarbeit zu intensivieren, die Kooperation mit Institutionen und Organisationen, die sich eben- falls der Bekämpfung von Rassismus und Diskri- minierung verschrieben haben, zu stärken und das gemeinsame Interesse der Mitgliedsstädte gegenüber der Europäischen Union, dem Euro- parat und den Regierungen der europäischen Staaten zu vertreten und zu fördern. Um diese Ziele erreichen und wirksam arbei- ten zu können, wurde die Koalition inzwischen auf eine rechtliche Grundlage gestellt und als Verein „Europäische Städte-Koalition ge- gen Rassismus e.V.“ eingetragen. Karlsruhe ist Gründungsmitglied dieses Vereins und ist - vertreten durch das Kulturamt - Mitglied des Lenkungsausschusses der Koalition. Die aktuelle Geschäftsstelle der ECCAR liegt in Potsdam, während der Vorsitz der Städtekoalition in Toulouse Nancy ist. Im März 2013 waren be- reits 21 deutsche Städte Teil des Netzwerkes und aktuell 110 Städte in ganz Europa.
ECCAR Zehn-Punkte-Aktionsplan
Der Zehn-Punkte- Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus auf kommu- naler Ebene in Europa
1 Verstärkte Wachsamkeit gegenüber Rassis- mus Aufbau eines Überwachungs- und Solidari- täts-Netzwerkes
Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Einrichtung eines Beratungsgremiums, in dem
verschiedene gesellschaftliche Akteure ver- treten sind (Jugendliche, Künstler, Repräsen- tanten von Nichtregierungsorganisationen, der Polizei, der Justiz, der Stadtverwaltung etc.), um die örtliche Situation einschätzen zu können.
Entwicklung eines Systems in Zusammenarbeit mit Organisationen der Zivilgesellschaft, um rasch auf rassistische Handlungen reagieren und die zuständigen Behörden informieren zu können.
Thematisierung von Rassismus und Diskriminie- rung in möglichst vielen Institutionen und Or- ganisationen in der Stadt.
2 Bewertung der örtlichen Situation und der kommunalen Maßnahmen Aufbau einer Datensammlung, Formulierung erreichbarer Ziele und Entwicklung von Indika- toren, um die Wirkung der kommunalen Maß- nahmen bewerten zu können.
Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen,
um die Daten und Informationen regelmä- ßig analysieren und Studien zur örtlichen Situation erstellen zu können.
Entwicklung konkreter, stadtspezifischer Emp- fehlungen auf der Grundlage der Datena- nalyse
3 Bessere Unterstützung für die Opfer von Rassismus und Diskriminierung Unterstützung für die Opfer, damit sie sich künftig besser gegen Rassismus und Diskrimi-
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nierung wehren können. Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Einrichtung der Stelle einer Ombudsperson
oder einer Anti-Diskriminierungs-Abteilung in der Stadtverwaltung, die sich mit entspre- chenden Beschwerden befasst.
Förderung örtlicher Einrichtungen, die Opfern rechtlichen und psychologischen Beistand leisten.
Entwicklung vorbeugender Maßnahmen im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung
Einführung von Disziplinarmaßnahmen gegen Mitarbeiter/innen der Stadtverwaltung, die sich rassistischen Verhaltens schuldig ge- macht haben.
4 Bessere Beteiligungs- und Informations- möglichkeiten für die Bürger/innen Bessere Information der Bürger/innen über ihre Rechte und Pflichten, über Schutzmaßnahmen, rechtliche Möglichkeiten und Sanktionen für rassistisches Verhalten.
Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Verbreitung von Publikationen, die über die
Rechte und Pflichten der Bürger/innen in einer multikulturellen Gesellschaft, über die Anti-Rassismus-Politik der Stadtverwaltung, über Sanktionen für rassistisches Verhalten und über Kontaktadressen informieren, an die sich Opfer oder Zeugen gegebenenfalls wenden können.
Regelmäßige Durchführung eines vielfältigen Veranstaltungsprogramms zum „Internatio- nalen Tag gegen Rassismus und Diskriminie- rung“ am 21. März, um die Öffentlichkeit zu informieren und zu sensibilisieren.
Unterstützung der Nichtregierungsorganisati- onen in ihren Bemühungen, über Rassismus und Diskriminierung aufzuklären und Akti- onen gegen diese Phänomene zu entwickeln.
5 Die Stadt als aktive Förderin gleicher Chan- cen Förderung gleicher Chancen auf dem Arbeits- markt.
Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Aufnahme von Anti-Diskriminierungs-Bestim-
mungen in städtische Verträge und bei der Vergabe von Lizenzen (z.B. Gaststätten, Dis- kotheken etc.).
Öffentliche Auszeichnung von örtlichen Unter- nehmen, die den Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung aktiv unterstützen .
Wirtschaftliche Förderung diskriminierter Gruppen.
Förderung von interkulturellen Fortbildungsan- geboten für Firmenangestellte in Koopera- tion mit Gewerkschaften, Berufs-, Handels- und Industrievereinigungen.
6 Die Stadt als Arbeitgeberin und Dienstlei- sterin, die gleiche Chancen nachhaltig fördert Die Stadt verpflichtet sich, als Arbeitgebe- rin und Dienstleisterin Chancengleichheit und Gleichberechtigung zu gewährleisten.
Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Einführung von Maßnahmen zur Förderung der
interkulturellen Kompetenz innerhalb der Stadtverwaltung.
Förderung der Beschäftigung von Personen mit Migrationshintergrund und aus diskrimi- nierten Gruppen in der Stadtverwaltung.
7 Chancengleichheit auf dem Wohnungs- markt Entwicklung konkreter Maßnahmen zur Be- kämpfung von Diskriminierung bei Vermittlung und Verkauf von Wohnungen
Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Entwicklung von Leitlinien oder Verhaltensko-
dices für städtische und private Unterneh- men, die auf dem Immobilienmarkt tätig sind, um Diskriminierungen bei Vermietung und Verkauf von Wohnraum zu bekämpfen.
Gewährung von Anreizen für Hauseigentümer und Immobilienmakler, die sich zur Einhal- tung des städtischen Verhaltenskodex‘ ge- gen Diskriminierung verpflichten.
Unterstützung von Personen, die von Diskrimi- nierung betroffen sind, bei der Suche nach Wohnraum.
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8 Bekämpfung von Rassismus und Diskrimi- nierung durch Bildung und Erziehung Entwicklung von Maßnahmen gegen ungleiche Bildungs- und Erziehungschancen; Förderung von Toleranz und interkultureller Verständigung durch Bildung und Erziehung.
Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Entwicklung von Maßnahmen, um Chancen-
gleichheit beim Zugang zu Bildung und Er- ziehung sicherzustellen.
Einführung einer Anti-Diskriminierungs-Charta für städtische Bildungseinrichtungen.
Verleihung des Titels „Schule ohne Rassismus“ als Auszeichnung für vorbildliche anti-rassi- stische Aktivitäten und Stiftung eines Preises, der regelmäßig für die besten schulischen Initiativen gegen Rassismus und Diskriminie- rung vergeben wird.
Entwicklung von Lehrmaterial zur Förderung von Toleranz, Menschenrechten und interkul- tureller Verständigung.
9 Förderung der kulturellen Vielfalt Förderung der kulturellen Vielfalt in den Kul- turprogrammen, im öffentlichen Raum und im städtischen Leben.
Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Förderung der Herstellung von Filmmateri-
al, Dokumentationen etc., die es den von Rassismus und Diskriminierung betroffenen Bevölkerungsgruppen und Personenkreisen ermöglichen, ihre Anliegen und Erfahrungen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Regelmäßige finanzielle Förderung von kultu- rellen Projekten und Begegnungsstätten, die die kulturelle Vielfalt der städtischen Bevöl- kerung repräsentieren. Integration dieser Programme in die offiziellen Kulturange- bote der Stadt.
Benennung öffentlicher Bereiche (Straßen, Plätze, etc.) zur Erinnerung an diskriminierte Personen oder Gruppen, bzw. entspre- chende Ereignisse.
10 Rassistische Gewalttaten und Konfliktma- nagement Entwicklung oder Unterstützung von Maßnah- men zum Umgang mit rassistischen Gewalttaten und Förderung des Konfliktmanagements.
Beispiele für Aktivitäten, u.a.: Einsetzung eines Expertengremiums (Wis-
senschaftler, Praktiker, Betroffene), das die Stadtverwaltung und die Bevölkerung berät, Konfliktsituationen analysiert und vor übereilten Reaktionen warnt.
Entwicklung eines Angebots an Konfliktma- nagement- und Mediationsprogrammen für relevante Institutionen wie Polizei, Schulen, Jugendzentren, Integrationseinrichtungen etc.
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Was ist kompetent vor Ort?
Die Beratungsstelle „kompetent vor Ort. für Demokratie – gegen Rechtsextremismus“ bietet Fachinformationen und Beratung zum Thema Rechtsextremismus. Sie ist Teil des Beratungsnetzwerks „kompetent vor Ort“ in Baden-Württemberg.
Wer kann Beratung erhalten?
Grundsätzlich kann jede/r als Einzelperson oder als Einrichtung kostenlos Beratung erhalten. Angesprochen sind insbesondere Betroffene von rechtsextremen Übergriffen, zivilgesellschaftliche Initiativen, Eltern und Angehörige rechtsextremer Personen, Mitarbeiter/innen in Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe sowie Personen aus Verwaltung, Vereinen, Verbänden und Betrieben, die sich gegen rechtsextremistische, menschenverachtende Vorkommnisse engagieren wollen.
Wie erfolgt die Beratung?
„kompetent vor Ort“ hat zum Ziel, Betroffene unbürokratisch im Umgang mit rechtsextremen Personen und Erscheinungsformen zu unterstützen. Ein mobiles Expertenteam entwickelt gemeinsam mit den Betroffenen individuell zugeschnittene Handlungsstrategien. Die Beratung ist vertraulich und kostenfrei.
Ansprechpartner in Karlsruhe:
Stadtjugendausschuss e.V. / jubez Kronenplatz 1 76133 Karlsruhe 0721/133-5630 beratungsnetzwerk@stja.de www.kompetentvorort.de ©Thinkstock/iStock
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Das P rogra
mm.
2014
https://www.karlsruhe.de/b1/kultur/interkultur/gegenrassismus/archiv/HF_sections/content/1484727851155/Layout_2014_V5.pdf
KLEINER BEGINN Die Stadtverwaltung entwi ckelte sich stetig in Aufga ben und Größe. Seite 2
GEMEINDERAT Plenum und Ausschüsse geben vielfältige Impulse für die Zukunft. Seite 3
MODERNISIERUNG Die Stadt baut den Service aus und arbeitet künftig in IQ Prozessen. Seite 3
23. November 2018 | Sonderveröffentlichung der StadtZeitung | Amtsblatt der Stadt Karlsruhe
Der Tag beginnt festlich, wenn historische Trompetenfanfaren vom großen Rathausbalkon in den Bürgersaal laden, in dem ab 10 Uhr bei der offiziellen Eröffnung an die Anfänge der Karlsruher Stadtver- waltung und des Gemeinderates im Jahr 1718 erinnert wird. Nach Musik des damaligen Hofkompo- nisten Johann Melchior Molter trifft Geschichte auf Gegenwart, wenn Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup in einen lockeren Dialog mit dem Zeitreisenden und ersten Karlsruher Bürgermeister Johannes Sembach tritt. Dieser er- zählt von den schwierigen Zeiten nach der Stadtgründung und sei- ner Tätigkeit als Bürgermeister in den Jahren 1718 bis 1720. Zugleich erfährt er Unglaubliches über die Stadt Karlsruhe im 21. Jahrhun- dert. Im Gespräch mit Dr. Susanne Asche, der Leiterin des Kulturamts,
geben danach die jüngste Stadträ- tin Zoe Mayer und der dienstältes- te Stadtrat Dr. Klaus Heilgeist ei- nen spannenden Einblick in ihre Arbeit im Plenum. Später haben In- teressierte die Möglichkeit, bei Kaffee und Kuchen mit allen Rats- mitgliedern ins Gespräch zu kom- men und bei einer Ausstellung Wissenswertes zur Entstehung des Gremiums in Erfahrung zu brin- gen. Infos, Hintergründe und His- torisches finden sich zudem in die- ser Sonderveröffentlichung.
Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele weitere spannende Ein- blicke und Ausblicke beim Tag der offenen Tür. In der neuen, voll- verglasten KarlsKantine oben im Technischen Rathaus warten nicht nur leckere Snacks, sondern auch faszinierende Rundumblicke über die Dächer der Stadt. Wer sogar noch höher hinaus möchte, nimmt bei einer Führung durch den his- torischen Rathausturm teil. Dieser war früher Gefängnis und Feuer- beobachtungsstelle.
Alles Wissenswerte zu den ein- zelnen Stationen, den Standorten und besonderen Aktionen finden Interessierte im Programmheft und im Flyer. Beides ist abrufbar unter der Adresse www.karlsru- he.de/tag_der_offenen_tuer. -gem-
Die Stadtverwaltung lädt zum Tag der offenen Tür und bietet am Samstag, 24. November, dem Tag des 300-jährigen Bestehens von Gemeinderat und Verwaltung, von 10 bis 17 Uhr ein umfangrei- ches und unterhaltsames Pro- gramm. Im Rathaus, auf dem Marktplatz und in der KarlsKanti- ne gibt es Einiges zu entdecken.
Es begann im Wirtshaus…
Entdeckungstour mit Erlebnischarakter
Seit 300 Jahren Gemeinderat und Stadtverwaltung
RATHAUS UND RIESENRAD: Am Tag der offenen Tür gibt es auch von den oberen Etagen aus jede Menge Einblicke. Fotos (4): Fränkle
Nicht nur die einzelnen Ämter und Dienststellen öffnen ihre Tü- ren, sondern auch die Chefetage stellt sich vor. Bürgermeister Dr. Albert Käuflein steht Interessier- ten in seinem Dienstzimmer für Fragen und Gespräche bereit, auch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup kann in seinem Büro besucht werden. Hier wer-
den zudem das goldene Buch der Stadt und die Amtskette ausge- stellt. Zu diesem Anlass bietet das Presse- und Informationsamt einen ganz besonderen Service.
Besucherinnen und Besucher können sich in der Zeit von 12 bis 16 Uhr am Schreibtisch von OB Mentrup fotografieren lassen, bis 14 Uhr ist das Stadtoberhaupt so-
gar selbst mit von der Partie. Das frisch geschossene Bild wird dann digital an der Stelle platziert, an der jetzt das Foto der offenen Rat- haustür zu sehen ist (siehe oben). Danach geht das Bild zur Rat- hausdruckerei, in der sich die Be- sucherinnen und Besucher dann ihre ganz persönliche Titelseite abholen können. -gem-
Hineinspazieren und groß rauskommen
Familien dazu ein, bei Spielstatio- nen und in Handwerksstätten ak- tiv zu werden. Für abwechslungs- reiche Unterhaltung für alle Gene- rationen ist also gesorgt. -gem-
Schon als der Karlsruher Markt- platz zu Beginn des 19. Jahrhun- derts nach den Plänen des badi- schen Baumeisters Friedrich Weinbrenner entstand, war er ein zentraler Ort für das öffentliche Stadtgeschehen. Beim Tag der of- fenen Tür finden dort vielfältige Mitmachaktionen statt, die ihn aufs Neue mit Leben erfüllen. Die Feuerwehr präsentiert zum Bei- spiel ihre Hubrettungsbühne, die eine Höhe von bis zu 42 Metern erreichen kann. Hoch hinaus geht es auch in den Gondeln des Rie- senrades. Schwindelfreie haben somit gleich mehrfach die Mög- lichkeit, den Marktplatz aus der Vogelperspektive zu erleben.
Wie am Müllfahrzeug die Ton- nen geleert werden, zeigt das Amt für Abfallwirtschaft und stellt zu- dem seine orangene Flotte vor. Auch das Ordnungs- und Bürger- amt bringt seinen Fuhrpark mit, und das KVV-Eventmobil lockt als moderner Infopoint in der Karos- serie eines alten Linienbusses. Streuobst unter freiem Himmel heißt es beim Liegenschaftsamt. Spannende Rätselaufgaben rund um Äpfel, Birnen und Co. erwar- ten Besucherinnen und Besucher
ebenso wie eine Maschinenaus- stellung und frisch gepresster Bio- Apfelsaft. Der Stadtjugendaus- schuss lässt schließlich den Mobi- Bus vorfahren und lädt Kinder und
Action und aufregende Aussichten Der Marktplatz verwandelt sich in eine interaktive Spielwiese für alle Altersklassen
ANZIEHUNGSPUNKT: Buntes Treiben – wie beim Tag der offenen Tür 2012 – lockt immer wieder viele Menschen auf den Marktplatz.
Mechanik trifft Zukunft Von historischen Büromaschinen bis zur Drohne Technik- und Nostalgiefreun-
de werden beim Tag der offenen Tür gleich mehrfach fündig. His- torische Büromaschinen aus dem Stadtmuseum nehmen Interes- sierte mit auf eine kleine Zeitrei-
se, bei der die Entwicklung von der mechanischen Schreib- und Rechenmaschine hin zu den ers- ten elektrischen Maschinen deutlich wird. Mehr Power bietet da schon der moderne Verkehrs- rechner, der unter anderem die Ampeln der Stadt steuert.
Die Rathausdruckerei produ- ziert mit ihren vier digitalen Druckmaschinen jährlich sechs Millionen Drucke und verarbei- tet diese auch weiter. Interessier- te können die Druckerei kennen- lernen und sich Motivpostkarten oder den Handabdruck des Kin- des anfertigen lassen. Wozu mo- derne Technik bei der Stadt so eingesetzt wird, erklärt das Lie- genschaftsamt bei einer Ausstel- lung über moderne Vermes- sungsgeräte wie Laserscanner und Vermessungsdrohnen. Es entstehen etwa Fassadenpläne, die zur Restaurierung von alten Gebäuden eingesetzt werden. Die gewonnenen Daten können weiter dafür genutzt werden, um Gebäudemodelle eines digitalen 3D-Stadtmodells zu verfeinern und aktuell zu halten. -gem-
NOSTALGISCHES FLAIR ver- strömen die alten Maschinen.
Spielspaß für die ganze Familie Ein besonderes Highlight ist das
umfangreiche Kinderprogramm. Kombi Karle und Tina Tunnel kommen zu Besuch und der Stja lädt Kinder und Familien dazu ein, sich bei Geschicklichkeits- und Balancespielen zu versuchen, mit Bambus Kugelbahnen zu konstru- ieren oder mit Ton und Schmuck zu experimentieren. Beim Forst- amt kann die ganze Familie mit Holz basteln, designte Karlsruher Motivpostkarten liegen beim Pres- seamt zum Ausmalen bereit. Jun- ge Gäste können auch hinter dem Steuer einer Kleinkehrmaschine Platz nehmen, Clown Carmensita bereichert das Geschehen mit tol- len Ballonfiguren. -bea-/-gem-
Rathauskino und Schnäppchenjagd Die Empore des Bürgersaals
steht bei Sitzungen des Gemeinde- rats allen Bürgerinnen und Bür- gern zur Verfügung, die sich poli- tisch informieren möchten. Beim Tag der offenen Tür gastiert dort das Rathauskino. Ab 12 Uhr laufen immer im Wechsel der Kurzfilm „Für die Menschen unserer Stadt: 300 Jahre Gemeinderat Karlsru- he“ und der „Imagefilm Karlsru- he“. Schnäppchenjägerinnen und Schnäppchenjäger kommen beim Flohmarkt des Hauptamtes auf ihre Kosten. Im Innenhof des Rat- hauses lässt es sich nach Herzens- lust wühlen und kruschteln, und die Einnahmen gehen als Spende an einen guten Zweck. -gem-
Innovativ und quervernetzt Der IQ-Prozess steht bei der
Karlsruher Stadtverwaltung für eine innovative und quervernetzte Arbeitsweise, die agiles und kreati- ves Vorgehen fördern soll und da- bei eine Vernetzung über Fach- und Hierarchiegrenzen hinweg zu- lässt. Mit sechs Korridorthemen und vielen dazugehörigen Leitpro- jekten soll der Fortschritt in der Fä- cherstadt vorangetrieben werden. Interessierte haben beim Tag der offenen Tür die Chance, sich Ein- druck von den vielfältigen Aufga- ben rund um die Themengebiete Zukunft Innenstadt, Moderne Ver- waltung, Soziale Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft, Grüne Stadt und Mobilität zu verschaffen. -gem-
Was sonst noch los ist
Nachhaltiges Bauen und Sa- nieren lässt sich bei einer Rad- tour des Amts für Hochbau und Gebäudewirtschaft zu Projekten erleben. Treffpunkt ist um 14 Uhr (Stand im 2. OG). Die AVG legte den Grundstein für die Verknüpfung von Stra- ßen- und Eisenbahn und damit das „Karlsruher Modell“. Wer die Leidenschaft für Mobilität teilt, kann sich über eine Aus- bildung zum Triebfahrzeug- führer informieren. Über die Arbeit für ein friedliches und buntes Miteinander berichtet das Büro für Integration. Ne- ben Sport, Erholung und Ge- sundheit erfüllt der Wald viele Schutzfunktionen und liefert den Rohstoff Holz. Wie alles „unter einen Hut“ passt, zeigt das Forstamt. Einen maßgebli- chen Beitrag zur Lebensquali- tät leistet das Gartenbauamt. Gerne gibt es Tipps zur Ver- besserung des Wohnumfelds. Karlsruhes Partnerstädte und Projektpartnerstädte und die Menschen dahinter lernt man am Stand des Hauptamts und der Freundeskreise kennen. Zuschüsse für die energetische Sanierung von Wohngebäu- den gewährt das städtische Bonusprogramm. Näheres dazu und zum Wohnraumför- derungsprogramm weiß das Liegenschaftsamt. In Karlsru- he gibt es viel zu entdecken – auch für Karlsruher. Die Karls- ruhe Tourismus GmbH berät über Erlebnistouren durch die Stadt und hält Werbematerial bereit. Wie sieht die fertige „Kombilösung“ aus? Einen Blick auf unterirdische Halte- stellen und in die Zukunft der Kriegsstraße ermöglicht die KASIG. Das Kulturamt prä- sentiert Archivalien aus dem Stadtarchiv und ein Modell des 1728 erbauten Rathauses. Erstmals zu sehen ist ein Ge- mälde, das Bürgermeister Jo- hann Cornelius Roman (1734 – 1744) zeigt. Über Servicean- gebote und Kontrollpflichten informiert das Ordnungs- und Bürgeramt. Ob in Verwaltung, Handwerk, Technik, Sozialem, Natur oder Umwelt – die Stadt bietet in über 20 Ausbildungs- berufen und Studiengängen einen Start ins Berufsleben – das Personal- und Organisati- onsamt informiert. Als Um- schlagsplatz für Briefe und Pa- kete der Stadtverwaltung prä- sentiert sich die Poststelle. Jährlich werden von dort zwei Millionen Poststücke versen- det. Rund um Alter und Altern informiert das Seniorenbüro/ Pflegestützpunkt. Ratsuchen- de erfahren hier etwa, welche Unterstützungsangebote im Pflegefall helfen. „Bleibendes schaffen für kommende Gene- rationen“ will die Stadtkäm- merei und stellt Projekte und Hilfen vor, die aus Nachlässen zugunsten der Stadt oder mit- hilfe kommunaler Stiftungen ermöglicht wurden. Ein Mo- dell der Stadt Karlsruhe aus der Bauwerkstatt des Stadt- planungsamts bietet in der Karlskantine Gelegenheit, die Stadt, ihre Quartiere, Grün- räume und Plätze im Maßstab 1:500 mit einem Blick zu erfas- sen. Die Mehrzahl der in städ- tischer Regie betriebenen 260 Ampeln ist mit dem Verkehrs- rechner verbunden. Wie das „Herz der Karlsruher Ver- kehrssteuerung“ aussieht und was es kann, zeigt das Tief- bauamt. Unterstützung für Un- ternehmen und Existenzgrün- der ist eine von vielen Aufga- ben der Wirtschaftsförderung. Was sie sonst so alles macht, erfährt man vor Ort. -maf-
23. November 2018 | Sonderveröffentlichung der StadtZeitung | Amtsblatt der Stadt Karlsruhe2
bleme in der stark zerstörten Stadt. Ein Teil der aktiven Natio- nalsozialisten wurde gleich entlas- sen, ein Teil, nachdem Ersatz für sie gefunden war.
Bereits im April 1945 nahmen 16 Bezirksverwaltungsämter ihre Tä- tigkeit auf. Das Personal dieser de- zentralen Verwaltungseinheiten rekrutierte sich im Wesentlichen aus ehemaligen Hitlergegnern.
Handeln und kontrollieren Die heutige Struktur der Stadt-
verwaltung ist das Ergebnis eines längeren Prozesses seit 1945, an dessen Ende 35 Ämter mit insge- samt etwa 6500 Beschäftigten ohne die städtischen Gesellschaf- ten stehen. Die Erledigung der Verwaltungsaufgaben durch den Stadtrat wie zu Beginn der Stadt- geschichte ist natürlich schon lan- ge nicht mehr möglich. Dem Ge- meinderat mit heute 48 Mitglie- dern obliegt vor allem die Kontrol- le der Stadtverwaltung, er kann Satzungen erlassen, hat das Etat- recht und die Zuständigkeit für die Stadtplanung und die Einstellung des Personals. Der Oberbürger- meister als Leiter der Verwaltung ist Mitglied und Vorsitzender des Gemeinderats und vertritt die Stadt nach außen.
Stadtrat und Stadtverwaltung erledigen gemeinsam die städti- schen Aufgaben, die in 300 Jahren in einem solchen Umfang gewach- sen sind, wie ihn sich Johannes Sembach und seine sechs Stadträ- te in ihren kühnsten Träumen nicht hätten vorstellen können. -br-
PRIVILEGIEN: Mit diesem Brief sicherte der Stadtgründer Neuan- siedlern 1722 Rechte und Freihei- ten zu.Foto: StadtAK 8/StS 18/A4
BUNTES TREIBEN: Blick über den Marktplatz mit Marktgeschehen auf das Rathaus um das Jahr 1890. Foto: StadtAK 8/PBS oXIIIb 179
wählten Bürgermeister und den Oberbürgermeister setzten die neuen Machthaber ab. Sie entlie- ßen schon im ersten Jahr ihrer Herrschaft aufgrund des „Geset- zes zur Wiederherstellung des Be- rufsbeamtentums“ in Karlsruhe insgesamt 123 Personen aus dem städtischen Dienst.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm die Stadtverwal- tung rasch wieder ihre Tätigkeit auf und wurde so zu einem we- sentlichen Faktor bei der Bewälti- gung der drängenden Alltagspro-
bar nach Kriegsende am 11. No- vember 1918 trug der extremen Wohnungsnot Rechnung. Dies steht für die wachsenden Aufga- ben im Sozialbereich in der Wei- marer Republik. Im Stadtrat gab es nun die ersten Stadträtinnen und auch eine erste Amtsleiterin, Elisabeth Großwendt. Sie war zu- ständig für das Jugendamt.
Mit dem Aufstieg der National- sozialisten und der sogenannten Machtergreifung im Jahr 1933 be- gann die Gleichschaltung der Ver- waltung. Die demokratisch ge-
In die Amtszeit des wohl bedeu- tendsten Karlsruher Oberbürger- meisters des Kaiserreichs Karl Schnetzler (1892 – 1906), der zuvor schon 17 Jahre erfolgreich als Bür- germeister tätig gewesen war, fie- len Reformen im Sozialbereich, des Gesundheitswesens und der Friedhofsverwaltung ebenso wie der Ausbau der Gas- und Wasser- versorgung und der Bau eines neuen Schlacht- und Viehhofes. Die Entwicklung neuer Industrie- gebiete, die Anlage des neuen, 1901 in Betrieb genommenen Rheinhafens, der Bau des neuen Städtischen Krankenhauses oder die Elektrifizierung der Straßen- bahn sind maßgeblich sein Ver- dienst. Zu diesem Zeitpunkt be- schäftigte die Karlsruher Stadtver- waltung rund 1000 Personen.
Erste Amtsleiterin Einen Einschnitt in die Entwick-
lung der Stadt und damit auch der Stadtverwaltung brachte der Erste Weltkrieg. Fast die Hälfte der Be- amten und über ein Drittel der städtischen Arbeiter wurden zum Kriegsdienst eingezogen und mussten zunehmend durch weib- liche Arbeitskräfte ersetzt werden. Außerdem kamen neue kriegsbe- dingte Aufgaben vor allem im Be- reich der Lebensmittelversorgung hinzu. Die Gründung eines städti- schen Wohnungsamtes unmittel-
Mit sechs Stadträten und dem Bürgermeister Johannes Sembach fing im Jahr 1718 alles an. Ohne Probleme konnten sie ihre Verwal- tungsaufgaben erledigen. Kompe- tenzen und Zuständigkeiten wa- ren und blieben im 18. Jahrhun- dert bescheiden. Immerhin ver- doppelte sich 1730 die Zahl der Stadträte, die seit 1760 den stolzen
Titel „Senator“ tragen durften. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stieg Karlsruhe zur großherzoglichen Haupt- und Residenzstadt auf, Wilhelm Christian Griesbach wur- de 1809 als Bürgermeister erst- mals seit 1718 wieder von der Bür- gerschaft gewählt. Da unter ande- rem mit der Eingemeindung von Klein-Karlsruhe die Verwaltungs- aufgaben in der wachsenden Stadt zunahmen, wurde ihm im Jahre 1812 der Titel Oberbürger- meister verliehen und ein zweiter Bürgermeister zur Seite gestellt.
Zuständig für Daseinsvorsorge Bürgermeister und Stadtrat hat-
ten nach wie vor aber nur geringe Kompetenzen. Dies änderte sich mit der Badischen Gemeindeord- nung vom 31. Dezember 1831, die in Baden den Beginn der Kommu- nalen Selbstverwaltung markiert. Doch erst mit dem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein- setzenden starken Wachstum der Stadt war eine deutliche Zunahme der Verwaltungstätigkeiten ver- bunden, die im Ehrenamt nicht mehr zu bewältigen waren.
Es bildete sich die sogenannte Leistungsverwaltung heraus, die als Daseinsvorsorge in Bereichen wie der Wasserversorgung, der Bereitstellung von Energie, dem Verkehr oder auf dem Gebiet der Entsorgung tätig war.
Aufgaben und Größe gewachsen 300 Jahre Stadtrat und Stadtverwaltung Karlsruhe / Streifzug durch die Entwicklung
BLICK ZURÜCK: Eine Tagung der Stadträte unter Vorsitz von Oberbürgermeister Karl Schnetzler im Sitzungszimmer des Rathauses am Marktplatz im Jahre 1902. Foto: StadtAK 8/PBS IV 114
mer, das Rathausbaugeld sowie das Dielen- und Schragengeld be- zahlen. Außerdem waren sie zur Ableistung von Wachdiensten ver- pflichtet, für die sie Stellvertreter stellen konnten. Im Zuge der Aus- übung der niederen Gerichtsbar- keit durften Strafen bis zu zehn Gulden verhängt werden. Zu den Verstößen, die geahndet wurden, gehörte die Störung der Sonntags- ruhe. Bestraft wurden häufig Bä- cker, die ihr Brot zu leicht geba- cken hatten. Belegt ist auch die Ahndung von Unregelmäßigkei- ten von Wirten, deren Flaschen und Behälter nicht ordnungsge- mäß geeicht waren. Die Schlich- tung von Streitigkeiten zwischen den Einwohnern der Stadt war Alltagsgeschäft. Zu den Aufgaben des Rates gehörte schließlich auch die Festlegung der Gebühren für die Benutzung der Metzel- und der Brotbank im Rathaus sowie der Wochenmarktstandgebühren. Zuständig war der Stadtrat auch für die Festsetzung des Brot- und des Fleischpreises. Die Standgel- der auf dem Wochenmarkt und die Metzelbankzinsen legte der Rat ebenfalls fest. Von diesen – eher geringen – Einnahmen mussten unter anderem die Löhne der städ- tischen Bediensteten, die Geräte für den Feuerschutz und das städ- tische Bauwesen bezahlt werden. Zu letzterem gehörte die Unter- haltung städtischer Gebäude, zum Beispiel des Rathauses und der Stadttore. Reparaturen von Gerät- schaften, der Feuerspritzen oder die der Orgel in der Stadtkirche waren von der Stadt zu zahlen.
Lange keine große Rolle Aufgaben und Befugnisse des
Stadtmagistrats waren in der Frühzeit der Stadt also eng umris- sen. Dass der Stadtrat neben dem dominierenden Hof und den markgräflichen Behörden auch noch viele Jahre später keine allzu große Rolle spielte, bestätigte eine zwar durchaus fürstenfreundliche, aber nicht nur in diesem Punkte durchaus verlässliche Quelle. Der Lehrer Friedrich Leopold Brunn, der 1783 und 1784 als Privatlehrer in Karlsruhe tätig gewesen war und 1791 seine zuvor im Berlini- schen Journal sukzessive veröf- fentlichten „Briefe über Karlsru- he“ in Buchform herausbrachte, berichtete nämlich, dass unter dem Oberamt „auch noch ein be- sonderer Stadtmagistrat besteht, der aber nicht viel zu bedeuten hat.“ Dies sollte sich erst im 19. Jahrhundert ändern. Karlsruhe bekam 1825 ein von Friedrich Weinbrenner gebautes neues re- präsentatives Rathaus, das recht- zeitig fertig wurde, um die mit der badischen Gemeindeordnung vom 31. Dezember 1831 größer gewordene kommunale Selbst- ständigkeit auch nach außen zu dokumentieren. -br-
Wo ist hier das Rathaus? Der Stadtrat tagte zunächst im Wirtshaus des ersten Bürgermeisters
Die Frage nach dem Rathaus mussten sich alle Neuankömmlin- ge in der jungen baden-durlachs- chen Residenzstadt Karlsruhe noch viele Jahre nach der Stadt- gründung vergeblich stellen. Der am 24. September 1715 veröffent- lichte Gründungsaufruf enthielt zwar viele finanzielle und steuerli- che Vergünstigungen für die Bür- ger, ging aber nicht auf die rechtli- che Stellung der Stadt und die Ein- richtung eines Stadtrats ein.
Auch ohne dass dies schon in ir- gendeiner Form verbindlich gere- gelt gewesen wäre, wählten 55 Bürger zu Beginn des Jahres 1718 einen Bürgermeister und sechs Ratsverwandte. Diese hielten ihre zunächst noch sehr unregelmäßi- gen Sitzungen in der Gaststube des ersten Bürgermeisters und Waldhornwirts Johannes Sem- bach ab. Das Waldhorn war bald ein gesellschaftlicher Treffpunkt der Stadt im Aufbau geworden. Den aus Straßburg über das be- nachbarte Durlach zugezogenen Wirt kannten alle, und es war wohl kein Zufall, dass die Wahl zum Bürgermeister auf ihn fiel.
Erster Bau 1729 fertig Auch unter Sembachs Nachfol-
ger, dem Bäcker Johannes Lud- wig, der das Bürgermeisteramt von 1720 an vier Jahre ausübte, blieb Karlsruhe eine Stadt ohne Rathaus. Immerhin konnte sich die Stadt seit dem 12. Februar 1722 auf ein urkundlich gewährtes Stadtprivileg berufen, das ihr die niederen Polizeiaufgaben und ei- nen Bürgermeister mit Gericht und Rat zubilligte.
Erst in der Amtszeit des dritten Karlsruher Bürgermeisters, dem Glaser Georg Adam Ottmann, be- gannen dann im Jahre 1725 erste Planungen eines eigenen Rathau- ses, dessen Bau der Stadtrat im April 1728 beschloss und das ein Jahr später an der Ecke des Marktplatzes fertig gestellt wurde. Dieser erste städtische Bau kostete 2240 Gulden, die von den Bürgern aufgebracht wurden. Zuvor hatten diese über den Standort abge- stimmt und zugleich angegeben, wie viel sie zum Bau des Rathau- ses beitragen wollten.
Brotwäger und Umgelder Aber auch wenn Neuankömm-
linge nun eine Antwort auf ihre Frage nach dem Rathaus beka- men, konnten sie viele der Dinge, die heute selbstverständlich in ei- nem Rathaus geklärt werden, dort noch nicht erledigen. Die Kompe- tenzen des Stadtmagistrats waren nämlich sehr beschränkt. Neue Mitglieder wählte der Rat zwar je nach Bedarf selbst dazu, die Wahl musste aber vom markgräflichen Oberamt bestätigt werden. Aus ih- ren Reihen besetzten die Ratsher- ren die städtischen Ämter: Almo- senpfleger, Baumeister, Billetten-
schreiber, Brotwäger, Feuerbe- schauer, Fleischschätzer, Ge- wicht- und Maßeicher, Kaufhaus- inspektor, Kirchenrüger (die wa- ren für die Kirchendisziplin zu- ständig), Marktmeister, Quartier- meister, Stadtleutnant, Umgelder (zog die indirekten Steuern auf al- koholische Getränke ein), Waisen- richter und Weinsiegler (siegelte die Weinfässer zur Sicherung des Umgeldes). Bürgermeister und Ratsverwandte erhielten keine Besoldung, bekamen aber einen Anteil von den verhängten Strafen und für besondere Tätigkeiten Entschädigungen.
Zuständig war der Rat auch für die Besetzung der niederen städti- schen Dienste. Er setzte Bettelvög- te, Feldschützen, Mehlwieger, Nachtwächter, Organisten, Orgel- treter, Stadtknechte, Stadtmess- ner, Stadttamboure, Totengräber und die Viehhirten ein. Außerdem musste der Rat für Waisen die Pfle- ger bestimmen und die Gassen- meister bestellen, die im Brandfal- le die Löscharbeiten in ihren je- weiligen Bezirken leiteten.
Großzügige Privilegien Im Gegensatz zu älteren Städten
besaß Karlsruhe aber nicht das Recht, selbst Bürger anzunehmen. Der Stadtrat konnte erst nach 1750 eine Stellungnahme abgeben. Die relativ großzügigen Karlsruher Privilegien – unter anderem. steu- erliche Vorteile, unentgeltlicher Bauplatz und Baumaterial, Leib-, Abzugs- und Fronfreiheit – zogen in den ersten Jahren nach der Stadtgründung rasch viele An- siedlungswillige, darunter auch zahlreiche Juden an, die sich erst- mals in einer Residenzstadt nie- derlassen durften, aber als Schutz- bürger zunächst ebenfalls aus- schließlich von den markgräfli- chen Behörden angenommen wurden. Neubürger mussten au- ßer der Bürgertaxe einen Feuerei-
Die Stadt Karlsruhe in ihren Anfangsjahren:
ECKANSICHT: das 1728 erbaute, 1810 abgebrochene erste Rathaus.
Foto: StadtAK 8/PBS XI-Va 296
GRÜNDERZEIT: Stadtplan von Heinrich Schwarz von 1721, mit der vor- gesehenen modellmäßigen Bebauung. Foto: StadtAK 8/PBS XVI 18
Wirt als Bürgermeister Johannes Sembach bei Bürgerschaft und Hof angesehen
Der am 24. März 1718 von 55 Bürgern gewählte erste Karlsruher Bürgermeister Johannes Sembach stammte aus Straßburg. Der Sohn eines Kaufmanns heiratete noch in Straßburg Maria Barbara Sem- bach, 1693 kam dort ein Sohn zur Welt. Wohl zwischen 1703 und 1710 zog die vermögende Familie nach Mühlburg, wo Sembach mit seiner Frau zwei Wirtshäuser be- trieb. 1714/15 ließ sich Sembach in Durlach als Hintersasse nieder und wollte noch 1715 in Karlsruhe in der späteren Kronenstraße ein mo- dellmäßiges Haus bauen. Stattdes- sen übernahm er wenig später die Waldhornwirtschaft in der Löwen- kranz Gasse, heute Waldhornstra- ße, die bereits vor der Stadtgrün- dung bestanden hatte. Sembach erweiterte 1717 das Gasthaus um ein daran stoßendes Eckhaus an
der Waldhornstraße zur Langen Straße. Die damals noch einzige Gaststätte in der jungen baden- durlachischen Residenz war ein Treffpunkt der Bürger. Die dadurch gewonnene Popularität Sembachs war sicher ein Grund, dass er 1718 der erste Bürgermeister wurde.
In den Wirtshausräumen war in den Anfangsjahren der Stadt die Lateinische Schule zu Gast, hier wurden bis zur Fertigstellung eines eigenen Rathauses 1728 auch Rats- sitzungen abgehalten. Welches Ansehen Sembach bei Hof genoss, zeigt die Übernahme der Paten- schaft für seine Enkelin 1718 durch Markgraf Karl Wilhelm und dessen Gemahlin. Nach dem Tod Sem- bachs am 20. August wurde das Gasthaus zum Waldhorn von sei- nem Sohn und der Witwe fast vier Jahrzehnte weitergeführt. -br-
Ausstellung zu den Anfängen Der Beginn der Stadtverwaltung
Karlsruhe war bescheiden. Der im März 1718 von 55 Bürgern ge- wählte Bürgermeister Johannes Sembach sowie sechs Stadträte tagten erstmals am 24. November des Jahres. Sie übernahmen Ver- waltungsaufgaben wie die Füh- rung der Stadtrechnung oder die niedere Gerichtsbarkeit.
Am Tag der offenen Tür (24. No- vember 2018) eröffnet das Kultur- amt im Foyer des Rathauses eine Ausstellung mit Archivalien des Stadtarchivs zu den Anfangsjah- ren Karlsruhes. Präsentiert wer- den dabei Originalamtsbücher, darunter der älteste Rechnungs- band und das älteste Ratsproto- koll, Stadtansichten und -pläne so- wie ein Modell des ersten Markt- platzes der Stadt mit dem 1728 er- bauten Rathaus. Zum ersten Mal zu sehen ist ein Gemälde, das den fünften Karlsruher Bürgermeister Johann Cornelius Roman (1734 – 1744) zeigt. Recherchieren kön- nen die Besucher nach allen Stadt- rätinnen und Stadträten seit 1718. Nach dem Tag der offenen Tür ist die Präsentation noch bis Freitag, 30. November, zu sehen.
Sonderveröffentlichung der StadtZeitung vom 23. 11. 2018
Herausgeber: Presse- und Informati- onsamt der Stadt Karlsruhe
Redaktion: Mathias Tröndle
Mitarbeit: Dr. Ernst Otto Bräunche, Manuela Fretz, Gerrit Münster, Tabea Rueß, Cindy Streeck.
Fotos: Roland Fränkle, Stadtarchiv
Gestaltung: Ulrike Ochs
Druck: Badendruck GmbH
3 23. November 2018 | Sonderveröffentlichung der StadtZeitung | Amtsblatt der Stadt Karlsruhe
KREATIVE KÖPFE: Städtische Beschäftigte und Bürger entwickeln bei einem Workshop Visionen für die Verwaltung der Zukunft.
bindung von Personen aus der Stadtgesellschaft in den Fortgang des jeweiligen Projekts. In einem offenen und lebendigen Diskussi- onsprozess unter Beteiligung des Gemeinderats entstand auf dieser Basis eine themenorientierte Quer- struktur. Diese baut auf sechs Kor- ridorthemen auf und bildet das Grundgerüst der IQ-Arbeitsweise. Für deren Einführung gab der Ge- meinderat im Juni 2017 mit seiner Zustimmung zur Einführung einer innovativen Querstruktur für wich- tige Themen grünes Licht.
Die sechs Korridorthemen, die die priorisierten Anliegen bei der Entwicklung von Stadt und Ver- waltung bündeln, sind überschrie- ben mit „Zukunft Innenstadt“, „Moderne Verwaltung“, „Soziale Stadt“, „Wirtschafts- und Wissen- schaftsstadt“, „Grüne Stadt“ und „Mobilität“. Im Korridor „Moderne Verwaltung“ etwa beschäftigt sich ein IQ-Projekt damit, wie die städ- tische Administration die Bürger- schaft noch besser mitwirken las- sen kann. Neben den Bürgerforen vor Ort spielt dabei das im Frühjahr eingeführte online-Beteiligungs- portal eine wichtige Rolle. Auf die- sem können Interessierte via Inter- net zu unterschiedlichen Themen Ideen und Anregungen geben so- wie in einer eigenen Rubrik Fragen an den OB stellen. Ein weiteres Pro- jekt beschäftigt sich mit der Digita- lisierung der Verwaltung: ein unab- dingbarer Schritt auf dem Weg zum modernen, transparenten und bür- gerfreundlichen Service. -trö-
Insgesamt an die 6500 Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter leisten in den 36 Ämtern, Dienststellen und Organisationseinheiten der Stadt- verwaltung ihren Beitrag dafür, dass sich die über 300000 Karlsru- herinnen und Karlsruher in ihrer Stadt wohlfühlen können. Das Auf- gabenspektrum der städtischen Beschäftigten ist vielfältig: Es reicht von der Brandbekämpfung der Feuerwehr und der Abfallent- sorgung über die Betreuung von Kindern in Horten und Tagestätten oder dem Ausstellen von Doku- menten jeder Art bis hin zum Bau und Unterhalt von Gebäuden und Straßen. Mit einer neuen Struktur will die Stadt jetzt erreichen, dass
die einzelnen Räder noch besser ineinander greifen, der Service noch bürgerfreundlicher, die Ver- waltung noch transparenter wird – und die Bürgerschaft noch besser in das Geschehen einbindet.
Auf Initiative von OB Dr. Frank Mentrup entwickelten Akteure von innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung eine so genannte IQ-Arbeitsweise. IQ steht für inno- vativ und quervernetzt im Sinne ei- nes agilen, kreativen und innovati- ven Arbeitens, zu dem sich Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter pro- jektbezogen über die Grenzen von Dezernaten und Ämtern hinweg zusammenfinden. Diese Vorge- hensweise beinhaltet auch die Ein-
Service für Bürger ausbauen Die Stadt ist auf dem Weg zur modernen Verwaltung / Arbeiten in IQ-Prozessen
Verwaltung hat sechs Dezernate Der von der Bevölkerung für
acht Jahre direkt gewählte Ober- bürgermeister hat als stimmbe- rechtigter Vorsitzender des Ge- meinderats und Leiter der Verwal- tung eine hervorgehobene Stel- lung. Seit März 2013 hat Dr. Frank Mentrup dieses Amt inne. An der Spitze der Verwaltung stehen ihm fünf, vom Gemeinderat gewählte Beigeordnete oder Bürgermeister zur Seite, die jeweils Verantwor- tung für einen bestimmten Ge- schäftskreis übernehmen.
OB Mentrup (SPD) verantwortet als Chef des Dezernats 1 Verwal- tungssteuerung und -entwick- lung, Außenbeziehungen, Reprä- sentation, Öffentlichkeitsarbeit, Marketing, Recht, Stadtteilver- waltungen und ÖPNV. Zu den Aufgabengebieten von Dr. Albert Käuflein (CDU) im Dezernat 2 ge- hören Kultur, Sicherheit und Ord- nung, Personal, Bürgerbeteiligung und Digitalisierung. Dr. Martin Lenz (SPD) verantwortet Jugend, Soziales, Schulen, Sport, Bäder und Migrationsfragen. Erste Bür- germeisterin Gabriele Luczak- Schwarz (CDU), die Vertreterin des OB, ist zuständig für Finanzen, Wirtschaft, Wissenschaft, Kon- gresse, Tourismus und Grund- stücksverkehr. Bürgermeister Klaus Stapf (GRÜNE) betreut im Dezernat 5 Umwelt, Natur, Ge- sundheit, Brandschutz, Abfallwirt- schaft, Forst und Grünflächen. Und Bürgermeister Daniel Fluhrer leitet im Dezernat 6 den Ge- schäftskreis Planen und Bauen, Immobilien und Zoo. -trö-
Direkt Einfluss nehmen Wahlen zum Gemeinderat / Demokratie live und pur In Baden-Württemberg haben
die Bürgerinnen und Bürger in kommunalpolitischen Entschei- dungen bedeutenden Einfluss. Sie fällen zum einen in einem Plebiszit unmittelbar „das Urteil“ darüber, wer Oberbürgermeister (in kleine- ren Gemeinden Bürgermeister) wird, bestimmen weiter durch die Möglichkeiten des Panaschierens und Kumulierens bei Kommunal- wahlen entscheidend mit, wer in den Gemeinderat einzieht. Pana- schieren bedeutet, Kandidaten von mehreren Listen zu wählen, Kumulieren, einem Bewerber bis zu drei Stimmen zu geben.
Die derzeitige Amtsperiode des Gemeinderats neigt sich allmäh- lich ihrem Ende entgegen. Am 26. Mai 2019 sind die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, zeitgleich mit der Europawahl die 48 Sitze im Bürgersaal des Rathauses neu zu vergeben. In den sieben Karlsru- her Stadtteilen mit Ortschaftsver- fassungen stehen an diesem Tag darüber hinaus die Wahlen zum jeweiligen Ortschaftsrat ins Haus.
Aus der letzten Kommunalwahl am 25. Mai 2014 ging die CDU mit 26,7 Prozent als stärkste Kraft her- vor. Sie gewann damit 13 Sitze im Gemeinderat. Platz zwei belegte die SPD mit 21,9 Prozent (zehn Sit- ze), dicht gefolgt von den Grünen mit 19,9 Prozent (neun Sitze). Die FDP kam auf 6,1 Prozent und da- mit ebenso auf drei Sitze wie die AfD mit 5,6 Prozent. Von dieser trennte sich jedoch Stadtrat Stefan Schmitt gleich nach der Wahl und
sitzt seither als parteiloser Vertre- ter im Plenum. Die Karlsruhe Liste (4,2 Prozent, zwei Sitze), die Pira- ten (3,4 Prozent, zwei Sitze) und Die Partei (1,1 Prozent, ein Sitz) schlossen sich zur fünf Köpfe star- ken KULT-Fraktion zusammen. Weiter zogen DIE LINKE mit 5,1 Prozent (zwei Sitze), GfK (heute FÜR Karlsruhe) mit 3,2 Prozent und zwei Sitzen sowie die Freien Wähler mit 2,7 Prozent (ein Sitz) 2014 in den Bürgersaal des Rat- hauses ein. Damals konnten erst- mals in Baden-Württemberg auch die 16- und 17-Jährigen an den Kommunalwahlen teilnehmen. Die Wahlbeteiligung in Karlsruhe lag bei 45,2 Prozent. -trö-
URNENGANG: Alle fünf Jahre ist die Wahl zum Gemeinderat.
werke, Verkehrsbetriebe, die Karlsruher Messe- und Kongress- Gesellschaft oder auch das Städti- sche Klinikum Karlsruhe.
Doch die Verantwortung der Fä- cherstadt als regionales Oberzen- trum endet nicht an den Gemar- kungsgrenzen. Und so wirken Stadträtinnen und Stadträte auch in der Arbeit über das Karlsruher Stadtgebiet hinaus mit und setzen sich für gemeinsame Interessen der gesamten Region zusammen mit Partnern aus dem Umland in zahlreichen Gremien ein, wie zum Beispiel im Nachbarschafts- oder im Regionalverband. -trö-
tenden Gremien gibt es mit Bau-, Haupt-, Planungs-, Jugendhilfe- Bäder-, Personal- und Umlegungs- ausschuss sieben beschließende Ausschüsse. Vorsitzender der ein- zelnen Ausschüsse ist grundsätz- lich der Oberbürgermeister, der diese Funktion jedoch in den meisten Fällen auf den zuständi- gen Fachdezernenten unter den fünf Beigeordneten delegiert hat.
Der Gemeinderat stellt weiter Mitglieder in Verwaltungsräten und Kommissionen, in Beiräten und in Aufsichtsräten von Gesell- schaften mit städtischer Beteili- gung. Dazu gehören etwa Stadt-
der Ausschüsse haben sich FDP, FÜR Karlsruhe und Freie Wähler sowie der parteilose Stadtrat Stefan Schmitt zu einer Zählge- meinschaft zusammengeschlossen.
Auch für die Region Verantwortung übernehmen Unterschieden wird zwischen –
üblicherweise öffentlich tagenden – beschließenden Ausschüssen, die anstelle des Gemeinderats ent- scheiden und nichtöffentlich bera- tenden Ausschüssen, die Ent- scheidungen vorbereiten und durch fachkundige Einwohnerin- nen und Einwohner unterstützt werden können. Neben acht bera-
bildet, deren Besetzung dem poli- tischen Kräfteverhältnis im Bür- gersaal entspricht. In der derzeit laufenden Amtsperiode gibt es insgesamt 15 gemeinderätliche Ausschüsse. Hinzu kommt der Äl- testenrat, in dem sich die Vertrete- rinnen und Vertreter der Fraktio- nen mit dem Oberbürgermeister über die Tagesordnung von Ge- meinderatssitzungen und den Gang der Beratungen verständi- gen. Grundsätzlich hat nur der Rathauschef als Vorsitzender das Recht, den Gemeinderat einzube- rufen und die Tagesordnung fest- zulegen, doch kann auch ein Vier- tel der Mitglieder des Plenums (wie auch der Ausschüsse) das Stadtparlament „zusammenru- fen“ und Anträge auf die Tages- ordnung der jeweils übernächsten Sitzung setzen.
Zu Beginn dieser Amtsperiode legte der Gemeinderat die Zahl seiner Mitglieder in allen seinen Ausschüssen grundsätzlich auf je- weils 15 fest. Für die Besetzung
Impulse geben für die Zukunft der Stadt
Motor der Entwicklung / 48 Stadträtinnen und Stadträte Der Gemeinderat ist das Hauptor- gan einer Stadt oder Gemeinde und entscheidet als die direkt ge- wählte Vertretung der Bürgerin- nen und Bürger über die Grund- sätze der Kommunalpolitik.
Da er die Verwaltung kontrol- liert, hat der landläufig auch Kom- munalparlament genannte Ge- meinderat zwar in der Praxis die Funktion eines Parlaments, ist je- doch rein rechtlich gesehen ein Verwaltungsorgan: Er erlässt kei- ne formellen Gesetze, sondern be- schließt für das Gebiet der Ge- meinde geltende Satzungen. Doch die Verfassung und der Gesetzge- ber garantieren den Gemeinden ein Recht auf Selbstverwaltung.
Entscheiden in Grundsatz und Detail
Beim Gemeinderat liegt in erster Linie das „Königsrecht“ – die Ver- fügung über die Finanzmittel im städtischen Haushalt. Dieses Recht setzt die Stadträtinnen und Stadträte in die Lage, die Richtung der Kommunalpolitik zu bestim- men, darüber zu befinden, was in der Stadt getan werden soll und was nicht. Der Gemeinderat kann aber auch in Einzelfragen Projekte vorschlagen, Initiativen ergreifen und durchsetzen. Weiter über- wacht er die Ausführung seiner Beschlüsse und legt die Grundsät- ze für die Verwaltung fest.
Stimmberechtigter Vorsitzender des Gemeinderats und seiner Aus- schüsse ist der ebenfalls direkt von den Bürgerinnen und Bürgern ge- wählte Oberbürgermeister, kurz: OB, der gleichzeitig an der Spitze der Verwaltung steht und die Ge- meinde nach außen vertritt. Die Amtsperiode eines Oberbürger- meisters beträgt in der Regel acht Jahre, die der Stadträtinnen und Stadträte fünf Jahre. Die Mitglie-
der des Gemeinderats wirken eh- renamtlich und erhalten für ihre verantwortungsvolle und umfang- reiche Tätigkeit in Plenum, Aus- schüssen, Aufsichts- wie Verwal- tungsräten und als Ansprechpart- ner für die Bürgerinnen und Bür- ger eine Aufwandsentschädigung.
Die Anzahl der Mitglieder des Gemeinderats hängt von der Ein- wohnerzahl der Stadt oder Ge- meinde ab. Karlsruhe hat die Städ- ten seiner Größe entsprechende Zahl von 48 Stadträtinnen und Stadträten. Im aktuellen Gemein- derat, den die Karlsruherinnen und Karlsruher am 25. Mai 2014 wählten, verfügt die CDU als stärkste Fraktion über 13 Sitze, die SPD ist als zweitgrößte mit zehn Sitzen im Bürgersaal des Rathau- ses vertreten. Drittstärkste politi- sche Kraft sind die Grünen mit neun Sitzen im Plenum, die KULT- Fraktion hat fünf Sitze. Die FDP ist mit drei Mitgliedern die kleinste Fraktion. Die LINKE, FÜR Karlsru- he und AfD sind mit jeweils zwei Stadträten vertreten. Weiter ha- ben die Freien Wähler und der parteilose Stadtrat Stefan Schmitt jeweils einen Sitz im Bürgersaal.
Ausschüsse entlasten die Arbeit im Plenum
Für die Mindeststärke einer Fraktion im Gemeinderat sind wie in den drei Amtsperioden zuvor je- weils drei Sitze erforderlich. Als Vorsitzende an der Spitze der ins- gesamt fünf Fraktionen des der- zeitigen Gemeinderats stehen Til- man Pfannkuch (CDU), Parsa Marvi (SPD), Johannes Honné und Dr. Ute Leidig (GRÜNE), Erik Wohlfeil (KULT) und Tom Høyem (FDP). Zur Arbeitsentlastung des Plenums, zur eingehenden Erörte- rung von Sachfragen und zur Vor- beratung von Entscheidungen hat der Gemeinderat Ausschüsse ge-
Gemeinderat stellt Weichen für Kommunalpolitik:
GEMEINDERAT AKTUELL: Die 48 Stadträtinnen und Stadträte mit ihrem Vorsitzenden OB Dr. Frank Mentrup vor einer Plenarsitzung.
BLICK IN DEN BÜRGERSAAL DES RATHAUSES: Der Karlsruher Gemeinderat stellt mit seinen Entscheidungen die Weichen für die Richtung der Kommunalpolitik in der Fächerstadt. Fotos (5): Fränkle
LIVE AM BALL: Von der Empore aus verfolgen Zuhörerinnen und Zuhörer Beratungen und Abstimmungen im Plenarsaal.
Sitzungen mitverfolgen
Beratungen und Beschlüsse zu Stadion, Staatstheater oder Be- bauungsplänen: Interessierte können die Debatten der öffentli- chen Sitzungen des Gemeinde- rats im Bürgersaal des Rathauses am Marktplatz von der Empore aus mitverfolgen. Für Menschen mit Hörbehinderung steht dort eine Höranlage zur Verfügung.
Die Vorlagen zu den Tagesord- nungspunkten sind im Internet auf www.karlsruhe.de/gemein- derat.de zu finden. Unter dieser Adresse informiert auch ein Live- ticker über Abstimmungsergeb- nisse und zeitlichen Verlauf der Beratungen. Der Liveticker bleibt bis zur nächsten Sitzung online und ist auf der elektronischen Anzeigetafel am Eingang des Rathauses zu sehen. Auch bei öf- fentlichen Ausschüssen sind Zu- hörer willkommen. -trö-
23. November 2018 | Sonderveröffentlichung der StadtZeitung | Amtsblatt der Stadt Karlsruhe4
(trö) Die 48 Stadträtinnen und Stadträte, die mit OB Dr. Frank Mentrup als Vorsitzendem den Gemeinderat bilden, setzen unter- schiedliche Akzente in ihrer politi- schen Arbeit. Wo die einzelnen Schwerpunkte liegen, schildern sie in ihren Antworten auf die von der StadtZeitung gestellten Frage: Was wollen Sie mit Ihrer Arbeit im Gemeinderat bewegen?
Verena Anlauf (GRÜ- NE): „Mir ist es wich- tig, dass es wieder aus- reichend sozialen Wohnraum in Karlsru-
he gibt. Und die Stadt sollte deut- lich mehr dafür tun, dass sich Bie- nen und andere gefährdete Insek- ten bei uns wohl fühlen.“
Marc Bernhard (AfD): „Ich setze mich beson- ders für eine spürbare Verbesserung der Si- cherheitslage in der
Stadt, eine Willkommenskultur für Kinder, die Schaffung von bezahl- barem Wohnraum unter Berück- sichtigung der für unsere Stadt so wichtigen Grünflächen und die stärkere Einbindung der Bürger in die Entscheidungen der Stadt durch mehr direkte Demokratie (Bürgerentscheide) ein. Dabei sind mir sachorientierte Lösungen, un- abhängig von Parteipolitik, im Sin- ne der Bürger besonders wichtig.“
Michael Borner (GRÜ- NE): „Ich möchte eine solidarische Stadt, in der niemand zurückbleibt. Daher mache ich mich
stark für die Teilhabe aller Men- schen am gesellschaftlichen Leben in Karlsruhe. Es ist mir zudem wich- tig, dass wir uns auch Tieren gegen- über verantwortungsvoll verhalten.“
Max Braun (KULT): „Politik im Sinne sozia- ler Verantwortung be- deutet, und davon soll- te man ausgehen, das
ist doch, ohne darum herum zu re- den, in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden. Ich kann den Standpunkt meiner politischen Überzeugung in wenige Worte zu- sammenfassen: Erstens, das Selbst- verständnis unter der Vorausset- zung. Zweitens, und das ist es, was wir unseren Wählern schuldig sind. Drittens, die konzentrierte Beinhal- tung als Kernstück eines zukunft- weisenden Parteiprogramms.“
Hermann Brenk (CDU): „Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplät- zen, hierdurch hervor- gerufen Entwicklung
von neuen Gewerbeflächen zur An- siedlung und Festigung von Unter- nehmen. Aktive Weiterentwicklung der Nachverdichtung und Höher- entwicklung der Stadt, um hier- durch eine bessere Wohnraumsitua- tion in Karlsruhe zu schaffen.“
Lüppo Cramer (KULT): „Ich sehe meine Auf- gabe darin, Dinge her- vorzuheben, die in der kommunalpolitischen
Diskussion oftmals nicht die erste
Dr. Klaus Heilgeist (CDU): „Auch nach 42 Jahren ist das Motiv für meine Tätigkeit im Gemeinderat noch im-
mer, der Stadt Bestes zu suchen und umzusetzen. Ich sehe den Auftrag meiner Wähler darin, Karlsruhe auf kommende Heraus- forderungen vorzubereiten und fit für die Zukunft zu machen.“
David Hermanns (SPD): „Ich will mit meiner Arbeit im Ge- meinderat die Chancen für eine attraktive
Stadtentwicklung mutig, zielge- richtet und vorausschauend gestal- ten. Hierbei sollen soziale, ökologi- sche und wirtschaftliche Aspekte zum Wohle der Menschen mitei- nander verbunden werden.“
Thomas H. Hock (FDP): „Badische Libe- ralität garantieren und unsere Stadt zukunfts- sicher machen zum
Wohle aller Generationen.“ Ekkehard Hodapp (GRÜNE): „Ich möchte eine lebenswerte, viel- fältige und offenen Stadt Karlsruhe erhalten und
mitgestalten. Besonders wichtig ist mir Bürgernähe; Politik auf kommu- naler Ebene muss ,greifbar’ sein.“
Detlef Hofmann (CDU): „Ich möchte mit meiner mittlerweile 14-jährigen Arbeit im Gemeinderat meine Erfahrungen und
mein Wissen für die Karlsruher Bür- ger insbesondere in meinen Spezial- gebieten Bildung, Bäder und Sport einbringen. Als ehemaliger Leis- tungssportler und heutiger Bundes- trainer möchte ich weiter eine der prägenden Stimmen des Sports in der Karlsruher Kommunalpolitik sein.“
Johannes Honné (GRÜNE): „Ich möchte die bereits hohe Le- bensqualität in Karls- ruhe noch weiter ver-
bessern, etwa durch mehr Grün und mehr Ruhe in der Stadt. Zusätzliche preisgünstige Woh- nungen möchte ich durch Innen- entwicklung erreichen.“
Tom Høyem (FDP): „Ich will den Dialog zwischen Karlsruhe lo- kal und Karlsruhe in- ternational stärken.“ Karl-Heinz Jooß (FDP): „weniger statt mehr Steuern für den Mittel- stand, der sonst zwi- schen den Fronten un-
tergeht. Ferner weniger Büro- kratie und Regulierung.“
Friedemann Kalmbach (FÜR Karlsruhe): „Die Grundfrage für mich ist, was ist das Beste für unsere Stadt Karlsruhe,
was hilft dem Gemeinwohl am Meisten, ohne den Einzelnen zu
Die Entwicklung verantwortlich mitgestalten Stadträtinnen und Stadträte setzen unterschiedliche Akzente / Statements zu Zielen ihrer Arbeit im Gemeinderat Priorität haben. Das sind für mich als zentrale Themen das Stadtbild und die Stadtplanung. Darüber hinaus möchte ich der kulturellen Vielfalt der Stadt den Raum ge- ben, den sie braucht.“
Jan Döring (CDU): „Karlsruhe ist eine liberale, zukunftsgerich- tete und sichere Stadt. Mit meinem Engage-
ment möchte ich dazu beitragen, dass es auch in Zukunft so bleibt.“
Dr. Rahsan Dogan (CDU): „Ich will eine positive Zukunft für meine Ge- burts- und Heimatstadt Karlsruhe mitgestalten.
Damit die Bürgerinnen und Bürger gerne in unserer Stadt leben und ar- beiten, will ich mich einbringen!“
Thorsten Ehlgötz (CDU): „Karlsruhe mitgestalten, Sprachrohr der Bürger- schaft sein, Wirtschaft, Handel und Handwerk
eine starke Stimme geben, Infra- strukturen nachhaltig ausbauen und den Innovationsstandort stärken“.
Elke Ernemann (SPD): „Ich möchte die Inter- essen der Bürgerinnen und Bürger im Gemein- derat vertreten und im-
mer ein offenes Ohr für ihre Anliegen haben. Der Austausch mit allen Ver- einen, Verbänden und Organisatio- nen ist mir besonders wichtig. Kultu- relle und soziale Teilhabe für alle Bür- gerinnen und Bürger ist mir ein gro- ßes Anliegen, unabhängig von sozia- ler Herkunft, Alter und Einkommen.“
Dr. Raphael Fechler (SPD): „Ich möchte für und mit den Menschen in Karlsruhe unsere Stadt mit all ihren Fa-
cetten weiterentwickeln und zu- kunftsfähig gestalten. Es geht für mich darum, Verantwortung zu übernehmen, Probleme zu lösen und Gestaltungsspielräume zu nutzen im Ringen um die best- mögliche Lösung für Karlsruhe und seine Bürger*innen.“
Gisela Fischer (SPD): „Es macht mir Freude, in Mitverantwortung für unsere Stadt mein unmittelbares Lebens-
umfeld aktiv mitzugestalten.“ Niko Fostiropoulos (DIE LINKE): „Kritik zu üben, ist unser Recht. Gerechte Lö- sungen für die gesam-
te Stadtbevölkerung zu finden, ist unsere Pflicht.“
Michael Haug (KULT): „Mein Ziel ist es, die offene Gesellschaft in der wir leben, zu erhal- ten und weiterzuent-
wickeln. Und das geht am Besten vor Ort, in der Stadt, im Gemein- derat, wo wir ganz nah an den Menschen sind und auf deren Be- dürfnisse eingehen können.“
vergessen. Zentral arbeite ich auch dafür, dass christliche Herzenshal- tungen und Werte ein gutes Mitei- nander fördern und Karlsruhe eine Stadt voller Perspektive und Zu- kunft für alle ist.“
Joschua Konrad (GRÜNE): „Karlsruhe soll eine lebenswerte Stadt sein – heute und morgen. Deshalb setze
ich mich im Gemeinderat gute Lebensbedingungen für alle Men- schen in der Stadt ein – ohne dabei die Ressourcen von morgen zu zerstören.“
Johannes Krug (CDU): „Karlsruhe ist meine Heimat. Für sie und ihre Bürger will ich die Zukunft mitgestalten
und gemeinsam Probleme lösen. Wenn ich mir dabei treu bleibe und zugleich anderen noch in die Augen sehen kann, dann ist Kom- munalpolitik für mich erfolg- reich.“
Uwe Lancier (KULT): „Grundsätzlich arbeite ich im Stadtrat mit dem Ziel, die Bedürfnisse aller Bewohner und
Besucher Karlsruhes miteinander in Einklang zu bringen. Dafür möchte ich die Transparenz in der kommunalen Verwaltung verbes- sern. Besonderes Augenmerk hat für mich der Verkehr in der Stadt, wo private und gewerbliche Kfz, ÖPNV und Fuß- und Radverkehr abgestimmt und alle Orte barrie- refrei erreichbar sein sollen.“
Dr. Ute Leidig (GRÜ- NE): „Mir ist es wich- tig, dass alle Men- schen in Karlsruhe gut und gesund leben
können. Besonders setze ich mich für Familienfreundlichkeit, ein vielfältiges Kulturangebot und die naturnahe ,Stadt im Grünen’ ein.“
Sven Maier (CDU): „Aus der Mitte der Bürgerschaft, gemein- sam mit der Zivilge- sellschaft und der Ver-
waltung, unsere Heimatstadt wei- terentwickeln, das ist eine Faszi- nation und Herausforderung zu- gleich! Mit Elan und Freude unse- re junge Stadt, die erst vor etwas mehr als 300 Jahren entstand, auf ihrem weiteren Weg in eine ge- deihliche Zukunft eine gute Weg- strecke verantwortlich begleiten.“
Parsa Marvi (SPD): „Ich setze mich für ein lebenswertes Karlsru- he für alle Menschen in unserer Stadt ein,
unabhängig von Herkunft, Ge- schlecht oder sozialem Status. Mehr bezahlbarer Wohnraum, eine gute Kita-Versorgung und eine nachhaltige Stadtentwick- lung sind dabei zentrale Anliegen, für die sich die SPD stark macht.“
Zoe Mayer (GRÜNE): „Mit meiner Arbeit im Gemeinderat will ich Karlsruhe zu einer grü- neren Stadt machen.
Ich engagiere mich für eine gesunde Umwelt für Menschen und Tiere und für gute Lebensbe- dingungen für alle.“
Bettina Meier-Augen- stein (CDU): „Mir geht es bei der Arbeit im Gemeinderat um die Stadt und um die Men-
schen, die hier leben. Ich möchte als Stadträtin mithelfen, dass Karlsruhe lebens- und liebenswert bleibt; ein Ort, den auch nachfol- gende Generationen so als Heimat lieben, wie ich es tue.“
Yvette Melchien (SPD): „Karlsruhe mitzuge- stalten und mit ande- ren Verantwortung für meine Stadt zu über-
nehmen, deshalb bin ich im Gemeinderat tätig. Mein Ziel ist, dass in Karlsruhe jeder gut leben kann, und gerade Menschen, die Förderung und Hilfe benötigen, sollen auf eine starke Stadtgesell- schaft zählen können.“
Irene Moser (SPD): „Ich lebe gerne in Karlsruhe und freue mich die An- liegen der Mitbürgerin- nen und Mitbürgern im
Gemeinderat vertreten zu dürfen. Der Weg zu beitragsfreien Kitas, gleiche Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen, bezahl- barer Wohnraum und als sport- politische Sprecherin natürlich der Sport und die Bäder liegen mir besonders am Herzen.“
Eduardo Mossuto (FÜR Karlsruhe): „Ver- ankert in den Stadttei- len möchte ich bei der Meinungsbildung in-
nerhalb des Stadtrates mitwirken. Ich stehe für die Chancengleichheit für die Bürgerinnen und Bürger.“
Dirk Müller (CDU): „Mit meiner über 30- jährigen Berufserfah- rung bei der Karlsruher Polizei ist für mich die
Sicherheit in unserer Stadt ein zen- trales Thema meiner kommunalpo- litischen Arbeit im Gemeinderat.“
Dr. Thomas Müller (CDU): „Für und mit den Bürgerinnen und Bürgern Karlsruhe als lebenswerte und sozia-
le Stadt erhalten.“ Hans Pfalzgraf (SPD): „In meiner Funktion als Gemeinderat möchte ich als Binde- glied und Vermittler
die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltung und Wei- terentwicklung unserer Stadt ein- binden und dabei im Interesse ei- nes ausgewogenen und sozialen Miteinanders einen möglichst
breiten Konsens suchen. Ziel muss sein, dass sich alle in unserer Stadtgesellschaft wohlfühlen und gerne in Karlsruhe leben.“
Tilman Pfannkuch (CDU): „Karlsruhe ist Oberzentrum, wir sind Technologieregion, wir sind Eurodistrikt Pami-
na! Wir schulden unserer Region einen pulsierenden Wirtschaftsmo- tor mit einer intakten Infrastruktur. Eine starke Stadt braucht starke Stadtteile. Dazu will ich mit meiner Arbeit im Stadtrat beitragen.“
Istvan Pinter (GRÜ- NE): „Mein Engage- ment soll dazu beitra- gen, dass sich eine zu- kunftsorientierte und
nachhaltige Politik in Karlsruhe durchsetzt. Dazu gehören für mich Vermeidung von sozialer Not, eine intakte Umwelt, viel Stadtgrün, ausreichend Wohnraum, gute An- gebote des ÖPNV sowie attraktive Fahrrad- und Fußwege.“
Renate Rastätter (GRÜNE): „Für mich ist eine gute Lebens- qualität für Jung und Alt in unserer schönen
Stadt ein wichtiges Ziel. Dazu ge- hören eine hervorragende Infra- struktur für Familien, zu der auch kostenfreie Kitas gehören, ein breites Kultur- und Sportangebot sowie ein Biotopverbund aus ar- tenreichen Natur- und Grünflä- chen mit hohem Erholungswert.“
Dr. Paul Schmidt (AfD): „Durch gezielte Fragen und Redebeiträge mit Sachverstand setze ich mich im Gemeinderat
und in der öffentlichen Diskussion dafür ein, dass für uns Bürger und für unsere Stadt die bestmöglichen Entscheidungen getroffen werden. Das heißt: Entscheidungen für die jeweils beste Option nach unab- hängiger Abwägung aller Mög- lichkeiten und der dazugehörigen Chancen und Risiken.“
Stefan Schmitt (partei- los): „Als parteiloser Einzelstadtrat kann man nicht auf allen Hochzeiten tanzen.
Mein Ziel war, die Themen Sicher- heit, schuldenfreier Haushalt und die Nachteile einer hemmungslosen Nachverdichtung in den Fokus zu rücken und das ist mir gelungen.“
Sibel Uysal (SPD): „Stadträtin meiner Heimatstadt zu sein, ist für mich eine verant- wortungsvolle und eh-
renvolle Aufgabe. Ich will mich der Herausforderung für eine lie- bens- und lebenswerte Stadt stel- len, bei der Stadtentwicklung mit- wirken und die Themen gute Bil- dung und Teilhabe an der Stadt- gesellschaft im Blick behalten.“
Jürgen Wenzel (FW): „Wir Freien Wähler sind keine Partei, aber eine starke politische Kraft, in Baden-Würt-
temberg stellen wir die meisten lo- kalen Mandatsträger. Wir wollen sachorientierte Kommunalpolitik, sozusagen – von Bürgern für Bür- ger – ohne vorgegebene Partei- ideologie und -zwänge.“
Karin Wiedemann (CDU): „Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen. In die- sem Sinne engagiere
ich mich für unser Miteinander, für unsere Stadtteile, für unsere Stadt. Wir haben eine Verantwortung für- einander und dieser Aspekt ist meine Leitlinie, an der sich meine Arbeit im Gemeinderat orientiert.“
Erik Wohlfeil (KULT): „Als jüngster Frakti- onsvorsitzender in Karlsruhes Geschichte liegen mir die Interes-
sen der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders am Herzen: Beste Bildungsange- bote, vielfältige Freizeitangebote, vorbildliche Verkehrsmöglichkei- ten auch ohne Auto, also zu Fuß, per Rad oder mit dem ÖPNV, und natürlich Nachhaltigkeit durch Na- turschutz, Klimaschutz und gene- rationengerechtes Wirtschaften.“
Michael Zeh (SPD): „Karlsruhe will ich zur weltoffenen, wirtschaft- lich attraktiven, moder- nen und sozialen Stadt
weiterentwickeln, in der alle Men- schen gleiche Chancen haben.“
Sabine Zürn (DIE LIN- KE): „Ich möchte Men- schen ermutigen, sich einzumischen und ihre Stadt zu gestalten. Es
gibt so viele Möglichkeiten, etwas zu verändern! Und ich streite für die Anliegen derer, die keine Lobby haben.“ Grafik: Presse- und Informationsamt / Streeck
Sonderseite1.pdf (p.1)
Sonderseite2.pdf (p.2)
Sonderseite3.pdf (p.3)
Sonderseite4.pdf (p.4)
https://www.karlsruhe.de/b4/aktuell/offene_tuer/HF_sections/content/ZZnOeflRQLp2Od/ZZnRyVQN1nTlyG/Sonderausgabe_zum_Tag_der_offenen_Tuer.pdf
Kulturamt der Stadt Karlsruhe
Jahresbericht 2012
Kulturamt – das Jahr 2012 im Überblick 1
Allgemeine Verwaltung / Zentrale Dienste 3 Finanzen 4
Kulturbüro 5 Schwerpunkte und Tätigkeiten 2012 6
Stadtbibliothek 11 Entwicklung aller Ausleihstellen 15
Stadtarchiv & Historische Museen 18 Statistik 20
Städtische Galerie 21 Besucherzahlen und Führungen 2012 23
Inhaltsverzeichnis
1
Wie in den vorangegangenen Jahren zeichnete das Kulturamt mit seinen Abteilungen auch im Jahr 2012 für zahlreiche künstlerische, kulturelle und bildungsrelevante Höhepunkte verantwortlich.
Ein herausragendes Ereignis waren die Euro- päischen Kulturtage, die gemeinsam mit dem Badischen Staatstheater zum Thema „Wolf- gang Rihm – Musik baut Europa“ durchgeführt wurden. Sie lockten 25.000 Besucherinnen und Besucher an und sorgten für überregionale bundesweite Aufmerksamkeit. Das Festival stellte das hohe künstlerische Potential, das Karlsruhe in allen Sparten und hier vor allem in der Musik aufweist, unter Beweis. Doch auch die Ausstel- lungen der Galerie, die Publikationen des Stadt- archivs und die vom Kulturbüro verantworteten Veranstaltungen wie z. B. die Rathauskonzerte fanden großen Zuspruch. Die Stadtbibliothek konnte ihre Besucher- und Ausleihzahlen noch- mals erhöhen.
Vor allem wurde 2012 das Kulturkonzept, das Ende 2013 geschrieben sein wird, weiter erarbei- tet. An der Erstellung des Konzeptes wirken alle Abteilungen des Kulturamtes mit, die Organisati- on des Prozesses liegt bei dem Kulturbüro.
Im Rahmen des Prozesses der Kulturkonzepter- arbeitung wurden 2012 zahlreiche Workshops, Symposien und sonstige Veranstaltungen zur
Ideensammlung für die zukünftige Kulturpolitik durchgeführt. Hier sei besonders auf die große Kulturwerkstatt Anfang Mai 2012 verwiesen, an der rund 300 Vertreter und Vertreterinnen der Kulturinstitutionen und der freien Kulturszene teilnahmen. Damit wurde ein Grundstein gelegt für weitere Kulturwerkstätten, die von 2012 an einmal jährlich stattfinden sollen und die verbin- dend, vernetzend und stärkend in die Kulturstadt Karlsruhe hineinwirken.
Zeitgleich mit der Erstellung des Kulturkonzeptes wurden schon einzelne seiner Handlungsfelder aufgegriffen und Maßnahmen entwickelt und umgesetzt.
Vor allem im Bereich bzw. Handlungsfeld der kul- turellen und gesellschaftlichen Bildung wurden neue Wege beschritten. So verantwortete das Kulturbüro ein breit angelegtes Vermittlungspro- gramm, das vorbereitend und begleitend dem Festival „Wolfgang Rihm – Musik baut Europa“ zugeordnet war und das einen wichtigen Mei- lenstein auf dem Weg zur Vermittlung der Musik unserer Zeit darstellte. Damit wurde erstmals in der Geschichte der „Europäischen Kulturtage“ auf die dezidierte Vermittlung der Inhalte des Festivals Wert gelegt.
Auch in der Städtischen Galerie gewann die Vermittlungsarbeit eine wachsende Bedeutung und Ausstrahlung. Die kontinuierliche Zusam-
Kulturamt – das Jahr 2012 im Überblick
2
menarbeit mit Schulen und Kindergärten wurde weiter ausgebaut. Herausragend in diesem Bereich war das Projekt „Nah und fern – fremd und vertraut“, bei dem Schüler und Schülerinnen einer sechsten Klasse einer Realschule im Dialog mit ausgewählten Kunstwerken einen Audiogui- de mit eigenen Texten erarbeiteten. Eine eigen- ständige Annäherung an die Kunst ermöglicht auch der neu entwickelte „Museums-Koffer“ der Galerie.
Zur kulturellen Bildung zählen auch die Vorha- ben, die das Stadtmuseum und die Galerie im Rahmen der Landesaktion „Kunst und Integra- tion“ in Zusammenarbeit mit der vhs Karlsruhe durchführten. Dabei ging und geht es darum, neue Besuchergruppen und Menschen mit Wan- derungsgeschichte in die Museen als auch für sie bestimmte Orte einzuladen.
Die Stadtteilbibliothek Durlach organisierte erneut in Zusammenarbeit mit dem Stadtamt Durlach und der vhs Durlach den sehr erfolgrei- chen Durlacher Lesesommer.
Kulturelle und gesellschaftliche Bildung basiert immer auch auf Sammlungen von Kunst, Musik oder Literatur und auf der Überlieferung von Geschichte. Bei letzterem ging das Stadtarchiv neue Wege, indem es neben der schon lau- fenden Erhaltung der Archivbestände begann, gemeinsam mit dem Bauordnungsamt die für die Architekturgeschichte Karlsruhes wichtigen, vom Verfall bedrohten Bauakten zu restaurieren. Zudem wurde die neue Publikationsreihe „Karls- ruher Köpfe“ begonnen.
Neben der Vermittlung kultureller Bildung war für das Kulturamt der Ausbau der Kooperatio- nen mit anderen Einrichtungen von Bedeutung. Für das Kulturbüro begann mit der Eröffnung des K3 eine neue Phase der Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung bei der Beratung von Schaf- fenden aus der Kultur- und Kreativwirtschaft.
Kulturamt – das Jahr 2012 im Überblick
Durch die Europäischen Kulturtage 2012 wurde die Kooperation mit der Musikhochschule auf eine neue Basis gestellt und – anknüpfend an die Europäischen Kulturtage – das gemeinsame Festival „ZeitGenuss – Karlsruher Festival für Mu- sik unserer Zeit“ konzipiert, das 2013 erstmals stattfinden wird. Die Galerie festigte ihre Zusam- menarbeit mit der Kunstakademie Karlsruhe.
Durch Mitwirkung bei der Konzipierung des trinationalen Projektes „Triptic“ der Schweizer Kulturstiftung „pro helvetia“, das 2013 umge- setzt wird und das den Raum Schweiz, Elsass und Baden entlang des Rheins umfasst, ko- operiert das Kulturamt mit der Stadt Straßburg und koordinierte die Vorhaben der Städte auf deutscher Seite. Der Beginn der Mitarbeit im Kulturforum der EuroCities stärkte die schon mit ECCAR (European Coalition of Cities against racism) begonnene europaweite Vernetzung. Die Vernetzung mit anderen Bereichen der Stadtent- wicklung und die Stärkung der Schnittstellen zur Wirtschaft, zur Stadtplanung, zur Wissenschaft, zur Bildungslandschaft und zum Sozialen wird auch im Kulturkonzept deutlich betont.
All dies unterstreicht, dass das Kulturamt die einzige Kultureinrichtung in der Stadt ist, die Formate in allen Kunst- und Kultursparten auf- weist bzw. fördert und zudem ein umfassendes Bildungs- und Wissensangebot macht und daher eine Querschnittsfunktion für die Stadtentwick- lung einnimmt.
3
Allgemeine Verwaltung / Zentrale Dienste
Die Abteilung erbringt als Querschnittsein- heit zentrale Verwaltungsdienstleistungen für das gesamte Kulturamt. Dies geschieht in den Bereichen Personal, Finanzen, Organisation, Controlling, IuK sowie durch organisationsüber-
greifende Servicedienste wie Buchbinderei und Aufsichtspool.
Nachfolgend Daten zur personellen Entwicklung des Kulturamts und zu den Finanzen:
Personalstand:
* Haupt-, Jugend-, Amerikanische Bibliothek und Stadtteilbibliotheken
zum 31.12.2010 zum 31.12.2011 zum 31.12.2012
Frauenanteil Kulturamt insgesamt 73,05 % 73,29 % 67,65 %
Frauenanteil Leitungsebene 66,00 % 66,00 % 66,00 %
Volontariate, Auszubildende, studentische Praktika **
2 / 6 / 15 + 3 GBJ
2 / 7 / 12 + 3 GBJ
2 / 6 / 13 + 3 GBJ
Fehlzeitenquote 6,5 % 7,0 % 6,9 %
Schwerbehindertenquote 19,16 % 23,31 % 22,94 %
weitere Kennzahlen zur Personalwirtschaft:
** Darüber hinaus wurden zahlreiche kurzzeitige Betriebspraktika durchgeführt.
Anzahl der
Mitarbeiter/innen
Vollzeitstellen
Sollstellen
zum
31.12.2010
zum
31.12.2011
zum
31.12.2012
zum
31.12.2010
zum
31.12.2011
zum
31.12.2012
Direktion 2 2 2 2 2 2
Verwaltung insgesamt 55 48 55 37,84 34,59 38,59
darunter:
Verwaltung 8 8 8 6,5 6,5 6,5
Aufsichtspool
27 27 31 15,21 17,90 20,27 - Stammpersonal
- Saisonpersonal 14 7 10 10,38 4,55 6,18
Buchbinderei 6 6 6 5,75 5,64 5,64
Kulturbüro 20 21 20 16,84 17,34 16,70
Kunstsammlungen 10 10 10 9 9,25 9
Stadtarchiv &
Hist. Museen 18 18 19 15,01 15,65 17,21
Stadtbibliothek* 62 62 64 48,72 49,06 50,89
167 161 170 129,41 127,89 134,39
4
Allgemeine Verwaltung / Zentrale Dienste
31.12.2011 31.12.2012
Buchungsfälle im SG Finanzen 7.455 7.918
Arbeitsleistung der Buchbinderei für zum 31.12.2011 zum 31.12.2012
Stadtbibliothek 55% 53%
Stadtarchiv & Historische Museen
30% 33%
Externe 15% 14%
zum 31.12.2011 zum 31.12.2012
Anzahl der Ausstellungen 19 18
Bedarf an Aufsichtsstunden *** 39.860 38.980
*** incl. Ausstellungseröffnungen, Konzerte, Kamuna, Museumsfeste und sonstige Sonderveranstaltungen
Finanzen:
Buchbinderei:
Aufsichtspool:
Kulturetat 31.12.2011 %-Anteil 31.12.2012 %-Anteil
Ordentlicher Aufwand 43.843.218 € 44.084.513 €
- davon Personal- und Versorgungsaufwand 7.364.074 € 16,8% 7.462.435 € 16,9%
- davon Sachaufwendungen 2.477.472 € 5,7% 2.530.546 € 5,7%
- davon Abschreibungen 796.235 € 1,8% 829.195 € 1,9%
- davon Transferaufwendungen an Badisches Staatstheater (inkl. Zinsaufwand für Kulissenlager) 20.228.180 46,1% 20.581.051 € 46,7%
- davon Transferaufwendungen an ZKM 7.575.400 € 17,3% 7.666.700 € 17,4%
- davon Transferaufwendungen an weitere kulturelle Institutionen und kulturelle Projekte 5.401.857 € 12,3% 5.014.586 € 11,4%
Ordentliche Erträge 2.129.017 € 2.183.840 €
5
Aufgaben allgemein und Schwerpunkte 2012
1. Kulturförderung und Beratung Das Kulturbüro ist die zentrale Förder- und Bera- tungsstelle für institutionelle und freie Kulturak- teure in der Stadt. Dazu gehören u.a. die admi- nistrative, projektbezogene sowie institutionelle Mittelabwicklung, die Beratung u.a. hinsichtlich Räumen, Projektpartnern, Fördermöglichkeiten, Drittmittelerschließung, Infrastruktur, Vernet- zung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Pres- se. Die Förderungen werden in der Regel durch den Haushalt, politische Entscheidungen und ge- sellschaftliche Entwicklungen bestimmt. Die Kul- turförderung umfasst die Prüfung/Bearbeitung von institutionellen und projektbezogenen För- deranträgen und die Begleitung und Betreuung von Projekten der geförderten Einrichtungen. Außerdem sind die Evaluierung und Auswertung der Ergebnisse, die Belegprüfung und Abrech- nung sowie Kontrolle der Mittelverwendung inbegriffen. Dazu kommen in erheblichem Maße die Betreuung baulicher Sanierungs-, Umbau- und Infrastrukturerhaltungsmaßnahmen.
Schwerpunkte 2012: Begleitung der Sanierung des Badischen Staats- theaters und der Gebäudetechnik des ZKM; Eröffnung der Beratungsstelle für Kultur- und Kreativwirtschaft K3 (gemeinsam mit der Wirt- schaftsförderung); Weiterentwicklung der Richtli- nien für Kunst im öffentlichen Raum (im Rahmen des Kulturkonzeptes).
2. Veranstaltungen Eigene Veranstaltungen des Kulturbüros werden in der Regel in Kooperation mit anderen Kultur- akteuren durchgeführt und tragen zum Kultur- profil der Stadt Karlsruhe nach innen und außen bei. Außerdem begleitet und unterstützt das Kulturbüro Veranstaltungen der Kulturinstitutio- nen und Kulturakteure und tritt als Partner von Veranstaltungen auf.
Kulturbüro
Schwerpunkte 2012: Europäische Kulturtage „Musik baut Europa – Wolfgang Rihm“, Kinderliteraturtage, Vorbe- reitung KiX-JuX, Reinhold-Frank-Gedächtnisvor- lesung, Rathaus-Konzerte sowie zahlreiche Ko- operationsveranstaltungen (z.B. Schwein gehabt, BEYOND, Baden-Württembergische Literaturta- ge), Städtepartnerschaftsjubiläen Halle, Temes- war, Krasnodar, Ausschreibungen Künstlermesse.
3. Konzepte Planung, Entwicklung und Umsetzung von Kon- zepten im Auftrag des Gemeinderats oder des Oberbürgermeisters bzw. Bürgermeisters
Schwerpunkte 2012: Kulturkonzept, Teilnahme an Konzeptentwick- lung für das Gründerzentrum perfekt futur, Ab- schluss der internen Organisationsentwicklung des Kulturbüros
4. (Interne) Dienstleistungen Das Kulturbüro ist neben der externen Dienst- leistung im Bereich der Kulturförderung auch interner „Dienstleister“. Hier werden hauptsäch- lich für den Oberbürgermeister, die Dezernate und die Amtsleitung Reden, Stellungnahmen und Antwortschreiben verfasst. Außerdem ist das Kulturbüro die Koordinationsstelle für ver- schiedene Gremien wie: Stiftungsrat ZKM, Ver- waltungsrat Badisches Staatstheater Karlsruhe, Stiftungsrat Centre Culturel Franco-Allemand, Kulturausschuss, Kunstkommission, Forum für Kunst, Recht und Technik (seit 2012).
6
Schwerpunkte und Tätigkeiten 2012
2. Veranstaltungen und Projekte Thema als Träger
Kooperation mit anderen
als Koopera- tionspartner/ Förderer
21. Europäische Kulturtage Karlsruhe 2012 „Musik baut Europa – Wolfgang Rihm“
ja ja
12. Frauenperspektiven 2013 (Vorbereitung)
mit vhs ja
3. KiX-Jux 2013 (Vorbereitung) ja ja
Kulturstand auf dem Weih- nachtsmarkt (Unterstützung der KMK bei der Koordination)
ja ja
Neuauflage Flyer „Museen in Karlsruhe“
ja
Offerta, Beteiligung am Kultur- stand
ja
AG „Werbung im öff. Raum“ Mitwirkung bei der Neuaus- schreibung Werbeverträge
ja
Internationale und interkultu- relle Projekte, z.B. „Deutsch- Französische Wochen“, Forum Culturel in Straßburg, Projekte dt.-ausl. Gesellschaften und ausl. Kulturvereine
teilweise ja ja
„Islamforum“, „Woche der Brü- derlichkeit“ etc.
ja
1. Kulturförderung und Beratung mit Bewilligung
Bewilligungsbescheide, Prüfungen der Ver- wendung, Belegprüfungen institutioneller und projektbezogener Förderungen
Beratungsgespräche mit Bewilligung und Verwendungsnach- weis (pro Bewilli- gung min. 2 Termi- ne)
Anzahl 729 ca. 1400 (davon ca. 50 Gespräche im K3- Büro)
Zielgruppe Institutionelle Förderungen und Projektförde- rung, Mietkostenzuschüsse, Förderungen im Rahmen von Veranstaltungen, staatliche und freie Institutionen, einzelne Kulturakteure, Unternehmen der Kultur- und Kreativwirt- schaft (K3-Büro)
Kulturbüro
7
Begleitung Umzug CCFA
Städtepartnerschaftsprojekte mit Nancy, Nottingham, Halle, Temeswar, Krasnodar sowie neu: Rijeka
teilweise ja ja ja
Festivals in den Kulturzentren: “Zeltival” “Int. Tanzfestival”, 5 Jahre KOHI, „PLATZDA“ Stra- ßentheaterfestival (Gutenberg- platz) etc.
ja
Filmfestivals, z. B. “Stummfilm- tage”, “Independent Days”
ja
Projekte an ZKM u. HfG, z.B. „Beyond 3D-Symposium“, “Wis- senschaftsjahr”
ja
Projekte auf dem Kreativpark Alter Schlachthof, z.B. Kunst- und Kulturnacht „Schwein gehabt“, „Lametta“, Projekte in der Fleischmarkthalle etc.
ja
Jubiläum Stattreisen ja
ARD Hörspieltage ja
ARD / 7. Kinderhörspielpreis der Stadt
ja ja
Baden-Württembergische Lite- raturtage 2012: Vorbereitung
ja ja
30. Karlsruher Bücherschau 2012
ja ja
Hermann-Hesse-Literaturpreis Karlsruhe
ja
Jakobustheater, Jubiläum ja
JuLi-Schreibwettbewerb, Aus- schreibung
ja ja
5. Karlsruher KinderLiteratur- tage
ja ja
7. Karlsruher Krimitage 2013, Vorbereitung
ja ja
Karlsruher Lange Lesenacht ja
Karlsruher Literaturtage 2013, Vorbereitung
ja
Karlsruher Theaternacht 2013, Vorbereitung
ja
Kulturbüro
8
Vorbereitung zum 33. Karpa- tendeutschen Bundestreffen 2013
ja
Karpatendeutsches Kulturwerk Symposion „Deutschsprachiges Pressewesen im Donauraum“
ja
marottinale ja
Kultur und Schule: Ausschrei- bung, Jurierung, Betreuung, Evaluierung, neu: Internet
ja
13. Reinhold -Frank- Gedächtnisvorlesung 2012
ja ja
Tag der Heimat ja
26. Schultheaterwoche im Sandkorntheater
ja
Kulturfrühstück Durchführung
ja
Bürgerempfang des OB ja
KAMUNA ja
Leerflächenmanagement Vermittlung, Betreuung, Förderung
ja
Kulturstipendium ja
21. Karlsruher Künstlermesse, Vorbereitung, Ausschreibung
ja
21. Karlsruher Künstlermesse, Plakatwettbewerb, Vorberei- tung, Ausschreibung
ja
Orgelfabrik, Ausstellungen: Ausschreibung, Jurierung des Wettbewerbes, Terminierung/ Betreuung der Ausstellungen
ja
Orgelfabrik: Öffentlichkeits- arbeit
ja
Orgelfabrik: Koordinierung der Aktivitäten aller Nutzer des Kulturzentrums
ja ja
Veranstaltungsbezogene Miet- kostenzuschüsse, Bewilligung und Prüfung der Verwendungs- nachweise
ja
Vereinsmusikpflege: Allgemein- zuschüsse, Mietzuschüsse, Erb- bauzinsen, Sonderzuschüsse
ja
Art in Karlsruhe zur art Karlsru- he, Flyer; art Nacht Karlsruhe
ja
UND#7, 2012: Begleitung ja
Kulturbüro
9
Ateliers hinterm Hauptbahnhof ja ja
Betreuung und Vergabe der städtischen Ateliers, Mietkos- tenzuschüsse bei städtischen Ateliers, Vermittlung von priva- ten Atelierräumen
ja
Kunst am Bau, Auswahl von Künstlern für Wettbewerbe
ja ja
Platz der Grundrechte, Betreu- ung/Pflege
ja
Grötzinger Musiktage, Grötzinger Kunsttage
ja
Konzertreihe „Musik im Rathaus“ ja
3. Konzepte, Mitar- beit und Umsetzung
Thema
Kulturkonzeption (Organisation)
Interne Organisationsentwicklung Kulturbüro
Onlinekampagne „www-kultur-in-karlsruhe.de“
Veranstaltungen zu 50 Jahre Elysée-Vertrag – Vorbereitung
Weiterentwicklung Kreativpark Alter Schlachthof: Konzipierung und Bewerberaus- wahl Kreativgründungszentrum „Perfekt Futur“, Design am Oberrhein Stipendium, Konzept Atelierhaus, Ansiedlung neuer Nutzer etc.
Eröffnung K3 Kultur- und Kreativwirtschaftsbüro in Kooperation mit der Wirt- schaftsförderung
Baukorridor für gebäudetechnische Anlagen ZKM in Koop. mit ZKM, HGW, Land
Mittelfristiges Sanierungskonzept Kulturzentrum Tempel in Koop. mit Tempel u. SPC
Kulturzentrum Orgelfabrik; Entwicklung Sanierungskonzeption in Koop. mit Stadt- amt Durlach, HGW u. Nutzern
Studie Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche in Karlsruhe
Kulturlotsen/Badisches Staatstheater
Kooperation PH
21. Karlsruher Künstlermesse 2013, neue Konzeption
Kunst im öffentlichen Raum
Kulturstipendium
Atelierhaus Schlachthof mit Fächer GmbH
ZeitGenuss – Karlsruher Festival für Musik unserer Zeit, Konzeption
ORGANISATION Orgelprojekt zum Stadtjubiläum
Betreuung diverser Projekte zum Stadtjubiläum
Kulturbüro
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4. Interne Dienstleistungen
Aufträge für Reden, Antwort- entwürfe und Stellungnahmen vom Oberbürgermeister, Dezer- naten und Amtsleitung
Sitz bzw. städtische Verortung zahlreicher Stellen zur Koordination (Vorbereitung, Nachbereitung, sonstige Vorgän- ge) ohne vorbereitende Arbeitssitzungen
Anzahl ca. 280 (BTBs plus Aufträge ohne Eintrag in das BTB. Ten- denz weiterhin steigend)
ca. 50 Sitzungstermine (insbesondere GR-Gremi- en, Stiftungs- und Aufsichtsräte)
Was Kulturausschuss Kuratorium EKT AKÖ/Kulturkreis AG Werbung im öff. Raum ECCAR Kunstkommission Stiftungsrat ZKM Verwaltungsrat BST Stiftungsrat CCFA AG Kultur TRK PopNetz Schule und Kultur KAMUNA Forum für Kultur, Recht und Technik AG Stadt der jungen Forscher Leerflächenmanagement Kulturring ausgeschlachtet e.V. Mechthild-Mayer-Stiftung Karpatendeutsches Kulturwerk Gesprächskreis Innovation und Kreativwirtschaft Europa AG Round Table Kulturelle Bildung AG Städtepartnerschaft Trinationale Metropolregion Oberrhein Lenkungsgruppe Studentenstadt AG interne Öffentlichkeitsarbeit AG Spektrum
Haushalt 2011 Institutionelle Förderung Projektförderung Sachaufwendungen
Gesamt 31.884.501 Euro 1.202.578 Euro 690.524 Euro
5. Fortbildung und Ausbildung Anzahl Was
4 Praktika
1 GBJ
6 Seminare u. Vortragsveranstaltungen K3-Büro (z.B. „Gründen in 48 Stunden“, Vortrag Sascha Lobo, Vorträge Internet- und Urheberrecht)
Kulturbüro
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Stadtbibliothek
Die Förderung der Lese- und Informations- kompetenz sowie Bildungspartnerschaften mit Kindergärten und Schulen gehören seit langem zu den Kernaufgaben der öffentlichen Bibliothe- ken. Hinsichtlich ihrer Aufgabenerfüllung kann die Stadtbibliothek mit ihren 9 Einrichtungen abermals auf ein erfolgreiches Jahr zurückbli- cken. Auch 2012 ist eine konstant hohe Nach- frage nach Lern- und anderen Informations- mitteln zu verzeichnen.
Die Zahl der Entleiher und die Zahl der neu ein- geschriebenen Leser war 2012 steigend, ebenso wie die Medienausleihe. Bemerkenswert ist hier- bei die abermals steigende Nachfrage nach vir- tuellen Service-Angeboten. Nicht zuletzt durch die wachsende Verbreitung von E-Readern und anderen elektronischen Informationsmitteln in der Bevölkerung steigt die Nachfrage nach dem virtuellen Medienbestand der Bibliothek ständig an. Die Kunden machen immer mehr Gebrauch davon, dass sie den virtuellen Bibliotheksservice von zu Hause aus oder an jedem beliebigen Ort nutzen können.
Aber die Bibliothek erwies sich mit weit über einer halben Million Besuchern auch 2012 als geschätzter Aufenthaltsort und Treffpunkt. Mit zahlreichen bibliotheksbezogenen Einführungen und Workshops in allen Einrichtungen erwiesen sich die Bibliotheken als gefragte Lernorte für Schüler und für die individuelle außerschulische Fort- und Weiterbildung.
Einen wichtigen Beitrag zur sinnvollen Freizeit- gestaltung konnte die Bibliothek mit ihrem vielfältigen (kulturellen) Veranstaltungsangebot für Kinder und Erwachsene sowie mit dem sich ständig erneuernden Medienangebot leisten.
1. Ausleihe aller Medien Die Medienausleihe im gesamten Bibliotheks- system bewegt sich weiterhin auf sehr hohem Niveau. Das Ergebnis konnte gegenüber dem Vorjahr noch etwas gesteigert werden und über- steigt zum vierten Mal seit 2009 1,6 Millionen Entleihungen.
2011 2012
Medienausleihe 1.640.508 1.645.195
Einen sehr starken Zuwachs verzeichnete hier- bei die Ausleihe der virtuellen Medien (Onlei- he), während bei den physischen Medien die Buchausleihe (Schöne Literatur, Sachliteratur, Kinder- und Jugendliteratur) leicht zurückgegan- gen ist (minus 1,8 %).
Kinder- und Jugendliteratur: Trotz steigender Nutzung elektronischer Medien in allen Altersgruppen erfreuen sich Kinder- und Jugendbücher weiterhin großer Beliebtheit. Nach wie vor erzielte der Bereich der Kinder- und Jugendliteratur noch vor den Sachbüchern die höchste Ausleihe aller Mediengruppen (395.059 Bücher, minus 1,7%).
2011 2012
Kinder- und Jugendbücher 401.959 395.059
Dieser leichte Rückgang bei der Ausleihe ist auf die außerordentliche Schließungszeit bei der Kinder- und Jugendbibliothek zurückzuführen, die im September 2012 wegen Renovierungs- arbeiten eine Woche lang geschlossen bleiben musste. Mit den zentralen Einrichtungen, den Stadtteilbibliotheken und dem Medienbus sind die gute Erreichbarkeit und die Medienauslei- he im gesamten Stadtgebiet auch für weniger mobile Menschen und Kinder gewährleistet, was vor allem im Hinblick auf die Förderung von Lesekompetenz schon im Kindesalter von großer Bedeutung ist.
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2. Medienbestand Der Bestand an Medien hat sich im Vergleich zu 2011 leicht erhöht. Insgesamt konnten im Be- richtsjahr 32.013 Medien neu angeschafft wer- den (2011: 29.186), während 30.900 Medien ausgesondert wurden, weil sie veraltet oder ver- schlissen waren. Somit standen 2012 300.348 Medien für die Ausleihe zur Verfügung (2011: 297.394). Folglich beträgt die Erneuerungs- quote des Medienbestandes für das Berichtsjahr 10,66 % (2011: 9,81%).
2011 2012
Medienzugang 29.186 32.013
Medienabgang 37.023 30.900
Erneuerungs- quote %
9,81 10.66
Bestand 297.394 300.348
3. Besucher und Besucherinnen Die Zahl der Bibliotheksbesucher ist im Berichts- jahr mit 548.928 im Vergleich zu 2011 leicht gesunken (minus 1,2 %), was damit zusammen- hängt, dass zahlreiche Kunden Medienausleihe (Onleihe) und andere Dienstleistungen wie Vor- bestellungen oder Verlängerungen von zu Hause aus erledigen. Die Zahl der virtuellen Besuche (das sind die Zugriffe auf die unterschiedlichen Funktionen, die über die Bibliothekshomepage und über den elektronischen Katalog in An- spruch genommen werden können) betrug 272.645 im Jahr 2012. Die virtuellen Besuche werden im Auftrag des Deutschen Bibliotheks- verbands zentral für alle Bibliotheken erhoben. Da sich hierbei das Zählverfahren geändert hat, sind keine Vergleiche mit den Vorjahren möglich.
2011 2012
Reale Besuche 555.706 548.928
Virtuelle
Besuche
nicht ermittelt 272.645
Besuche gesamt 821.573
Die Anzahl der Personen, die im Berichtsjahr Medien entliehen haben, ist um ca. 2 Prozent gestiegen, während die Zahl jener Kunden, die sich neu als Leser eingeschrieben haben, um mehr als 10 Prozent höher lag als 2011.
2011 2012
Entleiher 26.766 27.319
Neue Leser 4.838 5.325
Besuche gesamt 821.573
4. Die virtuelle Bibliothek Die Ausleihe elektronischer Medien (Onleihe) boomt in Karlsruhe. Mit 33.462 Entleihungen hat sich die E-Ausleihe im Vergleich zum Vorjahr (17.294 Entleihungen) fast verdoppelt. Seit 2009 bietet die Stadtbibliothek ihren Kunden die Möglichkeit der E-Ausleihe, deren Angebot sich von E-Büchern über Zeitungen, Zeitschriften, Video- und Audiomedien bis zu E-Musik er- streckt. Der virtuelle Medienbestand ist mittler- weile auf 6.434 Medien angewachsen. Wegen der großen Nachfrage wird die Bibliothek 2013 den Anschaffungsetat für die E-Medien von ca. 20.000 auf mehr als 40.00 Euro erhöhen. Auch andere digitale Dienstleistungen wurden im Berichtszeitraum neu eingeführt oder op- timiert. So bietet die Stadtbibliothek über ihre Homepage den Zugang zu diversen Online-Da- tenbanken. Im Presseportal besteht die Möglich- keit der Recherche nach Artikeln aus der Tages- und Wochenpresse Deutschlands. Über weitere virtuelle Nachschlagewerke kön- nen Fakten und Informationen über Personen und zu den unterschiedlichsten Sachthemen abgerufen werden. So bietet das „Internationale Biographische Archiv“ ca. 28.000 Biographi- en zu bedeutenden Personen des 20. und 21. Jahrhunderts. Über 1.400 Biographien erschei- nen jährlich in der Datenbank, die wöchentlich erweitert und aktualisiert wird. Im „Internatio- nalen Pop-Archiv“ ist die Suche nach Musikern möglich, außerdem werden die wichtigsten Musikstile und Fachbegriffe erklärt.
Stadtbibliothek
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Das „Länder-Archiv“ bietet einen umfassenden Blick auf die wichtigsten Daten und Fakten aller Staaten, während die „Munzinger Chronik“ die Ereignisse der Welt dokumentiert und die Er- stellung von Länderchroniken und thematischen Übersichten ermöglicht. Die Bibliothek leistet damit einen Beitrag, möglichst alle verfügbaren Informationen möglichst allen Bürgerinnen und Bürgern frei zugänglich zu machen. Ein sozialer und bürgernaher Service muss auch für jene erreichbar sein, für die ein Besuch in der Biblio- thek nicht möglich ist.
5. Teaching Library Wie in den vorangegangenen Jahren fand das Angebot an Bibliothekseinführungen und -seminaren für Schulklassen, Kindergärten und andere Einrichtungen regen Zuspruch. Zwar sank die Zahl der Einführungen in die Biblio- theksbenutzung für Schulklassen und andere Gruppen auf 229 (2011: 274). Andererseits erweiterte die Bibliothek das Angebot an Se- minaren zur Vermittlung von Informationskom- petenz, indem sie Workshops zur Nutzung der E-Learning-Kurse sowie der virtuellen Auslei- he einführte. In kleinen, effektiv arbeitenden Lerngruppen kann nunmehr Hilfestellung bei der ständig steigenden Nutzung von E-Readern und anderen elektronischen Medien geleistet werden. Reger Gebrauch wurde von Schülern, Studierenden und anderen Lernenden von Multimedia-Arbeitsstationen im E-Lernstudio gemacht.
Stadtbibliothek
6. Veranstaltungen Neben den Bibliotheksseminaren gab es ins- gesamt 156 Veranstaltungen zur Leseförde- rung und Medienpädagogik für Kinder (2011: 144) sowie 44 für Erwachsene (2011: 40). Das freundliche Sommerwetter lockte 2012 zahlrei- che Kinder und Jugendliche in die Freibäder, so dass die Lektüre- und Veranstaltungsangebote in den Freibadbibliotheken Rüppurr und Rap- penwört großen Zuspruch erhielten. Im Bereich der Erwachsenenveranstaltungen lockte erneut der Durlacher Lesesommer zahlreiche Besucher an, ebenso wie die Veranstaltungen, die im Rahmen der KAMUNA im Neuen Ständehaus stattfanden. Zahlreiche Veranstaltungen fanden wieder in bewährter Partnerschaft mit anderen Kultur- und Bildungseinrichtungen statt wie zum Beispiel die Vorträge und Seminare zu „Blickkontakt – Frau und Beruf“, die in Zusam- menarbeit mit der Kontaktstelle Frau und Beruf im Neuen Ständehaus durchgeführt wurden. Zudem beteiligte sich die Stadtbibliothek an den Baden-Württembergischen Literaturtagen.
7. Bibliotheken in den Stadtteilen In den Stadtteil- und Sonderbibliotheken (Medi- enbus, Amerikanische Bibliothek) sind Nutzung und Medienausleihe im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen bzw. auf ähnlich hohem Niveau wie 2011. So kann die Waldstadt-Bibliothek mit 133.902 Entleihungen (2011: 129.396) ihr bes- tes Ergebnis seit Bestehen der Bibliothek vorwei- sen. Auch der Medienbus konnte kräftig zule- gen und konnte 81.898 Entleihungen (2011: 77.323) verbuchen. Hier wirkt sich die verstärkte Zusammenarbeit mit den Schulen in den einzel- nen Stadtteilen positiv aus. Auch in der Stadt- teilen Grötzingen und Neureut verzeichnen die Bibliotheken Zuwächse bei den Entleihungen und Neuanmeldungen. In der Stadtteilbiblio- thek Mühlburg stagniert die Ausleihe bei einem leichten Minus im Vergleich zum Vorjahr (2012: 57.031 Entleihungen, 2011: 57.823).
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Stadtbibliothek
In der Durlacher Stadtteilbibliothek ist die Me- dienausleihe von 116.219 (2011) auf 112.191 (2012) gesunken, was vor allem an der schwie- rigen personellen Situation Ende 2011 / Anfang 2012 und den damit verbundenen Schließtagen zu tun hat. Nach der Sommerschließung 2012 sind die Ausleihzahlen dann wieder gestiegen. Positive Zahlen gibt es auch in Durlach bei den Entleihern (2.125 gegenüber 2.017 im Vorjahr) und bei den Neuanmeldungen (2012: 519, 2011: 309).
Die Amerikanische Bibliothek bewegt sich auf ähnlich hohem Niveau wie im Vorjahr, bei einer leichten Steigerung der Ausleihzahlen (2012: 62.558 Medien, 2011: 62.242). Der englisch- sprachige Bestand an Büchern und anderen Medien ist inzwischen auf ca. 36.000 Einheiten angewachsen. Zahlreiche Menschen aus den un- terschiedlichsten Herkunftsländern nutzen den englischsprachigen Medienbestand ebenso wie alle Bürgerinnen und Bürger, die Informationen über die USA oder einfach Lektüre in englischer Sprache suchen.
Auch die anderen Bibliotheken leisten mit ihrem Angebot an Lernmitteln zum Sprachenerwerb und mit den fremdsprachigen Medienbestän- den einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Chancengleichheit und zur Integration von Men- schen aus anderen Sprach- und Kulturkreisen. In der Kinder- und Jugendbibliothek im Prinz- Max-Palais stehen hierfür ca. 3.000 Kinder- bücher in Englisch, Französisch, Türkisch und anderen Fremdsprachen zur Verfügung. Die Zentrale im Neuen Ständehaus bietet mehr als 7.000 Bücher und Hörbücher in englischer, französischer, russischer, türkischer, spanischer, italienischer und arabischer Sprache an.
Im Lesecafé der Zentralbibliothek stehen neben dem umfangreichen Zeitschriftenangebot rund 40 Tages- und Wochenblätter zur Lektüre bereit, darunter Zeitungen aus Frankreich (Le Monde, Le Figaro, Dernières Nouvelles d‘Alsace), Groß- britannien (The Daily Telegraph, The Guardian), Österreich (Die Presse), Spanien (El Pais), Italien (Corriere della Sera), der Türkei (Hürriyet) und der Schweiz (Neue Zürcher Zeitung, Die Weltwoche).
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Stadtbibliothek
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Stadtbibliothek
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Stadtbibliothek
Entwicklung der Medienausleihe im Gesamtsystem der Stadtbibliothek Karlsruhe von 1993 bis 2012
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Stadtarchiv & Historische Museen
Stadtarchiv und Historische Museen sind als das historische Gedächtnis der Stadt zustän- dig für die stadthistorische Arbeit. Auch 2012 führten Stadtarchiv, Pfinzgaumuseum, Stadtmu- seum und Erinnerungsstätte Ständehaus an die Stadtgeschichte heran und leisteten so einen Beitrag zur persönlichen Identitätsbildung und zur Schaffung eines historischen Bewusstseins der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Für das Stadtarchiv war das Jahr 2012 kein reguläres Betriebsjahr, da im April die Baustelle zur Aufstockung des Gebäudes eingerichtet wurde. Trotz der mit den Bauarbeiten verbun- denen Beeinträchtigungen sowohl der archivin- ternen Arbeit als auch der Besucherinnen und Besucher im Lesesaal konnte der Benutzerservice weitgehend aufrechterhalten werden. Auch die sonstigen regulären Arbeiten liefen weitge- hend im gewohnten Maße ab, und es konnte z. B. die Zahl der verzeichneten erschlossenen Archivalien erneut gesteigert werden. Die 2011 begonnene Intensivierung der Restaurierung besonders gefährdeter Archivalien in der zum Kulturamt gehörenden Buchbinderei führte zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl der restau- rierten Archivalien. Begonnen wurde ein von der Koordinierungsstelle zur Erhaltung des schriftli- chen Kulturguts finanziell unterstütztes Restau- rierungsprojekt. Stadtarchiv und Bauordnungsamt haben eine ar- chitektur- und baugeschichtliche Überlieferung. In Abstimmung mit der unteren Denkmalschutz- behörde und dem Bauordnungsamt werden die Bauakten denkmalgeschützter Bauwerke und anderer architektonisch oder stadtgeschichtlich herausragender Gebäude restauriert und digita- lisiert. Die intensivere Beschäftigung mit der Baugeschichte und der Erhalt baugeschichtlicher Unterlagen war auch eine Anregung in den Workshops zur Kulturkonzeption der Stadt. Die Rettung dieses Teils des kulturellen Erbes der Stadt wird neben der Entsäuerung gefährdeter Bestände und der Digitalisierung häufig genutz- ter Bestände einen weiteren Schwerpunkt im
Aufgabenbereich „Bestandserhaltung“ bilden. Veröffentlicht wurde der Band 12 der Reihe „Forschungen und Quellen“ von Isabelle Du- pont über den Stadtplaner Carl Peter Pflästerer. Die Reihe „Karlsruher Köpfe“ wurde mit dem ersten Band von Katja Förster über Josef Durm eröffnet. In der Reihe „Streifzüge durch die Orts- geschichte“ erschienen zwei Bände über das Dörfle (Altstadt) und Hohenwettersbach. Außer- halb der Reihen wurde von Ferdinand Leikam „Stadt, Land, Plan. Durlach und Umgebung in historischen Karten und Plänen“ und in Koope- ration mit dem Marktamt anlässlich von 100 Jahre Mess auf dem Messplatz an der Durlacher Allee „Die Karlsruher Mess“ herausgegeben. Im Stadtarchiv wurde wegen der Baustellen- situation nur die Horst-Schlesiger-Ausstellung „Vor 50 Jahren ...“ neu gezeigt. Im Rahmen der städtischen Erinnerungsarbeit konnten 26 neue Biographien in das Gedenkbuch für die ermor- deten Karlsruher Juden eingelegt werden.
Die Besucherzahlen des Stadtmuseums gin- gen gegenüber dem Vorjahr zurück, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Sonderausstel- lungsräume dem Stadtmuseum für mehr als ein halbes Jahr nicht zur Verfügung standen. Im Berichtsjahr wurde noch bis zum 26. Februar die Ausstellung „Carl Benz und Carlsruhe“ gezeigt, die beim Publikum mit Führungen und Vorträ- gen sehr gute Resonanz fand. Highlight war noch einmal ein Interview von Carl und Bertha Benz, die von Schauspielern verkörpert wur- den. Knapp 1.000 Besucherinnen und Besucher
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Stadtarchiv & Historische Museen
waren bis Ende Februar 2012 zu verzeichnen. Insgesamt besuchten 7.206 Personen die Aus- stellung, die damit eine der erfolgreichsten der letzten Jahre war. Mit über 10.500 Besuchern war die Dauerausstellung noch einmal deutlich besser besucht als 2011. Dazu haben auch die neuen digitalen Säulen der Stadtgeschichte beigetragen, die am 10. März mit einem Workshop der Öffentlichkeit vorge- stellt wurden. An der Besucherumfrage zur Neu- konzeption des Stadtmuseums beteiligten sich seit dem 10. März 2012 zahlreiche Bürgerinnen und Bürger. Anhand von Fragebogenkärtchen, die wie die Säulen in fünf Kategorien (Migration und Internationalität, Kultur und Innovation, Energie und Mobilität, Planen und Bauen, sowie Menschenrechte und Demokratie) gegliedert waren, konnten sie ihre Ideen und Vorstellungen einbringen sowie neue Themen vorschlagen, die in die Neukonzeption mit einfließen sollen. Zu- dem führte die vhs Karlsruhe Integrationskurse im Stadtmuseum durch, bei denen Besucher mit Migrationshintergrund an die Stadtgeschichte herangeführt und nach ihrer Meinung zu den dargestellten Inhalten befragt wurden. Am 14. September wurde die Ausstellung „Das Dörfle. Altstadt Karlsruhe“ eröffnet. Zu den Be- sonderheiten der Ausstellung gehörten attrakti- ve Medienstationen sowie die Präsentation von Kunstwerken zur Geschichte des Dörfle und der Altstadtsanierung. Buch, Ausstellung und Be- gleitprogramm fanden von Anfang an eine gute Resonanz beim Publikum und in den Medien. Die Hans-Thoma-Schule beteiligte sich mit einer kleinen Kabinettausstellung zum Dörfle, die vom 6. Dezember 2012 bis 6. Januar 2013 in den Räumen der Dauerausstellung gezeigt wurde.
Das Pfinzgaumuseum hatte 2012 insgesamt 9.425 Besucher und lag damit nur geringfügig unter der Besucherzahl des Vorjahres. Nach dem Weggang der langjährigen Museumsleiterin Dr. Anke Mührenberg zum 31. Oktober musste die Wiederbesetzungssperre verkraftet werden, was nur deshalb relativ reibungslos gelang, weil der
im Pfinzgaumuseum tätige Volontär Dr. Ferdi- nand Leikam schon auf eine eineinhalbjährige Tätigkeit in dem Museum aufbauen und die von ihm mitkonzipierte Ausstellung „750 Jahre Ho- henwettersbach“ und das laufende Programm erfolgreich betreuen konnte. Als Sonderaus- stellungen wurden bis 4. März die schon 2011 begonnene Stadtteilausstellung Wolfartsweier, die Stadtteilausstellung Hohenwettersbach sowie die inzwischen zum festen Programm des Pfinzgaumuseums gehörende Modelleisenbahn- ausstellung im Dezember gezeigt. In der Sonder- ausstellung „Stadt. Land. Plan“ wurden 24 vom Verein „Die Orgelfabrik – Kultur in Durlach e. V.“ geschenkte historische Karten und Pläne ge- zeigt, die das Stadtarchiv restaurieren und digi- talisieren ließ. Das Pfinzgaumuseum konnte den hohen Standard der letzten Jahre halten, der Zuspruch nicht nur der Durlacher Bevölkerung ist nach wie vor groß. Die erreichten Zahlen sind angesichts der regulären Öffnungszeiten nur am Wochenende und der vorhanden Ressourcen nach wie vor bemerkenswert gut.
Die Erinnerungsstätte Ständehaus hat 2012 wieder eine zentrale Rolle in der städtischen Erinne- rungskultur gespielt, neben der Gedenkveranstal- tung für die Opfer des Nationalsozialismus sei hier die Ausstellung zu Raoul Wallenberg genannt. Eine Sonderausstellung von Schülern und Schülerinnen der Tulla-Realschule beschäftigte sich mit Karlsruher Denkmälern. In der Dauerausstellung konnte eine neue Abteilung zur Baugeschichte des Stände- hauses im Erdgeschoss eingerichtet werden, im 1. UG findet sich nun das technisch und gestalterisch überarbeitete Infosystem Ständehaus. Insgesamt zählte die Erinnerungsstätte 2012 ca. 6000 Besu- cher und Besucherinnen.
Darüber hinaus beteiligten sich die Häuser von Stadtarchiv & Historische Museen erfolgreich am Internationalen Museumstag, an der Karlsruher Museumsnacht (KAMUNA), am Tag des offenen Denkmals und anderen kulturellen Veranstaltungen der Stadt.
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Stadtarchiv & Historische Museen
Stadtarchiv Stadtmuseum Pfinzgau- museum
Erinnerungs- stätte
Ständehaus
Gesamt
Ausstellungen 2 (5)
2 (4)
4 (4)
2 (3)
10 (16)
Besucher (Benutzer, Besucher Dauer- und Wechselausstellung)
3.121 (7127)
14064 (18.496)
9425 (9.587)
6.001 (6.467)
32.611 (41.677)
Restaurierte Archivalien/Objekte 432 (162)
432
(162)
Digitalisierte Archivalien 142.986 (49.923)
142.986
(49.923)
Erschlossene Archivalien/ Inventarisierte Objekte
30.914 (21.398)
121 (42)
939 (36)
31.974 (21.476)
Publikationen 5 (7)
5 (7)
Statistische Angaben 2012 (in Klammern 2011)
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Städtische Galerie
Das Jahr 2012 war ein überaus erfolgreiches Jahr für die Städtische Galerie Karlsruhe. Im spannungsreichen Wechsel zeigte sie mehrere Ausstellungen sowohl zur aktuellen Kunst wie auch zur Malerei um 1900, die auf lebhaftes Pu- blikumsinteresse stießen. Im Bereich der Kunst- vermittlung konnten mit der Realisierung des „Museumskoffers“ und des Audioguides „Nah und fern – fremd und vertraut“ neue Wege der Museumspädagogik beschritten werden. Sehr erfreulich ist außerdem der enorme Zuwachs an gebuchten Kinderkursen.
Sonderausstellungen Bis Mitte Februar war die Ausstellung „Kunst- Stoff. Textilien in der Kunst“ zu sehen. Sie machte auf eindrückliche Weise deutlich, dass gerade in der zeitgenössischen Kunst vielschich- tige Anregungen von textilen Materialien aus- gehen. International renommierte Künstlerinnen und Künstler wie Louise Bourgeois, Tracey Emin, Martin Kippenberger, Sigmar Polke oder Rose- marie Trockel waren ebenso vertreten wie junge, aktuelle Positionen. Im Anschluss zeigte die Galerie im Rahmen der Europäischen Kulturtage 2012, die unter dem Motto „Musik baut Europa“ dem Komponisten Wolfgang Rihm gewidmet waren, von Mitte März bis Mitte Juni die Ausstellung „Zeitge- genstände – Wolfgang Rihm“. Im Mittelpunkt dieser Ausstellung standen bildende Künstler, die für das Werk des Komponisten eine heraus- ragende Rolle spielen. Arbeiten des Franzosen Antonin Artaud und des Schweizers Adolf Wölfli waren ebenso zu sehen wie Werke des öster- reichischen Malers Kurt Kocherscheid oder von Markus Lüpertz, Georg Baselitz und Per Kirkeby. Eine Konzertreihe mit Werken von Wolfgang Rihm und anderen Komponisten bildete dabei einen besonderen Höhepunkt. Die Sommerausstellung 2012 war dem aktuellen Kunstschaffen der Meisterschüler und Meister- schülerinnen an der Kunstakademie Karlsruhe gewidmet. Unter dem Titel „Top 12“ gaben 28
Studierende einen umfangreichen Einblick in ihr aktuelles Schaffen. Die Vielgestaltigkeit ihrer Arbeiten zeigte eindrucksvoll die grenzenlosen Möglichkeiten auf, die der zeitgenössischen Kunst eigen sind. Im November begann die sehr erfolgreiche Aus- stellung „Natur und Poesie um 1900. Otto Modersohn, Paula Modersohn-Becker und Worpswede“. Im Mittelpunkt der etwa 150 Ex- ponate umfassenden Präsentation standen Ge- mälde und Zeichnungen von Otto Modersohn, einem bedeutenden Vertreter der Stimmungs- malerei um 1900, und von seiner Ehefrau Paula Modersohn-Becker, die damals wegbereitend für die Moderne in Deutschland wirkte.
Dauerausstellung und Neuerwerbung Die 2011 eingerichtete Dauerausstellung „Um- gehängt: Spektral – Diametral. Von Künst- lern und Künstlerinnen seit 1960“, die vor allem zahlreiche Werke von Künstlerinnen aus dem eigenen Bestand ins Zentrum des Interesses rückte, wurde im Juni durch „Umgehängt: Po- sitionen. Kunst von den 1970er Jahren bis heute“ ersetzt. Passend zur Sonderausstellung „TOP 12“ stand das Schaffen der Karlsruher Akademielehrer im Mittelpunkt der Präsentation. Als wichtigste Erwerbung des Jahres wurde im Herbst 2012 die dreiteilige Rauminstallation von Leni Hoffmann, Professorin an der Karlsruher Kunstakademie, in der Dauerausstellung reali- siert. Von herausragender Bedeutung ist außer- dem die großformatige Papierarbeit ihrer Kolle- gin Silvia Bächli, die der Galerie vom Förderkreis des Museums geschenkt wurde.
Veranstaltungen Lebhaften Zuspruch fanden nicht nur Großver- anstaltungen wie der alljährliche Tag der offe- nen Tür (6. Januar 2012, zusammen mit dem ZKM) und die Karlsruher Museumsnacht (4. August 2012), sondern auch zahlreiche Termine in der Reihe „Mittwochs um 6“, darunter Füh-
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Städtische Galerie
rungen, Künstler- und Zeitzeugengespräche. Zu mehreren Ausstellungen gab es Konzertabende und weitere themenbezogene Begleitveranstal- tungen.
Museumspädagogik, Vermittlung Die Vermittlungsarbeit und das museumspäd- agogische Angebot konnten 2012 erfolgreich weitergeführt und ausgebaut werden. Zu allen Ausstellungen wurde ein detailliertes Programm der Workshops für Kinder, Jugendliche und Schulklassen vorbereitet und gedruckt. Die jede Woche geöffnete Kinderwerkstatt am Sonntag (parallel zur Erwachsenenführung) hat sich fest etabliert und wird das ganze Jahr über – außer in den Sommerferien – angebo- ten. Wie in den Jahren zuvor laden wir bei jeder neuen Ausstellung zu Einführungsveranstal- tungen für Lehrerinnen und Lehrer sowie für Erzieherinnen und Erzieher ein. Sehr gute Resonanz fand weiterhin der JugendKunst- Klub, der jungen Menschen ab ca. 16 Jahren in einem monatlichen Turnus spannende Einblicke in die Museumsarbeit bietet. Neue Formen der Kunstvermittlung speziell für Kinder, Jugendliche und Familien wurden mit der Realisierung von zwei sog. „Museumskoffern“ erarbeitet, die dazu einladen, das Museum auf eigene Faust spielerisch zu erkunden und selbst aktiv zu werden. Überaus positive Resonanz fand auch der neue Audioguide „Nah und fern – fremd und vertraut“, der im Rahmen des Projekts „Kunst und Integration“ des Ministeriums
für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden- Württemberg entstand. Der akustische Begleiter zu ausgewählten Werken der Dauerausstellung wurde gemeinsam mit einer Realschulklasse mit 40 % Migrationsanteil vorbereitet. Ganz neue Wege ging die Galerie ebenfalls im Rahmen von „Kunst und Integration“ des Landes in ihrer Kooperation mit der vhs Karls- ruhe bei dem Projekt „Migrant/-innen lotsen Migrant/-innen“. Dies fand bei den Angespro- chenen so große Resonanz, dass es bereits verstetigt wurde.
Beratung, Auskünfte Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen der Galerie sind regelmäßig beteiligt an der Aus- wahl der Bewerberinnen und Bewerber für die Orgelfabrik und für die Künstlermesse. Hinzu kommen im Laufe des Jahres zahlreiche Anfra- gen von Kollegen und Kolleginnen aus anderen Museen, von Institutionen und von Privatleuten, die Auskünfte zu Kunstwerken, Künstlerinnen und Künstlern erbitten.
Leihverkehr Kunstwerke aus dem eigenen Bestand und aus der Sammlung Garnatz werden immer wieder für nationale und internationale Ausstellungen als Leihgaben erbeten. Aus der Sammlung Garnatz wurden Kunstwerke von A. R. Penck an die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, von Mar- lene Dumas an das Museum für moderne Kunst Bremen und Fotografien von Bernd und Hilla Be- cher an das Kunsthaus Kaufbeuren ausgeliehen. Weiterhin wurden u. a. die Städtischen Museen Heilbronn und die Kunsthalle Baden-Baden mit Immendorff-Leihgaben unterstützt, außerdem das Münchner Stadtmuseum mit Werken von Karl Hubbuch, die Städtische Galerie Delmen- horst mit einem umfangreichen Konvolut aus der Siegelschen Sammlung und die Horst-Antes- Retrospektive im Martin-Gropius-Bau Berlin mit mehreren Gemälden des Künstlers.
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Städtische Galerie
Umgehängt: Spektral-Diametral von Künstlern und Künstlerinnen seit 1960 Februar 2011 – Juni 2012 und Umgehängt: Positionen Kunst von den 1970er Jahren bis heute Juni 2012 – Juli 2013
(Dauerausstellung + Sonderausstellungen)
insgesamt 27.318
Kunst-Stoff Textilien in der Kunst seit 1960 12.11.2011 – 12.2.2012
1.747
Marcel Frey – Retrobjektive Kunstpreisträger der Werner-Stober-Stiftung 2011 17.11.2011 – 8.1.2012
s. Dauerausstellung
Zeitgegenstände – Wolfgang Rihm 18.3.2012 – 10.6.2012
2.802
Top 12 Meisterschüler der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe 7.7.2012 – 07.10.2012
2.454 (KAMUNA 3.845)
Natur und Poesie um 1900 – Otto Modersohn, Paula Modersohn und Worpswede 11.11.2012 – 17.2.2013
4.514
Gesamtbesucherzahl: 38.835 + 3.845 (KAMUNA) 42.680
2010 2011 2012
Dauerausstellung (ohne Sonderausstellung)
1.015 1.644 1.731
Gesamtbesucher (2009: 36.982)
39.399 45.031 42.680
2010 2011 2012
Öffentliche Führungen: (2009:140)
150 179 174
Gebuchte Führungen: (2009: 41)
28 27 23
Öffentliche Kinderkurse: (2009: 60)
60 49 49
Gebuchte Kinderkurse: (2009: 25)
29 69 84
Besucherzahlen 2012
Besucherzahlen
Führungen in der Städtischen Galerie Karlsruhe
https://www.karlsruhe.de/b1/kultur/kulturfoerderung/kulturamt/HF_sections/rightColumn/1385637368833/ZZlk9TaBdUTqRx/2013-08-23-Jahresbericht%20Kulturamt%202012-Anlage.pdf
Blick in die Geschichte 1993-1998
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Blick in die Geschichte . Karlsruher stadthistorische Beiträge
Band 2
1993-1998
Stadt Karlsruhe Forum für Stadtgeschichte und Kultur
Karlsruhe 1998
l
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Blick in die Geschichte: Karlsruher stadthistorische Beiträge I Stadt Karlsruhe, Forum fiir Stadtgeschichte und Kultur. (Red.: Leonhard Müller; Manfred Koch).- Karlsruhe: Badenia-Verl.
2. 1993 - 1998, - 1998 ISBN 3-7617-0091-1
,,Blick in die Geschichte:" Karlsruher stadthistorische Beiträge 1993-1998
Hrsg.: Stadt Karlsruhe Forum ftir Stadtgeschichte und Kultur
Redaktion: Dr. Leonhard Müller (verantwortlich) Dr. Manfred Koch
Textgestaltung: Kat ja Linder
Umschlaggestaltung: Dietmar Kup
Copyright 1998 by Stadt Karlsruhe Alle Rechte vorbehalten
Herstellung: Badenia Verlag und Druckerei GmbH, Karlsruhe
Kommissionsverlag: Badenia Verlag GmbH, Karlsruhe
ISBN 3-7617-0091-1
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort des Oberbürgermeisters
Einleitung
Aufsätze Die A ujsatze sind thematisch gegliedert.
17.12.1993 Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Teil 1: Von der Jahrhundertwende bis zum Ende des 2. Weltkriegs
Harald Ringler
18.3.1994 Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Teil 2: Von der Nachkriegszeit bis heute
Harald Ringler
17.3.1995 Parkstadt - Parkring - Rheinstadt. Ideen fur neue Stadtteile in Karlsruhe
xv
XVI
1
4
nach dem Zweiten Weltkrieg 9 Harald Ringler
22.9.1995 Verkehrsprojekte in Karlsruhe: vergessen, verworfen, aufgegeben 14 Harald Ringler
15.3.1996 Stadtplätze in Karlsruhe - Entstehungsgeschichte und Überblick 19 Harald Ringler
21.3 .1997 Siedlungen der 20er Jahre in Karlsruhe 25 Harald Ringler
19.12.1997 Siedlungen der 50er Jahre in Karlsruhe. Städtebau nach dem Krieg 29 Harald Ringler
17.6.1994 Vom Hofjagdrevier zum Park·wald. Zur Geschichte des Fasanengartens 34 Ulrich KinzIer
17.6.1994 Wiedereröffnung eines "Musentempels". Zur Sanierung des Konzerthauses 37
Leonhard Mliller
21.3 .1997 Geschichte der Karlsruher Straßenbahn Dieter Ludwig
39
20.12.1996 Diskussion um die Straßenbahnen in Karlsruhe vor 100 Jahren Leonhard Müller
20.6.1997 Schnakenstiche gegen Thingstätte. Die Pläne ftir einen
43
NS-Kultplatz in Karlsruhe 45 Manfred Koch
19.9.1997 " ... wird wegen dem Geburtstag des Großherzogs morgen die Fabrik um 12 Uhr geschlossen". Das Firmenarchiv der Parl"timerie & Feinseifenfabrik Wolff & Sohn im Stadtarchiv Karlsruhe 47
Angelika Sauer
20.3.1998 Der Karlsruher Hafen: Ein langer Weg zum Rhein Ernst 0110 Bräunche
18.3.1994 Karlsruher Vereine: Die Gesellschaft Eintracht Peter Pretsch
16.9.1994 Vom I. Badischen Gesang-Fest 1844 in Karlsruhe zum Badischen Sängerbund
Albrecht Münch
16.6.1995 Die Anfänge des Fußballsports in Karlsruhe Erich Beyer
19.9.1997 Politische Vereine in Karlsruhe während der Revolution 1848/49 I. Jilrgen Schuhladen-Krämer
20.3.1998 Politische Vereine in Karlsruhe während der Revolution 1848/4911. Jürgen Schuhladen-Krämer
21.6.1996 Der Streit um den BÜTgernutzen. Konservative Durlacher in revolutionären Zeiten
Susanne Asche
20.12.1996 Umstrittene Erinnerungen I. Das Urteil der Nachwelt zur deutschen Revolution 1848-49
Leonhard Müller
11
51
55
58
60
66
72
78
83
21.3.1997 Umstrittene Erinnerungen 11. Zum Umgang mit der Revolution 1848/49 nach 1918
Manfred Koch
20.6.1997 "Fremde" in der badischen Revolutionsarmee Kurt Hochstuhl
86
90
19.12.1997 150 Jahre badische Revolution. Zur LandesaussteIlung 1998 in Karlsruhe 95 Jutta Dresch
19.6.1998 Petition des Vaterländischen Vereins Karlsruhe an die Deutsche Nationalversammlung vom 4. Juli 1848
Rainer Gutjahr
Ankaufe aus dem Besitz des Markgrafen von Baden
98
15.12.1995 I. Die markgräfliehe Bibliothek aus dem Neuen Schloß in Baden-Baden 103 Peter Michael Ehrle, Armin Schlechter
15.12.1995 11. Archivgut aus der Schloßbibliothek des badischen Hauses Hansmartin Schwarzmaier
15.3.1996 III. Die Ewerbungen des Badischen Landesmuseum Harald Siebenmorgen
15.3.1996 IV. Die Erwerbungen der Staatlichen KunsthaIIe Karlsruhe Siegmar Holsten
15.3.1996 V. Erwerbungen rur die Stadt Karlsruhe Heinz Schmitt
18.3.1994 40 Jahre Bundesfachschule. Sanitär- und Heizungstechnik an der Heinrich-Meidinger-Schule Karlsruhe
Wolfgang Paech
16.12.1994 StraffaIIigenhilfe in Baden. Der Badische Landesverband rur soziale Rechtspflege
Reiner Haehling von Lanzenauer
16.6.1995 Die Entwicklung des Volksschulwesens im Raum Karlsruhe Amalie Heck
109
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124
128
131
III
20.9.1996 Hofrat Johann Lorenz Boeckmann und das erste deutsche Telegramm. Ein Karlsruher Physiker fOrdert "Telegraphik" 136
Heinz SIraub
20.12.1996 Christi an Thran. Markgräflich Badischer Hofg~rtner und Afrikareisender 142 Peler Prelsch
21.3.1997 Der Karlsruher Theaterbrand 1847 und sein letztes Opfer Heinz Schmitt
21.3 .1997 Carl Friedrich Meerwein - ein vergessener Flugpionier Heinz Straub
17.12.1993 Ein Zirkel zur Förderung der Kunst. Der Badische Kunstverein feiert
146
151
1993 sein 175. Gründungsjubiläum 156 Jul/a Dresch
18.3.1994 Europäische Kulturtage 159 Michael Heck
17.3.1995 Heinrich Hübsch (1795-1863) Zum 200. Geburtstag des großen Architekten 160
Heinz Schmill
17.3.1995 Begegnungen mit Max Reger 165 Andreas Schräder
15.3.1996 Der Hofkapellmeistcr Felix Matt! in Karlsruhe 168 FrithjofHaas
21.6.1996 100 Jahre Karlsruher Künstlerbund. Fortschrittliche Künstlervereilligung 1896 gegründet
JIII/a Dresch 173
20.6.1997 Wie kommt das Bild in die Kaserne? 177 Ulrike Plale
20.3.1998 "Woher hat der Dompfaff seinen Namen" oder: " Die Lust dagegen" . Zur Erinnerung an einen "Kunstskandal" im Karlsruher Botanischen Garten 180
Wilfried Räßling
IV
20.3 .1998 Literarisches Nachkriegsleben in Karlsruhe. ArunerJ.:W1gen zur Lyrik zwischen Gottsuche und Entfremdung
JanKnop!
16.9.1994 Der schwarze September 1944. Karlsruhe im Bombenhagel Erich Lacker
16.9. 1994 Zum "Reichseinsatz" in Karlsruhe Jllrgen Schuhladen-Krämer
20.3 .1998 Das Oberlandesgericht Karlsruhe im "Dritten Reich" Christo! Schiller
22.9.1995 Hintersassen, Bürger und Stadträte in der Frühzei t der Stadt Ernst 0110 Brällnche
18.3.1994 " So einen schönen Vikar kriegen wir nicht mehr ... " Nachlaß des Knielinger Vikars und Mühlburger Pfarrers
183
189
193
196
201
Wilibald Reichwein gelangte durch Schenkung ins Stadtarchiv Karlsruhe 206 Angelika Salier
17.3.1995 Der Badische Rat Dr. Johannes Pistorius Niddanus d. 1. (1546-1608) 209 Hans-Jürgen Günther
17.3. 1995 Pfarrer D. Ernst Friedrich Fink - der 'badische' Wiehern 213 Hermann RUckleben
19.6.1998 Alfred Maul und die Großherzogliehe Badische Turnlehrerbildungsanstalt in Karlsruhe
Erich Beyer
18.3.1994 Vom einfachen Schöpfbrunnen ZWll Qualitätsprodukt Trinkwasser.
217
Die Geschichte der Karlsruher Wasserversorgung 223 Jiirgen Ulmer IInter Mitwirkung von Gerda Willig und Marklls Schneider
V
17.6.1994 Über Steinkohledestillation zum Erdgas. Die Geschichte der Karlsruher Gasversorgung
Jilrgen Ulmer unter Mitwirkung von Markus Schneider
16. 12.1994 Geschichte der Karlsruher Stromversorgung Jllrgen Ulmer unter Mitwirkung von Gerda Willig und Markus Schneider
20.9.1996 Strom ftir Baden. Von den Anfangen der Elektrifizierung bis zum heutigen Energiedienstleister
Diana Stöcker
:ffiffi~:i:::::;;';;~Wffi:a:W:a:WW~~~~W:WW&~::m::::~~~ww::w.::«<<<~mW:1
19.6.1998 Das Großherzogtum Baden und die Politik des Reichskanzlers Bismarck (1871-1890)
Hans-Jllrgen Kremer
19.6.1998 300 Jahre Schloß Augustenburg in Grötzingen Ute Grau
19.6. 1998 Badener oder Badenser? Leonhard Milller
Zeitzeugen berichten
17.12.1993 Professor Dr. Ernst Petrasch, ehern. Direktor des Badischen Landesmuseums
16.12.1994 Otto Dullenkopf, Oberbürgermeister a.D.
17.3.1995 Walther Wäldele, Erster Bürgermeister a.D.
Biographien
17.12:1993 Karoline von Günderrode (\ 780-1806) Susanne Asche
VI
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258
260
265
18.3.1994 Helmuth Klotz (1894-1943) 266 Herbert Linder
17.6.1994 Georg Bredig (1868-1944) 267 Klaus-Peter Hoepke
16.9.1994 Wilhelm Nokk (1832-1902) 269 Leonhard Müller
16.12.1994 Magdalena Neffgeb. Meub (1881-1966) 270 Margarete Kraft
17.3.1995 Ernst Wagner (1832-1920) 271 Leonhard Müller
16.6.1995 Fridel Dethleffs-Edelmann (1899-1982) 273 Ursula Merkel
22.9.1995 Hermann Levi (1839-1900) 274 FrithjofHaas
15.12.1995 Großherzog Friedrich I. (1826-1907) 276 Manfred Koeh
15.3.1996 Luise Riegger (1887-1985) 277 Barbara Guttmann
21.6 .1996 Peter TreutIein (1845-1912) 279 Leonhard Müller
20.9.1996 Kathinka Hinunclheber (1898-1977) 280 Barbara Guttmann
20.12.1996 Inge Stahlberg (1921-1985) 282 Heima Hasters
21.3 .1997 Hermann Billing (1867-1946) 283 Gerhard Kabierske
20.6.1997 F ranz J oscf Lanzano 284 Alexander Mohr
19.9.1997 Theodor Munz (1868-1947) 285 Ernst Otto Bräunehe
VII
19.12.1997 Christi an Friedrich Müller (1776- 1821) Christo! Mllller- Wirth
20.3.1998 Luise von Baden (1838-1923) Leonhard Maller
19.6.1998 Leopold Rückert (1881-1942) Frank Raberg
Carlsruher Blickpunkte
17.12.1993 Der Gutenbergplatz. VOll der Richtstätte zum Marktplatz Manfred Koch
18.3.1994 Der Wettbewerb um ein Denkmal flir die Fliegeropfer des Ersten Weltkrieges
Ursll!a Merke!
17.6.1994 Ehemaliges Zeughaus beim DurlacherTor Gerhard Kabierske
16.9.1994 Bunkerreste auf dem Turmberg Manfred Koch
16.12.1994 Das Durlacher Bismarck-Denkmal in der Kanzlerstraße Brigille Baumstark
17.3.1995 Überwundener Nationalsozialismus - Adler am Bunker bei der Appenmühle
Gerhard Kabierske
16.6.1995 Kleine Kirche bald in frischen Farben Dorothea Schmill-Hollstein
22.9.1995 Das Kriegerdenkmal vor der Friedrich-Rea1schulc in Durlach Brigille Ballmstark
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15.12.1995 Von KarIsruhe nach Chicago. Ein schmiedeeisernes Tor im Stadtgarten 308 Brigilte Ballmstark
15.3.1996 Ein Platz zur Zierde der Innenstadt Wi/fried Räßling
VIII
309
21.6.1996 Kaiserliche Präsenz: Die Hauptpost in Karlsruhe Gerhard Kabierske
20.9.1996 Das Ende der Achsen Wi/fried Rößling
20.12.1996 "Eva im Glashaus" von Jürgen Goertz Ursula Merke!
21.3 .1997 Die Baischstraße Gerhard Kabierske
20.6.1997 Der Heckerhut im Plinzgaumuseum Brigille Baumstark
19.9.1997 Ein Wandkatalog in der Oststadt Ulrike Plate
19.12.1997 Zwangsarbeit in Karlsruhe 1939-45 Leonhard Maller
20.3.1998 Der Narrenbrunnen Peter Pretsch
19.6. 1998 Hinter der Autobahn Ulrike Plate
Bücher-Blick
17.12.1993 Bilder im Zirkel, 175 Jahre Badischer Kunstverein Karlsruhe Leonhard Maller
17.12.1993 100 Jahre Mädchengymnasium in Deutschland Leonhard Maller
17.12.1993 Karlsruher Stadtteile, Bulach, Ausstellung zur 800 Jahrfeier Leonhard Müller
18.3.1994 Horst Schlesiger/Josef Wemer: Die 50er Jahre. Manfred Koch
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IX
18.3.1994 Alexander Mohr: Die Stadt Durlach in der Badischen Revolution von 1848/49. Ein Beitrag zur Revolution in der Provinz 331
SlIsanne Asche
17.6. 1994 Straße'Ulamen in Karlsruhe. Karlsruher Beiträge Nr. 7 332 Klalls Deslerle
17.6.1994 Ulrike Grimm: Das Badische Landesmuseum in Karlsruhe 333 Leonhard Müller
16.9.1994 900 Jahre Gottesaue. Spurensuche, Spurensicherung 334 Rainer Gllljahr
16.9.1994 JosefWcrner: Bauen und Wohnen. 75 Jahre Hardtwaldsiedlung 335 Ernsl 0 110 Brällnche
16.9.1994 Herbert Maiseh: Bulacher Ortschronik 335 Manfred Koch
16.12.1994 Horst Schlesiger/JosefWerncr: Die 60er Jahre 336 Manfred Koch
16.12.1994 Alexander MohrlMartin Walter: Karlsruhe. Ein verlorenes Stadtbild 336 Manfred Koch
16.12.1994 Roland Eich'ler: Die Weststadt im Spiegel der Geschichte 337 Manfred Koch
17.3. 1995 Renate Ehrismann: Der regierende Liberalismus in der Defensive, Verfassungspolitik im Großherzogtum Baden 1876-1905 338
Leonhard Müller
17.3.1995 EnUlla Wilderer: Nunune net hudle. Geschichten aus meinem Leben 339 Manfred Koch
16.6.1995 Erich Bauer/JosefWerner: Die 40er Jahre 339 Manfred Koch
16.6. 1995 Elga Roellecke: Die Munitionsfabrik - Das "Zündhütle" 1897-1972 341 Barbara Grillmann
22.9.1995 Karlsruhe in alten Ansichten 342 Leonhard Müller
X
22.9.1995 Gerhard SölIner, Für Badens Ehre. Die Geschichte der Badischen Annee, Fonnation Feldzüge Unifornlen Waffen Ausrüstung 1604-1832 342
Leonhard Müller
15.12.1995 Bräunehe, Ernst Otto: Die Karlsruher RatsprotokolIe des 18. Jahrhunderts. Teil!: 1725-1763 343
Michael Martin
15.12.1995 Peter Rückert (Hrsg.): Gottesaue - Kloster und Schloß 345 Ernst 01/0 Bräunehe
15.3.1996 FrithjofHaas: "Zwischen Brahms wld Wagner- Der Dirigent Hennann Levi" 346
Paul Wehrle
15.3.1996 Peter Pretsch, "Geöffnetes Narren-TumeyH, Geschichte der Karlsmher Fastnacht 347
Clemens Rehm
21.6.1996 Hennann Ebeling, Karlsruhe - Ein Fächer der Möglichkeiten 348 Leonhard MillIer
21.6. 1996 " Für Baden gerettet", Erwerbungen des Badischen Landesmuseunls 348 Leonhard Müller
21.6.1996 Dieter Vestner: Durlach im Wandel der Zeiten 349 Man/red Koch
20.9. 1996 Reiner Haehling von Lanzenauer: Düstere Nacht, helIichter Tag. ErilJ1lerungen aus dem 20. Jahrhundert 350
ManJred Koch
20.9.1996 Die elektrisierte Gesellschaft 351 Leonhard MillIer
20.12 .1996 Erich Lacker: Zielort Karlsmhe. Die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg 352 Rainer Gutjahr
20.12.1996 Susanne Asche, Olivia Hochstrasser: Durlach, Staufergründung, Fürstenresidenz, Bürgerstadt 353
Gerharcl KaI/er
XI
21.3 . 1997 Eiga Roellecke: Wasser und Straßen, Quellen und Wege. Chronik Wolfartsweier 354
Ute Grall
21.3.1997 Emst Ollo BräwlchefThomas Schnabel (Hrsg.): Die Badische Verfassung von 1818 355
Klalls Oesterle
21.3 .1997 Rolf-Heiner Behrends (Hrsg.): Faustkeil - Ume - Schwert. Archäologie in der Region Karlsruhe 356
Rainer GlIljahr
21.3.1997 Rosemarie Stratmann-Döhler, Harald Siebenmorgen: Das Karlsruher Schloß 357
Leonhard Mill/er
21.3 . 1997 100 Jahre Bürgerverein Oststadl. Jubiläunlsbuch 1996 358 ManJred Koch
21.3.1997 Von der Hirschbrücke zunl ZKM. Hundert Jahre Bürgerverein der Südweststadt Karlsruhe 358
ManJred Koch
20.6.1997 Gerhard Kabierske: Der Architekt Hennann Billing (1867-1946). 360 Alexander Mohr
20.6.1997 Gotlfricd Leiber: Friedrich Weinbrenners städtebauliches Schaffen für Karlsruhe, Teil I: Die barocke Planung und die ersten klassizistischen Entwürfe Weinbrenners 360
ManJred Koch
19.9.1997 Neues Bauen der 20er Jahre - Gropius, Haesler, Schwillcrs und die Dammerstock-Siedlung in Karlsruhe 1929 362
Gottfried Leiber
19.9. 1997 Fritz Ehret: Sozial bauen - Gesund wohnen. 363 JosefWerner
19.12.1997 Manfred Koch (Hrsg.) : Auf dem Weg zur Großstadt, Karlsruhe in Plänen, Karten und Bildem, 1834-1915
Klalls Oesterle 364
19.12.1997 Karlsruhes neues Kulturzentrum, Bd. I Kunstfabrik im Hallenbau A 365 Leonhard Mal/er
XlI
19.12.1997 Karlsruhes neues Kulturzentrwn, Bd. 2 Jenseits der Brauerstraße 365 Leonhard Müller
20.3.1998 Amalie Heck: 200 Jahre Karlsruher Flug- und Luftfahrtgeschichte. Vom Gleit-Flug zum Verkehrs-Flug - vom Exerzierplatz zum Baden-Airport 366
Klaus Oes/erle
20.3.1998 Revolution im Südwesten. Stätten der Demo;,ratiebewegung 1848/49 in Baden-Württemberg 367
Michael Mar/in
20.3.1998 Alfred Georg Frei; Kurt Hochstuhl: Wegbereiter der Demokratie. Die badische Revolution 1848/49. Der Traum von der Freiheit 367
Michael Mar/in
20.3 .1998 Martin Einseie; Andrea Kilian (Hrsg.): Stadtbausteine Karlsruhe. Elemente der Stadt landschaft 368
Harald Ringler
19.6.1998 Dieter Langewiesche (Hrsg.): Demokratiebewegung und Revolution 1847-1849 - Internationale Aspekte und europäische Verbindungen
Leonhard Müller
19.6.1998 1848/49 Revolution der deutschen Demokraten in Baden Leonhard Miiller
19.6. 1998 Barbara Guttmann: "Zwischen Trümmern und Träunlen". Karlsrullerinnen in Politik und Gesellschaft der Nachkriegszeit.
Man/red Koch
19.6.1998 Amo Lederer (Hrsg.): Architektur in KarisrullC 1971 bis 1996 Harald Ringler
19.6.1998 Badische Synagogen aus der Zeit von Großherzog Friedrich in zeitgemäßen Photographien
Leonhard Maller
Personenregister
Bildnachweis
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
368
369
370
371
372
373
384
386
XIli
Geleitwort
Seitdem vor 10 Jahren zum erstenmal der "Blick in die Geschichte" im damaligen "Amtsblatt"
erschienen ist, hat diese vierteljährige stadthistorische Beilage ein interessiertes Publikum ge-
funden .
Darum ist es gerechtfertigt, die . \ usgaben der letzten flinf Jahren wiederum als Buch all jenen anzubieten, die Karlsruhe als ihren Lebensraum erfahren im Gestern wie im Heute, oder die
anderswo an unserer Geschichte und Kultur interessiert sind.
Die Publikation ist einer der mannigfachen Wege, mit denen die Stadtverwaltung die kulturelle
Vielfalt unserer Konmlune ihren Bürgerinnen und Bürgern näher bringen will .
Ich selbst freue mich, daß ich am Ende meiner Amtszeit auch auf diesem Gebiet auf eine
Publikation zurückblicken kann, die bei der Bürgerschaft angekommen ist. Und mein Wun~ch
ist es, daß in Zukunft noch so mancher es fur wichtig hält, einen Blick in die Geschichte zu
wagen.
Professor Dr. Gerhard Seiler
Oberbürgermeister
xv
Einleitung
Der Plan hat sich bewährt: Um eine breite Leserschaft zu gewinnen, brauchte man keine auf- wendige Publikationsform zu wählen, die in Zeiten schmaler Kassen an den Kosten scheitem könnte, was anderenorts zu beobachten ist.
Als Beilage des "Amtsblatts" der Stadt Karlsruhe, h""te der " StadtZeitung", erscheint der "Blick in die Geschichte" vierteljährlich mit dem Annoncenblatt " Der Kurier" in einer Aufla- ge von über 120 000 Exemplaren. Jeder Karlsruher Haushalt erhält somit kostenlos ein Exem- plar des "B1ick in die Geschichte", freilich auf Zeitungspapier, dessen Bestand stärker be- grenzt ist. Aber auch Wll die Handlichkeit einer Aufsatzsammlwlg zu gewährleisten und mit klarer Gliederung und Register den Inhalt aufzuschließen, erscheint nun nach dem ersten Fünf- jahresband dieser zweite Band der Ausgaben 1993 bis 1998.
Die Strul1ur des "Blick in die Geschichte" ist auch nach zehn Jahren unverändert: Neben den Aufsätzen finden sich auf der ersten Seite jeweils Biographien, " Carlsruher Blickpunkte" und der "Bücherblick" auf der letzten .
Beim Blickpunkt soll auf - ftir manchen - unbekannte Objekte aufmerksam gemacht wer- den, im "Bücherblick" wird aufBucherscheinungen im Lokalen und Regionalen hingewiesen, die auch im Rückblick als Orientierung zur Erschließung unserer Kulturlandschaft hilfreich sein können.
Eine Reihe von Aufsätzen steht wlter dem Motto "Auf dem Weg zur Revolution 1848-49" . In diesen auf die Gedenkjahre 1997-99 hinftihrenden Beiträgen kann weit mehr als zu anderen Jubiläen Spezifisches fur unsere Landeshistorie verdeutlicht werden. Der Erfolg vieler zu die- sem Thema herausgegebenen Publikationen sowie der besonderen Ausstellungen zeigt, daß ein Blick in die Geschichte kein Rückzug in einen Elfenbeinturm ist, sondem Klarsieht ftir die Zulmnft bei Selbstfindung im Vergangenen bringt.
Und mit diesem Konzept wollen wir auch weiterhin fortfahren.
Den vielen Autorinnen wld Autoren sci ftir ihre Mitarbeit gedankt, weil sie - im Grunde ehren- amtlich bei nur geringem Spesenaufwand - mit ihrem Fachwissen zur Gestaltung des " Blicks" beigetragen haben.
Für diesen zweiten Band hat wie fur den ersten Kat ja Linder die Druckvorlagen und Rcgister mit Umsicht und Sorgfalt erstellt. Daß dadurch bei Nutzung der EDV-Einrichtwlgen im Stadt- archiv Karlsruhe eine kostengünstige Produktion möglich wurde, ist ihrem Einsatz zu verdan- ken, woftir ihr besonderer Dank und Anerkennung gilt. Zu danken ist Frau Rita Dahm, die gewissenhaft gTÜndliche Korrektur gelesen hat.
Dank auch dem "Badendruck" und seinen aufgeschlossenen Mitarbeitem wie der Badenia- Druckerei, die die Buchfassung herstellte.
Die Redaktion "Blick in die Geschichte" Dr. Leonhard Müller (verantwortlich), "FOrunl ftir Stadtgeschichte und Kultur" Dr. Manfred Koch
XVI
Aufsätze
Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Teil 1: Von der Jahrhundertwende bis zum Ende des 2. Weltkriegs
Architektur- und Städtebauwettbewerb
In der zweiten Hälfte des 19 lahrhunderts wurden in Deutschland und Österreich "öffentliche Konkurrenzen" zum festen Be- standteil des öffentlichen Baugeschehens. Anfangs konnten sich die Architekten auf diese Weise nur in den Großstädten um Bauauf- gaben bemühen (Frankfurt 1840: Börse, Hamburg 1844: SI. Nicolai-Kirche, Köln 1851: Kaulhaus GÜfzenich, MÜDchen 1854: Maximilianeum). Konkurrierende Verfahren ohne fonnales Reglement hatte es schon vorher gegeben. Die Vorteile von öffentlichen Wettbewerben sah man " in der Vielseitigkeit der AulTassung der gestellten Aufgabe; in der Ennittlung der hervorragenden Talente; in der Beschränkung des Nepotismus und im Ausschluß jeder Monopolisierung; in der stets erneuten Anregung des öfTentlichen Interesses fur Bauunternehmimgen; in der durch den Wetteifer gesteigerten Anspannung der bau- I..iinstlerischen Kräfte" (1868). Die industriali- sierung rief einen ungeheueren Erweiterungs- druck auf die Städte und " Industriedörfer" hervor, der zu Bauflächenzuwächsen großen Ausmaßes und zu Verdrängung über!lüssiger Befestigungsanlagen am Rande der Stadtkerne fUhrte. Damit stellten sich auch große Aufgaben rur Wettbewerbe in der Stadtpla- nung. Der erste städtebauliche Wettbewerb fand 1858 in Wien statt mit dem Ziel, Entwürfe für die Bebauung der Glacisgründe zwischen der bmenstadt und den Außenbezirken zu erhalten (Ringstraßen bebauung).
Karlsruhe zur 1ahrhundertwende
In Karlsruhe beginnt das Wettbewerbswe-
sen im Städtebau nach der 1ahrhundertwende, nachdem die Stadt durch Überschreitung der 100000 Einwohnergrenze statistisch "Groß- stadt" geworden war. Bis heute sind über 20 Ausschreibungen zu zählen. Sie betreffen im Gegensatz zu Architektur- bzw. Realisierungs- wettbewerben keine Einzelobjekte, sondern Siedlungen, innerstädtische Quartiere, Platz- anjagen und deren Bebauung, Sanierungs- gebiete und Brachflächen, Frei!lächen von gesamtstädtischer Bedeutung, Fragen des Stadtbildes und neuerdings der Gewerbege- biete.
Der "Wettbewerb zur Erlangung eir.es zweckmäßigen Ortsbauplans fur die wichtig- sten Stadterweiterungsgebiete" - 1904 nur rur in Karlsruhe ansässige Architekten und Ingenieure ausgeschrieben - brachte kein befriedigendes Ergebnis. Die 1ury ließ dies auch ausdrücklich im Protokoll festhalten . Im Preisgericht saßen neben den in Karlsruher Planungsangelegenhei ten ein!lußreichen, eher dem Ingenieurstädtebau des 19. 1hs. zuge- wandten Prof. Reinhard Baumeister zwei Vertreter der neuen Bewegung im Sinne des künstlerischen Städtebaus, Prof. Th. Fischer und Prof. C. Hocheder aus München. Die Wettbewerbsaufgabe bestand in der Ausar- beitung von Fluchtlinienplänen in den Maß- stäben 1 :5000 und 1 :2000 mit Angaben zur beabsichtigten Bauweise rur drei Stadt- erweiterungsgebiete, nämlich fur den südli- chen Teil der heutigen Südweststadt und Beiertheim einschließlich der alten Bauhofs- flächen am Ettlinger Tor, rur die Zone nord- westlich von Mühlburg und rur die Gebiete östlich der Tullastraße. Diese Pläne waren Vorläufer der heutigen Bebauungspläne, ent- hielten aber auch noch Elemente der FIächen-
nutzungs planung. Die wesentlichen Forderungen im Wettbe-
werbsprogramm zielten auf die Verkehrser- schließung der neuen Baugebiete zum neuen Hauptbahnhof. "In Straßenzüge s ist anzuge- ben, ob diese mit Gartenanlagen zu zieren oder als Spie1- oder Marktplätze oder sonst- wie zu behandeln sind ... In dem Plane sind geeignete Plätze fur öffentliche Bauwerke anzugeben." Die Vorgaben waren ziemlich beliebig, die Vorschläge in den 12 Projekten mußten dieser Beliebigkeit folgen. Unmoti- vierte Straßenkrünunungen und Straßen- aufweitungen als Platzanlagen prägten als falsch verstandene Gestaltungsmittel im weiterhin dominierenden Rasterstädtebau die meisten Entwürfe der Preisträger. Herrnann Billing, der das Programm fur den Wettbe- werb ausgearbeitet hatte, errang zusammen mit Wilhelm Vittali den ersten Preis. Der Entwurf zeichnete sich durch ein verhältnis- mäßig ruhiges Straßenraster aus und enthielt Vorschläge fur einen großzügigen Bahnhof- platz und fUr die Umgestaltung des Festplat- zes. Die Arbeit des dritten Preisträgers Prof. A. Neunleisterwar insoweit zukunftsweisend, als er vorschlug, die beiden Albufer als Erho- lungsbereiche auszubauen. "Diese Anlagen müssen jedoch, um vollkommen zu sein und ihre Zwecke als große Erholungsstätten fur die Bevölkerung und 'Lungen fur die Stadt' zu erfullen, mit den bestehenden Anlagen, dem Beiertheimer Walde, in Verbindung gebracht werden ... Spätere Generationen werden danken, wenn hier weitblickend großzügig verfahren wird."
Für die großflächige Stadterweiterung Karlsruhes blieb dieser Wettbewerb der erste und letzte. Anfang der zwanziger Jahre gab es Überlegungen fur einen Wettbewerb zur Ausarbeitung eines Generalbebauungsplanes flir das gesamte Stadtgebiet und die Nachbar- gemeinden. Der 1926 vorgelegte Entwurf war aber dann ein Werk der städtischen Planer.
2
Der 1911 ausgelobte Wettbewerb zur "Ge- staltung des Bahnhofplatzes in Karlsruhe", ebenfalls nur fur Karlsruher Architekten bestimmt, fuhrte dann zu einem befriedigen- den Ergebnis. Der Vorschlag eines der bei den Preisträger Oskar Seemann und Wilhelm Vittali bestimmt noch heute das Stadtbild am Hauptbahnhof. Vittali selbst konnte auch viele Bauten oder mindestens die Fassaden realisieren. Der Bahnhofplatz war 75 Jahre später neben dem Planungsgebiet südlich des Hauptbalmhofs nocJunals Gegenstand im RahnIen des Wettbewerbs "Entwicklungsbe- reich Hauptbahnhof -Süd". Den Vorschlägen konnte nichts Substantielles bzw. Neues entnommen werden.
Ein 80 Jahre altes Problem
Die bis heute ungelöste " Ettlinger-Tor- Platz-Frage" fuhrte seit 1902 zu zahlreichen behördeninternen Überlegungen, aber auch zu Gutachten wld Wettbewerben . Ab 1913, nach der erfolgten Verlagerwlg des Haupt- bahnhofs vom Standort des heutigen Badi- schen Staatstheaters nach Süden, zeigte sich die Notwendigkeit einer städtebaulichen Ordnung. AufDrängen der Architektenschaft kam es 1912 zu einem Wettbewerb, bei dem kein erster Preis vergeben wurde. Der Vor- scWag eines der drei zweiten Preisträger, Hans Schmidt, schien wegen seines An- knüpfens an die Tradition Weinbrenners ebenso viele Beflirworter wie Gegner zu haben. Das Jurymitglied Theodor Fischer aus München legt anschließend einen eigenen Entwurf mit wlsynunetTischer Baustruktur vor. Es kommt aber zu keiner Entscheidung. Erst nach dem Ersten Weltkrieg kommt durch den damaligen Baubürgerrneister Schneider wieder Bewegung in diese Planungsfrage. Ende 1923 beauftragte er die Architekten Herrnann Billing, Hans Großmann und Fritz Rößler, VorscWäge zu erarbeiten. Wie er-
Das EI/linger Tor nach einem Entwurfvon Hermann Billing 1924
wartet, erhält der Vorschlag Billings durch den künstlerischen Beirat der Stadt als Jury den Zuschlag. Aber nur ein Gebäude, die Oberpostdirektion, entsteht 1935 bis 1938 nach diesem Baufluchtenplan. Anläßlich des Wettbewerbs fur einen Neubau der Städti- schen Sparkasse auf dem Gelände des heutigen Postscheckamtes im Jahre 1950 wird das Billing'sche Konzept von der Jury als nicht mehr zweckmäßig und wünschens- wert erachtet, "weil ein neuer repräsentativer Platz den vorhandenen Marktplatz oder Rondellplatz durch einen großen Maßstab zerstören würde ... Anstelle eines organischen Städtebaues würde die Verwirklichung der Billingschen Planung eine nach heutiger Auffassung unfreie Bebauung nach sich ziehen." Wahrscheinlich setzten Preisge- richtsmitglieder wie Egon EiermaJw ihre Meinung einer " aufgelösten" Stadt durch. Inzwischen begegnen uns am Ettlinger Tor wlterschiedliche Architekturauffassungen der letzten Jahrzehnte in scheinbar beliebiger Anordnung, aber weder Platz noch gestaltete Stadtlandschaft. Ein neuer Wettbewerb oder
weiteres Gutachten werden nicht helfen, die Stadtverwaltung selbst ist gefragt, zu entscheiden, was sie will.
Der Wohnungsbau fand vordem 2. Weltkrieg Berücksichtigung in zwei Wettbe- werben, die aus ideologischer Sicht völlig gegensätzlich waren. 1928 beriet ein Preisge- richt, dem unter anderem der Frankfurter Stadtbaurat Ernst May, Mies van der Rohe aus Berlin und der Stuttgarter Paul Schmitt- henner angehörten, über 43 eingereichte Entwürfe ftir das Siedlungsprojek1 "Dammer- stock". Die prämiierten Arbeiten zeigten alle vorbehaltlos, daß das "neue Bauen" nun auch in Karlsruhe Einzug gehalten hatte. Sogar der städtische Mitarbeiter des Stadterweiterungs- büros Karl Pflästerer, der im Entwurf des Generalbebauungsplans 1926 die Blockrand- bebauung konsequent verfolgt hatte, wußte mit seinem Wettbewerbsbeitrag, was er der strengen Nord-Süd-Zeilenbauweise schuldig war. Er wurde mit einem Ankauf belohnt. Die
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Weichen waren schon mit der Festlegung des Preisgerichts und mit den von außerhalb Karlsruhe eingeladenen Architekten gestellt gewesen. Walter Gropius, der erste Bauhaus- Direktor, errang den ersten Preis und fungierte bei der Realisierung als künstleri- scher Oberleiter. 0110 Haesler aus Celle, W. Riphan und C. M. Grod aus Köln und der Karlsruher Detlef Rösiger als weitere Preisträger erhielten wie Gropius Bauaufirä- ge. Ab 29. September 1929 konnte die Allgemeinheit die von der Landeshauptstadt Karlsruhe veranstaltete Ausstellung "KarIs- ruhe Dammerstocksiedlung - Die Gebrauchs- wohnung" mit 228 Wohnungen in 23 Woh- nungstypen besichtigen. Die schon anfangs lauten Polemiken gegen die ungewohnte Architektur nahmen im "Dritten Reich" an Härte zu. Es bestand später sogar die Absicht, die "bolschewistische Architektur" durch aufgesetzte Satteldächer zu "verdeutschen".
Das 1936 ausgelobte Projekt "Daxlanden- Süd: Preisausschreiben zur ErIangung eines Aufteilungsplanes und von Entwürfen fUr Einfamilien-, Zweifamilien-, Ein- und Zwei- familien-Doppelhäuser, sowie Einfamilien- reihenhäuser" kann als Gegenprogramm zum
Dammerstock gesehen werden. "Die Sied- lung soll einen städtischen Charakter erhalten und in städtebaulicher Hinsicht, sowie im gesamten Aufbau ein richtungsgebendes Vorbild nationalsozialistischen Gedankengu- tes sein". Zuladungen und Prominenz im Preisgericht wie Fritz Todt, Generalinspek- teur der Deutschen Autobahnen, und Paul Schultze-Naurnburg, seit langem Wortfuhrer gegen den "Kulturbolschewismus", sollten für eine große Außenwirk'1Jllg sorgen ("KarIs- ruhe baut eine Adolf-Hitler-Siedlung. Ein neues Stadtviertel mit 600 Wolmhäusem"). Kein KarIsruher Architek1 erhielt einen Preis. Der Mieter- und Bauverein zog rur die Realisierung den zweiten Preisträger Prof. H. Mehrtens aus Aachen den ersten Preisträgern Wach und Roß kotten aus Düsseldorf vor. Der Entwurf versuchte an die ländliche Romantik früherer Gartenvorstadtsiedlungen anzuknü p- fen, was auch durch Straßenbenennwlgen (Am Anger, Kleiner Anger) zum Ausdruck kommt. In der Rheinstrandsiedlung entstan- den bis 1940 über 270 Wohnungen, deren teilweise notwendiger Wiederaufbau 1957 beendet war.
Harald Ringler
Städtebauliche Wettbewerbe in Karlsruhe Teil 2: Von der Nachkriegszeit bis heute
Wiederaufbau
Nur 21 Prozent der vor dem Krieg in Karlsruhe errichteten Gebäude überdauerten die Bombenangriffe unbeschädigt. Die Innen- stadt und hier wiederum die Kaiserstraße wiesen die schwersten Schäden auf. "Da der Wiederaufbau der zerstörten Städte wesent- lich ein Problem des Stadtzentrums ist, so wird das seitherige Lebenszentrum der Stadt
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Karlsruhe zur Diskussion gestellt. Dieses Zentrum in seinem intensivsten Teil ist bestimmt durch die Kaiserstraße zwischen Marktplatz und Hauptpost. Die Neugestal- tung dieses Teils der Kaiserstraße ... soll Gegenstand des Wettbewerbs sein." So die Einleitung des Ausschreibungstextes. Am 23. Juni 1948 beriet das Preisgericht über 91 Entwürfe, davon 48 aus Karlsruhe. Das Hauptproblem in der Stadtrnille sah die Jury
im Widerstreit zwischen alt und neu, im Denkmalschutzcharakter der Innenstadt mit den Weinbrennerbauten und im Ost-West- Verkehr. Eine Leistung, die allen Anforde- rungen genügte, bot sich nicht an, so daß vier gleiche Preise und acht Ankäufe vergeben wurden.
Die Stadtverwaltung ging r ,ch diesem Wettbewerb ihren eigenen Weg, erarbeitete im Zusammenwirken mit dem dafur gegründe- ten Planungsbeirat einen Bebauungsplanent- wurf. Erst 1954 erreichte das BebauungspIan- verfahren nach mehreren Rechtsstreiten den endgültigen Abschluß. Die meisten der 107 Einsprecher hatten sich gegen die Zurückset- zung der südlichen Bauflucht ab dem ersten Obergeschoß um sechs Meter und gegen die Arkaden beim Marktplatz und Europaplatz ausgesprochen. Eine Verbreiterung der Kai- serstraße, wie sie von 64 Prozent der Wettbewerbsteilnc1uner vorgeschlagen wor- den war, erübrigte sich mit diesen Vorgaben wie auch durch die Verlegung des Anliefer- verkehrs in die Erschließungshöfe wic Douglas-, Erbprinzcnstraße, Passage- und Zentralhof etc. Die Ost- und Westseite des Marktplatzes sollten in alter Foml wiederauf- gebaut werden. Die Nordseite, die nie einheitlich bebaut gewesen war, erhielt einen gleichmäßigen Abschluß und eine Verbreite- nUlg der Karl-Friedrich-Straße Zunl Schloß- platz. Mit der Zurücksetzung der südlichen Gebäude ab dem ersten Obergeschoß verfolgten die Planer damals das Ziel, Licht und Luft in die Stadt zu bringen und "steinerne Häuserschluchten" aufzulösen.
Die Kaiserstraße war noch zwei weitere Male Gegenstand gutachterlicher Wettbewer- be. 1973 legten die Architekten W. Förderer, G. Kramer und G. Martinsson Planungsvor- schläge fUr die "Umgestaltung Marktplatz! KaiserstraßelHauptpost" vor. Im September 1974 war der Abschnitt der Kaiserstraße zwischen Herrcn- und Ritterstraße zur
Fußgängerzone nach den Plänen von G. Kramer umgestaltet. 1991 bemühten sich sechs eingeladene Architekturbüros um Vor- schläge ftir die ,,Aunvertung der Innenstadt".
Stadterweiterung ~.w,,,,,'.W'.W.W,~"'hV"'W.W"'''''''W.' ...... ·.u''',,,''''''''.u'.V'''W.''W'''''W.V.W." .... ·,u . ....... • ......... • ... .... w ...
" Innerhalb der Gemarkungsgrenze der Stadt ist nur noch Platz ftir 52 000 Menschen." Diese Aussage machte der damalige Oberbürgermeister Klotz im Okto- ber 1954 und leitete damit ein Stadt- erweiterungsprojekt auf einem Gelände von 225 Hektar mit Wohnraunl fur 13 000 Menschen ein. 20 000 bis 25 000 Einwohner waren anfangs geplant gewesen in dieser neuen, zum größten Teil im östlichen Hardtwald konzipierten Nordoststadt. Die durch den jährlichen Zustrom von über 5 000 Menschen drastisch zunehmende Wohnungs- not konnte durch die bereits laufenden Projekte wie das Mühlburger Feld (Wettbe- werb 1953), Rintheimer Feld und die Flugfeldbebauung (Nordweststad!) nicht be- hoben werden .
Am 11. Januar 1955 nahnl der Karlsruher Stadtrat mit großer Mehrheit das Nord- Oststadt-Projekt an. Auf Drängen der Architektenschaft lobte die Stadt Ende August 1956 den "Städtebaulichen Ideen- wettbewerb und Bauwettbewerb Waldstadt/ Karlsruhe" aus, ließ aber den Planem nur bis Anfang November Zeit zum Arbeiten. Ent- weder übernahmen die Planer den städtischen Entwurf von 1955 wld entwarfen zwei Nachbarschaften mit je 650 Wohnungen oder sie erstellten einen neuen Gesamtplan fur eine Trabantenstadt ftir 25 000 Einwohner. Das Konzept Kar! Sc1gs, des ersten Preisträgers, wich nicht grundsätzlich vom städtischen Vorschlag ab, schuf ein straffes Konzept mit ftinf einheitlichen Wohnbereichen fur 18000 Einwohner und mit breiten Grünräumen. Im September 1957 erfolgte der erste Spatenstich
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in der Königsberger Straße. 1974 lieferten runf Architekten bzw.
Planergruppen ihre Planungs gutachter. "Karls- ruhe-Nordoststadt" ab mit Entwürfen zur WaldstadtlFeldlage, die zwar von Anfang an geplant, aber bis dahin noch nicht realisiert war. Die Berliner Gruppe Freund/Oefelein! SchmockIVolkenborn erhielt dann den Pla- nungsauftrag fiir die Fertigstellung des nun bald 20 Jahre alten Siedlungsprojekts.
Bereits vor der Waldstadtplanung galt das Beiertheimer Feld, d. h. der heute noch von Kleingärtnern genutzte Teil, als potentielles Baugebie!. Die k1einteilige ParzelIierung des sich in privaten Händen befindlichen Areals galt aber als Haupthindernis. 1971 war das Gelände neben dem Albgrün Gegenstand eines städtebaulichen Idecnwettbewerbs. Der Entwurffiir das Albgrün des damaligen ersten Preisträgers J. Jakubeit fUhrte zur heutigen Günther-Klotz-Anlage.
Als Stadterweiterung im Sinne der Bebau- ung größerer, meist landwirtschaftlich genutz- ter Flächen, kann auch der künftige 28 Hektar große "Technologiepark Vogelsand" zwi- schen Rintheim und dei Waldstadt gesehen werden.
Der 1989 veranstaltete Ideenwettbewerb sollte die Entwurfsgrundlage rur einen Bebauungsplan liefern, um ein Baugebiet fUr Forschung, Dienstleistungen und technologie- orientiertes. Gewerbe in der räumlichen Fortsetzung der Universität und der Techno- logiefabrik erschließen zu können.
Der "Internationale städtebauliche Ideen- wettbewerb Karlsruhe 1970" beansprucht sowohl vom Umfang des Verfahrens als auch von der stadtentwicklungspolitischen Bedeu- tung in der bisherigen Historie der Karlsruher Wettbewerbe den ersten Platz. Ende der 60er Jahre drohte der bevorstehenden A1tstadtsa-
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nierung eine Umsetzung der Vorstellungen der Architektengruppe Kraemer, Sieverts, Pfenning: Hochhäuser und Flachbauten auf einem vorher leergeräumten "Dörfle". Die hiesige Architekturfakultät drang daraufhin zusanunen mit der Architektenkammer und dem Werkbund auf einen Wettbewerb, was von der Stadt schließlich akzeptiert wurde. Ende 1970 gingen aus 20 Ländern Europas 216 Arbeiten ein, die mit Abstand höchste Teilnehmerzahl eines Wettbewerbs in Karls- ruhe.
Die Wettbewerbsbeiträge glichen einem Kaleidoskop der damals gängigen Archi tektur- auffassungen: von pyram.idenförmigen Bau- körpern über den alles beinhaltenden Einzel- riegel bis zur Blockrandbebauung. Zehn Arbeiten kamen in den Genuß der Preise; drei Sonderpreise und sieben Ankäufe wurden fur besondere Einzelideen vergeben. Im Herbst 1971 beauftragte die Stadt Karlsruhe die "Neue Heimat" Baden-Württemberg als Treuhänder rur die Sanierung des 16 He~1ar großen Gebietes. Der San.ierungsträger be- auftragte 1972 runf der Preisträger mit der Überarbeitung ihrer Arbeiten. Nach dieser Phase erhielten zwei Büros, Hilmer/Sattler/ Sattler aus München und Müller/Schmock! Volkenborn aus Berlin, nochmals die Ge- legenheit der Überarbeitung. Der Münchner Enhvurf' beruhte auf dem Prinzip der Blockrandbebauung in Anpassung an den Stadtgrundriß und beließ den Fußgänger- und Fahrverkehr auf derselben Ebene. Das "Berliner Konzept" beruhte auf dem System von doppelzeiligen Baukörpern in Nord-Süd- Richtung und wies den Fußgängern die zweite Ebene über dem Straßenniveau zu. Dazwi- schen sollte der Anliegerverkehr und die Parkierung stattfinden. In beiden Enhvürfen blieb der Ostteil der Objektsanierung vor- behalten. Nach zähem Ringen in und zwischen den beteiligten Gremien und Institutionen wie Fachbeirat, Stadtplanungs-
ausschuß, Stadtverwaltung sowie Sanie- rungsträger entschied sich der Gemeinderat am 19. Dezember 1972 fiir den "Münchner Entwurf" der Grundlage ftir die Bebauungs- pläne und damit das Konzept rur die spätere Bebauung wurde.
Dieses beinahe drei Jahre dauernde Verfahren zeigt die Grenzen des Findungs- und Entscheidungsinstruments "Wettbewerb" deutlich auf. Denn, wie der damalige Berater Thomas Sieverts formulierte: es lassen sich Planungsabläufe dieser Größenordnung und Komplexität mit den üblichen Verfahren nicht mehr steuern. Ein Wettbewerbspro- gramm flir einen solchen Stadtteil kann mit einiger Verbindlichkeit nicht aufgestellt werden. Unbestritten ist die Bedeutung der Wettbewerbe als Anstoß der öffentlichen Meinung, als Vergleichsmaßstab, als Fort-
Planung zur Altstadtsanienmg (Das "Dörjle ")
bildungs instrument und Generator von Ideen. Daß Wettbewerbe mit überschaubaren
Aufgaben in Sanierungsgebieten ihre Funkti- on haben können, sofern eine Umsetzung der Ergebnisse erfolgt, zeigt die "Mehrfach- beauftragung Südstadt Grünzug" (1991192). Dieser 1976 eingeweihte Stadtteilgrünzug erfordert Maßnahmen der "Stadtreparatur", einer Sanierung und Stadtbildverbesserung im kleinen Maßstab, wie Schließung von Lücken, sinnvolle Ergänzung der angrenzen- den Bebauung und phantasievollen Grün- raumgestaltung.
Ein Bauvorhaben auf einem der attraktiv- sten Standorte im Sanierungsgebiet sorgte 1988 flir kommunalpolitische Unruhen, das L'Oreal-Projekt am Kronenplatz. Das bis dahin flir ein Kaufhaus vorgesehene Gesarnt- grundstück sollte nach einem Realisierungs-
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wettbewerb in Teilen·bebaut werden. Dagegen formierten sich Gegner einer Bebauung, um die Brachfläche als Freiraum zu erhaaen. Der daraufhin durchgetUhrte Bürgerentscheid konnte wegen des verfehlten Quorums (19,5 Prozent anstatt 30 Prozent) keine neue Entscheidung des Gemeinderats herbeifuh- ren. Den Ende 1988 entschiedenen Wettbe- werb gewann das Büro Rossmann und Partner, den Bauauftrag erhielt einer der beiden Zweitplazierten, H. Rotermund.
Stadtreparatur _;V>:-X·»~_"'_>>>X"""h_"'~:<<<..w .. :·>>>:·,..~lV[
Ein Schwerpunkt der Stadtplanung der 80er Jahre lag in der Beschäftigung mit Industrie- und Gewerbebrachen und deren künftiger Nutzung. So wurde durch Stadtumbau- und Stadtreparaturprojekie auch tUr das Wettbe- werbswesen ein zusätzliches Arbeitsgebiet erschlossen. Der 1981 jurierte städtebauliche Ideenwettbewerb fur das ehemalige "Bin- ding-Areal" zwischen Karlstraße und Beiert- heimer Allee und die Umgestaltungsaufgabe des Dragonerkasernengeländes (19\\2) leite- ten eine Reihe von Projekten ein. Mit dem dieses Gelände tangierenden 2,5 Kilometer langen Grünzug vom Mühlburger Tor bis zur Neureuter Straße beschäftigen sich Grün- raumplaner als Wettbewerbsteilnehmer (1986).
Die Gewinner des Grünzugwettbewerbs, das Karlsruher Büro Klahn und Singer, hatte bereits 1984 den Ideenwettbewerb "Neuord- nung des 'Bereichs um das Schloß Gottesaue" gewonnen. Eine Park- und Auelandschaft sollte der Oststadt die notwendigen Freiflä- chen mit dem Schloß im Mittelpunkt geben. Damit begann der Versuch der langsamen Umnutzung der 34 Hektar großen Fläche mit staatlichen Programmen. Die bisherigen Erfolge sind gering, da die Aufgabe der ZAST, die Verlagerung städtischer Dienst- stellen und des Schlachthofs noch rucht
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erfolgten. Die vorgesehene Fußgängerbrücke in Fortsetzung der Veilchenstraße (Wettbe- werb 1986) scheiterte bisher an Anliegerein- sprüchen. Die Hoffnung liegt nun auf der " Bundesgartenschau 200 I", deren Kern- bereich hier liegen soll. 1990 lieferten neun eingeladene Architekten flir die nahe Fläche der ehemaligen Milchzentrale an der Dur- lacher Allee Wettbewerbsentwürfe flir ein "lnnovationszentrum" ab.
Auch fur die Aufgabe Bundesgartenschau liefen bereits zwei Wettbewerbe: der "Städte- bauliche Ideenwettbewerb Karlsruhe-Süd- ost-Gottesaue" in den Jahren 1991/92 und der Folgewettbewerb "Ideen- und Realisierungs- wettbewerb Bundesgartenschau Karlsruhe 2001 " (1993). War der 1962 veranstaltete Ideenwettbewerb fur die Bundesgartenschau 1967 nur auf die Freiraumgestaltung des Stadtgartens und der Umgebung um das Schloß ausgerichtet gewesen, so liegt die eigentliche Zielsetzung des neuen Projekts in der großflächigen Stadtreparatur einschließ- lich der Umsetzung eines Verkehrskonzepts (Entlastung der Durlacher Allee durch die östliche Kriegsstraße und den verlängerten Ostring). Doch dies ist noch Zuk-unft, denn die endgültige politische Entscheidung steht noch aus.
Nicht inuner fuhren Wettbewerbe zur Realisierung der gefundenen Vorschläge. So nahm das Bauprojekt "Zentrum tUr Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM)"einen völlig anderen Verlauf als er mit dem 1986 veranstalteten Ideenwettbewerb "Entwick- lungsbereich Hauptbahnhof-Süd"und dem 1989 abgeschlossenen Realisierungswett- bewerb ZKM begonnen hatte. 1994 beginnen nach dem abgeschlossenen Gutachterverfahren mit drei eingeladenen Planungsbüros die Umbauarbeiten im Hallenbau auf dem IWKA-Gelände, das insgesamt ein Stadtum- bau-Projekt geworden ist.
Die 23 erwähnten und beschriebenen Wettbewerbe nach 1945 sind noch zu ergänzen mit AufgabensteIlungen aus der Grünraumplanung (Friedhof Nordwest 1980, Grünzug Albufer Grünwinkel 1981, Außen- anlagen Karlsburg Durlach 1988). Auch liefen einige Hochbauwettbewerbe, deren Umsetzungen in die Realität vor allem rur das Stadtbild von großer Bedeutung sind. Der Ettlinger-Tor- und Festplatzbereich nimmt dabei eine herausragende Stellung ein (Schwarz- waldhalle 1953, Badisches Staatstheater 1963, Stadthalle 1978, Gartenhalle 1987, Opel- Gelände 1991). Im Zusammenhang mit archilekturhistorisch wichtigen Situationen sind zu erwähnen die Architektenwettbewerbe "Landeskreditbank am Schloßplatz"( 1978) und "Badische Landesbibliothek" ( 1980) ge- genüber der St.-Stephans-Kirche.
Diese komprimierte Darstellung über beinahe 90 Jahre städtebaulicher Wettbe-
werbspraxis in Karlsruhe belegt die Wichtig- keit dieses Weges der Stadtplanung. Deutlich wird aber, daß komplexe Aufgaben und die Planung über Quartiersgrößen hinaus kein Feld rur die relativ kurzfristige Bearbeitung durch oftmals ortsfremde und auch nicht in das Planungsgeschehen einer Großstadt einbezogene Büros sein kann. Auch gelingt es keinem Preisgericht, in meist nur zwei Tagen eine große Anzahl von eingereichten Arbeiten in ihrer Differenziertheit einzuschätzen.
Die Kommunen sollten die Tradition der 20er Jahre wieder aufnehmen und die Planungskultur in den eigenen Verwaltungen pflegen. Das nicht realisierte Vorhaben "Rheinstadt" Mitte der 60er Jahre hat bewiesen, daß gerade große Planungsaufgaben sehr gut durch eine von Alltagsarbeit freigestellte Projektgruppe geleistet werGen können. In der Zukunft wird diese verwal- tungsinterne Projektarbeit, angereichert von temporärer Beratung, noch wichtiger werden.
Harald Ringler
Parkstadt - Parkring - Rheinstadt Ideen für neue Stadtteile in Karlsruhe nach dem Zweiten Weltkrieg
Stadtplanung bereitet Bauen vor und verhindert Bauen. Das letztere ist manchmal wichtiger, wenn auch nicht spektakulär. Stadtplanung nährt sich von Ideen, setzt diese in Pläne und Regeln um. Pläne fUhren aber nicht immer zur Realisierung ihrer Inhalte, auch wenn sie Gemüter bewegt, politischen Streit erregt und Hoffuungen geweckt haben. Jahre später erinnern sich manchmal nur noch die unmittelbar Beteiligten daran. Gerade um solche Projekte, die ausschließlich in Akten, Broschüren und Zeitungsarchiven Spuren hinterlassen haben, geht es in diesem Beitrag. Am Ende der Lekiüre mag der Leser überlegen,
ob nicht vielleicht eine der Ideen in der femen Zukunft aktuell werden könnte.
Stadterweiterung geschah bis ins 20. Jahrhundert als Fortsetzen der Bebauung, unnüttelbares Hinzuftigen von neuen Stadt- teilen an die bestehende Stadt, wie dies in Karlsruhe bis Mitte des 19. Jahrhunderts innerhalb der heutigen Innenstadt geschah. Die Südstadt, Südweststadt, Oststadt und Weststadt schlossen ab zirka 1860 nachein- ander an die Kemstadt an. Eine Entwicklung nach Norden, wie es im Parkring-Projekt vorgesehen war, gab es nicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutete Stadtelweiterung
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Schema der Neuordnung des Raumes Karls- ruhe (0. E. Schweizer 1944) mit Parkstadt im Sadosten.
die Anlage eigenständiger Siedlungen, abge- setzt von der eigentlichen Stadt. Hierfur wären die Parkstadt und die Rheinstadt Beispiele gewesen.
Parkstadt - Höhenstadtteil im Südosten
Eine von der Stadtverwaltung beauftragte, 1944 fertiggestellte Studie der beiden Professoren an der hiesigen Technischen Hochschule, Friedrich Raab und Otto Ernst Schweizer, beinhaltet Vorschläge "über die Ausgestaltung der Bahnanlagen und die Ausweisung von Baugebieten im Raum von Karlsrube". Schweizer veröffentlichte seinen Beitrag mit dem Titel ,,zur städtebaulichen Neuordnung von Karlsrube" im Jahre 1948 "zum Gebrauch der Studierenden der Tech- nischen Hochschule zu Karlsrube bei städtebaulichen Studien aufgaben", auch ei-
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nes der vielen Beispiele von Kontinuität der Ideen und Karrieren in diesen Zeiten.
Die Konzeption berubt auf dem Gedanken des "Trabantenbandes", eine Kombination von zirka 500 Meter voneinander entfernten Wohn- und Gewerbegebieten. Die Wohnge- biete schließen an die vorhandenen Dörfer wie zum Beispiel Forehheim, Mörsch und Durmersheim an, die Gewerbeflächen liegen östlich davon entlang der Bahnlinie, teilweise im südlichen Hardtwald. Die Freiräume zwischen den Dörfern bleiben erhalten. Nach Norden erstrecken sich die Trabantenbänder in gleicher Weise beiderseits des Waldes entlang der Linie Neureut und Eggenstein bzw. Hagsfeld, Blankenloch. Die Industrie- zone westlich von Hagsfeld wurde zelm Jahre später als Wohnbaufläche für die spätere Waldstadt ausersehen. Die LandschafI zwi- schen Rüppurr, Ettlingen und Durlach erfahrt keine Siedlungserweiterung.
Dafür wird die Berghöhe vom Wattkopfbei Ettlingen über Hohenwettersbach in Richtung Grötzingen für eine, vom Rheintal aus nicht sichtbare "Parkstadt" ausersehen. Die Be- bauung soll teils durch freistehende Einfami- lienhäuser mit 400 Quadratmeter großen Gärten, teils durch drei- bis viergeschossige Zeilen erfolgen. Eine Vorortesclmellbahn verbindet diese bandartige Siedlung mit dem Hauptbahnhof. " Eine besonders wichtige Aufgabe scheint es mir fur Karlsrube zu sein, ein Wohngebiet zu schaffen, das eine vollwertige Wohnanlage in jeder Beziehung darstellt. Eine solche Wohnlage besitzt Karlsrube auch in seinen besseren, wesentlich im Westen gelegenen Wohngebieten heute noch nicht. ... Besonders für den geistig arbeitenden Menschen muß jedenfalls nach einer höher gelegenen Wohngegend gesucht werden, welche auch eine wirkliche Entspan- nung für den modemen, nervösen Menschen bietet" (Schweizer). Die ab 1964 entstehen- de, fur Führungspersonal der Karlsruber
WirtschaftgedachteBergwaldsiedlung scheint ein vereinzeltes Element dieser Idee zu sein. Das von Schweizer so selbstverständlich formulierte Ziel der Nichtsichtbarkeit der Siedlung von der Ebene scheint hier wenig beachtet. Auch die Besiedlung des Durlacher Hanggebietes läuft seinen 20 Jahre früher niedergeschriebenen Leitgedar ' ' n des Frei- haltens des Schwarzwaldrandes entgegen. Für die fachliche Legitimation der Lage der Waldstadt war der "Schweizer-Plan" gut, ftir die bauliche Entwicklung in Durlach schien er unbrauchbar. Der Berufung auf frühere Pläne ist deshalb mit Vorsicht zu begegnen. Frei von Bindungen formulierte Ideen geben manch- mal Anstöße, werden umformuliert oder gar anderen profaner entstandenen Vorhaben unterlegt. Sie erhalten aber auch manchmal die Chance, wiederbelebt zu werden, wie das ftir den geschilderten Gedanken einer "Park- stadt" als Höhenstadtteil zutreffen kann.
Parkringbebauung - Stadtenveiterung nach Norden
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Der nördliche Hardtwald ist seit den 20er Jahren immer wieder Thema der Stadtpla- nung. Der Entwurf zurn Generalbebau- ungsplan 1926 legte die Grundlagen ftir den Parkring, der heutigen Adenauer-Allee, mit den beiderseits angeordneten Sportanlagen. 1948 lieferten die Karlsruher Architekten Willett und BingIer im Ralunen des Kaiserstraßen-Wettbewerbs einen Vorschlag zur Bebauung der Waldzone zwischen dem Ahaweg und dem Parkring mit Wohnungen ftir 20 000 bis 25 000 Menschen unter möglichster Schonung des Baumbestandes ("Wohnen unter den hohen alten Bäumen"). Die Idee einer Karlsruher Waldstadt ist damit geboren. Die zweite begann die amerikani- sche Besatzungsmacht zwei Jahre später an der Erzbergerstraße zu realisieren. Die dritte Waldstadtidee wird ab 1957 Wirklichkeit,
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Vorschlag für die Parkringbebauung von Wi//ett und Bing/er 1948, 1949.
nicht unabhängig von den ab 1949 gefuhr:en Diskussionen über die Inanspruchnahme des Waldes ftir Siedlungszwecke.
Der Vorschlag ftir eine nördliche Stadt- enveiterung war nicht unbegründet. Das Fehlen eines nördlichen Wohngebietes als Einzugsbereich fur die Innenstadt, die geringe Entfernung dorthin und der Staat alseinziger Eigentümer der Fläche sprachen bei der immer stärker werdenden Wohnungsnot rur diese Überlegungen. Ein Drittel des Woh- nungsbestandes war im Krieg zerstört worden, die Einwohnerzahl hatte aber nach dem Krieg zugenommen. Der Karlsruher Gemeinderat beschloß am 15. Februar 1949 außerhalb der Tagesordnung (!) nach einem fraktionsübergreifenden Antrag des Stadtra- tes Hernlann Walter gegen die Stinune des Stadtrates Dr. Friedrich Seippel: ,,zur Durch- ftihrung eines großzügigen Wohnungsbau- programmes soll das zwischen Ahaweg und Parkring gelegene Gelände fur den Woh- nungsbau freigegeben werden. Der General- bebauungsplan ist entsprechend zu ändern ... " Walter hatte die Parkringbebauurlg seit Mitte 1948 betrieben. Dr. Seippel wies in seiner
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Gegenrede auf das riesengroße Baulücken- potential hin und fragte, warum der Vorteil, den Wald vom Zentrum aus in kurzer Zeit erreichen zu körmen, aufgegeben werden sollte. Nach diesem Stadtratsbeschluß setzte in der Tagespresse eine engagierte Diskussi- on ein. Die Initiative schien aber im Laufe der Zeit im Sande zu verlaufen.
Oberbürgermeister Günther Klotz eröffne- te 1954 die weitere Diskussion mit den öffentlich gestellten Fragen "Läßt sich die Waldgrenze auf Dauer halten? Karm die Kaiserstraße fur ewige Zeiten an der Peripherie der Stadt liegen?" Er brachte auch die Idee von zwölf Hochhäusern am Parkring am Schnittpunkt der Strahlen ins Spiel. Der Karlsruher Architekt Erich Schelling nahm diesen Ball auf und erneuerte den funf Jahre alten Vorschlag für eine lockere Bebauung des Hardtwaldes. Dafur sollte die Stadt im Südwesten Ausgleich schaffen durch Auffor-
stungen. Die intensiv geftihrte Diskussion kann in der damaligen Tagespresse nachvoll- zogen werden. Im Januar 1955 präsentiert Klotz das Projekt "Nord-Ost-Stadt" für 30 000 Bewohner. Der Wald südlich des Parkringes bleibt frei von Bebauung. Das Beispiel zeigt auch den damals bereits vereinzelt gesehenen Zielkonflikt zwischen Bauen und Schutz des Natur- und Landschafts- raumes, ein vermeintlich erst seit wenigen Jahren erkanntes Problem der Stadtplanung.
Rheinstadt - ein neuer Stadtteil im Westen
Die Überlegungen fur eine dichte Wohnbe- bauung in der Burgau, des heute unter Schutz stehenden Landschaftsteils zwischen dem Knielinger See und der Pfalzbahn, lassen sich in den Akten bis auf das Jahr 1964 zurück-verfolgen. Ende 1968 finden sich noch Erwähnungen in Zeitschriften, eher als
Die Rheinstadt, Modell von Nordosten aus gesehen, 1965.
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Vorsorgeplanung, denn als ernsthaftes Pro- jekt dargestellt. Die Planungsarbeiten waren schon längst beendet worden. Mit dem Rückzug des damaligen Oberbürgermeisters Günther Klotz aus der Politik im Jahre 1970 verschwand diese im Stadtplanungsarnt geborene Idee dann vollständig.
Die Rheinstadt hatte als erns:: .aft betriebe- nes Projekt begonnen. Ein eigcnes "Rhein- stadtbüro" mit teilweise für diese Aufgaben freigestellten städtischen Mitarbeitern und studentischen Hilfskräften von Mitte 1965 bis Anfang 1967 bot die planerische Infrastruk- tur. Gutachten wurden in Auftrag gegeben, städtische Ämter mit Detailaufgaben be- schäftigt, eine eigene Broschüre herausgege- ben. Diese Planungskosten betrugen minde- stens 110 000 Mark. Sogar die Genehmi- gungsbehörde, das Regierungspräsidium, war fur das Projekt gewonnen worden. Aber weder der Karlsruher Gemeinderat noch sein Planungsausschuß waren, obwohl es fur Mitte 1966 vorgesehen gewesen war,. ein einziges Mal mit der Rheinstadt-Idee befaßt gewesen.
Die Bevölkerung hatte zwischen 1950 (201000) und 1961 (245 000) im Jahres- durchschnitt um 4 000 Einwolmer zugenom- men. Die Zeichen wiesen weiterhin auf Wachstum, unter anderem durch ein Gutach- ten über die wirtschaftliche Entwicklung des Raumes Karlsruhe. Die Prognosevariante "Mittlerer Zuwachs" ging dabei von einer Zunahnle bis 1980 von 50000 Einwohnern, also von einem durchschnittlichen Anwach- sen der EinwolUlerzahl von 2 500 pro Jahr aus. Die damaligen Wohnbauprojekte schie- nen fur. einen derartigen Zuwachs nicht ausreichend, was zu ersten Überlegungen einer Wohnsiedlung im Oberwald fuhrte . Voraussehbare Schwierigkeiten mit der vorhandenen Wassergewinnungszone ließ das Stadtplanungsanlt neue Möglichkeiten finden: die Fritschlach in DaxJanden wld die
Burgau in Knielingen. Letztere Variante hatte den Vorzug des überwiegend städtischen Eigentums gegenüber der großteils in vielen privaten Händen befindlichen Fritschlach.
An die Stelle der bisher verfolgten großen nördlichen Hafenerweiterung mit Industrie- gebiet trat nun die "Rheinstadt", geplant fur 27 000 Einwohner in drei großen und zwei kleinen Nachbarschaften auf insgesamt 100 Hek1ar Fläche. "Karisruhe am Rhein" schien nun endlich Wirklichkeit zu werden. Das von den Raffinerien im Norden bis zum Rheinhafen im Süden durchgehend geplante Industrieband war nicht mehr wünschens- wert, die Möglichkeit des Zugangs zum Rhein gewann Bedeutung und die Belastung von Knielingen durch Industrie schien abwend- bar. Die damals aufwendig betriebene Straßenverkehrsplanung mit Nord- und Südtangente und der Fortfuhrung der B 36 von Neureut quer durch den Ortskern von Knielingen an der Rheinstadt vorbei über den Rheinhafen sicherten eine sehr gute Erschlie- ßung für den Autoverkehr. Die Planung einer Straßenbahnlinie war im Gespräch, aber nicht näher definiert. Die Lage am Knielinger See ernlöglichte "Wohnen am Wasser" mit Freizeit- und Erholungsnutzungen.
Die Konzeption der Bebauung war ausge- richtet auf vier- bis 20geschossige Gebäude, teilweise gelagert auf einer Erschließungs- und Parkierungsebene. Das in den 60er Jahren verfolgte Ziel "Urbanität durch Dichte" galt auch für die Rheinstadtplanung. Es war die Fiktion, städtisches Treiben durch Funktionstrelmung und vielgeschossige Be- bauung zu erreichen. Eine zweite, viernlal sovieIe Menschen fassende Oberreut-Wald- lage am Wasser wäre entstanden.
In der im September 1965 erschienenen Ausgabe des Karlsruher Wirtschaftsspiegels verkündete Oberbürgermeister Klotz die mit Sicherheit vorauszusagende Erstellung . der Rheinstadt. Die Rheinstadt diente im Stadt-
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jubiläumsjahr als Vorzeigeobjekt. Die ersten Kostenzusammenstellungen erfolgten im De- zember. Die Schätzung ftir die wichtigsten städtischen Maßnahmen wie Aufschüttung des Geländes, Hochwasserschutz, Verlegung der Freileitung, Kanalisation, Wasser-, Strom- und Gasversorgung belief sich auf nahezu 35 Millionen Mark, was aufheutigem Stand fortgeschrieben I I 8 Millionen Mark bedeutet, die Investitionen ftir die Verkehrs- anbindung und die aufwendige Erschließungs- und Parkierungsebene ftir über 10 000 Fahrzeuge noch nicht gerechnet. Im Rezes- sionsjahr 1966, mitten in der Fertigste!- lungsphase der Bundesgartenschau 1967, erschien die Finanzierung dieser notwendigen Vorleistungen wahrscheinlich als unsicher. Es verschwanden langsam die Zeichen des Wachstums. Für das Jahr 1966 zeigte die Bevölkerungsstatistik erstmals Wanderungs- verluste, die aber noch vom Geburtenüber-
schuß aufgefangen werden konnten. Hatte das bereits erwähnte " Isenberg-Gutachten" bis 1980 eine Steigerung der Einwohnerzahlen bis auf290 000 als Mittelwert prognostiziert, so blieb der tatsächliche Wert unter 238 000 (ohne die 1972-1975 eingemeindeten Voror- te).
Ein anderes großes Projekt, die "Altstadt- sanierung", rückte in der zweiten Hälfte der 60er Jahre verstärkt in den Blickpunkt der Planung. Der Übergang von der "Stadt- erweiterung" zur "Stadterneuerung" war eingeleitet. Zudem begann mit der verstärkten Demokratisierung des öffentlichen Lebens die Ablösung der autoritär bestimmten Ver- mittlungspraxis von Planungsideen, die si- cherlich ihrerseits getragen war vom Verant- wortungsbewußtsein ftir aktuelle Probleme wie dem ak'Uten Wohnungs mangel in den 50er Jahren.
Harald Ringler
Verkehrsprojekte in Karlsruhe: vergessen, verworfen, aufgegeben
Standen im vorhergehenden Aufsatz nicht realisierte Ideen und Projekte fur Siedlungen im Blickpunkt, so sollen nun einige in Ver- gessenheit geratene planerische Vorhaben vorgestellt werden. Dabei geht es um die Schiffahrt, den Flugverkehr und Straßen.
Im Stadterweiterungsplan von 1802 schlug Friedrich Weinbrenner die Anlage eines Kanals vom Rhein bis nach Karlsruhe und weiter bis zum Steinkanal im Osten vor. "Denn Karlsruhe, das nur eine Stunde vom Rhein, und doch so weit entlegen, daß es nicht bei jedem nachbarlichen Streit dem Ruin des
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Krieges, wie andere Grenzstädte, ausgesetzt ist, würde noch ferneres außer der Annehm- lichkeit, durch die Verbindung des Rheins eben so viel ftir den Kommerz gewinnen, indem es ohnehin schon sehr geschickt durch die Heerstraßen, die sich von ganz Schwaben hindurch nach Frankreich und der Schweiz ziehen, ftir den Speditionshandel gelegen ist." Im Bereich der heutigen Innenstadt läge der Kanal in der Moltkestraße und östlich des Schlosses in der Richard-Willstätter-Nlee. Ein Plan von 1809 sieht ein Hafenbecken und Kaufhäuser am Schnittpunkt des Kanals mit der verlängerten Karlstraße vor, ungefahr auf der Fläche des heutigen Bismarck-Gymnasi- ums. Ein weiteres Kanal- und Hafenprojekt
ist im Plan zur Stadtvergrößerung von 1812 enthalten. Ein Hafen, gespeist von einem vereinten Murg- Wld Albkanalliegt mit einem neuen Marktplatz vor dem Ettlinger Tor.
Fast ein J ahrhWldert nach Weinbrenners erstem Hafenprojekt erhielt die Stadt ihren Rheinhafen. Zwischen 1899 Wld 1901 erfolgte der Bau an seiner heutigen Stelle, nachdem es verschiedene Standortvorschläge gegeben hatte. Der GeneralbebauWlgsplan 1926 enthält bereits eine Erweiterung mit weiteren Hafenbecken. Diese PlanWlgs- überlegWlg hielt sich bis in die 60er Jahre Wld verschwand erst mit dem an dieser Stelle vorgesehenen, später ebenfalls auf gegebenen Projekt Rheinstadt.
Flughäfen
Nach dem ersten Aufstieg eines Zeppelin im Jahre 1900 gewann die Luftschiffahrt bis in die 3 Oer Jahre eine gewisse BedeulWlg fur den Luftverkehr. 1908 überflog der Luftschiff- konstrukteur Graf Zeppelin Maxau, 1911 landete erstmals ein Luftschiff in Karlsruhe auf dem damaligen Exerzierplatz. Ende der 20er Jahre entstand das Projekt eines "Weltflughafens" ftir Luftschiffe in Deutsch- land. Karlsruhe bewarb sich 1928 neben Frankfurt Wld Berlin wn diesen "Zeppelin- Luftschiff-Hafen" Wld präsentierte daftir den Oberwald, wobei an ein Flächenausmaß bis 290 ha gedacht war. Als Standortfaktoren galten die Balmhofsnähe Wld die künftig das Gelände tangierende Autobahn Hanlburg- Frankfurt-Basel. Ein meteorologisches Gut- achten bescheinigte Karlsruhe die wahr- scheinlich beste EignWlg ftir diese Einrich- tung in der Oberrheinebene (Große Böen- freiheit, geringe Windstärken Wld Nieder- schlagsmengen, niedrige Anzahl der Nebel- tage). Daß die Luftschiffahrt ohne ZukWlft war, mag im nachhinein ein Trost ftir die Erfolglosigkeit der BewerbWlg sein.
F7ugplatzprojekl in Neureul (1933), Perspektive.
Ein regelmäßiger Flugverkehr mit Karlsru- he als Haltepunkt begann 1925 mit dem Linienflug Frankfurt-Karlsruhe-Lörrach. Den Landeplatz auf dem Gelände des ehemaligen Exerzierplatzes im Nordwesten der St3dt frequentierten im ersten Jahr bereits 2.000 Fluggäste. Das 25 ha große Gelände reichte vom ursprünglichen Areal des Klinikums im Süden bis zur Waldgrenze an der Binsen- schlauchallee im Norden, von der Hardt- waldsiedlWlg im Osten bis Wlgefahr zur gedachten Verlängerung der Nancystraße. 1m Laufe der Jahre wurden Erweiterungen notwendig, was 1933 wegen des angestrebten Flächenausmaßes mit einem 600-m-Radius vom FlugplatzmittelpWlkt aus zu Überlegun- gen einer AusweilWlg auf eine Größenord- nWlg von über 100 ha anl Standort oder einer VerlegWlg fuhrte. Der vom städtischen Tiefbauamt vorgelegte Alternativstandort lag im Bereich des ehemaligen Exerzierplatzes in Neureut, der heutigen BWldeswehrkaseme. Die BegrenzWlg wäre durch die Linkenheimer Landstraße im Westen, den südlichen Teil der Kirchfeldsiedlung im Norden Wld das Rosen- hofgelände im Süden. Das Areal hätte nach Osten hin Eingriffe in den Hardtwald nach sich gezogen. Ab 1934 erfolgte aber die Erweiterung am bestehenden Standort auf 118 ha bis zur Neureuter GemarkWlgsgrenze
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, Plan zur StadtvergrIJßerung Karlsruhe, von Fr,;ea'rich SchiffsanlagesteIlen gekennzeichnet).
im Zuge der Welschneureuter Allee, was eine vollständige Beseitigung des dort vorhande- nen Waldes zur Folge hatte.
Das heute noch vorhandene, nicht mehr genutzte Flugfeld stellt nur einen Teil des ehemaligen Fluplatzes dar. Ab 1952 gelang es der Stadt Karlsruhe, von den amerikanischen Streitkräften Teile ftir eine Wohnbebauung frei zu bekommen. So vergrößerte sich die Nordweststadt, die ab 1919 durch den Siedlungsbau im Bereich der Hertzstraße, SI. Barbaraweg, Postweg entstanden war, bis zur heutigen August-Bebel-Straße.
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Straßen
Nach dem 2. Weltkrieg erhält die Planung von Straßen in der kommunalen Verkehrspo- litik die größte Bedeutung. Die bereits in den Generalbebauungsplan 1926 eingeftihrten, vielfach schematischen Netzüberlegungen setzten sich über Generalplanungen von 1936 und 1947 bis Ende der 50er Jahre fort . Der Verkehrslinienplan und der vorläufige Flä- chennutzungsplan von 1961 lösten die damals 35 Jahre alte Konzeption ab, übernahmen aber bedeutende Netzelemente wie die
Bestehendes Verkehrsstraßennetz mit den aufgegebenen Straßenprojekten.
südliche Randstraße, die Nord-Süd-Durch- querung des Oberwaldes und die Nord- tangente. Die alten Planungsgedanken muß- ten oft als "Legitimation" daflir dienen. Für die Planer der 20er Jahre war aber nicht das Verkehrsaulkommen und dessen Bewälti- gung, sondern die Ausweisung von Straßen als "Rand- und Querverbindungen" und dazwischen liegende "Übergänge, Diagonal- straßen" und die "Aufteilung des Geländes fur die eigentlichen Siedlungszwecke" primä- rer Anlaß ftir deren Ideenfindung. 1925 wies die Kaiserallee westlich des Mühlburger Tores mit ca. 750 Personen- und Lastkraftwa- gen innerhalb von 12 Stunden die höchste Belastung einer Straße in Karlsruhe aus. Heute liegt die Südtangente westlich des Bulacher Kreuzes mit über 90 000 Fahr- zeugen innerhalb von 24 Stunden an der Spitze der Verkehrsbelastung in unserer Stadt. Deshalb ist die Begründung von Verkehrsprojekten mit Jahrzehnte zurücklie- genden Konzepten nicht statthaft.
Betrachten wir nun vier Beispiele nicht mehr aktueller Straßenverkehrsprojekte der 60er und 70er Jahre, die bereits Mitte der 20er Jahre in den Köpfen der Planer waren und auch später eine gewisse kommunalpolititsche Bedeutung hatten. Auf kurzlebige Planungs- ideen und Vorschläge vergangener Zeiten wird nicht eingegangen, obwohl sie bei Realisierung Karlsruhes Stadt- und Land- schaftsbild in Teilräumen stark beeinträchtigt hätten: zum Beispiel eine Nordtangente fur die Innenstadt über die Moltkestraße - Schloßbereich - Universität - Haid-und- Neu-Straße, eine Fortsetzung der Theodor- Heuss-Allee am Wildparkstadion vorbei bis zum Schloßplatz, eine Verlängerung der Südtangente nach Osten über das Hanggebiet nach Grötzingen.
Die heutige Ebertstraße entstand im Zuge der Anlage des neuen Hauptbahnhofs und des Bahnhofplatzes ab 1911 und hieß damals wie auch zwischen 1933 und 1945 Reichsstraße. Sie wuchs nach Westen als südliche Begren-
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zung der Stadterweiterung und war als Verbindung nach Mühlburg gedacht. Mit der Absicht, einen Erholungspark ,,Albgrün" (heute: Günther-Klotz-Anlage) anzulegen, verzichtete die Stadt auf eine Fortführung und ließ sie bei der Europahalle enden.
Der seit 1966 gültige Bebauungsplan mit der Nr. 326 enthält neben einem Ausbau der Battstraße deren Einmündung in eine geplan- te Straße zwischen der Bundesstraße 3 in Ettlingen beim Hedwigshof nach Rüppurr in Richtung Oberwald. Damit war ein Fixpunkt der seit den 20er bis in die 60er Jahre aktuellen Straßenverbindung von Ettlingen bis in die Südstadt planungsrechtlich gesi- chert. Im vorläufigen Flächennutzungsplan von 1961 war sie ebenfalls festgeschrieben gewesen. Ein "Baudenkmal" dieser Planung ist die heute als Fahrrad- und Fußweg benutzte 'Überfuhrung der Bundesautobahn arn Ende der Battstraße. Der Bau der Stras- senbrücke mit einem Querschnitt von 12 m erfolgte während des 3. Reichs im Zuge des Autobahnbaues von der Anschlußstelle KarlsruhefEttlingen nach Frankfurt bzw. Pforzheim (Fertigstellung 1938). Der "Ver- kehrswert" dieser Straße wäre wegen der zu vernachlässigenden Entlastungswirkung fur die Herrenalber Straße wahrscheinlich sehr gering. Welche wichtige Aufgabe dieser Straße hätte den Eingriff in das Naherho- lungsgebiet Obenvald begründen können?
Die "südliche Randstraße" soll als zweites Beispiel fur eine über funf Jahrzehnte verfolgte Straßenplanung betrachtet werden. Seit der Trassierung einer Südurnfahrung der Stadt von Daxlanden über Weiherfeld nach Durlach im Generalbebauungsplan 1926 beschäftigten sich Verkehrsplaner bis Mitte der 70er Jahre mit der Südurnfahrung. Durch den Verkehrslinienplan 1961 verlor die Südurnfahrung die Funktion einer Stadtteil- verbindungsstraße. Sie sollte als Querspange zwischen der Bundesstraße 36 südlich von
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Daxlanden und dem Autobahnzubringer L 605 dienen und in die Karlstraße weiterge- fUhrt werden. Dabei hätte sie den neuen StadtteilOberreut zusätzlich erschlossen und den damals noch aktuellen, südlich davon vorgesehenen Hauptfriedhof West an das Straßennetz angebunden. Die Weiterftihrung nach Osten zwischen Dammerstock und Rüppurr durch den Obenvald war nicht mehr sinnvoll, da die seit 1958 disk'Utierte "Südtangente" die Verbindungsfunktion in Richtung Osten übernehmen sollte.
Anfang der 50er Jahre fuhrte die Trasse von der Lindenallee in die Hohlohstraße. Zehn Jahre später rückte sie nach Süden neben die Hochspannungsleitungen in die bereits da- mals durch Kleingärten genutzten Zone südlich von Grünwinkel und Oberreut. Mit dieser Planung in Verbindung steht auch die im gleichen Zeitraum ak1uelle Führung der Bundesstraße 36 von Neureut durch das Kleingartengebiet zwischen Knielingen und dem Gewerbegebiet Husarenlager, über das Tiefgestade, das Hafenbecken, anl westlichen Rand von Forchheim vorbei. Es gab Überlegungen, die südliche Randstraße in Richtung Westen in die B36 einzuftihren und darüber hinaus über den Rhein zu verlängern.
Das hier abzuhandelnde dritte Straßen- projekt war Teil der "Nordtangente", der weiterhin aktuellen Gesarntplanung einer Straße vom Pfinztal inl Osten bis zur Rheinüberquerung im Westen. Die Notwen- digkeit dieser anfangs vierspurig geplanten Schnellstraße wird begründet durch die dadurch envartete Entlastungswirk'Ußg eini- ger innerstädtischer Hauptverkehrsstraßen. Auch würde ein Teil des Verkehrsaufkom- mens überörtlicher Herkunft sein. Der Karlsruher Gemeinderat beschloß am 23. Oktober 1979 mit der absoluten Mehrheit der CDU-Fraktion die Zustimmung Zunl vom Regierungspräsidium betriebenen Planfest- stellungs verfahren "NordtangentelB 10" mi1
der Hardtwalddurchquerung. Zwei Bürgerin- itiativen organisierten mit über 30.000 Stimmen ein Bürgerbegehren mit dem Ziel, einen Bürgerentscheid über die Planung herbeizufuhren. Da die Hauptsatzung der Stadt Karlsruhe die Möglichkeit eines Bürgerentscheids fiir diesen Fall nicht vorsah, mußte dieses Ansinnen zur;;ckgewiesen werden. Der Verlust der absolulen Mehrheit der CDU bei den Gemeinderatswahlen am 22. Juni 1980 fuhrte zu einer veränderten kommunalpolitischen Situation. Der Gemein- derat zog am 21. Oktober die Zustimmung zur Nordtangentenplanung zurück. Eine beauf- tragte Gutachtergruppe bewertete in der Folge alle in der Diskussion befmdlichen
Varianten des Mittelteiles der Straßen- planung. In der Sitzung des Gemeinderates arn 18. Mai 1982 entschied sich die Mehrheit rur die als "Hängebauch-Lösung" bezeichne- te Trassierung über die Theodor-Heuss- Allee, den Adenauerring und die Linkenheimer Landstraße anstelle der Hardtwald-Durch- fahrung. Der Ostteil der Nordtangente ist inzwischen planungsrechtlich festgeschrie- ben, die Fortsetzung nach Westen mit der Vernunftlösung über den Adenauerring noch nicht. Die Gefahr ftir den Hardtwald, eine der rur Karlsruhe bedeutensten naturnahen und landschaftsprägenden Zonen, ist somit noch nicht endgültig gebannt.
Harald Ringler
Stadtplätze in Karlsruhe - Entstehungsgeschichte und Überblick
Straßen verbinden (Stand)Orte, dienen der Überwindung von Distanzen, erschließen Stadtgebiete. Beim Platz in der Stadt steht das Verweilen im Vordergrund, das Anhalten. Die Straße ist der zielgerichteten Bewegung, dem Vorwärtsstreben, der Unruhe vorbehal- ten, unabhängig von der Wahl des Verkehrs- mittels. Platzanlagen sind oft selbst Ziele, die es zu erreichen gilt; sie können die Eilenden bremsen, Verkehrsströme umlenken und verteilen.
Der freie Raum im Inneren der Stadt
Platz in der Stadt bedeutet immer öffentli- cher Raum, Dreidimensionalität und Geschlos- senheit, das heißt horizontale Fläche und vertikale Begrenzungen durch Gebäude- wände, manchmal auch durch Baurnreihen. Die Flächengrößen, in der Regel gemessen zwischen den Platzwänden, schwanken in
Karlsruhe zwischen 1 000 m' (Fasanenplatz) und fast 40000 m' (Ettlinger-Tor-Platz). Die "klassischen" Innenstadtplätze erstrecken sich meist über Flächen bis zu 10 000 m' (Marktplatz). Der frühere Spitalplatz (heute Lidellplatz), der als Mittelpunkt der ersten Stadterweiterung Karlsruhes nach Südosten vor dem Marktplatz seine Gestalt fand, erreicht mit seinem dreieckigen Zuschni tt eine Größe von ca. 4 700 m'. Die Relation von
Innenstadtgnmdriß mit dem Landgraben und den Stadtplätzen.
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Breite und Länge gibt Hinweise auf die Erfaßbarkeit einzelner Örtlichkeiten. Ver- hältnisse bis 1:3 werden in der Städtebau- literatur fur annehmbar bewertet, was fur die allgemeine Situation in Karlsruhe zutrifft. Der Europaplatz geht in seinen Abmessungen etwas darüber hinaus, der Werderplatz in der Südstadt stellt mit der Relation Breite zu Länge mit 1:8 die Ausnahme dar.
Entscheidend fur den Raumeindruck ist aber das Verhältnis von der Wandhöhe der Platzwand oder des dominierenden Gebäudes zur senkrecht dazu vorhandenen Platzlänge bzw. -breite. Hier soll die Beziehung von 1:6 nicht überschritten werden, um noch einen Mindesteindruck an Geschlossenheit zu wahren. Der nördliche Teil des Karlsruher Marktplatzes weist in Ost-West-Richtung die Relation 1 :4,5 auf, der Rondellplatz mit dem Markgräflichen Palais als Bezugsbauwerk ca. 1 :2,5.
Die Zwecke des Verweilens auf Plätzen können verschieden sein: ausruhen, mit Waren handeln, beobachten, einsteigen und umsteigen in öffentliche Verkehrsmittel. Oft konzentrieren sich uni die öffentlichen Flächen Standorte fur Rathaus, Kirche oder Schule, Einzelhandel und Dienstleistungen. So stellen sie zentrale Lagen in der Stadt oder in Stadtquartieren dar. Die Aufenthalts- qualität wird heute durch die Fußgängerzone, die Vielfalt des Einzelhandels und der Gastronomie, sowie durch die Einrahmung mit mindestens 90 Jahre alten Fassaden und großkronigen Bäumen bestimmt.
Der Wandel der Funktionen
Der Markt als Ort des Warenaustausches bildet das Herz der europäischen Stadt. Bis zur industriellen Revolution Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts war Markt mit Marktplatz verbunden. In den Städten war es oft nur ein einziger Ort, an dem sich die
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Bevölkerung mit Waren des kurzfristigen wie auch mittelfristigen Bedarfs versorgte. In den zentralen Orten mit deren vielfaltigem Angebot entstanden spezielle Marktplätze wie Töpfermarkt, Roßmarkt, Fischmar"1, Kornmarkt. So fand der eigentliche Wochen- markt in Karlsruhe auf dem Marktplatz statt, der Lidellplatz war die UmschlagsteIle fur Holz und Heu. Das Spital blieb von 1788 bis 1907 das dominierende Gebäude an der Stelle der heutigen Gewerbeschule.
Marktbrunnen waren die erste notwendige technische Infrastruktur. Sie boten lange Zeit in den Städten die einzige Versorgungs- möglichkeit mit Wasser. Damit war der Marktplatz auch der am häufigsten frequen- tierte Ort. Der Marktplatz in Durlach bietet mit seiner Funktion und den rahmenden Nutzungen Rathaus, Kirche, Gasthaus ein idealtypisches Bild eines räumlichen und funktionalen Mittelpunktes in einer Klein- stadt. Marktplätze sind bis heute Synonyme fur städtische Öffentlichkeit. Mit der Einflih- rung der Gewerbefreiheit im 19. Jahrhundert entwickelten sich Handel und Handwerk in kurzer Zeit. Neue Geschäftslagen, vor allem zwischen den neuen Bahnhöfen und den Innenstädten, entzogen den traditionellen Marktplätzen Käufer und damit auch Besu- cher.
In den Residenzstädten entstanden ab Beginn der Neuzeit neben den Marktplätzen städtische Räumefur Repräsentationszwecke. Wichtige öffentliche Gebäude des Staates oder Kirchen erhielten einen "Vor"platz zur Selbstdarstellung. Städtebau, Architektur, Skulptur und höfische Zeremonien dienten der Selbstdarstellung der absoluten Fürsten und ihrer politischen Sendung. Die "Königs- plätze" in Paris bieten dafur die ersten Beispiele. In Karlsruhe erfuUte der Schloß- platz diese Funktion. Die Anlage von Plätzen und Hauptstraßen mit Blick- und Bewegungs- achsen zu dominierenden Bauwerken wurde
Mittel der Stadtplanung und blieb es bis heute. Mit dem langsamen Übergang vom flirstli-
ehen zum kommunalen Städtebau, beginnend am Anfang des letzten Jahrhunderts, über- nimmt das Wirtschaftsbürgertum die forma- len Gestaltungsregeln der synunetrischen Zuordnung von Platz und öffentlichen Gebäuden und deren Fassadengestaltung (Friedrichsplatz, Bahnhofplatz). Am Beginn des bürgerlichen Zeitalters und dann wieder nach der Reichsgründung 1871 bis zur Weimarer Republik entstehen vermehrt Denkmäler auf öffentlichen Plätzen (Via Triumphaiis, Kaiserplatz, Europaplatz). Brun- nen verlieren ihre Bedeutung. Mit der Zunahme des motorisierten Verkehrs wandel- ten sich Plätze am Rande der Innenstädte - die mit Toren und oft mit Torplätzen versehenen Eingänge zur vorindustriellen Stadt - zu Verkehrsknoten. Am Mühlburger Tor ent- stand die Christuskirche (Einweihung 1900) mit einem Vorplatz, am Durlacher Tor die Bemharduskirche (Einweihung 190 I) mit der vorgelagerten "Verkehrsinsel" Bemhardus- platz. Die Straßenkreuzung vor dem ehemali- gen Rüppurrer Tor erhielt 1897 den Namen Mendelssohnplatz. Die Zone vor dem ehemaligen Ettlinger Tor ist seit 1905 bis heute Gegenstand von Planungsüberlegungen. Alle Stadttore waren zwischen 1872 bis 1875 abgebrochen worden.
Das späte 19. Jahrhundert war auch die Zeit der "Stadtverschönerung", die manche Plätze zu pittoresken Grünanlagen werden ließ, wie es in Karlsruhe den Lidellplatz ereilte. Neue Platzanlagen in den großbürgerlichen Vier- teln dienten nun vor allem der Zierde und der Präsentation von Bauten (Scheffelplatz, Haydnplatz, Richard-Wagner-Platz). Brun- nenanlagen und Denkmäler verstärkten diese Funktionen. Daneben entstanden Plätze in den dichten kleinbürgerlichen Stadterwei- terungsgebieten als deren Marktplätze oder als Aussparung von Bebauung, um die Be-
lichtung und Belüftung in dicht bebauten Gründerzeitquartieren sicherzustellen und Monotonie zu vermeiden (Werderplatz, Fliederplatz, Gutenbergplatz, Brahmsplatz). Der Siedlungs bau im ersten Viertel unseres Jahrhunderts entdeckt den Platz als funktio- nalen und gestalterischen Mittelpunkt (Osten- dorfplatz, Charlottenplatz). Erst mit der Altstadtsanierung und bei Siedlungs projekten der letzten Jahre entstanden neben dem Umbau bestehender Anlagen (Ludwigsplatz, Marktplatz, Lidellplatz) wieder neue städti- sche Plätze (Kronenplatz, Waldstadtzentrum, Badeniaplatz).
Wer die Zahl der mit "Platz" bezeichneten Örtlichkeiten in Karlsruhe zählt, kommt auf die stattliche Summe von 64. Bei einem Dutzend dieser "Plätze" trifft die Bezeich- nung sicher nicht zu, da sie den mit dies~m Begriff meist verbundenen Vorstellungen nicht entsprechen. So ist zum Beispiel der Mendelssohnplatz eine Straßenkreuzung, der Archivplatz in der Südweststadt ein zwischen zwei Straßen liegender Spielplatz, der Ökunleneplatz hinter der Altkatholischen Kirche eine kleine Grünfläche, offen zum Weststadtgrünzug bzw. zu Verkehrsflächen. Der St.-Peter-und-Paul-Platz liegt nicht vor der gleichnamigen Kirche, sondern bezeich- net die seitlich vorbeifUhrende Straße. Wer kennt schon den lkarusplatz? Es ist der räumlich nicht faßbare Ausläufer der Alfons- Fischer-Allee zum ehemaligen amerikani- schen Flugplatz hin. So sind die Gründe einiger "Platz-Benennungen" nicht nachvoll- ziehbar. Andererseits verdienten wiederum andere städtische Räume die Bezeichnung "Platz", so z. B. die Plätze vor dem Durlacher Rathaus, hinter der kleinen Kirche nahe dem Karlsruher Marktplatz, vor der Christus- kirche. ln einigen Fällen hat die Bevölkerung die zutreffenden Benennungen schon vorge- nommen, ohne daß diese im amtlichen Verzeichnis so vernlerkt sind, und zwar beim
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"Richard-Wagner-Platz" in der Weststadt und "Brahmsplatz" in Mühlburg.
Das Stadtzentrum
Betrachten wir nun die Karlsruher Innen- stadt näher, um einem System bei der Anlage der wichtigsten Plätze auf die Spur zu kommen. Der Schloßplatz vor dem Karlsru- her Schloß ist unverzichtbarer Teil der gesamten Schloß anlage, wie das bei allen in der Zeit des Absolutismus gebauten Residen- zen üblich war. Er ist Trennung und Verbindung zugleich zum angegliederten Stadtkörper der Untertanen. Die Größe von über 7 ha und die Gestaltung lassen eher die Bezeichnung "Park" richtig erscheinen. Ob sich die südlich gelegenen Zonen in das innerstädtische Treiben integrieren lassen,
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Die Kar/sruherStadtmille im 18. Jahrhundert.
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hängt von vielen Voraussetzungen ab (Nutzungsvielfalt, Verkehrsberuhigung des Zirkels etc.).
Vom Schloßplatz aus entwickelte sich die seit dem letzten Drittel des 18. bis in unser Jahrhundert von allen beschworene städte- bauliche Achse nach Süden, deren städtebau- liche Bedeutung nicht mit der fUr das immer wieder erhome städtische Treiben überein- stimmt. Die Gründe dafur sind bekannt: die lineare Erstreckung der Geschäftszone im Zuge der Kaiserstraße, das städtebauliche "Val"Uum" Ettlinger-Tor-Platz und die gerin- ge atmosphärische Qualität der . Karl- Friedrich-Straße, diesen Teil der von Fried- rich Weinbrenner 1797 konzipierten "via triumphalis". Diese städtebauliche Schwere- linie wurde gestaltet durch die Anordnung verschieden geformter öffentlicher Räume, diese wiederum mit den Denkmälern der einzelnen Fürsten, vom Stadtgründer Karl Wilhelm (Pyramide, 1825) bis zum letzten absoluten Großherzog Ludwig (Marktplatz- brunnen, 1833) ausgestattet. Auf dem Schloßplatz steht das Karl-Friedrich-Denk- mal (1844), das Großherzog-Karl-Denkmal, der sogenannte Verfassungsobelisk ziert seit 1832 das Rondell. Den Abschluß dieser wechselnden Abfolge von Plätzen und Stras- sen bildete bis 1872 das Ettlinger Tor, das dann entfernt wurde. Mit diesem Verlust der Begrenzung verlor die klassizistische Stadt symbolhaft ihre letzte Bedeutung fUr das bauliche Geschehen, die Gründerzeit mit ihren Folgeerscheinungen begann.
Es ist nicht Weinbrenners alleiniger Verdienst, diese einmalige städtische Raum- folge konzipiert und großteils auch architek- tonisch ausgeformt zu haben. Seit 1764 stellten die ftir den Ausbau der Residenzstadt Verantwortlichen Überlegungen zur südli- chen Stadterweiterung an. Die Konkor- dienkirche (an der Stelle der heutigen Pyra- mide) mit dem dahinter liegenden Friedhof
und dem anschließend querenden Landgraben stellten die Barrieren dar. Bis 1787 lieferten einige auswärtige Architekten unterschiedli- che Pläne fur den Ausbau einer neuen Stadtmitte. 1783 wurde die Vermessung der heutigen Karl-Friedrich-Straße vom Land- graben (Hebelstraße) bis zum Rondell angeordnet, ab 1785 entstanden die ersten privaten Gebäude. Damit schienen die Grundzüge der Stadterweiterung, wie sie sich heute noch darstellen, festgelegt zu sein: ab 1785 Verlegung des Friedhofs, Abbruch der Konkordienkirche (1807) und Anlage eines Marktplatzes mit der Kirche auf der Ostseite (1816) und dem gegenüberliegenden Rathaus (1825), bauliche Ausdehnung der Stadt bis zum Schnittpunkt (Rondell 1810) zweier spiegelgleicher Straßen in Richtung damali- ges Mühlburger Tor bzw. Durlacher Tor. Die
Der Rondellplalz um 1910.
spätere Erbprinzenstraße (um 1800) und Spitalstraße (1789, heute Markgrafenstraße) sind Ergebnisse dieser Konzeption. Sie enden wiederum in zwei Plätzen, dem Ludwigsplatz im Westen (seit 1818) und dem Lidellplatz, früher Spitalplatz, (seit 1790) im Osten. Beide Platzanlagen sind in ihrer geometri- schen Form bestimmt durch den Verlauf des Landgrabens, des seit Gründung der Stadt bestehenden Hauptkanals. Er bildet unsicht- bar die südliche Flucht der Bebauung am Lidellplatz und die nordwestliche am Ludwigs- platz. Weiter im Westen hält sich die Baugrenze der Leopoldschule am Leopold- platz (1888) an seinen unterirdischen Lauf.
Weinbrenners Leistung fur die Planung der Stadtmitte liegt im Weiterentwickeln der früheren Planungen, in der endgültigen Fertigstellung des Stadtgrundrisses und
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seiner Architektur fiir die meisten Gebäude und Denkmäler vom Marktplatz bis zum Ettlinger Tor. Trotz der immer noch vorhandenen Bedürfnisanstalt mit ihren direkt vor dem Grabmal des Stadtgründers liegenden Zugängen und trotz der drei, aus stilgeschichtlicher Sicht irritierenden gepfla- sterten Rosetten gotischer Münster auf dem klassizistischen Platz hat der Marktplatz seine Bedeutung, die ihm wegen seiner Einmaligkeit in Städtebau und Architektur zusteht, beibehalten.
Vier wichtige Platzanlagen in der Innen- stadt verdienen noch die Aufmerksamkeit.
Nach der Versetzung des Mühlburger Tores von seinem Standort in der Kaiser- straße zwischen Waidstraße und Karlstraße zum heute nach ihm benannten Standort im Jahre 1817 entstand am Ende der Kaiser- straße eine durch die einmündenden Ste- phanien-· und Arnalienstraße städtebaulich interessante Platzsituation. 1874 mußte das Mühlburger Tor weichen, was dem Gesamt- eindruck sicher abträglich war. Nachdem die Stelle der Pyramide auf dem Marktplatz wegen der Grablege des· Stadtgründers als Standort fiir ein Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal nicht in Frage kam, fiel die Wahl 1889 auf das Ende der 1879 umbenannten Kaiserstraße. 1897 erfolgte die Aufstellung des Reiter- standbildes in einer räumlichen Situation, die mit der unserer Zeit nicht mehr vergleichbar ist. Die Trennung der zentralen Grünfläche vom übrigen Platz durch die umgebenden Straßen und Gleise fiihrt zu einer Isolierung dieser prominenten Stelle am Rande der Innenstadt im Übergang zu den westlichen Stadterweiterungsquartieren am Anfang des 20. Jahrhunderts.
Der 1975 so benannte Europaplatz ist nicht das Ergebnis einer besonderen städtebauli- chen Konzeption. 1827 war die Infanterie-
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kaserne an der Stelle des heutigen Haupt- postgebäudes und auf dem größten Teil des heutigen Stephanplatzes fertiggestellt. Die von der damaligen Langen Straße zurückver- setzte Bauflucht ermöglichte einen Vorplatz, der erst mit der nach 1870 beginnenden Bebauung auf den nördlich gelegenen Langensteinsehen Gärten zum städtischen Platz wurde. Das 1901 an Stelle der abgebrochenen Kaserne fertiggestellte, dem barocken Schloßbau nachempfundene Ge- bäude der Oberpostdirektion dominiert nun diesen am stärksten frequentierten öffentli- chen Raum in Karlsruhe.
Hinter dem Hauptpostgebäude liegt der Stephanplatz mit dem gleichnamigen Brun- nen. Dieser hatte 1905 wegen der nack1en Brunnenfigur und den von deren Schöpfern Hermann Billing und Hermann Binz künstle- risch verarbeiteten Reaktionen auf die damalige Spießigkeit zum Skandal gefiihrt. Die Platzanlage war nach Abbruch der Infanteriekaserne und · der oben erwähnten Neubebauung möglich geworden. Hier fmdet der vom Ludwigsplatz verlegte Wochenmarkt statt. Trotz mehrfacher Umgestaltung hat diese rur die Innenstadt wichtige Fläche noch nicht die ihr zustehende Gestaltung gefunden.
Viele der Karlsruher Plätze sind inzwi- schen Fußgängerzonen geworden, ermögli- chen die Abhaltung von Märkten und sonstigen Veranstaltungen, bieten die not- wendigen "Vorplätze" fiif baugeschichtlich bedeutsame Bauten und ermöglichen auch das Verweilen. Die zahlreichen Verkehrsschil- der, Abfallcontainer, parkende Fahrzeuge, aber auch gut gemeinte Möblierung beein- trächtigen leider oft das visuelle Erleben. Diese " zivilisatorischen Notwendigkeiten" müssen wir notgedrungen akzeptieren, da sie auch Begleiterscheinungen unseres städti- schen Lebens sind. Harald Ringler
Siedlungen der 20er Jahre in Karlsruhe
Der nach dem Ersten Weltkrieg in Karlsru- he herrschende Wohnungsmangel wurde her- beigefuhrt durch heimkehrende Soldaten, Flüchtlinge aus Elsaß-Lothringen und die ver- mehrten Eheschließungen gegenüber fiiihe- ren Jahren. Die Belegungsziffer, d. h. das Verhältnis Einwohner pro Wohnung sank von 4,5 im Jahr 1914 auf 4,0 im ersten Nach- kriegsjahr 1919, die Größen der privaten Haushalte verringerten sich. Die Stadtver- waltung reagierte mit dcr Einrichtung eines Wohnungsamtes, das Wohnungen vermittel- te und die Umnutzung von Wohnraum über- wachte. Die private Bautätigkeit war gegen- über den Vorkriegsjahren zurückgegangen. Somit mußte die Stadt selbst Wohnungen bauen und die Wohnungsbaugesellschaften unterstützen. Ein großer Teil des Wohnungs- neubaus nach dem Krieg wurde von den acht Genosscnschaften erstellt, davon wiederum ein hoher Antcil in neuen Siedlungen. Zwi- schen 1919 und 1928 bauten diese gemein- nützigen Organisationen an die 1700 Woh- nungen, das waren 23 % des gesamten Neubauvolumens in dieser Zeitspanne.
Die Hardtwaldsiedlung ~<·;·>:-:"""""_»,,,,,",,,->:·:«~»»»>:«««<-x«««,,*,,,,,,,"X«'««-»'-:«<·»>
Die Hardtwaldsiedlung, als "Genossen- schaft der Bauhandwerker" 1919 gegründet, begann in diesem Jahr ihre Bautätigkeit auf einem ca. 15 ha großen, bis dahin bewaldeten Gelände nördlich der ehemaligen Kadctten- anstalt an der Moltkestraßc. Die ersten Vor- stellungen gingen von einer Wohnungs- kapazität von 680 Wolmungen aus, 1932 wa- ren 360 erstellt. Das Karlsruher Architektur- büro Pfeifer und Großmann, ab 1911 bereits in der Gartenstadt Rüppurr mit den ersten Häusern vertreten, erstellte den Bebauungs- plan mit seinem einprägsamen Straßen-
grundriß. Die zwei Erschließungsstraßen, un- terbrochen durch kleine Plätze, verlaufen in Nord-Süd-Richtung bis zur Knielinger Allee und münden in den halbkreisformigen Wald- ring. Von dort aus begann die Bautätigkeit mit Doppelhäusern und Reihenhauszeilen. Die Hoffnung, im Norden einen dem Wal dring ähnlichen Abschluß zu finden, mußte wegen des Ausbaus des ehemaligen Exerzierfeldes zum "Luftverkehrlandeplatz" aufgegeben werden.
Die Genossenschaft baute auch im Auftrag der Stadt 1920 die Lohfeldsiedlung auf dem südlichen Teil des ehemaligen Gottesauer Exerzierplatzes in der Oststadt. Die Archi- tekten Pfeifer und Großmann erstellten zu- sammen mit sechs Mitgliedsarchitekten über 70 Reihenhäuser in einfachem Standard.
Gartenstadt Grünwinkel
Im selben Jahr wie die Hardtwaldsiedlung gründete sich mit Hilfe der Gartenstadt Karls- ruhe die "Gartenvorstadt Grünwinkel GmbH" als Baugenossenschaft und schuf bis 1929 südlich der Alb um den Charlottenplatz her- um 137 Wohnungen in zweigeschossigen Rei- henhäusern. Über hundert weitere Häuser ent- standen in Daxlanden westlich der Aga- thenstraße. 1935 verschmolz die "kleine Schwester" mit der Gartenstadt. Diese ver- größerte ihren ab 1911 erstellten Wohnungs- bestand in Rüppurr zwischen 1919 und 1928 um 330 Unterkünfte. Die siedlungsplanerische Grundlage nach Karl Kohler und Friedrich Ostendorf hatte Max Läuger weiterentwik- kelt.
Schon vor dem Ersten Weltkrieg erfolgten im Weiherfeld die ersten Straßenbauarbeiten zur Erschließung einer neuen Siedlung. Die ersten Häuser dieses später manchmal als
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Hardlwaldsiedlung (Luftaufnahme von Sadweslen).
"BeamtenstadIteil" bezeichneten Wohnquar- tiers wuchsen aber erst Anfang der 20er Jah- re empor. Hier waren es aus Elsaß-Lothrin- gen Vertriebene, die mit ihrer eigenen Sied- lungsgenossenschaft bis 1928 über 90 neue Wohnungen erstellten.
Die Parksiedlungsgenossenschafl "Eigen- handbau" begann 1920 mit dem Bau einer Siedlung im Gewann Binsenschlauch an der Hertzstraße. Die Mitglieder stellten selbst Betonhohlsteine her und erbrachten einen ho- hen Anteil an weiteren Eigenleistungen . .
Für den Siedlungsbau erfolgten in diesen Jahren einige wenige Auslobungen von Welt- bewerben. Die "Albsiedlung" war 1923 Ge- genstand der ersten Konkurrenz im Siedlungs- wesen nach dem Krieg. Die Beteiligung der Karlsruher Architektenschaft mit 33 Entwür- fen war groß, das umgesetzte Ergebnis be- scheiden. Die Stadt baute und verkaufte im
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Anschluß daran 30 Wolmungen an der Dax- lander Straße vor allem an Kriegsinvaliden. Die Häuser waren in "Kernbauweise" als "Kleinstwohnungen" mit Zimmer und Küche im Erdgeschoß erstellt worden, um den Er- werbern selbst den Ausbau der Dachgeschosse zu überlassen.
Der Dammerstock
Der Höhepunkt des Siedlungs- und Woh- nungsbaus in Karlsruhe wurde 1929 durch den Bau von über 220 Wohnungen im Dam- merstock erreicht. Die drei Wohnungsgesell- schaften Hardtwaldsiedlung, Volkswohnung und Heimat errichteten die Geschoßwoh- nungsbauten und Reihenhauszeilen mit ins- gesamt 23 Wohnungstypen innerhalb eines halben Jahres. Das Prinzip dieses Beispiels des "Neuen Bauens" beruhte auf der Nord-
Süd ausgerichteten Zeilenbauweise und der Architektur der neu(:tI Sachlichkeit, d. h. ein- fache Baukörpcr mit hellem Anstrich, ohne Ornamente, mit Flachdach und Fensterbändern. Die Wohnungen selbst soUten als "Gebrauchs- wohnungen" fmanziell erschwinglich sein und einen nach funktionalen Gesichtspunl.1en aus- gerichteten Grundriß aufweisen.
Dem Bau, der mit einer Bauausstellung flir die Bevölkerung endete, war ein Wettbewerb vorausgegangen. Die Zusanunenstellung des Preisgerichts und die den ortsansässigen Ar- chitekten zugeladenen Auswärtigen ließen schon die von der Stadtverwaltung, hier vor allem vom innovationsfreudigen Baubürger- meister Hermann Schneider, gewünschten Er- gebnisse erwarten. Der Bauhaus-Gründer Wal- ler Gropius gewann den Wettbewerb und wur- de neben einzelnen Bauaufträgen mit der künst- lerischen Oberleitung betraut. Für die Realisie- rung hatte die Stadtverwaltung durch ein neues Finanzierungssystem und die Gründung der ,---------------
"--------- ._--- Grundkonzepl der Dammerslock-Siedlung.
"Volkswohnung" als Wolmungsuntemehmen mit städtischer Beteiligung wichtige Grundla- ge:n geschaffe:n. Karlsrube verfiigt neben Berlin und Frankfurt am Main mit deren fortschrittli- chen Wohnsiedlungen aus dieser Zeit über ein international bekanntes Beispiel des Siedlungs- baus der ersten deutschen Republik.
1930 lieferten Karlsruher Architekten im Rahmen des vom Mieter- und Bauverein Karlsruhe durchgeführten Wettbewerbs 68 Planungsvorschläge für die Bebauung des Gottesauer Exerzierfeldes mit insgesamt 2,4 ha. 1927 hatte die Stadt der Baugenossen- schaft zum 30. Jubiläum eine Planung fiir die Bebauung dieses Geländes geschcukt Wie bei diesem Geschenk war bei den Wettbewerbs- ergebnissen die Ausnutzung des Geländes ebenfalls zu niedrig gewesen. So plante das vereinseigene Baubüro den fünfgeschossigen Gottesauer Block mit über 340 Wolmungen, zentraler Waschanlage und sechs Ladenge- schäften. Diese große Wolmanlage ist keine typische Siedlung, stellt aber durch ihre Di- mension und Ausstattung einen bedeutsamen Bei trag dar zur Vermehrung des knappen Wohnraumes in Karlsruhe. Anfang der 30er Jahre begann die Bautätigkeit in der heutigen Weingärtensicdlwlg in Mühlburg mit der Un- terstützung der Kondima-Werke.
Die "Stadtrandsiedlung" in Grünwiukel, we- gen illrer Bauweise auch "Holzsicdlllng" ge- nannt, war das letzte Siedlungs projekt wäh- rend der Weimarer Zeit. Das Deutsche Reich stell te damals ein Förderprogramm auf, um Erwerbslosen Wohnstätten zur Verfügung zu stellen. Die sich freiwillig Meldenden mußten sich zur Selbst- und Nachbarschaftshilfe im Gegenwert von 500 RM verpflichten. Die Ko- sten eines Hauses durften einschließlich der Erschließungsaufwendunge:n 3 000 RM nicht überschreiten. Die Gemeinde als Träger der Unternehmung stellte Grundstücke - in Karls- ruhe 800 m2 - in Erbpacht zur Verfiigung. Die Mindcstgräße einer derartigen Siedlung
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lag wie in Grunwinkel bei 100 Siedlerstellen. Die großen Grundstücke dienten der Selbst- versorgung durch den Anbau von Gemüse und Obst. Um die Kosten niedrig zu halten, mußte die Erschließung einfach sein. Auf Wasseranschluß und Kanalisation wurde ver- zichtet. In Karlsruhe begann die Bautätigkeit im Mai 1932 und endete mit der Fertigstel- lung der 100 freistehenden Häuser in Holz-/ Lehmwickelbauweise im November des sel- ben Jahres. Den Bewohnern standen je Haus eine Wohnküche und zwei Schlafzimmer zur Verfiigung, das Dachgeschoß war ausbau- bar. Ein Kleintierstall war eine Grundlage fUr die Erweiterung der eigenen lebens- mittelversorgung.
In jenen Jahren stützte sich der Wohnungs-
Die Sladlrandsiedlung in GrUnwinkel.
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bau neben der Anlage von Siedlungen auch auf die Errichtung von Wohnanlagen inner- halb des Stadtgebietes. Beispiele daftir sind die von Hans Zippelius geplante Blockbe- bauung in der Brahms-lKalliwodastraße An- fang der 20er Jahre, der einige Jahre später errichtete Nordsternblock in Mühlburg von Hans Detlev Rösiger und die 1930 fertigge- stellte Bebauung an der Ebert-, Schnetzler- und K10sestraße beim Hauptbahnhof von Her- mann Reinhard Alker.
Die Dammerstock-Siedlung wird in diesem Fruhjahr Gegenstand einer Ausstellung des Badischen Landesmuseum sein. Das sollte Anlaß sein ftir eine stadthistorische Erkun- dung dieses Teils der Stadt und auch der anderen genannten Siedlungen.
Harald Ringler
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Siedlungen der 50er Jahre in Karlsruhe Städtebau nach dem Krieg
Wie nach dem Ersten Weltkrieg herrschte in den deutschen Großstädten auch nach dem Zweiten Weltkrieg große Wohnungsnot, al- lerdings in noch dramatischerem Umfang als am Anfang der Weimarer Republik.
Heimkehrende Soldaten, Flüchtlingsströme und Vertriebene trafen in den oft stark zer- störten Städten ein. So war die Kommunal- politik in dieser Zeit hauptsächlich mit dem Wiederaufbau und - Anfang der 50er Jahre- mit dem Neubau von Siedlungen befaßt. Ei- nige Beispiele in Karlsruhe sollen hier vorge- stellt werden.
Die damalige Siedlungsplanung war geprägt vom Zeilenbau innerhalb von Grünflächen. Durchlüftung und Besonnung waren die Kri- terien, wie sie bereits seit den 20er Jahren fur den Wohnungsbau Gültigkeit hatten. Im Ge- gensatz zu den strengen Formen des fort- schrittlichen Städtebaues der damaligen Zeit waren die Wohnzeilen freier angeordnet. Die gegliederte und aufgelockerte Stadt" - so der Titel des 1957 veröffentlichten, aber bereits Anfang der 40er Jahre größtenteils fertigge- stellten Buches von Göderitz, Rainer und Hoffinarm - hat ihre Ursprünge allerdings mehr im Siedlungs bau bei Beginn des Bombenkrie- ges als in der Reformzeit der 20er Jahre.
Nordstadt
Den 1996 als "Nordstadt" defmierten Stadt- teil prägen die um die Jahrhundertwende - ursprünglich flir das Militär - errichteten Be- hördenbauten nördlich der Moltkestraße, die in den 20er Jahren entstandene Hardtwald- siedlung und die ab 1950 entstandenen Wohn- bauten östlich der Erzbergerstraße. Für die Verteidiger" des Hardtwaldes und Gegner des
zwei Jahre zuvor ins Gespräch gebrachten Parkringprojekts" (siehe S. 11) war die Inanspruchnahme des Waldes zwischen dem heutigen Adenauerring und der Erzberger- straße eine bittere Enttäuschung. Anlaß da- flir war die Absicht der amerikanischen Be- satzung, vier Wohnblöcke in einer U-förmigen Bebauung gegenüber dem Flugplatz zu er- richten. Mit dem Bau der "Paul Revere Village" , der ersten Waldstadt in Karlsruhe, begann die in den nächsten Jahrzehnten im- mer stärker werdende Inanspruchnahme des Hardtwaldes. Die kann aber nicht allein den Amerikanern angelastet werden. Denn zeit- gleich startete die Landesbausparkasse in der Moltkestraße ihr Vorhaben mit 120 Eigen- tumswohnungen, di.e ersten ihrer Art in Karls- ruhe, in funf dreigeschossigen ost-west-ge- richteten Zeilen (Planung Architekten Eckart und Platz). Die "Parking-Genossenschaft", getragen von Stadtrat Walter und Architekt Willet!, begann ebenfalls in der nördlichen Fortsetzung mit dem Bau von Wohnzeilen. Der Bebauungsplan, der bereits eine Straßen- bahntrasse in der Erzbergcrstraße enthielt, wurde erst nach Fertigstellung der ersten Ge- bäude Ende 1950 gültig.
Die Amerikaner vergrößerten trotz der kri- tischen Stimmen aus der Stadtverwaltung ihre Siedlung weiter in den Wald. Der Siedlungs- grundriß mit dem fur die 50er Jahre typi- schen Zeilenbau orientiert sich vor allem ent- lang dcr Tennessee Avenue nach dem Fächer- grundriß der Gründungsstadt. Die Kirche liegt auf der Achse der Welschneureuter Allee. Über I 200 Wohnungen waren es 1995, als die städtische Wohnungsgesellschaft Volks- wohnung" den größten Teil davon kaufte. Nach der laufenden Phase der Aufstockun-
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gen, Anbauten, Ergänzungsbauten und der späteren Neubauten wird es hier einen Be- stand von 3 000 Wohnungen geben.
Nordweststadt
Die Siedlungstätigkeit im heutigen Stadt- teil Nordweststadt nahm ihren Anfang in den 20er Jahren mit dem Projekt der Genossen- schaft "Eigenhandbau" zwischeri Hertzstraße, St. Barbaraweg und Postweg. Aber erst 1951 setzte sich mit der Siemenssiedlung im Ge- wann Binsenschlauch der Siedlungsbau fort, ein tur Karlsruhe und die damalige Zeit be- achtenswerter Beitrag zum Wohnungsbau ei- nes Konzerns. Der Architekt Gaertner plante hier fiir die Baugenossenschaft der Siemens- Werke an der Hertzstraße 18 zweigeschossige Wohnzeilen mit je acht Wohnungen. Je zwei Häuser stehen rechtwinklig zueinander, nach Westen bzw. Süden zur nach Westen offenen Griinfläche orientiert. 1952 entstand der zwei- te Bauabschnitt mit 160 Wohnungen zwi: sehen Dürkheimer- und Germersheimerstraße. In den 60er Jahren schloß sich nach Norden die Bebauung "Lange Richtstatt" an. Die ei- gentliche Binsenschlauchsiedlung - ebenfalls in den 50er Jahren von Donauschwaben er- richtet - liegt nördlich des Madenburgwegs.
Die Rennbuckelsiedlung geht auf Planun- gen der Stadt im Jahre 1951 zuriick. Für 4000 Menschen sollten zwischen der Siemens- allee, Neureuter-, Landauer- und Berliner Straße Wohnungen in Reihen-, Ein- und Zwei- familienhäusern entstehen. Ein Drittel des Geländes war in städtischem Eigentum. Die Realisierung erfolgte in zwei Stufen und dau- erte mehr als zwei Jahrzehnte.
Dem Ostteil dieses Stadtteils mangelt es an einer städtebaulich eindeutigen Ausformung, was auch aus der Entstehungsgeschichte die- ser "Flugplatz-Siedlung" verständlich wird. Der seit 1924 reguläre Flugplatz hatte wäh- rend des 2. Weltkriegs seine größte Ausdeh-
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nung erhalten, von der heutigen Erzberger- straße bis zum Postweg bzw. Wilhelm- Hausenstein-Allee als ungefahre westliche, nicht geradlinige Begrenzung, im Süden be- grenzt durch die Hardtwaldsiedlung und die Nancystraße, im Norden durch die Heide- Siedlung. Seit 1952 bemühte sich der dama- lige Oberbürgermeister Klotz um die Freiga- be des von der amerikanischen Besatzung beschlagnahmten Geländes zur Bebauung. 1953 gelang es, eine Fläche von 40 ha zu erhalten. Im Ausgleich dafur wurde den Ame- rikanern Gelände östlich der Erzbergerstraße angeboten. 1955 begann die städtische Volks- wohnung auf der Grundlage einer unverbind- lichen Gesamtplanung für das gesamte Flugplatzgelände mit dem Bau von sechs Wohngebäuden mit insgesamt 112 Wohnun- gen zwischen der heutigen August-Bebel- und Ludwig-Windthorststraße. Das Stadtpla- nungsamt haUe ein Jahr zuvor dieses Kon- zept fUr einen neuen Stadtteil mit 25 000 Menschen ausgearbeitet. Da die ersten Sied- lungsteile auf dieses Gesanltkonzept ausge- richtet gewesen waren, der östliche Gelände- teil wegen der späteren militärischen Flug- platznutzung aber nicht freigegeben wurde, verlor der Gesamtplan an Bedeutung. Teile des vorgesehenen Erschließungssystems wie die Verbindung von der Wilhelm-Hausen- stein-Allee zur Knielinger-Allee konnten we- gen des Sportgeländes der französischen Streitkräfte nicht realisiert werden. In den darauf folgenden Jahren wurden Teilbebau- ungskonzcpte stückweise" aneinandergesetzt. Durchfahrt man diesen Teil der Nordwest- stadt von Süden nach Norden, so zeigen sich die zur jeweiligen Entstehungszeit gängigen Siedlungstypen vom Zeilenbau der 50er Jah- re bis zum verdichteten Eigenheimbau der 80er Jahre.
In Mühlburg entstand zwischen 1953 und 1957 eine Wohnsiedlung im Rahmen einer Gesamtplanung flir den gesamten Stadtteil. Im Oktober 1952 legte das Stadtplanungsamt einen Bericht zur Neuordnung der Verkehrs- flihrung in den westlichen Stadtteilen und zur
Aufstellung der neuen Bebauungspläne flir Mühlburg vor. Die Verbesserung der Ver- kehrsverhältnisse stand als vordringliches Ziel der Neuplanung von Mühlburg an. Die von der Innenstadt kommende breite Kaiserallee als damals wichtigste Ost-West-Verbindung hatte den engen Querschnitt der alten Rhein- straße als Fortsetzung. Sie sollte deshalb auf
Bebauungsplan Binsenschimich mit der Siemenssiedlung in der Nordweslsladl.
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39 m verbreitert werden, was das erste, bis Anfang der 60er Jahre dauernde Sanierungs- projekt Karlsrulles zur Folge hatte. Bereits Anfang der 40er Jahre hatte das Stadtpla- nungsamt größere Eingriffe im Zuge des ge- planten Ausbaus der Ost-West-Achse flir die "Gauhauptstadt"-Planung angedacht.
Die Verlängerung der Weinbrennerstraße zum Entenfang war als Verbindung der Kriegsstraße mit dem Westen der Stadt ge- dacht. Die Ebertstraße sollte die Verbindung in Richtung Bahnhofherstellen und hätte nach Westen die Fortsetzung mit der umzubauen- den Lameystraße gefunden. Damit war der Vorläufer der späteren Südtangente im We- sten konzipiert. Dem Entenfang kam dadurch eine ungeheure Bedeutung als Verkehrsknoten zu. Nach dem Bebauungskonzept Mühlburg- Ost war westlich davon eine Hochhausgruppe als architektonischer Akzent" und Auftakt flir das neue Wohngebiet" gedacht. Hier ent- stand dann auch 1954 das erste Hochhaus in Karlsrulle (Entwurf Architektengemeinschaft Backhaus und Brosinsky, Lauer, Schloms), die nächsten folgten 1955und 1969. Die Neu- ordnung des Verkehrs betraf auch dessen Fort-
flihrung nach Süden über eine neu zu trassie- rende Vogesenstraße. Die Ebertstraße exi- stiert heute in Mühlburg nicht mehr, die Straßenbahntrasse markiert ihren früheren Verlauf. Die Weinbrennerstraße erfüllt inzwi- schen nur noch die Funktion einer Sammelstraße flir die Wohnsiedlung Mühlburger Feld.
Dieses südlich der St. Peter-und-Pauls-Kir- ehe liegende Areal zwischen der Sophien- straße, Wiehernstraße, Entenfang und ehe- maliger Ebertstraße war schon seit Jahrhun- dertbeginn Gegenstand von planerischen Überlegungen gewesen. Das ca. 19 ha große Gelände, das sich etwa zur Hälfte in städti- schem EigentunI befand, war aber auch nach dem Krieg noch nicht erschlossen und wurde als Kleingartengelände genutzt. 1m Januar 1953 beschloß der Gemeinderat die Bebau- ung des Mühlburger Feldes. Das Bebauungs- plankonzept enthielt bereits die wichtigsten planerischen Vorgaben und Ziele, welche die heute so selbstverständlich anmutende Er- scheinung dieser Nachkriegssiedlung prägen: offene drei- bis ftinfgeschossige Zeilenbau- weise mit überwiegender Nord-Süd-Ausrich- tung und dazwischen liegenden 30 m breiten
Mühlburger Feld mit der inzwischen rückgebauten Ebertstraße.
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Grünflächen. Ein öffentlicher Grünzug von der St-Peter-und-Paulskirche nach Süden zur neuen Grundschule bildet die Siedlungsmitte. Von den 32 Teilnelunern des im März dessel- ben Jahres abgeschlossenen Architekten- wettbewerbs errangen Alfred Gärtner, M. Meffer und Erich Rossmann sowie von Nor- den die ersten drei Preise. l'T, ch dem Ein- spruch des Bundes Deutscher Architekten mußten die eigentlichen ersten Preisträger Hans W. Jung und Ralph W. Becker als nichtteilnaluneberechtigt ausgeschlossen wer- den.
Vor der endgültigen Rechtskraft des über- arbeiteten Bebauungsplans Ende 1954 waren die meisten Gebäude bereits errichtet. Inner- halb von zweieinhalb Monaten wurden 42 Wohnhäuser im Rohbau fertiggestellt. Die stadteigene Volkswohnung baute insgesamt über 1300 Wohnungen, davon über 900 Woh- nungen in fiinfgeschossigen, bis zu 80 m lan- gen Zeilen. 97 % des Wohnungsbestandes sind Zwei- bzw. Drei-Zimmerwohnungen. War die Siedlung 1952 noch fiir 4000 bis 5 000 Einwohner vorgesehen, so leben heute in den zwischen 1987 bis 1992 modernisier- ten Wohnungen um die 2 500 Menschen.
Waldstadt --- Der auch nach dem Beginn einiger Sied-
lungsprojekte wie Mühlburger Feld, Rint- heimer Feld und Flugplatzbebauung vorhan- dene starke Wohnungsmangelließ die Stadt- verwaltung nach weiteren Flächen suchen. Wie schon Jahre vorher bekam die Inan- spruchnalune des Hardtwalds wieder Aktua- lität. Wegen der Dringlichkeit des Wohnungs- baues war das Grundstückseigentum in einer (öffentlichen) Hand von großer Bedeutung. Die im Ralunen eines Gutachtens zur Neu- ordnung von Karlsruhe von Prof. O. E. Schweizer 1944 formulierte Idee bandformi- ger Siedlungen entlang des Hardtwaldes mag
Waldstadt-Plan desStadtplanungsamtes (1955).
auch noch bei der Flächenwahl Pate gestan- den haben. Als der damalige OB Klotz dem Stadtrat am 11. Januar 1955 eine Vorlage über den Bau einer Nordoststadt fiir 35 000 Einwohner im Hardtwald westlich von Hags- feld vorlegte, war der frühere erbitterte Wi- derstand gegen eine Hardtwaldbebauung ver- siegt. Die Gegenleistung bestand in der Zu- sage der UnterschutzsteIlung des übrigen Hardtwaldes. Um die erforderliche Überga- be der Fläche durch das Land zu beschleuni- gen, erstellte das Stadtplanungsamt ein Kon- zept mit einer Einwohnerkapazität von 25 000 Einwohnern, wurde eine Broschüre Karlsru- he ohne Baugelände in Umlauf gebracht und eine Offensive im Landtag initiiert. Der Er- folg blieb nicht aus. Die Stadt konnte nun weiter planen, mußte aber auf Druck der Architektenschaft und einiger Gemeinderäte einen Wettbewerb zu Siedlungsplanung aus- loben (August 1956). Die Preisträger hielten
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sich in den Grundzügen an den städtischen Entwurf mit dem bereits dort angedachten typischen stichförmigen Erschliessungssy- stem, welches das Grundgerüst fur die Glie- derung der einzelnen Wohnbezirke bildete. Den ersten Preis errang Karl Selg aus Bonn, später Professor an der TH Karlsruhe. Die von Klotz 1954 geäußerte Idee von Hoch- häusern an den Schnittpunkten der vom Schloß nach Norden verlaufenden Radialen mit dem heutigen Adenauerring mußte Selg bei der Überarbeitung auf die Einmündungsbereiche der Waidstadtstraßen übertragen. Beim er- sten Spatenstich 1957 lagen die neuen Planungsdaten vor: 15 000 Einwohner auf 225 ha Gesamtfläche, davon 150 ha im Wald- bereich. 1959 lebten bereits über eintausend Menschen in diesem Stadtteil, der rasch weiterwuchs. 1970 wurde mit 13 700 Ein- wohnern der Höchststand erreicht.
Mit der weiteren Ausdehnung entstand die Vielfaltigkeit der Bauformen, die die Wald- stadt von anderen Großsiedlungen wohltuend
unterscheidet: zeilenförmiger Geschoßwoh- nungsbau, punktförmige Hochhäuser, Einfa- milienhäuser, Winkelreihenhäuser, Sonderfor- men wie die Radhäuser in der Breslauerstraße. 1967 präsentierte sich in der Feldlage das Eichbäumle als Mustersiedlung des verdich- teten Flachbaus. Die Waldstadt ist ein auch heute noch vorzeigbares Demonstrativvor- haben des Siedlungsbaues der damaligen Zeit. Die gegliederte und aufgelockerte Stadt mit ihren - hier etwas zu lang geratenen - Nach- barschaften und der Trennung des Fahr- und Fußgängerverkehrs ließ aber bereits verdich- tete Wohnfonnen zu und bildet so den Über- gang in die nächste Dekade.
Ein 1974 juriertes Planungsgutachten zur Entwicklung der Waldstadt-Feldlage fuhrte zur Beaufuagung der Berliner Büros Schmock- Volkenborn ftir die Ausarbeitung eines Be- bauungsplans. Inzwischen ist auch dieser Teil der Nordoststadt fertiggesteUt. In der gesam- ten Waldstadt wohnen heute an die 12 500 Einwohner. Harald Ringler
Vom Hof jagdrevier zum Parkwald Zur Geschichte des Fasanengartens
Bevor Markgraf Karl Wilhelm 1715 sein neues Schloß in den Hardtwald baute, hatte er zuvor als begeisterter Jäger ein Revier von etwa 100 Hektar Wald einzäunen lassen, um einen Fasanengarten sowie einen Wildpark anzulegen. Das entsprach den damaligen Repräsentationsfonnen der Fürstenhäuser. Eine französische Anlage bei Lilie diente dazu als Vorbild. Vor 280 Jahren wurde dann 1714 auf einer Waldlichtung, der Bocks- blöße, ein kleines Jagdhaus errichtet, und verschiedenartige Tiere wurden aus dem ganzen Land herbeigeschaffi. Mittlerweile war auch Wald gerodet worden, um Platz fur
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das neue Residenzschloß zu schaffen, und erste Alleen durchzogen den ehemals ge- schlossenen Hardtwald, letztlich um das Jagdrevier zu erschließen.
In der Anfangszeit war der Fasanengarten in zwei Bereiche aufgeteilt: der westliche Teil, angrenzend an das Schloß, war im französischen Gartenstil gestaltet, während der östliche Teil der Fasanenzucht diente, betreut durch einen Fasanenmeister, ein Beruf, der von Generation zu Generation
vererbt wurde. Die notwendigen Gebäude fur die Fasanenzucht lagen alle um die Bocks- blöße. Auch die heute noch vorhandenen chinesischen Teehäuschen entstanden ur- splÜnglich als Feldhühnerhäuschen "a la Chinoise", einer modischen Bauform des 18. Jahrhunderts. Zunächst umgab ein Holzzaun, später eine drei Meter hohe S?ndsteinrnauer den Fasanengarten, die man hellte zum Teil noch sehen kann.
Nachdem das ursprungliehe Jagdhaus recht bald baufallig geworden war, weil zu frisches Holz verwendet wurde, ließ Markgraf Karl Friedrich 1765 ein zweistöckiges Jagdhaus mit chinesischem Dach und figurierter Fassade errichten, und zwar vom gleichen Baumeister, Friedrich von KeßIau, der das Residenzschloß gebaut hat. Der Markgraf fand an diesem Bauwerk so sehr Gefallen, daß er es schon bald als Jagd- und Lustschloß ausbauen ließ und die Fasanen in andere, neu errichtete Gebäude umziehen mußten.
Der neue Park nach englischem Muster ".,· ..... ·.·.·.·.·,....· ... WhW .. ww.v ............... vNoMW.'N""W .w .·.·.·.w.·N'oY.Y.N'o"""'.·.· ••..•.••..•.. , ............. ,... ... '"
Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Park nach dem Vorbild englischer Parkanlagen umgestaltet, viele ausländische Baum- und Straucharten wurden damals vor allem im Bereich der Bocksblöße gepflanzt. Dieser Umgestaltung war ein verheerender Sturm vorausgegangen, der sehr viele Bäume vernichtet hatte. Auch eine Lärchenallee, die über die Bocksblöße fuhrte, fiel dem Unwetter damals zum Opfer.
Parallel zu dieser Umgestaltung wurde der Tiergarten wesentlich erweitert. Insbesonde- re zwischen 1780 und 1790 wurden diese Pflanzungen unter Gartenbauinspektor Schweykert fortgesetzt. Großen Wert legte er auf Perspektiven, Farbunterschiede sowie Licht- und Schattenwechsel. Gleichzeitig legte man im nördlichen Teil noch einen besonderen Tiergarten mit Rehen, Hirschen und ausländischen Tierarten an. Biber fanden Platz in der "Biberburg" , die noch heute
Das ehemalige Lllst- Imd JagdschWßchen. hellte Staatliche Forstschule.
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diesen Namen trägt. Wie viele Projekte, scheiterte auch die
Fasanerie und der Wildpark letztlich an den hohen Kosten. Im Jahre 1866 wurde sie deshalb aufgelöst. Der Parkwald wurde nun zum Ort der Erholung und Entspannung fiir die Großherzogliehe Familie. Das Schlößchen wurde als Prinzenschule und fiir kleine Gesellschaften ausgewählter Gäste genutzt. Wir wissen aus Berichten, daß sich die großherzogliche Familie bevorzugt im F asanen- garten aufgehalten hat. Diese Verbundenheit zeigt sich auch darin, daß im Jahre 1896 die großherzog liehe Grabkapelle im gotischen Stil im Fasanengarten vollendet wurde. Mehrfach wurde von den Markgrafen der Versuch unternommen, den Park fur die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nach überlieferten Berichten führte dies jedoch zu sehr häufigen Zerstörungen. Erst unter Großherzog Leo- pold wurde um 1840 der Zutritt zumindest zeitweise gestattet, endgültig fiir die Öffent- lichkeit zugänglich erst 1918, nachdem in der Nacht vom 11. auf 12. November der Fluchtweg des letzten Großherzogs durch den Fasanengarten geführt hiltte.
Entwicklung zum Parkwald . ·.·.w.·~_~"
Insgesamt ist der einstige Fasanengarten von 110 Hektar auf heute 46 Hektar geschrumpft: neben der Dragonerkaseme (1803), der Reitschule (1843) und den Stallungen (1868), der Bürgerschule (1871) und dem Realgymna- sium (1873) hat die Anlage des Durlacher- Tor-Platzes sowie der Wohnbebauung und schließlich die Ausweitung der Uruversität den Umfang gemindert. Mit einer WaIdum- wandlung von ca. einem Hektar Fläche fiir ein Umweltforschungsinstitut soll jetzt ein end- gültiger Schlußpunkt gesetzt sein. Die zusammenhängende Waldfläche bildet näm- lich eine Frischluftschneise ftir die innen- stadt. Gerade in den schwülen Sommennona-
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ten wirkt sich der Wald durch semen Temperaturausgleich sehr positiv auf das Lokalklima aus. Messungen zeigen, daß sich an Sommertagen Temperaturunterschiede von sechs Grad zwischen Wald und Stadtbereich ergeben.
Seit 1923 wurde der Fasanengarten als Parkwald von der badischen, später von der badenwürttembergischen Landesforstverwal- tung betreut. 1967 war der Fasanengarten in die Bundesgartenschau einbezogen und mit vielen Einrichtungen ftir Spiel, Sport und Erholung versehen worden, die zum größten Teil wieder abgebaut wurden. Im Vorder- grund steht heute der Erholungsnutzen ftir die Karlsruher Stadtbevölkerung, aber auch fiir den Naturschutz ist der Parkwald wichtig. So bilden z. B. die über 300jährigen Eichen hochwertige Lebensräume fiir viele verschie- dene Insektenarten, darunter gefahrdete Arten wie den Hirschkäfer und den Eichenbock. Auch botanische Besonderheiten sind vertre- ten, und die Baumartenvielfalt ist erstaunlich hoch. Allein um die Bocksblöße wachsen über 40 verschiedene einheimische und ausländische Bäume, die besonders im Herbst mit der unterschiedlichen Laubfarbung ein- drucksvolle Landschaftsbilder ergeben. Da- mit diese \vichtigen Funktionen auch künftig erfullt werden können, muß intensive Pflegearbeit geleistet werden. Dennoch soll der Park 'wald Fasanengarten im Gegensatz zum anschließenden Schloßgarten echten Waldcharakter behalten. Ziel der vom Staatlichen Forstamt Karlsruhe durchgefuhr- ten Maßnahmen ist die Erhaltung und Förderung der Baumartenvielfalt. Dies erfor- dert aber auch behutsame und kleinflächige VeJjüngung überalterter Bestände sowie Pflegedurchforstungen, verbunden mit Baum- rallungen. Denn gerade große freistehende Baumexemplare benötigen viel Platz zum Wachsen, so daß daz\vischen konkurrierende Bäume entnommen werden müssen.
Das ehemalige Jagdschlößchen dient seit 1926 als Forstschule und stellt bis heute eines der forstlichen Aus- und Fortbildungszentren
der Landesforstverwaltung Baden-Würtlem- berg dar.
Ulrich Kinzier
Wiedereröffnung eines "Musentempels" Zur Sanierung des Konzerthauses
Wenn im August 1994 das Konzerthaus saniert und renoviert wieder nutzbar gemacht wird, sind 90 Jahre seit dem ersten Auftrag an die Architekten Robert Curjel und Karl Moser vergangen. 1906 hatten dann der Stadtrat und OB SchnetzIer beschlossen, einen Entwurf "für ein Ausstellungsgebäude mit Nebengebäuden, ein Theater mit Konzert- saal samt Verbindungsbau zum Anschluß an die Stadtgartenrestauration" anzufordern, die später der Direktor der Akademie der Bildenden Künste G. Schönleber "für hervorragend glücklich und schön" beurteil- te, entsprach er doch dem Bedürfuis, "einen wesentlichen Faktor zur Weiterentwicklung hiesiger Kunsttätigkeit aller Art" darzustel- len. Man orientierte sich am Mannheimer Rosengartensaal, der zwar architektonisch gelungen, aber weniger zweckmäßig er- schien, weil zu lang und ohne ansteigenden Boden fur die hinteren Plätze. Der Raum sollte im Winter als Konzerthaus, im Sommer als Theater dienen, ein geräumiges Foyer bieten sowie eine Hoftoge "mit eigener Treppe". Den Preis schätzte man auf 1.034.500 Mark laut RatsprotokOll vom 15. März 1906.
Da zunächst die alten Bahnanlagen am Festplatz verlegt werden mußten, kam es 1913 zum ersten Spatenstich, und damit wurden die Bauarbeiten bald vom Ersten Weltkrieg überschattet. Am 8. Dezember 1915 weihte die großherzogliehe Familie mit zahlreichen Gästen den Bau anläßlich des
200jährigen Stadt jubiläums ein, freilich in eher gedrückter Stimmung. "Unter schwieri- gen Verhältnissen", heißt es in der Chronik von 1915, "mit immer kleiner werdender Arbeiterzah\ mußte der Bau zu Ende geführt werden. In schwerer Zeit errichtet, mag er für alle Zeiten ein Beweis des unerschütterlichen Vertrauens in den Sieg Deutschlands sein, das allein den Mut geben konnte, die Bauarbeiten fortzufahren, im festen Glauben an die große Zukunft unseres Vaterlandes und damit auch der Haupt-und Residenzstadt Karlstuhe." Die Ausstellungshallen waren nicht fertig- geworden und wurden später gleich vom Militär für Kriegszwecke beschlagnahmt, so wie das Theater als Lazarett diente . .
Die Architekten Curjel und Moser zählten um die Jahrhundertwende zur Karlstuher Jugendstilarchitektur, und das Bild zeigt, wie das Konzerthaus in diesem Baustil errichtet worden wäre. Um 1910 hielt man sich jedoch an den gängigen neoklassizistischen Trend, baute die Ausstellungshallen nach Schinkels Vorbild (Ntes Museum neben dem Berliner Dom), und als Erinnerung an Friedrich Weinbrenners evangelische Stadtkirehe er- hielt auch das Konzerthaus einen klassizisti- schen Portikus, dessen Giebel ein Relief von Karl Albiker schmückte. Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte mancher Karlsruher in dem hier eingerichteten Kino " Capitol" die An- fänge des Fihns. Während des Zweiten Welt- kriegs wurde der Bau mehrfach durch Bomben beschädigt, dem auch der Portik'Us
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~~= .. _ ... Entwurf eines Theaterprojekts J 906 im Jugendstil.
zum Opfer fieL Noch 1943 versuchte man mit dem einfachen Wiederaufbau ohne Rekon- struktion das Haus zu nutzen. Ab 1945 konnte es darum als Ersatzspielstätte fiir das Badische Staatstheater dienen, dessen Bau am Schloß ausgebrannt war. Man erinnert sich an manche großartige Inszenierung, die in diesen 30 Jahren hier stattfand.
1975 nahm die Karlsruher Kongreß- und Ausstellungs GmbH das Konzerthaus in Besitz, das mit zahlreichen Veranstaltungen nicht weniger genutzt wurde. So erschien bald eine Renovierung ü berfallig, zumal die Kriegsfolgen nur notdürftig behoben worden waren und Sicherheitseinrichtungen wie Haustechnik völlig überaltert und nicht mehr den neuen Vorschriften entsprachen. 1982/83 begann zur Zeit des Stadthallenbaus das Gespräch über eine Großrenovation, zumal das Denkmalamt Ansprüche an den histori- schen Bau stellte. 1991 beschloß der Gemeinderat die Sanierung mit einem Kosten-
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rahmen von 30 Millionen Mark, der auch eingehalten wird. Allein die Hälfte dieser Sunune kostet die neue technische Ausstat- tung, die der multifunktionalen Nutzung als Konzerthaus, Spielstätte fiir Gastspieltheater und Vortragssaal entsprechen muß. Mit 988 Plätzen wird der große Saal nicht weniger Besuchern Raum bieten als im Eröffnungs- jahr 1915. Der kleine Saal mit 200 Plätzen im Obergeschoß dient als Tagungssaal, dem sich 6 Konferenz- und Seminarräume anschließen. Die einstmals schräg verlaufenden Seiten- foyers im Erdgeschoß sind begradigt und etwas tiefer gelegt worden. Sie münden ins Hauptfoyer, das nach seiner Renovierung mit den noch erhaltenen großen, goldgerahmten Spiegeln und gerundeten Seitenwänden eine repräsentative Ambience fiir vielerlei Anläs- se geben kann.
Im Theatersaal sind die im Rang befmdli- ehen Stützen wieder freigelegt worden, und die Decke wurde in ihrer ursprünglichen
Fonn als Kassettendecke umgebildet, hatte man doch bisher schon die Akustik dieses Raumes gepriesen.
Die Architekten Rupprecht u. Partner, Karlsruhe, naluuen sich auch des neuen Portikus an: 10 Säulen, je 8 Meter hoch, aus 17 Tonnen Beton geschält, darauf3 ,5 Tonnen
schwere Kapitelle, 1,5 Meter hoch. Architrav und aufmontierte Rosetten setzen den originalgetreu nachempfundenen Bauentwurf fort. Bleibt noch die Frage offen, wie die Stimfläche ausgeftillt werden wird, die einst Karl Albiker gestaltet hat.
Leonhard Maller
Geschichte der Karlsruher Straßenbahn
Als im Oktober des letzten Jahres der Stadtbahntunnel von den Karlsruher Bürgern abgelehnt wurde, war das nicht die erste Ent- scheidung großer Tragweite ftir die Zukunft der Karlsruher Straßenbahn. In der Geschichte der Straßenbahn gab es eine Vielzahl solcher Entscheidungen, die ftir den späteren Ausbau des Karlsruher Nahverkehrsnetzes von höch- ster Bedeutung waren, und auch damals wuß- te man selten, welche Perspektiven sich mit der jeweiligen Entscheidung eröffneten.
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Mitte des 18. Jahrhunderts war von einem öffentlichen Personennahverkehr in den Me- tropolen der Welt nicht viel zu spüren. Aber als 1852 die erste Pferdebahn in New York ihren Betrieb aufualuu, dauerte es nicht lan- ge, bis auch diese Welle Europa erreichte. Siebzehn Jahre später erhielt dann auch der Amerikaner Louis Welles BroadweIl die Kon- zession ftir den Bau und Betrieb einer Pfer- debahn von Durlach nach Mühlburg. Hier beginnt die Geschichte der Straßenbahn in Karlsruhe.
Bmadwell selber hatte allerdings kein Geld, um ein solches Vorhaben in Gang zu setzen. Der deutsch-französische Krieg Anfang der siebziger Jahre kam dem verschuldeten Ame- rikaner gerade recht, da dieser Krieg die Bau- vorhaben stoppte. Broadwell selbst nutzte die
Gunst der Stunde und verschwand. Über sei- nen Verbleib gibt eS bis heute nur Spekula- tionen. Nach den Kriegswirren fand 1874 eine öffentliche Ausschreibung ftir eine Pfer- debahn statt. Der Zuschlag ging an den Bre- mer Karl Westenfeld. Für ihn stand damals schon fest, daß seine Bahn auf Regelspur- gleisen fahren sollte. Wie sich heute heraus- stellt, war dies eine weise Entscheidung. Am 21. Januar 1877 nahm schließlich die erste Pferdebahn ihren Betrieb auf. Westenfeld mußte sich das notwendige Material, wie pfer- de und auch Wagen, zu Beginn leihen, da der plarunäßige Betriebsstart erst ftir den 1. Mai angesetzt war. Die Strecke ftihrte vom Dur- lacher zum Mühlburger Tor und vom Markt- platz zum damaligen Bahnhof an der Kriegs- straße. Vier Jahre später, am 21. September 1880, gab es einen Eigentümerwechsel, und der neue Eigentümer Emmerich gründete die "Vereinigte Karlsruher, Mühlburger imd Dur- lacher Pferde- und Dampfbahngesellschaft".
1881 ging die erste Dampfbahn zwischen dem Durlacher Tor und Durlach in Betrieb. Pferde und Dampfrösser teilten sich damals ein gemeinsames Depot. In der ersten Hälfte der 90er Jahre kaufte die AEG die Gesell- schaft, und von nun an standen die Zeichen auf Strom. Man bekam dann auch relativ schnell die Konzession ftir den Bau und Be- trieb einer elektrischen Straßenbahn, aller- dings mußte im Bereich der Innenstadt aus
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ästhetischen Gründen auf eine Elektrifizie- rung verzichtet werden. Die Versorgung die- ses Bereiches übernahmen Akkumulator- Triebwagen, die während der Wendezeiten an den Endhaltepunkten über die Oberleitung Energie "tankten". Die Nachteile dieses Sy- stems wurden schnell erkannt, und wenig spä- ter wurden auch die Gleise im Innenstadt- bereich mit einem Fahrdraht überspannt. Da- mit war das erste komplett elektrifizierte Stra- ßenbahnnetz in Karlsruhe fertiggestellt.
1899 wurde das noch heute benutzte Depot an der Tullastraße gebaut. Nur ein Jahr spä- ter schlug dann die letzte Stunde fur die Pfer- debahn. Am 19. März zog die legendäre Stu- te "Minna", bunt geschmückt, den letzten Pferdebahnzug voll Stolz durch die Karlsru- her Innenstadt.
Kontinuierlicher Ausbau
In den ersten drei Jahren seit Gründung wurde das Streckennetz kontinuierlich erwei-
tert. 1903 übernahm die Stadt die Gesell- schaft fur fast 6 Millionen Goldmark. Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnte man den neuen Karlsruher Hauptbahn- hof an der südlichen Peripherie der Stadt fer- tigstellen, wodurch eine neue Gleisentwick- lung in Richtung Süden notwendig wurde. Bisher gab es eine Konzentration in der Ost- West-Achse, da kein Grund vorlag, aufgrund der Stadtentwicklung die Streckenfuhrung in nord-südlicher Richtung massivauszudehnen.
Der Erste Weltkrieg stoppte zunächst den Ausbau des Karlsruher Straßenbahnnetzes. Als ein weiteres Hindernis einer kontinuierli- chen und erfolgreichen Weiterentwicklung der Straßenbahn wurde die Lokalbahn angese- hen, da deren Gleise teilweise parallel zu der Straßenbahn verliefen und oft den Raum nah- men, der zum weiteren Ausbau nötig war. 1915 konnte die Stadt Karlsruhe die Lokal- bahn nach schwierigen Verhandlungen fur 1,9 Millionen Mark übernehmen, um damit ungestört den Ausbau der Straßenbahn voran
Die Pferdebahn auf der Fahrt durch Alt-MUh/burg.
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zu treiben. Die Lokalbahn wurde daraufhin schrittweise von der Stadt stillgelegt. Ein wei- terer wichtiger Einschnitt war die Heraus- nahme der Albtalbahn aus dem Innenstadt- bereich. Der Endpunkt der damaligen schmal- spurigen Bahn aus dem Albtal wurde nun- mehr vom Ettlinger Tor an den neuen AlbtaI- bahnhof verlegt. An eine Verknüpfung mit dem innerstädtischen Straßenbahrmetz wur- de schon kurz nach der Inbetriebnahme ge- dacht, da es für den Fahrgast einer mühsa- men Prozedur gleichkam, in eine Straßen- bahn umzusteigen, die ihn in die Innenstadt bringen mußte. Eine Verknüpfung war aller- dings auf grund der unterschiedlichen Spur- breiten zum damaligen Zeitpunkt undenkbar. Während des Ersten Weltkriegs dienten die Gleise und Wagen der Straßenbahn nicht nur zur Fahrgastbeförderung; während dieser Zeit wurden auch Güter auf der Schiene transpor- tiert. Die Angebotspalette reichte von Milch, Gas und Koks über Müll bis hin zu Baumate- rialien. Durch die dem Krieg folgende Infla- tion kostete ein Fahrschein zur einfachen Fahrt in der kleinsten Zone 1923 ungefahr 500 Mil- liarden Mark. In den 20er und 30er Jahren- nach der Inflation - wurde das Streckennetz enorm vergrößert, zum Beispiel sollte die Trasse nach Knielingen bis zum Rhein ver- längert werden.
In den zwanziger Jahren kam es zu einem "Machtkampf' zwischen der Stadt und dem damaligen Betreiber der Albtalbahn, der Ba- dischen Landeseisenbahn AG (BLEAG). Die Stadt forderte einen IO-Minuten-Takt zwi- schen dem Albtalbahnhof und Rüppurr. Die BLEAG aber verweigerte sich dieser Forde- rung, was zur Folge hatte, daß die Stadt mit Bussen den geforderten Takt einrichtete. Die Nachwirkungen waren für die BLEAG ge- waltig. Sie ging durch den Buseinsatz der Stadt, aber auch wegen anderer Gründe als Gesellschaft insgesamt 1932 bankrott; die Albtalbahn wurde daraufhin von der DEBG
übernommen. Diese fligte sich den Takt- forderungen der Stadt.
Die Nachkriegszeit als Neubeginn "'_~ __ ~_"""""""'_««<QX««-»'_"",*"X_
Der Zweite Weltkrieg brachte Leid und Zerstörung über die Stadt; auch die Straßen- bahn war davon betroffen. Dies bedeutete praktisch einen kompletten Neuaufbau, nicht nur in Karlsruhe. Während in vielen deut- schen Städten die vorher so populäre Tram einfach nicht mehr aufgebaut und der Nah- verkehr von den vermeintlich flexibleren Omnibussen überqommen wurde, entschied man sich in Karlsruhe für einen kontinuierli- chen Auf- und Ausbau des Straßenbahrmet- zes. Karlsruhe wurde in der Nachkriegszeit deshalb von anderen Städten eher belächelt, aber der Bau der Retortensiedlung Waldstadt mit sofortiger Straßenbahnanbindung galt schnell als Paradebeispiel fur einen guten Nahverkehr. Doch ·es gab auch in Karlsruhe nicht nur Befürworter fur einen schienen- bezogenen Nahverkehr. Gutachten wurden erstellt, in denen die Gegner nachweisen woll- ten, daß der Bus das flexiblere und kosten- günstigere Verkehrsmittel fur den Nahver- kehr sei. Aber die Verantwortlichen erkann- ten schnell, daß die Straßenbahn gegenüber dem Omnibus Vorteile mit sich bringt. Um diese Vorteile auszuschöpfen, mußte ein ge- eignetes Konzept entwickelt werden. Die Hauptstrategie lag vor allem darin, daß die Bahn soweit wie möglich auf eigenem Gleis- körper fahren sollte, um nicht durch den mo- torisierten Individualverkehr behindert zu werden. Damit war die Tram dem Bus weit überlegen.
Hauptverantwortlicher zu dieser Zeit war Oberbürgermeister Günther Klotz, dem wir die Grundlage für den heutigen Erfolg zu verdanken haben. Er, bekennender Straßen- bahn-Fan, ließ kurzerhand Gutachten in sei- ner Schreibtischschublade versch\vinden, die
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sich gegen die Bahn aussprachen. Klotz er- kannte auch die Möglichkeiten einer Anbin- dung der Region an die Stadt. Durch den Kauf der Albtalbahn 1957, deren schrittwei- se Umspurung von Schmalspur in Regelspur und die Beseitigung des Verkehrsbruches am Albtalbahnhof wurden in Karlsruhe die mei- sten Skeptiker, getragen von dem Erfolg die- ser Maßnahmen, eines Besseren belehrt. Von nun an konnte in Karlsruhe der Ausbau des Nahverkehrs auf der Schiene in allen Rich- tungen vorangetrieben werden.
1958 fuhren die Bahnen dann, anfangs in einem 20-Minuten-Takt, direkt von der Karls- ruher Innenstadt nach Ettlingen. Es dauerte nicht lange, bis die Strecke nach Bad Herren- alb ebenfalls von Straßenbahnwagen befah- ren werden konnte. Die Umspurung der Glei- se bis Langensteinbach und der Neubau der Strecke bis Ittersbach rundeten den ersten Ausbau ab. Aber der Bau von umsteigefreien Strecken in das Karlsruher Umland war und ist noch lange nicht vollendet. Es kamen ab den 80er Jahren Leopoldshafen, Hochstetten und der Bau der Rheinbahn nach Rheinstetten dazu. Das Meisterstück gelang den Verkehrs- betrieben allerdings mit der Verknüpfung der beiden Systeme Straßenbahn und Bundes- bahn. Den intensiven Versuchen folgte die Eröffnung der Strecke von Karlsruhe nach Bretten. Diese, von der OB zuvor stiefmüt- terlich behandelte und von den Fahrgästen nur wenig akzeptierte Nebenstrecke, entwik- kelte sich mit Fahrgastzuwächsen von über 400 % zu einem Vorbild flir erfolgreichen öffentlichen Personennahverkehr in Deutsch- land, Europa und der Welt. Die Beflirchtun-
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gen der Brettener Kaufleute vor einer Flucht nach Karlsruhe war völlig unbegründet. Die- ses Beispiel machte Schule, neue Verbindun- gen wurden gebaut. Aber auch die Anschaf- fung modernster Fahrzeuge sorgt fUr einen ungebremsten Fahrgastzuwachs.
Trotz des Scheitems der U-Strab wird es in Karlsruhe keinen Stillstand in der Entwick- lung des Nahverkehrs geben. Neue Strecken sind im Bau und werden 1997 teilweise schon in Betrieb genommen. In der Planung sind Neubaustrecken in die Nordweststadt und nach Aue-Wolfartsweier. Ab dem Fahrplan- wechsel im Mai 1997 wird man umsteigefrei von PflßZtal zum Karlsruher Marktplatz fah- ren können. Ebenso wird ab Mai das Umstei- gen in Bretten ein Ende haben, wenn man weiter nach Eppingen fahren möchte. Mit der durchgehenden Elektrifizierung fahrt der Stadtbahnwagen von nun an von Baden-Ba- den durch die Innenstadt nach Eppingen, teil- weise sogar mit einem Bistro-Abteil. 1m Sep- tember 1997 wird die Verknüpfung Straßen- bahn-OB in Wörth fertiggestellt; die Stadt- bahn wird ab diesem Monat auch bis nach Stutensee fahren.
Man sieht, daß sich die Entwicklung des OPNV nicht nur auf Karlsruhe beschränkt, sondern gemeinsam mit der stadteigenen A VG die gesamte Region erfaßt hat, gemäß dem Wahlspruch: "Mit der Stadtbahn schnell, be- quem und direkt aus der ganzen Region mit- ten in die Stadt - und dies sehr preiswert."
Dieler Ludwig
Diskussion um die Straßenbahnen in Karlsruhe vor 100 Jahren
Die Auseinandersetzungen um die richtige Erschließung Karlsruhes durch Straßenbah- nen sind alt. Vor ca. 100 Jahre-drschien am 10. Mai 1898 ein Artikel im " Badischen Beobachter ", der die Probleme des Über- gangs zur zeiigemtlßen Form der" Elektri- sehen" wiedergibt.
"Nach den neuesten Nachrichten stehen die Verhandlungen zwischen dem Stadtrat der Residenz und der Gesellschaft der Karlsruher Straßenbahnen auf dem Punkt, auf der Grundlage des Akkumulatorenbetriebes zu den innerstädtischen Straßen und des Hochleistungsbetriebes auf den Außenlinien zur Einigung zu fuhren. So erfreulich die Aussicht ist, daß eine fur die Entwicklung des zum Übergang in die Eigenschaft als Großstadt sich anschickendes Gemeinde- wesen außerordentlich wichtige Frage nach jahrelangem Hin und Her der baldigen Lösung entgegenreift, so verstimmend wirkt,
so unbegreiflich klingt, was über eine bedeutungsvolle Einzelheit des abzustim- menden Vertrages, über die Bestimmung der den künftig elektrischen Straßenbahnen zu gebende Spurweite verlautet. Wir hatten bisher die Spurweite der Hauptbahnen, die sog. Normalspur von 1,435 Meter, deren Wahl ftir Straßenbahnen durchaus keinen Sinn hat, während in Deutschland und in der Schweiz nach und nach als Regel die Schmalspur, und zwar meist wie bei der Albthalbahn und der Späck-Durmersheimer- bahn die Spur von 1 Meter, theilweise eine noch geringere Weite, angenommen worc!en ist. Bei der Normalspur soU es dem Vernehmen nach bleiben. Dem gegenüber fragen wir: sollen hier wirklich' die Erfahrungen anderer Städte unverwirklicht bleiben, will man sich in der That der Gefahr aussetzen, daß in verhältnismäßig kurzer Zeit abermals eine (dann noch mehr als heutzutage ftihlbar
"Die Pferdebahn um 1900 ".
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werdende) Stockung in der Entwicklung des Straßenbl!hnwesens eintritt!
Will man in die Verlegenheit einer großen Stadt eines unserer Nachbarländer gerathen, die durch eine früher begangene Kurz- sichtigkeitssünde dieser Art so in die Enge getrieben wurde, daß ihr schließlich zur Besserung der Verkehrsverhältnisse nichts anderes übrig blieb, als Straßenbahnen anzukaufen, um sie auf eigene Kosten auf Meterspur umzubauen!
Das kann und darf nicht sein, doppelt deswegen nicht, weil die vom Gesichtspunkt der Verkehrskonzentration ungünstige Konfi- guration der Residenzstadt dem Straßenbahn- netz der Zukunft eine außerordentliche Bedeutung für das Gemeinwohl zuweist.
Der Laie wird fragen: weshalb soll die Normalspur ungeeignet sein! Zwei Haupt- gründe sind es, die gegen sie sprechen.
Der eine liegt in der Schwierigkeit, die Normalspurgleise in gehöriger Kurve um Straßenecken herumzufiihren. Ist die Kurve zu klein, so treten Entgleisungen ein, die bei elektrischem Betriebe natürlich noch mehr als bei dem gemütlichen Betriebe durch animali- sche Kraft zu fürchten sind.
Bei der Schmalspur kann man die Krüm- mungen schärfer nehmen. Diese Seite der Frage beansprucht die größte Aufmerksam- keit rur die in der Zukunft unentbehrlichen Ring- und Seitenlinien, welche Straßen berühren müssen, deren Ecken nicht etwa bloß in rechtem, sondern vielfach in spitzem Winkel liegen.
Den zweiten Gegenstand bildet der Raum- anspruch der Normalspur. Die Mehrzahl der städtischen Straßen, einschließlich der neue- ren, ist durchaus nicht von übermäßiger Breite. Nun müssen bei eingleisiger Anlage noch stellenweise Ausweichsgleise angelegt werden, und es geht aus Betriebsrücksichten keineswegs an, diese Ausweichen immer nur in breiten Straßen unterzubringen.
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Das leuchtet ein, daß dabei der Platz für gewöhnliches Fuhnverk in den schmaleren Straßen zu sehr eingeengt, daß es Verkehrs- stockungen geben würde. Indessen braucht man nicht nur enge Straßen und nicht bloß die Zukunft im Auge zu haben; man kann die Sache heute bereits praktisch in der Kaiserstraße studieren. Das ist gewiß eine breite Straße, und doch, welch' unverhältnis- mäßig großer Teil von ihr geht schon jetzt dem allgemeinen Fuhrwerksverkehr durch die unnötig breiten Gleise der Pferdebahn mehr oder minder verloren, so daß selbst diese Hauptverkehrsader vom praktischen Stand- punkte der Inieressen des Fuhrwesens nicht als breit betrachtet werden kann! Freilich sind es nicht die Gleise an sich, die den Platz rauben; denn sie können ja, wenn auch nur mit häufigeren Unterbrechungen, von Wagen und Karren aller Art überfahren werden.
Raumsperrend sind vielmehr die Wagen der Straßenbahn. Oft genug hat man in Folge Raurnmangels bisher schon Zusammenstöße zwischen Pferdebahnwagen und anderen Fuhrwerken auf der Kaiserstraße erlebt; daß es dabei meistens ohne größere Beschädigun- gen abging, war nichts als Glücksfall. Besondere Prädisposition rur Karambolagen wurde durch Neu- oder Umbauten von Häusern geschaffen. Ein einziger Wagen mit Schutt oder Baumaterial am Gehwegbord aufgestellt, dahinter gegen das Geleis so ein paar Balken oder Ries, Schutt und derglei- chen - und alles ist so gut vorbereitet, daß es nur noch einer kleinen Komplikation bedarf, um ein Fahrhindernis fur die Pferdebahn hervorzurufen. Und wie die Fußgänger sich bei gespemem Gehwege zwischen den haltenden Fuhnverken, auch wenn hinter diesen kein Raum belegt ist, und den vorüberfahrenden Straßenbahnwagen hin- durchwinden müssen, daß ist auch ungehörig und gefahrlich. Darum, Karlsruher Bürger- schaft, stehe ohne Unterschied der politischen
Parteiengruppierung zusammen und wehre Dich um der Zukunft Deiner Stadt willen, wehre Dich auch um der städtischen Finanzen willen gegen das irrationale Nonnalspur- projekt! Fordere mit Nachdruck die Schmal-
spur! Noch wird es Zeit sein." Man entschied sich jilr die Normalspur
und schufsomit die Voraussetzungjilr unser heutiges durchltlssiges Nahverkehrssystem.
Leonhard Maller
Schnakenstiche gegen Thingstätte Die Pläne für einen NS-Kultplatz in Karlsruhe
Mit einem Netz von 66 Thingstätten sollte 1934 das Deutsche Reich überzogen werden, bis auf 400 dann anwachsend. Drei davon plante man in Baden, nämlich in Heidelberg, Freiburg bzw. Titisee und in der Gauhaupt- stadt. Bis August 1935 wurden 12 Thingstät- ten eingeweiht, darunter die auf dem Heiligen- berg in Heidelberg. Die Thingbewegung un- terstand dem Reichspropagandaminister Goebbels, womit auch ihre Ziele umrissen sind. Sie war Mittel nationalsozialistischer Propaganda, die "aus dem Gemeinschafts- erlebnis heraus den neuen deutschen Men- schen nach dem Willen des Führers" fonnen sollte. Gausonnwendfeiern, Fahnenweihen, Feierstunden von NS-Organisationen und vor allem "Thingspiele", die die "Kampfzeit der NSDAP" verherrlichten, wurden in den Thingstätten veranstaltet. "Das Thing", so wurde postuliert, "dient dem nationalsoziali- stischen Kult, der aus dem Kampf erwuchs, es dient der Gestaltung unserer Feste."
Der Karlsruher Stadtrat erhielt erstmals im Mai 1934 Infonnationen über die Planung einer Thingstät1e beim Hochschulstadion. Die- ses war bereits durch Aulbrechen des Um- fassungswalls auf der Nordseite zum Auf- marschplatz erweitert worden. Der sollte durch eine schmale Schneise im Wald mit dem Thingplatz verbunden sein. Gedacht war, so Bürgenneister Fribolin, an eine hain artige und begrünte Anlage rur 10 000 Besucher.
"Man müsse dem Reichstatthalter Robert Wagner dafur dankbar sein, daß er sich fUr das Zustandekommen des Planes einsetze; er wolle in Karlsruhe ein kulturelles Bollwerk fur Südwestdeutschland schaffen." Am 21. Juni genehmigte der Stadtrat den Abschluß eines Vertrages mit der "Landesstelle Ba- den-Württemberg des Reichsministeriums fur Volksaufklärung und Propaganda" zum Bau der Thingstätte.
Offensichtlich hatten die Verantwortlichen der Stadt die Pläne des beauftragten Archi- tekten Prof. Hennann Alker von der Techni - sehen Hochschule noch nicht gesehen. Dieser stellte ebenfalls im Mai seinen Plan in einem Interview vor: "An das Hochschulstadion ( ... ) konnte ein riesiges Aufinarschgelände ange- schlossen werden, an welches sich ein Volks- festplatz angegliedert, und diese auf ein- drucksvolle Tiefenwirkung der großen Auf- märsche streng axial gefonnte Anlage findet ihren Abschluß in der Thingstätte. ( ... ) Inner- halb einer mächtigen Ringmauer von 120 Meter Durchmesser sind amphitheatralisch 10 000 Sitzplätze aufgebaut." Der dem Na- tionalsozialismus zugewandte Alker, der im übrigen auch das 1930 fertiggestellte Stadion geplant hatte, verstand es ganz offensicht- lich, das Bedürfnis der neuen Machthaber nach monumentaler Architektur zu befriedi- gen, denn der Gauleiter drängte im Oktober auf den raschen Bau der Thingstätte. Zu die-
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Entwurf von A1ker kritisiert. Thing- stätten solIten in die Umgebung inte- griert werden unter Nutzung des na- türlich geformten Geländes, A1ker prä- sentierte aber umfangreiche Hoch- bauten, so daß man "in diesem Zirkus nichts mehr von der Landschaft" sehe. Und zuallererst brachte das Forstamt das von allen Seiten aufgegriffene Ar- gument, die Schnakenplage im Hardt- wald sei so groß, "daß ein Stillsitzen der Zuschauer und eine aufmerksame Anteilnalune an dem Thingspiel voll- ständig unmöglich sei."
Als der Stadtrat am 6. Dezember er- neut über den Bau der Thingstätte be- riet, war man sich bewußt, daß der Gauleiter über eine Ablehnung "ver- schnupft" wäre und daß dann die Gau- tage und entsprechender Fremdenver- kehr nicht mehr nach Karlsruhe kä- men. Beschlossen wurde deshalb die grundsätzliche Zustimmung zu dem Projekt, das in Jahresabschnitten ver- wirklicht werden sollte, "die sich der städtischen Finanzlage anzupassen ha- ben". Der Beschluß enthielt auch den Hinweis, daß "die Benutzungsfahigkeit
Plan der Thingställe von Prof Alker. Unten das Hf!chschulstadion, oben die kreisrunde eigentliche Thingställe, dazwischen der Aujinarschplatz.
der Anlage vor dem Wirksamwerden der in Gang befindlichen Schnakenbekämp- fungsmaßnalunen" bezweifelt werde. Am 8. Dezember billigte der Gauleiter den Vor- schlag der Stadtverwaltung, angesichts der Probleme der Geldbeschaffung das Projekt vorläufig um ein Jahr zu verschieben.
sem Zeitpunkt hatte sich aber schon eine vor- erst noch verhaltene, dann aber deutliche Ab- lehnung des Projektes artikuliert. Zunächst bemerkte Oberforstrat Dr. Bauer, und der Stadtrat schloß sich an, daß die massiven Eingriffe in den Fasanengarten von der Be- völkerung nicht akzeptiert würden. Dann scheuten Stadtverwaltung und Stadtrat vor den immensen Kosten von etwa 550 000 RM zurück. Angesichts eines IO-Mio.-lnvestiti- onsprogramms fti.r unter anderem Altstadtsa- nierung, Wohnungsbauforderung, Siedlungs- vorhaben und Aufschüttungen im Rhein- hafengebiet sei diese Ausgabe nicht vertret- bar. Schließlich wurde im Stadtrat auch der
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Die Stadtverwaltung erk"Ulldigte sich im Ja- nuar 1935 bei 18 Städten, in denen Thing- stätten geplant oder gebaut waren, nach den Kosten. Diese lagen zwischen 13 000 und 110 000 RM, wobei die Kosten flir die eben- falls von A1ker geplante Heidelberger Thing- stätte von etwa 600000 RM nicht berück- sichtigt wurden. Neuberechnungen, bei de- nen z. B. statt einer Mauerumfassung nur
eine Hecke vorgesehen war, ergaben Kosten zwischen 210 000 und 260 000 RM. Öffent- liche Mittel oder Parteizuwendungen waren dafür aber trotz aller Bemühungen nicht zu erhalten.
Das sich abzeichnende Scheitern des Baus einer Thingstätte in Karlsruhe fiel zusammen mit Vorzeichen für das End - der Thing- bewegung. Am 23. Oktober erging vom Goeb- bels-Ministerium die Weisung an die Presse, mystische Begriffe wie Thing und Kult künf-
tig nicht mehr zu verwenden. Nicht nur die z. T. schlechte Qualität der Aufführungen und die Witterungsabhängigkeit, sondern vermut- lich auch das AuJkommen weit effizienterer Propagandainstrumente wie der Volksempfan- ger und die Nutzung des Films dürften zum Ende des Things beigetragen h~ben. So war es denn nur konsequent, daß der Gauleiter am 19. Dezember 1935 die Stadtverwaltung wissen ließ, "daß der Bau von TIpngstätten bis auf weiteres nicht mehr in Frage.komme".
Man/red Koch
" ... wird wegen dem Geburtstag des Großherzogs morgen die Fabrik um 12 Uhr geschlossen"
Das Finnenarchiv der Parfiimerie- und Feinseifenfabrik Wolff & Sohn im Stadtarehiv Karlsruhe
Am 9. September 1899 wurde die damals schon weltweit agierende Karlsruher Firma Wolff & Sohn anläßlich des Geburtstages des badischen Landesherrn Friedrich I. ftir einen Nachmittag geschlossen, damit die Be- legschaft an der öffentlichen Parade teilneh- men konnte. 74 Jahre später schloß die vor allem durch ihr Produkt "Kaloderma" be- kanntgewordene Finna fUr immer ihre Pfor- ten. Heute erinnern in Karlsruhe noch das Fabrikgebäude und die im Stadtarchiv ver- wahrten Archivalien an "Wolff & Sohn". Den 126 Einheiten umfassenden Bestand erhielt das Stadtarchiv im Herbst 1996 von der Fir- ma Schwarzkopf GmbH in Hamburg und von Frau Vera Wolffaus Karlsruhe als Geschenk.
Die Parftimerie- und Toilettenseifenfabrik Wolff & Sohn wurde im Jahr 1857 durch den späteren Kommerzienrat und Ehrenbürger der
Stadt Karlsruhe, Friedrich Wolff (1833- 1920), und seinen Vater, den Hoftheaterfiiseur Gottlob Friedrich Wolff (1803-1864), ge- gründet. Bereits aus der Gründungszeit be- sitzt das Stadtarehiv nun Unterlagen der Fir- ma Wolff & Sohn. Die älteste Archivalie des Bestands ist das handschriftlich geführte Hauptbilanzbuch der Firma aus den Jahren 1859 bis 1861. Aus dem dazugehörenden Per- sonen- und Firmenregister und aus den Ein- tragungen über "Soll" und "Haben" sind die Geschäftsbeziehungen der neugegründeten Firma im In- und Ausland ablesbar. Die mei- sten Beziehungen unterhielt "Wolff & Sohn" zu den ost- und mitteldeutschen Städten Ber- lin, Halle, Dresden, Leipzig, Königsberg, Breslau, Magdeburg, Erfurt und Chemnitz. In Süddeutschland sind es Lahr, Ulm, Frei- burg, München, Nürnberg und Stuttgart, in den nördlichen Landesteilen Hamburg, Han- nover, Düsseldorf, Aachen, Bonn, Frankfurt und Wiesbaden, die im ersten Hauptbilanz-
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buch häufiger genannt werden. Bereits in den Anfangsjahren hatte "Wolff & Sohn" auch Geschäftsbeziehungen zu Finnen im Ausland. Hier wird am häufigsten Paris genannt, ge- folgt von London, Toulouse, Grenoble, Tri- est, Krakau und Luxemburg.
Fast lückenlos sind die Bilanzbücher der Finna aus den Jahren 1859 bis 1941 erhal- ten , hinzu kommen je iwei Conto- Correntbücher und Conto-Memorialbücher. Eine stabile Geschäftslage mit soliden Erträ- gen bzw. stetigem Gewinnzuwachs ist bei- spielsweise aus den Eintragungen der Jahre 1904 bis 1910 ablesbar. Für den Zeitraum 1930 bis 1935 läßt sich ein kontinuierlicher, wenn auch geringfügiger ErtragsTÜckgang feststellen, während die Jahre 1936 bis 1943 von deutlich erkennbarem Gewinnzuwachs geprägt waren.
Ein ebenfalls handschriftlich geführtes Pro- tokollbuch aus den Jahren 1912 bis 1942 informiert außerdem über die General- und Gesellschafterversarrunlungen.
Bis zum Jahr 1863 hatte die Firma Wolff & Sohn ihren Sitz in der Karl-Friedrich-Stras- se 4. 1863 errichtete Friedrich WolfT ein neu- es Firmengebäude in der Kaiserstraße 104, zu dem er 1879 das Nachbargebäude Kaiser- straße 106 hinzu erwarb. 1891 bezog die Fir- ma ihren nach Plänen des fUr seine industrie- bauten bekannten Architekten Hermann Walder erbauten Gebäudekomplex in der Durlacher Allee 31/33. Die Finna hatte zu diesem Zeitpunkt ihre Geschäftsbeziehungen bis in die Schweiz, nach Italien, Ungarn und Österreich und nach Malta ausgedehnt.
Hiervon zeugen die handschriftlichen Rei- seberichte von JuniorchefFriedrich Wolffaus den Jahren 1884 bis 1887. Der Handlungsrei- sende Johann Tetsch bereiste im Auftrag von "Wolff & Sohn" in den Jahren 1896 bis 1902 darüberhinaus die baltischen Staaten, Finn- land, Schweden, Rußland, den Balkan mit Serbien, Rumänien, Bulgarien und Griechen-
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land, den Vorderen Orient mit Syrien, Palä- stina, Ägypten und Libanon sowie China und Indien. Über den Handel mit Rosenseifen in China berichtet Johann Tetsch an die Firma in Karlsruhe sowie auch über geschäftlichen Ärger, den er in Rußland erlebte. "Ich habe ihm die Ungehörigkeit seines Benehmens ent- sprechend vorgehalten und ihm die sofortige Kündigung unserer Vertretung in Aussicht gestellt. Er versprach pünktliche Erledigung aller Sachen fur die Zukunft", schreibt Jo- hann Tetsch am 18. Januar 1899 aus Mos- kau. Außer geschäftlichen Angelegenheiten spiegeln diese Berichte auch politische, ge- sellschaftliche und soziale Verhältnisse in den bereisten Ländern. "Was die Tour nach Chi- na angeht, so sind hier ganz tolle Berichte über Hongkong in Cours die Pest betreffend, täglich sollen Europäer daran sterben und muß ich mir vorbehalten, den Platz evtl. aus- zulassen" berichtet Johann Tetsch am 9. Juli 1898 an die Geschäftsleitung. Der Handels- vertreter Albert Grieshaber geriet bei einer Balkanreise im Auftrag der Finna im Som- mer 1913 in die Wirren des Balkankrieges. "In Griechenland waren überall und speciell auf Corfu viele türkische Kriegsgefangene zu sehen; auch verwundeten griechischen Sol- daten begegnete man noch ab und zu" und " ... es wurde mir vielfach von Griechen versi- chert, daß ihr Haß gegen die Bulgaren viel größer sei als gegen die Türken; die Militär- pflichtigen stellten sich deshalb auch mit größ- tem Enthusiasmus" schildert er in einem Brief vom 18. Juli 1913 an Kommerzienrat Fried- rich Wolff seine Eindrücke.
Der Arbeitsalltag <~·~;-;·;-:<·, :·;·,,·:.,;-:·:·x< ;,;,:<,:,x,;,x<,,:',:_..:ox·z·;·>:<·x',:-:·»;·>>;-:-:<·;.;.;.;-:·:·;.;.;." ;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.;.:<
Vom Arbeitsalltag in der Finna vennitteln unterdessen zwei Cirkularbücher aus den Jah- ren 1897 bis 1905 und 1912 bis 1922Iebhaf- ten Eindruck.
Strenge, zum Teil pedantische Anordnun-
frontansiebt der ParlUmcrie- undSoilcUenseifcnfabrik F. \XolII , Sohn
Zeichnung der Firmenanlage WoljJ & Sohn um /892.
gen an das Personal erläßt die Geschäftslei- tung in diesen Büchern. " Das Lärmen und Schreien im Freien während der Pausen ist streng verboten, es ist strengstens verboten, innerhalb des Fabrikbezirks das Fahrrad zu besteigen und die Fahrradlaternen anzuzün- den" und ebenfalls strengstens verboten war "der grobe Unfug, daß insbesondere jugend- liche Arbeiter auf dem Weg von und zu der Garderobe ihr Messer offen in der Hand tra- gen".
Die vorübergehende Schließung der Fabrik aufgrund besonderer Ereignisse unter Nach- holung der Arbeitszeit wird in den Ciru1:ular- büchern außerdem bekanntgegeben. Dies war z. B. arn 21. Mai 1900 der Fall, als eine kai- serliche Torpedodivision im Maxauer Hafen anlegte, alljährlich arn Geburtstag des Kai- sers und des Großherzoges und am 18. Okto- ber 1897 anläßlich der Enthüllung des Kai- ser-Wilhelm-Denkmals beim Mühlburger Tor. Gelegentlich fanden Veranstaltungen fur das Personal statt, über die in den Umlauf- büchern informiert wird. Jedes Jahr ließ Groß- herzogin Luise in der Adventszeit die Arbei-
terinnen der Finna Wolff & Sohn zur Besich- tigung der in der Turnhalle der Victoriaschule ausgestellten Weihnachtstransparente einla- den. Am 5. Mai 1913 gab die Firma bekannt, daß die Studenten der Technischen Hoch- schule Volksunterrichtskurse "flir der Schule entwachsene Personen in den Elementar- fachern" abhalten, und im Mai 1912 bat der Badische Frauenverein das Personal der Fir- ma Wolff & Sohn zur Besichtigung des Tu- berkulose-Museums in der Ausstellungshalle anl Stadtgarten.
Der Badische Frauenverein engagierte sich auch in der Arbeiterinnenfursorge und lud im Jahr 1912 die Arbeiterinnen nach Feierabend zu wöchentlichen Versammlungen mit kur- zen, leichtfaßlichen Vorträgen über Fragen der Haushaltsflihrung, der Gesundheitsvor- sorge und des Krankenkassen- und Versiche- rungswesens im Saal der Eisenbahnschule ein. Existentiell wichtige und arbeitsrechtlich be- deutsame Angelegenheiten flir das Personal finden ebenfalls in den Cirkularbüchern ih- ren Niederschlag. Urlaubs- und Arbeitszeit- regelungen werden bekanntgegeben, die Er- .
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gebnisse der Wahl von Arbeitern und Arbei- terinnen in den Verwaltungsausschuß des fIrmeneigenen Wohlfahrtsfonds mitgeteilt und Regelungen zur Kriegsteuerungszulage ver- öffentlicht. Die Bücher enthalten Bekannt- machungen an das Personal über die Auszah- lung von Lohn, Krankengeld, Krankenkas- senbeiträge, die Invaliden- und Hinterblie- benenversicherung und die Gewährung der Weihnachtsgratifikation oder "Stetigkeits- prämie", die im Jahr 1919 anstelle des Weih- nachtsgeldes ausgezahlt wurde.
Einen umfassenden Eindruck vom Betrieb in der Firma Wolff & Sohn während der 30er Jahre, die im Nationalsozialismus als "Mu- sterbetrieb deutscher Wirtschaft" galt, ver- mittelt die Werkzeitschrifi "Kalodernla-Nach- richten" aus den Jahren 1934 bis 1941. Sie informiert über Aktivitäten der Werksport- gruppe, der Gesangsabteilung und der Werk- musikkapelle, Betriebsangehörige schildern KdF-Fahrten und GrenzlandJ.mndgebungen, an denen sie teilgenommen haben. In der Werk- zeitschrift werden die Neuenverbungen der Werkbücherei bekanntgegeben und wird über Kameradschaftsabende in der Firma berich- tet. Alle diese Artikel stehen vor dem Hinter- grund der nationalsozialistischen Diktatur, die auch den Firmenbetrieb bei "Wolff & Sohn" prägte. Im Sommer 1939 wurde z. B. eine Stenotypistin vom Betriebsfuhrer der Firma zur Teilnahme an der von der Deutschen Arbeitsfront veranstalteten Berufserziehungs- woche ftir Stenotypistinnen in Bad Sulzbach bestimmt, worüber sie in den "Kalodernla- Nachrichten" berichtet. Die Vertrauens frau der Firma Wolff & Sohn erhielt im Sommer 1936 vom Frauenamt der Deutschen Arbeits- front die Aufforderung, an einem Schulungs- kurs ftir Vertrauensfrauen teilzunehmen, und der Betriebsobmann der Firma schreibt im
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Herbst 1936 einen Reisebericht über seine Teilnahme an der Reichsarbeitstagung der Reichsbetriebsgemeinschaft Chemie in Ber- lin. Darüberhinaus enthalten die "Kaloderma- Nachrichten" Artikelserien zur Geschichte der Firma und zum Produktionsbetrieb mit aus- führlicher Beschreibung der Produktions- prozesse und vielfaltigem Bildmaterial von den Arbeitsvorgängen.
Krieg und Verkauf ................................ ~ . •..•..•..•..•..•..•..•..•..•..•.. v.-..•.••..•..•..•..•..• w~.·.· ,, ·.·"w.· . .,., .· ..... · . ..., .. w ... w.·.·.··.·· ··
Bei Luftangriffen auf Karlsruhe am 25 . April, 8. September und 5. November 1944 erlitt "Wolff & Sohn" Fliegerschäden an der gesamten Fabrikarllage. Hierüber gibt eine Fotodokumentation Aufschluß, die Bildmate- rial von der ausgebrannten Reithalle, von den Schäden am Haupt- und Mittelgebäude so- wie am Ostflügel , an Siederei, Seifensaal, Kesselhaus und am Werkwohnungsgebäude in der Gerwigstraße enthält.
Der Zeitraum von 1945-73 ist im Schrift- verkehr über Kriegsschäden, Beschlagnah- mung und Besatzung sowie in Produktions- statistiken und Werbekatalogen überliefert. Bereits 1970 hatte "Wolff & Solm" Gesell- schafteranteile an die Hamburger Kosmetik- fIrma Schwarzkopf GmbH verkauft, bis die Firma vollständig an Schwarzkopf überging und die Stillegung der Produktion Zunl 31 . Dezember 1973 erfolgte. Heute befindet sich im ehemaligen Hauptgebäude der Firma die Landespolizeidirektion Karlsruhe. Zusammen mit den bereits im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen zur Firma Wolff & Sohn - im wesentlichen sind dies 130 Blatt illustrierte Originalanzeigen aus den Jahren 1899 bis 1949, erschienen in der "Berliner illustrier- ten Zeitung" , in der Zeitschrift "Jugend" und in der Zeitschrift "Die Dame", die Werkzeit- schrift "Kaloderma-Nachrichten" und die par- furnierten Werbegeschenke "wohlriechender Taschenkalender" - bildet das Firmenarchiv
eine umfassende und anschauliche Dokumen- eine wertvolle Bereicherung der Samm1ungs- tation zur Geschichte der Finna und bedeutet bestände des Stadtarehivs Karlsruhe.
Angelika Sauer
Der KarIsruher Hafen: Ein langer Weg zum Rhein
"Der Handel, den die Stadt treibt, ist freylich nicht sehr ausgebreitet; doch auch nicht ganz unbeträchtlich. Hätte der MarkgrafKarl Wil- heim dafiir, daß er die Stadt in einem Walde gleichsam einschloß, sie an den Rhein - etwa nach Schröck - hin verlegt, so hätte es eine der blühendsten Handelsstädte werden und besonders Mainz wegen der weit geringeren Entfernung vom gesegneten Elsaß, lothrin- gen und der Schweiz in Absicht auf den Spe- ditionshandel sehr vielen Abbruch thun kön- nen." So beschrieb der Hauslehrer und Publi- zist Friedrich Leopold Brunn in seinen Brie- fen über Karlsruhe im Jahr 1791 ein Pro- blem, das die Stadt bis in unser Jahrhundert hinein beschäftigte und umtrieb: die fehlende Anbindung an den Rhein. In der Tat hatte der Karlsruher Stadtgründer Markgraf Karl Wil- helm von Baden-Durlach an viele Dinge ge- dacht, als er am 17. Juni 1715 den Grund- stein zu seinem neuen Residenzschloß und damit zur Stadt Karlsruhe legte, aber sicher nicht an eine Anbindung an den Rhein.
Nach ersten Bemühungen bereits im 18. Jahrhundert \vidrnete sich die Stadt verstärkt nach dem Aufstieg Karlsruhes zur Haupt- und Residenzstadt des Großherzogtums Ba- den zu Beginn des 19. Jahrhunderts diesem Thema. Angesichts der technischen und vor allem finanziellen Schwierigkeiten mußte man aber noch lange mit Lösungen vorlieb neh- men, die den Anforderungen der wachsenden Stadt nicht mehr gerecht werden konnten. Auch in Karlsruhe hielt die Industrie, wenn auch etwas verspätet, ihren Einzug. Eine er- ste Fabrik entstand 1836 mit der Maschinen-
fabrik Keßler & Martiensen, die 1841 die er- ste badische Lokomotive baute. 1m Jahr 1843 erhielt Karlsruhe eine Eisenbahnverbindung nach Heidelberg. Das in Baden entstehende Eisenba1umetz erleichterte nun den Waren- verkehr erheblich . .Der Wunsch nach einem Hafen verstummte allerdings nicht: das expan- dierende MannIteim, das seit 1828 emen Rheinhafen hatte, war hier Vorbild.
Die Rheinhäfen Leopoldshafen und Maxau ::
Zunächst behalf man sich mit dem kleinen Hafen des bereits von Friedrich Leopold Brunn erwähnten Dörfchen Schröck. Der 1833 anläßlich der HafeneröfInung zu Ehren des regierenden Großherzogs in Leopolds- hafen umbenannte Ort verfugte aber nur über sehr bescheidene Hafenanlagen. Die Waren mußten zudem auch noch nach der Einfuh- rung des Eisenbahnverkehrs mit Pferde- fuhrwerken transportiert werden.
1862 versprach die Ausbaggerung des klei- nen Hafens Maxau - heute noch bekannt durch die Wasserstandsmeldungen des Pegels Maxau bei den häufigen Hochwassern der letzten Jahre - endlich Abhilfe. Auf ihre Ko- sten ließ die Stadt den Altrhein bei Knielingen ausbaggern und verbesserte damit die Lage deutlich, denn Maxau war immerhin schon mit einer Bahnlinie, der Maxaubahn, direkt mit Karlsruhe verbunden. Trotz unzurei- chender Infrastruktur - es gab z. B. nur einen Ladekran - stieg der Güterumschlag rasch an. Er vergrößerte sich von 1870 bis zum Ende des Jahrhunderts um mehr als das Zehn-
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KARLSRUHE Rhei"h'aten
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Der Rheinhafen ist seit seiner Gründung ein beliebtes Postkartenmotiv. Postkarte um 1910.
fache. Mit über 200 000 Tonnen war der Ha- fen 1899 aber an einer Kapazitätsgrenze an- gelangt, die ohne umfassende Ausbauten nicht mehr überschritten werden konnte. Zu die- sem Zeitpun.I..i waren die Würfel allerdings schon in eine andere Richtung gefallen. Auch die politische Großwetterlage hatte eine nicht unwesentliche Rolle gespielt : nach dem deutsch-französischen Krieg 1870171 war durch die Annexion Elsaß-Lothringens ein wirtschaftlicher Großraum entstanden, des- sen weitere Entwicklung einen Ausbau der Schiffahrtsverhältnisse auf dem Rhein ober- halb von Mannheim geradezu zwingend erfor- derte. Die Stadt Karlsruhe wehrte sich aller- dings entschieden gegen Pläne, linksrheinisch einen Kanal zu erbauen, da sie dann von dem zu erwartenden Schiffaluisaufkommen weit- gehend abgeschnitten gewesen wäre. Unter- stützung erhielt man von der badischen Regie- rung, die bei einer linksrheinischen KanaI- lösung auch weitgehende Nachteile fiir die
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badische Staatseisenbahn beflirchtete. Des- halb vereinbarten Stadt und Staat 1896, "ei- nen mit der Eisenbahn und der Wasserstraße des Rheins in unmittelbarer Verbindung stehenden, der Großschiffalm dienenden Ha- fen in der Niederung westlich von Mühlburg" zu bauen. Nach nur zweieinhalbjähriger Bau- zeit unter der Leitung des Ingenieurs Max HanselI, von dem auch die Idee stanuute, wurde der Hafen am I . Mai 190 I eröffnet.
Für die Verwaltung des Rheinhafens war das neu geschaffene städtische Hafenamt zu- ständig. Bis zum Jahresende waren bereits nahezu 130000 Tonnen Güter umgeschla- gen. Die feierliche Einweihung fand im fol- genden JallT 1902 statt und zwar anläßlich des 50jährigen Regierungsjubiläunls Groß- herzog Friedrichs I. Karlsruhe hatte auf dem langen Weg zum Rhein sein Ziel erreicht. Kommunalpolitisch ist der Bau des Rhein- hafens einzuordnen in die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Anstrengungen
der Kommunen im Zuge der Daseinsvorsorge. Die Kommunen waren damit wichtige Weg- bereiter rur das Sozialstaatprinzip. U. a. im Bereich der Ver- und Entsorgungswirtschaft sowie des Nahverkehrs übernahmen sie im Interesse ihrer Bürger neue Aufgaben, die aufs engste mit dem Wachstum der Städte verbunden waren. Die in den meisten Städten explosionsartig zunehmende ßevölkerung mußte mit Wasser und LebenslIlittein sowie mit Energie versorgt werden. Abwässer und Abfalle waren zu entsorgen. Im Verkehrs- bereich transportierten zunächst Pferde- bahnen, dann elek1rische Straßenbahnen die Menschen innerhalb der Stadt und in die umliegenden Dörfer. Zu diesem Zwecke ent- standen wirtschaftliche Unternehmen, die in- zwischen oftmals auf eine mehr als 100jähri- ge Geschichte zurückschauen können. Viele dieser städtischen Betriebe sind inzwischen privatisiert oder stehen zur Privatisierung an.
Anläßlich der Internationalen Ausstellung rur Rettungswesen und Gesundheitspflege in Brüssel im Jahr 1876 publizierte die Stadt Karlsruhe einen Überblick über die seit 1860 zur Versorgung der Bevölkerung entstande- nen städtischen Einrichtungen: 1866 war die regelmäßige Dünger- und Müllabfuhr einge- ruhrt worden, 1869 das bis dahin privat be- triebene Gaswerk aufgekauft und in den fol- genden Jahren erweitert worden. 1869 bis 18 n entstand ein neues leistungsfähiges Wasserwerk. Als sich die Stadt sechs Jahre später wiederum an einer Ausstellung, dies- mal in Berlin, beteiligte, erschien eine aktua- lisierte Publikation, in der als eine wesentli- che Neuerung die seit 1877 betriebene städti- sche Pferdebahn von Karlsruhe nach Mühl- burg und die 188 I eröffnete Darnpfbahn nach Durlach vorgestellt wurde. Im Jahr 1900 fuhr die erste elektrische Straßenbahn. Die Pfer- de- bzw. Darnpfbahn wurde zunächst aller- dings noch privat betrieben, erst 1903 ging sie in städtischen Besitz über.
Generell achteten die Kommunen auch in besonderem Maße auf die Entwicklung ihrer Wirtschaftsstruktur, fUr die der optimale Aus- bau vorhandener Wasserstraßen oder der An- schluß über Kanäle natürlich besonders wich- tig war. Eine Umfrage des Deutschen Städte- tages im Jahr 1911 ergab, daß von 113 Städ- ten 27, darunter Karlsruhe, besondere An- strengungen unternahmen oder unternommen hatten, Hafenanlagen zu errichten. In Karls- ruhe ist die Anlage des Hafens Teil des städti- schen seit den 70er Jahren verstärkt verfolg- ten Konzepts, die Ausrichtung der Residenz- stadt auf die Verwaltung und die Dienstlei- tungsbereiche abzuschwächen und neue in- dustrien anzusiedeln. Nicht zufallig entstand in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts am Rheinhafen ein drittes großes Industrieviertel.
Im Rheinhafen selbst entstanden schon an zeitlichen Umfeld der Hafeneröffnung einige der heute noch charakteristischen Bauten: die Werfthallen, das Getreidelagerhaus und das Wohnhaus des Harenvorstands prägen bis heute das Erscheinungsbild des Rheinhafens. Sie gehören zu den herausragenden Beispielen Karlsruher Industriearchitek1ur.
Ausgelegt war der Hafen auf zunächst 300000 Tonnenjährlich, die bereits im drit- ten Betriebsjahr erreicht waren, 1913 war mit knapp 1,5 Millionen Tonnen die vorläufi- ge Höchstmarke erreicht. Hauptumschlag war die Kohle mit 53 %, gefolgt von Holz mit 20 % und Getreide mi t 9 %. Versorgt wurde nicht nur Baden, sondern auch Württemberg, wo 28 % der Güter hingingen und die Schweiz mit 14 %. Die Zahl der angekommenen Schiffe verzehnfachte sich innerhalb von 10 Jahren nahezu, so daß Erweiterungen bald erforder- lich waren. 1916, mitten im Ersten Welt- krieg, ging ein weiteres Becken, das Nord- becken in Betrieb. Der Umschlag erreichte
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im Ersten Weltkrieg allerdings nicht mehr den Vorkriegshöchststand und sank nach der Kapitulation rapide ab. 1920 fiel er gar wie- der unter die Millionengrenze wegen einer "seit der Entstehung der Großschiffahrt noch nicht beobachteten Wasserknappheit". Im Jahr 1922 erholte sich der Umsatz zwar wie- der, ging 1923 dann aber wegen der Ruhr- krise und der Besetzung des Karlsruher Rhein- hafens durch französische Truppen wieder stark zurück. Am 3. März 1923 besetzten französische Truppen fur rund 18 Monate den Hafen, der damit zu einem Politikum zwischen Frankreich und Deutschland wur- de.
Durch zahlreiche restriktive Verordnungen ging der Umsatz wiederum deutlich zurück. Erst 1924 setzte ein erneuter Aufschwung ein, der erst gegen Ende des Zweiten Welt- krieges abrupt unterbrochen wurde. Selbst in den Weltwirtschaftskrisenjahren 1929 bis 1932 blieb der Aufwärtstrend erhalten, was nicht zuletzt an der 1930 abgeschlossenen Rheinregulierung der Strecke Mannheim- Sondernheim lag. 1928 war Karlsruhe nach Duisburg, Mannheim, Ludwigshafen und Köln der funf'tgrößte deutsche Rheinhafen.
Die Expansion war in erster Linie zu La- sten des Mannheimer Rheinhafens erfolgt, der 1904 noch fast drei Viertel des Schiffverkehrs auf dem Oberrhein abwickelte, in den 20 Jah- ren aber nur noch ein Drittel. Beschäftigt waren in diesem Jahr beim Städtischen Ha- fenamt im Durchschnitt 130 Arbeiter und 35 Beamte. Dieser Personalstand wurde auch in den folgenden Krisenjahren gegen den allge- meinen Trend im wesentlichen gehalten.
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Der im Vergleich mit der Gesamtentwick- lung des Rheinschiffahrtsverkehrs, der 1929 einbrach und 1932 nur noch rund 65 % des Standes von 1929 umfaßte, relativ stabile Umschlag im Karlsruher Rheinhafen nahm dafiir in den Jahren 1933 bis 1936 nur un- wesentlich zu, während der Rheinschifffahrts- verkehr insgesamt wieder stärker anstieg. Die Eröffuwlg des Hafens in Heilbronn im Jahr 1935 und die Angliederung des Saarlandes, das nun verstärkt den südwestdeutschen Raum mit Kohle versorgte, dämpfte den Aufwärts- trend zusätzlich.
In den 30er Jahren erhielt der Rheinhafen auch seine heutige Größe, 1934 konnte das Südbecken eingeweiht und die Verbreiterung des Stichkanals zum Rhein abgeschlossen werden, 1935 folgte die Erweiterung des Olbeckens.
Obwohl das Rheinhafengebiet im Zweiten Weltkrieg immer wieder das Angriffsziel al- lüerter Bombenangriffe war und auch erhebli- che Schäden davontrug, wurde 1948 bereits beim Güterumschlag wieder die Millionen- grenze erreicht. Zehn Jahre später waren die Vorkriegsergebnisse mit mehr als drei Mil- lionen Tonnen übertroffen.
275 Jahre nach der Stadtgründung wurde gar ein neuer Rekord mit nahezu 12 Millio- nen Tonnen aufgestellt. Damit ist er heute zweitgrößter europäischer Binnenhafen und größter Ölbinnenhafen. Andere Rheinhäfen wie das eingangs zitierte Mainz hat er längst hinter sich gelassen, eine Entwicklung, die Friedrich Leopold Brunn allerdings wohl hatte voraussehen können.
Ernst 0110 Brtlunche
Karlsruher Vereine: Die Gesellschaft Eintracht
"Der Kräfte schön vereintem Streben, Erblickt der Eintracht wahres Leben." Dieser Leitspruch des Amortisationskassendirektors Karl Benjamin Friedrich Scholl, der ein Jahr nach Gründung der Gesellschaft Eintracht zu deren Vorsitzendem gewählt worden war, verdeutlicht klar die Zielsetzung der da- maligen Vereinsgründer: Dem Karlsruher Mittelstand sollte aufmöglichst breiter Basis ein k'\llturelles Aktionsfeld verschafft werden, wie es bis dahin weitgehend nur der Oberschicht offengestanden hatte.
Zweck der Vereinsgründung vom 3. Juli 1835 war es u.a. gewesen, rur "die Erhei- terung und Erholung" der Mitglieder "durch Lektüre, gesellige Unterhaltung, Spiel, Tanz und Musik" zu sorgen, aber auch durch "musikalische Vervollkommnung", "die Be- sprechung technischer, überhaupt industriel- ler Gegenstände" und die "Anschaffung wis- senschaftlicher Werke" das Bildungsniveau zu heben.
Dabei sollten bereits bestehende Vereine wie der 1831 gegründete Gewerbeverein, der Musikverein Harmonie und der Cäcilienver- ein sowie die schon seit 1816 vorhandene bürgerliche Lesegesellschaft in die Eintracht integriert werden. Man wollte damit offen- sichtlich eine starke Interessen vertretung fUr das mittlere Bürgertum schaffen, als Gegen- gewicht zu den in Karlsruhe vorhandenen Oberschichtvereinen wie dem vornehmen Museum, dem Kunstverein und einer Frei- maurerloge.
Die Absicht der Gründer der Eintracht, unterschiedliche Interessensgebiete in ihrer Gesellschaft zu vereinen und damit weite Bevölkerungskreise zu erreichen, konnte in den ersten Jahren ihres Bestehens durchaus realisiert werden. So vergrößerte sich die Mitgliederzahl von 155 Personen im Grün-
dungsjahr 1835, als der Verein in der Hauptsache aus Subalternbeamten bestand, durch die Angliederung der genannten Sektionen auf annähernd 800 Personen im Jahre 1839. Damals waren wohl wegen des auf sie zugeschnittenen Angebots auch zahlreiche Handwerker und Kaufleute Mit- glied in der Eintracht geworden.
Die Hauptaktivitäten der Gesellschaft Eintracht sollten sich aber bald auf den musischen Bereich erstrecken. Daher wurde der Anschluß des Gewerbevereins an die Gesellschaft nach der Jahrhundertmitte wie- der rückgängig gemacht. Absplitterungen wa- ren aber auch auf die besonders geforderten Aktivitäten zurückzuftihren. So ging der 1842 gegründete Gesangverein Liederhalle aus der Eintracht hervor. Auch der erste Karnevalsver- ein von Karlsruhe, der 1843 gegründete "Narrenverein von Pfannenstielhausen", soll sich zu zwei Dritteln aus Eintrachtsmit- gliedern rekrutiert haben.
Tatsächlich bestand ein großer Teil der Veranstaltungen in der Eintracht damals aus Maskenbällen, Kostümkränzchen und Fastnachtsspielen, wie uns eine frühe, bereits 1844 erschienene Chronik der Gesellschaft berichtet. So fanden in dem 1837 erworbenen Gesellschaftsgebäude, dem ehemaligen Cafe F rey neben der Wirtschaft zum Weißen Bären in der Karl-Friedrich-Straße, mehrere Mas- kenaufzüge statt, deren Figuren in der Mehrzahl zeitgenössischen Theaterstücken entlehnt waren. Mit dem "Bocksritter Kaka- du", Napoleon mit seiner Garde und den Polen, Gott Bacchus zu Pferde, einem Harlekin, Timler Schützen und anderen Gruppen ging die Eintracht sogar an Fastnacht 1841 auf die Straße und brachte damit den ersten Karnevalsumzug in Karlsru- he zustande.
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Dasgroßzügige dreistöckige Gesellschafts- gebäude eignete sich nach einem Umbau, der den Verein über 31 000 Gulden gekostet hatte, hervorragend fur Bälle und Fest- veranstaltungen, aber auch rur eher zwiickge- zagene Zerstreuung. So enthielt das Gebäude u. a. mehrere Zimmer rur Billard und andere Spiele, ein großes Konversationszimmer mit Büfett, ein Lesezimmer mit Bibliothek, einen Speisesaal, einen Musiksaal, den großen Tanzsaal und Wohnungen fiir Diener und Wirtsleute. Entlang des Wirtsgartens hinter dem Gebäude war eine Kegelbahn errichtet worden. Dieses attraktive Angebot sollte natürlich zu der rasanten Mitgliederent- wicklung in den Anfangsjahren des Vereins beitragen. In der Zeit des Nachmärz, also nach den revolutionären Ereignissen von 1848/49, waren die Mitgliederzahlen dann wieder leicht rückläufig, was sicherlich auch mit der mißtrauischen Beobachtung aller Vereinsaktivitäten durch die Staatsorgane in der Phase der Restauration zusammenhing. Die Räumlichkeiten der Eintracht nutzten nun dann aber auch andere Vereine wie die studentische Verbindung Alemannia oder die dem Humor verpflichteten Gesellschaflen "Bärenzwinger" und "Schlaraffia". Der Gesangverein "Liederhalle" blieb bis 1885, als er sich schon längst selbständig gemacht hatte, in den Räumen der Eintracht. Dort feierte er 1868 sein 25jähriges und 1892 selbst nach seinem Auszug noch das 50jährige Jubiläum.
Die Mitglieder der Eintracht kamen in dieser Zeit oft "zum geselligen Kegel-, Schach- oder Kartenspiel zusammen, besuch- ten die Konzerte im Saal und Garten, hörten Vorträge belehrender Natur an, erfreuten sich an unterhaltenden VorfUhrungen wandernder Künstler, Zauberer u. dgl.", wie Benedikt Schwarz in der Chronik der GesellschafI zum 90jährigen Bestehen 1925 berichtet. Gesell- schafliich nahm der Verein bis in die
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Gründerzeit den zweiten Rang hinter dem "Museum" ein. So gehörte es fur die mittlere BeamtenschafI zum guten Ton, Mitglied dieser Vereinigung zu werden, wodurch sie aber auch in den Genuß der Unterhaltung kam, die diese zu bieten hatte. "Daß der Herr Kanzleirath jeden Abend .. . 2 Stunden in die Eintracht geht und hier zwei Schoppen Bier trinkt, ist sein Recht; denn nach den täglichen Plackereien auf dem Bureau und den Sorgen zu Hause gebührt ihm eine Erholung in erheiterndem Gespräche ... " schildert Albert Bürklin augenfallig den Vereinsalltag um 1860.
Zu den größeren Veranstaltungen im Gesellschaflsgebäude gehörten nach wie vor Kostümkränzchen und Maskenbälle, die zumeist unter ein bestimmtes Motto gestellt waren, so noch nach der Jahrhundertwende ein "Schwarzwaldfest" mit bäuerlichen Trachten und das Kostümfest "Alt Karlsru- he", das sich auf die Biedermeierzeit bezog.
Neben diesen kurzweiligen Unterhaltun- gen wurden recht aufwendige Bälle zu Jubiläen der großherzoglichen Familie veran- staltet. Zur silbernen Hochzeit des Groß- herzogspaars 1881 etwa wurde in lebenden Bildern die Geschichte des Fürstenhauses aufgeruhrt (Gründung von Karlsruhe, Aulhe- bung der LeibeigenschafI, Großherzog Leo- pold). Dazu sprachen Hofschauspieler die Prologe.
Die Hinwendung zur höfischen Gesell- schafI veränderte im Verlauf des 19. Jahrhunderts langsam die Mitgliederstrul1ur des Vereins, so daß er - ähnlich wie das Museum - mehr und mehr zu einer Gesell- schaft rur die bürgerlichen Honoratioren wurde und seinen Anspruch auf die breite Vertretung des Mittelstandes aufgab. So schwankte die Mitgliederzahl des Vereins zwischen 1870 und 1925 immer nur um etwas mehr oder weniger als 300 Personen, eine Stagnation, die sich auf die Bedeutung der
Gesellschaft angesichts des enormen Wachs- tums der Stadtbevölkerung und der damit verbundenen Auffacherung des Vereinswe- sens nach unterschiedlichen Interessen- gruppierungen und Gesellschaftsschichten in dieser Zeitspanne negativ auswirken mußte.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 wurden nur noch selten aufWendige
Bälle gefeiert. Die letzten Jahre des Bestehens der Vereinigung waren nun im wesentlichen durch ,,gediegene" wissen- schaftliche Vorträge und einige anspruchs- volle Konzerte geprägt. Durch den Mitglie- derschwund sollte die Gesellschaft Eintracht nach der nationalsozialistischen Machter- greifung 1933 dann das gleiche Schicksal
Foto: Stad/archiv
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ereilen wie das "Museum". "Die alten Formen sind überlebt und verlieren damit ihre Daseinsberechtigung", heißt es lapidar in einem an die Mitglieder versandten Schrei- ben, das die Auflösung der Gesellschaft zum 29. November 1937 ankündigte. Dazu wurde eine außerordentliche Mitgliederversamm- lung im "Präsidentensaal" der Gesellschafts- räume anberaumt, in der zwei Liquidatoren gewählt wurden.
Was aus dem sicherlich wertvollen und interessanten Vereins archiv und -inventar geworden ist, entzieht sich leider unserer Kenntnis. Vielleicht ist es dem Bombarde- ment des Zweiten Weltkriegs ebenso zum Opfer gefallen wie das stattliche Vereins- gebäude und der benachbarte Gasthof zum Prinzen Friedrich von Baden, ehemals der "Weiße Bär".
Pe/er Pre/sch
Vom 1. Badischen Gesang-Fest 1844 in Karlsruhe zum Badischen Sängerbund
, Wir sind gewohnt, flir die ersten Jahrzehnte
des 19. Jahrhunderts den Begriff"Biedermei- er" zu verwenden und stellen uns dabei eher eine Zeii der Idylle vor. Diese Jahrzehnte sind aber auch das Vorspiel, der "Vormärz" flir die Revolution 1848/49. Sie sind der Beginn der industriellen Revolution und der Über- gang einer Kulturtradition, bisher von Höfen und Klöstern gepflegt, auf das Bürgertum. Dazu gehören der Bau eigener repräsentati- ver Opernhäuser und Theater, die Gründung von Konzert- und Musikgesellschaften. Es ist auch die Zeit, in der Pestalozzis Ideen einen Niederschlag finden, der als Ausgangspunkt einer Volkserziehung das Musische, die Musikerziehung, ja besonders den Gesang betonte, dessen Richtigkeit in unseren Tagen der Ungar Kodaly beispielhaft flir die Volkshochschulen wie das Chorleben bewie- sen hat.
Schließlich spielten auch politische Grün- de für die EntwickJung einer neuen Gesangskultur eine Rolle. Die Zerrissenheit im "Deutschen Bund" der Ära Metternich, die Ansprüche Frankreichs auf deutsches Land ließen Strophen wie Beckers Rheinlied "Sie sollen ihn nicht haben, den freien
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deutschen Rhein" entstehen. Die Gründung der ersten Gesangvereine,
der Berliner Liedertafel, vollzog sich 1809 durch Carl Friedrich Zelter, des Züricher Gesangvereins 1810 .durch Hans Georg Nägeli. Bald folgten Gründungen von Liedertafeln als Männergesangvereine in Frankfurt/Oder, Leipzig, Magdeburg, Harn- burg, Elbing, Königsberg und Danzig, die einen bestimmten Zug der Zeit widerspiegel- ten.
Karlsruhe war um 1842 eine Stadt mit ca. 25 000 Einwohnern, deren gesellschaftlichen Mittelpunkt neben dem Hof die Vereinigun- gen "Museum" und "Eintracht" bildeten.
Die "Eintracht" bestand aus vier Abteilun- gen, deren zweite die "musikalische Vervoll- kommnung" und Unterhaltung ihrer Mitglie- der als Zielsetzung hatte. Aus ihr war die "Liederhalle" entstanden. Gesellschafts- direktor der "Eintracht" von 1836 bis 1849 war Karl Friedrich Scholl. Von ihm sagt die Chronik der "Eintracht": "Er wirkte, durch- drungen von tiefem Mitgefuhl fur fremde Not, bei der Gründung wohltätiger Anstalten mit. "U. a. war er der Gründer der allgemeinen Versorgungsanstalt, der Karlsruher Lebens-
Kar! B. Fr. Scholl. 1. Direktor 1836-1849.
versicherung. Der Platz vor der KL V wurde nach ihm benannt. Als Gesellschaftsdirektor der "Eintracht" war er selbstverständlich auch Vorstand der Liederhalle. Daß dieser energiegeladene, schöpferische und weit- schauende Mann den engen Vereinsrahmen sprengte, war nur verständlich. Bezeichnend für die Zielsetzung ist der Sängerspruch, den die Liederhalle anno 1845 annahm: "Unserer Lieder Klänge läuten deutscher Eintracht Frühling ein."- Scholl suchte und fand Anschluß an die bekannten Männergesang- vereine jener Tage, den Karlsruher Lieder- kranz, den Singverein Lahr, die Mannheimer Liedertafel, die allesamt von herausragenden Persönlichkeiten geführt wurden. Die enge
Fühlungsnahme führte bald zum Erfolg.
So fand vor 150 Jahren, am 8. September 1844, im "Hof- theater" das "erste Badische Gesang-Fest" statt, an dem Sänger aus den Städten Achern, Bruchsal, Bühl, Karlsruhe, Durlach, Ettlingen, Gerns- bach, Heidelberg, Mannheim, Mühlburg, Rastatt und Wein- heim teilnahmen. Mit dem Erfolg dieses Festes erfolgte unter der Leitung von Scholl am 27. Oktober 1844 die Gründung der "Vereinigung Badischer Gesangvereine" - eigentlich Gründungsjahr des Badischen Sängerbundes. Am 11.112. Mai 1845 fand in Mannheim das "zweite Badi- sche Sängerfest" statt. An die- sem Sängerfest nahmen nun schon eine große Zahl außer-
I badischer Vereine teil. Zur Vor- bereitung richteten die"Karlsru- her Sänger an die Stadtverwal- tung ein Gesuch um Überlas-
sung des Rathaussaales von 5 bis 6 Uhr in der Früh, zum Einsingen der Chöre, bevor sie nach Mannheim fuhren. Das Gesuch war damit begründet, daß die Sänger in Mann- heim das Ansehen der Stadt Karlsruhe vertreten würden. Der damalige OB Füsslin hat den Bitten der Sänger entsprochen, weil er die "Macht des Gesanges" anerkannte. Nach dem dritten Badischen Gesangsfest 1847 in Lahr wurde der Wunsch laut, aus finanziellen Gründen nicht mehr in jedem Jahr eine solche Begegnung durchzuführen. Man wollte je- doch das Erreichte weiter ausbauen, indem das freie Jahr den Zusammenkünften der näheren Vereine untereinander dienen sollte.
Die Revolutionsjahre 1848-49 haben das
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Gesangsleben lahmgelegt und vielfach zu Vereinsauflösungen geftihrt, oder es wurden, aus politischen Gründen, im geheimen Sing- stunden abgehalten.
Das vierte Badische Sängerfest 1848 - in Baden-Baden geplant, die Noten fur die Chö- re waren schon ausgegeben - konnte demnach erst 1858 stattfinden. Um diesem Fest einen besonderen Reiz zu verleihen, hat man ein erstes Mal ein Wettsingen veranstaltet. Aus dem Programm ist zu ersehen, daß neben den badischen Vereinen Chöre aus den Städten Freiburg, Hagenau, Frankfurt, Mutzig, Straß- burg und Würzburg teilnahmen, ein Zeichen der Verständigung und der verbindenden Kraft des Liedes.
Das Fest in Baden-Baden hatte die höchsten Erwartungen erfüllt, fiel es doch in die Zeit des Schaffens der Komponisten Abt, Kreutzer, Kücken, Marschner, Julius Otto in der volkstümlichen Liedpflege und Carl Maria von Weber sowie Mendelssohn-Bartholdy in vaterländischen und geselligen Liedern. Unbekannt blieb noch das klassische Liedgut fUr den Chorgesang. Schuberts Zeit war noch nicht gekommen.
Auf drei Seiten hat die Badische Landes- zeitung über dieses Sängerfest berichtet. Es schien fast wie ein Verdikt über Leben und Tod, als Dr. Wilhelm KolIka auf der Empore stehend verkündete, "Die Preisrichter haben ihre Arbeit vollendet" und die Ergebnisse bekanntgab.
Aber nicht nur in der Liedpflege sahen die
Gesangvereine ihre Aufgabe, sondern auch in der Linderung fremder Not. Nach der Chronik der Liederhalle Karlsruhe fanden in der Zeit von 1849 bis 1862 nicht weniger als 48 Wohltätigkeitskonzerte neben vielen anderen Veranstaltungen rur Hof und Stadt und der allgemeinen Öffentlichkeit statt. So war es andernorts auch. Die Sänger waren des "Volkes Stimme". Die Unsicherheit jener Zeit war nach wie vor groß.
Am 15. September 1862 traten auf Antrag des Zentralkomitees die Vertreter von 42 badischen Gesangvereinen in der "Eintracht" zur Gründung des Badischen Sängerbundes zusammen. Andere hatten brieflich ihr Einverständnis mitgeteilt. Es wurde weiterhin der einstimmige Beschluß gefaßt, daß sich der Badische Sängerbund dem in der Gründung befmdlichen Deutschen Sängerbund an- schließen soll. 1864 zählten 3 lOO Sänger zum Badischen Sängerbund.
Heute umfaßt er 22 Sängerkreise "vom See bis an des Maines Strand" mit I 487 Vereinen. In den 2 159 Chören sind Märmer-, Frauen, Kinder-, Jugend- und gemischte Chöre sowie Instrumental- und Tanzgruppen vereinigt. Die Gesamtzahl der Aktiven beträgt 71 050, der Fördernden 181 283, so daß der Badische Sängerbund insgesamt 254 333 Mitglieder zählt. Im Deutschen Sängerblmd sind insge- samt 1,83 Millionen Mitglieder zusammen- geschlossen, davon rund 670 000 Aktive, die einen wichtigen Teil unserer Musikkultur darstellen. Albrecht Manch
Die Anfänge des Fußballsports in Karlsruhe
Konrad Koch, der Vater des Schulfußballs in Braunschweig, stellte im Jahre 1895 in einem Aufsatz ,,zur Geschichte des Fuß- balls" folgendes fest: "Während an den meisten Schulen des Nordens und Ostens der
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Fußball durch Lehrer, die Freunde desselben waren, zuerst eingefuhrt ist, hat sich in Karlsruhe - und rur die Städte des Südwestens scheint diese Art der Entwick- lung typisch zu sein - ohne irgend welches
Zuthun von oben her das Spiel bei den Schülern eingebürgert."
Eine solche Feststellung ist verlockend genug, den Anfangen des Fußballsports in Karlsruhe nachzuspüren. Bei der Durchsicht der "Badischen Presse (Kleine Presse). General-Anzeiger der Haupt- und Residenz- stadt Karlsruhe und Umgebung" der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts fallt erst einmal auf, daß relativ wenig über Fußball, aber umso mehr über vielfaltige Aktivitäten anderer Turn- und Sportvereine unter der Rubrik "Vereins- und Vergnügungs-Anzei- ger" zu lesen ist. - Dort finden sich z. B. Veranstaltungsankündigungen des Männer- turnvereins, der Karlsruher Turngemeinde, der Turn-Gesellschaft Karlsruhe, des Ruder- clubs "Salamander", der Rudergesellschaft, der Athleten-Gesellschaft "Herkules", des Athleten-Klubs "Germania", der Allgemei- nen Radfahrer-Union, des Bicycle-Clubs von 1882, des Radfahrer-Clubs "Germania", des Velocipedclubs " Fidelitas", des Fechtklubs "Hermanduria", der Schützengesellschaft, des Kegelklubs "Freundschaft" und des Karlsruher Eislaufvereins, der It. Bericht vom 17. Juli 1894 "am Sonntag, d. 8. ds. M .. . ein Lawn-Tennis-Turnier" veranstaltete. Eine beachtliche Palette turnerischer und sportli- cher Aktivitäten, allerdings kaum eine Ankündigung des Fußballsports. Anderer- seits fmdet sich da eine kurze, aber sensationelle Nachricht folgenden Wortlauts: "Der Footballklub Kickers in Karlsruhe gewarm bei dem Fußballwettkampf die Kontinentalmeisterschaft" (Badische Presse, 4. April 1894).
Wenn ein solcher sportlicher Erfolg, über den im übrigen in den Einzelheiten wenig bekarmt ist, erzielt werden konnte, muß wohl eine entsprechende fußballsportliehe Basis
schon vorhanden gewesen sein. Bei näherem Hinsehen wird das auch bestätigt. "Nachzu- tragen wäre, daß die Marmschaft der Karlsruher Kickers eine Reihe von Spielen in einigen Ländern des Kontinents gegen zum Teil namhafte Klubs siegreich bestanden hatte, und daß sie sich deshalb Meisterschafts- klub des Kontinents narmten."
Walter Bensemarm
Als Vater des Karlsruher Fußballsports ist zweifellos Walter Bensemarm anzusehen. Aus der Schweiz kommend, war er in die Unterprima des Karlsruher Gynmasiums eingetreten. In einem Aufsatz von K. Geppert, "Entstehung und EntwicklUng des Fußball- sports in Baden", wird Bensemarm selbst zitiert: " Im September 1889 ließ ich aus der Schweiz einen Fußball kOnIDIen; der Ball wurde morgens vor der Schule aufgeblasen, und in der Zehn-Uhr-Pause mußte bereits ein Fenster des Gynmasiums daran glauben. Der im Schulhof wandelnde Professor dujour, der Historiker Dauber, hielteine Karzerstrafe ftir angemessen; allein Direktor Wend! erklärte sich mit der Bezahlung des Fensters einver- standen und schickte uns auf den kleinen Exerzierplatz, 'Engländerplatz' genarmt. Hier hatten zwei Jahre vorher einige Engländer sowie Gynmasiasten, zu denen auch Prinz Max von Baden gehörte, Rugby gespielt. Der Spiel betrieb war bald wieder eingeschlafen. Wenige Tage nach unserer Übersiedlung auf den Engländerplatz gründeten wir den Karlsruher Football-Club, der zuerst nur aus Pennälern bestand, dem aber in Kürze 15-20 Engländer beitraten .. . ".
Dieser Club war der erste süddeutsche Club überhaupt, in dem Assoeiation Football gespielt wurde. Er bestand übrigens nur bis zum Jahre 1893.
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Die ersten Karlsruher Clubs
In dem oben zitierten Bericht fuhrt Karl Geppert weiter aus, daß im allgemeinen der Besitz eines Balles ausreichte, um einen neuen Fußballclub zu gründen. Nach seiner Erinnerung gab es in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts folgende Fußballclubs in Karlsruhe: Karlsruher Football-Club, Karlsruher Fußball-Verein, Kickers, Phönix, Franconia, Alemannia I, Alemannia 11, Fide- litas, Badenia, Germania und Celeritas. Er sagt: "Die Clubs karnen und gingen mit dem Besitz oder Verlust eines Balles."
Daß sich solche Vereinsgründungen oft recht formlos vollzogen, geht aus dem folgenden Bericht hervor: ,,17.11.1891. Die aus dem Internationalen Football-Club aus- getretenen Fußballspieler gründen auf dem Engländerplatz unter dem einzelnen dicken Baum an der Südseite des Platzes den Karlsruher Fußballverein (KFV)".
Das Interessante und fiir Karlsruhe Besondere daran ist, daß diese neu entstehen-
den Fußballvereine Schüler und Studenten nicht nur als Mitglieder und Übungsleiter, sondern auch als Vereinsvorsitzende hatten. Von Walter Bensemann, dem 16jährigen Unterprimaner und Vereinsgründer, war schon die Rede. Der Vorsitzende des neu- gegründeten Fußballvereins "Phönix" war Willi Müller, der an der TH Karlsruhe Chemie studierte. Franz Klotz, ebenfalls "Phönix", war Student am Staatstechnikum. Er war übrigens der Vater des ebenso fußballbegeisterten späteren Karlsruher Ober- bürgermeisters Günther Klotz.
Die Karlsruher Aktivitäten sprangen auch auf andere Städte in Südwestdeutschland über. In ,,60 Jahre KSC" wird Bensemann mit folgenden Worten zitiert: " Im Jahre darauf rief ich im Verein mit den Schülern Ivo Schricker, Willi Back, Leoni und AdolfKohts den Straßburger Fußballclub ins Leben."
Daß der Stamm der nach 1889 in Karlsruhe aus dem Boden schießenden Fußballvereine von Schülern der Karlsruher höheren Schulen gebildet wurde, geht aus den Berichten zur
Mannschajl des von Walter Bensemann gegründeten Footbal/clubs " Kar/sroher Kicker " J 893.
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Vereinsgeschichte der verschiedenen Fuß- ballvereine hervor. Als Beispiel sei hier der Verein "Phönix" zitiert: "Er gewann sehr rasch die Sympathie der auf dem Engländer- platz spielenden Schüler, hauptsächlich der Oberrealschüler. .. "In derselben Vereinsge- schichte heißt es zur Lage im Jahre 1902: "Nach Schulzugehörigkeit existierten dort zwei in sich geschlossene Gruppierungen: I. Die Schüler der Oberrealschule [jetzige Helmholtzschulel, 2. die des Gymnasiums und des Realgymnasiums aus der Stadtmitte und dem Osten."
Im übrigen können wir aus den vorliegen- den Berichten darauf schließen, daß die jungen Karisruher Fußballvereine der 80er und 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts im Durchschnitt nur zwischen 15- 20 Mitglieder hatten, In der Vereinsgeschichte von "Phö- nix" ist aus den Jahren 1894/95 dazu folgendes zu lesen: "Durch Zuwachs aus Schülerclubs, die infolge von Gegnerschaft von Schule und Elternhaus und abhängig von dem Besitz eines Balles oft so schnell verschwanden, wie sie entstanden waren .. . , vermehrte sich die Spielerzahl so, daß in den Trainingsspielen gegen zwei Tore gespielt werden konnte. Das war fur die damalige Zeit schon etwas." Nur hatte die Sache noch einen Haken. So lesen wir in der Vereinsgeschichte von "Phönix" zu unserem Erstaunen noch folgendes: "Die Torstangen wurden im Hause Raible in der Bismarekstraße aufbewahrt und mußten jedesmal vor dem Spiel dort geholt, eingebaut und nach dem Spiel zurückgebracht werden,"
Die Identifizierung des Fußballspiels als englisches Sportspiel wurde schon in den Anfangsjahren in Karlsruhe deutlich. Der Schüler Walter Bensemann, der Gründer des ersten Karlsruher Fußballvereins, galt in den
Augen seiner Mitschüler - allerdings zu Un- recht - als Engländer. Einer seiner Mitschüler, der spätere Regierungs-Baurat Gerhard Benstz, bestätigt das mit den folgenden Worten: "Als er in unsere Unterprima eintrat, erschien er uns als das Urbild eines Engländers .. . Er ... sprach das Englische si- cher besser, d. h. englischer aus als unser Professor fur diese Sprache."
Interessant ist es auch, daß der ehemalige Karlsruher Kleine Exerzierplatz seinen Na- men in Engländerplatz, den er heute noch trägt, änderte, als dort das englische Spiel, nämlich Fußball, von deutschen Gymnasia- sten und englischen Collegestudenten gespielt wurde. Bensemann berichtet dazu: "Unsere hauptsächlichen Gegner waren und blieben die jungen Engländer von Neuenheims Col- lege und des Heidelberger College .. . " In ;m- derem Zusanunenhang spricht Bensemann davon, daß diese Colleges Vorbereitungs- anstalten fUr englische Offiziere waren. Auch ist von einem College von Friedrich Wilhelm Nohe die Rede. Nohe war Sprachlehrer an einer Militärschule in London gewesen. Dort hatte er das Fußballspiel kennengelernt, ehe er 1898 als 34jähriger nach Karlsruhe kam, wo er erst einmal Vorsitzender des Karlsruher Fußballvereins, dann (1898) Vorsitzender des 1897 gegründeten Süddeutschen Fußball- verbandes und gleichzeitig von 1904-1905 Vorsitzender des DFB wurde. In der o. a. Festschrift des Badischen Fußball-Verbandes heißt es: "Nohe hatte sein College nach Karlsruhe verlegt, mit dem er später nach Marxzell (Albtal) übersiedelte. Das College war in der Hauptsache vonjungen Leuten, die dem englischen Hochadel angehörten, be- legt. "
Auch der Fachjargon wies das Spiel als englischen Import aus, was sicher zum Widerstand der deutschen Turner gegen Fußball beigetragen hat. Man sprach von Goal und nicht von Tor, von Full-back statt
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Verteidiger, von Half-back statt Läufer, von Centre-half statt Mittelläufer, von Forward statt Stürmer, von Corner statt Eckstoß, und der erste Karlsruher Fußballverein hieß Karlsruher Football-Club, nicht aber Fuß- ball verein.
Selbst Spielkleidung und Ausrüstung waren in jenen Tagen englische Produkte. Die Fußballstiefel mußten in den 80er Jahren aus England bezogen werden. Beliebt waren die Marken "Praxis" und "Forward". Der erste deutsche Lieferant für Fußballschuhe war wahrscheinlich C. W. Streidel in Berlin, des- sen Firma im "J ahrbuch für Volks- und Jugendspiele" 1894 unter dem Namen A. Streidel (General-Depot der Fa. Hillman & Cooper in Doos und Coventry, England) Sportausrüstung anbietet. Ähnliches galt für die Anschaffung von Trikots. Aus der Vereinsgeschichte des Fußballklubs "Phö- nix" wird uns Folgendes berichtet: "Erwäh- nenswert ist noch eine Generalversammlung im Januar 1897, in der die Anschaffung von Blusen, schwarz-blau gefeldert, beschlossen wurde. Die Blusen (24 Stück) mußten damals in England bestellt werden und kosteten einschließlich Zoll 6,50 Mark per Stück. Da waren bedeutende Opfer seitens der Spieler notwendig, um diese Kosten aufzubringen." Um diesen Preis richtig einschätzen zu können, muß man sich vergegenwärtigen, daß beispielsweise der Eintrittspreis in das damals einzige Karlsruher Hallenschwirnm- bad in der Kaiserstraße (mit Wassertempera- turen von 16° und Duschen 10°!) 7-14 Pfennige und der Preis für das Jahrbuch für Volks- und Jugendspiele 2 Mark betrug.
Die sozialen Schichten, aus denen sich die fußballbegeisterten Gymnasiasten und Stu- denten rekrutierten und die Andeutungen über die relativ hohen Kosten einer Fußballaus-
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rüstung aus englischen Lieferungen deuten darauf hin, daß, zumindest in Karlsruhe, der Fußballsport damals noch nicht breite Bevölkerungsschichten erreicht hatte. Auch der Hinweis darauf, daß ein Angehöriger der großherzoglichen F arnilie, nämlich Prinz Max von Baden, unter den fußballspielenden Gymnasiasten zu finden war, deutet darauf hin, daß Fußball, in diesem besonderen Fall Rugby-Fußball, in höchsten gesellschaftli- chen Kreisen offenbar nicht den Ruf eines plebejischen Volks sports hatte. Das Wohl- wollen der großherzoglichen Familie dem Fußballsport gegenüber wird auch dadurch belegt, daß der Karlsruher Fußball-Verein noch im Jahre 1905 in seinem Briefkopf schreiben durfte: "Karlsruher Fußball-Verein (e.V.) - Gegründet 1891 -. Unter dem Pro- tektorat Sr. Gr. Hoheit des Prinzen Maxi- milian von Baden. 11. Januar 1905."
Trotz solch offensichtlichen Wohlwollens des Prinzen hatten die jWlgen Fußballanhän- ger gegen mancherlei · Widerstände anzu- kämpfen. Die 80er und 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts waren zwar Jahrzehnte, in denen vor allem nach dem sog. Gosslerschen Spielerlaß (1882) und nach der Gründung des Zentralausschusses zur Förderunq der Volks- und Jugendspiele in Deutschland (1892) die Spielbewegung einen großen Aufschwung erlebte, aber im wesentlichen ging es dabei erst einmal um die Förderung der sog. Turnspiele. Viele Turner lehnten das Fußball- spiel als fremdländische bzw. undeutsche Form von Leibesübungen ab. So geschah es auch in Karlsruhe, wo der Vorstand der Karlsruher Turngemeinde einen Antrag junger Vereinsmitglieder ablehnte, eine eigene Fußballabteilung im Turnverein zu gründen. In der Festschrift ,,60 Jahre KSC" berichtet der Reg.Baumeister a. D. Gerhard Benstz darüber folgendes: "An einem schönen Sonntag Vormittag spielten wir Schüler aus verschiedenen Schulen auf dem
Engländerplatz. Plötzlich kamen zelUl bis zwölf junge Turner in weißen, langell Hosen und in fröhlichster Stimmung von der nahen Zentralturnhalle her mit einem Fußball angesprungen und begannen nach Herzens- lust herumzukicken. Sie hatten ersichtlich noch nie einen Ball unter den Füßen gehabt... Aber schon nach einigen Wochen hatten sie die Fußballl"lIlst einigennaßen erfaßt. Sie gründeten einen Club und nannten ilUl Phönix .. ,".
Turner als "Überläufer"
Wir können annehmen, daß damals immer wieder "Überläufer" vom Turnen zum Fußballspielen überwechselten und daß die Turnvereine versuchten, das zu verhüten, indem sie ihre Vereinsarbeit in der Öffent- lichkeit so attraktiv wie möglich darstellten. Ein Beispiel dafur ist der folgende Artikel in der Badischen Presse vom Sonntag, dem 8. April 1894: "Auf zum Turnen! Gut Heil der Turnerei! Die so gesundheitsfOrdernden, Körper und Geist entwickelnden leibesübun- gen unter Aufsicht und Leitung von bewährten Fachmännern vernünftig getrie- ben, sollten nirgends mehr fehlen und möchten wir gerade jetzt, an dem Lebens- wendepunkt der jungen Leute VOll der Schule in die Lehre zum mannigfachen Arbeiten, den Mahn- und Weckrufergehen lassen, sich dem Turnen auch mehr und mehr anzuschließen. Hierzu bietet sich günstig Gelegenheit bei der Turngesellschaft, bei der Lehrlinge jeden
Standes als Turnzöglinge Montag abends jeweils von 8-10 Uhr in der Turnhalle, SchützensIr. 35, sich bei Turnwart W. Blum anmelden können, wo selbst ihnen ein vom Vater oder Lehrherrn auszustellender Erlaub- nissehein eingehändigt wird. Noch wird besonders darauf aufmerksam gemacht, daß die Zöglinge nach Stufen ihrer Körper- konstitution eingetheilt und die betr. Übungen ihren Leistungsfahigkeiten angepaßt sind, so daß der schwächste Lehrling stets langsam in seiner weiteren Entwicklung vorwärts schrei- tet, aber zusehens an Fülle der nonnalen Körperausrüstung .gewinnt. In der schönen Sommerzeit wird der Turnplatz im Freien (Wiese) benützt und Turnspiele arrangiert, ebenso zur Erholung von Zeit zu Zeit an den Sommertagen kleine, halbtägige Touren, die keine Anstrengung und kein Geld kosten unter der Führung des Turnwarts veranstaltet."
Mit welchen Schwierigkeiten die jugendli- chen Fußballspieler auch sonst zu rechnen hatten, soll noch ein weiteres Beispiel verdeutlichen. In der Festschrift der Sport- schule Schöneck berichtet K. Geppert über das Leben und Treiben auf dem Karlsruher Engländerplatz, der Wher Kleiner Exerzier- platz hieß und auf dem auch ein Feuer- wehrübungstunn stand. Er schreibt: "Der Feuerwehrtunn konnte ... zum Umziehen benutzt werden. Die meisten jener Spiel- freudigen ließen nämlich ihre Spiel aus- rüstung im Turm zurück, weil sie sich nicht getrauten, etwas davon nach Hause zu bringen." Erich Beyer
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Politische Vereine in Karlsruhe während der Revolution 1848/49 1.
Auch wenn Friedrich Heckers und Gustav Struves republikanische Aufstandsversuche zusammen mit ein paar Episoden von Barri- kadenkämpfen sowie die Nationalversamm- lung in Frankfurt stets besondere Aufmerk- samkeit in der Betrachtung der Revolution 1848/49 genossen, so erschöpften sich die Ereignisse insgesamt keineswegs darin. Nachhaltiger wirkte ein ungeheurer Pali ti- sierungsschub breiter Bevölkerungsschichten, der seinen sichtbaren Ausdruck im Entstehen und Wirken politischer Vereine fand. In ih- nen manifestierte sich ein Pluralismus, der eine Vorform der politischen Parteien dar- stellte, wie sie sich dann im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in Deutschland heraus- bildeten.
Mit dem Verein war bereits Ende des 18. Jahrhunderts das Leitbild einer Gesell- schaft freier und rechtsgleicher Bürger gegen die starre ständisch-korporative Gesellschaft hervorgetreten. Der freiwillige organisatori- sche Zusammenschluß von Personen, der Idee nach nicht durch Standesschranken begrenzt, sprengte die Grenzen der alten Gesellschaft mit den verbindlichen Zugehörigkeiten des einzelnen zu lebens leitenden korporativen Verbänden, wie sie beispielsweise die Stän- de, die Zünfte, die Konfession, der Bürger- verband einer Stadt darstellten. Hervorgegan- gen aus aufklärerisch-bildungsbürgerlichen Idealen, wurde der Verein in der ersten Hälf- te des 19. Jahrhunderts zu einem liberalen Muster, mit weitreichenden Auswirkungen auf die Gesellschaft. Die Vielfalt reichte vom staatlichen Landwirtschaftsverein - auch Staat und bewahrende Kräfte setzten auf den Ver- ein als wirksames Mittel- bis zu zahlreichen Geselligkeitsvereinen.
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Karlsruher Vereine nach 1830
Insbesondere nach 1830 setzte nicht zu- letzt als Auswirlnmg der französischen Juli- revolution eine um sich greifende und ausfa- chemde Vereinsgründungswelle ein. Bis da- hin hatten sich die städtischen Oberschich- ten, Adel, Beamte und bürgerliche Eliten, in ihfer exklusiven Vereinsgesellschaft getrof- fen; in der Residenz Karlsruhe in der "Mu- seumsgesellschaft". Nun wurden auch die mittleren und kleineren Bürger des Gewerbe- standes von den Vereinen erfaßt. So entwik- kelte sich in nahezu allen Städten des Groß- herzogtunIs eine zweigeteilte Vereinskultur. In Karlsruhe hatten sich 1835 die Gesell- schaft "Eintracht" lmd der "Bürgerverein" als Geselligkeitsvereine konstituiert, denen spä- ter noch eine Reihe Gesang-und M usiherei- ne folgten. Diese Vereine waren nicht poli- tisch angelegt. Doch allein die Tatsache, daß sich Bürger in ihrer freien Zeit trafen und gemeinsam räsonierten, bedeutete in begrenz- tem Maße die Herstellung einer Öffentlich- keit, in der sich gleichartige Interessen aus- tauschen oder erst formulieren konnten.
Das ganze blieb auf die Männer begrenzt; Frauen besaßen keine staatsbürgerlichen Rechte, und im Bürgerideal des 19. Jahrhun- derts gab es keinen Platz rur eine öffentliche Stellung der Frau. Zugangsbeschränklmgen und vor allem die Höhe der Mitgliedsgebühr hatte die Exklusivität der Bürger bewahrt. Auf ausdrücklich politische Vereinsgrün- dungen wie die " Polenvereine" nach 1830 oder den " Preß- und Vaterl andsverein" in der Folge des Hambacher Festes 1832 hatten die Kräfte im Deutschen Bund mit ihrer ganzen restaurativen un~t.Leakti.onäre)1 .Energie_[ea~. ___ ~
giert. In Baden hieß es im Vereinsgesetz vom äußersten radikalen Flügels stehen sollten, 26. Oktober 1833 k"\lfz und bündig im Art. I : gehörten dem Vorstand des Vereins an, der "Die Staatsregierung kann jederzeit einen ,. regelmäßig zweimal die Woche im Lokal Verein, der die Sicherheit des Staates oder! "Stadt Rastatt", Amalienstraße 87, Haupt- das allgemeine Wohl gefahrdct, auflösen und versammlung abhielt. Neben den Vorträgen dessen Fortbestehen verbieten." hatten die etwa 80 Mitglieder auch die Mög-
Die Ausdifferenzierung im Vereinswesen lichkeit, selbstfonnulierte Fragen zu bespre- ging indessen weiter. In den 1840er Jahren ehen. tauchte ein neuer Vereinstyp auf, der dem Durch einen Spitzel im Verein zeigte sich bekannten Bürgerverein immer weniger ent- das Polizeiamt sehr gut infonniert über die sprach, selbst wenn die Gründung noch durch dabei intensiv geflihrten politischen Diskus- "honette Bürger" ausging: Turn- und Gesel- sionen des Zeitgeschehens. Angesichts der len- bzw. Arbeitervereine sprachen auch die bereits aufgeheizten politischen Stimmung im unterbürgerlichen Schichten an. Februar 1848, als im Verein die radikalsten
1847 - März 1848: Der Karlsruher Arbeiterverein
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Eine entwickelte Industrie gab es in Baden 1848 noch nicht, immerhin bestand in Karls- ruhe mit der Keßlersehen Maschinenfabrik mit ungefahr 850 Beschäftigten die zweit- größte Fabrik in Baden. Um die Jahreswende 1847/48 drohte dem Unternehmen durch die angespannte Wirtschaftslage und die Krise des Bankhauses Haber der Konkurs. Just in diese Zeit fallt die Existenz eines Arbeiter- vereins. Er entsprach trotz der Mitgliedschaft von Keßlersehen Fabrikarbeitern insgesamt durchaus dem Typ in anderen Städten, dem- nach Handwerksgesellen und sogar verarmte Handwerksmeister die überwiegende Mit- gliedschaft stellten. Zweck war noch nicht die gebündelte Interessenvertretung im Klas- senkampf gegen den Unternehmer, sondern die Vennittlung von (bürgerlichen) Bildungs- idealen.
Ähnlich wie in Mannheim der Gesellen- verein durch radikalisierte Liberale, dort durch Gustav Struve, geleitet wurde, hatten auch im Karlsruher Arbeiterververein Radikale die Führung inne. Die jungen Literaten Karl Blind und Karl Steinmetz, die im Verlauf der Re- volution noch an herausragenden Stellen des
Flugblätter kursierten, die Nachrichten von der französischen Revolution eintrafen und im Verein angeblich Pläne zur gewaltsamen Erhebung besprochen wurden, schritt das Polizeiamt ein. Es verhaftete am 29. Febmar den Vorstand und verbot den Verein nach dem Vereinsgesetz von 1833, noch bevor er sich in der revolutionären Märzbewegung 1848 hätte artikulieren können.
Dennoch richtete nur vier Wochen später im März eine mehrere hundert Köpfe umfas- sende Arbeiterversanunlung im Promenade- haus beim Karlstor eine Resolution an das Vorparlament nach Frankfurt. "Die arbeiten- den Klassen sind durch die jetzige Einrich- tung des Staates schwer gedrückt. Was sie mit sauenn Schweiß erwerben", hieß es dar- in, "das wird verwendet zur Erhaltung von Fürsten, Prinzen, Hofstaat, u.s.w. Oder es fließt in den Beutel eines Arbeitgebers, der von der Arbeit unsrer Hände seine großen Häuser baut und seine Equipagen [luxuriöse Kutschen I hält, und uns daftir auf die Straßen setzt, wann es ilun beliebt." Die Arbeiter- versammlung verlangte staUdessen "Bildung und Wohlstand ftir Alle" und sah das Ziel von "Freiheit, Gleichheit, Verbrüderung!" nur in einer Republik garantiert.
Die Märzrevolution wurde zum Initial- funken eines politischen Vereinswesens, lau-
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tete doch eine Kernforderung: freies Ver- einigungsrecht!
März bis Juli 1848: Aufbruch - "Vaterländischer Verein" und
"Demokratischer Verein"
Bei der revolutionären Entwicklung im März war Karlsruhe zwar nicht vorausge- gangen, doch auch in der Residenzstadt hatte eine Bürgerversammlung am 15. März 1848 die "Gründung einer Art städtischen ausser- ordentlichen Ausschusses, d.h. eines Einheits- punktes in Mitte der Bürgerschaft und Hand in Hand mit den Gemeindebehörden, eines vaterländischen Vereines, oder wie man es nennen will, zur steten Wache über alle Vor- gänge und zur Belebung und Erweiterung des erwachten, freien Bürgergeistes durch regel- mäßige Besprechungen, Vorträge etc.", be- schlossen. Damit waren aber keineswegs die weitgesteckten Ziele der Offenburger Ver- sammlung vom 19. März 1848 verbunden, auf der zur Gründung von "vaterländischen Vereinen" im ganzen Land aufgerufen wurde und die zugleich einen "Central-Ausschuß" mit Friedrich Hecker an die Spitze gesetzt hatte. Die Frage von "mehreren Bürgern" anl 23. März im "Karlsruher Tagblatt", warum immer noch kein Verein gegründet worden sei, und ob die Haupt- und Residenzstadt zurückbleiben wolle, hatte den Grund nicht in eventueller Verschlafenheit, sondern in den Gegensätzen zwischen den sich auftuenden "Parteien". Denn mit den radikalen Beschlüs- sen der Offenburger Versammlung wollten die überwiegend gemäßigt-konstitutionellen Karlsruher Bürger, die ihr Auskommen auf den Hof und die zahlreichen zentralen Be- hörden zurückfUhrten, nichts zu tun haben.
Am 12. April 1848 fand schließlich die konstituierende Versammlung des "Vaterlän- dischen Vereins" statt, nachdem in den Räu- men des "BÜfgervereins" zuvor mehrere vor-
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bereitende Treffen stattgefunden hatten. Als Zweck hielten die Statuten fest, "einzustehen flir die Erhaltung und gesetzliche Fortent- wicklung unserer Rechte, - zu wachen über die volle und möglichst schnelle Erfullung aller uns gegebenen Zusagen", sprachen sich zugleich gegen jede " reaktionäre oder anar- chische" Richtung aus und setzten " unter Voraussetzung wahrer und unverfälschter Volkswahlen, [auf] das deutsche Parlanlent". Obwohl sich der Verein damit zum konstitu- tionell-monarchischen System bekannte, warb nur zwei Tage später ein Aufruf im "Karlsru- her Tagblatt" fur einen " Badisehen Volks- verein" mit der Befurchtung, daß im "Vater- ländischen Verein" die "Bestrebungen von Communisten und Republikanern" Einfluß hätten. Offensichtlich überzeugte der "Va- terländische Verein", daß er Garant fiir "Recht und Ordnung" sei und eine Spaltung nur scha- de, denn zu einem weiteren staatstragenden Verein kam es nicht.
Die radikaleren Demokraten Karlsruhes waren bei den Vorbesprechungen zur Bil- dung des "Vaterländischen Vereines" in der Minderheit geblieben und hatten daher zur Gegengründung eines " Demokratischen Ver- eins" auf den 15. April 1848 aufgerufen. "Die Anerkennung der 'Rechte des deutschen Vol- kes ', wie solche von der demokratischen Parthei des Vorparlaments in Frankfurt auf- gestellt worden sind", d. h. das radikale so- ziale Programm Gustav Struves gab die Grundlage dazu. "Wer den bisherigen ge- drückten Zustand der arbeitenden Klasse, die Anmaßungen der bevorrechteten Stände ken- nen zu lernen Gelegenheit hatte", hieß es erläuternd in der "Mannheimer Abendzei- tung", die regierungstreue Presse der Resi- denzstadt Karlsruhe überging notorisch die revolutionären Verlautbarungen, "der weiß auch wie Noth es thut, den sogenannten vier- ten Stand zu haben, und ihm den Standpunkt in der menschlichen Gesellschaft anzuwei-
Karl-Friedrich-Straße 30. Im linken Flügel befanden sich die Räumlichkeiten der Gesellschajl "Eintracht", in deren /AJkal der" Vaterländische ""rein" 1848 und 1849 regelm(jßig ""rsamm-
lung hielt. Der danebenliegende sp(jtere "Friedrichshoj" gehlJrte nicht zur "Eintracht ".
sen, den er einzunehmen ebenso berechtigt ist wie Andere." Offensichtlich stellte der Verein die soziale Frage in den Mittelpunkt und suchte sich insbesondere auch in den unterbürgerlichen Schichten Anhang zu ver- schaffen.
In Friedrich Heckers republikanischen Auf- stand war der Verein nicht verwickelt. Daß er sich nach erfolgreichem Einzug der Frei- scharen in die Hauptstadt aber entsprechend revolutionär verhalten hätte, ist getrost anzu- nehmen. Inunerhin hatten sich republikanisch gesinnte Turner bereits Anfang April 1848 entsprechend der Losung nach allgemeiner Volksbewaffnung in Waffen geübt, obwohl dies durch das BÜfgerwehrgesetz vom I. April
bereits unzulässig war. Die dabei verwende- ten Sensen wurden von der Polizei beschlag- nahmt.
Das Programm, das erst im Mai gedruckt vorlag, gab als Zweck des "Demokratischen Vereins" an, "dahin zu wirken, daß dem deut- schen Volke seine Rechte endlich zu Theil werden. Dahin rechnen wir: Sicherheit des Eigenthums und der Person, Wohlstand, Bil- dung und Freiheit flir Alle ohne Unterschied der Geburt, des Standes und des Glaubens." Die dabei gemachte Aussage, dies nur "mit gesetzlichen Mitteln" erreichen zu wollen, war wohl der Einsicht nach dem gescheiter- ten Heckeraufstand zuzuschreiben. Die radi- kale Tendenz blieb aber offen sichtbar, denn
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13 Punkte der radikalen und sozialrevolu- tionären Forderungen der "demokratischen Partei" aus Gustav Struves Feder standen schwarz auf weiß da.
Zugespitzter Konflikt ,... ...... ~ ...... .u.v .w .w . • ·.·.·.·.w.v.w .... ·•· .... , · .......... ·,.,'w.· ....... _.v..o.w • .."" .· ... u.w.·., .·.·.·.·.·.·.·.·.·.w,.·.·.·.WN
Der Streit der Karlsruher "Parteien" hatte sich anIäßlich der Wahlen zur Nationalver- sammlung entzündet, sowohl der "Vaterlän- dische Verein" als auch der "Demokratische Verein" hatten eine Liste von Persönlichkei- ten als Wahlvorschlag vorlegt, die unter- schiedlicher nicht sein konnte. Der Wahl auf- ruf der Demokraten, der in der Auffassung gipfelte, "Deutschland wird die Republik ha- ben; ob auf friedlichem Weg, ob über Blut und Leichen, das liegt in der Hand der Natio- nalversammlung", war zuviel fur die "Vater- ländischen". Der Konflikt eskalierte und wirk- te sich bis in die Gemeindeorgane hinein aus.
Der demokratische Gemeinderat Ziegler wurde Zielscheibe in dem über die Presse heftig geführten Streit. Trotz Rücktritts- forderung von 107 Bürgern, viele im "Vater- ländischen Verein", trat .nicht er, sondern Oberbürgermeister Daler vom Amt zurück. Zicgler kandidierte um die Nachfolge. Er un- terlag zwar erwartungsgemäß, konnte aber immerhin als einer der treibenden Männer im "Demokratischen Verein" beweisen, daß auch in Karlsruhe die demokratische Bewegung über Anhang verfugte. Trotzdem gab er dem Druck nach und trat aus dem Verein aus, weil auch ihm der Wahl aufruf zu radikal sei, wie er beteuerte. Bei den Emeuerungswahlen zum Gemeinderat im Spätjahr 1848 wurde er nicht wiedergewählt.
Aufsehen erregte der "Demokratische Ver- ein" auch durch seine Erklärung in der "Mannheimer Abendzeitung" vom 3. Juli 1848, nach der der Eid, den die Bürgerwehr auf Großherzog und Verfassung ablegen soll- te, abgelehnt wurde, weil er nicht freiwillig
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sei und eventuell konträr zur künftigen deut- schen Reichsverfassung stünde. Diesem in Vereinsversammlungen getroffenen Beschluß zur Eidverweigerung kamen insgesamt zwar nur wenige nach, doch die wurden von den Behörden um so aufmerksamer registriert.
Während der "Vaterländische Verein" no- minal 300-400 Mitglieder zählte, kamen die Demokraten nicht über 100 hinaus. Waren nach dem Heckeraufstand viele demokrati- sche Vereine in Baden verboten worden, so fiel der Demokratische Verein" in Karlsruhe nicht darunter, weil die vorsichtig agierende liberale Regierung nur gegen die unzweifel- haft in den Aufstand verwickelten Vereine und Komitees vorzugehen wagte.
Für die Demokraten ging es in erster Linie nun darum, im Land eine Vereinsstruk1ur auf- zubauen. Der Anstoß kam diesmal von au- ßerhalb. Auf den 14. bis 17. Juni 1848 hatten Demokraten aus ganz Deutschland zum Kon- greß nach Frankfurt aufgerufen, um ein de- mokratisches Zweignetz zu errichten. Der Karlsruher "Demokratische Verein" war mit Kaufmann Lanzano und Karl Dänzer einer von vier badischen Vereinen, die mit Dele- gierten vertreten waren. Dieser Kongreß mit seinen Organisations beschlüssen stand im Juni und Juli 1848 auch im MittelpunJ..1 der örtlichen Vereinsaktivität mit seinen wöchent- lichen Versammlungen. Lanzano und Dänzer wurden zu MittelsmäJmern rur die Reorgani- sation der Vereine im Land. Da Karlsruhe rur die Demokraten ein zu wlsicheres Pfla- ster war, wurde rur den 16. Juli die zentrale Versammlung zur Errichtung einer demokra- tischen Vereinsorganisation in Ettlingen an- gesetzt. Dort bestand zwar kein offizieller Verein . Die " demokratische Partei" mit Sonnenwirt Thiebauth und Bürgermeister Schneider hatte aber anders als in Karlsruhe die Mehrheit der Bürgerschaft hinter sich, ähnlich wie im selbständigen Durlach der de- mokratische "Bürgerverein" die Mehrheits-
verhällnisse in der Stadt beherrschte. Doch inzwischen hatte sich auch das Poli-
zeiamt um den Karlsruher Verein gekümmert und seit dem 22. Mai eine intensive Untersu- chung mit Vorladungen von Vereinsmitglie- dern duchgeführt, deren ziemlich nichtssa- gendes Ergebnis dem Innernninisterium zu- ging. Dieses empfahl, ein "wachsames Auge" auf die Aktivitäten zu haben. Die Ak1ivitäten um den Demokratenkongreß versetzte die Re- gierung in solche Furcht, daß sie schließlich am 22 . Juli 1848 die Demokratischen Verei- ne, darunter den Karlsruher, verbot - nach dem immer noch bestehenden Vereinsgesetz VOll 1833!
Vereinssplitter vom Turnverein und Frauenverein
Ein Turnverein, als "Allgemeiner Turnver- ein" bekannt, bestand in der Stadt bereits seit 1846. 1848 gerierte er sich politisch. Ähnlich wie auf der erwähnten Arbeiterversammlung setzte sich ein Teil der Turner in einem Auf- ruf für die Republik als Staatsform ein und versprach auch tatkräftige Mitwirkung dabei. Darüber kam es zur Spaltung. Ein erhebli- cher Teil konstitutionell eingestellter Turner verließ den Verein und gründete arn 1. Au- gust 1848 den "Karlsruher Turnverein", weil "die Vermengung so unzusammenhängender Dinge wie Turnen und, was gegenwärtig be- liebt ist, Politik nur auf Kosten von beiden geschehen könne. Sie [der "Karlsruher Turn- verein" ) sind daher Turner in Turnvereinen, Männer der Partei in politischen Vereinen."
Der überwiegende Teil des Leitungsgremiums gehörte dem "Vaterländischen Verein" an.
Am 30. März 1848 konstituierte sich "Der Frauenverein zur Förderung deutschen Ge- werbsfleißes", weil, "in dieser bewegten Zeit [ ... ) dürfen auch wir Frauen aus unserm en- ger gezogenen häuslichen Kreise einen Schritt heraustreten, um in Gemeinschaft zu verab- reden, was unter so außerordentlichen Ver- hältnissen auch von unserer Seite gethan wer- den könne, um den Uebelständen zu begeg- nen". Frauen hatten hiermit erstmals über die ihnen allenfalls oITenstehende Form der Wohl- tätigkeitsvereinigung hinaus ein politisches Mandat ergriffen: Sie bekannten sich, "vor- zugsweise deutsche Erzeugnisse anzuschaf- fen'" um "den deutschen Arbeitenl den Ver· dienst zuzuwenden." Politische und wirt- schaftliche Motive gingen dabei Hand in Hand. Mit den "patriotischen Appellen" ver- suchten die Frauen die Existenz ihrer Män- ner, Handwerksmeister und Kaufleute, gegen billige Industrieprodukte von außerhalb zu verteidigen. Mit dieser Form politischer Teil- nahme konnten die Frauen auch mit der Un- terstützung höchster Stellen rechnen. Von den bald 237 eingeschriebenen Mitgliedsfrauen gehörte ein beträchtlicher Teil zur höfischen Gesellschaft, die doch eigentlich Adressat der Revolution war. Einen weiteren Beitrag lei- stete der Verein in der Kampagne des "Va- terländischen Vereins" zur Spendensammlung für eine "Deutsche Flotte". Als sich der Frauenverein im Sommer 1849 auflöste, hat- te er 70 Gulden dafdr zusammen.
Jürgen Schuh/oden-Krämer
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Politische Vereine in Karlsruhe während der Revolution 1848/49 11.
Mitte Januar 1848 drückte ein Korrespon- dent in der radikalliberalen "Mannheimer Abendzeitung" seine Hoffnung aus, daß auch in Karlsruhe -langsamer freilich als anders- wo - mittels der Organisation von Vereinen die Emanzipation der Bürger vom Staat ge- fordert werde. "Man kann auch einer Stadt" , schrieb er, "die so lange geschlafen, nicht genug zu ihrer Aufmunterung wiederholen. Daß zu diesem Erwachen ganz besonders die jugendlichen erstandenen Männergesangver- eine, die Vereine der Turner und der Feuer- wehrmänner das ihrige beitragen, und schon beigetragen haben, steht außer aller Frage. Es wird durch sie, wenn auch n.icht immer gerade unmittelbar und mit bestinmlter, kla· rer Absicht, so doch durch den Einfluß des Gesanges, der freien kirchlichen Bewegung, der Übung in der Selbständigkeit und Selbst- thätigkeit ... von selber ein neuer, frischer Geistesstrom in die steifen und nervenschwa- chen Glieder des Residenzkörpers eingelei- tet, und ganz besonders durch das gegenseiti- ge Annähern der verschiedensten Stände und Religionen jenem heillosen Kastengeist entgegengearbeitet, der das Krebsübel vor- züglich der Residenzen ist." Wenige Wo- chen später wäre der Korrespondent gewiß noch euphorischer gewesen . Die März- bewegung hatte zwar nicht de jure, so doch de facto das im Vormärz geltende Verbot politischer Vereine überwunden. Nach dem Aufruf der Offenburger Versammlung am 19. März 1848, im ganzen Land politische Ver- eine zur Erkärnpfung der Volksrechte zu bil- den, wurde rasch deutlich, daß sich die Libe- ralen in zwei unversöhnliche Lager gespalten hatten. In der Residenzstadt fanden sich kon- stitutionelle Liberale im "Vaterländischen
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Verein" zusammen, während die radikalen Liberalen den "Demokratischen Verein" ins Leben riefen. Letzterer wurde bereits am 22 . Juli 1848 wie andere demokratische Vereine im Land wieder verboten, erblickte die Re- gierung in ihnen nämlich "Angriffe auf die Grundlage der Staatsordnung".
Der "Vaterländische Verein" seii dem Sommer 1848
Hatte der Vaterländische Verein in der Aus- einandersetzung gegen den " Demokratischen Verein" im Frühjahr 1848 anläßlich der Wahl der Nationalversammlung zu Frankfurt mit seinem Programm der Erlangung der "Volks- rechte und des Fortschritts auf dem Wege der Ordnung und des Gesetzes, den Kampf gegen die Reak-tion wie gegen die Anarchie" noch größte Entschlossenheit gezeigt, so erlahmte die Begeisterung der Mitglieder im Lauf des Sommers. Nach einem Polizeibericht vom Oktober sollen an den Versammlungen ledig- lich noch etwas über 50 der mehr als 300 eingeschriebenen Mitglieder teilgenommen haben. Aus dem Verein selbst wurde in der "Karlsruher Zeitung" beklagt, daß "die An- hänger der gesetzlichen Freiheit genug gethan zu haben glauben, wenn sie ihren Namen in einer Vereins liste geschrieben haben, aber weder Zeit finden., seinen Versammlungen anzuwohnen, noch Geld, um seine Zwecke zu fordern ; was aber Beides stets vorhanden ist, wenn es sich darum handelt, auf das Wohl der guten Sache - zu trinken." Der Schreiber erblickte die Gründe rur solches Verhalten in dem Wunsch der mehrheitlich loyal zu Groß- herzog und Regierung stehenden Karlsruher Bürger in der " Wiederkehr der Ruhe und des
Vertrauens" nach den turbulenten Märztagen und der Sorge wegen des " stockenden Ge- werbes". Weil seiner Meinung nach aber die "Ernte der Früchte", die "Ruhe und Ord- nung", die die Nationalversammlung zu Frankfurt und die Wahl des Reichsvenvesers versprachen, nur durch Engagement der "Gut- gesinnten" erreicht werden könne, ermahnte er eindringlich zur Beteiligung im " Vaterlän- dischen Verein" . Die mangelnde Teilnahme der "braven" Residenzbürger glich der 15- köpfige Vorstand des "Vaterländischen Ver- eins" durch gesteigerte Aktivität aus. Ihm gehörten mit dem Oberbürgermeister, eini- gen Gemeinderäten und Bürgerausschuß- mitgliedern, viele davon in jungem und mitt- leren Alter, die Spitze der kommunalen Selbst- venvaltung an. In den rund 13 Monaten des Bestehens des Vereins fanden 50 Vorstands- sitzungen statt. Darin wurden die bis Mai 1849 insgesanll 16 unregelmäßig staugefun- denen Mitgliederversammlungen vorbereitet, zu verabschiedende Adressen und Petititonen an die Nationalversammlung, die badische Zweite Kammer und Regierung vorformuliert. Die Herstellung einer Öffentlichkeit war wich- tiges Mittel des Vereins. Dies geschah mit- tels der regierungstreuen Presse der "Karls- ruher Zeitung" und des "Karlsruher Tagblatt". Im Frühjahr 1849 kamen noch die eigens flir die Organisation der "Vaterländischen Ver- eine" gegründeten" Vaterländischen Blätter" hinzu. Die envähnten Adressen sowie auch Polemiken gegen die demokratischen Wider- sacher fanden wesentliche Verbreitung in ei- gens verbreiteten Flugschriften.
Ein Hauptaugenmerk richtete der Verein auf wirtschaftliche Fragen, bildeten doch selb- ständige Gewerbetreibende und Kaufleute - und keineswegs Staatsdiencr- die Mitglieder- basis. In groß angelegten Adressen nach Frankfurt wurde die Forderung nach einem freien Binnenhandel innerhalb der deutschen Staaten bei gleichzeitigen Schutzzöllen ge-
Joseph Victor von Scheffel, Rechtspraklikant, Literat (l826-1886) , 1849 Vorstandmilgt;::J'-
des" Vaterländischen Vep!1i1s H.
gen ausländische Konkurrenz erhoben. Die gesamte Venvaltung des künftigen Post- und Eisenbahnwesens in Deutschland soUte, so die Forderung in einer anderen Adresse, flir die "materieUe Wohlfahrt des Volkes", zen- tral von der Reichsgewalt und nicht mehr durch die einzelnen Länder ausgeübt werden. Auch flir das Karlsruher Bürgertum war also der einheitliche deutsche Nationalstaat, den der Verein auch mit einer Spendenkampagne fur die "Deutsche F1oUe" unterstützte, nicht bloß Herzensangelegenheit, sondern zugleich ökonomisches Projekt.
Die Verbindung von Ökonomie und Politik zeigte sich auch in der eigens im Verein ein- gerichteten "Gewerbskommission", die in zahlreichen Sitzungen Vorschläge zur Stär- kung der örtlichen Wirtschaft machte. Mit
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dem seit Dezember 1848 vorbereiteten Pro- gramm zur Einrichtung einer "städtischen Gewerbsleihkasse", sowie des "Aufruf zur Unterstützung nothleidender Gewerbsleute durch Arbeit" im Februar 1849 machte sich der Verein zum politischen Sprachrohr der Interessen der Wirtschafts bürger.
Auf Initiative des Karlsruher "Vaterländi- schen Vereins" fand am 29. Oktober 1848 in Baden-Baden als verkehrstechnisch zentra- lem Ort das landesweite Treffen neun" vater- ländischer Vereine" statt. Wie bei der demo- kratischen Landesorganisation übernahm Mannheim die Leitungsfunktion. Der Karls- ruher Rathaussaal und das Lokal der "Gesell- schaft Eintracht" waren Schauplätze der Ver- sammlung des nächsten Kongresses, auf dem sich am 9. April 1849 über 200 Delegierte aus 32 badischen Vereinen sowie Gäste aus Vereinen anderer deutscher Staaten trafen. Die verabschiedeten drei zentralen Resolu- tionen an die "deutschen Bruderstämme" , die Nationalversammlung und den "durchlauch- tigsten" Großherzog betrafen die unbedingte Forderung nach Annahme der Reichsver- fassung. Doch eine Verständigung darüber, was getan werden könne, wenn der Appell rur "die Freiheiten des Volkes und die Ein- heit des Vaterlandes" von den Autoritäten nicht gehört würde, wurde nicht gefaßt, weil dazu der "Weg des gesetzlichen Fortschritt'" keine Richtung wies. Obwohl die Ablehnung der Paulskirchenverfassung durch eine Reihe deutscher Staaten - Baden hatte sie jedoch angenommen - auch die politischen Freihei- ten der gemäßigten Liberalen zunichte mach- te, lehnten sie revolutionäre Erhebungen ab. Folgerichtig stellte der "Vaterländische Ver- ein mit der Mairevolution 1849 die Tätigkeit ein. Seine Wirksamkeit konnte er aber in der dem Großherzog treu gebliebenen Bürger- wehr der Stadt inuner noch gegenrevolutionär zur Geltung bringen.
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Die Karlsruher Demokraten und ihre Vereine seit Sommer 1848
Das Verbot des etwa 100köpfigen "Demo- kratischen Vereins" vom 22. Juli 1848 war keineswegs total. Eine von Zentralgewalt der Nationalversammlung in allen deutschen Staa- ten angeregte Untersuchung über bestehende politische Vereine fUhrte zur Antwort des "Po- lizei-Amtes der Residenz" an das "Stadtamt", daß sich bereits Anfang August der "Volks- verein" gebildet habe. Nicht nur die Namen der fUhrenden Mitglieder waren die gleichen wie beim "Demokratischen Verein", mit Aus- nahme des vormaligen Obmanns (Vorsitzen- der), Rechtskandidat Dänzer, der nicht das Karlsruher Bürgemecht besaß, und deshalb aus der Stadt ausgewiesen worden war, auch Programm und Statuten waren identisch. Die Behörden wiesen die Polizei dennoch ledig- lich an, die Aufmerksamkeit auf sein Wirken zu richten. Auch 'dieser Verein, der 80 bis 110 Mitglieder zählte, nach anderslautender Meinung nur 60, richtete seine Wirksamkeit auf die Erreichung einer Öffentlichkeil. Der gemäßigte demokratische "Stadt- und Land- bote" glich das Übergewicht der regierungs- treuen Presse nicht aus; mit Jahresbeginn 1849 stand mit dem "Verkündiger fur Karlsruhe und Umgebung" aber ein eigenes radikales Blatt zur Verfugung.
Waren seit Beginn 1849 durch die Organi- sierung des demokratischen Landesausschus- ses in Mannheim überall im Land hunderte von "Volksvcreinen" emporgeschossen, so geschah in Karlsruhe Verblüffendes. Am 21. Januar gründete sich der demokratische "Deutsche Verein", der neben den bekannten demokratischen Forderungen nach unbeding- ter Volkssouveränität und sozialer Rechte auch eine lokale Begründung seiner Existenz gab: Der Zweck der Neugründung, hieß es, sei ein "durch die Verhältnisse der Stadt Karls- ruhe gebotener, das heißt, wir als Gemein-
Kar! DUrr, Kaufmann, Mitglied des "Deutschen Vereins u.
debürger von hier, wollen keineswegs die gemeindebürgerlichen und städtischen Inter- essen, insoferne sie den allgemeinen des Lan- des nicht entgegen sind, außer Auge lassen, wir wollen suchen, die Bahn des Fortschritts in unsern Mauem aufzupflanzen, wir wollen auf Verbesserung der städtischen Zustände, sowohl in politischer, als auch materieller Beziehung hinarbeiten". Aufnahme konnte statutenmäßig jeder Selbständige finden. Of- fensichtlich war dies ein Versuch, bei den bisher ablehnend gebliebenen bürgerlichen Schichten Anklang zu finden. Dies bedeutete keinen Gegensatz zum "Volksverein", son- dern war abgesprochene politische Strategie. Am 4. Februar war im "Verkündiger" die "Erklärung und Aufforderung" plaziert wor- den, daß nach Erklärung der Grundrechte
durch die Nationalversammlung das Vereins- leben wirksam nur von Orts bürgern ausginge, die Einfluß auf Gemeinde- und Staats verhält- nisse ausüben könnten, was der "Volksver- ein" , der in Karlsruhe größtenteils aus nicht eingebürgerten Arbeitern bestünde, nicht er- reichen könne. Deshalb solle der "Deutsche Verein" an diese Stelle treten und der "Volks- verein" sei aufgelöst. An die Arbeiter aber erging der Aufruf zum Beitritt an den zeit- gleich ins Leben gerufenen "Arbeiter-Verein".
Mit den "Betrachtungen über die gewerbli- chen Verhältnisse und die Mittel zur Hebung des Gewerbsstandes der Stadt Karlsruhe" rea- gierte der "Deutsche Verein" noch im Febru- ar 1849 auf das erwähnte wirtschaftliche Pro- gramm der Konkurrenz. Damit fand er bei den gewerbetreibenden Karlsruhern aber kei- nen Anklang, anerkannten die Demokra:en die Motive der "Vaterländischen" fur durch- aus lobenswert, um sie dennoch als unprak- tisch zurückzuweisen. Das alternative Mo- dell des "Deutschen Vereins", stadtnahe Domänengüter durch die Stadt aufzukaufen und zu parzellieren, um somit notleidende Handwerker zu subsistenzsichemden Acker- bürgern zu machen, war weder originell noch in der Lösung sozialer Fragen 'modem'.
Im Ziel der Errreichung weiterer bürgerli- cher Schichten war der "Deutsche Verein" nicht erfolgreicher als seine Vorgänger. Über 86 Mitglieder, viele kleine Handwerksmeister und Gesellen, scheint er nicht hinaus gekom- men zu sein, wie eine beim Vorsitzenden, Rechtsanwalt Johann Konrad Dürr, gefunde- ne Mitgliederliste beweist. Immerhin gelang ihm aber, was dem "Vaterländischen Ver- ein" versagt blieb, im Landamtsbezirk Karls- ruhe Zweigvereine aufzubauen. Solche ent- standen zwischen März und Mai 1849 in den selbständigen Gemeinden Knielingen, Rint- heim und besonders aktive in Mühlburg und Hagsfeld. In (Welsch)Neureut soll eine Grün- dung ebenfalls kurz bevorgestanden haben.
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Zwei ganz verschiedene Vereine: "Katholischer Verein", "Arbeiter-Verein". . ·.·.·.·.·.·.·.w.·.·."w.w ........... w.'" ... ·•· ... ~ ..... w...",. .......... v ... "..-. .... ·...",...., .. w ...... w.·.·.· ... w.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.· ...
Die napoleonische Säkularisation und das Staatskirchentum im entstehenden modemen Staat hatte die Macht der katholischen Kir- che erschüttert. In der Durchsetzung einer römischen Papstkirche und mit der 1848 er- hobenen Forderung nach "Trennung von Staat und Kirche" bündelte sie ihre "Emanzipa- tionsbestrebung". Das hatte jedoch nichts mit der gleichlautenden liberalen Forderung zu tun. Es meinte lediglich, daß das Episkopat nicht mehr länger das Hineinreden des Staa- tes in kirchliche Angelegenheiten dulden woll- te, aber zugleich der kirchliche Einfl uß in der Gesellschaft bewahrt und sogar ausgedehnt werden sollte, beispielsweise in der geistli- chen Aufsicht über die Schulen. Wie überall in Deutschland organisierte der Katholizis- mus auch in Baden dazu eine Petitions- bewegung. Nach dem Muster des ersten "Pius- Vereins" in Mainz wurde im Juli 1848 durch den Laien Franz JosefBuß in der Erzdiözese Freiburg der "Katholische Verein in Baden" ins Leben gerufen, der ·sogleich mit über \00 000 Petitionsunterschriften an die Natio- nalversammlung zugunsten kirchlicher Rech- te in der künftigen deutschen Verfassung fUr Aufsehen sorgte. In Karlsnme besaß der po- litische Katholizismus mit dem Archivdirektor Franz Mone, wie Buß federführend in der Redaktion der katholischen "Süddeutschen Zeitung fUr Kirche und Staat", eine herausra- gende Persönlichkeit. Nachweislich lud ein Karlsruher "Katholischer Verein" im Herbst 1848 und Frühjahr 1849 unregelmäßig zu Vereinssitzungen sonntags nach dem Gottes- dienst ein. Beweise seiner Wirksamkeit dar- über hinaus liegen bis jetzt nicht vor. Als Bündnispartner war er für Konstitutionell- Liberale ebenso ungeeignet wie die staatli- chen Behörden seinem "Ultramontanismus" distanziert gegenüberstanden. Ein Vereins-
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verbot brauchten die Katholiken nie zu fUrch- ten .
Ganz anders die zweite Gründung eines Arbeitervereins in der Stadt nach dem Verbot des ersten im Februar 1848. Mit der "Allge- meinen deutschen Arbeiterverbrüderung" Ste- phan Borns war im Herbst 1848 in Deutsch- land eine Arbeiterbewegung sichtbar gewor- den. Zur Ausbreitung dieser ersten nationa- len Arbeiterorganisation fand am 28. Januar 1848 ein südwestdeutscher Bezirkskongreß in Heidelberg statt. Der Karlsruher "Volks- verein" hatte auf seinen Versammlungen im Januar 1849 ausführlich die Frage einer Arbeitervereinigung beraten und Delegierte nach Heidelberg gesandt. Zugleich mit seiner Auflösung hatte der "Volksverein" in einem flanunenden Appell im "Verkündiger" zur Bildung eines "Arbeitervereines" aufgerufen. Die neue Gesellschaft müsse sich von innen heraus entwickeln, hieß es da, "die Zukunft des Menschen ist der Sozialismus ... Die Män- ner, welche sich die wissenschaftliche Lö- sung dieser Frage zur Aufgabe gemacht ha- ben, die zahlreichen Vereine und besonders die Arbeiterkongresse haben als Mittel dazu die Arbeiter-Assoziationen bezeichnet .. . Ar- beiter von Karlsruhe! Auch an Euch ergeht nun die Aufforderung zum Anschluß an diese Bestrebungen." Am 19. Februar hielt der neue "Arbeiter-Verein" seine erste Generalver- sanunlung im Promenadenhaus ab, der bis Juni mindestens drei weitere folgten. Seine etwa 80 Mitglieder waren aktiv bei der Srur- mung des Zeughauses am 13. Mai 1849 da- bei. Am 2. Juni rief der Verein zur Bildung einer eigenen "Arbeiter-Compagnie" fUr die revolutionäre Volkswehr auf, der sich dem auf Initiative des "Deutschen Vereins" seit 11. Mai 1849 aufgestellten revolutionären Freikorps anschloß. Sie waren dann an den Abwehrgefechten gegen Preußen und Reichs- truppen beteiligt.
Rudolph Kusel, Rechtsanwalt (1809-1890), Vorstandmilglied des" Vaterländischen
Vereins" (A1tersportrail) .
Die Mairevolution und das Ende
Die Demokraten und ihre Führungsper- sänlichkeiten wurden mit den sich auftürmen- den Aufgaben nach der erfolgreichen Revo- lution vollkommen aufgesogen. AnIäßlich der Wahl zur badischen Verfassunggebenden Versammlung wurde die Vereinsorganisation jedoch nochmals mobilisiert, ebenso beim Aufiuf des Landesausschusses nach Geld-, Sach- und Verbandszeugspenden fur das be- drohte Land. Auch auf die von der revolu- tionären Regierung angesetzten Neuwahlen der Bürgermeister .und Gemeinderäte wirkte der "Deutsche Verein" ein. Doch die Ge- sinnung der Karlsruher Bürgerschaft blieb prinzipienfest: Oberbürgermeister bei der erst- mals durch alle Ortsbürger vorgenommenen Wahl, anstelle des Bürgerausschusses, blieb · wie bisher] akob Malseh, bekanntes fuhren- des Mitglied des vormaligen "Vaterländischen Vereins",
Mit dem Einzug der Preußen war die Frei- heit fur die Demokraten zu Ende; kurz und bündig wurde verkündet: "Der zu Carlsruhe bestandene S.g. deutsche Verein, der Arbeiter- verein und der allgemeine Turnverein wer- den, da sie ihrem angegeben Zweck fremd geworden sind, und politische, mit der Staats- ordnung unvereinbarliche Zwecke verfolgt haben, fur aufgehoben erklärt".
Jürgen Schuhladen-Krämer
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Der Streit um den Bürgemutzen Konservative Durlacher in revolutionären Zeiten
In diesem Jahr feiert Durlach sein 800- jähriges Bestehen als Stadt. Daher veröffent- licht das Stadtarchiv im September ein Buch über die Geschichte des heute größten Stadt- teils von Karlsruhe. Einige der dort fest- gehaltenen neuen Forschungsergebnisse sei- en hier schon dargestellt.
Zu dem, was bis heute über Durlachs Vergangenheit erzählt wird, gehört, daß die Durlacher nicht immer gefügig gegenüber ihrem Landesherren gewesen seien. Zudem hätten sie über eine sehr große Gemarkung verfugt. Beide Erzählungen stinunen, und beide hängen zusammen.
In der Zeit der Französischen Revolution von 1789 und während der deutschen Revolution 1848/49 erwachte der Durlacher Eigensinn. Der Ausgangspunkt war jedesmal die Gemarkung, die ftir das Selbstbewußtsein der Durlacher eine sehr große Rolle spielte. Der gemeinschaftliche Besitz, die Allmende, wurde zum Teil unter die Stadtbürger verteilt. Sie erhielten jahrhundertelang Acker- und Wiesenland zur Nutzung und aus dem Wald Anteile fur das Feuerholz. Dieser "Bürger- nutzen" ermöglichte es ihnen, nicht nur von ihrem Handwerk, sondern auch von der Landwirtschaft zu leben, so daß sie auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten besser da- standen als die Bewohner der umliegenden Orte. Immerhin erhielt jeder Bürger einen Morgen Wiese, einen halben Morgen Acker und zwei Klafter Holz.
Die in der Stadt lebenden "Schutzbürger", das waren Bürger zweiter Klasse, die Aufenthaltsrecht genossen, aber von den Bürgerrechten ausgeschlossen waren, hatten keinen Anteil an der Allmende. Für die politische Haltung der Durlacher spielten die Verteilung und der jeweilige Anteil des
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einzelnen an der Allmende bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts fast eine größere Rolle als alle Forderungen nach bürgerlichen Freiheitsrechten.
Bürg~~usschuß gegen ..• ~agistrat
Als im Sommer 1789 die Nachrichten über die Revolution im benachbarten Frankreich die Stadt erreichten, bildeten die Durlacher neben dem damals von den Bürgern nicht gewählten Magistrat einen Bürgerausschuß, der sich direkt an die Bürgerschaft wandte. In den Versammlungen wurde Unmut über das Verhalten des Magistrats, des Ratskonsulen- ten und des Waldmeisters laut. Im August 1790 waren die Angriffe so vehement und das Ansehen des Ausschusses in der Öffentlich- keit so groß geworden, daß sich der Magistrat in seiner Autorität bedroht fuhlte und sich an "Serenissimus" mit der Bitte wandte, dem Ausschuß alle Zusammenkünfte zu untersa- gen und auf das Gesetzwidrige seines Tuns hinzuweisen. Der Bürgerausschuß reichte dagegen bei der Landesregierung eine "vollständige Beschreibung über die bisheri- ge Verwaltung des dortigen Stadtaerarii [= Stadtkasse] mit gemachten Vorschlägen zu dessen Aufhelfung" ein.
Viele Vorwürfe des Bürgerausschusses fanden eine Bestätigung durch die Landesre- gierung: Die Verteilung von Acker- und Wiesenland und von Feuerungs- und Bau- holz, die Verpachtung der Obstbaumbestände und die Einnahmen von Diäten durch die Magistratsherren wurden beanstandet.
Man warf ihnen Nachlässigkeit in der Rechnungsführung, Leichtsinn im Umgang mit den öffentlichen Mitteln und Parteilich- keit bei der Verpachtung des Gemeinde-
Dur/aeher Birnkrug mls der Revo/utions- zeit /848- /849.
eigentums vor. Die Angriffe der Bürgerschaft trafen die Honoratioren, die - ohne von den Bürgern gewählt zu werden - im Magistrat vertreten und die offensichtlich mit dem städtischen Eigentum nach Gutdünken, oft zu ihrem eigenen Vorteil umgegangen waren.
Die Vorwürfe der Durlacher Bürger gegen das Rathaus waren nichtneu; der Umgang mit dem städtischen Eigentum hatt~ schon im 18. Jahrhundert zu Konflikten geflihrt. Doch waren diese Auseinandersetzungen in der Zeit der Französischen Revolution ein Ausdruck der politischen Veränderungen. Schon die Form des Protestes, d. h. daß die Durlacher einen Bürgerausschuß bildeten, der sich als Vertretung des gemeinen Volkes gegenüber den Stadthonoratioren verstand, war Beleg eines gewachsenen demokratisch-bürgerli- chen Selbstverständnisses. Das bewiesen die Durlacher auch bei einer weiteren in dieser Zeit erhobenen Forderung.
Demokratische Bürgermeisterwahlen ~;';","_'-;-"-;-;';" :';*-"'_;';<-h~~:-;"':«< __ :-}~:"~'>>>_>>:"'>:<"
Der Bürgerausschuß wandte sich nämlich gegen die damals in Durlach übliche "Vetternwirtschaft", indem er verlangte, daß der Bürgermeister von der Bürgerschaft direkt gewählt werde und nicht mehr durch die Magistratsherren. Auch wollten die Dur- lacher einen ständigen Bürgerausschuß, d. h. sie forderten eine Demokratisierung der innerstädtischen Verhältnisse und eine Teil- habe an der kommunalen Macht. Da Bürgermeister Daler im April 1790 starb, konnten sie diese Forderung um so gewisser erheben, als die von ihnen formulierten Anklagen gegen den Magistrat in Karlsruhe ja auf offene Ohren stießen.
Der Magistrat war nun in hohem Grade bewuuhigt, zumal er nicht über alle Schritte des Bürgerausschusses informiert war. Daher sah er sich im August 1790 genötigt, dem Oberamtsassessor mitzuteilen, daß der Bürger- ausschuß bei der flirstlichen Regierung darum gebeten habe, "einen Bürgermeister ohne Zuthun des Magistrats und ohne daß ein Rathsglied dazu ein Votum haben solle, aus der Bürgerschaft wählen zu dürfen. Um aber diesem Unternehmen noch in Zeiten vorzu- kommen," solle das Oberamt doch mal vorflihlen, ob ein solches "Resolutum" etwa bei derflirstlichen Regierung schon eingegan- gen sei und falls ja, namens des Magistrats dagegen zu protestieren. Auch sollte man das gemeinsame Vorgehen gegen diesen Aus- schuß abstinunen.
In einer Magistratssitzung am 10. Januar 1791 entschieden die Ratsherren, daß der Magistrat angesichts dieser Forderungen "kein gleichgültiger Zuschauer seyn kann, indem dadurch seine wohlhergebrachte Rech- te allerdings gekränkt werden, da von ohndenklichen Zeiten her immer ein Bürger- meister aus dem Magistrat von niemand als dessen Gliedern gewählt worden." Man be-
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schloß, diese Gedanken in einem Schreiben der flirstlichen Regierung mitzuteilen.
Doch waren die Kräfteverhältnisse zu diesem Zeitpunkt offensichtlich auf Seiten des Bürgerausschusses. Noch vor dem endgülti- gen Beschluß des Landesherren in dieser Angelegenheit einigten sich Magistrat und Bürgerausschuß. Am 26. Januar 1791 wählte die Bürgerschaft in Anwesenheit den neuen Bürgermeister. Dazu versammelten sich alle Durlacher Bürger auf dem Rathaus und gaben ihre Stimme einem der sechs Kandidaten, darunter zwei Ratsverwandte und der Bau- meister Fux; die restlichen waren Mitglieder des Bürgerausschusses . Der Münzwardein und damit ftirstliche Bediente Christoph Ernst Steinhäuser, der wie das Oberamt meinte - der "Chef der Antimagistratsparthie" war, erhielt die überwältigende Mehrheit von 395, die anderen Kandidaten zusanunen nur 23 Stimmeri.
Damit hatten die Durlacher einen Macht- wechsei im Rathaus und eine Demokratisie- rung der innerstädtischen Verhältnisse er- reicht, an die sie in der Zeit der Revolution 1848/49 wieder anknüpfen konnten.
Staatliche Reformen und städtische Tradition
In der Zeit der Revolution von 1848/49 erwachte dieses Selbstverständnis nach Jahren der Restauration zu neuem Leben. In Durlach standen sich Demokraten und Monarchisten gegenüber; es gab einen revolutionären Bürgerverein, einen konserva- tiven Bürgermeister, gemäßigte und radikale Bürger. Wieder kam es zu einem Konflikt über den Bürgernutzen, der zurückging auf das Gemeindegesetz von 1831, das den Schutzbürgerstatus aufhob und die bisherigen Schutzbürger zu Bürgern mit allen Rechten erkJärte. Das betraf natürlich auch die Verteilung der Allmende; damit drohte der Anteil des einzelnen bisher Berechtigten
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geschmälert zu werden. Auf das Gesetz von 1831 hatten die
Durlacher reagiert, indem sie die Wartezeiten nach Antritt des Bürgerrechts bis zur Aufnahme in den Bürgergenuß verlängerten und den § 91 des Bürgerannahmegesetzes anwandten. Der legte fest, daß der bisherige Schutzbürger "den dreifachen Jahresbetrag der Bürgernutzungen in die Gemeindekasse zu entrichten" habe. Damit hatten die bisherigen Schutzbürger den Status von Ortsfremden, die ebenfalls, um aufgenommen zu werden, den dreifachen Betrag der durchschnittlichen jährlichen A1lmendnut- zungen zu entrichten hatten. In Durlach wurden daftir 200 GuJden verlangt, welche. Ortsfremde und seitherige Schutzbürger über das Bürgereinkaufsgeld hinaus zu zahlen hatten.
Das galt aber nicht ftir die Söhne der Schutzbürger, denn § 95 des Gesetzes legte fest, daß diese mit Inkrafttreten des Ge- meindegesetzes, d. h: seit April 1832 so anzusehen seien, "als werm ihnen das Bürgerrecht angeboren wäre" . Dagegen wehrten sich die Durlacher Bürger mit aller Vehemenz, und es kam zu Auseinanderset- zungen, die am Vorabend der Revolution einsetzten und die in der revolutionären Zeit ihren Höhepunkt erreichen sollten. Der Konflikt darum begann Anfang des Jahres 1847, als zwei Söhne von ehemaligen Schutzbürgern den Antritt des Allmendge- nusses bzw. die Aufnahme in die Warteliste ohne Zahlung des Einkaufsgeldes verlangten. Der Zeitpunk1 war nicht zufallig, denn einmal fiel es aufgrund der damaligen Wirtschafts- krise den Söhnen ehemaliger Schutzbürger noch schwerer, 200 Gulden zu zahlen. Zum anderen genossen die Väter der zwei jungen Männer, die 1847 25 Jahre alt wurden, immerhin seit 1831 das Bürgerrecht. Nun wie Ortsfremde behandelt zu werden, konnte den bei den Schutzbürgersöhnen nicht mehr ein-
leuchten. Beide beantragten, sie auf r...,---------:,.~ .. i, ""':t~·-o-~~--:--O;W~'!ll den Grund des § 95 des Bürgeran- nahmegesetzes zum unentgeltlichen Genusse, gleich jenen, welche ange- borenes Bürgerrecht besitzen, zuzu- lassen bzw. in die Warteliste zu demselben aufzunehmen. Der Ge- meinderat stimmte diesem gesetzmä- ßigen Anliegen im Januar 1847 zu, doch der kleine Bürgerausschuß versagte die Genehmigung, so daß sich der große Bürgerausschuß - das war das eigentliche Gemeinde- parlament - im Februar 1847 damit befaßte. Mit 83 gegen 5 Stimmen lehnten die Bürgerausschußmitglieder eine Aufnahme in den Genuß ohne Zahlung des Einkaufsgeldes ab. Für den nun anstehenden Rechtsstreit, der als Gemeindeangelegenheit be- trachtet wurde, beauftragten Ge- meinderat und kleiner Bürgeraus- schuß ein Komitee von vier Mitglie- dern des großen Ausschusses und zwei Jungbürgern.
Ein Jahr später unternahm der Gemeinderat erneut den Versuch, das Anliegen der Schutzbürgersöhne zu vertreten; wieder lehnte der kleine Bürgerausschuß dies ab, wieder
Durlacher Rathaus bis 1845. Hier trafen sich die Durlacher BUrgerversammlungen.
wurde der große Bürgerausschuß zu dieser Angelegenheit zusammengerufen. Der nun beschloß einstimmig, die Schutzbürgersöhne abzuweisen und eine Petition um die Abschaffung des entsprechenden Paragra- phen an die Zweite Kammer im Ständehaus zu schicken. Im Gemeinderat, der die Anliegen der Schutzbürgersöhne unterstützte, saßen aber in dieser Zeit Mitglieder des demokrati- schen Bürgervereins, die hier einvernehnllich mit Bürgermeister Karl Wahrer und Gemein- derat Christian Hengst agierten, welche die gemäßigte Richtung vertraten. Zusammen stellten sie die politische Führungsschicht der
Stadt, die erleben mußte, daß die Bürger- schaft ihnen bei der Frage des Bürgernutzens die Zustimmung verweigerte.
Der Konflikt um den Bürgernutzen sollte in den Revolutionsmonaten eine eigene Dyna- mik und Sprengkraft gewinnen, zumal die Durlacher den Rechtsstreit nur verlieren konnten, da ihr Vorgehen gesetzeswidrig war.
Nachdem die ersten Wirren der März- Revolution vorbei waren, unternahm der Gemeinderat inl Juni 1848 einen erneuten Vorstoß. Wieder verwies der kleine Bürger- ausschuß die Entscheidung an den großen Bürgerausschuß, der am darauJIolgenden Tag
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sich nicht entscheiden wollte, sondern be- schloß, diese Angelegenheit der versammel- ten Gemeinde vorzulegen. Das war eine Selbstentmachtung des großen Bürgeraus- schusses, der im Dreiklassenwahlrecht ge- wählt wurde, d. h. daß die Stimmen der Bürger mit Vermögen mehr galten als die der vermögenslosen.
Doch bestimmte er noch, daß die vier "zum Bezug des Bürgergenusses vorgerückten Schutzbürgersöhne vorderhand von dem Bezug ausgeschlossen, dahingegen in die letzteren die 4 nach der Rangliste zW1ächst stehenden Bürger mit angeborenen Rechten eingesetzt werden sollen". Damit war fur den Gemeinderat die brisante Situation entstan- den, daß er auf grund dieses Beschlusses zu einer gesetzeswidrigen Handlung aufgefor- dert war, die er zudem selbst ablehnte.
Staatliche ExekutionsmaßnahnlCn
Nun mischte sich auch das großherzogliehe Oberamt ein, welches rull 19. Juni das Ultimatum stellte, daß bis zum Mittag des 20. Juni drei namentlich genannte Schutzbürger- söhne in den Wiesengenuß eingewiesen werden sollten "bei Vern1eidung von Executionsmaßregeln". Der Gemeinderat und der kleine Bürgerausschuß teilten am 20. Juni dem Oberamt mit, daß sie die Entscheidung der Gemeindeversammlung überlassen wollten. Die Situation war inzwischen so zugespitzt, daß sie damit drohten, ihre Ämter sofort niederzulegen, falls das Oberamt sie zum Handeln zwingen wolle.
Am 25. Juni 1848 versammelten sich morgens um 6 Uhr auf dem Rathaus 643 der 846 stimmberechtigten Bürger, um darüber abzustimmen, den großen Bürgerausschuß abzuschaffen. Auf die entsprechende Frage antwortete die Versammlung "mit einem donnernden Ja". Damit war in Durlach das
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Zensuswahlrecht beseitigt. Nun setzte das Oberamt die angekündigten Executions- maßregeln, d. h. Militär ein, das seine Wirkung nicht verfehlte. Nachdem der Versuch von Vergleichsverhandlungen ge- scheitert war, wichen die versantnlelten genußberechtigten Bürger am 4. Juli 1848 der staatlichen Gewalt, doch erst im November 1848 wurde das Protokoll der entsprechenden Sitzung verfaßt. Nun hieß es: "Es seien die angeblichen Schutzbürgersöhne Friedrich Barthlott, Friedrich Sullerund Franz König in den hiesigen Allmendgenuß unentgeltlich einzuweisen, indem die Bürgerschaft hierzu durch eine militärische Besatzung auf dem Wege der Gewalt, der auf die Dauer nicht widerstanden werden krum, formlieh gez\V1lll- gen worden ist." Die Bürgerschaft verwahrte sich aber weiterhin dagegen und betonte, daß sie den entsprechenden Paragraphen der Gesetzgebw1g nicht anerkerme. "Sie behält sich aber die Reklamierung ihres schwer verletzten Eigentums ftir alle Zeiten aus- drücklich vor." Während des Schutzbürger- streits kam es zu Kräfteverschiebungen in den Gemeindegremien zugunsten des Bürger- vereins 1md zu einem Machtwechsel an der Spitze. Angesichts der revolutionären Ent- wicklungen halle Bürgernleister Karl Wahrer erstmals im April 1848 un1 Entlassung aus seinem Amt gebeten, was aber sowohl der Gemeinderat und der kleine Bürgerausschuß als auch der große Bürgerausschuß "unter gleichfallsiger Erteilung eines Vertrauensvo- tums" ablehnten. Am 2. Mai erneuerte Wahrer sein Gesuch "namentlich - aus Ge- sundheitsgründen", wieder wurde die Bitte abgelehnt, ihm aber ein Urlaub von zwei Monaten zugestanden. Das Protokoll vom 11 . Juni 1848 über die Sitzung des Gemeindera- tes und des kleinen Bürgerausschusses hielt darm lakonisch fest, man habe dem Gesuch um Amtsentlassung des Bürgermeisters Karl Wahrer willfahrt, "da dasselbe durch die
Ereignisse vom geslrigen vollkommen be- gründet sei".
Was sich hinter diesen Ereignissen ver- birgt, wissen wir nicht. Da aber in diesen Junitagen der Streit zwischen dem Gemeinde- rat und dem großen Bürgerausschuß über die Sache der Schutzbürgersöhne seinen Höhe- punkt erreichte, können wir vernJUten, daß der damit einhergehende Autoritätsverlust seine Rücklrittswünsche verstärkte. Sein Nachfol- ger wurde Kronenwirt Eduard Kraft, der als Mitglied des Bürgervereins zu den demokra- tischen Kräften zählte.
Aus der Sicht des Oberamtes stellten sich diese Machtverschiebungen in den kommuna- len Gremien als Resultat der Aktivitäten des Bürgervereins dar. So berichtete das Oberamt im November 1848, daß der Verein sich einen Anhang verschafft habe, um mit diesem eine Änderung der Gemeindeverwaltung, "die in geregeltem Gange war und an deren Spitze tüchtige Bürger stunden", hervorzurufen. So sei es der Bürgerverein gewesen, der die
Abschaffung des im Dreiklassenwahlrecht gewählten großen Bürgerausschusses zugun- sten der Gemeindeversammlung durchgesetzt habe. Diese Einschätzung der Lage seitens der Staats behörde läßt vermuten, daß der Bürgerverein die wegen der Allmendfrage aufgebrachte Stimmung aufgriff, um seine Forderungen nach Demokratisierung der Gemeindeverhältnisse und die Besetzung der Gremien mit eigenen Leuten durchzusetzen. Es handelte sich also um ein Bündnis von revolutionären Demokraten mit konservati- ven Bürgern, die spätestens seit dem Eingreifen des Mil.itärs im Oberamt, d. h. im Staat, einen gemeinsamen Gegner sahen. Nicht nur die Rufe nach Einheit und Freiheit, nach Menschenrechten und politischer Eman- zipation ließen die Durlacher zu Revolutionä- ren werden; sie wurden Revolutionäre aus konservativem Bürgersinn, der den Schutz- bürgersöhnen die Gleichberechtigung ver- weigern wollte.
Susanne Asche
Umstrittene Erinnerungen 1. Das Urteil der Nachwelt zur deutschen Revolution 1848-49
Wenn ftir 1998 schon zahlreiche Vorberei- tungen getroffen werden, um an die Revolution vor 150 Jahren zu erinnern, fragt sich wohl mancher: was geht das uns an? Das Kriegsende 1945 ist vielen noch gegenwärtig, doch schon 1918 liegt weit zurück, weil "Monarchie" kein Thema in Deutschland ist. Eher berührt die Kritik an der Form der Reichsgründung 1871 und einer Verfassimg, die ein "persönliches Regiment" des Kaisers zuließ. Aber die Mitte des letzten Jahrhun- derts? Vielleicht wird 1998 in den sicher bewegten Wahlwochen mancher stutzig, daß auch Zurückliegendes sich wieder einmal
eignet, politisch instrumentalisiert zu werden, weil die einen die Radikalen, die anderen die Liberalen hochleben lassen. So ist es jedenfalls in den vergangenen 150 Jahren immer wieder geschehen.
Die Reaktion ~_.~-~~-~
Nach 1849 wurde - gerade in Baden - jegliche Diskussion unterbunden, die "Reak- tion", wie das alte-neue Regime genannt wurde, gab den Ton an. In einem Geschichts- buch ftir badische Volksschüler um 1854 wurde Großherzog Leopold als der Gütige
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gepriesen. "Die Revolution von 1848 und 1849 verursachte dem edlen Fürsten viel Leid; er wurde veraniaßt, sein Land, dem er so viel Gutes erwiesen, zu verlassen, und kehrte erst wieder zurück, als die Empörung unterdrückt war."
Der Herausgeber der liberalen "Deutschen Zeitung" 1848, der Heidelberger Historiker Georg Gottfried Gervinus - in Karlsruhe wurde eine Straße nach ihm benannt - mußte sich 1853 vor dem Großherzoglichen Badischen Hofgericht verantworten wegen seiner "Einleitung in die Geschichte des 19. Jahrhunderts" . "Es ist der Zweck dieser Schrift", so begann die Anklage des Staats- anwalts, "daß, einem bestinunten Gesetze der geschichtlichen Entwicklung folgend, die demokratischen Grundsätze trotz allen Hin- dernissen und Hemmungen in einem stetigen Fortschreiten begriffen seien." Das Urteil von zwei Monaten Geflingnis wurde zwar aufgehoben, die Universität Heidelberg entzog Gervinus aber die Lehrbefugnis. Als ihn 1862 Großherzog Friedrich I. jedoch um ein Gutachten zur Bildungsreform bat, spürte man einen anderen Geist in Baden, wo ab 1859 mit der Neuen Ära der Liberalismus als " regierende Partei" betrachtet wurde. Bei der Geburt des Thronfolgers 1857 waren die letzten ,,48er" amnestiert worden, Minister wurden ernannt, die im Landtag Rückhalt fanden, die badische Außenpolitik setzte auf eine Einigung Deutschlands durch Preußen, die der Nationalversammlung in der Paulskir- ehe nicht gelungen war.
Baden, dem Deutschen Bund getreu, mußte zwar 1866 noch einmal gegen Preußen kämpfen, und nicht nur im katholischen Südbaden lehnte man sich gern an Österreich an; auch in Karlsruhe dachte mancher an den "Kartätschenprinzen" Wilhelm, der die badi-
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sehen Aufstände niedergeschlagen hatte. Nach diesem Deutschen Krieg ging aber
von dieser Residenzstadt eine Schrift aus, die die kleindeutsche Lösung forderte und in den deutschen Staaten ein breites Echo fand. Der Historiker Hermann Baumgarten am Poly- technikum, ein Schüler von Gervinus, pub- lizierte 1867 die Broschüre "Der deutsche Liberalismus. Eine Selbstkritik'. Sie ragte aus der Flut politischer Literatur heraus und hat über Generationen die Entwicklung des Nationalliberalismus beeinflußt. Baumgar- ten, ursprünglich Bismarck-Gegner, schwenk- te nun auf einen neuen Kurs. Zwar galt den Männern der Paulskirche von 1848 seine Achtung. Die Ausführung ihres Plans mußte aber scheitern, nicht nur weil Preußen damals " zur Lösung der ihm zugedachten Aufgabe durchaus unfahig, sondern weil die Reichs- verfassung (1848) .. . insofern ein theoreti- sches Produkt war, als sie sich nicht auf eine konkrete ausführende Macht stützte." Den Machtstaatsgedanken, die 'weiße' Revoluti- on von oben Bismarckscher Prägung prokla- mierte nun der Karlsruher Professor als nationalliberale Parole. Die revolutionäre Bewegung 1848 war fur ihn eine "traurige Verwirrung, welche in diesem Frühling die deutschen Lande erfüllte ... Der Bürger ist geschaffen zur Arbeit, aber nicht zur Herrschaft ... Es ist einer der verderblichsten Irrtümer zu meinen, jeder tüchtige Gelehrte, Advokat, Kaufmann, Beamte, der Interesse habe an öffentlichen Dingen und fleißig die Zeitung lese, sei befahigt, at..1iv in die Politik einzugreifen. " Mit Baumgarten kapitulierten breite Schichten des Bürgertums vor der These, daß nur die traditionelle Oberschicht herrschen könne.
Im neuen Reich
Nachdem 1871 das neue deutsche Reich gegründet worden war, dachte 1873 kaum
jemand daran, sich an die Revolution vor 25 Jahren zu erinnern. Zwar erschienen Autobio- graphien, Quellen und erste Darstellungen. Die Bewertung war aber durch tonangebende Historiker wie Heinrich v. Treitschke und Heinrich v. Sybel bestimmt. Letzterer machte z. B. tUr die "radikale Verkündung in Süd- deutschland die gute Weinernte yon 1847 und das üppige Wirtshausleben" verantwortlich. Und so hieß es auch später in einem "lehr- buch ftir Geschichte tUr die höheren lehr- anstalten in Südwestdeutschland" über Ba- den: "Prinz Wilhelm v. Preußen, der spätere Kaiser, brachte das verirrte Land in tUnf Wochen zur Ordnung zurück; Großherzog Leopold überlebte die Heimkehr in sein Land nicht lange, er starb 1852, nachdem er noch die Reue seine Volkes gesehen hatte."
1898
AnIäßlich des 50. Jahrestages der Revoluti- on hüllten sich die Behörden geflissentlich in Schweigen. Gefeiert wurden andere Erinne- rungen anf dem Weg. zum Deutschen Reich: Schlachten, Geburtstage, der 18. Januar 1871.
Einer Würdigung der freiheitlichen Bewe- gung kamen damals am ehesten noch die Arbeitervereinigungen nach. Der Offenburger "Volksfreund - Organ tUr die Interessen des werkthätigen Volkes", seit 1899 in Karlsruhe verlegt, berichtete am 23. März 1898 von der Debatte im Reichstag am 18. März: "Nichts zeugt mehr von dem Tiefstand der deutschen Presse, als die Art, mit welcher dieselbe die flammende Rede Bebel 's im Reichstage, die er zum ehrenden Andenken der Märzkärnpfer hielt, wiedergiebt. Die Junkerpresse schimpft und tobt ... Das einzige uns zu Gesicht gekommene bürgerliche Blatt, welches den Muth der vollen Wahrheit besitzt, ist die 'Ber!. Volksztg. '" Sie schreibt: "Es ist das Verdienst Bebeis, den Deutschen Reichstag
vor der Schmach bewahrt zu haben, daß am gestrigen Tage nicht mit einer Silbe der hohen Bedeutung der März-Revolution gedacht worden wäre. Herr Bebel hat es durch eine geschickte Wendung der Debatte dahin zu bringen gewußt, daß die Todten der kampfreichen Märztage in der deutschen Volksvertretung diejenige geschichtliche Würdigung gefunden haben, die ihnen eine dankbare Nachwelt schuldig ist."
Die nationalliberale "Badische Landes- zeitung" in Karlsruhe berichtete ebenfalls am 20. März 1898 in ihren Stimmungsbildern aus dem Reichstag von leidenschaftlichen Aus- einandersetzungen. "Nur in seltenen Momen- ten konnte der unkundige Tribünenbesucher heute bemerken, daß die zweite Beratung der Militärstrafprozeßnovelle auf der Tagesord- nung stand. Debattiert wurde fast ausschließ- lich über die Märzrevolution des Jahres 1848, deren 50. Jahrestag heute wiedergekehrt war ... Heute konnte man so recht sehen, welch eine gewaltige, riesengroße Kluft die An- schauungen und die Denkweise der Rechten und der Linken trennt .. . Ein Durcheinander- schreien, das sich zeitweise zu einem veritablen Wutgeheul steigerte, unterbrach fortwährend die Redner der beiden äußersten Flügel, und Worte wie "Gemeinheit, Frech- heit, Infamie, Fälschung, Pfui Teufel!" flogen unausgesetzt herüber und hinüber ... Die Verteidigung der Revolution fiel natürlich in erster Linie Herrn Bebel zu. Er feierte sie als die glorreiche Volkserhebung, welche dem Volke die politischen Rechte erzwungen und gegen Fürsten und Junker die Grundlage zur Einigung Deutschlands geschaffen habe ... Die hauptsächlichsten Wortftihrer der ande- ren Seite stellen die Märzereignisse als eine unselige Verirrung des Volkes dar ... und nach ihrer Auffassung war die Revolution gar keine impulsive Volksbewegung, sondern ist durch ausländisches Gesindel, das das preußische Volk durch einen Appell an die
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schlechten Instinkte und durch Bestechung verfuhrt hatte, künstlich erzeugt worden."
Der "Badische Beobachter", das Zentrums- blatt, brachte am 18. Mai/9. Juni 1898 eine ausfiihrliehe Darstellung "Vor fiinfzig Jah- ren" über das Parlament in der Paulskirche, das freilich nicht im Zusammenhang mit den März-Unruhen gesehen werden sollte. Der Autor G. H. "vom Neckar" verteidigte die Nationalversammlung vor der Kritik, in den ersten Frühjahrswochen 1848 nicht gleich die Einheit hergestellt zu haben, die "erst so viele Jahre später zu erkämpfen war", derm "die Vorwegnahme der Grundrechte vor dem Verfassungswerk hatte einen sehr zwingen- den Grund.
Für den größten Teil der Bevölkerung war ja der eigentliche Kern der Märzbewegung doch mehr das freiheitliche als das einheitli- che Moment gewesen. Die Rechts- und Freiheitsbeschränkungen der vormärzlichen Zeit waren so bedrückend und namentlich fiir den Einzelnen so fuhlbar gewesen, daß der Drang, sie nicht nur abzuschütteln, sondern ihre Wiederkehr um jeden Preis zu verhin- dern, in weitesten Kreisen fortlebte und mit Macht Befriedigung erheischte."
Der "Badische Landesbote" berichtete am 2. Juli 1899 von einer Rede des Großherzogs Friedrich gegen den Umsturz anIäßlich einer Denkmaleinweihung ftir Kaiser Wilhelm I. in Waldkireh und kritisierte, daß der badische
Liberalismus "schon recht preußisch - kon- servativ geworden ist. Dermoch sei er besser als in Preußen." Das beweist die Tatsache, daß man dem Komitee fiir die Errichtung eines Denkmals zur Erirmerung an die im Jahre 1849 in Rastatt standrechtlich erschos- senen Freiheitskämpfer wenigstens erlaubt hat, eine Inschrift auf dem Denkmal anzubringen, während man in Berlin so etwas überhaupt nicht duldet. Vorsichtig genug ist allerdings auch die badische Polizei. Die Inschrift darf nur lauten: "Ruhestätte der im Jahre 1849 Erschossenen" .
Trotz vorwiegender Ablehnung der Soziali- sten durch das Bürgertum, in denen sie die Urheber der blutigen Auseinandersetzungen 1848/49 sahen, kam es doch zu einer be- grenzten Art der Aufwertung der Revolution bei deutschen Historikern, die freilich die Mo- narchie und den "deutschen Beruf Preußens" nicht in Frage stellen wollten.
Aber das wilhelminische Kaiserreich war ja nicht so einseitig geprägt, als daß man zu allen Zeiten in allen deutschen Landschaften gleiche Töne anschlug. Gerade die Skepsis Wilhelms 11. gegenüber den süddeutschen Herrscherhäusern und ihren Regierungen zeigte, welche anderen Akzente man südlich des Mains setzte. Doch fiir Wertungen der 48er-Revolution, wie wir sie heute treffen, schuf erst die Weimarer Republik Raum.
Leonhard Müller
Umstrittene Erinnerungen 11. Zum Umgang mit der Revolution von 1848/49 nach 1918
Die Revolution von 1918 schuf zweifellos ftir die Erirmerung an 1848/49 neue Aktualität. Sie änderte aber nichts daran, daß die Beschäftigung mit der Geschichte von 1848/49 sich zwischen Verdrängrmg, Bewäl-
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tigung und Identifikation bewegte. Es blieb die konstatierte Spaltung nach Parteien und die von der jeweiligen historischen Situation Deutschlands bestimmte unterschiedliche Sicht auf die Ereignisse.
Die 75-Jahr-Feier der Revolution im Jahre 1923 fiel in eine innen- wie außenpolitisch schwierige Phase der aus der Niederlage und der Revolution im Jahre 1918 hervorgegange- nen, noch jungen deutschen Republik. Im Innern hatten politische Morde z. B. an dem Finanzminister Erzberger und dem Außenmi- nister Rathenau und ein politischer Putschver- such rechtsgerichteter völkischer Kreise und Gruppierungen die Zerissenheit und parteipo- litische Spaltung des Landes verdeutlicht. Schwere Sorgen bereitete zudem die inflatio- näre Entwicklung und die steigenden Arbeits- losenzahlen. Außenpolitisch sah man mit der Besetzung an Ruhr und Rhein sowie im Saarland durch die Franzosen die Freiheit und Einheit des Landes bedroht. In dieser Situa- tion war es geradezu zwangsläufig, daß die in Frankfurt stattfmdende, von rechtsstehenden Kreisen mit Ablehnung kommentierte, zen- trale Gedenkfeier in Anwesenheit des Reichs- präsidenten Ebert politisch instrumentalisiert wurde.
Kein Redner, der am 18. Mai im Frank- furter Römer und in der Paulskirche sprach, vergaß, auf die bedrohliche Lage der Re- publik durch die " schweren Anschläge und Anstürme unserer Gegner gegen unsere · nationale Freiheit und den Bestand des Reiches", so Friedrich Ebert, zu verweisen. Im Gedenken an die Männer der Paulskirche, deren vergebliches Bemühen ein "Denkstein" geblieben sei und über die Reichseinheit von 1871 und die Veriassungsgebung von Wei- mar 191 8/19 in die Gegenwart rage, müsse deren "Leitstern" "Einheit, Freiheit und Vaterland!" auch der Kern des gegenwärtigen Daseinskampfes an Rhein, Ruhr und Saar sein, so Ebert weiter. Der parteilose Reichs- kanzler Cuno variierte in seinem Grußwort den "Leitstern" Eberts, indem er "Vaterland" durch "Größe" ersetzte. Was er damit meinte,
verhehlten weder er noch aUe übrigen Redner einschließlich jener der österreichischen, hochrangigen Delegation: den Zusammen- schluß Deutschlands und Österreichs. Zumin- dest während der Feierstunde schien die großdeutsche Lösung möglich, die 1848 das Paulskirchenparlament gespalten hatte. Eine Vorstellung, deren öffentliche Erörterung die VersaiUer Siegermächte wenig später unter- sagten.
Nicht nur in den Frankfurter Feierlichkei- ten, sondern auch in der Sicht der Ge- schichtsschreibung überstrahlte die Paulskir- che und die dort diskutierten nationalstaatli- chen und außenpolitischen Themen das ge- samtrevolutionäre Geschehen des Vormärz bis zum Jahre 1849. Dieser Umgang mit den "Ideen von 1848" veranlaßte den Theologen und Philosophen Ernst TroeItsch im Blick ~uf die Revolution von 1918 zu der kritischen Feststellung: "Nur Kurzsichtige konnten triumphieren und meinen, das Ziel von 1848 sei jetzt erreicht. Nein, was 1848 ein kühnes Fortschrittsunternehmen war, das war jetzt eine konservative Retardierung und Bewälti- gung der Revolution ... ". Noch 1923 war die Forderung, die der Historiker Hermann Oncken 25 Jahre zuvor erhoben hatte, "den Gegensatz parteipolitisch befangener Über- zeugungen in einer höheren Instanz der Erkenntnis aufzulösen", nicht eingelöst. Vor- wiegend in den Büchern der Sozialdemokra- ten Blos, Mehring und Bernstein sowie in der DarsteUung des liberal-demokratischen Hugo Preuß war von Barrikadenkämpfen und Aufständen die Rede. Erst mit der zwei- bändigen "Geschichte der deutschen Revolu- tion 1848-1849" von Veit Valentin, die 1930/31 erschien, hatte sich ein Wandel in der Geschichtsschreibung der Revolution angezeigt. Das noch heute grundlegende, queUengesättigte Werk und die beginnende Sozialgeschichtsschrcibwlg eröffneten neue Perspektiven, die jedoch nach der national so-
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zialistischen Machtergreifung nicht weiter- verfolgt werden konnten.
1948
1948 befand sich Deutschland in einer weit schlechteren Situation als 25 Jahre zuvor. Der von Deutschland ausgegangene Zweite Welt- krieg war verloren, die nationalsozialistische Diktatur und die in weite Teile Europas getragene Terrorherrschaft beendet. Das Land war besetzt und in vier Zonen geteilt. Man hatte 1947 eine katastrophale Ernäh- rungskrise überstanden, befand sich mitten im Wiederaufbau der zerstörten Städte und Industrieanlagen sowie der Ausgestaltung der von den Siegermächten verordneten Demo- kratie. In den Auseinandersetzungen der drei Westmächte mit der Sowjetunion über die Behandlung Deutschlands war bereits der "Kalte Krieg" ausgebrochen, die Teilung Deutschlands abzusehen.
So wundert es denn auch nicht, daß die Rückbesinnung auf die demokratischen
. Traditionen, auf den Kampf der "Achtund- vierziger" um die bürgerlichen Freiheits- rechte, von zentralem Interesse war. In vielen lubiläumsfeiern, Gedenkschriften und Aus- stellungen wurde der Ablauf der Ereignisse von 1847-1849 dargestellt und das Ringen in der Paulskirche um Einheit und Freiheit gewürdigt. Gelegentlich liest man dann auch, ohne das Scheitern der Revolution wäre den Deutschen die Katastrophe des Nationalso- zialismus vielleicht erspart geblieben. Abge- sehen davon, daß solche Interpretationen weder zu beweisen noch zu widerlegen sind, wird dabei gerne der vielen Revolutionären von 1848 durchaus nicht fremde Nationalis- mus und Antisemitismus übersehen.
In Karlsruhe gedachte man der Revolution vom 25. April bis I. Mai mit einem Festakt, mit Vorträgen und einer Festauffiihrung des Dramas "Dantons Tod" von Georg Büchner.
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Eine geplante Ausstellung konnte wegen Raurnmangels nicht stattfmden. Neben dem späteren ersten Bundespräsidenten Theodor Heuß und dem Historiker Franz Schnabel sprach auch der sozialdemokratische Mini- ster und erste Karlsruher Nachkriegs-OB Hermann Veit. Er kritisierte die große Zahl der Feiern im Lande und konstatierte bei der Masse der Bevölkerung Teilnahmslosigkeit. Begeisterung erkenne er nur, wo Menschen- würde und Freiheit Herzenssache seien. Im näheren Umkreis fanden Feiern z.B. in Ettlingen, Baden-Baden und Offenburgstatt. Durch Karlsruhe fuhrte auch ein Teil des Stern-Stafettenlaufs von Leichtathleten nach Frankfurt zur Feier in der wiederaufgebauten Paulskirche, wobei eine Urkunde des Ober- bürgermeisters mit auf den Weg ging, in der der stolzen Söhne der Stadt gedacht wurde, die das Banner der Freiheit erhoben haben. Auch in Frankfurt standen die Gedenkfeiern ganz im Zeichen der Wiedergeburt der deutschen Demokratie im Geiste von 1848.
Aus dem Blick geriet so allerdings in der Öffentlichkeit weitgehend, daß die Revoluti- on der Höhepunkt eines wei treichenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wand- lungsprozesses war, der alle Bevölkerungs- schichten erfaßt hatte. Ins helle Licht der
. Berichterstattung in den Medien gerieten dagegen die konkurrierenden Revolutions- feiern in Berlin Ost und West, die bereits am 18. März stattfanden. Dieser Tag war nach dem Spiegel-Bericht "das bisher eindrucks- vollste Schauspiel nachkriegsdeutscher Zer- rissenheit. ... Die Barrikaden des 18. März 1848 wurden durch beiderseitige Polemik zu einer Mauer des 18. März 1948 verfestigt." Der Veranstaltung des Groß-Berliner Senats stellte die SED im Osten die Einberufung des ,,2. Volkskongreß fur Einheit und gerechten Frieden" nach Berlin-Ost entgegen. Im Osten reklamierte Wilhelm Pieck die demokrati- schen Traditionen fur die Ziele der SED:
"Wir sind die Vollendung der unvollendeten Revolution." Das SED-Organ "Neues Deutschland" hatte am Tag zuvor mit der Parole: "Das ganze Deutschland soll es sein" das Interesse an nationaler Einheit dokumen- tiert. Im Westen dagegen sah man durch die Vorgänge in der sowjetisch besetzten Zone den Namen der Demokratie " l"sudelt" und die Freiheit in Gefahr. Deshalb dürfe die "Einheit unseres Vaterlandes nicht mit der Preisgabe unserer Freiheit" erkauft werden. So sah es am 18. Mai auch der Kommentator in den BNN. Die Feierlichkeiten standen, das war klar erkennbar, im Zusammenhang mit der historischen Legitimierung der staatlichen Neugründungen, die 1949 vollzogen wurden. Der "Streit um das Erbe" war entbrannt.
1973
Die 125-Jahr-Feiern legten in diesem Streit !Ur die Bundesrepublik eine ernüchternde Bilanz offen. Einem zentralen Forschungs- plan folgend, der die Revolutionsforschung !Ur die Gegenwartspolitik instrumentalisierte, hatte die DDR-Forschung einen Vorsprung errungen. Entsprechend intensiv und publi- kumswirksam wurden die Feiern 1973 gestaltet. Das Politbüromitglied Albert Nor- den behauptete: "Das Vermächtnis der Revolution von 1848 liegt bei uns in guten und sicheren Händen." Das Deutsche Historische Museum veranstaltete in Berlin und Leipzig Sonderausstellungen. Artikelserien in den Zeitungen befaßten sich mit der Revolution, und in einer in hoher Auflage verbreiteten "Illustrierte Geschichte der deutschen Revo- lution 1848/49" hieß es am Schluß: " Die Errungenschaften des sozialistischen deut- schen Staates wurzeln auch in den Kämpfen und Bestrebungen der revolutionären Massen von 1848. Deren Ideale wurden von jener Klasse verwirklicht, die vor 125 Jahren gerade die ersten Schritte ihrer eigenen Be-
wegung tat, von der Arbeiterklasse, die sich damit fUr jeden klar erkennbar als die wirkliche und einzige Erbin von 1848 erwies."
Der umfassenden und "offiziellen" Würdi- gung der Revolution in der DDR 1973 hatte die Bundesrepublik, wie es in einer Sam- melrezension 1975 hieß, wenig an For- schungsleistung und breitenwirksamer Dar- stellung entgegenzusetzen. In Frankfurt fand eine Ausstellung 125-Jahre-Paulskirche statt, badische Städte veranstalteten in Rastatt eine Gemeinschaftsausstellung, und in Karlsruhe zeigte das Stadtarehiv einschlägige Bestände im Pfmzgaumuseum. Seit 1970 gab es einen Neudruck des Werkes von Veit Valentin. Ein herausragendes Zeichen in der bundesdeut- schen Beschäftigung mit der Revolution setzte schon 1970 zweifellos Bundespräsi- dent Gustav Heinemann mit seiner Rede anIäßlich der historischen Bremer Schaffer- mahlzeit. "Einer ·demokratischen Gesell- schaft" , so flihrte er aus, "steht es schlecht zu Gesicht, wenn sie auch heute noch in aufständischen Bauern nichts anderes als meuternde Rotten sieht, die von der Obrigkeit schnell gezähmt und in die Schranken verwiesen wurden. So haben die Sieger die Geschichte geschrieben. Es ist Zeit, daß ein freiheitlich-demokratisches Deutschland un- sere Geschichte bis in die Schulbücher hinein anders schreibt." Eine Aufforderung, die nicht nur Zustimmung fand. Bei der Einweihung der "Erinnerungsstätte f1ir die Freiheitsbewegungen in der deutschen Ge- schichte" in Rastatt 1974 machte Heinemann deutlich, worum es dabei auch ging: "In der DDR pflegt man bewußt revolutionäre Überlieferungen. .. . Sie werden aber in Entwicklungsstufen zum kommunistischen Zwangsstaat verfremdet. Unerträglich ist es, daß wir dem durch eigene Untätigkeit Vorschub leisten und uns so einen Teil unserer Geschichte entwenden lassen. Wir
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stehen mit dem anderen deutschen Staat im Wettbewerb ... Dazu gehört auch die Frage, wer sich mit mehr Recht auf die Freiheits- bewegungen in der deutschen Geschichte berufen kann, und wer die Ziele besser verwirklicht hat oder verwirklichen wird."
1998
Seitdem ist die Revolutionsforschung nicht zuletzt dank der seit den 60er Jahren eingefuhrten sozialwissenschaftlichen Frage- stellungen vorangekommen. Es entstand ein so verwirrend vielfaltiges Revolutionsbild - auch in der DDR hatte man zu differenzieren begonnen -, daß es schwer geworden ist,
bündige Identiftkationsmuster flir die Revolu- tion von 1848/49 anzubieten. Man darf daher gespannt sein, wie die Landesausstellung in Karlsruhe die Ereignisse vor dem Hinter- grund eines flir Baden immer noch von Defiziten, so der Fachmann Dieter Lange- wiesehe,gekennzeichneten Forschungsstandes präSentieren wird. Das Jahr 1990 hat zudem mit der deutschen Einheit eine neue Situation geschaffen, und das Augenmerk wird sich 1998 daher wohl auch darauf richten, wie der "Streit um das Erbe" in den Revolutionsfeiem aufgehoben und wie die politische Öffentlich- keit nach 150 Jahren sich die Revolution aneignen wird.
Manfred Koch
"Fremde" in der badischen Revolutionsarmee
Die Revolution 1848/49 wird oft als eine der wenigen Epochen gekennzeichnet, wo Liberale aus allen Landem, vor allem auch Deutsche und Polen, Seile an Seile standen. 1m Zusammenhang mit einem Akten/und aus dem Jahr 199/ wird als neuer Aspekt gezeigt, daß jene Stimmung, die vor 150 Jahren das politische Klima zu bestimmen schien, bald verflo- gen war.
Mit der Morgenpost des 10. Juni 1849 er- hielt Maximilian Wemer, Rechtsanwalt aus Oberkireh, Paulskirchenabgeordneter und letzter Kriegsminister der badischen Revolu- tionsregierung, ein Schreiben, das ihm sicher- lich die Zornesröte ins Gesicht getrieben ha- ben wird. Absender war ein gewisser Stanun, nach eigenem Bekunden Gründer des "fran- zösischen Komitees flir Einigkeit und Frei- heit Deutschlands" in Straßburg, das seit Mitte Mai in ganz Frankreich aktive Propaganda flir die badische Bewegung betrieb, freiwilli- ge Hilfstruppen anwarb und deren Weiterbe- förderung nach Karlsruhe organisierte. Ein Demokrat und Kampfgeflihrte also, der schon deswegen von Bedeutung nir die revolutionä- re Regierung in Karlsruhe war, als sie - in
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ihrem Kampf um die Reichsverfassung und eine soziale Republik - verzweifelt auf die Unterstützung des benachbarten Frankreich home. Schon am I. Juni hatte Kriegsminister Franz Sigel, ehemals badischer Leutnant, in Karlsruhe mit den Bürgern Stanun und Fran- ke als Abgesandte des Straßburger Komitees eine schriftliche Übereinkunft abgeschlossen, wonach Baden "die Bewaffnung, Besoldung und Verpflegung dieser Hilfstruppe" über- nehme, die aus kampferprobten Veteranen und "Altsoldaten" bestehen sollte.
Als eine erste Gruppe von 20 Soldaten, "die fast alle in Italien oder im belgisehen Feldzuge gedient haben", am 7. Juni 1849 voller Begeisterung nir den "heiligen Kampf der Freiheit" in Karlsruhe eintrafen, mußten
sie eine bittere Enttäuschung erleben: "Dort fanden sie verdammt schlechte Aufuahme. Man schickie sie von einem Büro zum an- dem, quartierte sie nirgends ein, so daß die Leute aus eigenen Mitteln leben mußten und wollte sie endlich der polnischen Legion ein- verleiben. Da dies gegen den Vertrag ist, da die Leute überdies sahen, da ß man den Schweizern, die gekommen waren, nicht bes- ser begegnete, da man diesen sogar ihre Waf-
. fen nahm, da sie von der Karlsruher Bürger- wehr vielfach die Worte hörten: wir brau- chen keine Fremden u. dgl. , so kehrten sie wieder um und sind gestern wieder hier ange- kommen." So resümierte Stamm die Erleb- nisse der französischen Freiwilligen im revo- lutionären Baden, die sicher nicht geeignet waren, den erhofften Schulterschluß zwischen den revolutionären Nachbarn, Frankreich und Baden, herbeizuflihren. Von weiteren Zuzü- gen kampferprobter Männer aus dem Elsaß ist in den Quellen denn auch nichts mehr vermerkt!
HofInung auf nichtmilitärische Lösung vN.W ... • . .,..·.·.·.w.w.· ... ·.• ... · ........ ..,....., . ...,w .... w.w.v.·.·.·.·.·.· .·.·.·.·.·.·.w'"'~ ... ""w.w •• ·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w.y.
Diese Episode wirft ein bezeichnendes Licht auf die Situation in Baden im Juni 1849. Die überschwengliche Begeisterung, mit der die Karlsruher Bevölkerung am 15. Mai den re- volutionären Landesausschuß in den Mauem ihrer Stadt begrüßt hatte, war verllogen. Die HofInungen auf einen Export der Revolution, auf den revolutionären Flächenbrand, hatten in den zurückliegenden Tagen empfindliche Dämpfer erlitten. Das Mitglied der provisori- schen Regierung Joseph Fickler war Anfang Juni in Stuttgart verhaftet, der von Kriegsmi- nister Sigel organisierte Marsch auf Frank- furt schon wenige Kilometer hinter der Gren- ze in Heppenheim von regierungstreuen hes- sischen Truppen gestoppt worden. Mit der Aullösung des "Klubs des entschiedenen Fort- schritts" am 6. Juni 1849 und der zeitweilien
Verhaftung seiner Mitglieder hatten die Kräfte innerhalb der badischen Bewegung die Ober- hand behalten, die die Konfrontation mit den Bundestruppen zu vermeiden trachteten.
Lorenz Brentano, ehemals Obergerichts- advokat und nun an der Spitze der Revoluti- onsregierung, hoffte mit der Mehrheit des Landesausschusses nach den Rückschlägen der letzten Tage mehr denn je auf eine nicht- militärische Lösung.
Nur so glaubte er, die "Märzerrungen- schaften", also jene Reformgesetze, die im März I 848 von den Regierungen der Deut- schen Bundesstaaten der liberalen Bewegung zugestanden worden waren, dauerhaft sichern zu können. Pressefreiheit, Geschworenenge- richte, Einflihrung der VolksbewaiTnung in Form der Bürgerwehren und die Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung zählten in erster Linie dazu.
Dabei hatte es zur Lebensfrage der Reichs- verfassungskampagne und damit der gesam- ten badischen Revolution gehört, daß sie wei- tere Breitenwirk-ung, über die Grenzen Ba- dens hinaus, gewann. Eine "badische Winkel- republik" hatte keine Überlebenschance. Dies hatte schon der ehemalige Innenrninister Bekk einer Delegation des Landesausschusses am 13. Mai 1849 höhnisch klargemacht. Die Umsetzung der Reichsverfassung gegen den erklärten Willen der bei den deutschen Groß- mächte Österreich und Preußen ließ sich nur mit WaiTengewalt bewerkstelligen. Dement- sprechend hatte der Landesausschuß schon Mitte Mai Aktivitäten auf militärischer Ebe- ne entwickelt. Dazu zählte in erster Linie die Anwerbung von Freiwilligen im benachbar- ten Ausland. Bereits am 16. Mai stellte er jeweils 1500 Francs rur die in Marseille und Lyon tätigen Organisationen der politischen Flüchtlinge zur Verfligung. 25 Francs Reise- geld erhielt dort jeder, der sich bereit erkJär- te, innerhalb einer gesetzten Frist in Baden einzutreffen und sich den dortigen Freikorps
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Inspektion der Polnischen Legion auf dem Schloßplatz zu Karlsmhe durch die Mitglieder der Provisorischen Regienmg (Brentano, Goegg, Struve, Meierhäfer).
anzuschließen. Viele strömten herbei, kampf- erprobt in den Schlachten der zurückliegen- den Jahre, die flir die demokratische Freiheit Europas gefochten worden waren. Ob in Si- zilien, Posen oder im Schweizer Sonderbunds- krieg des Jahres 1847, überall hatten sie flir ihre demokratischen Ideale gekämpft. Sogar Veteranen aus dem griechischen Freiheits- kampf wie der spätere Gouverneur der Fe- stung Rastatt, Gustav Nikolaus Tiedemann, boten ihre Dienste an. Aus allen vier Him- melsrichtungen trafen Nachrichten über Zu- züge von Freiwilligenformationen in Karls- ruhe ein. Aus Hanau kündigte sich eine knapp 600 Mann starke Legion der Hanauer Turner an; Heilbronner Turner, Tübinger Studenten und Arbeiter, daneben eine weitere Schwäbi- sche Legion, eine deutsch-schweizerische Flüchtlingslegion, die Besanyoner Legion aus deutschen Emigranten und französischen De- mokraten sowie zahlreiche Einzelpersonen aus fast allen Staaten des Deutschen Bundes und des benachbarten Auslands stellten sich der badischen Volksregierung zur Verfugung. Pensionierte Offiziere, in der Regel eher ohne
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politischen Hintergrund, die auf ihre alten Soldatentage noch einmal den Pulverdampf atmen wollten, waren ebenso darunter, wie revolutionäre Enthusiasten ohne solide mili- tärische Kenntnisse.
Die deutsch-polnische Legion .;.,:.:««<<-;.:<<<<<-:<<<.:<<.»,.,.,.,.,<<<.".:.;.:.;.:<<<.;.:-:w:'>:.;".;.;.:.;.:.:.;.:-:.;.,.,.","",.;.;.:.;.:-:.,.:.".,,.,.,.,.,.;.:-:«.,.,«
Einen besonders guten Ruf, was persönli- cher Mut, strategisches Geschick und militä- rische Erfahrung betraf, genossen die emi- grierten Polen, die nach der neuerlichen Auf- teilung ihres Landes als politische Flüchtlin- ge vor allem in Frankreich lebten. Sie waren seit Jahrzehnten Symbolgestalten nicht nur fur den Unabhängigkeitskampf ihres Volkes, sondern auch fUr das Freiheitsbestreben der unter der "Fürstenknute" schmachtenden Völ- ker Europas. Mit Ludwig Mieroslawski, ei- nem der brillantesten Köpfe der polnischen Demokratie, konnten die Badener eine Per- sönlichkeit als Oberkommandierenden gewin- nen, dessen militärischer Ruf ebenso tadellos war wie seine politische Reputation. Einbin- dung der badischen Bewegung in den euro-
päischen Völkerkampf, unter dieser Prämisse hatten sich auch eine ganze Reihe polnischer Emigranten im Umfeld Mierolawskis bereit erklärt, jenseits des Rheins revolutionären Kriegsdienst zu leisten. Schon am 17. Mai hatte sich in Karlsruhe auf höhere Order ein Komitee zur Gründung einer deutsch-polni- schen Legion konstituiert. F ; bestand aus AIexander Zurkowski, Abgeordneter des de- mokratischen Zentral-Komitees in Paris, dem polnischen Artillerie-Offizier Gajewski und dem polnischen Kavallerie-Offizier Brosz- niewski sowie den deutschen Vertretern Franz Joseph Lanzano aus Karlsruhe, Geschäfts- fuhrer und Kassier der Legion, dem Kriegs- kommissar Miller und dem Hartheimer Arzt Wenger. Eine ähnliche lnitiative fuhrte zur Gründung einer deutsch-ungarischen Legion. Durch die Gründung gemischt-nationaler Ein- heiten sollte wohl den Problemen begegnet werden, die durch mangelnde Kenntnisse der Sprache, des Terrains, der militärischen Ge- pflogenheiten sowie des badischen Volkscha- rakters unter den fremdsprachigen Auslän- dern entstehen konnten. Denn trotz aller Be- geisterung fur die gemeinsame Sache wurden die "Fremden" mit einer gehörigen Portion Mißtrauen empfangen. Dies war nicht Aus- druck eines Fremdenhasses als vielmehr Re- sultat der unterschiedlichen Vorstellungen über das politische wie militärische Ziel und die Stoßrichtung der badischen Bewegung. Sicherung des Erreichten fur Baden war das Credo der breiten Mehrheit der badischen Bevölkerung. Für die Freischärler und mit ihnen die republikanische Minderheit zählte die Südwestecke nur insoweit, als von hier aus die Revolutionierung Deutschlands und Europas und damit die Einbindung ihrer Hei- matstaaten in die republikanische Bewegung ausgehen sollte. Scheiterte das Unternehmen, so würde man es zu gegebener Zeit und am anderen Ort erneut versuchen. Hatten die fremden Revolutionäre bei ihrer Ankunft in
Baden noch geglaubt, auf eine hochgradige revolutionär gesinnte Bevölkerung zu tref- fen, so wurden diese Erwartungen schnell enttäuscht. Die Vorstellungen, die man vom andern hatte, entsprachen keineswegs der Rea- lität, so wie man sie vorfand. Der Oberbe- fehlshaber Ludwig Mieroslawski, der wie die erwähnten französischen Freiwilligen eben- falls · am 8. Juni in Karlsruhe eingetroffen war, sein Generaladjutant Sigel und Oberst Becker, Kommandierender der Volkswehr, versuchten mit unermüdlichem Einsatz, aus den heterogenen Gruppen - Linienmilitär, Volkswehreinheiten und Freischarentruppen - eine schlagkräftige Einheit zu formen . Diese sollte jedoch unter dem Vormarsch der Preu- ßen schnell wieder zerbrechen. Die Serie der Rückzugsgefechte und Niederlagen in der zweiten Junihälfte 1849 zehrte am Selbstver- ständnis der revolutionären Armee. Beson- ders bitter empfanden die Soldaten, daß die gerechte Sache des Volkes, ihre Sache, dem Ansturm der "Tyrannen" nahezu widerstands- los erlegen war. Die Ursachen dafiir konnten nicht allein in der numerischen und strate- gisch-taktischen Überlegenheit des Feindes liegen. Das Wort vom Verrat machte schnell die Runde, Verantwortliche fur das Desaster wurden gesucht. Die Enttäuschung der Sol- daten über den scheinbar unerklärlichen Ver- lauf des Feldzugs wandelte sich in Wut. ~ Visier der angestauten Aggressionen gerieten die bereits von Brentano abschätzig titulier- ten "hergelaufenen Fremden", insbesondere die Polen, denen allein schon aufgrund der bestehenden Sprachbarrieren mit Mißtrauen begegnet worden war. Bereits Anfang Juni war es in Rheinsheim zu ersten Spannungen zwischen badischer Bevölkerung und der deutsch-polnischen Legion gekommen. DW bei Philippsburg gelegene Gemeinde hatte sich nämlich nachhaltig geweigert, den "Fremden" , die unisono mit dem schmückenden Beiwort "Gesindel" belegt wurden, Quartier und Ver-
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pflegung zur Verftigung zu stellen. Als die Soldaten sich mit Gewalt das nehmen woll- ten, was ihnen ihrer Meinung nach zustand, war es zu wüsten gegenseitigen Beschimp- fungen und Schlägereien gekommen. Ende Juni rumorte es in fast allen Truppenteilen, in denen polnische Offiziere dienten. Vergessen war der heldenhafte Einsatz des polnischen Oberleutnants Tobian, der beim Gefecht in Käfertal schwer verwundet worden war, ver- gessen auch der BravoursIreich des Haupt- manns Adam Mieroslawski, der unter Ein- satz seines Lebens die Mannheimer Rhein- brücke in die Luft gesprengt hatte und damit die Eroberung der Stadt durch die Preußen um einige Tage verzögerte.
Im Gegenteil: Von der Unfahigkeit und Feigheit der fremden Offiziere war nunmehr überall die Rede. Seltsam verkehrte Welt! Hat- ten noch vor wenigen Tagen eine fremde Na- tionalität, die französische oder polnische Sprache allein schon genügt, um deren Inha- ber fur Führungsaufgaben in der revolutionä- ren Armee zu prädestinieren, gerieten diese Attribute nun zum Makel. Um den "ehren- rührigen Verfolgungen" zu entgehen, die frü- her oder später in einem "blutigen Zusam- menstoß" enden würde, bat der polnische Hauptmann Bogdan Dziekonski am 29. Juni 1849 um Versetzung von der deutsch-polni- schen Legion zur Division des Majors Ga- jewski, die ausschließlich aus Polen bestand.
Selbst Mieroslawski, der "Abgott des Hee- res", wie ihn der polnische Demokrat Helt- mann noch am 26. Juni charakterisierte, blieb vom Imageverlust der Polen in der öffentli- chen Meinung nicht verschont. In Meckesheim hatte er es Franz Sigel zu verdanken, daß
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einer Revolte der Obersten Thome und Beckert kein Erfolg beschieden war. Noch ehe er mit seinem Stab verhaftet werden konn- te, hatte sein Generaladjutant die Meuterer entwaffuen können. Grund genug allerdings für Mieroslawski, am 27. Juni in Rastatt eine nunmehr rein polnische Legion zu bilden und sie als seine Leibwache einzusetzen. In an- dem Einheiten artete die Unzufriedenheit mit den polnischen Offizieren, die natürlich von einigen, im Herzen großherzoglreu gebliebe- nen Offizieren nach Kräften gefordert wurde, in regelrechte J agdzenen aus. So wurde Ge- . neral Sznayde in Graben von Soldaten des Leib-Infanterie-Regiments unter roher Ge- waltanwendung aus einem Haus gezerrt und mitten unter das marschierende Regiment ge- schleppt. Dort mußte er sich Beschimpfun- gen und Verhöhnungen ob seines am Vortage bei Ubstadt-Weiher gezeigten "feigen Ver- haltens" gefallen lassen, woran sich sogar die Offiziere des Regiments tatkräftig betei- ligten. "Weg mit dem Mann" oder "Nur vor- wärts mit dem Kerl" waren dabei noch die geringsten Beschimpfungen, die sich General Sznayde von den badischen Offizieren anhö- ren mußte.
Die Spannungen innerhalb der Armee spie- gelten die politischen Zielkonflikte in den Reihen der revolutionären Regierung wider. Gerade weil die überwiegende Mehrzahl der Badener nicht revolutionär gesinnt, sondern Anhänger des "Brentanoschen Moderantis- mus" waren, so der Historiker Ludwig Häus- ser, blieb die revolutionäre Bewegung in Ba- den - unter militärischen Gesichtspunkten - in einer Insurrektion stecken. "Im Grunde wußten weder die Bürger noch die Soldaten, für was sie kämpfen sollten", so Ludwig Mieroslawski in einer bitteren Nachbelrach- !ung zum badischen Feldzug des Jahres 1849.
Kurt Hochstuhl
150 Jahre badische Revolution Zur Landesausstellung 1998 in Karlsruhe
Baden-Württemberg feiert die demokrati- sche Revolution von 1848/49. Vor 150 Jah- ren haben sich die Bürger mit demokrati- schem Engagement in den Dienst des Ge- meinwesens gestellt. Viele der damals for- mulierten politischen Forderungen gingen nach dem Zweiten Weltkrieg in das deutsche Grundgesetz ein. 1m Rahmen des Jubiläums gilt es, den Einsatz der 1848/4ger wieder bewußt zu machen, sich der demokratischen Traditionen zu erinnern und zu einem neuer- lichen gesellschaftlichen Engagement aufzu- rufen. Die baden-württembergische Landes- regierung stellt mehr als fünf Millionen Mark zur Verfügung, um die Feiern zum Gedenken an die Revolution von 1848/49 zu ermögli- chen.
Veranstaltungen in Baden-Württemberg
Zum Auftakt des Jubiläums feierte im ver- gangenen September die Stadt Offen burg mit dem großen "Freiheitsfest" die 150. Wieder- kehr der Volksversammlung vom 12. Sep- tember 1847. Damals wurden im Offenburg- er Gasthaus " Salmen" die demokratischen Forderungen an die badische Regierung for- muliert.
Der Abschluß der baden-württembergi- sehen Jubiläums-Feierlichkeiten wird, der Chronologie der Ereignisse von 1848/49 ent- sprechend, im Sommer 1999 in Rastatt statt- fmden . Bis dahin werden in über 110 Städten und Gemeinden des Landes mehr als 350 Veranstaltungen durchgefuhrt. Das Spektrum reicht von Ausstellungen über Volkshoch- schulkurse und Theateraufführungen bis hin zu Denkmalsetzungen. Hauptveranstalter des Jubiläums sind die baden-württembergischen Kommunen, das Haus der Geschichte Ba-
den-Württemberg (regionale Ausstellungen), die Landeszentrale fur politische Bildung (Einrichtung von Wanderwegen entsprechend den Revolutionszügen in Südbaden), das Lan- desmuseum fur Teclutik und Arbeit in Mann- heim (Wanderausstellung in einem histori- schen Dampfzug) sowie das Badische Lan- desmuseum in Karlsruhe (Landesausstellung, Tafel-Wanderausstellung, zwei Ausstellun- gen zeitgenössischer Kunst).
Konzeption der Landesausstellung -,.,.,.,.,.,.,., -- • y-=.~"*,,,
Das Badische Landesmuseum Karlsruhe veranstaltet die zentrale Ausstellung z:nn Revolutionsjubiläum. Die Landesausstellung ,,1848/49. Revolution der deutschen Demo- kraten in Baden" fmdet vom 27. Februar bis 2. August 1998 im Karlsruher Schloß statt. Auf ungefahr 2 000 Quadratmetern sind über 700 Exponate zu sehen. Die Ausstellung zeigt die Bedingungen, den Verlauf, die deutschen und internationalen Zusammenhänge und die Wirkungsgeschichte der Revolution auf. Die badische Demokratiebewegung wird zudem in ihre historischen und kulturgeschichtlichen Zusammenhänge der Zeit von der Französi- schen Revolution bis zur Reichsgründung 1871 eingebettet.
Die Landesausstellung wird allen heutigen Anforderungen an eine große Ausstellung ge- recht: Eine von figurativen Installationen ge- prägte Ausstellungsarchitektur geleitet die Besucher durch die Abteilungen. Das mu- seumspädagogische Team steht für Führun- gen bereit und bietet didaktische Aktionen an, u. a. den Dialog von Schauspielern mit den Ausstellungsbesuchern. Eine Multivi- sionsschau fuhrt in die Ausstellung ein. Der im Landesmuseum und im Buchhandel er-
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hältliche Katalog (Nomos-Verlag, Baden- Baden) ist als Ausstellungsbegleitbuch kon- zipiert, in dem fast alle Exponate farbig ab- gebildet sind, und k"Ufze Aufsätze sollen die Ideen der Ausstellung vertiefen. Ergänzt wird die Ausstellung von einem Begleitprogramm mit Konzerten, Vorträgen und vielem mehr.
Seit drei Jahren laufen im Badischen Lan- desmuseum die Vorbereitungen zur Ausstel- lung, die von einer schließlich sechsköpfigen Projektgruppe durchgefUhrt wird. Ihr stand bei den konzeptionellen Arbeiten ein Wis- senschaftlicher Beirat zur Seite. Die vielen Fachabteilungen, Werkstätten und Ateliers des Museums sind in die Vorbereitungen einbe- zogen. Hinsichtlich der Exponate galt es zu- nächst, die verstreuten und zum Teil uner- kannten Dokumente, Erinnerungsstücke und Kunstwerke zur Revolution von 1848/49 zu- sammenzustellen. Schließlich konnten etwa
einhundert private und öffentliche Sammlun- gen des In- und Auslandes als Leihgeber ge- wonnen werden. Viele Exponate wurden in einem schlechten konservatorischen Zustand aufgefunden und eigens fiir die Ausstellung restauriert. So trägt die Landesausstellung auch dazu bei, die Erinnerungsstücke an die Revolution von 1848/49 fUr die Zukunft zu sichern.
Die Revolution von 1848/49 ist neben den historischen Sachdokumenten vor allem in den drucktechnischen Medien der Zeit doku- mentiert: In zahllosen Flugblättern wurden Informationen über den jeweils aktuellen Stand der Entwicklung in Umlauf gebracht. Zeitungsillustrationen und Einblattdrucke sorgten dafür, daß - häufig mit nur zwei-
Im Zuge der Vorbereilung,m fiJr die Landesausstellung werden im badischen Landesmuse- um viele Exponate restauriert, so auch diese große schwarz-rot-goldene Wahlurne aus Leutkirch, die 1848 bei der Wahl zur Nationalversammlung benutzt wurde.
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wöchiger Verzögerung - Bilder der Ereig- nisse verbreitet wurden. Bilderbögen aus Nürnberg, Neuruppin oder dem elsässischen Weißenburg entwickelten sich, in hohen Auf- lagen gedruckt, zu wichtigen publizistischen Organen.
Die Malerei widmete sich in wenigen, aber bemerkenswerten Werken der Revolution von 1848/49. Johann Baptist Kim, ' war auf grund seiner Stellung als badischer Hofinaler der antirevolutionären Seite verpflichtet. So mal- te er ein Bild, das zeigt, wie militärisch ge- schlagene badische Freischärler der Aus- sichtslosigkeit ihres Tuns gewahr werden. Aber andererseits stammt von Kirner auch ein Gemälde, in dem 1849 fast portraithaft drei Badener aus der städtischen und ländli- chen Bevölkerung dargestellt werden, die sich im Kampf um die Freiheit als Freischärler zusammengefunden haben. So symbolisiert der Maler die breite Verwurzelung der Revo- lution in Baden. Nach der Niederschlagung der Revolution malte Kirner noch ein kleines, als lediglich private Arbeit zu wertendes Öl- bild, in dem er die standrechtliche Erschie- ßung eines Schwarzwälder Bauern vor der Festung Rastatt zeigt. Das Gemälde bringt die Betroffenheit des Künstlers über die Er- barmungslosigkeit der preußischen Standge- richte zum Ausdruck.
Die preußischen Sieger ließen ihren Tri- umph über die badische Revolution auf re- präsentativen Gemälden festhalten. Dafiir en- gagierten sie auch badische Künstler, z. B. Louis HofImeister und den in Lörrach gebo- renen Friedrich Kaiser, dessen Entwicklung besonders bemerkenswert ist. Seit dem Früh- jahr 1848 dokumentierte Kaiser die revolu- tionären Ereignisse in zahlreichen Ölbildern, Aquarellen, Lithographien und Vorlagen fiir Holzschnitt-Illustrationen der Leipziger ,,!Uu- strirten Zeitung" . Dabei nahm er beide Blick- winkel ein - den der Aufständischen und den der anti revolutionären Seite. So zeigt Kaiser
die Vereinigung der badischen und pfalzi- schen Truppen im Mai 1849 in Karlsruhe und portraitierte dabei die Protagonisten der Revolution Lorenz Brentano, Amand Goegg, Georg Böhning, Germain Mettemich, Mat- hilde Franziska Anneke, Elise Blenker etc. Doch dann wurde Kaiser von Prinz Wilhelm von Preußen eingeladen, als Berichterstatter in seinem Lager vor Rastatt tätig zu werden. Kaiser nahm dieses Angebot an. In der Fol- gezeit arbeitete er nur noch aus der Sicht der Preußen und machte sich sogar ihrer hämi- schen antibadischen Bildpropaganda dienlich. Nach dem Ende der Revolution ging Kaiser mit nach Berlin, malte dort fiir das Königs- haus noch einige Bilder der Ereignisse von 1849 und wandte sich dann allgemein der Schlachtenmalerei zu, ohne jedoch jemals wieder die hohe künstlerische Qualität seiner frühen badischen Jahre zu erreichen.
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In der Landesausstellung wird anband zahl- reicher Objekte auf die Farben der Revoluti- on aufinerksam gemacht: Die aus der Traditi- on der Freiheitskriege stammende deutsche "Trikolore" Schwarz-Rot-Gold war das Sym- bol der Einigungsbewegungen des Vormärz und der Revolution von 1848/49. Im Zug zum Hambacher Schloß wurden 1832 schwarz- rot-goldene Fahnen mitgeführt. 1848/49 tauchten die Farben sehr vielfaltig auf. Die Landesausstellung zeigt beispielsweise eine große Wahlurne, die im württembergischen Leutkirch bei der Wahl des Abgeordneten zur Nationalversammlung benutzt wurde. Von einer Dame, die in der Frankfurter Paulskir- ehe die Debatten der Abgeordneten verfolg- te, ist ein schwarz-rot-goldener, gehäkelter Pompadour erhalten, mit dem sie ihre Sym- pathie fiir das Parlament zum Ausdruck brach- te. Frauen nähten und bestickten die Fahnen vieler demokratisch gesinnter Vereine, Bür-
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gerwehren und Freischarenbataillone in den Farben schwarz-rot-gold. Die Kokarden an den "Heckerhüten" Wld die Schärpen der Mit- glieder der provisorischen Regierung in Ba- den waren schwarz-rot-gold. Die Farben fm- den sich auf Tabakspfeifen Wld Weinkrügen. Und selbst ein Schwarzwälder Aussteuer- schrank wurde 1848 Schwarz-Rot-Gold be- malt, was das Möbel zu einem privaten Be- kenntnis seiner Besitzerin rur die Ideen der Revolution machte. Den hiermit angedeute- ten breiten Einfluß der Revolution auf die GestallWlg von Gegenständen des alltägli- chen Gebrauchs wird die AusstellWlg aus- ruhrlieh zeigen, ebenso die Gegenstände, mit denen die Protagonisten der Revolution ver- ehrt wurden. In Baden war dies insbesondere die Kultfigur Friedrich Hecker. Sein Portrait fmdet sich auf Tabakpfeifen, Schmuckkäst- chen, am Knauf eines Spazierstocks, auf An- stecknadeln, einer Ofenkachel etc.
Das Ende der Revolution
Der Krieg der badischen Revolutionäre ge- gen die Preußen wird in zahlreichen Druck- graphiken dokumentiert. Die Landesaus- stellung zeigt die AusstellWlgsstücke der kämpfenden Parteien: Bürgerwehrbluse,
"Heckerhut" und umgeschmiedete Sense auf der einen - preußische Pickelhaube, Kanone Wld neuartiges Zündnadelgewehr auf der an- deren Seite.
Der Niederschlagung der Revolution in Baden folgte die Zeit der preußischen Besat- zung und der Repression. Die revolutionären Symbole wurden verboten, das Andenken an die demokratische BewegWlg WlterbWlden. So wurden die Gräber gefallener oder hinge- richteter Revolutionäre eingeebnet, während die Preußen in ganz Baden Grabmäler rur ihre Gefallenen und Denkmäler zur Feier ih- res Triumphs aufstellten.
Das zentrale, vom König Friedrich Wil- helm IV. in Auftrag gegebene preußische Denkmal wurde ausgerechnet am dritten Jah- restag der Kapitulation der FeslWlg Rastatt- und das als deutliches Siegeszeichen - auf dem Karlsruher Friedhof an der Kapellen- straße eingeweiht. Es ist dort noch heute frag- mentarisch erhalten. Das erste Denkmal rur die standrechtlich erschossenen Demokraten konnte dagegen erst nach 25 Jahren, 1874, in Mannheim errichtet werden. Das rur lange Jahre schwierige Andenken an die Revoluti- on von 1848/49 wird also in einem Epilog der Landesausstellung aufgezeigt.
Jutta Dresch
Die Petition des Vaterländischen Vereins Karlsruhe an die Deutsche Nationalversammlung vom 4. Juli 1848
Am ,18 . Mai 1848 trat die Deutsche Nationalversamm1Wlg als erstes freigewähltes deutsches Parlament in der Frankfurter Paulskirche zusammen. Geschaffen durch den "stürmende(n) Geist der Zeit", so der Wortlaut der Karlsruher Petition, war sie fiir viele Menschen "Deutsehlands große HoffuWlg". Auch in den Augen des Karlsruher Vaterländi-
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sehen Vereins, galt sie als "das Organ ... , auf welches wir mit Vertrauen hinblicken." HoffuWlgen, Erwartungen, aber auch Beftirch· IWlgen drückten sich in der wahren Flut von Petitionen aus, die sich über die Paulskirche ergaß. Auch die Karlsruher griffen wiederholt zu diesem Mittel. War bisher die Zweite Kammer der Badischen Landstände die
Adressatin der Karlsruher Petitionen, so bot sich nWlßlehr die Nationalversammlung als zusätzlicher Ansprechpartner an.
Die hier vorzustellende Petition des Karlsruher Vaterländischen Vereins vom 4. Juli 1848 trägt die Nummer 1500 im Register der Nationalversammlung; sie wurde in deren 54. Sitzung vom 5. August 1848 vorgelegt und an den volkswirtschaftlichen Ausschuß verwiesen. Diesem Gremium, dem Karl Mathy angehörte, wurde sie am 9. August präsentiert und schließlich von da am 19. August dem Reichsministerium des Handels weitergeleitet [Bundesarchiv FrankfurtlM. Sammelpetition 1500 aus DB 58/83).
Verfassungs ausschuß und Volkswirtschaft- licher Ausschuß der Paulskirche waren zu diesem Zeitpunkt längst in die Diskussion des Katalogs der "Grundrechte der Deutschen" eingetreten und hatten damit zugleich Prinzipien der künftigen deutschen Wirt- schaftsordnung berührt. Als Stichworte seien hier nur genannt Freizügigkeit, Gewerbefrei- heit, Recht auf freien Erwerb von Grundbe- sitz, ein mögliches Recht auf Arbeit. In diese Diskussion griff der Karlsruher Vaterländi- sche Verein mit seiner Petition ein.
Einleitend zeichnen die Autoren ein düsteres Bild der Wirtschafts lage. Der Zollverein, "Anker früherer Hoffnungen", habe die in ihn einst gesetzten Hoffuungen nicht erfullt; so seien am "rücksichtslosen Widerstreben einzelner Glieder des Vereins" alle Anträge zur "Entwicklung der Fabrik- industrie" gescheitert. Als kennzeiclmend ftir die Lage des "engeren Vaterlandes" werden ausgemacht: eine stärker anwachsende Aus- wanderung, ein zerstückeltes und mit Schul- den überladenes Grundeigentum, ein über- setztes Handwerk, ein vernachlässigtes Fabrik- wesen, der Mangel an Schutz und Schirm
gegen das alte Kapital und die geübte Kraft des Auslandes. AIs nun die "Stimme nach Einigung der Deutschen" sich erhoben habe, "als die Kraft der öffentlichen Meinung an dem Bestehenden rüttelte und, was nicht fest war, stürzte", sei zugleich "in solchem Drängen auch die wirthschaftliche Grundlage unseres Vaterlandes tief erschüttert worden." Das "künstliche System des Credits" sei fast vernichtet, das Vertrauen gewichen, die Produktion geschehe nur noch mit geringer Hoffuung auf den Absatz der Erzeugnisse, der Kaufmann sehe "die bekannten Wege seines Absatzes verödet "Die Situation des "von der Bestellung des Tages" abhängigen Handwer- kers, "der arbeiten will und nichts zu arbeiten" habe, sei "wahrhaft beunruhigend" . In solcher Lage befanden sich viele Geschäfte, insbeson- dere aber "alle, die nicht Gegenstände des gemeinen Lebensunterhaltes" lieferten. "Die- ser Zustand der Dinge muß ein Ende, muß bald sein Ende erreichen, wenn nicht die Noth, der Hunger, die Schranke jeder Ordnung brechen und namenlose Verwirrung unserer Hoflhung auf ein größeres Vaterland mit den schönsten Rechten seiner Bürger vernichten soll." An die Reichsversammlung richteten deshalb 'die Petenten die Aufforderung, "bald, recht bald" das zu veranlassen, was der Bürger "ftir die wirthschaftliche Wohlfahrt" von ihr erwarten dürfe. Man könne nicht warten, bis die "Garantien gesetzlicher Ordnung und Freiheit für das Gesammtvaterland" errungen seien.
Das Programm, das der Karlsruher Vater- ländische Verein zur Behebung der Not vorschlug, zeichnet sich durch seinen konse- quent ,virtschaftsliberalen Grundtenor aus. Gefordert werden: Gewerbefreiheit, Freizü- gigkeit ftir Personen und Kapital, Abschaffung der Zunftschranken, Beseitigung von Binnen- zöllen und Transitgebühren bei gleichzeitigem Schutz des deutschen Wirtschaftsgebietes vor ausländischer Konkurrenz. Der Staat wird im wirtschaftlichen wie im sozialen Bereich auf
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die Rolle des Nachtwächters reduziert. Den Handwerkern werden genossenschaftliche Einrichtungen rur Ein- und Verkauf empfoh- len. Die Arbeiter sollten sich ebenfalls zur gegenseitigen Selbsthilfe in Notfallen verbin- den, dies auch unter Hilfestellung durch Meister und Fabrikanten. Daß der Staat auf diesem Gebiet nichts Positives bewirken könne, wird mit dem Beispiel des gescheiter- ten französischen Konzepts der National- werkstätten belegt. Der Staat sei lediglich in Verantwortung zu nehmen, um die Auswan- derung der Arbeitskräfte zu sichern, die in der Landwirtschaft, im Handwerk oder in der Fabrik keine Zukunft fanden .
Hier das Programm im Wortlaut: " Der Gewerbsmann bedarf Schutz gegen fremde Uebermacht, frei will sich der Handelsmann in ganz Deutschland bewegen, seine Fuhren belaste kein Transit und seine Schiffe kein Wasserzoll, der Landwirth wünscht die Schranken fallen zu sehen, die seinen Absatz nach deutschen Ländern · noch verkümmern, der Handwerker will das Lästige des Zunftzwangs ablegen und doch scheut er die ungebändigte Concurrenz; er harrt der neuen Bahn, die ihm vorgezeichnet werde; er ahnt das Richtige in der Vereinigung fiir Ein- und Verkauf, in freier Gemeinschaftlichkeit fUr wirthschaftliche Zwecke; er erwartet Regel und Ermunterung zu solchen Schritten; der Arbeiter verlangt, daß er nicht verlassen stehe, wenn Kraft und Gesundheit ihm fehlen, daß er nicht darbe, wenn der F abrikherr es seinem Interesse gemäs fmdet, die Arbeit einzustellen. - Er sieht, daß der Staat es übernimmt, seiner Bürger Obdach zu sichern, wenn Flammen es verzehrt haben, er sieht sich vergeblich nach der Anstalt mn, welche die Flammen der Verzweiflung dämpfe, welche ihn verzehrt, wenn die Arbeit fehlt das
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Bedürfniß bleibt. - Er hom, daß die Ge- sammtheit seine Arbeit versichere.
Leider ist nach den Erfahrungen eines Nachbarstaates zu bezweifeln, daß Bestre- bungen der Gesammtheit in dieser Richtung von Erfolg sind, daß von dem Staate mehr geschehen könne, als durch Verbindungen der Arbeiter unter sich und mit Beihilfe der Meister und Fabrikherrn zu erreichen ist. - Es erwartet aber der Landmann, dem es an eigenem Boden fehlt, der Handwerksgehilfe, der in seinem Gewerbe nicht unterkommen kann, der Fabrikarbeiter, der gedruckt ist, daß der Staat es fiir seine Pflicht erachte, Mittel und Wege zu verschaffen, das Vaterland zu verlassen, wem es gegen die Gesetze des Verkehrs und menschlicher Natur verstößt in der Heimath Arbeit zu sichern. -
Fassen wir diese Wünsche zusammen, so lauten sie auf:
I)Vereinigung von ganz Deutschland zu gleichem, wirksamen Schutz der Gewerbe gegen Außen mit freiem Verkehr im Innern; 2) eine gemeinsame Vollzugsbehörde zur Erreichung dieser Zwecke; 3) gemeinsame deutsche Gewerbsgesetzgebung; 4) Unter- stützung und Schutz der Auswanderung."
Mit der nochmaligen Mahnung, rasch, einträchtig und entschieden zu handeln, lUD den Hoffnungen des Gewerbestandes Genüge zu leisten, schließt die Petition. Sie trägt die Unterschriflen folgender Vorstandsmitglie- der des Vaterländischen Vereins: Hermann Zimmer, Postrat; Johann Georg Vogel, Buch- druckereibesitzer; Rudolf Kusel, Advokat; von Boeckh, Major; Emil Groos, Rechts- praktikant; Georg Holtzmann, Buchhändler, Jakob Stüber, Kaufmann, Karl Männing, Handels- und Kunstgärtner, Gemeinderat; Wilhelm Müller, Verlagsbuchhändler; Lud- wig Kachel, Münzrat; Jakob Malseh, Druk- kereibesitzer und ab dem 4. Juli 1848, dem Datmn der Petition, Karlsruher Oberbürger- meister; Leo von Stelten, Rechtskandidat.
Werbung für die Petition , ..... v..<o.-N~.'N ... v ... =~ _ _ ..... . ·.· . ..--__ ,.".·,,·.w ... w ww.v. ...... ·.wN .. WN.w.
Ein besonderes Gewicht versuchte der Vaterländische Verein zu Karlsruhe seiner Petition dadurch zu verschaffen, daß er sie in gleichlautenden Abschriften verbreiten ließ und um Beitritt bat. Es war dies ein übliches Verfahren. Tatsächlich trate.. nahezu 30 weitere Vereine, Institutionen lL,d Unterneh- mer der Petition bei, und zwar in einer geographischen Streuung "vom See bis an des Maines Strand", um ein badisches Motto zu zitieren. Aus Karlsruhe selbst waren dies: die Handelskammer, der Gewerbeverein, der "Maschinenfabrikant" Emil Keßler, die Chemische Fabrik, die Direktion des Badi- schen Bergwerk-vereins, die Direktion der Badischen Gesellschaftftir Zuckerfabrikation und die CentraisteIle des Landwirtschaftli- chen Vereins.
Weiter traten in den Tagen bis zum 25 . Juli bei : die Handelskammer zu Wertheim, der Freiherr Larnbert von Babo zu Weinheirn als Vorstand der landwirtschaftlichen Kreisstelle zu Heidelberg, die Handelskammer zu Mann- heim, der Badische Industrieverein zu Ett- lingen, die Gesellschaft für Spinnerei und Weberei Ettlingen, das Fabrikcomite und der Handelsvorstand zu Pforzheim, der Vaterlän- dische Verein zu Rastatt, die Handelskammer zu Rastatt, der Verein für politische und sociale Zwecke zu Baden (-Baden), der Gewerbs-verein zu Kehl, der Vorstand des Handelsstandes zu Offenburg, der Gewerbe- verein zu Lahr, der Gewerbeverein zu Freiburg, der Uhrengewerbeverein zu Furt- wangen auf dem Schwarzwald, der Vaterlän- dische Verein zu Sulzburg und Umgebung, der Vaterländische Verein zu Kandern mit den Orten Riedlingen, Liel, Feuerbach, Tannenkireh, Weil und Binzen, der Vaterlän- dische Verein zu Tien-gen, der Vorstand der landwirtschaftlichen Kreisstelle zu Konstanz und die Handelskammer zu Konstanz.
Maschinenfabrikant Emil Keßler, 1813-1867.
Die Beitrittserklärung des Rastatter Vater- ländischen Vereins liefert ein anschauliches Beispiel dafür, wie die Übernahme der Karls- ruher Petition geschehen konnte. Es heißt hier: "Rastatl, den "15. Juli 1848. Bei der heutigen Generalversammlung der Mitglieder des vaterländischen Vereins wurde die Adres- se des Karlsruher vaterländischen Vereins vom 4. d. M. , welche hier angeschlossen ist, öffentlich verlesen und 'einstimmig' be- schlossen, derselben ihrem ganzen Inhalte nach beizutreten. [ .. . 1 Das Protokoll nebst Anlage wird dem vaterländischen Verein in Karlsruhe in Bezug auf die gef. Zuschrift vom 9. d. M. mitgetheilt."
Der Aktivität des Karlsruher Vaterländi- schen Vereins in dieser Sache verdanken wir damit nicht nur einen Einblick in die von ihm selbst vertretenen Ziele, sondern darüber hinaus Erkenntnisse über den Organisations- grad politischer und wirtschaftlicher interes- sen in Baden im Sommer des Jahres 1848. Bei
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einem genaueren Zusehen zeigt sich aller- dings auch, daß nicht jeder der beitretenden Vereine in allen Fragen aufder konstitutionel- len Linie des Karlsruher Vaterländischen Vereins lag. Der Vaterländische Verein zu Tiengen beispielsweise wurde nur wenige Tage nach seinem Beitritt zur Karlsruher Petition wegen seiner demokratischen Ten- denz von den Behörden aufgelöst. Festzuhal- ten bleibt ferner, daß die Behauptung der Petition, der Handwerker wolle "das Lästige des Zunftzwangs ablegen" , mit einiger Vor- sicht aufzunehmen ist. So unterzeichneten 7 Karlsruher Schneider eine Petition des Zentralkomitees deutscher Schneiderinnun- gen vom September 1848 an die Pauls- kirchenversammlung. [Die folgenden Zitate aus: R. Moldenhauer: Die Protokolle des Volkswirtschaftlichen Ausschusses der deut- schen Nationalversammlung, Boppard o.J.] Diese Petition richtete sich gegen die Einfuhrung der Gewcrbefreiheit, die gerade- zu als "Hauptursache des Verfalls des sonst so blühenden Standes" der "Kleidermacher" denunziert wird. Das auf die Französische Revolution von 1789 iurÜckzuflihrende Prin- zip der Gewerbefreiheit habe das Kleider- macherhandwerk "seiner gänzlichen Zerrüt- tung" entgegengefuhrt. Die Gewerbefreiheit dürfe deshalb in Deutschland unter keiner Bedingung eingefuhrt werden; da, wo sie bereits bestehe, sei sie wieder abzuschaffen.
Im Dezember 1848 meldete sich der Vaterländische Verein Karlsruhe erneut mit einer Petition zu Wort. Diese Petition vom 20. Dezember 1848 wurde der Nationalver- sammlung durch den Abgeordneten Karl Mathy übergeben. Die "Dringende Erklärung des Vaterländischen Vereins zu Karlsruhe gegen den von Abgeordneten norddeutscher Handels- und vereinsländischer Meßplätze der Reichsversammlung vorgelegten Entwurf zu einem Zolltarif fur das vereinte Deutsch- land" präzisierte die zollpolitische Forderung
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der Petition vom 4. Juli 1848. Aus Karlsruher bzw. badischer Sicht waren niedrige Einfuhr- zollsätze, wie sie von den Küstenstädten und Messeplätzen favorisiert wurden, überaus schädlich. Die Absenkung der Einfuhrzölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse wurde abgelehnt, da sie, so das bezeichnende Argument, die "Wein- und Tabakskultur im eigenen Vaterlande schwer zu verletzen" drohe. Eine Beibehaltung auch der Eisen- zollsätze sei nötig, um " dem Vaterlande seine uralte, weithin Arbeit und Nahrung gebende Eisenindustrie" zu erhalten. Hierbei mochte den Karlsruhern die Keßlersche Maschinen- fabrik vor Augen gestanden haben; zwar war diese keineswegs "uralt", aber sie gab einer Reihe von Menschen in und um Karlsruhe "Nahrung und Brot". Die Senkung der Einfuhrzölle auf Baumwollgarne würde eine "Vermehrung deutscher Spinnereien" gänz- lich vereiteln; hier tritt das Interesse an der Spinnerei und Weberei Ettlingen deutlich zu Tage, und folgerichtig wird auch der Schutz der inländischen Baumwollweberei vor der Baumwollindustrie Großbritanniens einge- fordert. Nicht fehlen darf im badischen Zusammenhang die Rübenzuckererzeugung als ein Industriezweig, "in welchem im Vertrauen auf den Schutz des Gesetzes große Kapitalien angelegt sind", er war in Baden durch die Zuckerfabrik Waghäusel vertreten. Somit [mdet sich in dieser Petition letztlich die "Drei-Fabriken-Frage" wieder angespro- chen. Hatte Karl Mathy sich etwa ein Jahr zuvor in der Zweiten Kammer der Landstände fUr die Unterstützung dieser Betriebe stark gemacht, so war es nur folgerichtig, daß er es war, der nun diese Petition der Paulskirchen- versammlung vorlegte. Im Übrigen bekräftigt die Petitionstätigkeit des Vaterländischen Vereins den ökonomischen Schwerpunkt der Vereinsziele, worauf neuerdings in dieser Reihe Jürgen Schuhladen-Krämer zu Recht aufmerksam gemacht hat. Rainer Gutjahr
Ankäufe aus dem Besitz des Markgrafen von Baden
I. Die markgräfliche Bibliothek aus dem Neuen Schloß in Baden-Baden
Die Versteigenmg von KulturgU/ern im Neuen Schloß von Baden-Baden während des vergangenen Herbstes hat in breiten Kreisen ein großes Interesse gefunden. Lei/er Karlsruher Institutionen sind dankenswerterweise fiJr "Blick in die Geschichte" gewonnen worden, in dieser und der am 15. März 1996 erscheinenden Ausgabe aber Erwerbungen zu berichten, die nicht nur von der Landesregierung, sondern auch durch zahlreiche Sponsoren und einzelne Spender finanziert wurden.
Die Existenz einer größeren Bibliothek war der Badischen Landesbibliothek (BLB) bis zum April 1995 nicht bekannt. Die Direktion konnte davon ausgehen, daß sie in der fur den Oktober geplanten Auktion des Hauses Sotheby's nicht fundig werden würde. Dies änderte sich schlagartig, als Anfang Mai die Oberfinanzdirektion Karlsruhe eine Liste der zu versteigernden Objekte erhielt. Hier fand sich eine geschlossene Bibliothek verzeichnet und eine Sammlung von Photoalben, die vor allem fur das Generallandesarchiv Karlsruhe von hohem Interesse war. Es war zu befurchten, daß diese Bibliothek durch die Versteigerung auseinandergerissen und auf eine Vielzahl von Besitzern verteilt würde. Da die Badische Landesbibliothek 1918 aus der Großherzoglichen Hofbibliothek her- vorgegangen ist, war es fur alle an den Kaufverhandlungen beteiligten Personen von vornherein klar, daß auch die Privatbibliothek der badischen Großherzöge vernünftigerwei- se ungeteilt in die BLB überfuhrt werden sollte, un} deren Altbestände zu ergänzen. Dies erleichterte das weitere Vorgehen erheblich, obwohl die Voraussetzungen fur einen Ankauf durch das Land Baden- Württemberg in Anbetracht der äußerst knappen Haushaltsmittel alles andere als günstig waren.
Im Mai 1995 fand eine erste Besichtigung
der Schloßbibliothek in Baden-Baden statt. Die Bücher waren zu diesem Zeitpunkt in Regalen oder in Stapeln auf dem Boden in einem Saal sowie in mehreren Räumen des ehemaligen, stark renovierungsbedürftigen Küchentraktes untergebracht und zum großen Teil grob sachlich geordnet..Im Saal standen die vom Auliionshaus Sotheby' s für besonders wertvoll erachteten Bände. Keiner der leicht feuchten Räume war heizbar, im Küchentrakt fehlte in einigen Zimmern elektrisches Licht. Aufgrund der völlig inadäquaten Unter- bringung hatten einige Einbände Schimmel angesetzt. Besonders die Bücher, die auf dem Boden lagen, waren stark verschmutzt.
Die Erwerbungen ...... ·~,...~,...~"·,,, ... ,, .. ,.. ............... w ...... N..'.w ... ••• ....... ·.w.w.·.,·.w.,' .·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w.·.·.·, ...........
Als erfreulich erwies sich dagegen der Inhalt mit etwa 40 000 Titeln. Von einigen offensichtlich erst im 19. Jahrhundert er- worbenen Altdrucken (Johannes Reuchlin, Philipp Melanchthon, Matthäus Merian, Johann Daniel Schöpflin, Martin Gerbert) abgesehen, liegt der Schwerpunkt der Bibliothek im 19. Jahrhundert. Es dominiert die in Baden oder über Baden erschienene Literatur auch außerhalb der in den Sothe- by's-Listen genannten Bereichen, so im Falle von Eisenbahnbau (u. a. Die Badische Eisen- bahn. Sammlung von Constructionen der
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Johann Peter Hebel: Allemannische Gedichte. Karlsrnhe 1803 (Handexemplar des Dichters).
hauptsächlichsten Bauwerke, Maschinen und Fahrzeuge, Abt. 1-2, Karlsruhe 1844/45- 1852), Gesundheitswesen, Militärgeschichte, Kunst- und Universitätsgeschichte. Eine be- sonders wertvolle Abteilung ist die der Reise- und Entdeckungsliteratur in oft prachtvoller und reichillustrierter Ausstattung (u. a. Maxi- milian Prinz zu Wied und Neuwied: Reise in das innere Nord-America in den Jahren 1832 bis 1834, Koblenz 1839-1841; Erik Jönsson Dahlberg: Suecia hodierna et moderna, Stockholm 1691-1715). Weitere Gruppen, beispielsweise große Konvolute zur Ge- schichte des Roten Kreuzes sowie zum Für- sorge- und Gesundheitswesen, lassen sich auf einzelne Persönlichkeiten des Hauses zu-
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rückftihren, in diesem Fall auf Großherzogin Luise (1838-1923). Schließlich findet sich hier eine größere Musiksammlung mit ge- druckten und handschriftlichen Partituren.
Zu den fur Karlsruhe besonders wertvollen Einzelstücken gehören ein Exemplar der Erstausgabe von Johann Peter Hebels Alemannischen Gedichten (Karlsruhe 1803) mit zahlreichen Einträgen von der Hand des Dichters sowie eine in Anlehnung an mit- telalterliche Handschriften illustrierte Aus- gabe des gleichen Werkes (Karlsruhe 1856), die zusätzlich auf eingebundenen Blättern mit ganzseitigen Aquarellen von verschiedenen Künstlern (z. B. von Friedrich Würthle) versehen wurde. Den Band erhielten Groß- herzog Friedrich I. (1826-1907) und Groß- herzogin Luise anIäßlich ihrer Hochzeit 1856 von den Amtsbezirken Müllheim und Schopfheim als Geschenk. Sonst ist der Bereich der schönen Literatur, mit Ausnahme einer großen Sammlung französischer Werke, nicht sehr groß, ebenso der der wissen- schaftlichen Literatur im engeren Sinn.
Die Ausstattung ';;':';''''' ''''';':';'''>'':« :.:.,:-:.".: ,,:-:~. :.: <. :.:., :,;. :-:,,;,:., :<,,:-:.;,:-:.,,:.;.:-:. ,: .:.,: ." :.:. ,, . •.......•• ".,,,.,.:-:.,.:< ........ .
Als besonders schätzenswert stellt sich die Ausstattung vieler Bände dar, die nicht selten durch private, rote Maroquineinbände ge- schützt werden. Ihnen zur Seite stehen aufwendige Verlagseinbände des 19. Jahr- hunderts sowie Unikate in Sonderausstattung, im Regelfall Dedikationsexemplare, weiter Bände mit handschriftlicher Widmung, beispielsweise von Hans Thoma. Es handelt sich bei der Büchersammlung alles in allem unI eine typische Fürstenbibliothek des 19. Jahrhunderts, deren Ensemblewert weit über dem Preis der Einzelstücke liegt. Ihre Bedeutung fur die BLB ist zum einen im spezifisch badischen Bezug zu sehen, zum anderen im Reichtum der Literatur des 19. Jahrhunderts allgemein. Gerade fur diesen
Originalaquarell von Friedrich WUrthle aus: Hebel, Allemannische Gedichte, 1856.
Zeitraum welsen die Bestände der BLB aufgrund der Zerstörung des Hauses 1942 große Lücken auf.
Die Finanzierung
Auf der Basis eines von Dr. Stamm (BLB) nach einer Inspektion erstellten Gutachtens wurde der Ankauf der Sammlung beim Ministerium beantragt; der Preis sollte zu diesem Zeitpunkt 3 bis 3,5 Millionen Mark betragen. Bereits Ende Mai signalisierte die Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg ihre prinzipielle Bereitschaft zur Mitfinanzierung des Kaufs. Das Ministerium mahnte allerdings Eigenleistungen an. Am l. Juni 1995 fanden erste Verkaufsverhandlungen zwischen den Landesbevollmächtigten Dr. Ehrle und Prof. Dr. Schwarzmaier sowie Dr. Christoph Graf Douglas statt. Einen Tag später konnte man
Aus: Musterbltiller jUr die Uhrenschildmaler, gezeichnetvon LucianReich, litographiertvon Joh. Nep. Heinemann, HUjingen, um 1850.
sich auf eine Verkaufssumme von 2,5 Millionen Mark einigen. Sowohl Sotheby' s als auch BLB und GLA waren an einer schnellen Übernahme interessiert, da die Räume zum einen fiir die Auktion gebraucht wurden, zum anderen die Bibliothek immer noch relativ ungeschützt, konservatorisch bedenklich und fiir verschiedene Personen zugänglich untergebracht war.
Etwa zeitgleich wurde auf Veranlassung des Ministeriums der Freiburger Historiker Prof. Dr. Dieter Mertens um ein Gutachten gebeten. Seine Stellungnahme bestätigte das Urteil, das sich die BLB gebildet hatte. Mertens betonte den hohen Quellenwert der Sammlung für die badische Geschichte des 19. Jahrhunderts, da in erheblichem Umfang Werke enthalten seien, die die wirtschaftliche, technische, soziale und kulturelle Entwicklung
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des Landes widerspiegeln. Ebenfalls hohen Quellenwert habe die Reise- und Ent- deckungsliteratur. Vor allem aufgnmd des Ensemblewerts sei der Ankauf durch das Land und die Aufstellung in der BLB sehr zu begrüßen.
Ebenfalls im Juni setzten verschiedene Aktivitäten ein, deren Ziel es war, einen Teil des Kaufpreises durch Spenden zu fmanzieren. Die Badische Bibliotheksgesellschaft (BG) stellte DM 50 000,- zur Verfügung, und die Wilhelm-Baur-Stiftung stimmte zu, daß eine frühere Spende in Höhe von DM 75 000,- an die BG zur Finanzierung des Ankaufs der Schloßbibliothek verwendet werden konnte. Ein AUfruf des Vorstandes der BG an die Mitglieder, durch eine Spende den Transport der Schloßbibliothek in die BLB zu fmanzieren, erbrachte mehr als hundert Einzelspenden im Gesamtwert von etwa
DM 16000,-. Die Buchhandlung Mende stiftete fur den gleichen Zweck weitere DM 14000,-. Parallel dazuhalten sich die an Käufen aus dem Versteigerungsgut inter- essierten Landesinstitutionen mit der Bitte um Spenden an die Öffentlichkeit gewandt . Jede beteiligte Institution fUhrte ein eigenes Spendenkonto; die BLB erhielt auf diese Weise DM 10000,- vom Kernkraftwerk Philippsburg, DM 10 000,- von der Stiftung Hirsch (Hirsch-Reisen Karlsruhe) und DM 3 000,- aus Einzelspenden. Insgesamt wurden immerhin über 200 000,- DM an Spenden fur den Ankauf und den Transport der Schloßbibliothek erbracht, ein sehr beachtliches Ergebnis, wenn man berück- sichtigt, daß auch fur den Ankauf von Kunstgegenständen flir das Badische Landes- museum und andere Institutionen zahlreiche Spenden eingeworben wurden. Den weit
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Die badische Eisenbahn. Sammlung von Conslrnclionen der hauplstichlichslen Bauwerke, Maschinen und Fahrzeuge, AbI. 1, Karlsrnhe 1844, nlelblaU.
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überwiegenden Teil des Kaufpreises (ca. 2,3 Millionen Mark) mußte jedoch die beim Ministerium flir Wissenschaft und For- schung (MWF) angesiedelte Stiftung "Kul- turgut Baden-Württemberg" übernehmen, der auch an dieser Stelle ftir ihre rasche und unbürokratische Hilfe zu danken ist.
Obwohl es schon Anfang Juni zu einer prinzipiellen Einigung bezüglich des Kaufs gekommen war, gingen die Kaufverhand- lungen zwischen dem MWF und der markgräflichen Verwaltung wegen Differen- zen über die Einbeziehung weiterer Samm- lungen in die Kaufinasse nur langsam voran. Am 29. August 1995 informierte das Auk- tionshaus Sotheby's die BLB von der Not- wendigkeit sofortiger Übernahme, da die Räume, in denen die Sammlung unterge- bracht war, ftir die Versteigerung benötigt wurden. Bei einem Orts termin arn folgenden Tag stellte sich heraus, daß der Hof des
Schlosses nur bis zum Wochenende mit Lastkraftwagen passierbar sei, so daß der Transport an den nächsten beiden Werktagen abgewickelt werden mußte.
Der Umzug selbst begann unter Zeitnot am Morgen des 31. August 1995. Die Herren Dr. Ehrle, Hauser und Dr. Schlechter packten die im Saal untergebrachten,wertvolleren Bücher, eine Münchener Kunstspedition den Rest. In Karlsruhe wurden die auf Paletten gelagerten Kartons in den Flur vor der Titelaufnahme gebracht, von wo sie durch die Hausmeister und die Magaziner des Hauses an die provisorischen Standorte zu transportieren waren. Da von der Spedition bis ca. 21.30 Uhr gepackt wurde, endete der Umzug trotz der ungünstigen baulichen Gegebenheiten in Baden-Baden, die beispielsweise die Nutzung
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Maximilian Prinz zu Wied lind NellWied: Reise in das innere Nord-America in den Jahren 1832 bis 1834, Koblenz 1839- 1841: Campirende Punka-Indianer.
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eines größeren Lastkraftwagens unmöglich machten, schon am Mittag des Folgetages. Insgesamt wurden I 055 bis zum Rand geftillte Umzugskartons sowie der Inhalt von zehn Rollwägen überfuhrt. Ein besonders markierter Teil der Kartons (270 Einheiten) fand Aufstellung im Handschriftenmagazin, der Rest im 4. und 5. Stock des Geschlossenen Magazins. Die Kosten rur den Umzug beliefen sich auf ca. DM 33 000,-. Separat wurde am I. September 1995 vom GLA der ihm zugefallene Anteil abgeholt, neben eigentlichen Archivalien auch die Sammlung von Gratulationsbänden sowie die Photo- alben.
Zur Zeit sind die Kartons bereits ausgepackt, die Bücher provisorisch aufgestellt und grob sortiert. Leider bestätigten sich die früheren Becbachtungen: ein nicht geringer Teil ist aufgrund der langen Vernachlässigung der Sammlung zumindest leicht schimmelgeschä- digt. Es wird umfangreicher Restaurierungs- maßnahmen bedürfen, um diese Bücher ftir die Benutzung zugänglich zu machen. Ein wei- teres Problem besteht darin, daß der Zugang von etwa 40 000 Bänden den regulären Jahreszuwachs der BLB übertrifft und daß die Bearbeitung dieses Bestandes nur mit zusätzlichem Personal innerhalb eines über- schaubaren Zeitraums zu leisten sein wird.
Zahlreiche schöne Entdeckungen ent- schädigenjedoch fur die Mühen: so ist eine 15 Blätter umfassende lithographische Folge mit Ansichten des Klosters Lichtenthai aufgetaucht (e. Guise: Das Kloster LichtenthaI, Karlsruhe 1833), die außerordentlich qualitätvoll kolo- riert wurde und die in dieser Version bisher
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nicht bekannt war. Eine zehnteilige Folge von kolorierten Lithographien mit Ansichten von Baden-Baden und Umgebung wurde zwischen 1830 und 1840 eigens fur das Herrscherhaus hergestellt und findet sich in einer Kassette, die mit Haarlocken der großherzoglichen Familie geschmückt ist.
Unter den älteren Beständen ist ein außerordentlich seltenes Andachtsbuch rur alle Tage des Monats Mai zu erwähnen, das mit koloriertem badischem Wappen verziert ist (Der geystlich May, gedruckt in Verlegung der durchleuchtigen Fürstin ... Jacobe, Hertzogin in ... Bayrn, geborne Marggräfin zu Baden, München 1549). Auf das Kloster St. Peter im Schwarzwald läßt sich ein Atlas von ungewöhnlich großem Umfang zurückfuhren. Die einzelnen Karten des Werkes wurden von dem fur die Geschichte der Klosterbibliothek sehr bedeutenden Abt Philipp Jakob Steyrer nach ürten in alphabetische Folge gebracht und erhielten 1771 in Emmendingen einen neuen Einband. In diesem "Atlas urbium" sind auch ftinf zum Teil sehr seltene Pläne von Karlsruhe enthalten.
Von der Handwerkskunst der badischen Bevölkerung legen "Musterblätter fur die Uhrenschildermalerei des Schwarzwaldes" , gezeichnet von Lucian Reich und Heinrich Frank, lithographiert von Johann Nepomuk Heinemann, Hüfmgen 1850-1851, ein schönes Zeugnis ab.
Diese Beispiele sollen genügen, um auf die Ausstellung der BLB und des GLA neugierig zu machen, die im Januar und Februar 1996 in der BLB eine Auswahl der schönsten Stücke aus der Schloßbibliothek Baden-Baden zeigen wird.
Pe/er Michael Ehrle, Armin Schiech/er
11. Archivgut aus der Schloßbibliothek des badischen Hauses
Der Ankauf der Schloßbibliothek Baden- Baden bot die einmalige Chance, vor Beginn der großen Auktion in Baden-Baden fiir den Bereich des Ministeriums fiir Wissenschaft und Forschung ein Ensemble von gedrucktem und ungedrucktem Schriftgut zu erwerben, das sich als höchst bedeutsam fiir die lan- deskundliche Forschung in Baden herausstellte. Das Generallandesarchiv Karlsruhe war von An- fang an in die Verkaufs- verhandlungen einbezo- gen, da sich bei verschie- denen Begehungen her- ausstellte, daß die Schloß- bibliothek auch Archiv- gut enthielt, das mit dem Bibliotheksgut vermischt war. Darin befanden sich durch Jahrzehnte hin- durch ungesichtete, weit- gehend ungeordnete und einer Öffentlichkeit noch nie zugänglich gemachte Materialien verschieden- ster Art. Während die Badische Landesbiblio- thek Karlsruhe das ge- druckte Schrifttum und damit mengenmäßig den größten Teil der Erwer- bung bekam, hat das Generallandesarchiv das ungedruckte Schrift- und Bildmaterial übernom-
schwer bemessen läßt, da recht unorthodoxe Formate und Behälter einschließlich kunst- voll gefertigte~ Schatullen, Briefbehälter, Schreib- sowie Buchmappen und Fotoalben die klassischen Vorstellungen von Archivgut zu sprengen schienen. Doch gab es von der Gattung her keine Definitionsschwierigkeiten,
men, inunerhin in einem Grußodresse der Heidelberger Studenlenschajl zum 25jtJhrigen Umfang von ca. 75 Regal- RegierungrjubiltJum Großherzogs Friedrich 1 und zur Hochzeit seiner metern, der sich freilich Tochter VictoriamitGustavAdoifv. Schweden, 1881 (Einband).
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so daß lediglich die Frage der künftigen Lagerung einige Probleme aufgeben wird. Der Bestand wurde im Generallandesarchiv beisammengelassen und als Bestand 69/ Schloß Baden-Baden unter die Privatarchive eingereiht.
Besonders sind eine Reihe fürstlicher Nachlässe bzw. Nachlaßteile aus den beiden letzten Generationen der badischen Monar- chie zu nennen, vor allem Material von Großherzog Friedrich und der Großherzogin Luise, einer Tochter Kaiser Wilhelms 1., so daß aus ihrer Hinterlassenschaft ein eigener Bestand von Unterlagen ihrer Mutter, der Kaiserin Auguste, zutage kam. Die nächste Generation ist vertreten durch Großherzog Friedrich 11., Regent bis 1918, gestorben 1928, und der Großherzogin Hilda, gestorben 1952, deren Unterlagen man beim fliegeran- griff auf Freiburg 1944 gänzlich vernichtet glaubte. Da die beiden Großherzoginnen den Vorsitz des Badischen Frauenvereins und des Roten Kreuzes, die Schutzherrschaft über nahezu alle karitativen Einrichtungen und Institute der Sozialftirsorge innehatten, sind aus diesem Bereich Unterlagen, vor allem auch Bildmappen und Fotoalben vorhanden. Manches davon fiihrt in den Privat- und Intimbereich der fiirstlichen Persönlichkei- ten, Poesie- und Postkartenalben, wie sie damals auch in den bürgerlichen Familien üblich waren, Briefsamm1ungen, Notizbü- cher, Reisetagebücher und ähnliches. Von einer ltalienreise Großherzog Friedrichs und seines Sohnes Ludwig im Jahr 1900 findet sich ein ganzes Album mit den täglich der daheim gebliebenen Großherzogin geschick- ten Bildpostkarten, eine r«eht persönliche Korrespondenz. Mehr offiziellen Charakter hat ein umfangreicher Briefwechsel Fried- richs·l . mit seinem Sohn, dem Erbgroßherzog, der sich über nahezu 40 Jahre hinzieht und viele politische Themen berührt. Aus dem Bildbereich sind umfangreiche Bauplanbe-
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Vignette aus eine, Grußadresse der Heide/- berge, und Freiburge, studentischen Co,ps zum 50jah,igen Regierungsjubi/tlum F,iedrich /., 1896.
stände von fiirstlichen Gebäuden, gebauten und geplanten, zu erwähnen, Kupferstiche und Lithographien von Fürstenporträts, vor allem aber Fotos nicht nur von Personen, sondern auch von Jubiläumsveranstaltungen, Ausstel- lungen, Festzügen, Kaisermanövem etc.
Den letzten großen Komplex bilden die sog. Huldigungsadressen und Dedikationsurkun- den, aufwendig gearbeitete und dekorierte, in Schönschrift meist auf Pergament geschriebe- ne Texte in kunstvollen Mappen und Rahmen. Auch hier sprengen die schönsten von ihnen letztlich die Formen des Archivgutes, wes- halb einige besonders kostbare Stücke, etwa ein Schrein der badischen Städte, der in einzelnen Schubladen die Namenlisten der städtischen Magistrate enthält, in das Badi- sche Landesmuseum gewandert sind. Nicht wenige haben davon als Bilder in der Auktion hohe Preise erzielt. Drei davon konnte das Generallandesarchiv mit fmanzieller Unter-
stützung seines Färdervereins und einzelner Sponsoren in der Auktion noch nachkaufen, um auf diese Weise die ganze Spannbreite dieser Gattung demonstrieren zu können. Die ca. 600 Stücke betreffen Regierungs- und Familienjubiläen von Mitgliedern des Groß- herzoglichen Hauses, vor allem im Jahr 1906, als sich das 50jährige Regienmgsjubiläum Großherzog Friedrichs mit seiner Goldenen Hochzeit deckte. Alle Teile des Landes, Städte und Gemeinden, Vereine und Verbän- de, Behörden und auch Einzelpersonen sind daran beteiligt, erwähnenswert die Universi- täten des Landes, die Vereinigungen der Badener in Kairo, Konstantinopel oder in Amerika, aber auch die Zweite Kammer des badischen Landtags mit einem kostbaren Umschlag, die badischen Feuerwehren, der Badische Frauenverein oder auch Arbeiter- und Militärvereine. Die Texte dieser Urkun- den sind weniger hoch einzuschätzen, verdienen jedoch eine zusammeufassende Würdigung.
Abschließend ist auf die Perspektiven zu verweisen, die sich aus diesem Ankauf ergeben. Die Konservierungsprobleme halten
sich in Grenzen. Die Tatsache, daß nahezu nichts von diesen Dingen jemals ausgestellt oder ausgewertet wurde, begünstigte ihre gute Erhaltung, macht jedoch auch ihr Studium besonders sparmend. Die Erschließung wird Zeit kosten und die wissenschaftliche Auswertung noch mehr. Eine baldige Präsen- tation der Dinge ist schon deshalb geboten, weil die Öffentlichkeit und vor allem die Sponsoren große Anteilnahme an diesem Vorgang nahmen. Die Presse beteiligte sich daran, und so hat die Bürgerschaft auch das Recht, die Neuerwerbungen bald sehen zu können. Vieles ist wirklich sehenswert, und anders als sonst, ,venn wir von Archivgut sprechen, sind diese Dinge auch auf Präsentation angelegt. Erste kleinere Vorstel- lungen wertvoller Einzelstücke haben schon stattgefunden, andere sind geplant. Wichtiger bleibt jedoch die sachgemäße Aufbewahrung, die baldige Erschließung des Materials und damit auch seine Einbeziehung in die wissenschaftliche Forschung. Zum Thema " Fürst und badisches Land am Ende der Monarchie" vermag es wichtige Akzente zu setzen. Hansmarlin Schwarzmaier
111. Die Erwerbungen des Badischen Landesmuseums
Als Ende 1994 die umfangreichen Verkaufs- absichten des Hauses Baden auf grund seiner damaligen finanziellen "Schieflage" zu- nächst hinter den Kulissen, aber sehr rasch auch in der Öffentlichkeit bekarmt wurden, war gleich bewußt, daß von einem solchen Vorgang das Badische Landesmuseum in besonderer Weise herausgefordert sein muß- te. Einmal, weil das Landesmuseum selbst in seinen Anfangen aus der Fürstlichen Sarn- meltätigkeit hervorgegangen war und seine
Altbestände, die nach 1919 in der Folge der Abdanlmng des Monarchen als Besitz des neuen badischen Staates bzw. als Bestandteil der "Zähringer-Stiftung" in die Öffentlichkeit gelangten, mit dem privat verbliebenen und nunmehr zur Veräußerung stehenden Kunst- gut eine Einheit bildeten. Es war sogar damit zu rechnen, daß ein Großteil des Eiruich- tungsinventars, z. B. der Möbel, mit denen vom 18. Jahrhundert bis 1918 das Karlsruher Schloß als Stammhaus des Badischen Lan-
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Hermann Volz "Zeitgeist und Staatsschiff', Bronze; Geschenk der acht großen badischen Stadte an Großherzog Friedrich' 1. zum 70. Geburtstag1896 (Ausschnitt).
des museums ausgestattet war, zum Verkauf gelangten, durfte doch die furstliche Familie große Teile der Gebäudeeinrichtung an sich nehmen und in die privat verbliebenen Familiensitze, vor allem in Baden-Baden und Salem, verlagern.
Zum anderen war das Badische Landesmu- seum in besonderer Weise herausgefordert, weil es von Gründung und Auftrag her als die zuständige staatliche Museumsinstitution gelten muß, die die Kultur- und Landesge- schichte Badens dokumentiert und präsen- tiert. Dazu gehört die Repräsentations- und Alltagskultur des flirstlichen Herrscherhau- ses, seine Förderung der bildenden Künste und seine Sammeltätigkeit, flir die in dem riesigen, seit 1918 weitgehend den Blicken der Öffentlichkeit entzogenen Objektbestand
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in Baden-Baden eine Fülle einzigartiger Zeugnisse vermutet werden mußte. So stand fur das Badische Landesmuseum (BLM) keineswegs im Vordergrund, mit "Lust- käufen" wünschenswerte Ergänzungen seiner Sammlungen vorzunehmen, sondern einer elementaren Sicherungspflicht unverzichtba- rer Zcugnisse badischen Kulturerbes zu genügen; Werke, die vor 1918 schon einmal zumindest zum geistigen Kulturbesitz des Landes gehört hatten. Bis es schließlich zum Erwerb von über 500 bedeutenden Zeugnis- sen der badischen Kunst- und Kultur- und Landesgeschichte kam, den das Badische Landesmuseum schließlich bis heute tätigen konnte, war ein hindernisreicher, teilweise abenteuerlicher Weg zurückzulegen.
Entdeckungen über Entdeck'Ullgen ""..,.w."' .... w . .".. ... w ...... w .w ... v .w .· ...... w ... w""w.w .w .w .v .w .· ...... w ... w .·.w ... w .w .· ... -...w.w.w
Seit Beginn des Jahres 1995 waren Ex- perten des Aukiionshauses Sotheby's, das vom markgräflichen Haus mit der Veräuße- rung beauftragt war, mit der Sichtung des gesamten über 25 000 Objekte unuassenden Inventars des Neuen Schlosses in Baden- Baden beschäftigt. So schrittweise, wie sich dieser Expertenstab durch die 105 Räume des Schlosses durchkämpfte und dabei selbst erst nach und nach Entdeckung auf Entdeckung machte, konnte auch das Badische Landesmu- seum nur an detaillierte Einzelinformationen über das Kunstgut gelangen. In lebhafter Erinnerung ist es noch, wie zwei Tage nach der Eröffnung einer Ausstellwlg über die 750 Jahre Geschichte des Klosters Lichtentlial im Badischen Landesmuseum aus Baden-Baden bekannt wurde, die in der Ausstellung als "seit 1936 vermißt" angeflihrten Glasmale- reien aus der Lichtenthaler Klosterkirche aus der Zeit um 1300 mit den ältesten Bild- darstellungen badischer Markgrafen schlecht- hin seien im Neuen Schloß entdeckt worden. Auch die Existenz unlfangreicher Bibliotheks-
und Archivbestände wurde erst Monate nach Beginn der Sichtungen bekannt. Und schließ- lich war es ein denkwürdiger Moment, als das Haus Sotheby's bekanntgab, das markgräfli- ehe Haus wolle sich nicht nur vom gesamten Inhalt des Neuen Schlosses in Baden-Baden trennen, sondern auch eine Reihe hochkaräti- ger Kunstwerke aus Schloß Salem veräußern; einige Tage später rollte ein schwerer Kunsttransporter vor dem Badischen Landes- museum vor, um "zur Ansicht" auszuladen: die Tafeln des Marienaltars aus Salem von Bemhard Strigel, ein Hauptwerk der süddeut- schen Kunst zu Beginn des 16. Jahrhunderts, von dem das BLM bereits den geschnitzten Mittelschrein besaß, weitere Tafelbilder desselben Künstlers und des Ulmer Malers Martin Schaffner, einen gemalten astrologi- schen Kalender des 15. Jahrhunderts aus dem bei Konstanz gelegenen Kloster Peters- hausen, Gobelins aus der einstigen Ausstat- tung des Mannheimer Schlosses, Glasmale- reien des 15. und 16. Jahrhunderts aus Schloß Staufenberg, ein vielteiliges Tafelaufsatz- ensemble von 1885.
Ankaufsstrategien
Diese Objekte wurden deswegen ins Karlsruher Schloß verbracht, weil die Lan- desregierung auf die Verkaufsabsicht des Markgrafen mit einem "Verbringungsverbot" nach dem Denkrnalschutzgesetz reagiert hatte: erst nach der Vorlage einer genauen schriftlichen und fotografischen Dokumenta- tion aller dort vorhandenen Gegenstände könne über eine Freigabe rur den Verkauf entschieden werden. Trotz eines einstimmi- gen VOtunlS einer interministeriell aus Vertretern aller betroffenen Institutionen zus3Dlmengesetzten Arbeitsgruppe wurde das Angebot des Markgrafen, den gesamten Inhalt des Neuen Schlosses fur einen Pau" schalpreis von 80 Mio. DM zu erwerben, von
der Landesregierung abgelehnt; ein modifi- zierter Vorschlag des damaligen Vorsitzen- den des" Vereins der Freunde des Badischen Landesmuseums", eine solche Gesamtauf- lösung mittels einer "Auffanggesellschaft" oder GmbH mit Beteiligung des Staates IIDd der Industrie möglich zu machen, die selber auch Verkäufe. des Entbehrlichen tätigen könne, stieß, trotz des heute auch im kulturellen Bereich generell eingeforderten "unternehmerischen Denkens" , wohl als zu
Glasmalerei aus Kloster Lichtenthai, um 1310, mit Darstellung von MarkgrafRudolf 1 von Baden und seiner Frau Kunigunde von Eber- stein und Markgraf Rudolf 11 von Baden.
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utopisch auf keinerlei politische Resonanz. So wurde diese im Auftrag des Denkmalamtes durchgefiihrte Inventarisierung Grundlage der Einzelentscheidungen verschiedener In- stitutionen wie dem Badischen Landesmuse- um, welche Prioritäten beim Erwerb ausge- wählter Einzelobjekte zu bilden waren. Verschiedentlich mögliche eigene Sichtungen haben dann jedoch den entscheidenden Ausschlag fiir die Erwerbungsentscheidungen gegeben.
Bis es dazu kam, waren weitere Hürden zu überwinden. Nachdem der Gesamterwerb gescheitert war und auch deswegen fragwür- dig wurde, weil inzwischen die zusätzlichen Verkaufsangebote aus Salem vorlagen und andererseits aus dem Inhalt des Neuen Schlosses Objekte zum Verbleib in der markgräflichen Familie entnommen wurden, stand zunächst eine von Sotheby's selber zusammengestellte Auswahlliste rur einen Teilerwerb im Raum, die jedoch nicht den eigenen Vorstellungen entsprach und deswe- gen zurückgewiesen werden mußte. Nur schwer waren die - aus geschäftlicher Sicht nachvollziehbaren - Bedenken des Veräus- serers zu überwinden, ein Teilerwerb nach Museumswünschen könnte alle wichtigsten Stücke der im Anschluß daran vorgesehenen Auktion entziehen und diese dadurch wesent- lich entwerten; nicht nur auf seiten der Landesregierung, sondern auch beim Verkäu- fer mußten so vielerlei Schwierigkeiten über- wunden werden, daß es überhaupt zu einem qualifizierten Teilerwerb vor der Auktion kam. Schließlich siegte die Einsicht in die kulturelle Verantwortung, nicht zuletzt dank der Vermittlungsdienste des damaligen Ge- schäftsfiihrers von Sotheby's Deutschland, Dr. Christoph Graf Douglas.
Nach langen Diskussionsprozessen und vielerlei Initiativen konnte schließlich im Juni 1995 im fUr das Badische Landesmuseum zuständigen Ministerium fiir Familie, Frauen,
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Weiterbildung und Kunst der Vertrag über 273 Objekte zum Preis von 17 Mio. DM abgeschlossen werden. Die Mittel dafur wurden aus den den fiinf großen staatlichen Kunstmuseen zustehenden Lotto-Toto-Erträ- gen und Spielbankeinkünften, ohne Inan- spruchnahme von Steuergeldern, aufge- bracht. Voraussetzung war ein Beschluß aller an diesen Mitteln partizipierenden Museums- direktoren. Dieser Ankauf wurde flankiert durch die Schenkung von 69 Objekten landesgeschichtlicher Bedeutung, die das markgräfliehe Haus dem Badischen Landes- museum machte, und die Überlassung der Tafeln des Antoniusaltares von Martin Schaffner als Dauerleihgabe an die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe.
Auswahl der Ankäufe
Die Auswahl erfolgte nach folgenden Kri- terien:
I. Es bestand eine Absprache mit anderen Institutionen, daß das BLM sich - neben eini- gen unverzichtbar ,vieh ti gen Einzelobjekten - auf Zeugnisse der historischen badischen Kunstkammer konzentrieren solle. Die Exi- stenz einer solchen Kunstkammer wurde erst im vollen Umfang während der Sichtungen des Jahres 1995 bekannt. Es war allerdings unumgänglich, daß im Rahmen der zur Verfugung stehenden Finanzmittel lediglich eine repräsentative Auswahl von ca. der Hälfle der ca. 200 Objekte erworben werden könne, wobei der Schwerpunkt auf "klassi- schen" Kunstkammerobjek1en des 16. und 17. Jahrhunderts lag und spätere Erweiterungen- eine Besonderheit badischer Kunstsammel- tätigkeit - nur in wenigen ausgewählten Objekten Berücksichtigung finden konnte.
2. Bei den weiteren erworbenen Objekten hatten herausragende Kunstwerke wie die Lichtenthaler Glasmalereien oder die histori- schen Tafelaufsätze besonderen Vorrang.
3. Generell waren die auf der "Liste nationalen Kulturgutes" befmdlichen Objek- te vorrangig zu berücksichtigen, um diese Werke nationalen Ranges vor einem Verkauf zu retten und damit auch einer Verkaufsbe- dingung des Veräußerers zu entsprechen. Es gelang bei allen 14 auf dieser Liste her- ausragenden nationalen Kunstgutes verzeich- neten Objekten, sie entweder zu erwerben oder im Besitz des markgräflichen Hauses zu halten.
4. Schließlich hatte bei allem der ge- forderte Preis eine wesentliche Rolle zu spielen. Niemandem lag zum damaligen Zeitpunkt das gesamte Verkaufsangebot quasi wie ein Warenhauskatalog - wie später die Auktionsbände - zur Auswahl vor, sondern die Preise mußten stets einzeln in einem umständlichen Verfahren von den Sotheby's-Experten abgefragt werden. In einigen Randbereichen war dies bis zum Vertragsabschluß im Kunstministerium gar nicht möglich. Und es bedarf besonderer Betonung, daß die geforderten Festpreise rur den staatlichen Vorerwerb nicht etwa mit den späteren Festpreisen im Auktionskatalog identisch, sondern in der Regel weitaus höher waren. Die später erzielten Auktions- ergebnisse, die ja die Schätzpreise weithin um ein Mehrfaches, manchmal Vielfaches über- schritten, stellten sich darm aber oft wiederum als weitaus höher als die vorherigen Fest- preise heraus . In einigen wenigen Fällen, bei denen der Vorerwerb des BLM wegen zu hoher Preisforderungen nicht zustandekam, gab dem freilich auch das spätere niedrigere Auktionsergebnis recht. Insgesamt hat das BLM aber, wie ihm verschiedene auswärtige Gutachter bescheinigten, beim Vorerwerb preislich durchaus sehr günstig ankaufen können. Bei diesem ersten Erwerbungspaket, das schließlich die " Kulturstifiung der Län- der" in Berlin und das Bundesministerium des Innern in Bonn mit jeweils 5 Mill. DM mit-
fmanzierten, blieb doch das Schicksal der Tafelmalereien von Bernhard Steigel unge- wiß, rur die das Land Baden-Württemberg eine Erwerbungsoption aussprach. Sie konn- ten darm schließlich in einem zweiten Schritt im September 1995 zu einen herunter- gehandelten Preis von 12 Mio. DM erworben werden.
Nunmehr waren die staatlichen Mittel erschöpft. Die nicht vom BLM und den staatlichen Schlösser und Gärten des Landes erworbenen Objekte gelangten in eine Auktion, der schon im Vorfeld und nach Veröffentlichung des sechsbändigen Auktions- kataloges das Attribut " Jahrhundertereignis" zugemessen wurde. Auf alle Fälle offenbarte der Auktionskatalog, daß noch zahlreiche Objekte von zentralem kultur- und landes- geschichtlichen Rang zum Verkauf standen, deren Existenz bekarmt war,jedoch vorher im Rahmen der staatlichen zur Verfugung stehenden Mittel nicht gesichert werden konnten, aber viel mehr erst jetzt ans Tageslicht geriet, was in den Inventarver- zeichnissen von Sotheby's aufgrund des enormen Zeitdrucks nicht erfaßt oder nicht in seinem Rang erkenntlich war.
Private Spendenaktionen __ N'Noy.w.w.·.w.w.·.,·.·.·.·."".·.w.·"'.~ ___ ~~~ ...... ..., .... " ..................... ...
Um nunmehr innerhalb der Auktion weiteres Kulturgut zu sichern, das mit Vorlage des Auktionskataloges im August 95 nicht mehr rur Vorerwerbungen zur Verfu- gung stand, galt es, private Spenden- und Sponsorenmittel aufzubringen, die in der Auktion eingesetzt werden konnten. Glückli- cherweise konnte das BLM dabei schließlich über 3,1 Mio. DM verfugen. Der Dank hat hierfur vor allem einzelnen Unternehmen zu gelten, die im Vorstand und Beirat des "Vereins der Freunde des Badischen Landes- museums" engagiert sind: der Badischen Beamtenbank, der Bausparkasse Schwäbisch
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Hall, der Fa. SEW Eurodrive in Bruchsal, der Baden-Württembergischen Bank, der Fa. Würth in Künzelsau. Gleichzeitig engagier- ten sich, dank der Initiative der 1. Vorsitzenden Gerlinde Hämmerle und des 2. Vorsitzenden Dr. Gerhard Zehender, auch die persönlichen Vereinsmitglieder insgesamt in vorbildlicher Weise, und schließlich wurde die Vereinskasse selber rur ein solches " Jahrhundertereignis" geschlachtet.
170 Erwerbungen hat das Badische Landesmuseum während der 16 Tage vom 5. bis 21 . 0\..10ber 95 dauernden Auktion in 125 Bietzuschlägen noch tätigen können. Mit an die 40 getarnten Beauftragten in wechseln- dem Einsatz vermochten wir in einer ausgeklügelten Bietstrategie, bei der dem Museumsdirektor selber eine zusätzliche strategische und mehr schauspielerische Rolle, die zusätzliche Verwirrung stiftete, zukam, zu moderaten Preisen weitere Erwerbungen zu tätigen. In mehr als doppelt so vielen Fällen wie den erfolgreichen Zuschlägen hat das BLM, wenn die Limits der Beauftragten erschöpft waren, bei den Bietgefechten verloren. Nur in zwei exorbi- tanten Fällen, einem kostbaren Schachbrett aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, das als einziges Objekt insgesamt durch eingelegte Initialen als persönlicher Besitz des Markgra- fen Karl Friedrich und der Markgräfin Karoline Luise ausgewiesen ist, und einer allegorischen Bronzegruppe von Hermann Volz von 1896, einem Geschenk der acht großen badischen Städte an den Großherzog Friedrich I. zu seinem 70 . Geburtstag, in dem die damalige Selbstdefinition Badens als "Musterländle" focusartig verdichtet ist, war es notwendig, die Preislimits deutlich zu überschreiten, um diese unverzichtbaren Werke im öffentlichen Besitz des Landes gegen auswärtige Gegenbieter zu erhalten.
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Die Sonderausstellung
Aus den 512 Erwerbungen zeigt das Museum vom 13. März bis 9. Juni gut die Hälfte der bedeutendsten Objekte in einer Sonderausstellung. Mehr konnte aufgrund der äußerst kurzen Zeit, dem beschränkten Platz und der Notwendigkeit, daß so gut wie alle Enverbungen der Restaurierung bedürfen, vorläufig nicht geleistet werden. Die Ausstel- lung beinhaltet die hochrangigen Werke der badischen Kunstkammer, die vom 5. bis zum 18. Jahrhundert reichen: mittelalterliche Elfenbeinreliefs, Goldschmiedearbeiten vom 15. Jahrhundert bis in die Barockzeit, darunter die berühmte " Jamnitzerburg", die Glasmalereien vom 14. bis zum 17. Jahr- hundert, eine herausragende spätgotische Pietä, Tafelmalereien jener Zeit. Die höfische Kunst des 18. Jahrhunderts ist veranschau- licht durch einzigartige Uhren, Möbel, Wandbespannungen aus den Schlössern Karlsrube und Bruchsal und charakteris- tische Zeugnisse der Kulturgeschichte jener Zeit, z. B. der Karlsruber Hofapotheke, dem Mikroskop der Markgräfin Karoline Luise, Porzellanen und Fayencen aus markgräfli- chem Besitz. Das 19. Jahrhundert ist breit repräsentiert durch Objekte, die die badische Landesgeschichte widerspiegeln: von der Epoche des Großherzogs Karl über die Revolution von 1848/49 (in einem Gemälde der Schlacht von Waghäusel 1849) bis zur Regierungszeit der Großherzöge Friedrich I. und Friedrich 11. Neben Zeugnissen der EinrichtungsI.."Ultur des Karlsruber Schlosses, die bis zu modemen Schöpfungen des Jugendstils z. B. der Werkstätten in Nance von Emile Galle und den Gebrüdern Daum reichten, besitzen die Jubiläumsgeschenke aus Kreisen der badischen Bevölkerung an das großherzogliche Haus nach 1850 eine besondere Rolle, auf deren Enverb sich das BLM besonders konzentrierte. Solche Jubi-
läumsanlässe wie Geburtstage, Hochzeiten, Hochzeitsjubiläen und runde Regierungs- daten manifestierten sich z. B. in dem dreiteiligen, fast 10 Meter breiten Gemälde- zyklus, der den Festzug des badischen Volksvereins 1881 vor dem Karlsruher Schloß wiedergibt, dem Silbergeschenk von 1885 oder dem "Staatsschifl" von 1896. Viele andere Schenkungen dieser Art kom- men hinzu. Ein kurioses Objekt konnte noch zuletzt außerhalb der Auktion erworben werden und bildet den Schluß der Ausstel- lung: ein gerahmtes Bild mit der fotografi- schen Reproduk1ion eines Gemäldes von Friedrich Il. von Preußen, von einem großen Loch zerfetzt, das durch den ersten Schuß der Revolutionäre 1918 auf das Karlsruher Schloß bei der Vertreibung des Großherzogs vor seiner Abdankung entstanden ist. Symbo- lischer könnte die Ausstellung, die im ersten Obergeschoß des Karlsruher Schlosses ge- zeigt wird, kaum beschlossen werden.
Gleichzeitig stellt das BLM die Präsentati- on des wiedervereinigten Strigel-Altares in den Mittelpunk1 einer - provisorischen - Erweiterung seiner Mittelalterabteilung. Sie verfugt mit diesem einzigartigen Werk, dessen Bilddarstellung der "Geburt Christi" z. B. das erste Nachtbild in der deutschen Malerei überhaupt ist, über einen neuen Höhepunkt innerhalb der mittelalterlichen Kunst- und Kulturgeschichte im Erdgeschoß
des Karlsruher Schlosses. Schrittweise wer- den auch die anderweitigen Neuerwerbungen aus markgräflichem Besitz in die neu- gestalteten Räume unserer ständigen Schau- sammlungen integriert.
Kein Schlußstrich ---~.
Unter dem Ausverkauf des markgräflichen Kunstbesitzes, der zwar das badische Landesmuseum bereichert, aber gleichwohl zu unwiderbringlichen Verlusten gefuhrt hat, ist noch kein Schlußstrich gezogen. Nicht nur der Kunsthandel und private Erwerber, die mittlerweile die Geldausgabe reut, bieten nunmehr ihre Auktionserwerbungen zum Weiterverkauf an staatliche Institutionen an, auch weitere Kunstverkäufe teilweise einzig- artiger Objekte - außerhalb der Auktion durch den Kunsthandel - stehen zur Dis- kussion. Wie prophezeit, wird das Thema das BLM und potentielle Mäzene noch lange Zeit beschäftigen. Es ist zu wünschen, daß viele die Verantwortung spüren, sich in dieser außerordentlichen Situation weiter engagie- ren zu müssen. Das jährliche Museumsfest, das das BLM 1996 vom 3.-5. Mai mit dem Thema "Der Glanz Badens. Schätze einer Kulturlandschaft" zu der Ausstellung seiner Erwerbungen aus markgräflichem Besitz veranstaltet, sollte diesem Engagement neuen Auftrieb geben. Harald Siebenmorgen
IV. Die Erwerbungen der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe
Für die Kunsthalle Karlsruhe war - anders als für das Badische Landesmuseum - aus dem Angebot der reichen markgräflichen Sammlung nur ein geringer Teil interessant, hat sie doch schon im 19. Jahrhundert auf das
großzügigste sogenanntes "Allerhöchstes Privateigentum" überwiesen bekommen. Auch war ihr 1920 im Zuge der "Fürstenteilung" schon fast alles für sie Wichtige zugefallen.
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Daß die vier Flügel und die Predella des Salemer Altars von Bernhard Strigel als Hauptwerk spätgotischer Malerei nicht in die altdeutsche Abteilung ihrer Gemäldegalerie Einzug halten darf, entspricht nicht dem Verständnis ihrer Direktion und der wissen- schaftlichen Mitarbeiter. Sie habenjedoch die Entscheidung des Ministeriums fur Familie, Frauen, Weiterbildung und Kunst Baden- Württemberg und der Direktoren der Staatli- chen Museen des Landes zu respektieren, daß das Badische Landesmuseum durch den jahrzehntelangen Besitz des geschnitzten Mittelschreins dieses Altars zur Zusammen- fuhrung in seinen Räumen legitimiert sei.
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Im Rahmen eines Vertrages zwischen dem Ministerium fur Familie, Frauen, Weiterbil- dung und Kunst und S. K. H. Maximilian
Flora Geraldy Bildnis der Großherzogin Sophie von Baden, Prinzessin von Schweden, um 1830.
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Markgraf von Baden vom 3. Juli 1995 gelangte die Kunsthalle in den Besitz einer
. kleinen Tafel Bernhard Strigels mit der Darstellung des Gebets Christi am Ölberg. Sie gehört zu einem aufgelösten Altarretabel, von dem die Kunsthalle bereits zwei größere Tafeln besitzt. Darüber hinaus erhielt die Kunsthalle ein Album mit Nachzeichnungen der Deckenbilder Tobias Stimmers im zerstörten alten Baden-Badener Schloß als Geschenk des Markgrafen von Baden sowie als Leihgabe vier Tafeln des Salemer Altars von dem Ulmer Maler Marlin Schaffner, die Szenen aus dem Leben des h1. Antonius darstellen. Die in Öl und Tempera auf Holz gemalten, 146 x 55 cm großen Figurszenen mit landschaftlichen Hintergründen spiegeln die Beschäftigung Schaffners mit der Malerei Albrecht Dürers, der Donauschule und Matthias Grünewaids. Sie fugen sich als bedeutende Akzente in die altdeutsche Abteilung der Gemäldegalerie ein.
12000 DM Spenden w.w ..... ___ ............ V"O'·'"V.M ......... ""W.v"-"N-'...,..""·~
In der Baden-Badener Versteigerung der Sammlung der Markgrafen und Großherzöge von Baden durch das Auktionshaus Sotheby' s konnte die Kunsthalle im Oktober 1995 einige Kostbarkeiten des 19. Jahrhunderts fur sich sichern. Ein an die Öffentlichkeit gerichteter Spendenaufruf erbrachte aus privaten Händen 12000 DM Spendenmittel, die zur Erwerbung eines Bildnisses der Großherzogin Sophie von der Pariser Miniaturmalerin Flora Geraldy verwendet werden konnten. Das in seinem originalen Goldrahmen mit alter Verglasung erhaltene, in Deckfarben auf Pergament gemalte Hochoval aus der Zeit um 1830 kann den Grundstock einer bisher in der Kunsthalle nicht vertretenen Sammlung von Bildnis- miniaturen des 19. Jahrhunderts bilden. Es zeigt die junge Gemahlin Großherzogs Leo-
Carl Agricola Bildnis der Großherzogin Slephanie von
Baden (1789- 1860) um 1815.
polds in einem lichtgelben Sonnenhut, der ihre rüschengeschmückte Lockenfrisur betont. Da badische Fürstenportraits infolge der Fürsten- teilung nach dem Ersten Weltkrieg bisher in der Kunsthalle fehlten, kommt dieser reprä- sentativen Bildnisminiatur wie auch den beiden anderen Erwerbungen besondere Bedeutung zu.
Aus einer Spende der Volksbank Karlsruhe konnte das um 1815 entstandene Aquarell- Bildnis der Großherzogin Stephanie von dem Wiener Maler earl Agricola erworben werden, das ebenfalls von feinster Qualität ist. Ein ausgesprochenes Spitzenwerk der Portrait-Miniatur ist das z. T. aus Mitteln der Volksbank, privaten Spenden und Toto- Lotto-Mitteln erworbene Bildnis des jungen badischen Erbprinzen Ludwigs 11., das dieser während seines Wiener Studienaufenthalts um 1842 von dem bedeutenden Wiener Biedermeiermaler Moritz Michael DafI"mger
Moritz Michael Daffinger Bildnis des Erbprinzen Ludwig II von Baden.
hat malen lassen. Als Halbfigur vor einer Säule mit Vorhang und einer Parkkulisse verbindet es die einem Großformat entspre- chende Würde des Motivs mit zartester Feinmalerei.
Ein Glücksgriff
Ein besonderer Glücksgriff gelang der Kunsthalle, nachdem ihr Konservator Dr. RudolfTheilmann unter den erst eine Woche vor der Auktion zur Besichtigung freigegebe- nen Zeichnungen eine Reihe von Blättern entdeckt hatte, deren Zugehörigkeit zu einem besonderen Zeugnis der badischen Kunstge- schichte den Experten des Auktionshauses Sotheby's entgangen war. Als Einzellose auf verschiedene Tage der Auktion verteilt, mußte jedes Blatt im einzelnen Bietgefecht ersteigert werden. Die Zeichnungen gehören zu dem seit dem 19. Jahrhundert in der Kunsthalle verwahrten Friedrich-Luisen- Album, das badische und deutsche Künstler auf einen Aufruf des Akademiedirektors
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Amalie Kaercher (1819- 1887) Rasens/rauß.
S/anislalls van Kalckreu/h (J 820-1894) Burg in den Alpen. 1856.
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Johann Wilhelm Schinner und des Kunst- hallendirektors earl Frommel als Geschenk zur Vennählung Großherzog Friedrichs I. von Baden mit Prinzessin Luise von Preußen im September 1856 gestiftet hatten. Sie werden nun mit den bereits in der Kunsthalle vorhandenen 95 Blättern vereint. Ihr besonde- rer Reiz ist eine 1856 eigens aus Spenden- mitteln finanzierte, vom Hofmaler und Landeskonservator August von Bayer ent- worfene Pultvitrine. Was nun glücklich zusammengeftihrt ist, bietet mit den überwie- gend von der Düsseldorfer Malerschule beeinflußten Landschaftsdarstellungen, den Historienbildern wld Portraits einen repräsen- tativen Querschnitt des badischen Kunst- schaffens WlI die Mitte des 19. Jahrhunderts. Zugleich ist es ein besonderes landes- geschichtliches Dokwnent der Zusammenge-
hörigkeit von Hof, Bürgerschaft und Künst- lern. Leider ließen überhöhte Preise die Erwerbung von weiteren zehn Blättern nicht
zu. Auch müssen der kostbar verzierte Deckel und die übrigen 20 Blätter weiterhin als verschollen gelten. Siegmar Holsten
V. Erwerbungen fiir die Stadt Karlsruhe
Wie hinreichend bekannt ist, fand im Okto- ber vergangenen Jahres im Neuen Schloß zu Baden-Baden eine der größten je abgehalte- nen Auktionen von Kunstschätzen statt. Die international renommierte englische Finna Sotheby's versteigerte große Teile des mark- gräflich badischen Kunstbesitzes und viel Mobiliar und Ausstattungsstücke unterschied- lichster Art. Insgesamt erbrachte die Auktion laut Ergebnisliste des Hauses Sotheby's DM 80.043.812,-. Das ist weit mehr als erwartet worden war. Die erzielten Preise erreichten in vielen Fällen ein mehrfaches realistischer Schätzwerte. Mit anderen Worten: Fast alles war viel zu teuer. Aber wer etwas erlangen wollte, mußte eben mithalten.
Die Situation flir die Städte
Die Vorbereitung von Institutionen und in- teressierten Personen auf die Auktion war er- schwert, solange nur unvollständig bekannt war, was wirklich zur Versteigerung anstand. Nur den Landesinstitutionen waren wenn auch nicht ganz vollständige Listen überlassen und ihnen im Vorabverkauf Teilerwerbungen zu- gestanden worden. So kamen das Badische Landesmuseum, das Generallandesarchiv und die Badische Landesbibliothek schon vor der Auktion in den Besitz wertvoller Schätze. Weiteres mußten auch sie in der Versteige-
g erwerben. Den interessierten Städten war die Möglichkeit zu einem Voraberwerb trotz aller Bemühungen nicht eingeränmt worden.
!'St die VeröffentlichWlg des sechsbändigen Katalogs kurz vor der Auktion ennöglichte
einen genauen Überblick über die zur Veräu- ßerung stehenden Objekte.
Auch flir die Stadt Karlsruhe erhob sich die Frage, ob die Auktionsmasse Stücke enthielt, die ftir ihre Stadtgeschichtlichen Sammlungen von Bedeutung waren" Allzu viel war es, ge- messen anl Gesamtvolurnen, nicht. Selbstver- ständlich war das Badische Landesmuseurn der wichtigste Teilnehmer an der Versteige- rung, und dieses hatte viele Objek1e, flir die sich auch die Stadt interessierte, bereits vor der Auktion erworben, so daß sie ftir die Stadt nicht mehr zur VerfligWlg standen. Dazu ge- hÖrlen unter anderem so gut wie alle Dur- lacher Fayencen.
Die Finanzierung -~--
Ein weiteres Problem flir die Stadtgeschicht- lichen Sammlungen bestand darin, daß im Haushaltsplan der Stadt flir derartig kost- spielige Erwerbungen keine Mittel vorgese- hen waren. Hier sprangen großzügige Spen- der ein, an erster Stelle die Sparkasse Karls- ruhe und mit weiteren Beträgen die Firma Kamphues, die Grötzinger Heimatfreunde, der Verein Baden in Europa und der Freundes- kreis Pfmzgaurnuseum Durlach.
Die verfligbaren Mittel wurden verantwor- tungsbewußt eingesetzt und reichten schon deswegen aus, weil die Zahlung immer höhe- rer Preise nicht in jedem Fall vertretbar er- schien. So erwarb die Stadt Karlsruhe schließ- lich nur 16 Lasnummern, die allerdings zum Teil aus einer größeren Anzahl von Einzel- stücken bestehen.
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Die Erwerbungen
Die zweifellos wertvollste Erwerbung ist ein sogenanntes "Tete-a-Tete" aus dem Be- sitz der Markgräfin Karoline Luise. Es han- delt sich dabei um ein Frühstücksservice ftir zwei Personen mit Kaffee- und Teekan- ne, Milchkrug, Zuckerdose und einer großen Servierplatte. Alle Teile sind auf dunkelblau- em Fond in goldurnrandeten Medaillons indi- viduell mit spielenden Putten bemalt. Das aus dem Karlsruher Schloß stammende Ser- vice wurde um 1780 in der Berliner Porzel- lanmanufaktur hergestellt. Im Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais wird es künftig in der Abteilung über das 18. Jahrhundert einen
August Pecht
nicht zu übersehenden Platz einnehmen. Ein wichtiges Stück dieser Abteilung wird
auch ein Elfenbeinporträt des Stadtgründers, des Markgrafen Karl Wilhelm, bilden. Das im 18. Jahrhundert entstandene ovale Relief ist auf einen Ebenholzsockel montiert und mit aus Obstholz geschnitzten militärischen Emblemen (Fahnen, Kanonenrohre, Spieße) umgeben.
An den letzten ftirstlichen Besitzer des Prinz-Max-Palais und letzten Reichskanzler des deutschen Kaiserreiches, Prinz Max von Baden, erinnert eine Reihe von Porzellan- plaketten der Kopenhagener Manufaktur Bring & Gröndahl aus den Jahren 1910 bis 1913. Es handelt sich dabei um Oster-
Schiller nach der Erstauffr1hrung der Räuber 1782, vor dem Hoftheater in Mannheim.
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geschenke der Großherzogin Luise an ihren Neffen. Für das Prinz-Max-Palais sind dies die einzigen Stücke, die aus dem Haus selbst und aus dem Besitz des Namengebers des Hauses stammen.
Ein Hochzeitsgeschenk an Großherzog Friedrich I. und die Großherzogin Luise ist das 1856 von dem Karlsruher Schreiner Au- gust Glaenz hergestellte neugotische Eck- schränkchen. Dieses reich beschnitzte Mö- belstück erhält seinen besonderen Reiz da- durch, daß auf den Innenseiten der Schrank- türen unter Glas zwei gut erhaltene Aquarel- le des Hofmalers Wilhelm Dürr angebracht sind, die überdies Ausschnitte aus Gedichten Johann Peter Hebels und Ludwig UhIands ent- halten.
Eine gleichfalls gut erhaltene farbige Zeich- nung fmdet sich im Deckel einer Schreib- schatulle aus der Zeit um 1840. Sie stellt den von Weinbrenner erbauten Gotischen Turm mit einigen Personen dar. Schon zwanzig Jah- re später verschwand das Bauwerk, so daß das Bild zugleich dokumentarischen Wert hat.
Ähnliches kann von einer großformatigen Bleistift- und Tuschepinselzeichnung gesagt werden. ,,Auf dem Weg nach Beiertheim" heißt das 1856 von F. von Stockhorn gemalte Bild. Es gibt einen guten Eindruck davon, wie das Gebiet, das heute noch Beiertheimer Wäldchen heißt, damals ausgesehen hat.
Eine Ansicht des Schlosses Gottesaue aus der Mitte des 19. Jahrhunderts findet sich auf einer großen, ansonsten sehr bunt verzierten Porzellantasse.
Einige Gegenstände, welche die Stadt in der Auktion erworben hat, entstammen der Karlsruher handwerklichen Produktion.
Dazu gehört eine große Kanzleiuhr des Uhrmachers Otto Freyheit vom Ende des 19. Jahrhunderts.
Zu seinem 70. Geburtstag am 9. September 1896 erhielt Großherzog Friedrich I. unzäh- lige Geschenke aus ganz Baden von allen
möglichen Institutionen und Vereinigungen. Diese zum Teil äußerst kunstvollen Gaben gingen fast alle an das Badische Landesmu- seum, auch die aus Karlsruhe stammenden. Für die Stadtgeschichtlichen Sammlungen konnte ein großes ovales Kupfertablett er- worben werden, das die Metzgergenossen- schaft Karlsruhe dem Großherzog zum Ge- schenk gemacht hatte. Die Platte ist reich verziert und mit dem badischen Wappen und entsprechender Widmung versehen.
Ein besonders bemerkenswertes Stück ist ein von der Karlsruher Möbelfabrik Bern- hard Grothues gefertigter Prunktisch aus Nuß- baurnbolz und Einlegearbeiten aus verschie- denen Edelhölzern. Die Schützengesellschaft Karlsruhe schenkte den Tisch dem Großher- zogspaar 1881 zur Silbernen Hochzeit.
Einige Erwerbungen der Stadt sind fur das Pfmzgaumuseum Durlach gedacht, darunter eine Fayence-Platte aus der Mitte des 18. Jahrhunderts mit sehr schöner Blumenbema- lung, aber leider auch einigen Randbestos- sungen.
Aus der Zeit um 1700 stammt eine kleine silber-vergoldete Patene (Abendmahlsgerät) mit dem Wappen von Baden-Durlach.
N ach einem Gemälde des Hofmalers Johann Baptist Kirner entstand eine großfor- matige Lithographie, die zwar als "Jagdpartie im großherzoglichen Wildpark" bezeichnet, aber etwas nördlich von Durlach aufgenom- men ist. Man sieht die Stadt und den Turm- berg im Hintergrund. Vorne steht Großher- zog Leopold mit einer Anzahl von J agd- genossen.
Auf das Jahr 1833 datiert ist ein großes Aquarell von earl Ludwig Fromme!. Es zeigt eine Gruppe von Bauern im Innenhof der Karlsburg. Weil später verschwundene Ge- bäudeteile auf dem Bild noch zu sehen sind, besitzt es dokumentarische Bedeutung.
Vielleicht das größte Interesse vieler Dur- lacher wird ein Gemälde von 1856 fmden,
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das der Maler Karl Roux "Der Bauherr" beti- telt hat Auf ihm erkennt man den Markgrafen Karl II., wie er auf einer Baustelle aus seiner legendären "Dasch" die Bauarbeiter auszahlt. Der Schauplatz Durlach wird durch den im Hintergnmd sichtbaren Turmberg angedeutet.
Gemeinsamer Erwerb mit der Stadt Mannheim
Unkonventionell wurde beim Erwerb eines Gemäldes von August Pecht aus dem Jahr 1865 verfahren, das Schiller nach der Ur- auffiihrung der "Räuber" 1782 vor dem Hof- theater in Mannheim zeigt. Den Kaufpreis von DM 60000,- erbrachten je zur Hälfte das Mannheimer Reiss-Museum und die Stadt Karlsruhe. Da Mannheim gleichermaßen an
diesem Bild interessiert war, konnten so Über- bietungen vermieden werden. Für Karlsruhe ist das Bild deswegen von Bedeutung, weil das Pendant dazu "Goethe am Karlsruher Hof' ehedem im seI ben Zimmer im Karlsru- her Schloß hing. Heute befindet es sich im Museum fur Literatur am Oberrhein. Dorthin soll das sehr große neu erworbene Bild nach dem Umzug des Dichtermuseums in's Prinz- Max-Palais auch kommen. Zunächst wird es aber fur einige Zeit in Mannheim gezeigt. Wo das Gemälde dann endgültig bleiben soll, muß eine spätere Vereinbarung ergeben.
Alle Erwerbungen der Stadt werden nach ihrer Restaurierung in den Räumen der Spar- kasse Karlsruhe der Öffentlichkeit präsen- tiert werden.
Heinz Schmili
40 Jahre Bundesfachschule Sanitär- und Heizungstechnik an der
Heinrich-Meidinger-Schule Karlsruhe
Vor 40 Jahren, am 20. Februar 1954, fand in der Aula der damaligen Gewerbeschule im Gebäude der jetzigen Carl-Hofer-Schule eine Feierstunde statt, in der zum letzten Mal Absolventen der Meisterschule fur das Installateur- und Klempnerhandwerk entlassen und die Umwandlung und Eröffnung der Bundesfachschule fur das Installateur-, K1emp- ner-, Zentralheizungs- und Kupferschmie- dehandwerk vollzogen wurden. Die Meister- schule war zu diesem Zeitpunkt bereits 45 Jahre alt, - sie war 1909 gegründet worden. In ihrer Geschichte spiegelt sich die technische Entwicklung der Sanitärtechnik von einfach- sten Handgriffen zu vielseitigen und umfassen- den handwerklichen Fertigkeiten und emer hochtechnischen Gerätetechnik wider.
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Ursache und Aulaß im 19. Jahrhundert:
"_v_,_w •. ~.,,~~~!:~~;:::::v~I~!:::'~,, •. wW"w._.w, Ende des 18 . Jahrhunderts in der Rokoko-
zeit gehörte Waschen und Baden nicht zum guten Ton. Schminke, Puder und Parfum ließen Unsauberkeiten und unangenehmen Geruch verschwinden. Die Abfalle wurden in die Flüsse geworfen, durch das Regenwasser oder durch Bächle - heute noch in Freiburg zu sehen - in die Flüsse gespült. Aus den Flüssen aber kam das Wasser in die Trinkwasser- versorgungssysteme. Eine weitere Belastung ergab sich durch die zunehmende Industriali- sierung. Die Abgänge der Fabrikation wurden in die Flüsse und Seen geleitet.
Die 1817 aus Indien eingeschleppte Cho-
lera und ihr epidemisches Auftreten in den folgenden Jahrzehnten waren u. a. die Ur- sache fiir eine intensive wissenschaftliche Erforschung der Zusammenhänge zwischen dieser Krankheit wie auch von Pest und Typhus und dem Zustand des Trinkwassers, der körperlichen, hygienischen Sauberkeit und der Entsorgung des verbrauchten Was- sers. Robert Koch entdeckte 1882 den Er- reger der Tuberkulose und 1883 den Cho- lerabazillus. Max von Pettenkofer begründe- te die experimentelle Hygiene. 1892 brach in Hamburg eine Choleraepidemie aus, an der in kurzer Zeit 8 600 Menschen starben. Nun drang ins allgemeine Bewußtsein, daß eine Versorgung mit sauberem Trinkwasser, häusliche Hygiene und ein Abwassersystem, das ein Eindringen von Bakterien und krankheitsübertragenden Tieren in die Häu- ser des einzelnen aber auch des Volkes unabdingbare Voraussetzung waren und entscheidende Bedeutung hatten.
Die Stunde der Technik: Erfmdungen, Entwicklung!~ und ein neuer Beruf_
Die Naturwissenschaft hatte grundlegende Zusammenhänge aufgedeckt. Das Ziel war bekannt. Die Technik hatte nun die Aufgabe, die Vorgaben in die Wirklichkeit umzusetzen und mit den entstehenden Schwierigkeiten fertig .zu werden. Das Großherzogtum Baden schuf sich in Karlsruhe im 19. Jahrhundert hierfür beste Voraussetzungen: 1825 wurde das Polytechnikum gegründet und 1834 das duale Ausbildungssystem geschaffen, das die Lehrlingsausbildung revolutionierte und ge- rade heute nicht nur in Deutschland hoch- gelobt wird.
Die öffentlichen Wasserver- und -ent- sorgungsunternehmen verlegten Trinkwasser- leitungen und Abwasserkanäle bis zur Grundstücksgrenz.e bzw. zum Hauseingang, so wie es auch heute noch üblich ist. Auf dem
Grundstück bzw. im ' Haus war es dann Aufgabe der selbständigen Handwerker, die notwendige Technik einzubauen oder, wie es jetzt hieß, zu installieren. Mit diesem aus dem Französischen entnommenen Wort (instal- lation = Anlage) war auch gleich die Be- zeichnung fiir den sich neu entwickelnden Beruf gefunden~ Der Installateur war gebo- ren, d. h. der Anlagenbauer. Heute: der Anla- genmechaniker.
Die Ursprünge des Berufs liegen am Beginn des Mittelalters und zwar beim Schmied, der Eisen und Kupfer zu Blechen (= Blechner) ausschmiedete und.daraus Spangen (= Speng- ler), Behälter (= Flaschner), Rüstungen (= Plattner, Harnischmacher) und Klempen (mittelhochdeutsches Wort fiir Haken oder Spange: Klempner) herstellte. Durch das rasche Wachstum der Städte im 19. Jahr- hundert weiteten sich die Aufgaben der Klempner auf die Ausfiihrung der Trink- wasserversorgungs, und Abwasserentsor- gungsanlagen sowie der Gasleitungsanlagen aus. Die fachmännische Installation und Wartung der Wasserversorgung, 'der sanitä- ren Anlagen, der Entwässerungsanlagen, der Gaskocher und der damit zusammenhängen- den Einrichtungen waren Ziele und Aufgaben des nun neu entstandenen Berufsbildes des Gas- und Wasserinstallateurs.
Trotz der fortschrittlichen beruflichen Ausbildung seit 1834 in Karlsruhe zeigte es sich, daß aufgrund der fortschreitenden Technik, der immer komplizierteren An- lagensysteme und des zunehmenden fach- kundlichen Wissens eine solide handwerkli- che Ausbildung allein nicht mehr ausreichte. Vor 85 Jahren genehmigte die Stadtverwal- tung die Einrichtung von dreimonatigen Fachkursen im Ganztagsunterricht rur Blechner und Installateure. Am 17. Mai 1909 begann der erste Kurs mit neun Teilnehmern, die "Süddeutsche Fachschule fiir Blechner und Installateure" war gegründet.
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Mit der GründWlg der neuen Fachschule war damals eine vielfaltige Zielsetzung verbWlden:
- In technischer Hinsicht wird eine weit über den üblichen Rahmen hinausgebende gründli- che Fach- und WeiterbildWlg vermittelt.
- Tüchtige Handwerksmeister sollen heran- gebildet werden, Staatsbürger mit einer ver- antwortungsbewußten Persönlichkeit.
- Für den Beruf des Blechners Wld In- stallateurs wurde eine Aufstiegsmöglichkeit geschaffen, da an keiner Bau- oder Ingenieur- schule ein entsprechendes Studium eingerich- tetwar.
- Die staatliche personelle und sächliche Trägerschaft Wld Aufsicht garantierte einen Qua1itätsstandard, wie er in Baden bereits Tradition hatte und der von äußeren Interessen- lagen und Situationen unabhängig war. .
Mit der Aufualune des Lehrbetriebs war eine geschlossene AusbildWlg der Blechner und Installateure vom Lehrling bis zum Meister gewährleistet. Die Voraussetzungen zur Bewältigung der technischen Probleme, die sich mit der EntwicklWlg der Haustechnik ergeben haben, waren damit geschaffen.
Die UmwandlWlg zur BWldesfachschule: Vom Installateur zum Sanitärtechniker
Die Situation zu Beginn der 50er Jahre war nicht unähnlich der zu Beginn des JahrhWl- derts: Die Bauwirtschaft Wld damit die Bauhandwerksberufe wurden bald nach der WährWlgsreform vor große Aufgaben ge- stellt. Wie auch damals ging die Initiative von der Wirtschaft, d. h. vom Zentralverband des Installateur- und Heizun~shandwerks in Bonn, aus, eine zentrale BildWlgsstätte zu schaffen. Eine GründWlgsvereinbarWlg zwi- schen dem Zentralverband des Installateur-, K1empner-, Kupferschmiede- Wld Zentral- heizungsbauerhandwerks Bonn, dem Lande Baden-Württemberg Wld der Stadt Karlsruhe
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wurde am 20. Februar 1954 in die Wirk- lichkeit umgesetzt: Die "BWldesfachschule" war geboren. Auf der Grundlage einer mit Gesellenprüfung abgeschlossenen Lehre Wld einer dreijährigen Gesellenzeit wird der künftige Techniker in drei Semestern in einer der F achrichlWlgen Klempnerei und installa- tion bzw. Kupferschmiede Wld Apparatebau bzw. Heizung-Lüftung-Wärmewirtschaft aus- gebildet. Nach erfolgreicher Abschlußprü- fung darf er sich "Staatlich geprüfter Tech- niker" in einer der drei FachrichlWlgen nen- nen.
Das Ziel der BWldesfachschule . wird folgendermaßen beschrieben: Dem hand- werklich vorgebildeten Wld beflihigten jWlgen Menschen soll eine wissenschaftlich fundier- te theoretische Wld praktische AusbildWlg geboten werden, die ihn beflihigt, als Techni- ker in handwerklichen, industriellen Wld öffentlichen Betrieben in PlanWlg, Fertigung Wld ÜberwachWlg erfolgreich tätig zu sein. Die Unterrichtskonzeption war außerordent- lich fortschrittlich: Der gegliederte Unterricht in den einzelnen Fächern wurde durch Projekte kleinerer Wld größerer Art fächer- übergreifend thematisch zusammengefaßt Wld Wlter Realbedingungen durchgefuhrt, wie sie für den Techniker in den Betrieben vorlagen. Diese Konzeption stellte hohe AnforderWJgen an die Lehrer, denn die Praxis in den PlanWlgsbüros diktierte Inhalte Wld Unterrichtsstil, sowie an die Schüler, denn die umfangreichen Projekte erforderten Genauig- keit Wld hohen Zeitaufwand. Diese Konzepti- on wurde erst in den 80er Jahren mit der NeuordnWlg der Metallberufe neu entdeckt; sie hat auch wohl die Qualität, das Niveau Wld den guten Ruf der BWldesfachschule erwirkt Wld läßt sich mit sporadisch eilig eingerichte- ten Technikerklassen in ansonst ganz anders konzipierten Gewerbeschulen nicht kopieren.
1961 wurde die im Laufe der vorangegan- genen Jahrzehnte fiir das Installationsgewer-
Blick in den Ausstellungs- und v"rsuchsraum der Blechner- und InstaliateurjachschuJe Kar/srnhe.
be neu aufgenommene Bezeichnung Sanitär- technik in den SchuInamen übernommen: Sie heißt nun "Bundesfachschule rur Sanitär- und Heizungstechnik" . Mit diesem Begriff wird wohl auch die Hauptaufgabe dieses Hand- werks umschrieben, nämlich die technischen Voraussetzungen rur ein gesundes Leben in den Wohnungen und Häusern zu schaffen (Sanitär von: sanitaire (franz.) von: Sanitas (Iat.) = Gesundheit). Interessanterweise ist es der lateinische Begriff fUr die gleiche Aus- sage, die mit dem Wort Hygiene beschrieben wird.
In der weiteren Entwicklung der Bundes- fachschule wurde die Meisterschulausbildung wieder aufgenommen, durch die Berufsschule ergänzt und rur diese gesamte organisatori- sche Einheit der Name "Heinrich-Meidinger- Schule" eingefuhrt. Die Ausbildung wurde auf vier Semester Dauer erhöht, durch zu-
sätzliche Kurse wurde der Durchstieg zur Fachhochschule ennöglicht und die Verbin- dung zum allgemeinbildenden Schulwesen mit der Zuerkennung der F achschuIreife hergestellt. Die ideelle Trägerschaft des Zentralverbandes Sanitär-Heizung-Klima St. Augustin und des Bundesverbandes Heizung- Klima-Sanitär in Bonn ist geblieben und bildet ein unverzichtbares und wichtiges Verbindungselement zu den Betrieben, die die ausgebildeten staatlich geprüften Techni- ker einstellen, z. B. fiir speicherprogram- mierbare Steuerungstechnik, Datenverarbei- tung, 'Energiesparsysteme, umweltschonende Geräte- und Anlagensysteme. Seit 1909 wurden ca. I 500 Fachschüler erfolgreich auf die Meisterprüfung vorbereitet, seit 1954 haben etwa 6 400 staatlich geprüfte Techni- ker der Sanitär- bzw. der Heizungs-Lüftungs- Klimatechnik die Bundesfachschule verlas-
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sen und sind im ganzen Bundesgebiet in Industrie, Handwerk, Behörden, Verbänden und Verlagen tätig.
Insofern hat die Heinrich-Meidinger-Schu-
le Karlsruhe eine Schlüsselstellung erhalten, wie wir sie uns in unserer modemen deut- schen Zivilisation nicht mehr wegdenken können. Wolfgang Paech
Straffälligenhilfe in Baden Der Badische Landesverband rur soziale Rechtspflege
Der Name des Verbandes steht nicht nur fiir anderthalb Jahrhunderte Gefangenenfiirsorge, sondern ebenso fiir mannigfache neue Arbeitsfelder der Straffalligenhilfe, die im Laufe der Zeit hinzugekommen sind. Bis ins beginnende 19. Jahrhundert hinein hatte man nämlich die Strafgefangenen in Türmen und Kellerverliesen eingesperrt und bis zur Hinrichtung oder Freilassung nur mit dem Nötigsten versorgt. Eine eher zufallige Betreuung in der Zelle verdankten sie allein der karitativen Initiative einzelner Helfer oder kleiner Gruppen. Erst im Gefolge der Aufklärung, dann der Französischen Revolu- tion, wandelte sich der Straf gedanke und damit die Vollzugsbedingungen.
Mehr und mehr setzte sich jetzt die Erkenntnis durch, daß der Delinquent bes- serungsiahig sei. Man errichtete menschen- würdigere Haftanstalten - ,.zucht-, Arbeits- und Spinnhäuser" -, wo .trotz harter Straf- vollstreckung mittels Erziehung und Ausbil- dung ein tadelfreies Leben nach der Ent- lassung vorbereitet werden sollte.
Frühe Gefangnisreformen
Mutige Wegbereiter wie John Howard {I 726-1790) und Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) haben schon früh Gefangnis- reformen und persönliche Fürsorge fiir die Gefangenen eingefordert. Ihre Gedanken fie- len auf fruchtbaren Boden, bald entstanden
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"Schutzgesellschaften" wie die 1776 gegrün- dete Philadelphia Society. 1826 kam es in Rheinland-Westfalen zur Gründung . einer Gefangnis-Gesellschaft, 1828 folgte der Berliner Verein fiir die Besserung der Strafgefangenen. In WürUemberg bildete sich 1830 der erste Verein zur Fürsorge fiir entlassene Strafgefangene. Um die gleiche Zeit wurden im Großherzogtum Baden Schritte eingeleitet, um ebenfalls einen Schutzverband zu gründen.
Schlüssel gestalt war der Rechtsprofessor Karl Joseph AntonMiuermaier(l787-1867), der an der Universität Heidelberg neben anderen Fächern Strafrecht, Strafprozeß und Kriminologie lehrte, der 1833 zum Präsiden- ten des badischen Landtags in Karlsruhe und 1848 auf den Präsidentenstuhl des Vor- parlaments in Frankfurt berufen werden sollte.
In einer Denkschrift des Jahres 1830 schlug Mittermaier vor, an allen Orten im Badi- schen, wo Gefangnisse bestehen, einen Bezirksverein zu schaffen. In Karlsruhe müsse ein Zentralverein - der spätere Landesverband - entstehen, der eine Art Oberleitung über die örtlichen Zusammen- schlüsse ausüben sollte. Am 21 . August 1830 legte der Professor der Karlsruher Regierung einen 44 Artikel umfassenden Satzungs- entwurf vor für einen" Verein zur Besserung der Strafgefangenen und Verbesserung des Schicksals entlassener Häftlinge", der unter
dem 20. Januar 1831 vom Staatsministerium gebilligt wurde.
Zum ersten Vorstand der Generaldirektion wurden mehrere Karlsruher Bürger gewählt: Geheimer Referendar Ziegler als Vorsitzen- der sowie Geheimer Rat Baumgärtner, Hofdiakon Deimling, Oberpostdirektor Frei- herr von Fahnenberg, Hande1smann Gries- bach, Prälat Hüffel und Finanzrat Rutsch- mann als weitere Vorstandsmitglieder. Am 14. November 1832 fand die erste Generalver- sammlung statt - dies sieht man heute als offizielles Gründungsdatum an. Um die glei- che Zeit bildeten sich draußen im Land 16 Be- zirksvereine. Ihre Zahl sollte im Laufe der nächsten Jahrzehnte bis auf 60 ansteigen.
Eine Vielzahl von Hilfsrnaßnahmen lief an: In den Gefangnissen erteilten Lehrer auf Kosten der Vereine Unterricht im Rechnen, Schreiben und Handwerken. Erhebliche Mittel wurden aufgewendet rur die Unterstüt- zung von Fanulienangehörigen während der Haftzeit des Ernährers. Bei Entlassung wurde der Gefangene mit neuer Kleidung ausgestat- tet, mit Reise-, Überbrückungs- und auch Auswanderungsgeldern versehen, verpfande- tes Handwerkszeug ausgelöst.
Zur Existenzgründung hat man Spinnma- schinen, Webstühle oder Tischlergerät ange- scham. Die Vereinsmitglieder standen den ehemaligen Gefangenen mit Rat und Tat zur Seite, bemühten sich vor allem um geeignete Arbeitsstellen. Mancher Helfer hat einen Strafentlassenen in seinem eigenen Betrieb angestellt oder gar in sein Wohnhaus auf- genonunen. Im Jahre 1888 errichtete der Landesverband das Erziehungsheim Flehingen und 1912 in der Karlsruher Werderstraße ein Wohnheim rur gefahrdete männliche Jugend- liche. Im Jahre 1919 wurde das Erziehungs- heim Stutensee ftir schulentlassene Jungen
Kar! Jase! Anion Millermaier 1787-1867
eröffnet, vom stellvertretenden Verbandsvor- sitzenden Dr. Wetzlar und seiner Frau jahrelang persönlich betreut.
Das erfolgreiche Wirken war auch von Seiten der Obrigkeit anerkannt worden, denn der Großherzog hatte 1887 dem Landesver- band, 1896 auch den Bezirksvereinen den Sonderstatus von Körperschaften des öffent- lichen Rechts verliehen, den sie bis heute innehaben. Die Verbandsgeschichte hat seither gute wie ungünstige Phasen durchlau- fen. So ging mit der Inflation das gesamte Vereinsvermögen verloren.
Nach der braunen Machtübernahme wurde
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der Verband dem Amt fiir NS-Volkswohl- fahrt angegliedert. Gleichwohl konnte die Hilfstätigkeit noch einige Zeit ziemlich ungestört fortgesetzt werden, bis dann mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Arbeit wegen Personalmangels weithin eingestellt werden mußte.
. Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach Kriegsende und Währungsreform regte sich das Vereinsleben wieder. Nunmehr bemühte man sich um Ausstattung der Haftanstalten mit Rundfunk- und Femsehan- lagen, Büchereien, Sport- und Bodybuilding- geräten, weiter um Kostentragung rur Aus- und Fortbildung, z. B. soziales Training; in einem Falle wurde eine Schweißlehrwerk- stätte angescham. Hand in Hand liefen die traditionellen Einzelfallhilfen fUr Gefange- ne, Entlassene und deren Angehörige weiter.
Zu Anfang der 70er Jahre ging man dazu über, schrittweise Einrichtungen der teil- stationären Straffalligenhilfe zu schaffen. Dort beraten Sozialarbeiter in AnlaufsteIlen die Beschuldigten und Pi-obanden, in Über- gangswohnheimen fmden Entlassene erste Unterkunft bis zur Wiedereingliederung im normalen Wohnbereich. Im Jahre 1973 konnte der Karlsruher Verein fiir Jugendhilfe im Stadtteil Daxlanden das Neue Christo- phorushaus eröffnen, wo junge Menschen ein Stück Heimat, zugleich modernste jugend- pädagogische Betreuung [mden. Inzwischen betreiben die Bezirks- und Mitgliedsvereine des Verbandes im badischen Landesteil über 20 ortsgebundene Hilfseinrichtungen.
Neue Sozialarbeit
Parallel hierzu hat man zahlreiche rechts- und kriminalpolitische Maßnahmen gefordert
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und mitgetragen. So wurde nach Einfiihrung der Strafaussetzung zur Bewährung 1954 das Wirken der Bewährungshelfer unterstützt, die Wiedereinfiihrung der Gerichtshilfe ist Verdienst des Landesverbandes, denn er hat die ersten Sozialarbeiter fUr die neuartige Aufgabe gewonnen und eingesetzt, bis sie vom Staat übernommen wurden. Bedeutsam war in diesem Zusammenhang die gleichzei- tig in Karlsruhe laufende Erprobung des Modells Vollstreckungsgericht, wodurch alle Entscheidungen nach rechtskräftiger Verur- teilung zentral ein und demselben Gericht übertragen werden sollten. Aktuelle . Auf- merksamkeit [mden Entschuldungsberatung und Täter-Opfer-Ausgleich als neuzeitliche Formen der Kriminalitätsprophylaxe und der Diversion im Strafrecht.
_ . ____ _ ~~~ gegenwärtige L~e:_",_",_",~~
Nach der Wiedervereinigung hat man partnerschaftlieh zuni Aufbau der Straf- [alligenarbcit im neuen Bundesland Sachsen beigetragen. Zu nennen sind schließlich die Bemühungen um grenzüberschreitende Straf- falligenhilfe hinüber zu den Nachbarländern. Vorbereitungen sind getroffen, um gemein- sam mit französischen Freunden in Straßburg eine europäische AnlaufsteIle rur Straffallige zu eröffnen, in der namentlich auch deutsche Beschuldigte Rat und Hilfe [mden sollen.
Der Badische Landesverband fUr soziale Rechtspflege versteht sich als selbständiger regionaler Träger der freien Straffalligen- hilfe. In gemeinnützigem Einsatz versuchen seine Mitglieder, einer mit Vorurteilen betrachteten Randgruppe weiterzuhelfen. Nur wenn wir den vorbestraften Mitbürger wieder annehmen und eingliedern, vermag er straffrei unter uns zu leben.
Reiner Haehling von Lanzenauer
Die Entwicklung des Volksschulwesens im Raum Karlsruhe
Vom 16. zum 19. Jahrhundert
Zuvor ein Rückblick: Über Jahrhunderte hinweg ging die Volksbildung von den Klöstern aus. In den Klosterschulen wurden sprachliche und andere Kenntnisse vermittelt. Sogenannte Ritterschulen sorgten fiir die körperliche Ertüchtigung der künftigen Tur- nier-Streiter. Die Markgrafen von Baden, oft in Fehden zur Sicherung ihres Herrschaftsbe- reiches verwickelt, begrüßten es, daß die Klöster Bildungs- und Erziehungsaufgaben übernahmen und gewährten ihnen Schutz und Unterstützung.
In den einzelnen Dörfern beschränkte sich jedoch die Unterweisung der Bevölkerung auf die Verkündigung der christlichen Lehre und auf die Anleitung zur Bestellung der Felder sowie anderer fiir den Lebensunterhalt notwendiger Verrichtungen. Das Lesen und Schreiben war fiir sie eine unbekannte Kunst. Von einem allgemeinen Schulwesen in der badischen Markgrafenschaft kann deshalb vor dem 16. Jahrhundert nicht gesprochen ~erden.
In den Anfangsjahren des 16. Jahrhunderts entstanden neben den Lateinschulen die sogenannten "niederen lateinischen Schu- len". Während in den Lateinschulen vorwie- gend die künftigen Geistlichen und Söhne aus den Adelsgeschlechtern, aber zunehmend auch Söhne aus dem Bürgertum herangebildet wurden, besuchten diese kleineren Schulen auch Kinder aus dem Kaufinanns- und Handwerkerstand. Diese "niederen lateini- schen Schulen" waren örtliche Einrichtun- gen, von den Gemeinden unterhalten und
beaufsichtigt. Eine solche Schule befand sich z. BinDurlach. Aus einer Schulordnung fiir diese Schule aus dem Jahre 1536 ist zu erfahren, daß der Stadtschreiber die Oblie- genheit hatte, Schule zu halten und er dafiir eine jährliche Besoldung von 10 Gulden und 4 Malter Kom bezog. Die Schulordnung gibt u. a. folgende Anwei$ung:
"Ein Schulmeister zu Durlach soll zum Vordersten geloben und schwör einen jeden jungen Knaben, der ihm zur Zucht und Lehre befohlen, er sei fremd oder heimbsen, reich oder arm, erstlieh zu Gottes Ehr, zur Zucht und Ehrerbietung gegen der Obrigkeit, ihren Eltern, auch alle alte gelepten Personen zum fleissigsten anhalten, lernen und weisen .. . ". Weiter enthält die Schulordnung die Anwei- sung, Knaben, die nicht Latein lernen, sondern "allein ein Namen zu lesen und schreiben in teutscher Sprach zu lehren begeren und folgens zu Handwerken oder andern Geschäften thun und brauchen wollen, dieselben soll der Schulmeister mit obge- meltem und gleichformigem fleiß und Ernst teutsche Sprach zu schreiben und zu lesen unterweisen, zu göttlicher Forcht, gutenn Sitten und Tugenden ... " in Bedacht des Spruchs Aristotelis - zu deutsch -: "Fort- schritte im Wissen ohne gute Sitten schaden mehr als sie nützen." Außer diesen "niederen lateinischen Schulen" war auch in der Entwicklung zu einem allgemeinen Schulwe- sen mit den sog. " Pfarrschulen" ein guter Anfang gemacht worden. Diese waren eine Einrichtung, die mit kirchlichen Mitteln unterhalten wurde.
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Die "pfarrschulen" ---,~~, ------
Im Jahre 1556 fUhrte Markgraf Karlll, in der Markgrafschaft Baden-Durlach die Re- formation ein und gab am 1. Juni 1556 eine neue Kirchenordnung heraus. Er erteilte einer aus Beamten und Geistlichen bestehenden Kommission den Auftrag, in jeder Gemeinde neben' der Zustimmung zur neuen Kirchen- ordnung auch überall festzustellen, ob eine Schule vorhanden sei. In jeder größeren Gemeinde, wo bis dahin keine Schule bestanden habe, solle eine solche gegründet werden. Der Superintendant jeder Diözese habe sie jährlich mindestens zweimal zu visitieren und darüber Bericht zu erstatten. In der neuen Kirchenordnung ist im Hinblick auf die Unterrichtung der Jugend u. a. folgendes zu lesen:
"Ein jeglicher Pfarrher oder sein Diakonus soll alle Sonntag eine sondere Zeit zu dem Catechisimo, fiirnämlich fiir das jung Volck inn der Kirchen ... fiirnehmen, und die Jugend dahin gewonen, daß sie folgender Catechisi- mum von Wort zu Wort auswendig lernen ... Hernach soll er ettliche Jungen öffentlich verhören ... und sollen die Kirchendiener mit der Jugend so freundlich und holdselig handeln, daß sie nicht von dem Catechismo abgeschreckt, sondern deren lustig werden, wie unser Herr Christus selbst sich der Kinder auf das freundlichste angenommen hat." Im Jahre 1599 gab Markgraf Ernst Friedrich Richtlinien fUr die Kirch- und Schuldiener der Markgrafschaft bekannt, in denen es heißt: "Es obliegt Uns, vorneblich auffKirchen und Schulen nach äusserstem vermög ein wachsa- mes aug zu haben,"
Die Unterrichtszeit beschränkte sich an- fanglich in der Regel auf die Wintermonate. Die Eltern schickten ihre Kinder erst nach der Erntezeit zur Schule, und im Frühjahr, wenn di,e Feldarbeit begann, hielten sie diese vom Unterricht fern. Jedoch ist Berichten zu
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entnehmen, daß es im 16. Jahrhundert neben den Winterschulen vereinzelt zusätzlich auch Sommerschulen gab, die während des 17. und 18. Jahrhunderts zur allgemeinen Einrichtung wurden. Gleichzeitig mehrten sieb aber auch die Klagen wegen des unregelmäßigen Schulbesuchs gerade bei den Sommerschulen. Auch im Karlsruher Raum wurden solche Sommerschulen in vielen Orten eingefUhrt.
Anfang des 18. Jahrhunderts erf~en wir von solchen u. a. in Bauschlott, Durlach, Eg- genstein, Linkenheim, Hochstetten, Knielin- gen, Grötzingen, Staffort, Wolfartsweier, Ittersbach, Söllingen, Stein und anderen Orten. Doch auch hier reißen die Klagen we- gen des schlechten Schulbesuchs nicht ab. So wird aus Ittersbach gemeldet: "Schule wird schlecht frequentiert, Ermahnungen haben nicht gefruchtet". Von Bauschlott ist ZU hö- ren: "Schulmeister halte zwar Sommerschule, aber Niemand als des Pfarrers Kinder besu- chen dieselbe." Die Klage aus Eggenstein ist mit einem energischen Vorschlag verbunden: "Die Eltern sollen das Schulgeld bezahlen, ob sie ihre Kinder schicken oder nicht; das sei das einzige Mittel, das helfen könne." Aus Stein hört man, "daß ungeachtet die Som- merschule allezeit verkündigt werde, schik- ken die Eltern ihre Kinder nicht einmal den Winter hindurch in die Schule, geschweige im Sommer". Selbst aus Durlach kommen Kla- gen, daß die Kinder besondcrs im Sommer "liederlich zur Schulc kommen".
Die Lehrer
Sicher spielte dabei auch die wirtschaftli- che Lage der Eltern eine nicht unerhebliche Rolle, da die das Schulgeld fUr den Lehrer aufbringen mußten. Von einem Volksschul- Lehrerstand kann in jener Zeit noch nicht gesprochen werden; oft war der Pfarrer der Lehrer. In manchen Orten wurden auch Lehrer aus anderen Gegenden als Schulmei-
Schulmuseum Friedrichshafen am Bodensee, in dem Darstellungen des Schulwesens vom Miltelalter bis zur Gegenwart gesammelt werden. (Ojfnungszeilen Di~ 10-17 Uhr)
ster angenommen. Oder man holte als Lehrer Leute im Ort, die lesen, schreiben, singen und den Katechismus abhören konnten.
Diese übten ihre Tätigkeit meist als Nebenberuf aus, denn das Schulgeld, das sie von den Eltern erhielten, stellte infolge des unregelmäßigen Schulbesuchs kein sicheres Einkommen dar. Viele übten deshalb ein Handwerk aus, oder sie wurden als Gerichts- schreiber und zu Arbeiten im Gemeindedienst herangezogen. So waren z. B. die Schulmei- ster von Rüppurr und Berghausen 1658 mit dem Schätzungseinzug beschäftigt. Nach der Mitte des 17. Jahrhunderts erhielten die Schulmeister an manchen Orten auch schon eine Besoldung durch die Gemeinde.
_~~hulhäuser un.d Lehrerbesold,;",;;:g~_
Schulhäuser entstanden erst langsam gegen Ende des 16. und im Laufe des 17. Jahr- hunderts. Vorher war es üblich, daß der Schullehrer in der eigenen Wohnung Schule halten mußte. Das Wohnzimmer des Lehrers war zugleich die Schulstube. Der Bericht eines Schullehrers aus jener Zeit gibt einen Einblick in diese Situation: "Wenn Einer den Winter über 20 bis 30 Schulkinder bekommt, wäre es Noth, daß Weib und Kinder aus der engen Schulstuben wichen und den ganzen Winter über den anderen Leuten überlästig sein müssen."
Von den im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts unter großen Anstrengungen errichteten Schulhäusern wurden dann viele im 30jährigen Krieg zerstört. Nur langsam
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kamen danach die Schulen wieder in Gang; doch es währte nicht lange, da erlitt wiederum eine große Zahl der erbauten Schulhäuser das gleiche Schicksal.
Die badische Markgrafschaft war durch den PIalzischen Erbfolgekrieg erneut Kriegs- schauplatz geworden, wobei neben vielen anderen Orten am Oberrhein Durlach in Schutt und Asche sank. Die Kriegsfolgen bekamen nach der Wiederaufua1une des Schulunterrichts auch die Lehrer zu spüren, denn die Gemeinden konnten ihre Besoldung nicht mehr aufbringen. Erst um das Jahr 1720 wurde durch Markgraf Karl Wilhelm, dem Stadtgründer von Karlsruhe, der Ausbau des Schulwesens wieder systematisch vorange- trieben. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgte auf Antrag der Kirchenbehörde eine zweimalige jährliche Kollekte fiir einen Schulhaus-Baufonds. Gleichzeitig wollte man auch eine Aufbesserung der Besoldung fiir die Lehrer erreichen.
Nach einer Übersicht von Kirchenrat Bürklin im Jahre 1747 mit einer Aufzählung der Gemeinden, bei denen der Lehrer ,,hinreichende" Bezahlung erhielt, - wozu auch Karlsruhe zählte -, wird festgestellt: "bei den übrigen Schulstellen benebst einer Anzahl Pfarreien reicht das Einkommen zur täglichen Nothdurft nicht hin". Am 16. März 1747 winI der Marlcgraf gebeten, diefiirstliche Rentkammer solle wegen. der Aufbesserung der Lelncibesoldung einen Vorschlag machen. Allein die Rentkammer war mit einer solchen Aufbesserung keineswegs einverstanden. Sie erwiderte, daß sie "die Verbesserung · der allzu geringen Pfarr- und Schulkompetenzen, welche sich auf 4-5 000 Reichsthaler belatifcn dürfte, vor eine pure Ohnmöglichkeit ansehe".
Naeh<einem weiteren Vorstoß bei Marlcgraf Katl 'Friedrich erging jedoch ein Betrag des Fürsten an die Rentkammer, um durch einen jährliChen Zuschuß an den geistlichen Ver-
waltungsfundus zur Verbesserung der schlech- ten Landesschulbesoldungen beizutragen. Diese Zuschüsse galten jedoch nur fiir die ,,geringsten Schulbesoldungen". Eine weitere Verbesserung, die heute wohl besonderes Erstaunen hervorruft, betraf die Heizung des Schulzimmers. Es bestand bisher die Anwei- sung, daß jedes Schulkind im Winter täglich 1 Scheit Holz in die Schule mitbringen mußte. Mit Decret vom 17. Mai 1754 wurde an- geordnet, daß die Lieferung des Brennholzes künftig durch die Gemeinde erfolgen muß.
Die Förderung des Schulwesens durch Markgraf Karl Friedrich zeigte sich auch in der Einfuhrung der Schulpflicht fiir alle Kinder vom 6.-13. Lebensjahr (General- Verordnung vom 28. September 1753). Sie galt sowohl fiir die Winter- wie Sommer- schulen. Außerdem richtete er zusätzlich die Sonntagsschulen fiir die aus der Schule entlassenen Jugendlichen ein, wobei der Unterricht 1768 dahingehend erweitert wur- de, daß er neben Religionslehre auch Lesen, Schreiben und Rechnen umfaßte.
In einer General-Synodal-Verordnung vom 25. Mai . 1756 wird im Hinblick auf den Schulbesuch den Eltern, die ihre Kinder künftig nicht regelmäßig zur Schule schicken, angedroht, daß die Schultheißen diese fiir jeden versäumten Schultag sollen ,,ganz ohnfehlbar einstecken lassen". Gleichzeitig wird bestimmt, daß fiir arme Kinder das Schulgeld "aus dem Flecken-Almosen" beschaffi werden soll. Die einzelnen Unter- richtsfacher wurden in einem Schulschema- tismus geregelt.
Vereinigung der Markgrafschaften """"""':««<0 :"'": ~»»:~ __ •
1m Jahre 1771 wurden die seit dem Jahre 1527 getrennten Markgrafschaften Baden- Durlach und Baden-Baden wieder vereinigt. 'In der Markgrafschaft Baden-Baden, die nach der Reformation katholisch verblieben war,
hatte es in den vergangenen 250 Jahren ebenfalls große Anstrengungen zur Hebung des Volksschulwesens gegeben.
Zuletzt hatte Markgraf August Georg v. Baden-Baden vor seinem Ableben in einer ,,Allgemeinen Landschulordnung" vom 27. Juni 1770 ebenfalls die Schulpflicht fiir das ganze Jahr eingefiihrt. Hic wurden fiir Eltern, die ihre Kinder nicht regelmäßig zur Schule schickten, Straf gelder angeordnet. Schulgeld wurde fiir arme Schu1kinder nicht erhoben.
Nach dem Zusammenschluß der beiden Markgrafschaften blieben die konfessions- verschiedenen Schulen erhalten, und meist schickten die Eltern ihre Kinder auch in die Schule ihres Bekenntnisses; ein Zwang hierzu bestand jedoch nicht.
Da sich in der Folgezeit durch die Herausbildung verschiedener Schultypen das Schulwesen inuoer mehr differenzierte, entwickelte es sich zunehmend hin zur Simultanschule, die dann in Baden im 19. Jahrhundert eingefUhrt wurde und Vorbild- funktion fiir das Schulwesen in den anderen deutschen Ländern erlangte.
Die Lehrerausbildung .
Zur Ausbildung der Lehrer ist erst aus dem Jahr 1756 eine allgemeine Verordnung bekannt. Sie sah vor, daß sich der angehende Lehrer bei dem Pfarrer und einem guten Schullehrer in den Schulunterricht - auf seine Kosten - wenigstens ein Jahr lang einfuhren und einüben ließ.
In einer Anweisung von 1757 werden
nähere Ausführungen über die "am Schlusse der Ausbildung vor dem Fürstlichen Kirchen- rats-Kollegium abzulegende Prüfung" gege- ben. 1768 wurde beim Gymnasium in Karlsruhe ein Schulseminarium eingerichtet. Aufnahme in das Seminarium sollten nur solche finden, die "schon die ganze Schul- Präparation durchlaufen haben".
Die Ausbildungszeit dauerte ein Jahr. Im letzten Halbjahr sollte sich der Schulkandidat bei einem der besten Schullehrer "täglich eine Stunde in Methode Docenti üben". Im Hinblick auf den Bauernstand sollte auch das Okulieren der Bäume und der Seidenbau erlernt werden, ebenso mit Rücksicht auf die Handwerker und Architekten "die Reiß- stunden auf dem Rathaus zu Carlsruhe" besucht werden.
Den Nachweis über ihre Eignung hatten die Lehrer in häufigen Schulvisitationen zu erbringen. Bereits 1756 war eine monatliche und vierteljährliche ·Schulvisitation angeord- net worden. Beim jährlichen Hauptexamen waren 65 Prüfungsfragen zu beantworten.
1805 hatte Baden nach dem Sieg Napoleons über Österreich einen Teil der vorder- österreichischen Lande, zu denen der Breis- gau gehörte, erhalten. Die Schulen dieses Gebietes unterstanden bisher der Regierung in Wien. Auch durch diesen Gebietszuwachs ergab sich fiir Baden, das nun Großherzogtum geworden war, die Aufgabe, durch einen Organisationsplan das gesamte Schulwesen neu zu ordnen, womit die Weichen fiir die weitere Entwicklung des Volksschulwesens in das 19. Jahrhundert gestellt wurden.
AmalieHeck
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Hofrat Johann Lorenz Boeckmann und das erste deutsche Telegramm
Ein Karlsruher Physiker fördert "Telegraphik"
Bemühungen, Nachrichten auf große Ent- fernwigen schneller als durch Boten zu übermitteln, reichen bis ins Altertum zurück. Vielfliltig waren im Laufe der Jahre die Versuche; mit Hilfe von Apparaten optische Signale zu übermitteln, doch erst dem Franzosen Claude Chappe gelang es, einen wirklich brauchbaren optischen Telegraphen zu konstruieren. In seinem Land war 1789 die Revolution ausgebrochen, und der zur Untätigkeit verdammte Abb6 Chappe hatte nun genügend Zeit, sich mit der von ihm geliebten Physik zu beschäftigen. Damals reifte in dem ehemaligen Geistlichen der Gedanke an eine telegraphische Übertragung, "die es der Regierung möglich machen könnte, Anordnungen in einem Bruchteil der bisher benötigten Zeit zu übermitteln". Nach vielen Versuchen, die seine Angehörigen mit umfangreichen Geldmitteln unterstützten, gelang es Claude Chappe, diesem optischen Telegraphen seine endgültige Form zu geben.
Das Signalisiergerät hatte einen zweiarmi- gen Hebel, der aus Brettern balkenartig zusammengesetzt auf einem Gerüst drehbar gelagert war, und an dessen Endenjeweils ein kleiner Flügel zusätzlich bewegt werden konnte. Mit Hilfe des Hebels und der Flügel vermochte Chappe 196 verschiedene Zeichen darzustellen. Um aber allzu schwierige Einstellungen zu vermeiden, beschränkte er sich auf 92 Zeichen. So brauchten nur Stellungen benutzt zu werden, die sich deutlich gegen den Horizont abhoben.
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Claude Chappe
Am 22. März 1792 legte Claud~ Chappe seine Erfmdung dem Konvent (V olksvertre- tung) der französischen Republik vor. Dieser entschied, daß eine Versuchsstrecke gebaut werden solle, die von Pelletier SI. Fargeau nach SI. Martin du Thertre fiihrte. Am 17. Juli 1793 tauschte man auf dieser Telegraphenli- nie - unter den mißtrauischen Blicken von Politikern und Wissenschaftlern - zweI Depeschen aus.
Die Nachricht lautete: "Danou ist hier angekommen, er kündigt
an, daß der Nationalkonvent seinen Si- cherheitsausschuß autorisiert hat, die Papiere der Deputation zu versiegeln."
Die Antwort hieß: "Die Bewohner dieser reizenden Gegend
machen sich durch ihre Achtung gegenüber dem Nationalkonvent und dessen Gesetzen der Freiheit würdig."
Claude Chappe verblüffte die Prüfungs- kommission mit einer fiir damalige Zeiten unglaublichen Geschwindigkeit, in der die Telegramme durchgegeben werden konnten: Das erste benötigte fur die 70 Kilometer lange Strecke elf, das zweite neun Minuten! Er wurde von der Regierung zum Telegraphen- ingenieur ernannt und der Pioniertruppe zugeteilt, denn das neue Kommunikationsmit- tel sollte militärischen Zwecken vorbehalten bleiben. Zugleich beauftragte man ihn mit dem Bau einer Telegraphenlinie von Paris nach Lilie.
Es stellte eine gewaltige Herausforderung fiir ihn dar, eine Strecke von rund 225
Zwei Chappe-Telegraphen: Anfang und Ende der Linie Paris - Lilie Ein Pariser Bürger berichtet: "Der hiesige Telegraph befindet sich aufdem mitte/sten
Pavillon des Louvre. Es ist eine Art Observatorium, das aber dem Dach emporragt, hat eine viereckige Form und ist flach gedeckt. Seine Seiten sind ganz verglast, damit man
sich allenthalben umsehen kann .. . 'Wenn die Maschine schreibt, dann sagt das zu Tausen- den umher versammelte Volk: 'La maschine va, ah! 10 maschine va! '"
Kilometern mit seinem System zu überbrük- ken. 22 Stationen mußten gebaut werden, und er äußerte sich hierzu:
"Es waren Initiative, Mühe und Hilfsmittel in unvorstellbarem Ausmaß aufzuwenden, um die zunächst nicht vorhersehbaren Hindernisse und Schwierigkeiten wegzuräumen und eine entsprechende Organisation zu bilden."
Kaum hatte diese Linie mit ihrer Erprobung begonnen - ein Zeichen durchwanderte die
225 Kilometer in 2 Minuten -, als schon spektakuläre Depeschen nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa aufhorchen ließen.
In der Conde war es zu einem Aufstand von Royalisten gegen die neue Republik gekom- men. Die Regierung gab den Generälen Kleber und Westermann Order, die Erhebung niederzuwerfen. Mit Hilfe des Chappe- Apparates konnte die Einnahme der Conde durch republikanische Truppen dem Konvent während einer Sitzung telegraphisch von Lille aus gemeldet werden. Der Text lautete:
"Die Conde ist der Republik wiedergewon-
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nen worden, die Eingliederung hat heute um sechs Uhr stattgefunden."
Der Chappe-Telegraph hatte seine Lei- stungsfähigkeit bewiesen, und sein Erfinder wurde von der französischen Republik beauftragt, weitere Telegraphenlinien aufzu- bauen.
Johann Lorenz Boeckmann
Schon seit 1793 hatte im badischen Karlsruhe ein Mann mit wissenschaftlichem Interesse den Werdegang dieses neuartigen Signalsystems verfolgt: Hofrat Johann Lo- renz Boeckmann. Geboren wurde er am 8. Mai 1741 in Lübeck. Nach dem Besuch des Gymnasiums in seiner Heimatstadt studierte er in Jena Theologie und Mathematik. Bereits 1764 wurde er zum Professor der Mathematik und Physik am akademischen Gymnasium in Karlsruhe ernannt. Zeitweise war er auch als Lehrer am badischen Hof tätig und genoß besonders das Vertrauen des Markgrafen Karl Friedrich.
Im Dezember 1794 erscheint in der Zeitung "Allgemeines Intelligenz = oder Wochenblatt für sämtlich = Hochfiirstlich = Badische Lande" folgende Anzeige:
"Carlsruhe. Des Herrn Hofrath BoeckmlllUlS Versuch über Telegraphik und Telegraphen, nebst der Beschreibung und Vereinfachung des französischen Telegraphen und der Anzeige einiger von ihm vorgeschlagener neuen Methoden, mit Kupfern, hat soeben die Presse verlassen und ist in Macklots Hof- buchhandlung a 1 fl. (Gulden) zu haben."
Am Anfang seines Büchleins stehen die Zeilen:
"Wenn anders ein Gegenstand, der von unbezweifeiter Wichtigkeit ist, und ein reiner, guter Zweck einer literarischen Arbeit auch bei sonst geringen Vorzügen einigen Werth geben können, so verdient diese kleine Ab- handlung über Telegraphik vielleicht eine nicht
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ungütige Aufnalune vom Publikum. Denn sie zielt ab auf Menschen und Länder Wohl, und ihr Thema ist vielumfassend und groß; zwar wohl nicht durchaus neu, und schon von würdigen Männern vor mir bearbeitet, doch immer noch mancher Entwicklung fähig, ganz das Augenmerk der itzigen Zeitperiode, und den Bcdürfuissen derselben vollkommen angemessen!"
Einige Seiten weiter vermerkt er: . "Was ist denn also Telegraphik? Was sind
Telegraphen? - Nach dem eigentlichen Sinn des Wortes ist jene eine Schreibkunst in die Feme, oder die Wissenschaft, jemandem eine willkürliche Gedlinkenreihe in beliebiger Entfernung und mit ungewöhnlich großer Geschwindigkeit bestimmt und sicher be- kannt zu machen; und ein Telegraph wäre dann ein Mann, der diese Kunst auszuüben versteht. Doch ,vird das Wort Telegraph itzt größtentheils in einer anderen Bedeutung, und fUr die ganze Einrichtimg selbst gebraucht, vermittelst welcher die Gedanken in die Feme mitgetheilt werden ... "
J ohann Lorenz Boeckmann geht nun auf Methoden ein, die bislang zur Übertragung von Botschaften oder Hinweisen verwendet worden waren: akustische Signale durch Zurufe über eine Menschenkette oder Spre- chen in Röhren, um so den Schall möglichst weit zu befördern, Glockenschläge, Abfeuern von Geschützen usw. Beim optischen Signalisieren verweist er auf Feuer und Rauch, erwähnt dabei die Fackelzeichen des Altertums und schlägt vor, sehr hohe Buchstaben herzustellen, die mit Ferngläsern abgelesen werden könnten,ja, durch Beleuch- ten von hinten dem Beobachter auch nachts sichtbar zu machen wären.
Eine neue Methode
Doch auch eine neue Methode fmdet in seiner Schrift ihren Platz, nämlich das Zei-
chengeben mit Hilfe der Elektrizität. Natür- lich drückt sich unser Physiker noch recht vage aus, schließlich hat er dies schon vor 200 Jahren geschrieben.
"Sie gäbe ohne Zweifel", so Professor Boeckmann, "die geschwindeste, weitrei- chendste, unaufhaltbarste, geheimste, allge- meinste Methode von allen, wC.m sich bei ihrer Anwendung nicht so viele Schwierigkei- ten fanden, und wenn sie nicht so außeror- dentlich teuer bey der ersten Anordnung wäre."
Natürlich ist sich Hofrat Boeckmann darüber im klaren, daß zu der Zeit, während der er das Manuskript flir sein kleines Werk erarbeitet hat, der Chappe-Apparat wohl das optimalste auf dem Gebiet der Telegraphik darstellte, und er meint:
"Der merkwürdigste Zeitpwtkt flir die Telegraphik seit Jahrtausenden fangt ohne Zweifel im vorigen Jahre an, da die fran- zösische Nation, mitten unter ihrer schreck- lichsten Staatsumwälzung, von der Wichtig- keit dieser Kunst belebt, sich en!schloß, einen sehr ausgedehnten Gebrauch davon zu ma- chen, die schleunigste Anordnung dazu furs erste von Lilie bis Paris anbefahl, solche seit wenigen Monaten mit dem Aufwande sehr großer Sununen vollendet und benutzt sieht, und nun ähnliche Einrichtungen flir alle Hauptorte des Reichs wirklich beschlossen hat ...
Die Mittheilung der Depeschen kann bey jeder Witterung geschehen, nur nicht bey starkem Nebel und regnerischem Himmel. Und die Nachrichten können auf jeder Station entweder bekannt werden oder geheim bleiben; können mit großer Schnelligkeit auf beträchtliche Weiten fortgeschickt, auch zur Vermeidung von Irrthümem revidiert und verbessert werden,"
Doch so ganz ist unser Karlsruher Physiker mit der Konstruktion des französischen Telegraphen nicht einverstanden, und er
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DasAlphabetvon Chappe-Telegraphen (0.) und das vereinfachte AlphdJet von Boeckmann (zLJ .. /eh will es nicht nlgen ", meinte der Karlsru-
her Physiker zur oberen Tabelle, .. daß einzelne Buchstaben dar nicht da sind, wie zum Einen
das kleine d /eh will es abersehen, daß unter- schiedliche Buchstaben mit einerlei Figuren
bezeichnet sind, denn es kiJnnen dieses Fehler des Zeichners oder Kupferstechers seyn. "
meint: "Übrigens hat diese Methode im Ganzen viel Schätzbares an sich. Sie ist nämlich in Absicht ihrer Erfindung nicht ohne Witz und Scharfsinn. Sie hat eine gewisse Einfachheit zur Grundlage, und es fehlt ihren Signalen nicht an Wahrnehmbarkeit und Deutlichkeit. Doch fmden sich auch bei der näheren Untersuchung und wirklichen An- wendung derselben mancherlei Sch\vierigkei- ten und Mängel, und daher ziemlich viel Stoff zu allerhand Bemerkungen, und Veranlassun- gen genug zum Wunsche, sie vereinfacht und verbessert zusehen ...
Sobald ich die erste Nachricht von der
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Beschaffenheit dieses Telegraphen erhielt", erklärt er, "so verfertigte ich mir auf der Stelle ein kleines Modell und signalisierte zuerst mit demselben im Zimmer. Dadurch fand ich denn bald das Mangelnde und Beschwerliche bey ihm, sowohl im Geben der Zeichen als im Beobachten derselben. Ich beschäftigte mich nun vor allen Dingen mit der Vereinfachung des Alphabetes, indem ich zuerst die überflüssigen Zeichen ftir die großen Buch- staben verwarf, und dann die Zeichen ftir Colon und Semicolon, ftir Frage und Ausrufung und fur die Klammem ausstrich. Denn wer wird wohl in einem Aufsatz ftir Telegraphen Einschiebsel bringen? Oder, wer wird seine Periode (Satzgeftige) nicht so bilden, daß man eine Frage auch ohne das Zeichen erkennen könne? Wem indessen diese Zeichen am Herzen liegen sollten, der kann sie immerhin behalten, da Figuren ftir diesselben genug da sind, Allein es muß bey dieser Schreiberey alles aufs möglichste vereinfacht werden, so lang' es nämlich ohne Nachtheil der Deutlichkeit geschehen kann ...
Allein auch hier mißfiel mir die unaufhörli- che Veränderung in der Lage der zween Arme gegen die große Rahme, weil sie zeitfressend ist und leicht Gelegenheit zu Irrthümem geben kann. Ich bediene mich daher izt nur noch eines einzigen Armes, und gebe zu diesem Zwecke der einen Hälfte der großen Rahme ein Unterscheidungs-Merkmal, wozu ich unter mehreren anderen deswegen die durchscheinenden Intervalle an der Rahme und dem Arm wählte, weil diese Seite, die durch den Arm etwas schwerer ist, dadurch wieder etwas erleichtert wird. Aus dieser Veränderung entspringt nun der Vortheil, daß die große Rahme fur sich allein, und ohne Arm, durch ihre vier HauptsteIlungen schon acht deutlich ausgedruckte Zeichen abbildet; weil nämlich in jeder Lage derselben die durchscheinende Hälfte einmal oben und einmal unten ist. Es liefert femer der Arm,
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wenn er mit der großen Rahme unter einem Winkel von 90° einmal rechts und einmal links verbunden wird, wieder 16 Zeichen, und so sind denn die 24 Buchstaben-Charaktere da! Wird endlich der Arm spitzwinklig gestellt, so gibt er Zeichen ftir die Zahlen.
So vereinfacht ist denn nun der französische Telegraph noch weit brauchbarer als vorher. Auch ist der Unterricht fur seine Behandlung weniger mühsam; und selbst der Kostenauf- wand scheint mir izt, da wir die ganze Sache kennen, ganz anders."
Am Ende seines Büchleins vermerkt Jo- hann Lorenz Boeckmalm:
"Ehrfurchtsvoll zieh' ich mich hier zurück mit der bescheidenen Hoffnung, daß dereinst, wenn die izt ausgestreute Saat in vollen Ähren aufblühet und der reichen Emte entgegen- reifet, daß dann ein Biedermann vielleicht es der Nachwelt sagen wird, daß auch meine schwache Hand in gutem Lande eine kleine Furche zur Aufnahme und Entwicklung jenes Samens gezogen habe!"
Zu der Zeit, als das Manuskript in Druck gegangen ist, muß es gewesen sein, daß der Hofrat einen Telegraphen nach seinen Entwürfen anfertigen läßt und einige Helfer mit der Handhabung des Geräts vertraut macht. Am 22. November hat Markgraf Karl Friedrich Geburtstag, und Professor Boeck- mann plant, ihm einen außergewöhnlichen Glückwunsch zu übermitteln. Der Physiker braucht ftir seinen Telegraphen einen günsti- gen Standort, damit dieser vom Schloß aus gut zu sehen ist, und man kann annehmen, daß er dazu den Turmberg bei Durlach bestimmt hat. Das Ganze ist von Boeckmann gut organisiert worden, und so kann er am 22. November 1794 Deutschlands erstes Telegramm durch- geben. Dieses Ereignis dokumentiert die "Hanauer Neue Europäische Zeitung". Am
13. Dezember 1794 bringt sie die Nachricht: "Bei Gelegenheit des Geburtsfestes des
Herrn Markgrafen von Baden ward folgendes kleine Gedicht durch den neuen Telegraphen des Herrn Hofraths Boeckmann aus einer Entfernung von anderthalb Stunden (gemeint sind Wegstunden, etwa 6,5 km) nach Karlsruhe signalisiert:
Groß ist das Fest, und schön! der Gute lebt, Um dessen Fürstenthron der Vorsicht Auge
schwebt, Den seines Volkes Lieb', den Bürgertreu
beglücket. Heil ihm! so tönt es fern und nah! o Fürst, sieh hier, was Teutschland noch
nicht sah, Wie Direin Telegraph heut Segenswünsche
schicket. " Die Zeitung fugt hinzu: "Die Depesche hat mehr als 200 Buchsta-
ben und war in weniger als 10 Minuten deutlich und sicher signalisiert."
"Mit seinem Instrument (dem Telegra- phen)" berichtet Hofrat Wucherer, ein Zeit- genosse von Boeckmann, später, "begab er sich im Januar 1795 nach Heidelberg und von da nach Mannheim, wo, auf Befehl des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen, Versu- che damit angestellt wurden, die so befriedi- gend ausfielen, daß seine Königliche Hoheit den Entschluß faßte, eine telegraphische Linie von Mannheim nach Mainz errichten zu lassen,"
Albert von Sachsen-Teschen war Oberbe- fehlshaber der damaligen Reichsarmee, die die Absicht hatte, Boeckmanns optisches Signalsystem einzufahren. Doch die wirren Zeiten wirkten sich ungünstig Hir den Karlsruher Physiker aus. Seit 1792 tobt der erste Koalitionskrieg mit Frankreich auf der einen und Österreich und Preußen auf der anderen Seite. Die Franzosen haben in der jetzigen Phase der Auseinandersetzung ein- deutig die besseren Karten, und schon knapp
drei Monate nacb Boeckmanns Versuchen in Mannheim schließt Preußen am 5. April 179 5 zu Basel eine Separatfrieden mit der französischen Republik. Zum Bau einer Telegraphenlinie kommt es deshalb nicht.
"Merkwürdig ist's", vermerkt Hofrat Wucherer geheimnisvoll, "daß schon 1795, gleich nach den in Mannheim angestellten Versuchen, zu verschiedenen Zeiten drey vornehme Fremde die sich aber nie völlig zu erkennen gaben - ihn hier in Carlsruhe besuchten und ihm fremde Dienste unter höchst vorteilhaften Bedingungen anboten. Er aber blieb unbeweglich bey seinem Entschluß: Hochftirstlich Badische Dienste verlaß ' ich nicht!"
Seine wohl letzte Kutschenreise unter- nimmt er aufangs des Jahres 1802 zu seinem "Sohn und Erben" nach Erbach. Vermutlich will er an seinem Lebensende alles geregelt wissen. Am 15. Dezember 1802 schließt Hofrat Boeckmann . in Karlsruhe ftir immer die Augen.
Sein Lebenswerk
Der badische Professor war ein arbeitsamer und schreibfreudiger Mann. So erschien 1769 sein Buch " Erste Gründe der Mechanik", dem 1775 die "Naturlehre" folgte. 1781 und 1784 wurden seine Schriften "Beyträge zur neuesten Geschichte der Witterungslehre" und "Carlsruher Beyträge zur physischen Geschichte des außerordentlichen Winters von November 1783 bis April 1784" verlegt. 1786 kam dann die Arbeit "Ueber Anwen- dung der Electricität bei Kranken" beraus, und 1787 seine Abhandlung "Welche Fortschritte machten Mathematik und Natur- lehre in den badischen Ländern" . 1794 wurde "Versuche ueber Telegraphie und Tel.gra- phen" veröffentlicht, und 1830 - 28 Jahre nach seinem Tod "Ueber Blitzableiter" als Neuauflage. Im Ganzen erschienen von ihm
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24 Arbeiten sowie zahlreiche Artikel und Rezensionen in verschiedenen Journalen und Zeitungen.
In seinem Nachruf fur den Wissenschaftler Johann Lorenz Boeckmann schreibt Hofrat Wucherer unter anderem:
"Nun sieht er die Wahrheit im vollen Lich-
te, Boeckmann, dessen Leben der Erweite- rung seiner Lieblingswissenschaften, dem näheren Dienst des Hochflirstlichen Badi- schen Hauses, unserer akademischen Fürsten- schule, dem Vaterland im Ganzen und seinen Freunden gewidmet war."
Heinz Straub
<=ltristiall 1rltrall Markgräflich Badischer Hofgärtner und Afrikareisender
Touristen, die sich heute in den Badeorten der tunesischen Mittelmeerkiiste sonnen, werden wahrscheinlich kaum eine Vorstel- lung davon haben, wie gefahrvoll und strapaziös eine solche Reise vor mehr als 250 Jahren war. Darüber berichtet uns der markgräflieh badische Hofgärtner Christi an Thran, der von 1731 bis 1733 im Auftrag des Markgrafen Karl Wilhelm von Baden- Durlach eine Reise nach Afrika machte, um seltene Pflanzen und Tiere fuf den Schloßgar- ten der gerade neu angelegten Residenzstadt Karlsruhe zu holen. Daß sich seine Aufzeich- nungen überhaupt erhalten haben, ist als Glücksfall zu bezeichnen. Erst 1914 nämlich wurde das Tagebuch seiner Afrikareise auf einer Straßburger Auktion fur den Groß- herzoglichen Hausfideikommiß erworben. Es befmdet sich deshalb seither im General- landesarehiv.
Daß Thrans Reise überhaupt zustandekam, ist allerdings dem Erkenntnisinteresse eines anderen Monarchen zu verdanken, dessen Hofhaltung weit prächtiger und größer als die des badischen war. Es handelt sich um Friedrich August 1., genannt der Starke, der in Personalunion Kurfurst von Sachsen und
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König von Polen war. Seine Prachtentfaltung am Dresdener Hof ist legendär. So hatte Markgraf Karl Wilhelm u. a. an den dortigen Karnevalsfestlichkeiten, die mit enormem Aufwand veranstaltet wurden, teilgenommen. Zu einer standesgemäßen Hofhaltung gehörte es damals offensichtlich aber auch, daß die furstlichen Gärten mit exotischen Gewächsen und Tieren ausgestattet waren. So wollte sich der sächsische König von Polen mit seinen vier Löwen, zwei Leoparden, zehn Tigern und mehreren Affenarten, die er in seinen Menagerien in Dresden und beim Jagdschloß Moritzburg hielt, noch nicht zufriedengeben und genehmigte die Mittel fUr eine natunvis- senschaftliehe Entdeckungsreise des Leipzi- ger Gelehrten Johann Ernst Hebenstreit (1702-1757) nach Afrika. Diesen begleiteten u. a. der Botaniker Christian Gottlieb Ludwig, der englische Forschungsreisende Thomas Shaw und der Maler · Christian Friedrich Schuberth. Die Reise fUhrte zunächst über Frankfurt nach Karlsruhe, um den "Blu- mengärtner Thran, einen in der Kräuter- wissenschaft und Zeichnungskunst erfahre- nen Menschen", aufzunehmen, aber auch "sowohl einige in des Herrn Markgrafen Menagerie befmdliche seltene Tiere, als sonderlich einen guten Vorrat fremder Gewächse nach dem bereits eingesandten
Verzeichnis zu erwerben". Der leidenschaft- liche Botaniker Karl Wilhelm hatte offenbar schon bis dahin eine so imposante San1llllung in Fauna und Flora vorzuweisen, daß man auch in Dresden davon profitieren wollte. Die Expedition aus Sachsen kam ihm gerade recht, um seinen Gärtner mit nach Afrika schicken und damit seine Sammlung ergänzen zu können. Am 14. November 1731 reiste Thran " in Gesellschaft der von Ihro Chur- fOrstlichen Durchlaucht von Sachsen an die Barbarische Cüstcn beorderte Compagnie" von Karlsruhe ab, zunächst "unl das lustig und wohlgebaute Schloß Rastatt zu besehen" . Man ließ sich offensichtlich Zeit, unl die Sehenswürdigkeiten der an der Reiseroute liegenden Orte und Landschaften studieren und außerdem noch botanische Studien betreiben zu können. So beschreibt Thran ausftihrlich die Stationen der Reise von Straßburg durch das Elsaß nach Basel, durch die Schweiz nach Lausanne und Genf, und
durch Frankreich von Lyon über Orange und Avignon nach Marseille.
Die Reise nach Algier __ ,;-;-;,;-;->:"",:0. • -. -,*:<';"';-;'''~_X-;<""".;.:<-:*,_
In Marseille schille sich die Reisegesell- schaft nach Algier ein. Der englische Kapitän des Schiffes "Neptun" und sein betrunkener Steuermann bewiesen sich als unzuverlässige Seeleute, die in einem Nordweststurm den Kurs verloren. Erst nach 23tägiger Irrfahrt erreichte man erschöpft, aber glücklich Aigier, "ganz weiß zwischen den Bergen", nachdem schon Proviant und Trinkwasser ausgegangen waren. Die Expedition betrat afrikanischen Boden am 16. Februar 1732, somit nach einer bisherigen Reiscdauer von einem Vierteljahr.
Algerien und Tunesien sind seit der Eroberung durch die Kalifen im 7. Jahrhun- dert n. Chr. unterschiedlich stark vom Islam geprägte Länder. Im flühen 18. Jahrhundert
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GeseUenbriejvonMeisterOv'istienTJumjirGott.friedAbrdlanSchtreberger /755. In derMqjuskel"J" des A.=:hnitLs steDt die Figur mit dem Rechen wcWscheinlich ein Selhstporlrait von Ov'istian TJum dar.
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waren sie Vasallenstaaten des osmanischen Reiches. Die Entdeckungsreisenden sollten dies gleich bei ihrer Ankunft zu spüren bekommen. Auf Empfehlung des englischen Konsuls Mr. Black wurden sie in den Palast des türkischen Dey vorgelassen, der sie in seinem Schlafzimmer empfing, nachdem ihnen sogenannte Christensklaven die Schuhe ausgezogen hatten. Vor dem Dey mußten sie daraufhin niederknien und ihm die Hand küssen. Er gab ihnen die Genehmigung, die Stadt zu besichtigen und das Land zu bereisen, Thran beschrieb die Lebensverhält- nisse in Algier in seinem Tagebuch auf mitunter recht drastische Art, wobei er auf Eß- und Trinkgewohnheiten, Kleidersitten und die Behandlung der Frauen in der islamischen Gesellschaft einging. Auch die Bauart der Wohnhäuser und der Sklaven- markt waren ihm eine Bettachtung wert. Eine Strafexpedition, die der Dey unter Leitung seines Sohnes mit 150 Spahis ausgeschickt hatte, um von maurischen Gebirgsvölkern den überfalligen Tribut einzufordern, gab unseren Afrikaforschern die Möglichkeit, das Landes- innere zu besichtigen. Bei dieser Gelegenheit wurden nun auch Pflanzen gesammelt und Tiere eingefangen. Außerdem stieß man auf die Spuren römischer Ansiedlungen, die mit besonderem Interesse wahrgenommen und in den Reiseberichten beschrieben wurden. Nach A1gier zurückgekehrt, begab sich die Reisegruppe mit Empfehlungsschreiben des Deys per Schiff nach T unesien, wo sie mehrere Küstenorte besichtigte, bevor sie auf dem Landweg nach Tunis aufbrach.
Weiter nach Tunesien ~~.~---
Hier wurde ihnen die weitere Reise ins Landeliinnere verwehrt, da der Bey von Tunis "wegen des Hasses der Mauren gegen die Christen" um ihr Leben flirchtete. Nachdem sie die.Rninen von Carthago besichtigt hatten,
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machte ein Teil der Gruppe, unter ihnen Hebenstreit und Thran, auf dem Seeweg noch einen Abstecher nach Tripolis. Von hier brach man zu einer Reise nach Lepida (Leptis Magna) auf, um die dortigen römischen Altertümer in Augenschein zu nehmen.
Die botanische Ausbeute in dem kargen Land war allerdings gering, so daß man alsbald wieder abreiste und über die Insel Malta nach Tunis zurückkehrte. Mit den in Tunis zurückgelassenen Gefahrten machten unsere Afrikaforscher noch eine Expedition an die heute durch die Reiseprospekte be- kanntgewordenen Badeorte an der tunesi- sehen Ostküsle Hammamet und Monasti und die Hafenstädte Sousse und Sfax sowie in das Landesinnere, nachdem dies ihnen der Bey inzwischen erlaubt hatte. Dabei streiften sie die Stadt Kairuan, die wegen ihrer großen Moschee das Mekka Nordafrikas genannt wird, und EI Djem, das römische Thysdrus, in dem noch heute ein antikes Amphitheater steht, das dem Kolosseum in Rom in den Ausmaßen durchaus vergleichbar ist und das Thran in seinem Tagebuch auch begeistert beschrieben hat.
Die Rückreise
Nach den archäologischen Studien wandte man sich wieder dem eigentlichen Zweck der Reise zu, nämlich seltener Exemplare in Fauna und Flora habhaft zu werden, und kehrte schließlich mit einer Karawane auf dem Landweg nach Tunis zurück. Dort erreichte die Expedition die Nachricht vom Tode Augusts des Starken, der am 1. Februar 1733 gestorben war, und die Aufforderung, in die Heimat zurückzukehren. Ursprünglich sollte die Reise nämlich noch an die afrikanische Westküste in den Senegal und sogar bis zum Kap der Guten Hoffuung ge- hen. So aber machten sich unsere Afrika- forscher am 17. April 1733 per Schiff auf den
Heimweg, was ähnlich gefahrvoll wie die Hinreise werden sollte, gingen doch mehrere Tiere und ein Teil der Ladung im Sturm verloren. Die Gruppe hatte sich allerdings getrennt. Der Botaniker Ludwig und einige Gefahrten reisten auf dem Seeweg über England zurück, Hebenstreit, der schon in Marseille per Reskript zum Pr"fessor an der Universität Leipzig ernannt wurde, und Thran durch Frankreich, Holland und Belgien.
Dies gab unserem Hofgärtner die Gelegen- heit, wiederum die Städte auf dieser Reiseroute zu bewundern, wobei ihn Paris und Amsterdam besonders faszinierten, Thran traf am 26. September 1733 wieder in Karlsruhe ein und war damit fast zwei Jahre unterwegs gewesen. Wie er hier empfangen worden ist und wie die Ausbeute seiner Afiikareise ausgefallen war, hat er in seinem Tagebuch leider nicht mehr überliefert. Dresden erreichten immerhin 50 Tiere, darunter "eine muntere Löwin", ein "Tiger- thür", eine Hyäne, ein Schakal, sechs "barba- rische Schafe" , zwei Stachelschweine und mehrere Vogel- und Affenarten. Welche Pflanzen den Weg in die kurfiirstlichen Gär- ten nahmen, ist einem Verzeichnis von 1735 zu entnehmen. Die Naturaliensammlungen, Zeichnungen Schuberths und vielleicht auch Thrans wurden im Zwinger aufbewahrt und bei einem Brand am 6. Mai 1849 vernichtet. Den Verlauf der Reise harMartin Große aber anband der Berichte Hebenstreits und Lud- wigs und noch ohne Kenntnis von Thrans Tagebuch 190 I in den "Mitteilungen des Ver- eins fUr Erdkunde zu Leipzig" rekonstruieren können.
Wissenschaftliche Ausbeute
Was Thrans Aufzeichnungen über die zumeist trocken wissenschaftliche Berichter- stattung der anderen Reiseteilnehmer hinaus- hebt, ist die lebendige Schilderung "von
Landschaft und Leuten, vor allem aber Sitten und Gebräuchen", wie Emil Lacroix schon 1932 in der Zeitschrift "Pyramide" festge- stellt bat. So ist sein Tagebuch nicht nur eine interessante Quelle fUr Botaniker und Archäologen, sondern auch fUr Ethnologen und Historiker. Um diese Quelle dem ge- nannten Forscherkreis besser nutzbar machen zu können, wurde das 175 Doppelseiten umfassende Tagebuch im Rahmen eines Praktikums bei den Stadtgeschichtlieben Sammlungen von Roland Dauber bereits vollständig transkribiert. Vielleicht kann es sogar einmal ediert und in gedruckter Form vorgelegt werden.
Thrans Lebensweg >C{.,.. ... """w:.",.,.,,.,.,:-:-:.:-:-:w:-:.,.,.,.,..,.,...,.,.,...;.:.:.:.,,.;.:-:-:*'*'''' • .,-><=<-»:-:=W<.,.,.,...,-:-'''w:'..:.:.;.:.,.,,,
Zur Biographie seines Verfassers ist relativ wenig bekannt. So weiß man über Thrans Lebensweg vor seiner Tätigkeit in Karlsruhe allein, daß er 1695 in Sonderburg auf der dänischen Insel Alsen geboren wurde. Viel- leicht hat ihn Markgraf Karl Wilhelm auf einer seiner zahlreichen Auslandsreisen kennengelernt und nach Karlsruhe mitge- nommen.
Bedarf nach kundigen Experten war j a bei der Anlage der Schloßgärten genug vorhan- den. Wer fUr die Planung der Gärten nach dem Versailler Vorbild seit der Stadtgründung im Jahre 1715 die Hauptverantwortung trug, ist nicht mehr mit Sicherheit festzustellen, waren doch dort noch andere Gärtner außer Thran am Werk. Sein Einfluß scheint erst später gewachsen zu sein. 1739, ein Jahr nach dem Tod des Stadtgründers, zeichnete er die bekannten Karlsruher Stadtansichten aus der Vogelperspektive in den entgegengesetzten Himmelsrichtungen.
Hier beschreibt er auch sehr detailliert die Gartenanlagen und die Menagerien und bezeichnet sich selbst als "Gärtner, der die Inspection über sämtliche allhiesigen FürstI.
Gärten hat". Nach Karl Gustav Fecht gab kundschaften" waren im 18. Jahrhundert Thran 1747 einen Pflanzenkatalog heraus, üblich. Thran bescheinigte darin dem Dur- der "über 2000 verschiedene exotische Pflan- lacher Gottfried Abraham Schneeberger, daß zen und Bäume" enthielt, darunter Kampfer- dieser drei Jahre lang ,,fleißig" die Garten- und Maulbeerbäume, die wohl zur Ausbeute kunst bei ihm erlernt habe und nun auf seiner Afrikareise gehört hatten. Wanderschaft gehen wolle. Die vegetabili-
Nach Otto Konrad Roller soll Thran schen Verzierungen und der exotische angeblich auch die Krapp-Pflanze, die sich Figurenschmuck auf der Urkunde sind zum Färben von Stoffen eignete, aus Afrika sicherlich eine Reminiszenz an seine Afrika- mitgebracht haben. reise. Kleine Veduten von Paris, ~arlsruhe
Sicher ist, daß er 1753 eine privilegierte und Rom sowie offensichtlich ein Selbst- Gesellschaft zur Einfiihrung der Krappin- portrait mit Rechen sind ebenfalls unter dem dustrie gründete. barocken Zierat zu finden.
Daraufhin entstanden Krappfabriken in Bis ins hohe Alter war Thran als Gärtner Durlach und Grötzingen, und noch zu Anfang tätig. So fertigte er noch als über 80jähriger des 19. Jahrhunderts bauten die Bauern der ein Verzeichnis über sämtliche Gemüsearten Umgegend Krapp an, bis der Anbau dieser in den markgräßichen Küchengärten an. Als Pflanze durch die Farbstoffe der chemischen er am 17. November 1778 starb, hinterließ er Industrie unrentabel wurde. seinen drei Töchtern ein recht ansehnliches
Als Markgraf Karl Friedrich 1746' die Vermögen, was er vielleicht durch die Be- Regierung antrat, wurden die barocken .· teiligung an der Krappfabrikation erworben Gartenanlagen und Menagerien als nicht hatte. Seine Frau Rosina, geb. Kummer, die er mehr zeitgemäß empfunden und verschwan- 1734 geheiratet hatte, war ihm bereits 1761 den nach und nach. Thran zog sich nach vorausgegangen, und seine beiden Söhne, Durlach zurück und betreute den dortigen Johann Christi an, zu dessen Taufe 1735 auch Schloßgarten. Er nahm aber auch noch der Leipziger Gelehrte Hebenstreit gekom- Lehrlinge an. So ist ein prächtiger 1755 von men war, und der 1744 geborene August ihm ausgestellter und gezeichneter Gesellen- Theodor waren wahrscheinlich auch nicht brief überliefert, der im Stadtarchiv aufbe- mehr am Leben. wahrt wird. Derart aufwendige "Handwerks- Peter Pretsch
Der Karlsruher Theaterbrand 1847 und sein letztes Opfer
Am 28. Februar 1847, einem Sonntag, brach bald nach 17 Uhr im Großherzoglichen Hof- theater zu Karlsruhe ein verheerender Brand aus, der das von Weinbrenner erbaute Thea- ter in kurzer Zeit völlig vernichtete. Das Brandunglück forderte zah1reiche Todesop- fer. Das für die Unglücklichen im alten Fried-
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hof an der Kapellenstraße errichtete Denk- mal zählt 64 Namen. In Wirklichkeit waren es 65 Tote. Ein Name war vergessen worden. Die Kunde von der Brandkatastrophe erschüt- terte nicht nur die Stadt Karlsruhe und das badische Land, sondern verbreitete sich rasch in ganz Europa. Überall erschienen ausfUhr-
Blick ins Innere des Hoftheaters beim Ausbruch des Brandes.
liehe Presseberichte und eine Unzahl von Bro- schüren, welche die Vorgänge beim Brand ausftihrlich schilderten, oft unter Zitierung von Augenzeugenberichten. Danach war der Brand an der Holloge ausgebrochen, als ein Hofdiener die schadhafte Gasbeleuchtung ent- zündete und die durch einen Luftzug noch verstärkte Flamme die zu nahe angebrachte, leicht brennbare Draperie ergriff.
Hof-Feuer-Polizei und Feuer-Lösch-
~. . Ordnun(,,~2<~ 1840 _"*<'.=
Der dramatische Verlaufdes Unglücks zeig- te, daß viele Sicherheitsvorgaben unbeachtet geblieben waren, obwohl die Vorschriften solche durchaus enthielten. So erscheint es
unverständlich, daß von vier vorhandenen Türen auf der dritten Galerie, um Personal zu sparen, seit langem nur eine einzige geöffuet war. Die Flüchtenden stürzten vor dieser Tür übereinander und verstopften sie so vollstän- dig, daß niemand mehr hindurchkommen konnte. Erst als der siebenundzwanzigjährige Kaufmann Moritz Reutlinger eine weitere Tür durch Einsatz aller Körperkräfte aufgebro- chen hatte, konnte noch eine Anzahl von Ge- fahrdeten durch diese nach unten gelangen.
Nachdem die Besucher des Parterres und der unteren Galerien sich relativ problemlos retten konnten, kam die verhängnisvolle Falschmeldung auf, es sei niemand mehr im Theater. Infolgedessen wurden die Türen im Parterre geschlossen. Wer von der dritten
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Galerie hinuntersprang, kam nicht mehr hin- aus. Zu allem Überlluß schaltete man die Gaszufuhr ab, so daß alle noch nicht von den Flammen ergriffenen Gänge und Treppen völ- lig im Dunkeln lagen.
Verzweifelt versuchten viele sich durch Spriinge aus dem dritten Stock auf ein Vor- dach zu retten, was tatsächlich den meisten ohne größere Verletzungen gelang. Das Schreien und Jammern der Eingeschlossenen endete, als sie allmählich durch den beißen- den Rauch betäubt wurden und vollends, als das Gebäude lichterloh brennend in sich zu- sammenstürzte.
Alle Maßnahmen geschahen völlig unko- ordiniert. Die vorhandenen Hilfsmittel waren absolut unzulänglich. So zeigte sich unter anderem, daß die Rettungsleitern alle zu k'U!'z waren. Nicht viel besser stand es mit den drei verfiigbaren Feuerspritzen, von denen überhaupt nur eine funktionierte. Als die gut ausgerüstete und wohl trainierte Durlacher Freiwillige Feuerwehr eintraf, war nicht mehr viel zu retten. Immerhin war es ihr möglich, angrenzende Gebäude vor dem Übergreifen der Flammen zu bewahren.
Die vielen Versäumnisse und das zum Teil verständliche Fehlverhalten der Verantwort- lichen während der Brandkatastrophe wurde diesen bald um Vorwurf gemacht. Man glaub- te, daß es kaum zu Todesopfern hätte kom- men müssen, wenn nicht völlig kopflos ge- handelt worden wäre.
Zu den Opfern zählten vor allem Besucher der über der Hofloge gelegenen dritten Gale- rie. Dort hatte sich das Publikum schon früh- zeitig eingefunden und drängte sich lange vor 5 Uhr um die besten Plätze.
Das auf dem Spielplan stehende Stück "Der Artesische Brunnen" von G. Raeder war eine ausgesprochen volkstümliche Zauberposse mit
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Joseph Fromholzer 1825- 47, nach einer Daguerreotypie, iahr 1846.
Musik, die sich bereits in der vorausgegange- nen Fasnachtszeit als Kassenschlager erwie- sen hatte. Daher waren die billigen Plätze der dritten Galerie vorwiegend von jungen Leu- ten besetzt.
Bei den städtischen Unterlagen befmdet sich ein "Verzeichniß der bey dem Hof Theater Brand am 28. Februar 1847. Verunglück1en".
Hier sind 64 Namen aufgefUhrt mit Anga- be des Geburtsortes, des Alters, der Konfes- sion oder der familären Herkunft. Das jüng- ste Todesopfer war der achtiährige Sohn Edu- ard des Oberleutnants Kobe. Die älteste Ver- unglückte war mit 44 Jahren die aus Otto- beuren stammende Dienstmagd Josepha Rot- härmel. Viele der Toten stammten aus Karls- ruhe. Es befanden sich aber auch zahlreiche Dienstmägde aus der näheren Umgebung und vor allem Handwerksgesellen darunter, die in Karlsruhe in Arbeit standen, deren Hei-
matorte zum Teil aber weit entfernt lagen. In diesem ersten handschriftlichen, aber auch in den nachfolgend gedruckten "erzeichnJssen ist der Name des FärbergeseUen Joseph Fromholzer nicht enthalten. Er steht jedoch auf dem Denkmal im alten Friedhof From- holzer starb erst am 9. April 1847 an seinen schweren "erletzungen im S~ i tal.
Da von den meisten Todesopfern des Theatersbrandes außer den genannten Daten so gut wie nichts bekannt ist, kann es als glücklicher Umstand bezeichnet werden, daß sich von Wld über Joseph Fromholzer in Fa- milienbesitz schriftliche Unterlagen, ja sogar eine frühere Photographie, eine sogenannte Daguerreotypie erhalten haben. Die Familie Fromholzer betreibt heute noch in Ruhmanns- felden im Bayerischen Wald eine Färberei Wld textile Handdruckerei. Sie hat das Bild, das Wanderbuch Wld Briefe ihres im Alter von 22 Jahren verWlglückten Familienange- hörigen treulich bewahrt. Durch diese Doku- mente kann die Biographie eines der vielen "erWlglückten exemplarisch erhellt werden.
Das letzte Opfer
Joseph Fromholzer hat seine Lehre als Fär- ber im väterlichen Betrieb absolviert. Im Al- ter von 18 Jahren ging er 1842 auf die vorge- schriebene Wanderschaft. Diese fuhrte ihn über Sachsen nach Berlin bis nach Königs- berg Wld schließlich über Danzig nach Neu- stadt in Westpreußen, anschließend nach Pom- mern Wld Mecklenburg. In Rostock blieb er ein "iert~ljahr Wld reiste dann weiter durch ganz Norddeutschland.
"on Düsseldorf ging die Reise Joseph Fromholzers nach Frankfurt am Main, dann durch Thüringen, Sachsen, Böhmen, Ober- österreich, Salzburg Wld München. Schließ- lich kehrte er am 14. November 1843 in sei- nen Heimatort Ruhmannsfelden zurück. Ein Jahr Wld sieben Monate war er der Heimat
fern gewesen. Moderne "erkehrsmittel wie die Eisenbahn
konnte Fromholzer nur selten benutzen, da zu der Zeit nur wenige Strecken existierten. Ge- legentlich fuhr er auch mal mit einem Dampf- schiff. Grundsätzlich mußte damals alles zu Fuß zurückgelegt werden, es sei denn, man leistete sich eine Postkutsche. Das aber tat ein Handwerksgeselle nur in äußerst seltenen Fällen. Joseph Fromholzer hielt sich fast nie länger als einen Tag an einem Ort auf. Er notierte aber bei jeder Stadt die Einwohner- zahl Wld die wichtigsten Gewerbe. Bei den durchwanderten Landschaften vermerkte er inuner die Fruchtbarkeit der Böden Wld die angebauten Feldfrüchte.
Zwei Jahre Wld vier Monate blieb Joseph Fromholzer nWl im väterlichen Betrieb, um seine WanderWlg 1846 fortzusetzen. Dieses Mal ging die Reise durch Süddeutschland. München, Augsburg Wld Ulm waren die er- sten Stationen. Es· folgten Stuttgart Wld Tü- bingen. Über den Schwarzwald kam From- holzer am 20. März 1846 nach Lahr.
In einem ausfuhrlichen Brief an seine "AeltemH , die er mit "Sie" anschreibt, be- richtet er am 19. Juli 1846 aus Lahr über seine ErfahrWtgen im Beruf, die zum Teil sicher auch seinem "ater nützlich sein soll- ten. Lahr wollte er vor allem wegen des Lie- derkranzes nicht so schnell verlassen. Nach relativ kurzem Aufenthalt hatte der renom- mierte "erein den Färbergesellen zum Mit- glied aufgenommen, was auf dessen BildWlgs- niveau, seine Umgangsformen Wld eine ge- wisse Wohlhabenheit schließen läßt. Der strebsame jWlge Mann war sogar in der Lage, Arbeitskollegen Geld zu leihen. Ansonsten gefielen F romholzer die badische Lebensart, der Wein Wld die Gegend, die er fur die schönste Wld fruchtbarste Deutschlands" hielt. Mit dem Brief übersandte Joseph Fromholzer seinen Eltern sein "Portraits", "gemacht auf einer Kupfertafel", die schon erwähnte in Lahr
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angefertigte Daguerreotypie.
Der nächste erhaltene Brief Fromholzers datiert vom 14. Februar 1847 aus Karlsruhe. Er war froh, in Eduard Printz in Karlsruhe einen Arbeitgeber gefunden zu haben, der ihm anbot, ,,für immer hier zu bleiben", al- lerdings unter der Bedingung "im fall es kei- ne Arbeit giebt, so giebt es auch keinen Lohn" . Nach längerem Zögern nahm Fromholzer das Angebot an, "den ich hatte keine beßere Aus- sicht, das Reißen im Winter ist beschwerlich, kostet viel Geld, u. wan ich auch Arbeit er- halte, so ist sie nur von kurzer Dauer. Den bis ende Merz müßte ich wieder hier sein, da ich doch noch mehr Uebung bey dieser Ar- beit haben will". Fromholzer deutete aber an, daß er bei Herrn Printz nicht auf Dauer blei- ben wolle und sich um eine Stelle an einem anderen Ort bewerbe. "Im Monate Juni wer- de ich mehr zu schreiben haben u. wen ich es ausfuhren kan so ist es der letzte Brief aus Karlsruhe." Es sollte sein letzter Brief über- haupt sein. Am 5. März 1847 ließ der Schön- färbermeister Eduard Printz durch seinen Bru- der in einem Brief Herrn "Krummholzer" in Ruhrnannsfelden mitteilen, daß sein Sohn bei dem Theaterbrand "ebenfalls sehr stark ver- wundet wurde". Printz gesteht, daß er das Unglück zunächst verschweigen wollte, "al- lein das Uebel hat so sehr um sich gegriffen daß ich es für meine Pflicht halte Ihnen hier- von Nachricht zu geben". Am 16. März schreibt Printz "mit großem Vergnügen" an Herrn Fromholzer, daß sein "Sohn Joseph gänzlich außer Gefahr" sei. Auf ein Schrei- ben des Vaters Fromholzer vom 22. antwor- tete Printz am 27. März sehr ausfuhrlich mit einer Schilderung des Brandunglücks, und daß sich Joseph durch einen Sprung aus einem Fenster im dritten Stock wie viele andere ret- ten konnte, wenn auch mit schweren Brand-
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wunden an Gesicht und Händen. Der Bericht von Printz muß, soweit er Joseph Fromholzer betraf, auf dessen eigener Erzählung beru- hen. Daß dies möglich war, deutet tatsäch- lich auf eine fortschreitende Heilung hin, denn in der Broschüre des Stenographen Erhard Giavina über den Hoftheaterbrand heißt es von dem "Färbergesellen Frommholzer aus Rumansweiden bei Passau" noch: "Dieser junge Mann ist im Gesicht dermaßen ver- brannt und überpflastert, daß dasselbe mehr einem Skelett als dem eines lebenden Men- schen ähnlich sieht. Uebrigens konnte dersel- be nicht vernommen werden, da er besin- nungslos im Bette liegt und kein anderes le- benszeichen von sich gibt, als das eines schnarchenden Athems."
Trügerische Hoffuungen .·.·.·.·.·.·.·.·.w.'w.·.·.·.·.·.·.·.v.·.·.w.w.·.·.·.·.·.·.·~ .w.w.·.w.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w.·.·.w.·~ .
Printz drück1 die Überzeugung aus, daß Joseph Fromholzer in höchstens drei Wo- chen das Krankenhaus verlassen könne. Es sei !Ur die fünf Verwundeten in! Spital schon viel Geld gesammelt worden, und selbst der Großherzog mit seiner Familie nähmen An- teil am Schicksal der Unglücklichen.
Im nächsten Brief vom 8. April bestätigt Printz noch einmal den guten Heilungsverlauf der Brandwunden, schränkt jedoch diese gute Nachricht durch die Mitteilung ein, daß die Brust von Joseph Fromholzer "durch den schweren Rauch stark noth gelitten" habe und sein Zustand seit fünf Tagen " etwas schlimm wieder geworden" sei. Die Krank- heit nähme nach Aussage des Arztes "ein sehr bedenklichen Karak1er an", doch gäbe der Doktor "die Hoffuung nicht ganz auf'. Printz lädt den Vater Fromholzer in sein Haus ein, falls er seinen Sohn besuchen sol- le. Es gäbe zwar "noch keinen Beweis daß er stirbt", aber die Familie solle auf alles vorbereitet sein.
Nach dieser schlechten Botschaft überrascht
es nicht mehr, daß Printz bereits am nächsten Tag "den wertesten Herrn Fromholzer" vom Tod seines Sohnes unterrichten muß. Printz hatte ihn am Vorabend noch besucht, wobei ihm das Sprechen sehr schwer gefallen war. Am Vormittag hatte Joseph nach einem Pfar- rer verlangt und war bald nach dessen Be- such verstorben. Printz versucilt die Angehö- rigen damit zu trösten, daß Joseph schwer gelitten habe und sein Tod fiir ihn die Erlö- sung bedeutet hätte. Außerdem wäre er bei seiner Genesung sicher sehr entstellt gewe- sen. Er würde ein Ehrenbegräbnis erhalten,
und die Krankenhauskosten übernähme wohl der Staat. Zum Andenken fiir die Familie hatte Printz eine Haarlocke von Joseph From- holzer abnehmen lassen.
Der Verstorbene wurde bei den am 4. März bereits in einem gemeinsamen Grab Beige- setzten bestattet, sein Name auf das Denkmal fiir die Opfer des Theaterbrands gesetzt. Der Karlsruher Bürgermeister Helmle schrieb an den Vater Fromholzer einen Beileidsbrief, in dem er von dem Ehrenbegräbnis berichtete und von dem großen Trauerzug.
Heinz Schmill
earl Friedrich Meerwein - ein vergessener Flugpionier
Im alten, längst nicht mehr benutzten und zum Teil in eine Anlage umgewandelten Friedhof der südbadischen Stadt Emmen- dingen befmdet sich das Grab dieses Man- nes. Die Gedenktafel auf seiner Ruhestätte trägt die Inschrift: ,,Hochfiirstl. Bad. Landbau- mstr. Carl Friedrich Meerwein, • 22. 8. 1737 in Leiselheirn, t 6. 12. 1810 in Emmendingen".
Nach mündlichen Überlieferungen ist der Badische Landbaumeister tatsächlich geflo- gen, und die Strecke, die er mit seinem selbst- gebauten Flugapparat zurücklegte, betrug 50 Meter. Eine winzige Strecke im Vergleich zu den Entfernungen, die die Astronauten in ih- ren Raumschiffen durchmessen. Doch wenn man überlegt, daß dieser denkwürdige Flug- versuch .schon im Jahre 1784 stattfand, zu einer Zeit also, in der die Postkutsche das allgemeine Verkehrsmittel war, sieht die Sa- che schon anders aus. Und während die ame- rikanischen Weltraumflieger anfangs zur wei- chen Landung den Ozean benutzten, war Landbaumeister Meerwein mit einem Dung- haufen zufrieden.
Daß die Kunde von seinem Flug kaum über
die Grenzen Badens hinausdrang, mag zum Teil am Wesen dieses im Grunde bescheide- nen Mannes gelegen haben. 10 der Hauptsa- che gaben aber wohl die spektakulären N ach- richten aus dem Nachbarland Frankreich den Ausschlag, daß nur wenige Notiz von Meer- weins Versuch nahmen.
Dort waren fast zur gleichen Zeit der Warmluftballon - die Montgolfiere - und der Gasballon - die Charliere - erfunden worden und im Jahre 1783 der bemannte Flug eines Warmluftballons von 25 Minuten Dauer über Paris hinweg geglückt. Im gleichen Jahr flog ein bemannter Gasballon über 4 Stunden und erreichte dabei eine Höhe von 2 700 Metern. Mit solchen Rekorden konnte der Badische Landbaumeister nicht aufwarten.
Sein Lebensweg
Über seinen Lebensweg wissen wir Fol- gendes: Er wurde als Sohn des Pfarrers Chri- stian Meerwein geboren. Nach einer kurzen Lehrzeit beim Hochfiirstlichen Bauamt in Karlsruhe studierte er in Straßburg und Jena.
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Meerweins Flugmaschine Wie man aus den Bildern ersieht, sollten die FlUgel nicht mittels ausgebreiteter Arme be- wegt werden. Durch Vorstoßen einer "Balancier-Stange" (h) wurde die Muskelkraft wesent-
Im Jahre 1764 trat er wieder beim Bauamt in Kar1sruhe in den Dienst seines Landesherrn. Nach vollzogener Prüfung in der "Civil- baukunst" wurde er zum "Cammer-Accessist" ernannt. Schon im Jahre 1769 übertrug man ihm den Posten des Landbaumeisters in Emmendingen, der fiir das gesamte Bauwe- sen des badischen Oberlandes zuständig war.
Als "Hochfiirstlich Markgräflich Badiseher Landbaumeister" mußte er diesen Landstrich regelmäßig, sicher meist auf Schusters Rap- pen, bereisen. Bei seinen vielen Dienstgängen mag er wohl ebenso oft den Flug der Greifvö- gel in den Aufwinden an den Schwarzwald- hängen beobachtet haben, als auch den der Wasservögel über den Altrheinarmen. Auf Grund dieser Beobachtungen wird Meer-
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wein - genau wie später Olto Lilienthai - zu der Erkenntnis gekommen sein, im Vogelflug die Grundlage des "menschlichen Fliegens" zU sehen.
Seine Untersuchungen und seine Ansichten darüber schrieb er nieder in der Abhandlung: "Der Mensch! sollte der nicht auch mit der Fähigkeit zum Fliegen gebohren seyn?", er- schienen in den "Oberrheinischen Mannig- faltigkeiten", Basel 1782. Im Jahre 1784 gab der Landbaumeister die gleiche Denkschrift, mit zwei Kupferstichen versehen, ebenfalls in Basel, in Buchform heraus.
Darin sagt er über den Ballon: "Der Her-
lich rationeller übertragen. Trotz allem überschätzte naWrlich Meerwein die menschlichen Kräfte. Im Gnmde genommen war seine Konstruktion ein Gleiter, bei dem in gewissen Gren- zen die Tragflächen auf und ab bewegt werden konnten.
ren Montgolfiers par hazard erfundene Me- thode, sich, vermittelst einer leichtern Luft- art, in der Luft zu erheben, ist aber mehr ein Schwimmen in der Luft, nach der Art der Fische im Wasser, als ein Fliegen, nach Art derer Vögel, zu nennen. Es bleibt demnach die Montgolfierische Erfindung von der mei- nen noch weiter verschieden, als das Schwim- men des Fisches, vom Fahren auf einem Schif- fe, verschieden ist."
In seiner Abhandlung versucht er die Grün- de darzulegen, weswegen dem Menschen die Fähigkeiten des Fliegens versagt geblieben waren, und zählt auf:
"I. Entweder in dem Bau und in der Struk- tur des Menschen selbst;
2. Oder in dessen zu großer Schweere;
3. Oder im Mangel hinlänglicher Stärke, die Maschine zu regieren;
4. Oder endlich im Mangel tauglicher Ma- terialien zu einer solchen Maschine."
Meenvein geht nun diesen Punkten nach und kommt zu der Ansicht, daß der Mensch mittels einer "tauglichen Maschine" durch- aus das Fliegen erlernen könne. "Daß nehm- lieh der Mensch das Complementum der gan- zen thierischen Schöpfung, und daher eben sowohl zum Fliegen als zum Schwimmen, oder einen Elephanten zu besteigen, und der- gleichen mehr, fabig gebohren seye; sobald er nur ernstlich will."
Dem Haupteinwand vieler seiner Zeitge- nossen, der Mensch sei viel zu schwer, um fliegen zu können, entgegnet der Landbau-
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meister, "die Vögel seien ja auch schwer und selbst der Adler wird zum fliegen zu schweer, so bald man ihm die Flügel stutzet oder die Schwungfedern ausrupfet; oder wenn man ihm Zaunkönigs-Flügel geben könnte. - Und eben so, wenn man behauptet, der Vogel Strauß sey zum fliegen zu schweer, so sagt man doch gewiß nichts weiters, als daß dasjenige, was man dieses Vogels Flügel nennet, vor den Strauß zum fliegen nicht hinreichend sey."
Wenn ich die tragende Fläche meiner Ma- schine nur groß genug mache, so überlegt sich Meerwein, muß ein Mensch damit flie- gen können. Um die erforderliche Größe der Fläche zu finden, braucht er ein Vergleichs- objekt. Der Landbaumeister wählt eine wilde Ente. "Niemand wird in Abrede stellen, daß eine wilde Endte gut fliegen könne", meint er in seiner Schrift.
Meerwein vergleicht nun das Gewicht der Ente mii der tragenden Fläche ihrer ausge- spannten Flügel und errechnet daraus die theo- retische Fläche fUr ein Pfund. Er setzt sein Körpergewicht und das geschätzte Gewicht des Flugapparates zusammen mit 200 Pfund in die Rechnung ein und erhält eine benötigte Fläche von 126 Quadratschuh fur die Ma- schine, wenn sie unter gehörigem Gebrauch 200 Pfund eben so sicher durch die Luft tra- gen solle, als eine wilde Endte fliegt".
Unser Landbaumeister ist aber ein vorsich- tiger Mann und stellt deshalb noch Verglei- che mit anderen Vogelarten an, die sehr un- terschiedlich ausfallen. Zwar erhält er bei einem Schwan einen ähnlichen Wert, näm- lich 116 Quadratschuh, doch bei einem Fisch- reiher erhöht sich die Fläche auf 3 13, und bei einer Ohreule sogar auf 634 Quadratschuh. Mit weiteren Vogelarten werden die Unter- suchungen fortgesetzt, und deren Ergebnisse differieren ebenfalls.
Vermutlich nimmt der Landbaumeister aus den unterschiedlichen Ergebnissen den Mit- telwert,.denn bei der Flugmaschine, die er in
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seinem Büchlein vorstellt, gibt er die Fläche mit 240 Quadratschuh an, "ohne das Steuer- ruder, welches vor sich ebenfalls 20 bis 40 Quadratmeter,je nachdem das Gleichgewicht eine Größe erfordert, halten kann."
.. w ...... wow Der Flugapparat 'oW.~.w.'~.'~~_
Über die Konstruktion seines Flugapparates schreibt Meerwein: "Wenn ich mir also eine Maschine mache, welche aus 2 gleichen Theilen bestehet, und wenn ich diese Flügel im Mittel durch biegsame Bande verbinde, auch diese zusammen gesetzte Maschine noch soweit als breit mache, und so, daß ich mich in horizontaler Lage darinn zu befestigen und mich mit derselben so zu vereinigen vermag, daß ich dadurch gar nicht gehindert werde, alle meine Kraft auf die vorteilhafteste und der Absicht angemeßenste Art anzuwenden: so darf ich sicher darauf zählen, daß ich mit einer solchen Maschine werde fliegen lernen kÖlUlen."
Er warnt allerdings vor übertriebenen Hoff- nungen und meint: "Da aber der kleinste Um- stand oft alles ändern kann, so könnte, wenn auch gleich die Erfindung und Zusammenset- zung der Maschine schon ihre vollständigste Richtigkeit hätte, dennoch die erste Probe, wegen eines kleinen Versehens in den Hand- griffen, welche doch erst erlernt werden müßen, - und aus Mangel der Uebung, miß- lingen; so wie schon mancher ertrunken ist, nicht deswegen, weil das Schwimmen dem Menschen unmöglich ist, gewiß nicht! son- dern ganz allein deswegen, weil man zu er- schrocken war, oder die Vortheile noch nicht kannte, oder ein anderer Zufall- selbst schon dem beßten Schwimmer - begegnete."
Was das Baum.terial betriffi, fUhrt er aus: "Wenn unter der bestimmten Größe die Ma- schine nicht mehr als 40 bis 50 Pfund schweer seyn darf, und dabey doch von erforderlicher Stärke seyn muß, so müßen die Materialien
zähe und stark und dennoch so leicht als mög- lich gewählet werden."
In der Carlsruher Zeitung" vom 24. März 1784 lesen wir: "Der Badische Herr Landbau- meister Meerwein, Emmendingen, hat schon seit 18-20 Jahren auf die Methode gedacht, den Menschen zum Fliegen zu bringen ... und glaubt nun, in dieser Kunst SC .. ~lt gekommen zu seyn, daß er nicht abgeneigt ist, vielleicht ehestens eine Probe damit zu machen. Sollte dieser Versuch glücklich von statten gehen, so gehört die Ehre der Erfindung der Teut- sehen Nation, weil sie älter ist als die Erfin- dung des Herrn Blanchard. Auch kann man dieses versichern, daß die Einrichtung sehr einfach ist."
Der Franzose Blanchard hatte ebenfalls ei- nen Flugapparat konstruiert, der aber nie flog und iIun nur Spott und Hohn seiner Landsleu- te einbrachte. Kurzerhand hing Blanchard sei- ne Maschine an einen Gasballon und gab vor, ihn damit lenkbar machen zu können. Obwohl der Franzose von vielen seiner Zeit- genossen fur einen Scharlatan gehalten wur- de, sei zu seiner Ehre gesagt, daß es iIun, mit dem Engländer Dr. Jeffries als Passagier, im Jahre 1785 als erstem gelang, mit einem Bal- lon den Kanal von England nach Frankreich zu überqueren. Seinen nutzlosen Hugapparat, den er an die Gondel montiert hatte, um da- mit angeblich nach Frankreich zu steuern, mußte er allerdings ins Meer werfen, um den immer mehr sinkenden Ballon flugfahig zu halten.
Doch nun zu unserem Landbaumeister zu- rück, der. nicht mehr lange zögerte, mit einer Maschine die Richtigkeit seiner Behauptun- gen unter Beweis zu stellen.
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So kam es zu diesem denkwürdigen Flug, der auf einer Geländeerhebung, der sogenann- ten "Burg", in der Nähe des Meerweinsehen
Hauses seinen Ausgang naIun und auf dem umfangreichen Dunghaufen im Hof des Gast- hauses "Zum Engel" endete.
Ob bei diesem UnterneIunen der Landbau- meister mit den Hügeln zu schlagen imstande war, ist nicht bekannt geworden. Vermutlich dürfte es sich um einen reinen Gleitflug ge- handelt haben.
Von einem zweiten Flugversuch, den Meer- wein in Gießen im Jahre 1785 unternaIun, berichtet uns der Schriftsteller und Robinson- Crusoe-Übersetzer Joachim Heinrich Campe. Er hatte den Landbaumeister bei dessen Schwager Professor Schlettwein kennenge- lernt. Der Flug fiel weniger glücklich aus als der erste in Emmendingen, da Meerwein ver- sucht hat, diesmal mit den Flügeln zu schla- gen.
In seiner Beschreibung "Reise von Ham- burg bis in die Schweiz im Jahre 1785" be- richtet Canlpe unter anderem darüber folgen- des: "Er wollte sich, auf einer Anhöhe ste- hend, durch Hilfe gepolsterter Riemen an diese Flügel festbinden lassen, und sich alsdann von der Anhöhe herabwerfen. Dann hoffte er, es nicht bl os in seiner Gewalt zu haben, sich schwebend zu erhalten, sondern auch durch eine leichte Bewegung der Flügel sich ge- mächlich fortzuschwingen ... Zum Glück war der Ort, von welchem er sich herabstürzte, eben nicht hoch, und die ausgebreiteten gro- ßen Flügel hielten seinen Fall doch soviel auf, daß er nicht gar zu unsanft niederstürz- te." Von weiteren Flügen hört man nichts mehr. Wahrscheinlich hing dies mit dem Al- ter Meerweins, er ging schon auf die Fünfzig zu, zusammen. Leider ist seine Flugmaschine nicht erhalten geblieben. Sie wurde zunächst von seinen Nachkommen aufbewahrt, später jedoch wegen Raummangels abgebrochen.
Wenn auch der Flugpionier Meerwein nur noch selten in fluggeschichtlichen Veröffent- lichungen Erwähnung emdet, sollte man iIm doch nicht ganz vergessen. Obwohl der ge-
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lungene Gleitflug nur mündlich überliefert ist, gibt sein Büchlein schriftliche Kunde von ernsthafter Forschertätigkeit auf flugtech- nischem Gebiet. Und als Otto LilienthaI im
Jahre 1889 seine Schrift "Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst" veröffentlichte, war Meerweins Abhandlung immerhin schon über hundert Jahre alt. Heinz Slraub
Ein Zirkel zur Förderung der Kunst Der Badische Kunstverein feiert 1993 sein 175. Griindungsjubiläum.
Im Jahr 1818 fanden sich Karlsruher Bürger in einem elitären Zirkel zusammen, um sich gemeinsam mit zeitgenössischer Kunst zu beschäftigen: Sie gründeten - als einen der ältesten in Deutschland - den Ba- dischen Kunstverein, der bis 1823 der Karlsruher "Museumsgesellschaft" angeglie- dert war. Der Verein dehnte seinen Zustän- digkeitsbereich auf das gesamte Großher- zogtum aus. Sein definiertes Ziel war es, "Sinn und Liebe für die bildende Kunst" zu fordern. Dies geschah auf zwei Wegen, innerhalb des gesellschaftlichen Zirkels und als öffentliches Wirken.
Die Vereinsmitglieder tiafen sich sonntags nach der Vormittagskirche im Vereinslokal, um gemeinsam über Kunst zu debattieren. Die dem Verein angehörenden Künstler standen dabei den Laien, den sog. Kunst- freunden, beratend zur Seite. Als Jahresgaben wurden an die Mitglieder Reproduktions- graphiken nach historischen oder aktuellen Gemälden ausgegeben. Dies und besonders die Aussicht, bei der jährlichen Mitglieder- verlosung ein wertvolles Ölgemälde zu gewinnen, boten einen durchaus ökonomi- schen Anreiz zur Teilnahme am Kunstverein. Das Vereinsvermögen wurde in einer eigenen Gemäldesammlung angelegt.
Das öffentliche Wirken des Kunstvereins bestand vor allem in der Veranstaltung jähr- licher Verkaufsausstellungen. Um dies finan- ziell und organisatorisch bewältigen zu kön-
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nen, war jedoch ein Zusammenschluß meh- rerer Kunstvereine notwendig. So schloß sich der Badische Kunstverein 1836 mit den Kunstvereinen in Mainz, Darmstadt, Mann- heim und Straßburg zum "Rheinischen Kunstverein" zusammen. Gemeinsame Aus- stellungen wanderten zwischen Frühjahr und Herbst durch diese Städte. Dabei holten die Kunstvereine aus einem Einzugsbereich, der immerhin von den Städten Paris, Lyon, Mailand, München, Prag, Berlin, Hamburg und Brüssel umschlossen war, gleichzeitig bis zu 500 Exponate in die Ausstellung. Die Kunstvereine wurden so zu lokalen Trägern des Ausstellungswesens und des Kunstmark- tes. Gleichzeitig wirkten sie als Mittler zwischen Künstlern und Publikum bzw. Käufern.
Das Bürgertum fand in den Ausstellungen der Kunstvereine die Bilder zur Ausstattung seiner Wohnzimmer. So war die Hir die Ausstellungen der Kunstvereine typische Kunst k1einformatig, im Motiv vom bürgerli- chen, durchaus dekorativ ausgerichteten Kunstgeschmack bestimmt und im Preis an den finanziellen Möglichkeiten dieser Käufer- schicht ausgerichtet. Nur selten wurde ein Bild für mehr als 200 f1. verkauft.
Werke der zeitgenössischen berühmten Künstlerpersönlichkeiten und besonders die Bilder der monumentalen Historienmalerei überstiegen dieses Preislimit um ein Vielfa- ches und waren deswegen auf den Kunst-
vereinsausstellungen nur in AusnahmeflilIen vertreten. Um auch sie fordern zu können, schlossen sich die Kunstvereine 1854 in der "Verbindung flir historische Kunst" zusam- men. Diese bildete gleichzeitig den nationa- len Dachverband der Kunstvereine, dem sich neben den deutschen auch die österreichi- schen Kunstvereine anschlussen. In der "Verbindung" äußerte sich das Interesse der bürgerlich geprägten Kunstvereine an der Einheit der deutschen Nation. Die ,,verbin- dung" gab großformatige Historienbilder in Auftrag, sandte sie auf melujährigen Aus- stellungstourneen durch ihre Mitgliedsver- eine und verloste sie schließlich.
Das Losglück beschied dem Badischen Kunstverein bis zum Ende des 19. Jahrhun- derts immerhin vier "Verbindungs"-Gemäl- de, darunter das "Gastmahl der Generale Wallensteins", das der Dresdener Maler Ju- lius Scholtz 1862 vollendete. Das Gemälde wurde 1881 zum Preis von 9 000 Mark an Großherzog Friedrich I. verkauft, der es in die Karlsruher Kunsthalle gab. Mit dem Geld konnte der Kunstverein einen Großteil der Kosten bestreiten, die der Bau seines ersten eigenen Ausstellungsgebäudes erforderte, das nördlich der Karlsruher Kunsthalle errichtet wurde. Dieser Ankauf war einer von vielen Gunstbezeigungen, die der Karlsruher Kunst- verein vom Großherzoglichen Haus erfuhr: Die badischen Großherzöge Ludwig, Leo- pold und Friedrich I. waren Mitglieder des Badischen Kunstvereins, Sie wirkten als Protektoren, besorgten dem Verein Staatszu- schüsse .zur Veranstaltung von Ausstellun- gen, überließen ihm in der Kunsthalle und in den Orangerien Räume als Vereins- und Ausstellungslokale, Der Badische Kunstver- ein dankte es mit dauerhafter Loyalität.
Die Großherzöge kauften zahlreiche Ge- mälde aus den Ausstellungen des Kunstver- eins an. Die meisten dieser Bilder gelangten direkt oder über die großherzoglichen Privat-
Blick in den " Kunstgewerbesaal" des Badischen Kunstvereins in der Karlsruher
Waidstraße (/906).
sammlungen in die Karlsruher Kunsthalle, deren Sammlung in vielfacher Weise von der Tätigkeit des Badischen Kunstvereins zeugt.
Bis 1900 errichtete Friedrich I. dem Kunst- verein in der Waidstraße ein repräsentatives Gebäude. Der Kunstverein überließ nun seine Räume vor allem der örtlichen Künstler- schaft, die so die Möglichkeit erhielt, aktuelle Werke auszustellen. Hatte sich der Kunstver- ein seit seiner Gründung stets auf die Be- schäftigung mit der zeitgenössischen Kunst konzentriert, so folgten seine Ausstellungen doch dem Kunstgeschmack des konservativen Bürgertums, dem die meisten Mitglieder an- gehörten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Karlsruher Kunstszene besonders von Hans Thoma beherrscht, der 1899 im bereits
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hohen Alter von 60 Jahren zum Direktor der Kunsthalle und zum Akademieprofessor ernannt worden war. Im Einvernehmen mit dem ihm besonders wohlgesinnten Grhzg. Friedrich I. bestimmte Thoma die Ankaufs- politik des Museums. Er erwarb vorwiegend badische Kunst und kaufte häufig aus den Ausstellungen des Kunstvereins, der dafiir eine Provision von 10% des Verkaufspreises erhielt.
Dagegen fand der Badische Kunstverein lange keinen Zugang zu progressiven Kunst- strömungen. In der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts wurde die Abweisung der inter- nationalen Avantgarde besonders offensicht- lich: Das Ausstellungsprogramm des Kunst- vereins sah es vor, neben heimischer Kunst auch die aktuelle nationale und internationale Kunst bekannt zu machen. Hierfur nahm der Verein das Angebot der durch Deutschland in Umlauf gegebenen Wanderausstellungen wahr, die in der Regel auf Empfehlung, aber unbesehen übernommen wurden. Mit dieser Ausstellungspraxis holte sich der Kunstver- ein bis 1910 drei Ausstellungen ins Haus, die zu Aufregungen und gar zu Skandalen fiihrten. Kunstverein, Presse und Karlsruher Publikum standen dieser Kunst offensichtlich hilflos gegenüber: 1906 betraf es die Aus- stellung "Französische Künstler", in der u.a. Werke von van Gogh, Paul Gauguin, Georges Seurat, Paul Signac und Emile Bernard gezeigt wurden. Im Jahr 1908 stellte die expressionistische "Dresdener Brücke", die Künstlergruppe um Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff im Badischen Kunstverein aus. Die Ausstellung der "N euen Münchener Künstlervereinigung " vom Oktober 1910 wurde zum größten Karlsruher Kunstskandal des beginnenden 20. Jahrhunderts. Zu dieser Vorläufergruppe des "Blauen Reiter" gehörten neben dem Karlsruher Maler Alexander Kanoldt u.a. Franz Mare, A1exej von Jawlensky, Pablo
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Picasso, Georges Braque und Wassily Kan- dinsky. Der Vorstand des Badischen Kunst- vereins sah sich zur Übernahme der Aus- stellung verpflichtet, distanzierte sich aber öffentlich von ihr. Der Kritiker des "Badi- schen Beobachters" fand die auf acht Tage verkürzte Ausstellung skandalös und be- zeichnete die gezeigten Werke als Leinwand- schmierereien und Verunglimpfungen der Kunst.
Obwohl in den 1920er Jahren auch die Karlsruher Realisten, zu denen Georg Scholz, Karl Hubbuch und Wilhelm Schnarrenberger zählen, im Badischen Kunstverein ausstellen konnten, änderte sich am prinzipiellen Selbstverständnis des Kunstvereins nichts. So kann es nicht verwundern, daß er sich nach der Machtergreifung der Nazis äußerst bereitwillig den neuen Verhältnissen anpaßte. Die traditionelle Loyalität des Kunstvereins zur herrschenden Macht setzte sich auch nach 1933 fort. Der Badische Kunstverein betrieb quasi seine eigene Gleichschaltung und richtete sein Ausstellungsprogramm nach dem offiziellen Kunstverständnis des "Drit- ten Reiches" aus.
Umnittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Badische Kunstverein seine Tätigkeit wieder auf. Die Hinwendung zur Avantgarde war von nun an Programm. Eine besondere Popularität erreichte der Karlslll- her Kunstverein 1958 bis 1967 unter der Geschäflsfuhrung von Klaus Gallwitz. Er organisierte eine Serie bedeutender Ausstel- lungen der klassischen Modeme und der aktuellen Kunst. Erinnert sei an den 1967 im Rahmen der Bundesgartenschau installierten, heftig diskutierten "Garten der Lüste" von Horst Antes. Die Nachfolger, Georg Bussmann und Michael Schwarz, hoben in den 1970er Jahren mit ihren Ausstellungen den politi- schen und gesellschafllichen Auftrag der historischen und aktuellen Kunst hervor.
Julla Dresch
Europäische Kulturtage
J acques Delors, dem Präsidenten der Kom- mission der Europäischen Gemeinschaft, wird der Satz zugeschrieben: "Man verliebt sich nicht in einen Binnenmarkt." Kein Zweifel: Ministerratssitzungen über Agrarpreise, über die Harmonisierung der Besteuerung von Last- kraftwagen bis zum Erlaß einer Vorschrift über die Standardschnitthöhe des künftigen europäischen Rasenmähers sind keine Themen und Anlässe, die die Herzen höher schlagen lassen. Das Band, das Europa zusammenhält, die Kraft, die die Menschen verbindet und motiviert, ist vielmehr die gemeinsame Kul- tur. Die Werteordnung der griechischen Phi- losophie, das römische Staats- und Rechts- wesen, die jüdisch-christliche Tradition, aber
auch die germanischen, keltischen Wurzeln und der Einfluß der arabischen Welt und der Slaven sind ihre prägenden Elemente. Das Abendland - um einen Begriff zu verwenden, der diese geschichtlichen kulturellen Gemein- samkeiten wohl am besten Ausdruck verleiht -war sich seiner Identität immer gewiß. Den- noch ist Europa kein "melting-pot". Es sind viele und sehr verschiedene Kulturen im Lau- fe der Jahrhunderte in Europa entstanden und zusammengekommen. Europäische Kultur zeichnet sich gerade dadurch aus, daß sie un- ter Bewahrung ihrer Vielfalt einerseits aus verschiedenen Nationalkulturen besteht, an- dererseits aber auch spezifisch Europäisches zusammenfaßt. Einheit und Vielfalt sind die
ErlJjfrJUng der 1. Europttischen KullUrtage 1983 (Kunst und Kultur Kataloniens) mit Ministerprtl- sidenl !.olOOr Sptlth, Minister fi1r Wissenschajl und Kunst Prof Dr. Eng/er, OB 0110 Dullenkopf
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zwei Momente europäischer Kultur, die ihr beide gleichermaßen wesentlich sind. Einheit und Vielfalt sichtbar zu machen, das ist auch das Anliegen, das die Europäischen Kulturta- ge Karlsruhe verfolgen. Sie werden seit 1983 von der Stadt Karlsruhe gemeinsam mit dem Badischen Staatstheater veranstaltet und kön- nen auf eine nunmehr schon über zehnjährige Tradition zurückblicken. Die Europäischen Kulturtage stehen jeweils unter einem beson- deren Thema. Sie beschränken sich auch nicht auf eine einzige künstlerische Gattung, son- dern sind fur alle Kunstformen offen. Darüber hinaus nehmen auch historische, gesellschaft- liche und politische Fragestellungen einen breiten Raum ein.
Die Darstellung von Ländern und Regionen (Katalonien 1983, Deutschland 1991, Estland 1992, Slowakei 1993) war dabei ebenso Ge- genstand der Kulturtage wie die Beschreibung von Epochen (Biedermeier und \brmärz 1984, die 50er Jahre 1986, Jahrhundertwende 1987, Gegenwart 1988) und die Aufarbeitung von Sachthemen (Klassiker 1985, Französische Revolution 1989, Städtegründungen - Grün- dungsstädte 1990). Die Sachthemen werden in diesem Jahr mit dem Thema" Widerstand" fortgesetzt, während 1996 mit dem Thema St. Petersbwg - nach fmanzbedingter Unterbre- chung 1995 - eine Europäische Stadtregion im Mittelpunkt steht. Mit ihrer ThemensteI- lung wollen die Europäischen Kulturtage be- wußt auch einen Beitrag zu den politischen und gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit
leisten und sich dieser Verantwortung nicht durch Flucht in die reine Ästhetik der Künste entziehen. Der Fall des Eisernen Vorhanges gebietet es insbesondere den Ländern MitteI- und üsteuropas, durch Präsentation ihrer Kul- tur die Rückkehr ins gemeinsame europäische Haus zu erleichtern. Durch ihre themen- bezogene Projektarbeit sind die Europäischen Kulturtage auch nicht der Gefahr der Nivel- lierung und Austauschbarkeit durch Veräußer- lichung und Starkult erlegen. Die Europäi- schen Kulturtage sind kein "Einkaufsfestival" . Sie setzen nicht auf das einmalige Ereignis der "Megastars" , sondern auf die Kontinuität einer thematischen Aufbereitung eines The- mas. Die Zusammenarbeit mit den örtlichen kulturellen Initiativen und Institutionen ist dafür ein wichtiger Eckpfeiler. Die Europäi- schen Kulturtage sind dem örtlichen Kultur- leben nicht "aufgesetzt", sondern mit diesem in langfristiger Zusammenarbeit vernetzt und von diesem mitgestaltet. In seiner Entschlie- ßung vom 9. September 1993 hat der Deut- sche Städtetag ausgefiihrt: "Entscheidend sind weniger einmalige, repräsentative Veranstal- tungshöhepunkte als vielmehr langfristige Arbeitskontakte unter Einbeziehung der All- tagskultur und kultureller Initiativen und Ver- eine." Für diese Empfehlung sind die Europäi- schen Kulturtage ein gutes Beispiel. Als Fest und Lernort werden sie auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Begegnung der Men- schen und zum Zusammenwachsen Europas leisten. Michael Heck
Heinrich Hübsch (1795-1863) Zum 200. Geburtstag des großen Architekten
Zum zweihundertsten Male jährt sich 1995 der Geburtstag von Heinrich Hübsch. Das ist ein Anlaß, seiner zu gedenken, nimmt er doch in der großen Reihe bedeutender Karlsruher
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Baumeister des 19. Jahrhunderts einen her- ausragenden Platz ein. Er galt seinerzeit als einer der wichtigsten Architekten Deutsch- lands. Als unmittelbarer Nachfolger seines
Lehrers Weinbrenner trat Heinrich Hübsch 1827 in dessen Funktionen ein und war einige Jahrzehnte lang oberster badischer Bau- beamter, zugleich auch Professor am Poly- technikum.
Studium und erste Bauten
Am 9. Februar 1795 wurde Hübsch in dem damals noch pfalzischen Weinheim an der Bergstraße als Sohn eines äußerst wohlha- benden und studierten Postmeisters geboren. Seine Mutter war eine lutherische Pfarrers- tochter aus dem Odenwald. Nach seiner Schulzeit in Weinheim und Darmstadt stu- dierte er zunächst Philosophie und Mathema- tik in Heidelberg, kam aber 1815 fur zwei Jahre an Weinbrenners Bauschule, um sich ganz der Architektur zuzuwenden. Ein mehr- jähriger Italienaufenthalt und eine Griechen- landreise schlossen sich an. Italien blieb zeit- lebens das Land seiner Sehnsucht. Insgesamt sieben Mal hielt er sich, zum Teil viele Mo- nate lang, dort auf.
Nach der Examinierung durch Weinbren- ner in Karlsruhe erhielt Hübsch seine erste Ausstellung 1824 beim Städelschen Kunst- institut in Frankfurt am Main. In diese Zeit fallt die Ausftihrung erster Bauten, eines Waisenhauses in Frankfurt und einer Kirche in Barmen (Wuppertal). Auch mit seiner schriftstellerischen und architekturtheore- tischen Publikationstätigkeit hatte Heinrich Hübsch bereits begonnen. Aus seinem ersten Werk "Über griechische Architektur" ent- spann si~h ein heftiger Streit mit dem Berliner Professor A10ys Hirt. Dieser vertrat eine Position, die deJjenigen Weinbrenners ent- sprach, so daß sich Hübschs Polemik in der zweiten Auflage des Buches indirekt auch gegen seinen Lehrer richtete. Sein bekannte- stes Werk "In welchem Style sollen wir bau- en?" ließ Hübsch aber erst nach Weinbren- ners Tod erscheinen. Er wandte sich darin
vollständig von Weinbrenners klassizisti- schen Auffassungen ab und propagierte eine neue monumentale Architektur. Diese sollte im wesentlichen auf dem Rundbogenstil be- ruhen und Zweckbestimmung wie Konstruk- tion sichtbar werden lassen.
Wege zum eigenen Stil
In seiner architektonischen Praxis folgte Hübsch zwar nicht immer konsequent seiner eigenen Theorie, doch entwickelte er einen eindeutig identifizierbaren Stil. Ohne eine eigentliche Schule zu bilden, übte Heinrich Hübsch großen Einfluß auf die deutsche Architektur seiner Zeit, ganz besonders natürlich in Baden aus. Wichtig war ihm unter anderem die Materialsichtigkeit. Es gibt bei ihm nur wenige verputzte Bauten. Als Hauptbaumaterial verwandte Hübsch roten und gelben Sandstein, sowie besonders hart gebrannte Backsteine. Zierformen wurden
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häufig in Terrakotta ausgefiihrt. Als einer der ersten wandte sich Hübsch dem Einsatz von Eisenkonstruktionen zu. Auch in der Schaf- fung von Gewälbeformen entwickelte Hein- rich Hübsch interessante Modelle, die statische Erfordernisse mit optimaler Materi- alausnutzung zu ästhetisch befriedigenden Lösungen verbanden.
Heinrich Hübsch hat nur wenige Wohnhäu- ser geschaffen, einige fUr Verwandte in seiner Heimatstadt Weinheim und einige Dienst- wohnungen. Der Schwerpunkt seiner Tätig- keit lag bei öffentlichen und repräsentativen Bauwerken. Als vornehmste Aufgabe fiir einen Architekten sah Hübsch immer den Bau von Kirchen an. Um die dreißig hat er fUr beide große Konfessionen entworfen. Aber nicht alle wurden gebaut. Die Krönung seines Lebenswerkes war fiir Heinrich Hübsch der Neubau des Westwerks am Kaiserdom zu Speyer, den er im Auftrag der bayerischen Könige Ludwig I. und Maximilian 11. Joseph von 1854 an ausfUhrte. Hier konnte Hübsch seine Auffassung von romanischer Baukunst und seine denkmalpflegerischen Vorstellun- gen verwirklichen, wie er sie bereits an der Ludwigskirche in Freiburg und am Konstanzer Münster erprobt hatte.
Die dem Umfang nach größte Bauaufgabe, vor die sich Heinrich Hübsch je gestellt sah, war das Männerzuchthaus in Bruchsa!. Dieses galt lange Zeit als modernste Ein- richtung seiner Art. Um Anregungen zu erhalten, hatte Hübsch Reisen nach Paris und London unternommen. 1841 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Der Komplex war bis 1848 soweit fertiggestellt, daß Teilnehmer an den revolutionären Unruhen in Baden als erste Insassen der Strafanstalt eingeliefert werden konnten.
In ganz Baden stehen Kirchen von Heinrich Hübsch, fiir die er ein auf dem Rundbogenstil basierendes Schema einfacher Landkirchen entwickelte. Alle sind aus rotem Sandstein
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erbaut. Einige Beispiele seien genannt: Epfenbach, Zaisenhausen, Bauschlott, Stah- ringen, Weizen, Bad Dürrheim. Die nie ge- bauten Entwürfe fiir eine evangelische und eine katholische Kirche in Karlsruhe sowie einen neuen Dom fiir das württembergische Rottenburg unterschieden sich freilich erheb- lich von den genannten Landkirchen. Dassel- be gilt fiir die doppcltürmige Stadtkirehe in Ludwigshafen am Rhein, die n.ach den Kriegszerstörungen stark verändert wieder aufgebaut wurde.
Es ist hier nicht der Ort, alle wichtigen Bauwerke von Heinrich Hübsch aufzuzählen, doch sei, bevor auf seine Karlsruher Bauten eingegangen wird, wenigstens die Trinkhalle in Baden-Baden erwähnt, weil sie zu Hübschs eindrucksvollsten Profanbauten zählt. Sie dient immer noch dem Zweck, der ihr vom Bauherm zugedacht war, ein Zeichen daflir, daß Hübschs Entwürfe nicht nur ästhetischen, sondern funktionellen Anforderungen, ge- recht wurden. Auch fiir die meisten seiner anderen Bauwerke läßt sich das sagen, obwohl sein Stil zeitweilig nicht mehr sehr geschätzt war.
Karlsruher Bauwerke .~_. _--
Wenden wir uns der Karlsruher Bautä- tigkeit von Heinrich Hübsch zu. Eine ganze Reihe von Bauten sind, zumeist infolge von Kriegseinwirlmngen, verschwunden. Dazu gehören die Töchterschulen in der Linden- straße, das Karlstor, das Lehrerseminar in der Akademiestraße, das Landesgestüt, von dem noch ein Torso an der Rüppurrer Straße bis vor wenigen Jahren erhalten war, das alte Vincentiuskrankenhaus am Karlstcrund schließ- lich als größter und nach wie vor bedauerns- wertester Verlust das Hoftheater und spätere Badische Landestheater am Schloßplatz.
Am 28. Februar 1847 war das von Friedrich Weinbrenner erbaute Hoftheater abgebrannt,
und schon im Mai erhielt Heinrich Hübsch vom Großherzog den Auftrag zur Planung eines neuen Theaters. Im Februar 1851 wurde mit dem Bau begonnen, der am 17. Mai 1853 eröffnet wurde. N abezu neunzig Jahre stand das vornehme Bauwerk als eines der schönsten Theater Deutschlands zwischen Schloß und Kunsthalle. Der Schloßplatz mit seiner vor dem Theater verlaufenden Linden- allee und dem Botanischen Garten als Hintergrund bildete ein wunderschönes Ambiente für das festliche Haus, das an italienische Vorbilder erinnerte. Im Septem- ber 1944 trafen britische Brandbomben das Theater. Die zwar ausgebrannte, aber wieder herstellbare Ruine stand noch bald zwanzig Jahre am Schloßplatz, bis sie schließlich doch dem Neubau des Bundesverfassungsgerichtes weichen mußte.
Einige beachtliche, teilweise stadtbild- prägende Bauwerke Heinrich Hübschs sind in
Karlsruhe erhalten geblieben und dienen nach wie vor ihrer Bestimmung. Das schon zwi- schen 1830 und 1833 erbaute Regierungs- präsidium beherbergte früher das badische Finanzministerium. Es füllt den östlichsten Baublock zwischen Schloßplatz und Zirkel. Das Gebäude war der damals noch am Schloßplatz bestimmenden barocken Gestal- tungsidee anzupassen. Das bedeutete, daß Hübsch Kompromisse eingehen mußte. So nahm er die Schloßplatzarkaden auf, konnte aber die von ihm angestrebte Dreistöckigkeit nur für den Mittelteil des Bauwerkes durchsetzen, weil drei Stockwerke immer noch allein dem Schloß vorbehalten waren.
Freier war Heinrich Hübsch in der Gestal- tung des Hauptbaues der "Polytechnischen Hochschule", der heutigen Universität, der etwa gleichzeitig an der Kaiserstraße ent- stand. Wie sich das Bauwerk heute präsen- tiert, besteht es allerdings erst seit 1864.
Orangerie und Gew(lchsh(luser. erbaut 1857.
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Theodor Fischer erweiterte damals das Hoch- schulgebäude, indem er etwas weiter östlich eine genaue Kopie des Hübschbaues errichte- te und die bei den "Zwillinge" durch einen angepaßten Mittelbau verband. Sowohl die Hochschule als auch das Regierungspräsi- dium sind im Inneren ähnlich angelegt. Beide haben gewölbte Flure und zu den weiträumi- gen Treppenanlagen transparente Säulenstel- lungen, wodurch eine großzügige Raum- wirkung entsteht.
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Das bis heute am meisten besuchte Hübschbauwerk ist die Staatliche Kunsthalle. Sie entstand in den Jahren 1837 bis 1845. Dieses vornehme Gebäude wurde mehrfach erweitert, zuletzt von Heinz Mohl, zeigt aber zur Hans-Thoma-Straße immer noch die von Hübsch geschaffene Fassade samt den er- halten gebliebenen Türflügeln des Hauptpor-
tals. Bei der letzten Renovierung wurden die Erdgeschoßsäle in ihren ursprünglichen, von Hübsch konzipierten Zustand zurückversetzt und präsentieren dessen eindrucksvolle Innen- raumgestaltung, die auch im Treppenhaus mit der monumentalen Wandmalerei Moritz von Schwinds zur Geltung kommt.
Die erst etwa zehn Jahre später von Heinrich Hübsch geplanten und gebauten Orangeriegebäude werden teilweise auch von der Kunsthalle genutzt. Sie umstellen den Botanischen Garten, der früher im Osten vom Hoftheater begrenzt wurde. Obwohl von den glasgedeckten großen Gewächshäusern zum Teil nur noch die damals moderne Eisen- konstruktion vorhanden ist, wirkt das En- semble sehr romantisch im Sinne von Hein- rich Hübsch. Hierzu trägt vor allem das Tor- gebäude mit seinen bei den ornamentierten Rundtürmen bei.
Ganz sicher hat man zwischen Kunsthalle und Orangerie auch den besten Platz ftir das
SI.-Cyriakus-Kirche in Bulach, erbauI1834- 1837.
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Heinrich-Hübsch-Denkmal gefunden, das 1867, vier Jahre nach seinem Tod, errichtet wurde.
Das in seiner Umgebung auffalligste Bau- werk von Heinrich Hübsch stcht in Bulach. Wer sich der Stadt Karlsruhe VOll Südwesten her nähert, erblicl.1 schon von weitem das Doppelturmpaar der St. Cyriakus-Kirche. Hoch ragt der Kirchenbau über die Fach- werkhäuser des alten Ortskerns hinaus. Zur Zeit seiner Erbauung in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts mager indem dörflichen Ortsbild recht fremd gewirkt haben. Für Heinrich Hübsch war die Bulacher Kirche aber ein Höhepunkt seiner kirchlichen Bautätigkeit. Schon die Nähe der Gemeinden Bulach und Beiertheim, fUr welche die Kirche erbaut wurde, zur Haupt- und Residenzstadt
Karlsruhe waren fUr Hübsch Anlaß, ein Beispiel fur seine Auffassung vom Kirchen- bau zu geben. Das betraf den konstruktiven, dekorativen wie funktionalen Bereich. Hübsch hatte die Kirchenarchitektur seiner Zeit immer wieder kritisiert. Sowohl klassizisti- sche als auch gotische Formen lehnte er ab. Vorbild war fur ihn der "frühchristliche" Kirchenbau, was er in seinen theoretischen Schriften ausflihrlicher darlegte. Bulach war dafiir ein Exempel.
Zeiten der Hochschätzung von Heinrich Hübsch folgten solche, in denen seine Architel.1ur nicht mehr so viel galt. Heute können wir objektiver urteilen. Die große, nicht zu überschätzende Bedeutung des Architekten Heinrich Hübsch liegt darin, vor Ausbruch des Eklektizismus einen eigenstän- digen Baustil geschaffen zu haben, 1er romantische Rückbesinnung und zeitgemäße technische Entwicklungen in sich vereint.
Heinz Schmilt
Begegnungen mit Max Reger
In der Ausgabe vom 15. November 1994 überraschten die Badischen Neuesten Nach- richten mit der Meldung, daß voraussichtlich das Max-Reger-Institut von Bonn nach Karlsruhe übersiedeln werde. Unbestreitbar gewönne damit unsere Stadt einen weiteren kulturellen AnziehungspunIct. Mit vielen Impulsen könnte ein solches Institut das Karlsruher Musikleben bereichern.
Hatte der Komponist Max Reger (1873 bis 1916), dessen Schaffen "in seinen giganti- schen Ausmaßen nur dem Lebenswerk alter Meister vergleichbar" ist, und der vor allem in seiner Orgel- und Kammermusik "einen noch nicht abzuschätzenden Einfluß auf die neue Musik gehabt" hat (Heimuth Wirth) persönli- che Beziehungen nach Karlsruhe? Nun, neun-
mal hat er hier konzertiert. Und wenn er auch einmal wütend ausgerufen haben soll: "nie wieder nach Karlsruhe", der Konzertsaal behagte ihm ganz und gar nicht (Karlsruher Tagblatt vom 13. November 1927), er kam doch immer wieder. Unter der Protektion des Prinzen Max von Baden veranstaltete man im Jahre 1912 sogar ein Karlsruher Regerfest, bei dem der Meister in der ehemaligen Festhalle mit seiner berühmten Meininger Hofkapelle auftrat und dabei, neben eigenen Werken, auch die dritte Sinfonie von Brahms dirigierte.
Nach Regers frühem Tod. am 11. Mai 1916 fand schon am 7. Juni in Karlsruhe eine Ge- denkfeier statt, bei der "eine reiche Folge Re- gerseher Tonwerke" erklang. Und nebenbei,
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Reger bei der Reinschrift einer Partitur (Ballettsuite op. 130).
ein kongenialer Interpret von Regers Orgel- musik wurde in Karlsruhe geboren: Günther Rarnin (1898-1956), der ab 1918 als Tho- masorganist, später auch als Thomaskantor in Leipzig wirkte.
Regers Werk wurde in Karlsruhe kontinu- ierlich gepflegt, von den Chören, von den Organisten, im Bereich der Kanunermusik, unlängst erst erklang eines der orchestralen Hauptwerke Regers, die" Vier Tondichtungen !Ur Orchester nach A. Böcklin", op. 128, in einem Sinfoniekonzert der Badischen Staats- kapelle. Auch wenn die Beziehungen des Komponisten nach Karlsruhe eher sporadi- schen Charakter hatten, es gibt sie immerhin, ganz anders als im Falle Georg F riedrich Händel. Über die Generation der Schüler und Enkelschüler hat Regers Tonsprache in Karlsruhe noch bis weit in unser Jahrhundert, ja sogar noch bis in unsere Tage nachgewirkt,
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man denke etwa an Franz Philipp, von 1924- 1942 Rektor der Musikhochschule (damals Badisches Konservatorium) und an dessen Schüler.
Der einundzwanzigjährige Max Reger verfaßte während seiner Wiesbadener Studi- enzeit 1894/95 eine Suite fur Orgel (op. 16), der er in einer Mischung aus Huldigung und Stolz den Untertitel beigab: "Den Manen Johann Sebastian Bachs". Er sandte das Werk an Johannes Braluns in Wien und fragte an, ob dieser einer Widmung an ihn zustim- men würde. Braluns, jungen Komponisten gegenüber meist recht abweisend, antwortete sofort und bedankte sich "hochachtungsvoll ergeben" rur "das schöne Geschenk einer Widmung", worauf beide Photographien austauschten. "Dem Bild mit herzlicher Widmung von Braluns an Reger kommt die Bedeutung eines "Meisterbriefes" zu, der den Traditionszusanunenhang der deutschen Mu- sik besiegelt, wie einst von Schumann zu Braluns, so jetzt von Braluns zu Reger" (Riemann-Lexikon, 1961). Braluns war fur den jungen Reger "der, an den man sich halten kann. Ich tue es aber auch!" (1891). Daneben steht rur Reger stets das Bekenntnis zu "Allvater Bach, ... fur mich Anfang und Ende aller Musik".
Um die Jahrhundertwende wurde Regers Musik als sehr modem empfunden, man sah in ihm den "Sozialdemokraten (!) unter den jetzigen Komponisten", einen "der den Umsturz predigt" (an A. Lindner, 1897). Ein Münchner Kritiker warf Reger 1903 gar vor, einen "Kult des Häßlichen um seiner selbst willen" zu betreiben. Reger selbst beteuerte demgegenüber immer wieder, daß es ihm um "Weiterbildung des Stiles", niemals um "Umsturz" ging. Deshalb lehnten andere bald auch seine Musik als konservativ ab. Kein Geringerer als Amold Schön berg äußerte dagegen 1924: "Ich halte ihn fur ein Genie". In Schönbergs Wiener "Verein fur musikali-
sehe Privatauffiihrungen" war Reger der meistgespielte Komponist. Schönbergs Wert- schätzung bezog sich dabei vor allem auf Regers Kammermusik, die im sogenannten "Jenaer Stil", der letzten Schaffensperiode, zu einer fast klassizistischen Klarheit und Durchsichtigkeit gefunden hatte. Thre klangli- che Sensibilität und Ornamentftille machen sie zum wertvollen Zeugnis einer zwischen Jugendstil und Impressionismus angesiedel- ten Kunst.
Am stärksten hat Regers Musik bis heute weitergewirkt im Bereich der Kirchenmusik und bei den Organisten. Die Orgel betrachtete Reger als sein ureigenstes Terrain, wo ihm, zumindest in Deutschland, von keiner Seite Konkurrenz erwuchs. Dabei war seine Stellung zwischen den Konfessionen durch- aus delikat. Der gebürtige Oberpfalzer schickte seine ersten Kompositionen nach Regensburg, damals eine Hochburg der katholischen Kirchenmusik. Wegen ihrer Neuheit stießen sie bei den strengen Cae- cilianern auf Ablehnung. Verstörend wirkte auch Regers Hinwendung zum evangelischen Kirchenlied: "Die Protestanten wissen gar nicht, was sie an ihren Chorälen haben."
Die großen Choralfantasien Regers durften in katholischen Kirchen nicht gespielt wer- den. Für seinen Hauptinterpreten, den ihm freundschaftlich verbundenen Karl Straube, verfaßte Reger deshalb Orgelwerke, die auch ftir eine Auff'lihrung in katholischen Kirchen geeignet seien, wie etwa die "Variationen und Fuge fis-Moll über ein Originaltherna", op. 73, aus dem Jahre 1903. Erst recht prekär wurde Regers Situation nach der Heirat einer geschiedenen Protestantin, Eisa von Bercken geb. von Bagenski 1902. Regers Tätigkeit in
Leipzig, Meiningen und Jena fiihrte imnler wieder zur Entstehung von Werken, die dem protestantischen Milieu jener Zeit verhaftet sind. Die neuere Geschichte der evangeli- schen Kirchenmusik ist ohne Max Reget kaum denkbar. Gleichwohl bekannte dieser bis zu seinem Lebensende, er sei ,,katholiiCh bis in die Fingerspitzen".
Diese inneren Spannungen fanden iIu:en Ausgleich in der Musik. Die großen Choral- fantasien Regers, etwa die über den "Mar- genstern" oder das "Wachet auf, ruft uns die Stimme" wurden zu Schlüsselwerken der neueren Orgelkunst. Thre Botschaft hat die Grenzen der Konfessionen weit hinter sich gelassen. An packender Wirkung haben sie bis heute nichts verloren. Regers Choral- bearbeitungen, die Orgelwerke, die reiche K1aviermusik, seine noch zu entdeckenae Vokalmusik oder das hinreißende Klarinetten- quintett, Regers letztes vollendetes Wcik, sind einzigartige .Dokumente einer äußerst verfeinerten musikalischen Kunst zu Beginn unseres Jahrhunderts, unmittelbar vor dem Umbruch zu einer vollständig neuen Ton- sprache. Die Beschäftigung damit wird eine Herausforderung CUr jede Musikergeneration bleiben.
Das Max-Reger-Institut in Karlsnihe könnte diese Musik am Aufbruch zur Modeme, die Zeit zwischen Brahms, Strauß, Mahler und Schönberg, neu in den BliCk rücken. Baden-Württemberg besitzt zur zeit nur ein musikwissenschaftliches Forschungs- institut (Edition "Neue Schubert-Ausgabe"iin Tübingen). mit einem Max-Reger-Institut !in Karlsruhe entstünde auch im badischen Landesteil ein Forschungszentrum, dem internationale Beachtung sicher wäre.
Andreas SchrIJder
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Der Hofkapellmeister Felix Mottl in Karlsruhe
Als Felix Mottl 1880 nach Karlsnilie berufen wurde, konnte man kaum ahnen, daß der vierundzwanzigjährige Hofkapellmeister, Schüler von Anton Bruckner und Otto Dessoffin Wien, der gerade die Uraufiuhrung seiner ersten Oper "Agnes Bemauer" unter der Protektion von F ranz Liszt in Weimar geleitet hatte, in wenigen Jahren zu einem der bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit aufstei- gen würde. In dem Vierteljahrhundert seiner Karlsruher Ära entwickelte sich die Badische Hofoper zu einer der führenden Bühnen Europas. Mottl konnte hierbei an das Wirken einiger hervorragender Vorgänger anknüp- fen.
Joseph Strauß, tätig von 1824 -1863, hatte die Hofkapelle zu einem leistungsfahigen sinfonischen Klangkörper geformt. Über ihn schrieb Richard Wagner, der ihn bei einer Karlsruher " Lohengrin" -Aufiuhrung erlebt hatte: "Dun gehorchte alles wie einem Manne, der keinen Spaß versteht." Mit seinem Nachfolger Hermann Levi"leitete zum ersten Mal ein Dirigent moderner Prägung das Karlsruher Orchester. Unterstützt vom inten- danten Eduard Devrient pflegte Levi das große klassische Repertoire und fuhrte in den Sinfoniekonzerten die Werke seines Freundes Johannes Braluns auf. Der Komponist war damals als Klaviersolist und Dirigent seines "Deutschen Requiem" häufiger Gast in der Badischen Residenz.
Otto Dessoff, Hofkapellmeister von 1875 bis 1880, vorher Dirigent der Wiener Phil- harmonischen Konzerte, setzte den Kontakt zu Braluns fort und dirigierte im Abonnements- konzert am 4. November 1876 die Urauffiih- rung der Ersten Sinfonie in Anwesenheit des Komponisten. Der Nachfolger Felix Mottl hatte sich schon während seines Studiums in Wien fur Wagner begeistert und mit 17 Jah-
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ren einen Richard-Wagner-Verein gegründet, in dem er mit Hans Paumgartner, dem Vater des bekannten Salzburger Mozart-Biogra- phen, den ersten Akt der "Walküre" an zwei Flügeln auffiihrte. In Wien durfte er dem Komponisten bei den Einstudierungen von "Tannhäuser" und "Lohengrin" as~istieren. Für das Festspieljahr 1876 engagierte Wag- ner Mott! als Notenschreiber der Bayreuther "Nibelungen-Kanzlei" und musikalischen Assistenten. Bereits !O Jahre später dirigierte er bei den Festspielen Auffiihrungen von "Parsifal'~ und "Tannhäuser".
Die außerordentliche Ausstrahlung des Dirigenten Mottl wird von allen Zeitungen gerühmt. Am Pult identifizierte er sich völlig mit dem Werk und verausgabte sich bis zum Äußersten. Er hatte die Fähigkeit, alle Mit- wirkenden mitzureißen und über sich selbst hinauswachsen zu lassen. Als späterer Direk- tor der Münchner Akademie muß er eine faszinierende Wirkung auf die Studenten ausgeübt haben. Der Komponist Walter Braunfels, der bei ihm an der Münchner Oper assistierte, hat in einem Nachruf Mottls Künstlerpersönlichkeit treffend charakteri- siert:
"Eine einzigartige Vitalität lag in diesem Manne, alle Lebensreize prickelten in ihm, und wie aus einem Dämon sprudelte ihm bei jeder Gelegenheit seine ungemeine Begabung hervor. Seine Bewegungen waren von einem unbeschreiblichen Ausdruck, trafen das Wesentliche einer Stelle so bestimmt, daß die Geste selbst gleichsam zum neuen Einfall wurde, der wie ein Blitz Ausfuhrende wie Hörer erleuchtete." Sicher war die Veranlas- sung einer solch ungemein plastischen
Zeichengebung auch die Tatsache, daß da- mals viel weniger als heute probiert wurde, manche Vorstellungen nach langer Pause wieder aufgenommen wurden und der Diri- gent die richtige Spielweise sowie den ent- sprechenden Ausdruck im Augenblick for- dern mußte.
Die Aufführungen in dem .on Heinrich Hübsch erbauten Hoftheater neben dem großherzoglichen Schloß hatten ihre beson- dere Atmosphäre. Die Zuschauer kamen zu den Vorstellungen mit der Kutsche oder zu Fuß über den Schloßplatz. Der städtische Betrieb lag weitab, und man ließ sich innerlich erheben vom glanzvollsten festli- chen Geschehen, das eine städtische Residenz ihren Bürgern damals bieten konnte. Die Karlsruher Gesellschaft saß im Parkett, auf den unteren Rängen und in den Logen, die Schüler und Studenten auf dem vierten Rang, wo damals der Platz nur 50 Pfennig kostete. In den Pausen promenierte man unter den Kastanien des Schloßplatzes oder am Teich im Botanischen Garten. Mit dem Solisten- ensemble, bei dem es wenig Wechsel und nur selten Gastspiele gab, war das Publikum wohl vertraut. Ein ganz außergewöhnliches Ereig- nis war es, wenn der berühmte Bariton Francesco d' Andrade den Don Giovanni sang oder wenn im Schauspiel die große Eleonora Duse mit ihrem italienischen Ensemble als Kameliendame auftrat.
Der junge aufstrebende Mottl hatte das Glück, daß die beiden Intendanten, die in seiner Ära das Theater leiteten, Edler zu Putlitz bis 1889, danach Albert Bürcklin, ihm weitgehende künstlerische Freiheit ließen und seine ehrgeizigen Intentionen unterstützten. Während im Schauspiel die klassischen Dramen von Goethe, Schiller und Shake- speare gespielt wurden, standen in der Oper jährlich etwa 40 verschiedene musikalische Werke auf dem Repertoire, wobei Mottl mei- stens selbst dirigierte, dazu die sechs Abon-
FelixMolI1 injilngeren Jahren in Karlsrnhe.
nementskonzerte im Museum leitete und zudem bei den vier Kammerkonzerten im Foyer des Theaters häufig als Pianist und Liedbegleiter mitwirkte.
Mottl wagt Wagners Werke ·.w.·.w .• ·._·_".w •. W.·_~.vN.W' .~_
Mottls jährliches Auftreten als Bayreuther Festspieldirigent und die damit verbundene internationale Reputation stärkten seine Position gegenüber dem Badischen Hof. Seine Vorliebe fiir die Bühnenwerke Richarll Wagners wurde von Großherzog Friedrich ~ . unterstützt. Dieser hatte schon 1861 versucht, durch die geplante Uraufführung von "Tristan und Isolde" den Komponisten ganz naCh Karlsruhe zu ziehen, was sich zerschlug, wcll der damalige Intendant Devrient das Weslk ablehnte. Im Dezember 1884 konnte Mottl die Oper erstmals in Karlsruhe aufführen. Das Karlsruher Publikum hatte damals nodh
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Schwierigkeiten, Wagners neue chromatische Tonsprache zu verstehen; so wurde hier der Schüttelreim geprägt:
Geh doch nicht in Mott!' s T ristan und hör dir dieses Trotte!'s Mist an! Schaff' dir lieber ein Drittel Most an und trink dir mit diesem Mittel Trost an! Schon im März 1883 hatte Angelo Neu-
manns reisende Wagnerbühne unter der musikalischen Leitung von Anton Seid! mit dem gesamten "Ring der Nibelungen", im Karlsruher Hoftheater gastiert. Sicher schmerzte es damals Mottl, daß nicht er, sondern sein Bayreuther Kollege aus der Nibelungen-Kanzlei von 1876 den ersten "Ring" in Karlsruhe dirigierte. Jedenfalls begann er kurz danach mit der Einstudierung des "Rheingold" , und in jährlichem Abstand folgten die drei weiteren Abende. Dadurch konnte er ab 1888 den "Ring" geschlossen auff'Uhren und in jeder Saison meist zweimal bringen. Jeweils im Sommer zogen zu den Bayreuther Festspielen mit Mott! etwa 15 Orchestermusiker, eine ebenso große Gruppe von Chorsängern und einige Solisten. Die enge Verbindung der Badischen Hofoper mit Bayreuth veranlaßte Cosima Wagner, zu häufigen Besuchen hierher zu kommen, Sänger anzuhören und Spielplan-Konferen- zen flir die Festspiele mit Mottl und Levi abzuhalten. Im Frühjahr 1889 wirkte sie mit bei der Einrichtung fur die Erstauffiihrung des "Rienzi" und half regielich bei der szenischen Wiedergabe der " Legende der Heiligen Eli- sabeth" ihres Vaters Franz Liszt. Ihr Sohn Siegfried studierte zwei Semester Architektur am Karlsruher Polytechnikum und wurde durch die Auff'uhrungen unter Mottl be- stimmt, sich ganz der Musik und dem Theater zuzuwenden.
Neben den Musikdramen Wagners pflegte
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Mottl die Werke Mozarts sOWIe die ita- lienische und französische Oper. Unter seiner Leitung erschienen ersbnals Verdis "Tra- viata", " Rigoletto" und "Falstaff" auf dem Spielplan, aber auch Bizets "Carmen". Seine besondere Vorliebe galt den Werken von Hector Berlioz, der sich damals in Paris noch nicht durchgesetzt hatte. Als Urauffiihrung dirigierte Mottl 1890 an zwei Abenden "Die Trojaner"; drei Jahre später bracl]te er in einem Berlioz-Zyklus von vier Abenden auch "Benvenuto Cellini" und "Beatrice und Bene- dict", eine ungeheure Leistung des Hof- theaters, das damit internationales Echo fand. Der französische Komponist Emanuel Chabrier wurde Mottls Freund durch die hiesigen Erstauff'lihrungen seiner Opern "Gwendoline" und " König wider Willen". Motd berichtete darüber Cosima Wagner. Chabrier sei in geradezu demonstrativer Weise gefeiert worden; der Großherzog betrachte ihn als Friedensbotschafler, da er die Harmonie mit sich bringe.
Alle neuen Projekte beriet Mottl mit seinem Karlsruher Vorgänger und väterlichen Freund, dem Münchner Hofkapellmeister Hermann Levi, mit dem er bei den Bayreuther Fest- spielen zusammenarbeitete. Bei manchen Novitäten rivalisierten die beiden um die Urauff'uhrung, und oftmals war Mottl in Karlsruhe der Münchner Oper um Nasenlän- ge voraus. So verbreitete sich ab Ende der Achtziger Jahre der Ruf der Badischen Hofoper in musikalischen Fachkreisen, und bedeutende Musiker kamen von weither, um die vielgerühmten Auff'uhrungen unter Mottl zu hören. Dieser erhielt viele ehrenvolle Einladungen, unter anderem, mit seinem Ensemble in Brüssel und London zu gastie- ren. Bernard Shaw schrieb in einer Musik- rezension, das Londoner Orchester solle sich die Auff'uhrung des" T annhäuser" unter Mottl in Karlsruhe zum Vorbild nehmen. In einer Besprechung über Mottls Interpretation des
Festhalle Knrlsruhe.
8 Abonnem.ents-Konzerte ,,, Gpossh. HofopohesteJ:.
(t;trstärkt durch Cluswärligt Künstler).
Mittwoch den 14. Oktobar 1903.
Solist: Herr Hofollernsänger Karl Burrian (Dresden), Gemischter Chor: Geladene Damen und Herren, Hoftheaterchor,
uDttr Leitung des Rem Generalmusikdirektors
Fellx Uottl.
PROGRAMM. 1. Eine Faust-Ouverture
' Ge,,;:brieben m Puu lMO. umprbtiUt ill Zlilkh. JIIIU1!' I~. I Du O«t.. drr lIIir Im Bu.o wobllt, KUli tier mein lnnenu. enq"e" : D,... tlber . neo lIIeUMn !:rlttlll thront, :Er bnn Dach I11utn nichta be"ttea: Lad to ilt mir du lJl"", eint lA3t Der Tod trw1lntc.lll, du Leben mir urlusat. (GQ~lht.J
2. Vorspiel zum S. Akt und Gebet >U9 der Oper "Rienzi. der
Rich. Wagner.
letzte der Tribunen" . . . . . Rich. Wag""'. 3. Der 13. Psalm (für TfIlOr-Solo, Cbor und Orchester) Fronz Lud. 4. Siebente Symphonie (A-d .... 'p. 92) L. v . .&aho"",.
I . PICO I"t ... t, • Viv ... , b. All"""", Co , .... t.. d. AW •• ,.. _ .....
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Vorspiels zu "Lohengrin" las man über den Dirigenten: "Sein Beschwören, Anflehen, Abwehren, Drängen, würden Herzen von Stein erweicht haben."
In den Konzertprogrammen brachte Mottl neben der klassischen Sinfonik von Haydn, Mozart, Beetboven und Schubert die neuen Orchesterwerke von Smetana, dirigierte aber neben Wagner und Bruckner auch die Sin- fonien von Brahms. Die Abonnements- konzerte im Museum gewannen an Bedeutung durch das Erscheinen der damals berühmten Solisten, den Pianisten Eugen d' Albert, Ferruccio Busoni und Max Paur, den Geigern Leopold Auer und Eugene Y saye. Zu den seltenen Gastdirigenten zählteRichard Strauss, der hier 1891 seine sinfonische Dichtung ,,Aus Italien" und 1902 seinen "Till Eulen- spiegel" dirigierte. Strauss hatte sich mit Mottl in Bayreutb angefreundet, wo er ihm bei den Einstudierungen von "Tristan" und "Tannhäuser" assistierte. Siegfried Wagner leitete 1903 ein Konzert mit Werken von sich und seinem Vater. Seine Oper "Der Bären- häuter" hatte Mottl kurz nach der Münchner Uraufftihrung 1899 in Karlsruhe einstudiert.
Star im neuen Konzertsaal --~._--,
Ab 1897 fanden die Sinfoniekonzerte in der am Rand des Stadtgartens neu erbauten Festballe statt. Mottl weihte den wegen seiner hervorragenden Akustik vielgerühmten Kon- zertsaal mit einer Auffiihrung des Requiems von Berlioz ein, wobei die 20 Pauken auf die vier Ecken des Saales verteilt waren. Unter Mitwirkung des schon 1861 von Wilhelm Kalliwoda gegründeten Philharmonischen Vereins konnte nun Mottl hier große Chorkonzerte mit Beetbovens "Missa Solem- nis", "Fausts Verdammnis" von Berlioz und dem "Liebesmahl der Apostel" von Wagner veranstalten. Die "Matthäus-Passion" von J. S. Bach führte er mit 600 Chorsängern und
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einem zusätzlichen Knabenchorvon 120 Mit- \virkenden auf. Außerdem wurde die Hof- kapelle durch externe Musiker und Volontäre verstärkt.
Gelegentlich dirigierte Mottl eigene Kom- positionen, wie sein Ballett "Pan im Busch". Bei der Premiere seines Einakters "Fürst und Sänger" stellte er 1893 dem Karlsruher Publi- kum in der weiblichen Hauptrolle die aus Wien stammende Sopranistin Henriette Standhartuer als seine Frau vor. Um den Diri- genten hier zu halten, wurde sie als En- semblemitglied verpflichtet, und Mottl erhielt den damals selten verliehenen Titel "General- musikdirektor" . Seine Jljhresbezüge waren von anflinglich viertausend auf ftinfzehn- tausend Mark gestiegen. Er zog nun von seiner Wohnung in der Belfortstraße 21 in ein Haus mit Vorgarten in der Westendstraße 44.
In Wien, München und Berlin versuchte man mehrfach, den berühmten Karlsruher Dirigenten abzuwerben, doch stets gelang es dem Großherzog, Mott! durch großzügige Urlaube und Erhöhungen der Gage zu halten. Indessen kam es im Herbst 1903 zu einem ersten Konflikt, der zur Trennung fUhrte. Mottl nahm eine Einladung an die New Yor- ker Metropolitain Oper an, bevor er die offi- zielle Genehmigung seines halbjährigen Ur- laubs in der Tasche hatte. Mit der Aussicht, während 6 Monaten in Amerika soviel zu verdienen wie in Karlsruhe in 10 Jahren, trat er die Seereise an. Zum 15. Oktober 1903 wurde Mottls Vertrag als Großherzoglieh Badischer Hofkapellmeister gelöst, nachdem er eine Woche zuvor eine Gesamtauffiihrung von Wagners "Ring" und "Meistersinger" sowie das erste Abonnementskonzert geleitet hatte.
Als letztes Auftreten in Karlsruhe dirigierte er dazu noch ein Konzert mit vier Kantaten von J. S. Bach in der Christuskirche. - In diesen Wochen wurde durch den plötzlichen Tod von Hennann Zumpe die Position des
Bayerischen Hofkapellmeisters vakant, und Mottl, dem die offizielle Entlassung nachge- schickt worden war, konnte bei der Rückkehr aus New York sofort seine neue Position in München antreten. So verließ Mottl ohne einen festlichen Abschied die Stadt, in der er 23 Jahre unermüdlich und mit weltweiter Resonanz gewirkt hatte.
Nach München _.~.~ .. _~~==_.~._~
Als Folge seiner rastlosen Tätigkeit und einer unbändigen Intensität, mit der er sich beim Dirigieren verausgabte, hatten sich schon frühzeitig bedrohliche Anzeichen eines Herzleidens gezeigt. Die in München zu- nehmenden Beschwerden beachtete er nicht, erweiterte im Gegenteil seine beruflichen Verpflichtungen als Operndirektor und Leiter der Akademie neben Auslandsgastspielen. Nachdem er im II. Akt einer "Tristan"- Auffiihrung zusammengebrochen war, starb
er wenige Tage später, am 2. Juli 1911, kaum 55 Jahre alt. Noch auf dem Totenbett ließ er sich mit seiner zweiten Frau, Zdenka Faß- bender, trauen, die er schon 1900 als dra- matische Sopranistin nach Karlsruhe enga- giert hatte und die ihm nach München gefolgt war.
Seit dem Wirken Mottls in Karlsruhe ist ein ganzes Jahrhundert vergangen; seine Spuren sind verweht. Die Räume, die er mit seinem begnadeten Musizieren erfullt hatte, sind im letzten Krieg in Schutt und Asche gesunken. Es bleibt aber das Beispiel einer einzigartigen Persönlichkeit, die in den zwei Dezennien ihrer besten Jahre das künstlerische Profil der Stadt Karlsruhe geprägt hat und der Gene- ration unserer Großeltern kostbare Augen- blicke höchster Beglückung schenkte, Mo- mente des Außergewöhnlichen, nach denen wir uns als Angehörige einer nüchternen Umwelt mit nostalgischer Wehmut sehnen.
FrilhjofHaas
100 Jahre Karlsruher Künstlerbund Fortschrittliche KÜllstlervereinigung 1896 gegründet
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bildeten sich in den europäischen Kunstzentren Künstlervereinigungen, die sich als Sezessio- nen bezeichneten. In der Regel stellten sich die Sezessionen in Opposition zu den in den Kunstakademien verwurzelten Künstlern und zu den von staatlicher Seite befurworteten Kunstnormen. Dagegen forderten sie die sich frei entfaltenden Künstler, von denen viele nach einem individuellen, der Modernität verpflichteten Stil strebten.
Die früheste Sezession entstand 1884 in Paris. Dort schlossen sich die Impressionisten in der Societe des Independants zusammen. In Deutschland spalteten sich die Sezessionen von der Allgemeinen Deutschen Kunstgenos-
sensehaft ab, die seit 1856 Standesvertretung der Künstler war und sich die Förderung der nationalen Kunst zur Aufgabe gemacht hatte. 1892 wurde die Münchner Sezession gegrün- det. Im selben Jahr begann die Spaltung der Berliner Künstlerschaft. 1897 entstand die Wiener Sezession.
Im Karlsruher Lokalverein der Kunst- genossenschaft standen sich Ende des 19. Jahrhunderts zwei Gruppen gegenüber. Im Gegensatz zu den anderen Kulturzentren verlief in der badischen Residenz der Bruch nicht zwischen den Vertretern der Akademie und den freien Künstlern, sondern innerhalb der Kunstakademie. Die Exponenten der bei- den Gruppen waren die Professoren Ferdi-
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nand Keller und Leopold Graf von Kalck- Ir reuth.
Zwei gegensätzliche Grup,.",pe=. n~ _ _
Ferdinand Keller erhielt in den 1860er Jahren in Karlsruhe seine künstlerische Ausbildung. 1854 war auf Initiative des Regenten und späteren Großherzogs Fried- rich I. in der badischen Residenz die Kunst- akademie gegründet worden. Zunächst war die Landschaftsmalerei im Mittelpunkt des Lehrplans gestanden, doch hatte sich bald auch die Historienmalerei etabliert. Im Jahr 1873 übernahm Keller die Professur fur Historien- und Porträtmalerei, die er bis 1913 innehatte. Keller wurde an der Karlsruher .1 Kunstakademie Hauptvertreter des Figuren- Leopoldv. Kalckreuth, 1855-1928, Selbstbildnis. fachs und erwarb sich darüber hinaus den Ruf eines der fithrenden deutschen Historien- malers der Gründerzeit. Sein virtuoser Malstil war an der aufwendigen Kunst des Barock geschult. Großartige Kompositionen und eine koloristische Ausftihrung sind rur seine Werke charakteristisch. Kellers Karls- ruher Hauptwerk ist das bis 1879 im Auftrag des Großherzogs rur die Kunsthalle geschaf- fene Kolossalgemälde mit der Darstellung des Markgrafen Ludwig WilheIm, des "Tür- kenlouis" , in der Schlacht bei Salankamen.
Leopold Graf von Kalckreuth stammte aus Düsseldorf und war nach .einer Lehrtätigkeit in Weimar als freischaffender Künstler tätig. Er war Mitglied der Münchner Sezession. 1895 wurde er als Professor an die Karlsruher Kunstakademie berufen. Kalckreuth zählte zu den frühen deutschen Vertretern der natu- ralistischen Freilichtmalerei. Daneben setzte er sich intensiv mit Drucktechniken auseinan- der, besonders mit der Lithographie. Kalck- reuth stand in freundschaftlichem Kontakt zu Alfred Lichtwark, der als Direktor der Ham- burger Kunsthalle einer der bedeutendsten Förderer der deutschen Avantgarde und der
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zeitgenössischen graphischen Künste war. Es waren nicht die unterschiedlichen
Kunstauffassungen, die Kalckreuth und Kei- ler trennten. Denn in Karlsruhe vertraten mehrere Künstler Malweisen, die der Kellers entgegengesetzt waren, ohne daß sie mit ihm in Konflikt gerieten. Hier sei nur Gustav Schönleber genannt, der in der Tradition der Münchner Freilichtmalerei stand und seit 1880 an der Karlsruher Akademie Professor rur Landschaftsmalerei war. Andererseits op- ponierte Keller nicht nur gegen Kalckreuth. So verhinderte er, daß der Hamburger Fried- rich Kalhnorgen, der 1881 nach Karlsruhe gekommen war, an der Akademie angestellt wurde. Der Freilichtmaler und virtuose Zeichner Kallmorgen konnte sich dennoch in Karlsruhe etablieren. Er wurde Vorsitzender des Lokalvereins der Kunstgenossenschaft und war 1889lnitiator der Grötzinger Maler- kolonie, als er sich in dem Karlsruher Vorort ansiedelte.
Während Keller mit der Kar1sruher Kunst- landschaft offensichtlich zufiieden war,
strebte Kalckreuth nach Erneuerungen. Er wollte vor allem die Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten der Künstler verbes- sern. Denn seit Jahren gab es eine Überpro- duktion von Gemälden und Bildwerken, und gleichzeitig war die wirtschaftliche Lage besonders der jungen Künstler schlecht. Kalckreuth set7te auf die graphischen Künste und home, mi: ihnen neue Käuferschichten heranziehen zu können. Denn die in Auflagen gedruckten Graphiken waren im Vergleich zu künstlerischen Originalen sehr preisgünstig. Kalckreuths Initiative forderte die Abwen- dung vom idealen Künstlerbild, bot aber auch eine Antwort auf ökonomische Fragen.
Die Künstlergruppe um F. Keller, zu der Caspar Ritter und Carl Schurth gehörten, war gegen den Wandel. Kalckreuth fand jedoch die Förderung Friedrichs 1., der offensichtlich erkannt hatte, daß Veränderungen notwendig waren. Mit Unterstützung des Großherzogs konnte Kalckreuth an der Karlsruher Akade- mie eine Lithographie-Klasse einrichten und seinen Schüler Carl Langhein als Assistenten einstellen.
Die Spaltung 1896 ~~- ---~-
In dieser Zeit der Veränderung, im Frühjahr 1896, kam es zur Spaltung der Karlsruher Künstlerschaft. Anlaß war die Jurierung der Kunstwerke, die Karlsn"'e auf der Großen Berliner Kunstausstellung desselben Jahres vertreten sollten. Eine aus Mitgliedern des Lokalvereins der Kunstgenossenschaft zu- sammengesetzte Jury hatte die Bilder fiir Berlin ausgewählt. Ihre Entscheidung wurde jedoch von den Unzufriedenen und Zurückge- wiesenen heftig kritisiert. Man warf der Kommission unsachliches Handeln und die Bevorzugung eigener Werke vor. Diesen Vorwurf wies die Jury auf einer Generalver- sammlung am 16. April 1896 zurück. Doch konnte der Streit nicht geschlichtet werden,
FriedrichKallmorgen, 1856-1924, Selbstbildnis.
und die Versammlung endete mit dem Austritt der 24 Jurymitglieder. Der Lokalverein der Kunstgenossenschaft verlor auf diese Weise viele seiner angesehensten Mitglieder.
Neun Tage später, am 25. April 1896, konstituierten die Ausgetretenen die Sezessi- on und nannten sie Karlsruher Künstlerbund. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Julius Bergmann, Carlos Grethe, Robert Poetzelberger, Georg Tyrahn und Hans von Volkmann. Außerdem waren Künstler der Grötzinger Malerkolonie, Schüler des Land- schaftsmalers Gustav Schönleber (der erst 1897 beitrat) und andere Anhänger der Frei- lichtmalerei dabei. Als erster Vorsitzender wurde Friedrich Kallmorgen gewählt. Leo- pold Graf von Kalckreuth wurde zweiter Vorsitzender. Der Künstlerbund machte sich die Pflege der hohen Kunst zur Aufgabe und strebte gleichzeitig danach, den Ausbau des Karlsruher Kunstlebens gemeinnützig und den Zeitverhältnissen angemessen voranzu- treiben.
Kalckreuth war nicht nur der fiihrende
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Kopf, sondern wohl auch der Namensgeber der Karlsruher Sezession. Er scheint eine Vorliebe fiir die deutsche Bezeichnung "Bund" gehabt zu haben, die an den histo- rischen Bundschuh und an den Bauernbund erinnert. Der KÜDstlerbund beeilte sich jedoch bekanntzugeben, daß er - im Ge- gensatz zu diesen Namensvettern - nicht umstürZlerisch gesinnt war, sondern rein künstlerisch agieren wollte. Er war loyal gegenüber dem großherzoglichen Haus, dem er stets seine Pläne unterbreitete, und be- mühte sich um die Protektion des Großher- zogs fUr seine Unternehmungen. Auch sein Verhälbtis zum Lokalverein der Kunst- genossenschaft war im großen und ganzen unproblematisch. Gemeinsame Ausstellun- gen im Badischen Kunstverein waren über viele Jahre hinweg üblich.
Kalckreuths Bestrebungen zur Förderung der Druckgraphik wurden in den Karlsruher Künstlerbund eingebracht. Sein Assistent Langbein gründete 1897 eine eigene Drucke- rei. Sie f1nnierte als "Steindruckerei von earl Langbein, Kunstdruckerei fiir den Künstler- bund Karlsruhe". Ziel des Unternehmens war die Pflege der künstlerischen Lithographie, die Vennittlung der Kunst an breite Be- völkerungsschichten und die Schaffung neuer Absatzgebiete fiir die Karlsruher Künstler. Noch im Gründungsjahr wurde Langbeins Unternehmen an die G . . Braun'sche Hof- buchdruckerei verkauft und erhielt die Bezeichnung "Kunstdruckerei Künstlerbund Karlsruhe". Mit dem Verkauf wurde die Herstellung hochwertiger Druckgraphiken auf eine ökonomisch solide Basis gestellt. Neben Lithographien wurden bald auch Holzschnitte und Radierungen gedruckt. Der Badische Kunstverein in Karlsruhe war regelmäßiger Abnehmer von Graphikmappen der Kunstdruckerei, in denen Werke von drei oder vier Künstlern zusammengefaßt waren. Zwischen 1904 und 1914 und dann noch
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einmal 1919 gab er solche Mappen als Jahresgaben fiir seine Mitglieder aus.
Der Karlsruher Künstlerbund bemühte sich intensiv darum, die Kunst seiner Mitglieder weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekanntzumachen. Er bereitete seine kollekti- ven Beteiligungen an nationalen und interna- tionalen Ausstellungen mit großer Sorgfalt vor. Schon zur Wiener Aquarellistenaus- stellung von 1896 schrieb ein Rezensent: "Einen überraschend frischen Zug brachten die farbigen Lithographien des Karlsruher KÜDstlerbundes, der als geschlossene Gruppe auftritt und sich sehr kräftig von der sonstigen ( ... ) Ausstellung abhebt." Im Jahr 1899 schlug sich das positive Auftreten des Karlsruher Künstlerbundes auf einer Ausstel- lung in Dresden in sechs Auszeichnungen nieder. So wurde er erfolgreicher als der Karlsruher Lokalverein der Kunstgenos- senschaft.
Die Kunsterziehungsbewegung __ ·H.-·· --_······ xv>:
Neben den Ausstellungserfolgen waren es vor allem Abhandlungen in überregionalen Kunstorganen, die den guten Ruf des Karls- ruher Künstlerbundes ausmachten. Hier sei der Beitrag von Woldemar von Seidlitz in der avantgardistischen Zeitschrift "Pan" hervor- gehoben. Er erschien bereits 1897 und ging - einmal mehr - auf eine Initiative Kalckreuths zurück. Dieser hatte seine Freundschaft mit Alfred Lichtwark genutzt, um den Artikel zu plazieren.
Lichtwark und Seidlitz waren auch Förde- rer der deutschen Kunsterziehungsbewegung, deren Ziel die künstlerische Erziehung und sittliche Erneuerung des Volkes war. Ende 1900 beschloß der Karlsruher Künstlerbund, dieser Bewegung beizutreten. Auf dem I. Deutschen Kunsterziehungstag, der im dar- auffolgenden Jahr in Dresden stattfand, stellte die Karlsruher Kunstdruckerei ein Verlags-
programm mit dem Titel "Wandschmuck !Ur Schule und Haus" vor. Angeboten wurden Drucke in verschiedenen Formaten und passenden Wechselrahmen. Der fmanzielle Erfolg des Unternehmens wurde im Mai 1901 gesichert, als der Karlsruher Künstlerbund bei den renommierten Leipziger Verlagen Voigtländer und Teubner unter Vertrag ging eine Entscheidung, die mit Genehmigung des Großherzogs erfolgte und bald alle anderen Aktivitäten des Künstlerbundes in den Hintergrund drängte. Die beiden Verlage organisierten fortan den Vertrieb der Karlsru- her Drucke. Dies bedeutete zwar die Kom- merzialisierung der Produktion und verur- sachte ein Nachlassen der künstlerischen Originalität, ermöglichte aber den meisten Mitgliedern des Künstlerbundes den Broter- werb.
Bebilderte Kataloge informierten über das Angebot. Die Preise fur eine Grafik lagen zwischen 15 und 50 Mark. Plakate wurden
schon !Ur drei Mark angeboten, Original- lithographien in Postkartengröße gab es ab einer Mark. Hergestellt wurden auch künstle- risch gestaltete Glückwunsch-, Tisch- und Tanzkarten, die nur wenige pfennige koste- ten.
Kalckreuth verließ die badische Residenz schon im Jahr 1900, um Direktor der Kunstakademie Stuttgart zu werden. Der Karlsruher Künstlerbund war zu diesem Zeitpunkt etabliert und blieb in seiner Struktur unangefochten, bis nach dem Ersten Weltkrieg die nächste Generation der Künst- lervereinigung heranwuchs. Von diesen sei nur die avantgardistische Gruppe Rih ge- nannt, die 1919 gegründet wurde. Die in- flation raubte dem Künstlerbund den fmanzi- ellen Rückhalt. Sein Ende kam 1933, als er im Zuge nationalsozialistischer Gleichschaltung vom Reichsverband bildender Künstler Deutschlands, Gau Südwest, vereinnahmt wurde. Jutta Dresch
Wie kommt das Bild in die Kaserne?
"Und er hatte einen Traum ... " So könnte die Gründungslegende der Stadt Karlsruhe märchenhaft beginnen. Den meisten Karlsru- hern dürfte bekannt sein, wie von dem Jagdausflug des Markgraten Karl Wilhelm in den Hardtwald erzählt wird: Auf der Rast sei er eingeschlafen und habe von einem Schloß geträumt, viel schöner als Durlach, mit Strahlen wie eine Sonne. Daraufhin soll er beschlossen haben, an dieser Stelle seine neue Residenz zu gründen.
In Karlsruhe gibt es eine Darstellung die- ser Legende, die in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist. Es handelt sich um ein Majolika- Wandbild im Speisesaal des Unteroffiziers- casinos in der Grenadierkaserne an der Moltkestraße, das 1938 von dem Keramiker
Gustav Heinkel angefertigt wurde. Ende letz- ten Jahres hat die Stadt Karlsruhe beim Landesdenkmalamt angefragt, ob das Wand- bild aus seinem baulichen Zusammenhang herausgenommen und an einem anderen Ort neu montiert werden könnte. Da das Wand- bild Teil des Kulturdenkmals Grenadier- kaserne ist, kann es nicht ohne weiteres ent- fernt werden. Allerdings gehört es nicht zur Original ausstattung des 19. Jahrhunderts, weshalb sich die inhaltliche Zusammengehö- rigkeit von Bild und Gebäude nicht von selbst ergibt, sondern begründet sein will. So galt es, eine Antwort zu fmden auf die Frage: Wie kommt das Bild in die Kaserne?
Die Grenadierkaserne entstand in den Jah- ren ab 1892, unmittelbar im Anschluß an die
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Bauarbeiten an der benachbarten Kadetten- anstalt und gleichzeitig mit der Dragoner- kaserne an der Kaiserallee. In den Baumaß- nahmen spiegelt sich die Bedeutung Karlsru- hes als größte badische Garnisonsstadt wi- der. In der Grenadierkaserne wurde das am 16. März 1936 nach Einfuhrung der allge- meinen Wehrpflicht neu gegründete Infante- rieregiment 109 zunächst behelfsmäßig un- tergebracht. Die bauliche Instandsetzung die- ser und auch anderer alter Kasernen ging zügig voran. Gleichzeitig wurde überall im Gebiet der ehemaligen 50-km-Zone mit dem Bau neuer Kasernen begonnen. Innerhalb weniger Jahre entstanden neue Anlagen, bei denen trotz aller Zweckmäßigkeit und Ein- fachheit doch auch Wert auf baukünstleri- sche Qualität gelegt wurde. Schließlich re- präsentierte sich die Armee nicht zuletzt auch durch die Militärbauten. Die Heeresbaudienst- stellen konnten sich auf einen Erlaß des Reichs-ministers für Volksaufk)ärung und Propaganda von 1934 berufen, der die Auf- tragsvergabe an bildende Künstler und Kunst- handwerker bei Bauaufgaben der Staatshoch- bauverwaltung regelte. So wurden auch bei Militärbauten mit der Ausschmückung Ma- ler, Bildhauer und Kunsthandwerker beauf- tragt. Besonders beliebt war die I..'Ünstleri- sche Ausstattung der Speisesäle, die sich hier- für aufgrund der Raumgröße, des geselligen Charakters der Nutzung aber auch durch die regelmäßige Frequenz eines Großteils der Sol- daten besonders anboten. Die großformati- gen Bilder zeigten Szenen aus dem Soldaten- leben, wobei oft ein Bezug zum Standort oder zur stationierten Truppe gesucht wurde, da- neben waren auch Stadtansichten und Welt- karten beliebt.
In Karlsruhe bot es sich an, mit der künst- lerischen Ausstattung öffentlicher Gebäude die Staatliche Majolika-Manufaktur zu be- auftragen. Bereits wenige Jahre nach ihrer Gründung 1901 war hier die Baukeramik als
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wichtiger Produktionszweig ausgebaut wor- den. Die Arbeiten erlangten schnell interna- tionalen Ruhm, und noch in den 20er Jahren gehörte die Majolika zu den Spitzenbetrie- ben. Eine veränderte Architekturauffassung fUhrte Ende der 20er Jahre zu einer Rückbe- sinnung auf die Gestaltungsmöglichkeiten von Wandbildern zum einen als Fliesenbilder, zum anderen aber entwickelten mehrere Künstler die neue Form der "Putzkeramik"; unregel- mäßig geschnittene Fliesen werden hier ent- weder nur glasiert oder auch bemalt zu gro- ßen Motiven zusanunengesetzt und in einen Putzgrund eingelassen.
Neben August B!bberger (1885-1936) und Erwin Spuler (1906- 1964) war Gustav Heinkel einer der Hauptvertreter dieser Art von Baukeramik. 1907 in Karlsruhe geboren, absolvierte Heinkel 1923-25 eine Lehre als keramischer Maler an der Manufaktur. Seine künstlerische Ausbildung verfeinerte er durch ein halbjähriges Studium an der Landes- kunstschule Karlsruhe und die Mitarbeit im Atelier von Ludwig König. Später fand er Anregung in der gemeinsamen Arbeit im städ- tischen Atelierhaus in der Westendstr. 65 (heute Reinhold-Frauk-Straße) mit Künstlern wie Emil Sutor oder eben Erwin Spuler. Heiukels erste große selbständige Arbeit sind Putzkeramiken fUr das Bezirkskraukenhaus in ForbachJSchwarzwald 1932. Es folgten weitere wie z. B. das Wandbild im Bahnhof am Karlstor in Heidelberg. Als staatlicher Betrieb wurde die Manufaktur insbesondere in den 30er Jahren in inuner größerem Um- fang mit öffentlichen Aufträgen versehen. Gestützt wurde die Auftragsvergabe auch durch ideologische Sichtweisen. " Kunstwer- ke aus heimischer Erde" entsprachen ganz der aktuellen politischen Weltanschauung. In den Arbeiten der Manufaktur wurde " .. . ein Stück echter Heimatkunst (gesehen), der im dritten Reich wieder die ihr zukommende Be- achtung zuteil wird" ("Der Führer" 11. Mai
1937). Entsprechend stieg die Produktion an gegenständlich erzählenden und symbolischen Putzkeramiken nach 1933 rasch an. Heinkel entsprach mit seiner Darstellungsweise den formal und inhaltlich restaurativen Tenden- zen der 30er Jahre. Gerade auch in Kasernen begegnet man zahlreichen Putzkeramiken, die zum großen Teil von Gustav Hcinkel stam- men. Als weiteres Beispiel sei hier auf die Wandbilder im Hauptraum des Stabsgebäudes der Rheinkaserne in Karlsruhe-Knielingen hingewiesen. Vor der Kulisse des Speyrer bzw. Wormser Domes zeigen sie mittelalter- liche Szenen, die einen unmittelbaren Bezug zum Kaiserreich assoziieren. Pikanterweise spielen diese Szenen auf Schifibrücken. Hier drängt sich der Gedanke des Brückeschlagens auf, eine Brücke schlagen in das zu erobern- de Land - ein in der Kunstgeschichte immer wieder begegnender propagandistischer Topos - hier konkret die Überquerung des Rheins in Richtung Frankreich. Darüber hinaus besteht ein direkter Bezug zu dem hier stationierten Pionierbataillon, dem auch die sogenannte Brückenbaukolonne angehörte, die den Pio-
nierhafen am Rhein als Wasserübungsplatz nutzte.
Doch zurück zum Ausgangspunkt. Es wur- . de deutlich, daß die Putzkeramik im ehemali- gen Unteroffizierskasino der Grenadierkaser- ne viel mehr Informationen trägt, als sich aus dem Inhalt des Bildes alleine erschließen läßt, das künstlerische Qualität sowohl in farbli- cher als bildnerischer Qualität besitzt und souveränen Umgang mit der Technik erken- nen läßt. Gerade durch ihre Anbringung in der Kaserne wird von einem wichtigen histo- rischen Zeitabschnitt berichtet, die Wieder- besetzung der entmilitarisierten Zone 1936 wird gegenwärtig, die zur Instandsetzung al- ter Kasernen fiihrte, das Selbstbewußtsein der deutschen Armee wird spürbar. Wir er- fahren von den Anfangen der nach heute als "Kunst am Bau" existierenden staatlich~n Kunstforderung, die im Dritten Reich als In- strument zur Propagierung der neuen Welt- anschauung eingesetzt wurde, aber auch, wie durch diese Fördei-politik die Arbeiten der Karlsruher Majolika neue Möglichkeiten zur Entfaltung erhielten. Heimatverbundenheit
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einerseits, wie sie in der Gründungslegende zum Ausdruck kommt, aber auch relativ un- verblümt dargestellte militärische Ansprüche, wie in den Bildern in Knielingen, sind The- men, die erst durch den Zusammenhang mit den Kasernengebäuden ihre Aussage ganz entfalten, die Motive fur uns heute nachvoll- ziehbar werden lassen. Es ist offensichtlich, daß dieses Bild, um seine geschichtliche Aus- sage bewahren zu können, in dem Kasino der Grenadierkaserne verbleiben muß.
Die Grenadierkaserne steht seit dem Ab- zug des Französischen Militärs 1991 leer. Die Gebäude wurden 1994 vom Land ge- kauft, um hier ein BehördenzenIrum einzu- richten, doch aufgrund der Finanzlage geht die Umsetzung nur langsam voran. Auch das ehemalige Unteroffizierskasino steht seitdem leer. Das Wandbild zeigt mechanische Be- schädigungen, rundum blättert die Farbe von
der Wand, eine baldige instandsetzung ist notwendig. Sicherlich wird in dem ehemali- gen Kasino eine Landesverwaltung unterge- bracht werden, doch ist zumindest der Spei- sesaal tur eine Büronutzung wenig geeignet. Eher wäre der Raum mit seiner großzügigen Durchfensterung und der weiträumigen Kup- pel als Seminarraum oder Vortragssaal sinn- voll, doch besteht daran nach dem bisherigen Nutzungskonzept des Gesamtareals ebenso- wenig Bedarf wie an einer Reaktivierung als Speiseraum - wenn überhaupt, so soll eine Kantine in der ehemaligen OffIziersmesse ein- gerichtet werden. Unbedingt wäre eine Nut- zung des Gebäudes wünschenswert, die der Karlsruher Öffentlichkeit die Möglichkeit bie- tet, das Bild und damit auch einen Teil der erzählten Geschichte zu erleben. Hier bestän- de die Möglichkeit, einen neuen "Karlsruher Blickpunkt" zu erhalten.
Ulrike Plale
"Woher hat der Dompfaff seinen Namen" oder: "Die Lust dagegen"
Zur Erinnerung an einen "Kunstskandal" im Karlsruher Botanischen Garten
Als am Freitag, dem 14. April 1967, in Anwesenheit höchster Repräsentanten der Bundesrepublik und des Landes die Bundes- gartenschau eröffnet worden war, als bis zum Sonntag abend die ersten 250 000 Besucher die "Olympiade der Gärtner" besichtigt hatten, ahnte noch niemand etwas von einem "Kunstskandal", der sich an einer im alt- ehrwürdigen Botanischen Garten eingerich- teten "Sperrmüll-Sonderschau" entzündete und vier Wochen lang Diskussionsstoff fur Tageszeitungen, Leserbriefschreiber und Rundfunkanstalten lieferte. in diesem Lust- garten der badischen Großherzöge, der selbst nicht in die Planung der Bundesgartenschau
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einbezogen worden war, aber als historisches Gelände dennoch dazu gehörte, an dessen östlicher Begrenzung gerade der Neubau des Bundesverfassungsgerichts errichtet wurde, waren keine erkennbaren, auf das Publikum zielenden gärtnerischen Eingriffe vorgenom- men worden. Die Karlsruher konnten, wenn auch gegen Eintrittsgeld, ihr geliebtes Kleinod genießen und auswärtige Besucher die kunstvolle, in vielen Generationen ge- wachsene Anlage kennenlernen. Aber halt, es hatte sich doch etwas verändert: Die übli- chen Frühjahrsblumen fehlten, dafur standen sieben plakativ grellbunte "Dinger" auf dem kurzgeschnittenen Rasen. Kein Hinweis auf
ihren Urheber, ihre Na- men oder ihren Sinn war vorhanden (die Namens- schildehen wurden ein paar Tage später ange- bracht}. Horst Antes, Lehrer an der Karlsru- her Kunstakademie, hat- te im Auftrag des Badi- schen Kunstvereins und dessen Geschäftsführers Klaus Gallwitz - dieser wiederum im Auftrag der Gartenbauleitung - zum Thema "Plastik im Freien" einen poppi- gen " Lustgarten mit 7 Monumenten der Lü- ste " geschaffen. Hier ragte ein Kopf aus dem Rasen, dort stand eine im Drahtgitterkäfig eingesperrte Hand unter einer Wolke, drüben bestaunten auf einer Liege zwei gebogene Rohre ihre kugelige Nachkommenschaft, ein dampfendes Schiffsungeheuer - seinem Na- men Yellow submarine zum Trotz weder gelb noch Unterseeboot und dennoch eine Anspie- lung auf den im August 1966 eingespielten "Ohrwurm" der "Pilzköpfe" - lud zu einer imaginären Rundreise durch den Lustgarten ein.
Kaum waren die Beschriftungen ange- bracht worden, begannen sich Stirnen zu run- zeln. " Eine der Blech gewordenen Geist- reicheleien nennt sich "Die Blume oder die Lust dagegen". Auch wenn Horst Antes und der Badische Kunstverein es glauben: Die Lust dagegen ist einhellig." Man schäIDte sich "stellvertretend vor jedem auswärtigen Besu- cher" und dachte wehmütig an die "wertvol- len Plastiken" der Reichsgartenschau 1938 in Stuttgart. Einen Monat lang erschienen Le- serbriefe und redaktionelle Stellungnahmen in der lokalen, regionalen und schließlich überregionalen Presse und im Rundfunk zum angeblichen "Schandfleck" der Bundesgar- tenschau. Auf der Jahreshauptversammlung des Verkehrsvereins stellten die Mitglieder
Die Familie oder die Lust der Lust.
den Antrag, die Antesfiguren sollten ver- schwinden, nachdem der Verkehrs direktor selbst schon zwei Tage nach der Eröffnung im "Karlsruher Fächer" auf die befremdlichen Gebilde hingewiesen hatte. Parlamentarische Gremien und der Bund der Steuerzahler wurden aufgefordert, sich der Sache anzun· h- men, nachdem die demokratischen Spielre- geln der Auftragsvergabe mißachtet worden seien. Hätte nicht ein "unabhängiges" Gre- mium "wirklicher" Sachverständiger gebildet werden müssen? Die "Olympiade der Gärt- ner" war durch die mit der bildhauerischen Tradition brechenden Werke eines Außensei- ters unterlaufen, die große Harmonie aller Leistungen war gestört worden, so hieß es. Hier hatte sich ein zeitgenössischer Künstler provokant mit einem "Kunstbaufen" in den Vordergrund gespielt, um seinen Bekannt- heitsgrad zu erhöhen, aber er hatte nichts Vorbildliches fur den bürgerlichen Hausgar- ten oder die kommunale Parkanlage geschaf- fen . Der Botanische Garten war sozusagen im Handstreich von ein paar Spinnerten miß- braucht worden. Der Stadt der " vielen Mög- lichkeiten" drohte die Gefahr kultureller Diktatur durch Verrückte, deren Aktionen bestenfalls in die Räume des Kunstvereins paßten. "Dekorationen" Wld "Spielereien", intellektuelle Gedankensprünge und Pop Art entsprechen weder den Zielen der Bundes- gartenschau noch den Bedürfnissen der
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Besucher. Irn Rückblick erkennen wir freilich, daß vor
über dreißig Jahren erstmals auf einer Bundesgartenschau modeme Kunst zum Gesamtprogramm gehörte, daß in Karlsruhe die erste Pop Art-Installation eingerichtet wurde, noch bevor sie auf einer documenta höhere Weihen erhalten hatte: Das geschah ein Jahr später, und Antes war auf Kurt Martins Empfehlung hin mit eben seinem Lustmonument vertreten. Auf dem Höhe- punkt des "Skandals" luden Klaus Gallwitz, nun designierter Direktor der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden, und Horst Antes, inzwischen Professor der Staatlichen Akade- mie der Bildenden Künste Karlsruhe, zu einer Pressekonferenz ein. Als die Sprache auf die
"Diskrepanz zwischen Werk und Titel" kam, stellte Antes schlagfertig die Gegenfrage: "Woher hat der Dompfaff seinen Namen?" ". Die sieben Monumente blieben bis zum Ende der Bundesgartenschau im Oktober an ihrem Platz; heute befmden sie sich in öffentlichen und privaten Sammlungen. Einem Denkmal ähnlich steht Antes' " Karlsruher Kopf' auf dem Neubau der Staatlichen Kunsthalle, schaut in den Botanischen Garten und erinnert sich an die Symbolik der Zahl Sieben, an Gestalten in Grimms Märchen und Morgen- sterns .oder Ringelnatz' phantastische Ge- dichte: Sieben Todsünden, sieben Zwerge, sieben Töne der Tonleiter, sieben Wochenta- ge, Zwergnase, Nasobem ("es steht noch nicht im Brehm" ), Suahelischnurrbarthaar bei Norderney. Wi/fried RIJß/ing
fellow Submarine oder die Lust an der verlorenen Zeit.
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Literarisches Nachkriegsleben in Karlsruhe Anmerkungen zur Lyrik zwischen Gottsuche und Entfremdung
"Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch." Dieses Verdikt Theodor W. Adornos wurde von der Nachkriegszeit entschieden widerlegt. Nicht der Verzicht auf Lyrik war die Folge des Nationalsozialismus, sondern geradezu eine Lyrikschwemme. Die Lyrikerin Oda Schaefer begründete dies so: "Nach all dem Schreien, Singen, Marschieren ... dem panikartigen Heulen der Sirenen ist nun Stille eingetreten. Es überrascht mich ... daß die Jugend diese Stille zu hören versteht und daß sie danach verlangt, - daß sie nach der größten Konzentration der Stille verlangt: nach dem Gedicht." Es sei daran erinnert, daß etwa der Gründer der Gruppe 47, Hans Werner lUchter, - er war Ehrendoktor der Karlsruher Fakultät fiir Geistes- und Sozial- wissenschaften - in der ersten großen Nach- kriegszeitschrift "Der Ruf' die Rückbesin- nung des einzelnen auf sich selbst als Ausgangspunkt des Denkens und Handelns forderte: Das individuUm wird zum "ruhen- den Pol eines neuen gesellschaftlichen Seins". Diese Überzeugung fand in der sogenannten subjektiven Gattung der Lyrik ihren ursprüng- lichsten Ausdruck.
Eine Durchsicht der zwischen den Jahren 1945 und Anfang der 60er Jahre in Karlsruhe erschienenen bzw. von Karlsruher Autoren und Autorinnen geschriebenen Literatur zeigt, daß die Karlsruher " Nachkriegslitera- tur "im ganzen dieselben Symptome, Themen und Formen aufweist wie die Literatur im Nachkriegsdeutschland überhaupt. Es gab keinen lokalen oder landschaftsgebundenen Sonderweg. Dies soll an Beispielen aus der Lyrik erläutert werden, auch wenn der litera- rische Markt hier nicht besonders groß war und ist. Es geht dabei nicht darum, die bekannteren Karlsruher Schriftsteller und
Schriftstellerinnen zu würdigen, also z. B. Otto Schrag, Otto Gillen, Ernst Feuerstein, 10la Ervig, Ludwig Egler mit Beispielen zu berücksichtigen, wie es etwa Friedrich Benbnann im einzigen literaturwissenschaft- lichen Titel über Karlsruhe "Karisruhe im Blickfeld der Literatur" getan hat. Vielmehr sollen anband einiger Beispiele typische Themen der Nachkriegslyrik in Karlsruhe verdeutlicht werden.
Neuer Sturm und Drang oder Kontinuität? ,.,. »»: - - -~;.,.,."",*,~
Das einschneidende Datum 1945 wurde bald verbunden mit dem Schlagwort '·',lU "Nullpunkt". In der Tat empfanden viele, wenn nicht die meisten Menschen Kriegsende und Befreiung vom Faschismus als radikalen Einschnitt, der eine völlige Neuorientierung bedeuten mußte. AIfred Anderseh, der zwar kein Karlsruher war, aber zum südwestlichen Raum gehört, hat dies in seiner Rede "Deutsche Literatur in der Entscheidung. Ein Beitrag zur Analyse der literarischen Situati- on" entsprechend gefordert. Andersch hielt die Rede auf dem zweiten Treffen der Gruppe 47, die im November 1947 nicht in Karlsruhe, sondern in Herrlingen stattfand. Gedruckt wurde die Rede jedoch 1948 in Karlsruhe im Verlag Volk und Zeit. Andersch fUhrte aus : "Der Zusanunenbruch der alten Welt hat aber, vor allem bei der jungen Generation, das Gefuhl einer völligen Voraussetzungslosigkeit geschaffen, das Vorgefiihl eines originalen Neu-Werdens, fiir das es keine Muster und Vorbilder gibt. Wenn nicht alle Zeichen trügen, so richtet sich der dichterische Wille der jungen Generation auf einen neuen Sturm und Drang ... ". Jedoch - die Zeichen trogen. ,,'Eine Stunde Null ', einen ,Kahlschlag', hat
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es, wie auch anderswo, 1945 in der Kul- turlandschaft des deutschen Südwestens nicht gegeben." So formulierte es z. B. Karl Schwedhelm in seinem Beitrag zur Nach- kriegs literatur in "Literatur im deutschen Südwesten". Das heißt also: auch in Karls- ruhe nicht.
Statt "Stunde Null" lautete das neue Schlagwort "Kontinuität". Dies läßt sich am Beispiel des Scheffelbundes gut belegen. Der Scheffel-Bund bzw. die Literarische Gesell- schaft wurde 1924 in Karlsruhe gegründet. Die ihr angelegene Pflege der oberrheini- schen Literatur und die Sammlung des Oberrheinischen Dichtermuseums wurde im Jahr 1933, der Machtübergabe an die Nationalsozialisten, bruchlos fortgeführt, wenn man einmal davon absieht, daß der bisherige Bundesvorsitzende Prof. Friedrich Panzer im Dezember 1933 zum "Bundes- fuhrer" ernannt wurde. Im Jahr 1933 fanden die üblichen Dichterstunden statt, in denen z. B. Werke von Emil Strauß, Hans Carossa und natürlich Victor von Scheffel gelesen wurden. Die Dichterstunden standen unter dem Motto, wie es der Geschäftsführer Siegrist in den Mitteilungen von 1934 formulierte: "Das geisttreu gesprochene dichterische Wort wirkt unmittelbarer und stärker als das still gelesene. Unsere Dichterstunden sind Weihe- stunden, Stunden der inneren Sammlung und Besinnung." Insgesamt aber blieben nationa- listische oder gar nationalsozialistische Töne weitgehend aus. Lediglich im Mitteilungs- blatt von 1939 gab es zwei Ausfalle, einen bekennerischen in den redaktionellen Mittei- lungen vom Preisträger-Treffen von 1939 und einen antisemitischen in einem Aufsatz über Marlowes "Juden von Malta" vom Scheffel- Preisträger W. MargendorfI. Beide Ausfalle wurden in den 50er Jahren im Exemplar der Badischen Landesbibliothek überklebt; beide sind allerdings ohne weiteres noch lesbar.
Zum I. September 1944 mußte der Schef-
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fel-Bund seine Tätigkeit einstellen. Ein Jahr später begann der "Wiederaufbau", wie es in den Mitteilurigen von 1946 heißt, und der Scheffel-Bund wurde in "Volksbund für Dichtung" umbenannt. Den Sinn der Dichter- stunden erläuterte der Geschäftsführer Sieg- rist mit wenigen Varianten seiner früheren Formulierungen: "Der Grundgedanke unserer Dichterstunden ist der, daß das Werk des Dichters erst gesprochen seine stärkste Wirkung erlangt. Auf die Wirkung des Werkes aber kommt es an; der sprechende Künstler tritt also in die Rolle des Mittlers, des Dieners am Werk, ZUfÜCk. H Diese Kontinuität läßt sich auch an den wenigen Publikationen von Dichtungen, die den Mitteilungsblättern beigegeben waren, bele- gen. Im Heft von 1943 wurden zwei Gedichte des jungen Oskar Gitzinger abgedruckt, "Sonnenuntergang" und "Schlaflose Nacht", bei des religiös gestinunte, unpolitische Ge- dichte, offenbar aus eigenem Erleben ge- schrieben, gottsuchende Verse, die nichts von seinem persönlichen Schicksal im Krieg erahnen lassen. Oskar Gitzingers Verse "Gebet" finden sich a~ch auf dem Umschlag- blatt der ersten Mitteilungen nach dem Krieg, begleitet von der redaktionellen Mitteilung: "Oskar Gitzinger ist unseren Mitgliedern schon aus frühen Mitteilungen als begabter junger L)'Tiker bekannt. Träger des Scheffel- Schulpreises 1942 an der Wirtschafts- oberschule in Freiburg i. Br. hat er nach dem Abitur den Feldzug in Rußland mitgemacht, wurde schwer verwundet und lebt heute wieder in Freiburg i. Br." Zwei Strophen des Gedichts seien zitiert: "Gott - das läßt sich nicht sagen) ihn faßt kein wollendes Wort.! Gott wächst aus allen Tagen) wächst aus den Dingen fort.!1 Gott ist Vergehen und Reifen) er ist Rufer und HalV und über allem Begreifen! Saatkorn und ewiges All."
"Neue Epoche der Metaphysik und Religion"
Keine Spur des von Andersch prophezeiten Sturm und Drang. Das Gegenteil ist der Fall. Das Thema - die Gottsuche - bleibt, und die Form wird traditionell, klassizistisch. Die Verse sind gereimt, ihnen liegt ein regelmäßi- ges Metrum zugrunde, und die Formu' ierun- gen bleiben einer traditionellen, allgemeinen und unkonkreten Wort- und Bildwelt ver- pflichtet. Rückwendung, nicht Neubeginn ist zu konstatieren. Das ist keineswegs nur fur Karlsruhe typisch, obwohl die Tendenz hier besonders stark ausgeprägt war und die religiöse Thematik bei weitem überwog. Für die Nachkriegsliteratur gilt allgemein, was fur das genannte Beispiel im besonderen zutreffend ist. Sie ist stark metaphysisch geprägt und knüpft damit - und vor allem mit dem Existentialismus - an die Zeit der späten 20er und frühen 30er Jahre an. Alfred Döblin, der 1945 als französischer Kulturoffizier nach Deutschland zurückkehrte und 1947 einen Essay in Baden-Baden ,,zur literari- schen Situation" publizierte, gab die Begrün- dung: Nach der Zeit der äußersten Verweltli- chung und Technifizierung durch den Nationalsozialismus breche eine "neue Epo- che der Metaphysik und Religion" an: "Wo das Göttliche sich nähert, mit seinem Ernst, seinen Schauern, seiner Wahrheit und Herrlichkeit, klingen die Lieder der Kunst anders. Die Harfen werden neu gestimmt. Das ist keine Zeit fur Klassen, Nationen und private Eigenbrötelei . Es ist die Epoche, in der wieder, und nicht das letzte Mal, die Frage nach dem Menschen aufgeworfen wird."
Deutlich wird: die Übermacht des Politi- schen während des Nationalsozialismus rief geradezu nach dem Unpolitischen, Überna- tionalen - wobei übrigens auch die Dichter- stunden im "Volksbund fur Dichtung" nach dem Krieg ausländischer und klassischer Literatur geöffnet wurden. Die Erfahrungen
der Barbarei und der fabrikmäßigen Vernich- tung von Menschenleben hatte die notwendi- ge Besinnung auf den Menschen, das heißt auch seiner Ethik, zur Folge, und die Suche galt der verlorengegangenen, veräußerlichten und verdinglichten Ganzheit des Menschen. Verbunden war damit die Abkehr bzw. Verachtung der Masse, die ja eines der prä- genden faschistischen Phänomene war, sowie die Besinnung auf die Bedeutung des Todes, der einerseits durch den Krieg und die Ver- nichtungspolitik der Nazis zum Massen- phänomen geworden war, der andererseits in der Existenzphilosophie gerade als das Exi- stential bestimmt worden ist, das zum je eigenen Dasein des Menschen gehört und das er im "Sein zum Tode" als die absolute Gren- ze der Persönlichkeit zu bedenken hat.
Die Rückkehr zum Klassizismus war keineswegs äußerlich. Formzertrümmerung als typische Erscheinungsform fur die Litera- tur der Moderne war bereits in den 20er und 30er Jahren vielfacher Angriffspunkt der lite- rarischen Kritik. So funktionierte die klassizi- stische Formerneuerung nach dem Krieg ge- wissermaßen als Ausdruck einer gebändig- ten, quasi in neue Zucht genommenen ethischen Haltung, die gegenüber der zer- trümmerten Umwelt Halt, Harmonie und menschliche Erneuerung versprach. Auch hierzu ein Beispiel aus der Karlsruher Nach- kriegsliteratur: 1967 publizierte der außeror- dentlich produktive Lyriker Kurt Rüdiger, der schon vorher einige Nummern des "Karlsru- her Boten" mit seinen Gedichten gefullt hatte, in der 305. Ausgabe einen Zyklus aus funf- zehn Sonetten. Darin fuhrte Rüdiger seine formale Eigenart der Verknüpfung der ein- zelnen Sonette zur letzten Konsequenz. Der letzte Vers eines Sonetts bildete nicht nur den Anfangsvers des folgenden, alle vierzehn
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Schlußverse ergaben zugleich das fünfzehnte Sonett. Dieses Verfahren greift tief in die Tradition christlicher Erbauungsliteratur zu- rück, also nicht nur in die des bürgerlichen Klassizismus: Keine Erneuerung also, keine Formenzertrümmerung, sondern Traditions- pflege und Suche nach Formvollendung.
Die Bewahrung der Form hängt eng mit dem Dauertbema der Literatur des Nach- kriegszeit zusammen, das bereits für die Literatur des Expressionismus kennzeich- nend ist: die Erfahrung, daß der Mensch in der industrialisierten Welt immer mehr ZUlU Objekt wird. Für die Karlsruher Nachkriegs- literatur ist eine religiöse Wendwlg als Antwort darauf charakteristisch. Das Gefühl, daß man nicht lebt, sondern gelebt wird, war eine der Grunderfahrungen, die sich in der Nachkriegszeit erneut besonders stark aus- prägte. Eiu Sonett aus dem Zyklus "Dämon. Starker Engel. Sonette 1934-1959" von Kurt Rüdiger aus dem Jahr 1949 kann dies belegen: "Und sind sie denn so fremd, der Geist, der Sillll?/ Hat sie vielmehr ein Wahn nicht aufgespalten,! Die eins warn von je? Wird uns nicht illlle,! Daß wir Chimären an der Brust gehalten? // Nie hat dem nackten Geist ins Aug geschaut! Ein MenschenantIitz, immer warn sie beide,! Geist, Seele eins, erst mit Eurer Scheidet schuft Ihr die Hydra, vor der uns nun graut.! / Dreieinig war der Leib, dreieinig Gott,! Doch wir zerfielen über dieser Dreiheit,! Die Lieb, die alles ein- begreift, ward Spott.// Drei auch der Orte: Himmel, Erd und Hölle!! Genug, zerrissner Wahn! Wir wollen stellen! Die Lieb als Ort und Mitte unsrer Freiheit!"
"Verlust der Mitte" <·",.,., ·;>,·:...,.,.,.,.,~·,.",.,.,·>>>,.,~·""""~·w·:«""<":·:.>:.:«.:".,,,,, ,,,,,,,,_,w"'''''w·''''·'·w''''''-"".,,,,,·,.,,p
Auffallend sind die Kemvokabeln, die Hir die Erfahrung der Entfremdung und Anony- misierung des Menschen in der Modeme stehen. Alles scheint "fremd" geworden,
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Geist und Silllle sind entfremdet. Im Hin- tergrund droht der "Wahn", die Wirklichkeit erscheint in Fonn von "Chimären'\ von "Ungeheuern". Die Folge für das Subjekt ist die Erfahrung des Grauens und der Zerrissen- heit. In der Forschung zum literarischen Ex- pressionismus wird diese Zerrissenheit unter "Ich-Gissoziation" geführt. Als Ausweg da- raus erscheint, wld zwar nicht nur in der Karlsruher Literatur, einzig die Wiederher- stellung der Liebe und der, wie es heißt, begegnenden Beziehung Zll1l1 Du, über den Glauben; Neufindung der Mitte, Rückbesin- nung auf das Subjekt.
Walter Helmut Fritz, der wohl derzeit bekannteste lebende Karlsruher Schriftstel- ler, formulierte Ende der 50er Jahre dieselbe Erfahrung der Entfremdung, wellll auch ll1l1 einiges anders. Fritz hat 1956 seine lite- rarische Arbeit - wie damals auch anderswo üblich - mit Natur- und Landschaftsge- dichten begollllen. Seine Diktion ist gegen- über Rüdiger knapp, Verdichtend. Auch wellll er nicht mehr primär auf klassische Formen zurückgreift, bleibt doch in den früheren Gedichten der Wille nach entschiedener Formung sehr deutlich, und das Motto des Gedichts "Das Unglück" - "Frei geht das Unglück durch die ganze Erde"/ Tbekla in "Wallensteins Tod" - greift auf die deutsche Klassik zurück, knüpft an Tradition an: "Selbst die Dunkelheit! kann sich nicht davor retten.!/ Nichts ähnelt mehr dem,! was die Hoffnung erfand.!/ Der Friede ist zu fern,! als daß man gelassen sein kÖllllte.!/ Die Hei- terkeit meidet die Stadt.// Es ist etwas Son- nenlicht auf der Allee,! das bald erstirbt.!/ Die Menschen sind beschäftigt! mit einem Leben, das sie nicht erreicht hat."
Ausgangspunkt ist wiederum die Erfah- rung, übennächtigen, aber unbekannten, anonymen Gewalten ausgesetzt zu sein. Was bei Rüdiger in Gestalt von Chimären begeg- net, sind bei Fritz das "etwas SOllllenlicht, ...
das bald erstirbt", die Hoffimngslosigkeit und die Friedlosigkeit, die das nicht genauer bezeichnete "Unglück" universell werden lassen. Die Menschen sind außengeleitet, beschäftigt mit etwas, das sie sich selbst entfremdet, und verpassen so das Leben. Auch hier liegen konkrete Erfahrungen zugrunde, die aus der Tradition kommen, in den 50er Jahren aber eine neue Ausrichtung erhalten. Eines der Erklärungsmodelle für den Faschismus war nach dem Krieg, daß man in der im Weltkrieg dann ja sozusagen ent- fesselten teclmischen Welt die Gefahr einer totalen Ordnung und damit eine totale Funktionalisierung des Menschen sah. Disku- tiert wurde der Amoklauf der Technik unter dem Schlagwort "Verlust der Mitte", das Walter Scdlmayr mit seinem gleichnamigen Buch von 1948 einfUhrte. Den Verlust der Mitte führte Sedlmayr auf eine bewußte Absperrung des modemen Menschen gegen eine "obere Realität" (Transzendenz also) zurück: Der Mensch vertraut einzig auf sich, auf seine eigene Planung und vergißt die Besinnung auf sein Selbst, auf die menschli- che Mitte.
Dämonen erscheinen in der Karlsruher Literatur der fünfziger Jahre allenthalben als Metapher für das Grauen und den Schrecken der Entfremdung. Für Kurt Rüdiger war der Begriff titel gebend, auch wenn er bei ihm doppeldeutig, also im Sinn der religiösen Wiederfindung der Mitte, gemeint ist. Auch die Frauenliteratur, der z. B. die Ausgaben innerhalb des "Karlsruher Boten", der "Amaryllis", gewidmet waren, befaßte sich damit. Margot Krumms Gedichte beziehen ihre Thematik rast ausschließlich aus der Welt des Zirkus und der Schausteller. Die Wahl des Gedichts "Der Feuerschlucker" erscheint in diesem Zusammenhang erst auf den zweiten Blick einleuchtend.
Es war bereits die Zeit, in der zunächst durch den Hörfunk, dann immer mehr durchs
Fernsehen die Welt der Show in den Blick- punkt rückte und der Kritik ausgesetzt wurde: " Dieser Mann ist ungeheuer, Leute,! seht ihn Euch nur an!! Dieser Mann schluckt rotes Feuer, Leute!/1 Sagt, daß er was kann!! Dieser Mann macht das schon Jahre - / und noch nie ist was passiert!! Seht doch seine weißen Haare!/ Seht nur hin,! ganz wlgeniert. ' /I Steht mit olf'nem Mund die Menge,! staunt den Mut an! und den Mann -/ Daß die Seele er ver- senge!! Niemand - / niemand denkt daran!"
Durch die radikale Entfremdung in der MenschelIDlasse konmIt der Mann nicht zur Selbstbesinnung. Nur das lyrische Ich stellt die Frage und kommt zur Antwort: der Mann verbrennt sich seine Seele. Damit wird der Feuerschlucker Zunl Bild des technischen Menschen, der in seiner Tätigkeit seine Mitte verliert und dennoch von der Menge begaffi und bestaunt wird. Eben diese Veräußerli- chung war für die 50er Jahre typisch. Das "Wirtschaftswunder" brachte eine Flucht in die Sachwerte mit sich, eine Rückbesinnung hatte trotz der versuchten Einkehren nach dem Krieg nicht stattgefunden. Und wenn es noch eine Mitte gab, so nur in Technicolor: Im Wald, auf der Alm, am Wildbach mit der geliebten Heidi, oder auf Immenhof mit den schönen, jungen unverdorbenen Mädels, oder auf dem Elbkahn mit dem schmalzig singenden Hans Albers - als Vorgaukeln eines schönen Scheins, dem keine Wirklich- keit mehr entsprach.
Lyrik als Zeitkritik ....... ·.·~.·.· ......... w~ ...... w.·.·.·,.·.w ..... ,~_,..... ...... 'NU' .. ·.·.w.·.·.w .. • ... ....,..,..·......,.. ... ".
In einer Anthologie mit Großstadtlyrik, die einem Preisausschreiben des "Karlsruher Boten" gewidmet ist, fmden sich die zwei wesentlichen Typen des Menschen der 50er Jahre wieder. Die einen, die "Maschinen- Menschen", könnten ebenso gut aus den 20er Jahren stammen: "Und Schicht um Schicht, wenn die Sirene brüllt! Durchhetzen . Men-
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schenmassen Asphaltbahnen-! Und manch- mal, wo der Kolben Fäuste lauern,! Ge- schieht's, daß sich ein Schicksal jäh erfiillt." Mit den anderen, den "Halbstarken", kam ein neuer Typus des veräußerlichten Menschen in die Alltagswelt, und natürlich traf er auf Kritik. Die roarin' fifties kamen in die Literatur. Capri und Maria aus Bahia wurden von den hämmernden Klängen des Rock 'n' Roll verdrängt. Elvis Presley und Bill Haley hießen die neuen Götter. Die Karlsruher Reaktion darauf lautete so: "Halbstarke!! Zu groß fur ihr Alter.! Leiber von Riesen! mit Köpfen von Kindern.! Geltungsbedürftig, intellektuell,! aber mit unterentwickelter! Vernunft.! Hilflos in Wachstums! Dissozia- tionen gestürzt.! Wer kann das ausbalancie- ren?! Dem dauernden Angriff! von Sexbom- ben ausgesetzt.! Kein Beispiel, kein Vorbild,! oft auch keine Familie;! wenn's hochkommt:! verständnislose Eltern.! Denen wollen wir's zeigen!! Und wenn sie sich gerade! ganz stark fiihlen,! von Schwächlingen! Halbstark'
. genannt..."
Auch hier zeigt sich das Thema der Veräußerlichung und der Dissoziation bruch- los fortgefuhrt. Die Nachkriegszeit brachte nicht den ersehnten Einschnitt. Auf andere Weise und vielleicht in verschärfter Form setzten sich die Entfremdungen fort. Verein- samung und Lebensverlust waren die Folgen. Vor allem jene Literatur, die die lyrische Einkehr forderte - sie war in der Nachkriegs- zeit in Karlsruhe dominant - übernalun kri- tische, wenn man will, gesellschaftskritische Funktion. Die Kritik freilich kam aus kon- servativer Überzeugung, die als Verlust be- klagte, was an der Zeit und nicht auf zuhalten war.
In dem Gedicht "Alter Mann" von Walter H. Fritz wird die Vereinsamung thematisiert, Menschen begegnen sich als Masken - ein deutlicher Hinweis auf die im Modeboom sichtbar zunehmende Veräußerlichung. Das
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Ende von Fritz' Gedicht beklagt das Leben als Unfall, das nicht vom Ich, sondern von anderen, unbestimmten Leben gelebt wird. Was bleibt ist die Vereinsamung und das Warten auf den Tod. Ein weiteres Gedicht aus der Großstadtanthologie des "Karlsruher Boten" kann dies noch einmal belegen und zugleich auf einen weiteren zeitgeschichtli- chen Hintergrund verweisen: " Immer die Geräusche! aufs Trommelfell.!Trommellfeld.! Einschüsse! in das leichte Gewebe! der Stille.! ! Radio! Husten! Rufen! Hupen -! Dum-Dum scharf geschossen.!! Aber ich werde das weiße Tuch! nicht werfen,! den Bunker meiner Einsamkeit! nicht preisgeben.! Der Feind wird den Versen,! die ich ins Kampfgetümmel morse,! auf die Dauer erliegen.!! Ich habe Geduld."
Ausgangspunkt des Gedichts ist die zu- nehmende Monotonie des Alltags, die sich durch die Motorisierung der, westlichen Gesellschaft, durch die Einheitsbebauung, Bertolt Brecht sprach von Einheitsstallungen zur Wiederherstellung der Ware Arbeits- kraft, vor allem aber auch über die Medien ausbreitete. Deren Siegeszug brachte in den 50er Jahren nicht etwa - das wissen wir heute noch deutlicher - Kommunikation mit sich, sondern Zerstreuung, die wiederum zu Einsamkeit fuhrte, nicht aber zu einer Einsamkeit, die als Raum der Stille gewählt wurde - dies meinte Oda Schaefer - , sondern die aufgezwungen war, und zwar auf mar- tialische Weise: von Einschüssen ist die Rede, von Dum-Dum-Geschossen, vom Bunkerdasein, von Feinden und von Kampf- ge\vimmel. Die Kriege der Zeit, aber auch die Atombombenversuche auf dem Bikini-Atoll, fanden nicht nur in der Ferne, sondern konkret auch im alltäglichen Leben statt und de- formierten die Menschen und verletzten sie. Der Krieg, der doch mit dem zweiten, weltweiten Krieg abgeschlossen zu sein schien, war nicht vorbei; er ging weiter, und
zwar nicht nur in der Feme, sondern auch im scheinbar befriedeten Wohlstandsalltag der Bundesrepublik.
Ende der Nachkriegszeit .·.·.·.·.·•·.·.· ..... ·•·.·.· ............ · ... W .. ,.,..."Vh...,..· ......... ...,... __ ...... ~~..",....",..w.~ .... . ... ,,'
Für Walter H. Fritz wird das Deutschland der 50er und der frühen 60er Jahre zum Grenzland, bald ohne Namen, zum Nie- mandsland, in dem sich die weltweiten Konflikte spiegeln. Friede ist weit entfernt: "Vorwände// Zwischen uns und den Frieden! haben wir Vorwände geschoben.! Sonst würden wir ihn entdecken! mitten auf der Ebene,! über der unaufhörlich Schnee fallt,! verlassen und bereit, sich zu nähern." Die Wiederbewaflhung Deutschlands prägte in den Jahren 1957/58 die Schlagzeilen. "Kampf dem Atomtod" und Angst vor neuen Kriegen in Europa bestimmten die Diskussion und das LebensgefUhl vieler Menschen. Wie wir wissen, ohne Auswirkungen auf politi- sche Entscheidungen. Aber deutlich wird, die Nachkriegszeit war immer noch nicht vorbei, jedenfalls nicht in der Literatur, wenn die Verse Ende der 50er Jahre lauteten: "Denn geht's nicht mit Hitlcr, dann geh'n sie mit Clay/ Und wechselt die Firma - auch dann
ist's okay/ Sie sindja die alten geblieben ... " Einschneidende Veränderungen waren nicht eingetreten, und die Aussichten schienen düster zu sein, wenn Walter H. Fritz schreibt: "Hafen!/ Frachtschiffe, Tanker,! Jachten, Passagierdampfer.! Ein Lotsenboot inmitten:! der Tod eines Mannes,! der sich langsam! dem Hafen nähert."
Die Literatur, auch die Karlsruher, verwei- gerte sich den materiellen Aufschwüngen der bundesrepublikanischen Gesellschaft in den 50er Jahren und versuchte, die verdrängten Ängste und Gefahren zu formulieren sowie die Kontinuitäten der nicht "erledigten" - man sagte und sagt heute noch "bewältigten" - Vergangenheit offenzulegen. Ende der 50er Jahre begann zum ersten Mal der Putz von der bunten Wohlstandsfassade abzufallen. Statt Aufbau gab es die ersten Demontagen in der Industrie, die die betroffenen Kumpel im Ruhrgebiet als Demontage der Demokratie interpretierten. Die Literatur reagierte darauf mit einem neuen Realismus und der Pro- pagierung von Gemeinschaft sowie Durchset - zung der Demokratie; Die Zeit der Vereinsa- mung, des Subjektivismus ging zuende - um später, aber das ist ein anderes Thema, er- neuert zu werden. Jan Knopf
Der schwarze September 1944 KarIsruhe im BombenhageI
In diesen Tagenjährt es sich zum 50. Male, daß unsere Heimatstadt dank der verkehrs- strategischen Lage und des Fehlschlages vom Groß angriff am 25. April 1944 das Ziel einer Reihe, z. T. schwerer Luftangriffe wurde.
Nach dem Durchbruch von Avranches am 31. Juli hatten die Alliierten in einem Sieges- zug ohnesgleichen Frankreich und Belgien zurückerobert. Im Zuge der Verfolgung sollte
der Aufbau einer neuen deutschen Front ver- hindert werden. Zur Unterbindung von Nach- schub und Truppenverschiebungen aus dem Inneren des Reiches konnte eine Reihe auf- einanderfolgender schwerer Schläge das Ei- senbahnnetz im Dreieck Mainz-Saarbrük- ken-Karlsruhe zerschlagen.
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Bombing round the clock ---~,
Die Angriffsfolge eröffuete die 8. Britische Bomberflotte am 5. September um 1.58 Uhr. Auf das von zahlreichen Zielmarkierungen ausgeleuchtete BaJmhofsviertel wurden 23 Luftminen und 60 Sprengbomben abgewor- fen. Am RangierbaJmhof wurde ein Stellwerk leicht beschädigt, die Strecke nach Mühlacker und Heidelberg sowie die Güterzugstrecke nach Hagsfeld zeitweise unterbrochen. Der Rest der Bomben richtete nur Wald- und Flurschäden an. Kaum waren die letzten britischen Flugzeuge zu ihren Einsatzhäfen zurückgekehrt, erhoben sich etwa I 000 amerikanische Bomber, um Ziele in Südwest- deutschland anzugreifen. Ein Teilverband von 185 fliegenden Festungen spaltete sich bei Pirmasens ab und überschüttete von I L35 bis 11.58 Uhr den RangierbaJmhof, die EisenbaJmhauptwerkstatt und die angrenzen- den Stadtteile mit I 452 Spreng- und 45 980
Stab brandbomben. Zahlreiche Bomben der im schweren Flakfeuer pendelnden Flugzeuge verfehlten ihr Ziel und streuten von der Südweststadt bis nach Rintheim. 235 Tote und 28 Verwundete waren Opfer dieses An- griffes. Aber auch die Angreifer kamen nicht ungerupft davon. Von den am Morgen gestarteten Flugzeugen fielen 31 dem Ver- nichtungsfeuer der Flak an den verschiedenen Orten zum Opfer.
Kaum waren die schwersten Schäden eingedämmt, Verschüttete, sowie Hab und Gut geborgen, schlug die 8, Britische Bom- berflotte erneut zu. Ab 1.30 Uhr warfen am 8, September Einheiten dieses Verbandes 22 Luftminen, 59 Spreng- so\vie viele Brand- bomben verstreut vom BaJmhof bis in den Hardtwald. Zehn Gefallene, zwölf Verwun- dete und 350 Obdachlose waren die traurige Bilanz dieses Angriffs.
Blick vom Kaufhaus Hölscher (heute Karstadt) nach Osten über die nach dem 27. Septem- ber 1944 weitgehend zerstörte Innenstadt.
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Die Zerstörung der Hauptwerkstatt ~ __ --=._.~_~·_'''w_w
Seit dem 5. August 1941 versuchten die Alliierten wohl ein Dutzendmal, jeweils unzureichend, die Eisenbahnhauptwerkstatt nachhaltig zu zerstören. Um diesem langwie- rigen, von keinem nachhaltigen Erfolg gekrönten Kräfteverschleiß ein Ende zu bereiten, beschloß der Stab der 8. USAAF, endlich "Nägel mit Köpfen" zu machen. Von den in den frühen Morgenstunden des 8. September 1944 gestarteten I 200 Bombern griffen 247 die Hauptwerkstatt mit 1 031 Spreng- und 66 330 Brandbomben an und vollendeten so das Werk der Zerstörung. Wiederum rauschten viele Bomben in der näheren und weiteren Umgebung bis zu dem bereits schwer heimgesuchten Rintheim nieder. Die St.-Bernhard- und die Luther- kirche standen in hellen Flammen. In der Südstadt erhielten die Johannis- und Lieb- frauenkirche nochmals Treffer. 123 Tote und 129 Verletzte waren zu beklagen. Nur 22 der angreifenden Bomber, darunter vier durch die Karlsruher Flak, wurden an diesem Tag abgeschossen. Vorbei waren die Zeiten, als, wie bei den Angriffen auf Schweinfurt, ganze Geschwader vom Himmel gefegt wurden. Eine verantwortungsbewußte, nicht durch die Forderung nach der bedingungslosen Kapitu- lation politisch eingeengte Führung hätte den vom Zaune gebrochenen Krieg sofort be- enden und der Bevölkerung weitere sinnlose Opfer ersparen müssen!
Die Fächerstadt unter dem "Todesfacher"
Richteten sich die bisherigen Septemberan- griffe gegen strategisch wichtige Ziele, so sollte der nächste Großangriff das Stadtge- biet, die Zivilbevölkerung, treffen. Dazwi- schen aber lag eine revolutionäre Neuerung der Angriffstechnik, die Überflugmethode, auch Todesfacher genannt. Bisher wurden oft
die Himmelsmarkierungen, die "Christbäu- me", vom Winde abgetrieben, z. B. am 25. April, oder die Bodenmarkierungen vom Qualm der Entstehungsbrände verdeckt. Ver- gebens hatten sich jahrelang die Stäbe aller Kriegsparteien um die Behebung dieser "Un- zulänglichkeit" bemüht. Schließlich wurde dieses als unlösbar angesehene Problem verblüffend einfach gemeistert. Ein vor dem Zielbereich liegender, gut erkennbarer Platz, wurde bei Sicht im Tieffiug mit Boden- markierungen abgesteckt. Jedes angreifende Flugzeug flog einzeln diesen Punkt in einer vorgeschriebenen Höhe an, schwenkte unter befohlenem Winkel ab und klinkte nach genau berechneter Zeit die Bomben aus. Dadurch entstanden in einem engbegrenzten Sektor, eben dem "Todesfacher" , größte Zerstörungen mit Tausenden von Toten.
Erstmals wurde der "Todesfacher" arn Abend des 11. September 1944 über Darm- stadt aufgespannt. Der Scheitel lag am Exer- zierplatz zwischen Neckarstraße und Haupt- bahnhof. Ca. 10 000 starben unter den Trüm- mern, die Stadt war verglüht. Diese so " er- folgversprechende" Angriffs taktik schien den Stäben in High Wycombe geeignet, endlich auch Karlsruhe, das sich immer wieder der völligen Zerstörung entziehen konnte, den Todesstoß zu geben.
Kleinere Störeinflüge in der Nacht vom 26./ 27. September und die durch sie ausgelösten Alarme ließen die ohnehin geschwächte Luftabwehr und die Bevölkerung ermüden. Als gegen 5 Uhr erneut die Sirenen auf- heulten, blieben in der Annahme, der Alarm gelte einzelnen zurückfliegenden Maschinen, die meisten Leute übermüdet liegen. Minuten später mischten sich in das Abwehrfeuer der Flak die Detonationen der ersten Luftminen und Sprengbomben. Die 5. Britische Bomber- flotte hatte den Angriff eröffnet!
Luftmarschall Harris hatte nach den Er- fahrungen von Darmstadt sich fiir einen· durch
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Minen und Sprengbomben unterstützten Brandbombenangriff entschieden. Im Schei- ne grüner, am Himmel baumelnder Leucht- kaskaden markierte der Angriffsftihrer mit roten Bodenmarkierungen den damals kreis- runden Engländerplatz als Marking-Point. Fächerfcirmig ausschwärmend ließen 237 Bomber fast eine halbe Million Brandbomben vor allem auf die Innen-, Weststadt und Mühlburg herabprasseln. Binnen weniger Minuten wogte ein riesiges Flammenmeer vom Durlacher Tor bis zum Rheinhafen. Nur den breiten Straßen der Barockstadt, den vielen geräumigen Plätzen und den allenthal- ben klaffenden Lücken vorangegangener Zerstörungen, vor allem der bereits 1942 ausgeglühten Reinhold-Frank-Straße, ist es zu verdanken, daß der Glutofen der Innen- stadt nicht mit der sengenden Lohe im Westen zu einem alles verzehrenden Moloch zusam- menwuchs und es zu keinem Feuersturm vom Ausmaße wie in Hamburg, Wuppertal oder Darmstadt kam. Was aber Karlsruhe sein unverwechselbares Aussehen gab, stand in Flammen. Überhöht von dem in allen Farben des Goldes durch die züngelnden Flammen beleuchteten und im thermischen himmelan rauschenden Sog sich rasend drehenden und schließlich sanlt dem seiner Festigkeit beraubten Gebälk in die Tiefe stürzenden Engel auf der evangelischen Stadtkirehe ging das Karlsruhe eines Weinbrenner, Durm, Jeremias Müller, Hübsch u. a. unter. Die TH, das Schloß, das Rathaus, die Randbebauung von Schloßplatz und Zirkel, die Christi- Auferstehungs-, Bonifatius- und Markuskir- ehe brarmten. In der venvinkelten, mit Sei- tenbauten, Hinterhäusern und Schuppen eng bebauten Innenstadt fand die Lohe reiche Nahrung. Die von Stab brandbomben massen- weise getroffenen Häuser konnten von Selbst- schutzkräften nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden. Allein durch Flucht zum Ettlinger Tor, dem Friedrichsplatz, S:h1oß-
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platz oder in den Hardtwald war das nackte Leben zu retten. Nur von wenigen Stab- brandbomben getroffene Gebäude waren zu bewahren, wenn die Bomben sofort mit Sand abgedeckt oder vom Dachboden geworfen wurden. Zudem mußte der seiner Ziegel beraubte, entrümpelte Speicher gegen Fun- kenflug verteidigt werden. Ein Spiel mit dem Leben war es allemal. Erleichtert dürften die Bergungstrupps aufgeatmet haben. Statt wie in Darmstadt etwa 10000 Tote, waren "nur" 51 Opfer zu beklagen. I 029 Venvundete, darunter 878 Rauchvergiftete, gemahnen daran, daß zu einer Katastrophe wahrlich nicht viel gefehlt hatte! Nach all dem Erlebten kam man zur Überzeugung, schlimmer könne es ja nicht mehr kommen; ein Feuersturm sei hinfort allein mangels zusanllllcnhängender brennbarer Masse nicht mehr möglich. So ging man daran, auf dem Lande Zuflucht zu suchen oder sich in den erhalten gebliebenen Wohnungen, Kellern und Gartenhütlen häus- lich einzurichten. Noch lag das "Erdbeben" am Abend des St. Barbara-Tags im Schoße der Zukunfl verborgen!
Die Angreifer verloren lediglich drei Flugzeuge. Ein Abschuß wurde der Luft- waffenhelferbatlerie des Helmholtz-Gymna- siums vom Oberkommando der Luftwaffe bestätigt.
Noch lag beißender Qualm über der geschundenen Stadt, wurden Opfer versorgt und wieder aufilackernde Brände bekämpft, da beendete die 8. Britische Bomberflotte den " Schwarzen September" . 54 Tonnen Spreng- und Brandbomben fielen verstreut von Rüp- purr über die Bahnhofsgegend bis zum Bin- senschlauch. Am bedrohlichsten war die Be- schädigung des Albwehrs beim Kühlen Krug. Ein Bruch hätte den Verlust von gestautem Löschwasser zur Folge gehabt.
Ein halbes Jahrhundert ist seit jenem Sep- tember vergangen. Mitteleuropa hat seitdem nicht mehr unter der Geisel des Krieges ge-
litten. Möge es den Verantwortlichen gelin- gen, statt falsche Hoffnungen zu wecken,
endlich auch weltweit einen friedlichen Aus- gleich zu schaffen. Erich Lacker
Zum "Reichseinsatz" in Karlsruhe
Ausländische Frauen und Männer in Karlsruher Betrieben 1939-1945
Während des II. Weltkrieges waren rund zehn Millionen ausländische Menschen, dar- unter ca. zwei Millionen Kriegsgefangene, zum Arbeitseinsatz in das Deutsche Reich gebracht worden. Ohne diese Ausnutzung frem- der Arbeitskraft in der deutschen Kriegswirt- schaft hätte das nationalsozialistische Deutsch- land den Krieg nicht so lange fUhren können.
Die Kriegsgefangenen sowie zwangs- verpflichtete und verschleppte ,,zivilarbeite- rinnen und -arbeiter", kamen aus den von Deutschland besetzten Ländern. Sie wurden auch in Karlsruhe in Industrie, Handel, Handwerk, Land\virtschaft, öffentlichen Ver- waltungen und Privathaushalten eingesetzt. Es waren insgesamt bis 1945 über 17 000 "Fremdarbeiter" aus Polen, den Niederlan- den, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Däne- mark, Norwegen, der Tschechoslowakei (bzw. Protektorat Böhmen und Mähren), Griechenland, Jugoslawien, den baltischen Ländern und der Sowjetunion in Karlsruhe im Arbeitseinsatz. Die damals übliche Benen- nung als " Fremdarbeiter" unterschlägt, daß sich etwa ein Drittel " Fremdarbeiterinnen" darunter befanden. Am Kontingent aus der Sowjetunion betrug der Frauenanteil sogar über die Hälfte. Daneben arbeiteten in Karls- ruhe noch Hunderte von Menschen aus neu- tralen und mit Deutschland verbündeten Staa- ten. Deren Rechtsstatus und die Behandlung unterschied sich grundsätzlich von den Zwangsverpflichteten.
"Nachschub" nach Karlsruhe
War Karlsruhe zu Beginn des Krieges wegen seiner Grenzlage noch weitgehend aus den Rüstungsplanungen herausgenommen und deswegen auch der Einsatz nicht- deutscher Arbeitskräfte, außer Kriegsgefan- genen, beschränkt, so änderte sich dies ab 1941. Die ersten großen Kontingentwellen zwangs verpflichteter, aber zum Teil auch mehr oder weniger frei\villig gekommener ausländischer Arbeitskräfte trafen ab dem Frühjahr 1942 in der Stadt ein. Der "Ge- neralbevollmächtigte fUr den Arbeitseinsatz" Sauckel sorgte fiii inuner neuen "Nachschub" aus den besetzten Ländern. Diese sogenann- ten "fremdvölkischen Arbeiter" wurden von den Arbei tsämtern vor Ort, den durch stän- dige Einberufungen aus der Stanunbeleg- schaft zur Wehrmacht und steigenden Rü- stungsauflrägen nach Arbeitskräften verlan- genden Betrieben zugewiesen. Bis zum Kriegsende hatten auf diese Weise z. B. die zehn größten Karlsruher Betriebe fast 9 000 der von 1941 bis zum Kriegsende eingesetz- ten ausländischen Arbeitskräfte in der Stadt genutzt; darunter z. B. die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken (später IWKA) in ihren Werken in Karlsruhe und Grötzingen über 4 500, Gritzner & Kayser (später Pfaff) in Durlach mindestens I 300, Haid & Neu rund 500.
Rassenschranken
Von den über 17 000 in Karlsruhe einge-
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setzten Arbeitskräften kamen etwa 20 Prozent aus Polen, 35 Prozent aus der Sowjelunion. Letztere wurden unter der Bezeichnung "Ostarbeiter" gefiihrt. Unter den mehr als 40 Prozent "Westarbeitern" sununierten sich Menschen aus sogenannten " starnmesähnlichen" Ländern. Die Situation der verschiedenen Gruppen der "Fremdarbei- ter" unterschied sich je nach den nationalso- zialistischen Kriterien der "Volkstums zuge- hörigkeit". Wesentlich in der rassistischen Hierarchie oben standen "germanische Völ- ker" wie Holländer, Flamen, Dänen. Ihnen folgten Franzosen und Belgier, dahinter Men- schen aus den besetzten Gebieten Südeuro- pas. Danach rangierten am Ende der Skala die slawischen " Untermenschen" aus Polen und dahinter die aus der Sowjetunion. Polen und Sowjetbürger wurden gezwungen, sich durch ein "P" bzw. "Ost" auf der Oberkleidung ähnlich dem Judenstern, deutlich zu kenn- zeichnen.
In der Bestimmung des Reichsftihrers SS vom 20. Februar 1942 "über Anwerbung und Einsatz von Arbeitskräften aus dem Osten", hieß es unter anderem, daß ;,entsprechend der Gleichsetzung der Arbeitskräfte aus dem altsowjetrussischen Gebiet mit Kriegsgefan- genen eine straffe Disziplin in den Unterkünf- ten und am Arbeitsplatz herrschen muß". Die Bestimmung zeugt davon, daß die Situation der " zivilen" sowjetischen Arbeitskräfte sich zu Anfang ihres Einsatzes nicht wesentlich von dem ihrer kriegsgefangenen leidensge- nossen unterschied. Auch wenn sich die ebenfalls darin enthaltene Anordnung, "wäh- rend des Aufenthalts der Arbeitskräfte aus dem . sowjetrussischen Gebiet im Reich ... diese streng von der deutschen Bevölkerung, (den anderen) ausländischen Zivil arbeitern und allen Kriegsgefangenen abzusondern" , sich in der Praxis nicht hundertprozentig durchfuhren ließ, so war doch damit das Ziel vorgegeben: Kontakte zwischen De"tschen
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und Sowjetbürgern und Polen sollten, abge- sehen von der Arbeitsaufsicht und Bewa- chung, nicht erfolgen.
Strenge Bestrafung stand auf Arbeits- bummelei, das ,,Aufhetzen" anderer Arbeiter, auf eigenmächtiges Verlassen des Arbeits- platzes und sonstige Verstöße gegen die Arbeitsordnung. Sexuelle Beziehungen zu Deutschen hatten "Sonderbehandlung" , d. h. Tod durch Strang oder Einweisung in ein Konzentrationslager zur Folge, ebenso krimi- nelle Delikte wie Diebstahl oder Plünderung. Etwas besser erging es den "Westarbeitern". Formell hatten sie gleiche Arbeitsbedingun- gen und Entlohnung wie deutsche "Gefolg- schaftsmitglieder", praktisch aber war ihre Freiheit als Menschen der besiegten Natio- nen eingeschränkt. Oft genug fanden sie sich auch Mißgunst und Verdächtigungen Deut- scher ausgesetzt, die mitArgusaugen darüber wachten, daß diese ja nicht vermeintlich gleich oder gar besser als "deutsche Volksgenossen" gestellt würden, wie die geheimen SD-Berichte auch aus Karlsruhe mitteilten.
Der größte Teil der Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter war auch in Karlsruhe in Lagern zusammengefaßt. Dazu wurden eigens ab 1942 Baracken errichtet oder instandgesetzt, wie z. B. in der Karl-Wilhelm-Straße 89 und 91 (heute Teil der Haid-und-Neu-Straße). In den großen Betrieben wurden eigene Lager eingerichtet. Doch auch damit genügte die Kapazität immer noch nicht, so daß weiterhin ein großer Teil in Sälen und Gasthäusern in der Stadt untergebracht wurde. Wirtshäuser wie Ziegler, Walhalla, Festhalle in Durlach und viele andere waren Orte, an denen zumeist verschiedene Nationen auf engstem Raum zusammengepfercht und ständig über- wacht leben mußten.
Der Karlsruher Polizeipräsident beschwer- te sich im Januar 1942, daß sich deutsche Frauen in würdeloser Weise mit Ausländern abgegeben und Liebesverhältnisse ange- knüpft hätten, was aus Gründen der "Rassen- pflege", aber auch wegen der großen An- steckungsgefahr, die von fremden Arbeitern allgemein ausginge, als verwerflich zu be- trachten sei. Deswegen erwartete er polizeili- ches Einschreiten, wenn es sich um Arbeiter der Feindstaaten, insbesondere Polen oder Russen handelte. Dies zeigt das Dilemma der Rassenfanatiker. Gegenüber den ausländi- schen Arbeitskräften aus mit Deutschland verbündeten oder neutralen Staaten, wie z. B. Italien bis 1943 oder Spanien und Rumänien, getraute sich die Staatsgewalt nicht so energisch vorzugehen, weil dies die Zahl der Anwerbungen gedrückt hätte. Nach dem Waffenstillstand Italiens, am 8. September 1943, entlud sich der "Volkszorn" über den ehemaligen Verbündeten dann auch an den hier in Karlsruhe lebenden italienischen
Arbeitskräften. Hunderte italienischer Solda- ten mußten bei Gritzner & Kaiser als Militärinternierte arbeiten, über 1000 Italie- nerinnen und Italiener wurden allein nach dem 8. September 1943 nach Karlsruhe gebracht.
Für Tausende von "Fremdarbeiterinnen und -arbeitern" brachte der Einmarsch der Franzosen in Karlsruhe am 3./4. April 1945 die Befreiung. Über 10 000 ausländische Menschen, die nun "Displaced Persons" hießen, warteten seit Mai 1945 in den großen Lagern in der Forstnerkaserne, der Rhein- kaserne, der Kaserne in der Moltkestraße und in der Rheinlandkaserne in Ettlingen auf ihre Repatriierung, vor allem nach Polen und in die So\-:jetunion. Wie wenig auch nach dem Krieg die Einsicht in die eigene Vergangen- heit bei einigen deutschen Dienststellen entwickelt war,' zeigt ein Schreiben des
Feld 23 auf dem Hauptfriedhof
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Ettlinger Bürgermeisters an den Landrat aus den ersten Monaten der jungen Bundesrepu- blik, 1949, worin er mitteilt, daß 22 polnische Staatsangehörige nicht nach Polen zurück- kehren wollen. Daraus folgert er, daß "da- durch die vielfach verbreitete Meinung über die Verschleppten nach Deutschland ... ins Wanken gebracht (ist), denn meistens sind die Leute nicht verschleppt worden, sondern befinden sich aus Gründen, welche nicht
näher untersucht werden sollen, in Deutsch- land,"
Eine für die Betroffenen · nachträglich belastende Situation stellt die Tatsache dar, daß ein großer Teil von ihnen, insbesondere aus der ehemaligen Sowjetunion, bis jetzt keine Wiedergubnachung erhalten hat. Viele sind mittlerweile verstorben, die noch Lebenden sind heute 70 Jahre und älter.
Jürgen Schuh/aden-Kramer
Das Oberlandesgericht Karlsruhe im "Dritten Reich"
Die Rolle der Justiz im Nationalsozialis- mus ist vielfach untersucht, dennoch sind Arbeiten zu der Geschichte einzelner Ober- landesgerichte selten. Dies obwohl die Oberlandesgerichte mit der sogenannten "Verreichlichung der Justiz" , der Abschaf- fung der Landesjustizbehörden also, funktio- nell an deren Stelle traten. Gerade die Akten der Oberlandesgerichte lassen deshalb ein weites Spektrum an Material über die Stei- lung der Justiz in jener Epoche erwarten, da sie sowohl Verwaltungsakten als auch Pro- zeßakten umfassen.
Als besonders glücklicher Umstand darffür das Oberlandesgericht Karlsruhe die Dichte des im Generallandesarchiv in Karlsruhe überlieferten Quellenmaterials gelten. Die Akten der Verwaltungsabteilung, der späte- ren Präsidialabteilung, sind fast lückenlos vorhanden, auch sind noch etwa 85 % der Zivilurteile überliefert. Ein geschlossener Bestand an Strafurteilen existiert demgegen- über nicht, jedoch finden sich etliche der politisch brisanten Urteile in Hoch- und Lan- desverratssachen in Gefangenenpersonalakten der Strafanstalten Bruchsal und Mannheim. Ergänzt werden diese Bestände durch Per- sonalakten im Bundesarchiv in Koblenz und Akten der NSDAP des Gaus Baden, worunter
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insbesondere die politischen Beurteilungen der Richter von Interesse sind. So kann die Geschichte des Oberlandesgerichts Karlsru- he in der Zeit des Nationalsozialismus ge- zeichnet werden, und zwar die Geschichte der Institution, zunächst unter badischer Justiz- verwaltung, dann als Mittelbehörde der Reichsjustizverwaltung, zum anderen deren Rechtsprechung in Zivil- und Strafsachen. Ferner bezeugen die Akten des Generallan- desarchivs die Geschichte der badischen An- waltschaft während der Zeit der Nazidiktatur.
Geschichte der Institutionen
Die Geschichte der Justiz im " Dritten Reich" ist die einer Staatsgewalt, die sich von einem Machtfaktor in die Rolle eines Voll- zugsorgans fremder Interessen drängen ließ. Auch das Oberlandesgericht Karlsruhe und die iIun nachgegliederten badischen Gerichte vollzogen diesen Weg, zunächst unter der Führung des 1930 zum Präsidenten ernannten Dr. Buzengeiger und dann seit 1937 unter der Präsidentschaft des überzeugten Nationalso- zialisten Reinle. Das Land Baden verfugte zwar bis zum Ende der Weimarer Zeit über relativ stabile politische Verhältnisse, aller- dings war auch in Baden eine fortschreitende
Radikalisierung der politischen Ansichten zu verzeichnen, eine Entwicklung, der man auch unter Zuhilfenahme der Justiz zu begegnen suchte. Wenn man der Justiz nicht zu Unrecht vorwirft, sie sei in der Weimarer Zeit auf dem rechten Auge blind gewesen, so war sie doch in die Bemühungen des demokratischen Staa- tes um Behauptung gegen die Bedrohung von links wie von rechts einbezogen, und Urteile über politisch motivierte Straftaten fanden bei weiten Teilen der Bevölkerung keine Akzep- tanz. Das Zivilrecht und mit ihm die Zivil- rechtsprechung standen in dem Rufweltfremd und volksfern zu sein.
Die badische Justiz und an ihrer Spitze das Oberlandesgericht Karlsruhe begab sich also in die ihr bevorstehende Auseinandersetzung nicht hocherhobenen Hauptes, sondern be- reits angegriffen und sich ihrer Autorität keinesfalls gewiß. Andererseits war der Na- tionalsozialismus, trotz der auf nationalsozia- listischer Seite weitverbreiteten Justizkritik, gerade bei jüngeren Richtern nicht unpopulär. Die nicht zu leugnende Abstraktheit des bürgerlichen Rechts konnte in der Tat als re- formbedürftig erscheinen. Die populistische Forderung der Nationalsozialisten nach einer Abkehr von formaler Rechtsfindung und einer Hinwendung zu einer "völkischen Rechtsord- nung" bot sogar Ansätze fur ein Richter- königtum und verhieß größere Akzeptanz der Justiz bei der Bevölkerung. Die Demokratie mit ihrem Parteienstreit stand demgegenüber in Verruf Die Gruppe der badischen Richter, die dem Nationalsozialismus zunächst wenig abgewinnen konnten, kamen an der Erkennt- nis nicht vorbei, daß tatsächliche oder ver- meintliche politische Abseitigkeit mit Kar- riereverzicht gleichzusetzen war. Von großer Bedeutung war hier der Einfluß, den die neue Führung auf die Personalpolitik gewonnen hatte. Begeisterung und das Bemühen um Anpassung bildeten also wichtige Motive, sich in den Dienst der neuen Führung zu stellen.
Andererseits konnte die neue Führung auf die Justiz nicht verzichten. Um einen wirt- schaftlichen Aufschwung zu erreichen, mußte das Zivilrecht berechenbar bleiben. Zudem war die Justiz erforderlich, um die politische Opposition zu kriminalisieren. Da man die Justiz brauchte und unter der badischen Richterschaft im Jahre 1933 alte Nationalso- zialisten auch nicht annähernd in ausreichen- dem Maße vorhanden waren, übten badische Nationalsozialisten erheblichen Druck auf die Richterschaft aus, die diese dem neuen Staat gefügig machen sollte. Neben den be- reits genannten Motiven sicherte also Zwang die Loyalität der Richter. Und die badische Justiz verweigerte sich in ihrer ganz über- wiegenden Mehrheit den neuen Machthabern nicht, man diente der neuen Führung, teils begeistert, teils opportunistisch und zum Teil sicher auch eingeschüchtert.
Der Preis der Anpassung war von Anfang an hoch. Mit der Entlassung der jüdischen Richter wurde das richterliche Privileg der Unabsetzbarkeit beseitigt, und die Justiz- kritik der Nationalsozialisten verstummte während der Nazidiktatur nie. Im Gegenteil, sie nahm inuner bedenklichere Ausmaße an und untergrub die Autorität der Justiz voll- kommen. Den Richtern wurde die eigene Machtlosigkeit fortwährend demonstriert, etwa indem Freisprechungen von der Polizei durch die Verhängung von Polizeihaft kor- rigiert wurden, oder indem die Polizei ganz ohne vorangegangenes Gerichtsverfahren Haft verhängte oder Beschuldigte einfach er- hängte und wie im Mittelalter öffentlich zur Schau stellte.
Aber auch die Entscheidungen der Zivil- justiz wurden nicht mehr uneingeschränkt akzeptiert. So verhinderten Badische Partei- institutionen durch Aufinarsch der SA die Vollstreckung von Zivilurteilen, wenn man glaubte, das Urteil habe gegen nationalsozia- listische Grundauffassungen verstoßen.' Zwi-
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schen den Parteiinstitutionen und der entfes- selten Exekutive war fiir eine mit eigenständi- ger Kompetenz ausgestattete Justiz kein Raum. Und flir die eigentlichen Machtzentren bestand immer weniger Veranlassung, sich der behäbigen Justiz zu bedienen, wenn Entscheidungen auch ohne Justiz herbeige- fuhrt werden konnten. Aus dem vielfach vorhandenen Wunsch, dem "neuen Staat" zu dienen, und der fortwährenden Demonstrati- on der Machtlosigkeit und Überflüssigkeit der Justiz entwickelte sich ein Teufelskreis von Repression und Anpassung, bei demjedes Bemühen um Anpassung die eigene Autorität weiter untergrub und der nächsten Pression Vorschub leistete. Die Konsequenz dieser Entwicklung waren die Richterbriefe und die, wie man damals sagte, "Lenkung" von Entscheidungen, ein Verfahren, bei dem der Oberlandesgerichtspräsident Reinle in poli- tisch brisanten Prozessen vorab über den Ausgang der Verhandlung bestimmte und den eigentlich zur Entscheidung berufenen Rich- tern entsprechende Weisungen erteilte. Die Gerichtsverhandlung stellte lediglich noch eine Legalität zur Schau, die es längst nicht mehr gab. Zwar war bei weitem nicht die Mehrzahl der Fälle das Ergebnis gelenkter Entscheidungen; sobald aber politische Rele- vanz gegeben war, verzichtete die badische Justiz immer mehr auf eigenständige Macht- ausübung, ein Umstand, der vom überzeugten Nationalsozialisten Reinle in mehreren nach Berlin gerichteten Schreiben bitter beklagt wurde.
Die badische Richterschaft scheiterte also an der Justizfeindlichkeit des Nationalsozia- lismus, sie scheiterte aber auch, weil sie sich auf ein System eingelassen hatte, dem sie nichts bedeutete.
Die badische Anwaltschaft im "Dritten Reich"
Die Vorstände der badischen Anwaltsver-
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eine wurden nach der "Machtergreifung" schnell abgelöst und die Verbände in den Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juri- sten überftihrt, ein Vorgang, der ohne jeden Widerstand vollzogen werden konnte. Diese neue Führung der badischen Anwaltschaft wirkte intensiv bei der Diskriminierung der jüdischen und der politisch verfemten Kol- legen mit und arbeitete dabei mit dem zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden badi- schen Justizministerium eng zusammen. Ei- nige Anwälte ließen sich ganz auf die neuen Gegebenheiten ein und zitierten in Schriftsät- zen aus Hitlers "Mein Kampf' oder ver- suchten, indem sie sich an Parteiinstitutionen wandten, Druck auf die Richter auszuüben und so flir die eigene Mandantschaft etwas zu erreichen. Widerstand und offene Kritik waren auch hier die Ausnalune, obwohl die badische Anwaltschaft mit dem am Oberlan- desgericht zugelassenen Rechtsanwalt Rein- hold Frank einen Vertreter aufzuweisen hatte, der zum Kreis der Widerstandskämpfer des 20. Juli gehörte, was er mit dem Tode be- zahlte. Gerade die Anwaltschaft mußte je- doch in einen unausweichlichen Konflikt mit dem neuen System geraten. Die vom Anwalt erwartete Durchsetzung von Einzelinteressen konnte in einem Staat, der immer den Vorrang der Interessen des "Volksganzen" propagier- te, auf Dauer nicht hingenommen werden. So waren es in der Endphase des Dritten Reiches vor allem die Plädoyers von Strafverteidi- gern, die auf Mißfallen stießen, da jedes Eintreten fur die Angeklagten als Regime- kritik aufgefaßt wurde. Es ergingen ernste Mahnungen, und der Anwaltschaft wurde verdeutlicht, daß die freie Advokatur auf dem Spiel stehe, wenn sich die Anwaltschaft nicht mäßige. Es gilt, was bereits zur badischen Richterschaft festgestellt wurde: die Mehrheit fligte sich.
Zivil- und Strafurteile
Vom Oberlandesgericht sind noch etwa 4.200 Zivilentscheidungen überliefert. Einen Bezug zu den politischen Verhältnissen wei- sen nur etwa 6 % der Entscheidungen auf. Dieses Ergebnis überrascht zunächst, dürfte aber vor allem der politischen Neutralität der überwiegenden Mehrzahl der Zivilentschei- dungen zuzuschreiben sein. Allerdings war das Oberlandesgericht Karlsruhe das erste Obergericht, das in einer reichsweit Auf-
merksamkeit erregenden Entscheidung aus dem Jahre 1934 der Eheanfechtungsklage eines christlichen Ehemannes gegen seine jüdische Ehefrau stattgab. Dieser hatte sich auf einen Irrtum über die " Rasseeigenschaf- ten" seiner Ehefrau berufen. Das Urteil wurde in Fachzeitschriften wie in der Tagespresse besprochen, und dies nicht nur wegen des Ergebnisses, sondern vor allem auch, weil die Urteils begründung des 2. Senats übelste anti- semitische Ausfalle enthalten hatte. Weiter- hin kann festgestellt werden, daß neue,
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" Der Fahrer", 4. Mtlrz 1934. Nr. /05.
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spezifisch nationalsozialistische Regelungen, wie etwa das neue Ehegesetz aus dem Jahre 1938, auch im Sinne der nationalsozialisti- schen Machthaber angewandt wurden. 10 Bereichen tnit unveränderter Rechtslage fanden demgegenüber nationalsozialistische Wertungen nur sehr spärlich Eingang in die Entscheidungen. Im Einzelfall waren diese Urteile aber, wie etwa die oben angeruhrte Eheanfechtungsentscheidung, genauso spek- takulär wie verabscheuenswürdig. Schließ- lich ist in einigen Fällen nachweisbar, daß bereits in der Anfangsphase der Nazidiktatur starker Einfluß auf die Richter ausgeübt wurde, um deren Entscheidung zu bestimmen.
Die zahlenmäßige Erfassung von gelenkten oder offenkundig nationalsozialistisch moti- vierten Entscheidungen liefert sicher nur ein ungenaues Bild. Der eigentliche Schaden, den die Zivilrechtsprechung genommen hatte, diiIfte darin zu suchen sein; daß potentiell jedes Verfahren zum Gegenstand außeljusti- tieller Einflüsse werden konnte, wenn ein politischer Ansatzpunkt gegeben war. Als Beispiel seien hier die Prozesse unter Be- teiligung jüdischer Parteien aufgefiihrt. Das Prozeßrisiko hatte sich entscheidend zu La- sten der nwunehr verfemten Minderheiten verändert. Schließlich mag die Beforderung von Richtern, die zumindest nach außen hin in der Lage waren, den Eindruck der Linientreue zu erwecken, ein übriges getan haben, um in Verfahren von politischer Relevanz Linien- treue zu gewährleisten. Dies läßt den Schluß zu, daß sich politisch verdächtige Parteien gerichtlicher Hilfe nach Möglichkeit nicht mehr bedienten. Die Unvoreingenommenheit der Ziviljustiz war nicht mehr allen Recht- suchenden garantiert und die Justiz damit eines wesentlichen rechtsstaatlichen Elemen- tes beraubt.
Für die Straf urteile gilt, daß das Oberlan- desgericht die neue Regierung bei der Verfol- gung der politischen Opposition unterstützte.
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Die Zuständigkeit fiir die Hoch- und Lan- desverratssachen hatten die Oberlandesge- richte erst im Jahre 1933 erhalten, und der Geschäftsanfall gerade in den politischen Sachen war nach 1933 so hoch, daß ein weiterer Strafsenat gebildet werden mußte. Beim Oberlandesgericht Karlsruhe folgte der Anklage wegen Vorbereitung zum Hochver- rat in aller Regel die Verurteilung, und fiir eine Gefängnisstrafe reichten bereits gering- ste Verstöße aus, wie etwa das Lesen eines oppositionellen Flugblattes. Allerdings ging es bei den Urteilen des Oberlandesgerichts in Hoch- und Landesverratssachen nicht um die physische Vernichtung der politischen Geg- ner, wie dies vor allem ftir die späte Praxis des Volksgerichtshofs und der Sondergerichte prägend war. Das Oberlandesgericht ver- hängte kein Todesurteil, die durchschnittliche Strafe fiir politische Delikte lag bei etwa 2 Jahren. Trotz seiner eifrigen Unterstützung bei der Verfolgung der politischen Oppositi- on, und damit bei der Stabilisierung der politischen Verhältnisse, verlor das Oberlan- desgericht Karlsruhe im Jahre 1937 die Kom- petenz zur Aburteilung der Hoch- und Lan- desverratssachen an das Oberlandesgericht Stuttgart. Einige Hinweise deuten daraufhin, daß rur den als schmerzlich empfundenen Verlust die als zu großzügig eingestufte Strafpraxis des Oberlandesgerichts verant- wortlich zu machen ist.
Bezeichnend rur die Situation der Strafju- stiz im "Dritten Reich" ist, daß über die Stra- fe fUr politische Delikte auch das Oberlandes- gericht nicht letztverbindlich entscheiden konnte, sondern daß diese Entscheidung der Gestapoleitstelle Karlsruhe vorbehalten war. Dort wurde nämlich darüber befunden, ob sich an die StraJhaft die Haft in einem Kon- zentrationslager anschloß, ein Verfahren, das der Autorität der Justiz äußerst abträglich war.
Die Akten des OLG's Karlsruhe bieten also
einen faszinierenden wie auch erschrecken- den Einblick in den Justizalltag des "Dritten Reiches". Sie dokumentieren, wie im Land Baden rechtsstaatliche Errungenschaften, die man über Jahrzehnte erkämpft hatte, in nur 12
Jahren aufgegeben wurden. Sie belegen, daß fUr die Justiz wie fUr die Anwaltschaft die Abkehr von diesen Grundsätzen unausweich- lich ins Verderben fUhrt.
Christo! Schiller
Hintersassen, Bürger und Stadträte in der Frühzeit der Stadt
"Wurde Johann Friderich Scharbach, der Hintersaß dahier, statt des Feiglens; welcher sich heute fur den Bettelvogtdienst bedancket und solchen aufgegeben, zum Bettelvogt an- genommen und ihme das Tractament, wie sol- ches der Feigle bishero genossen, verspro- ehen." Das Amt des Bettelvogts, das zu den niederen städtischen Diensten gehörte, wurde mit diesem Eintrag in dem Karlsruher Rats- protokoll vom 31. Juli 1754 neu besetzt. Der Amtsinhaber Hanns Georg Feigie war zu die- sem Zeitpunkt noch nicht lange im Dienst. 1m März 1754 wird er zum erstenmal erwähnt, als er Joseph Pierot aus Italien angezeigt hatte, "welcher ohne Erlaubnus mit zilUlenen Löffel und Salzbüchslen hausiren gegangen ist", und daftir "als Denunciant die Quart" der verhäng- ten Strafe in Höhe von 15 Kreuzer erhielt.
Warum Feigle seinen Dienst so rasch wie- der quittierte, erfahrt man erst im Protokoll vom 14. August: Feigle hatte sich schriftlich an Bürgermeister Kreglinger mit der Bitte um Wiedereinstellung gewandt. Dieser Wunsch wurde nun im Rat behandelt: "Hanns Georg Feigle, der geweste Bettelvogt dahier, welcher, als er den 31. elapsi (des vorausge- gangen Monats )vor versammIetern Gericht und Rath im Rausch sich von seinem Amt abgebetten, dazumahlen sogleich auch we- gen seiner täglichen Trunckenheit und sonsti- gen üblen AufI'tihrung davon entlassen wor- den, hat nach der Hand, nachdeme der Wein
bey ihm ausgetobt, dem Herren Amts- bürgermeister Kreglinger anligenden Aufsatz, so eine Bittschrift, daß er widerum zu sol- chem Dienst aufgenommen werden möchte seyn solle, überreichet." Die hier erwähnte Bittschrift fmdet sich nun in einer der weni- gen Akten des Stadtarchivs, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Feigle schreibt:
"Hochedler Herr Bürgermeister! Es sagt zwar der weise Zucht- und Sitten-
lehrer Syrach, der Wein erfreuet des Men- schen Herz. Ich aber muß diesem Sittenspruch noch den fernern Beysaz zufugen, daß der überflüssig genossene Wein den Menschen zum Narren macht. Und ebenso ist mirs auch gegangen, da ich m[ich] bey dem Tanzen also starck erhizet und darauf einen kleinen Trunck über den Durst gethan. Dann dieses Labsahl hat mein Gehirn in solche Zerrüt- tung gebracht, daß ich besonders, da man mir den Kopf durch andere Erzehlungen noch so warm gemacht, mich erfrechet, in der Hize bis vor Euer Hochedel und ein Ehrsames Ge- richt und Rath zu taumeln und mein bisher so treu verwaltetes Nachtwächter- und Bettel- vogts-, auch Ausschellersamt ganz unbeson- nener Weise aufgekündet. Da mir aber diese begangene Übereilung um so unerträglicher fallt, als meine Hand der bisher so geschickt geftihrten Schelle unmöglich entbehren kan, meiner wachsamen Stimme, mit welcher ich nicht nur ein ganzes Ehrsames Gericht und
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Rath, sondern auch die gesammte Bürger- schaft die ganze Nacht hindurch so munter behelliget, nicht zu gedencken, so verhoffe ich, es werden Euer Hochedei in bedauerli- cher Beherzigung, wie ich nicht nur meinen begangenen Fehler grundmütig bereue, son- dern auch künftighin mit der bisherigen Em- sigkeit meinem wichtigen Amte vorstehen will, meine gethane Erklärung umso weniger um baar Geld annehmen, als ich, falls diesel- be es ebenfalls im Ernst verstehen und ich würcklich meines Amts entsezet werden soll- te, bey meiner herzgeliebten Ehegattin, die doch von meiner Auffiihrung kein einiges Wort gewußt, keine ruhige Stund mehr im Haus haben würde. Ich lebe solchemnach zu Euer Hochedel der obwohl noch etwas be- wenden, dennoch getröstenden Zuversicht, es werde dieselbe an der Störung meines Haus- friedens keinen Gefallen tragen und mich hier- mit der so sehnlich erbittenden Verzeihung zu beseeligen belieben, damit ich künftighin mit freudiger Stimme deroselben bey anbre- chendem Tagelicht nach wie vorher den gu- ten Morgen anzuwÜDschen im Standt seyn möge, und weilen ich an der Willfahr nicht zweifle, so will ich mich auch neuerdingen unterschreiben
Euer HochedeI getreuer Nachtwächter, Bettelvogt und Aus-
scheller Hanns Georg Feigle." Carlsruhe, den 11. Augustii 1754 Trotz der so anschaulich vorgetragenen
schwerwiegenden familiären Gründe wurde Feigle nicht wieder eingestellt. Sein weiterer Weg bleibt im Dunkeln, das er, wie die mei- sten der Karlsruher oder Klein-Karlsruher Hintersassen des 18. Jahrhunderts, nur kurz durch diesen in den Ratsprotokollen überlie- ferten Fauxpas verlassen hat. 10 den lange verloren geglaubten Karlsruher Ratsproto- kollen des 18. Jahrhunderts werden eine Viel- zahl solcher "kleinen Leute" erwähnt, über die man sonst wohl kaum etwas erfahren hät-
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te, häufig im Zusammenhang mit der Beset- zung der niederen städtischen Ämter.
Die niederen städtischen Ämter --~.
Über derer Besetzung mußte der Rat ent- scheiden: Bettelvögte, die gleichzeitig Nacht- wächter und Ausscheller waren, Feldschü!zen, Mehlwieger, Organisten, Orgeltreter, Stadt- knechte, Stadtmeßner, Stadttamboure, Toten- gräber und Viehhirten waren von der Stadt angestellt. Wenn diese Dienste nicht ordent- lich versehen wurden, schritt der Rat konse- quent ein. So wurde der bisherige Kuhhirt "Niclaus Aster verabschiedet und zwar der Ursachen, weilen er des Forstamts einge- schickter Beschwerden nach großen Schaden in denen Waldungen gethan, mithin die Statt beständiger Verantwortung sich gewärtigen müssen, und ist daraufhin dem bisherigen Schweinhürthen, Herrn Martin Müller, auch das Rindvieh zur Hut anvertrauet und zu sei- nem Lohn von I Stück Rindvieh I 1/2 Kreu- zer, von einem Schwein 1/2 Kreuzer nebst denen in Durlach gewöhnlichen Accidentien bestimmet worden."
10 aller Regel übernahmen Karlsruher Hin- tersassen die niederen städtischen Dienste.
Hintersassen ----~-~----
Wohl schon recht früh durfte der Rat über die Annahme von Hintersassen beraten. Auf eine oberamtliche Anfrage antwortete man am 22. Juli 1797, daß der Magistrat seit Grün- dung der Stadt Hintersassen angenommen habe, die vom Oberamtjeweils bestätigt wor- den seien. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts gehörten diese Gesuche zum fast alltäglichen Geschäftsbereich des Stadtrats, wobei die meisten Gesuche - 110 von 119 - beftirwor- tet wurden. Hintersassen, d.h. Personen, die keine Vollbürger waren, aber den Schutz der Stadt genossen, mußten Hintersassengeld zah-
len und waren zur Ableistung von Fron- diensten und zur Übernahme von Wachen verpflichtet. Am 8. März 1763 wurde sogar betont, daß ein Mangel an Hintersassen herr- sche. Wenige Tage später lehnte der Rat aber kurioserweise ein Annahmegesuch mit der Begründung ab, daß "die hiesige Stadt ohne- hin schon mit dergleichen Leuthen übersezet seye."
Ebenso befaßte sich der Stadtrat mit Bitt- gesuchen Karlsruher Hintersassen um Unter- stützung. Häufig handelte es sich um den Erlaß von schuldig gewordenen Abgaben, die nach Prüfung der sozialen Lage der Bittstel- ler meistens bewilligt wurden. 1746 erschien "Johann Georg Hübscher, der Hintersaß da- hier, und gibt mit gantz kläglichen Wortten zu vernehmen, wie daß ihne schon in anno 1744 im Juli der Schlag getroffen habe, dahero er seit der Zeit etwas zu verdienen außerstan- de, mithien gezwungen scye, sein tägliches Stück Brod bey gutllhertzigen Leuthen zu su- chen. Gleichwie ihme aber bey dem löbli- chen Bürgermeisteramt bis daher das Hintersassengeldt nachgeführet und angefor- dert werde, er hingegen selbiges abzutragen ohnvermögend seye, als wolle er hiemit gantz unterthänig gebetten haben, ihme nicht nur seit der Zeit, da er von dem Schlag getroffen worden und nichts mehr verdienen können, das angesetzte Hintersaßgeldt zu schencken, sondern auch in Zukunft, und bis er wieder etwas zu verdienen imstand scyn würde, da- vor los zu sprechen."
Auch über die Annahme als Bürger ent- schieden zunächst die markgräflichen Behör- den. Erst am 9. November 1747 befaßte sich der Rat erstmals mit einem Bürgerannahme- gesuch. Das Oberamt hatte mitgeteilt, daß der ehemalige Karlsruher Bürger Caspar Zwickel mit seiner Frau von Spcyer zUTÜck-
kommen wolle und man diesen "Ieidentlich" behandeln solle. Daraufhin ermäßigte der Rat das frillige Bürgergeld von 30 Gulden, 20 für den Mann, 10 für die Frau, auf die Hälfle. Neubürger mußten außer der Bürgertaxe ei- nen Feuereimer, das Rathausbaugeld sowie das Dielen- und Schragengeld bezahlen. Au- ßerdem waren sie seit 1724 zur Ableistung von Wachdiensten verpflichtet, für die sie aber Stellvertreter stellen konnten.
Nach 1750 scheint es dann üblich gewor- den zu sein, dem Rat die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu geben. Von den ins- gesamt 485 Anträgen auf bürgerliche Annah- me lehnte der Stadtrat 110 ab. Abgelehnt wurden nur Männer, da die Frauen, um deren Annahme nachgesucht wurde, in der Regel Karlsruher Bürger heirateten.
Die häufigsten Begründungen für Ableh- nungen waren das unzureichende Vermögen des Petenten (500 Gulden waren vorgeschrie- ben), die noch nicht erreichte Volljährigkeit oder aber die Überbesetzung der Zunft, in die der Petent eintreten wollte. Gelegentlich ließ man auch einfließen, daß der Aufnahmewillige katholischer Religion sei, ohne zu betonen, daß dies der ausschlaggebende Grund fur die ablehnende Haltung des Rats war.
Gegenüber Ortsfremden wurden diese Kri- terien stets strenger angewandt als gegenüber Bürgersöhnen, es sei denn, es gab einen fi- nanzkräftigen Schwiegervater, der vielleicht sogar bereit war, sein Handwerk zugunsten des ortsfremden Schwiegersohns aufzugeben. In einigen Fällen wurden die um bürgerliche Annahme Bittenden aber trotz des ablehnen- den Votums des Stadtrats von den markgräf- liehen Behörden angenommen.
Gerne befürwortete der Rat dagegen An- nahmegesuche, wenn das Handwerk nur schwach besetzt war, wie z.B. 1761 im Falle des Zimmerers Johann Ludwig Weinbrenner, des Vaters des bedeutendsten Karlsruher Ar- chitekten Friedrich Weinbrenner. Oberstes
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Kriterium war aber immer, ob der künftige Bürger sich und seine Familie werde ernäh- ren köhnen. Ganz in diesem Sinne unterstützte der Rat Annahmegesuche, wenn durch die Heirat mit dem Aufnahmesuchenden eine Witwe oder eine unverheiratete Bürgers- tochter versorgt wurde, so z. B. am 30. Mai 1754: "Erscheinet auch Augusta, eine geboh- rne Vortischin, weyland Johannes Schuma- chers, des gewesten Bürgers und Becken dahier, hinterbliebene Wittib, und bittet Jo- hannes Fugmann, den bey ihr in Arbeit ste- henden Beckerknecht von Bönnigheim aus dem Churmaynzischen gebürthig, welcher sie heurathen wolle, zu einem Bürger dahier auf- zunehmen, welches Gesuch dann in Delibera- tion gezogen worden. Und möchte man die- ser armen Wittib mit ihren 6 kleinen Kindern gerne gönnen, daß sie durch diese Heurath wiederum versorget würden. Da aber bekannt, daß der Fugmann sich in geringen Vermögens- umständen befmdet und das, was nach der neuerlichen Hochfurstlichen Verordnung zum Carlsruher Bürgerrecht erforderlich ist, nicht praestiren kan, so wird Serenissimi gnädig- sten Resolution in Unterthänigkeit anheim- gestellet, ihne, Fugmann, disfalls, wann er sich seiner ehrlichen und leibsfreyen Her- kunft halben behörig legitimiren kan, gnädigst zu dispensiren. " Fugmann wurde sicher nicht zuletzt wegen dieser befiirwortenden Stellung- nahme im Jahr 1754 als Bürger angenom- men. Ebenso bereitwillig wurden Frauen auf- genommen, die einen verwitweten Karlsru- her Bürger heirateten.
Die in den Protokollen festgehaltenen Bür- gerannahmegesuche liefern generell Informa- tionen über die Haltung des Stadtrats in die- ser Frage und ergänzen die vorliegenden Bürgerlisten. Häufig erfahrt man von den Ver- mögensverhältnissen und ob die um Aufnah- me Bittenden leibeigen waren. Auch hier be- gegnet man zahlreichen Personen, die anson- sten kaum in den Quellen erwähnt werden.
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Innerhalb der Bürgerschaft nahmen die Stadträte, oder wie sie damals hießen, die Ratsverwandten, natürlich eine besondere Stellung ein. Am 24. März 1718, knapp drei Jahre nach der Stadtgründung, hatten 55 Karlsruher Bürger aus ihren Reihen den er- sten Stadtrat gewählt, der wenig später von der markgräflichen Regierung in seinem Amt bestätigt wurde. Er bestand aus einem Bür- germeister und sechs Rats- und Gerichtsher- ren. Doch erst am 24. November 1718 tagte der Rat zum erstenmal, da die "Dringlichkeit der Geschäfte .. . nicht sehr groß gewesen zu sein" scheint.
Die Befugnisse dieses Stadtrats waren zu- nächst auf wenige Aufgabenbereiche konzen- triert. In den auf Bitten der Stadt gewährten Stadtprivilegien vom 12. Februar 1722 wur- den diese genauer festgelegt: "Wir gestatten ferner denen Innwohnern zu Carlsruhe hiemit wohlbedächtiglieh und wollen dazu beför- derlich seyn, daß sie gute ehrbare Policey in ihrem Stattweesen selbst aus ihrem Mittel, doch mit Unserer Landesftirstlichen Ratifi- cation, Bürgermeister, Baumeister, Gericht, Rath und aus demselben alle überige zu Er- haltung eines löblichen Wesens nöthige Ämb- ter ohne Partheylichkeit erwehlen und unter Direction und Aufsicht Unseres jedesmaligen Beambten durch dieselbe allen ihnen selbst und ihren Mitbürgern vorkommende Kauf, Tausch, Testamenten und andere Handlun- gen, Erbtheylungen, Versorgung derer bür- gerlichen Waysen mit tüchtigen Vormund- schaften verrichten, zumahlen auch allerhand vorfallende bürgerliche Strittigkeiten erör- teren und überhaubt gut Zucht und Ehrbar- keit mit Bestrafung aller vorgehenden Frevel und Muthwilligkeit nach Anleitung und Mas- gab Unsrer Fürstlichen Landrecht und Ord- nungen in prima instantia handhaben und bey- behalten mögen."
Für diese Geschäfte des Stadtrats reichten offensichtlich ZIDlächst sechs Ratsvawandte aus. Zum Vergleich: In der vonnaligen Residenz Durlach gab es zu dieser Zeit je zwölf Ge- richts- und Ratsherren. Aber auch in Karlsruhe gab es noch vor 1725 zwölfRatsmitglieder.
Bis 1770 dominierten die Handwerker mit 30 von insgesamt 44 Personen unter den Rats- verwandten (5 Bäcker, 3 Barbiere, 2 Glaser, 1 Hotbuchbinder, 1 Hotbuchdrucker, 3 Kü- fer, 1 Kupferschmied, 1 Kürschner, 3 Metz- ger, 1 Säckler, 1 Schlosser, 2 Schneider, 1 Schreiner, 3 Schuhmacher, 1 Seifensieder, 1 Zimmennann.)
Der erste Ratsverwandte, der kein Hand- werker war, wurde erst 1731 mit dem Apo- theker Johann Ernst Kaufmann gewählt, sieht man davon ab, daß der 1723 gewählte Johan- nes Rachael Küfer und Wirt war. Insgesamt umfaßte die Gruppe der Nichthandwerker 3 Apotheker, 4 Händler und 7 Wirte. Es domi- nierten also relativ rasch die Ratsverwandten, die in einer Beziehung zum markgräflichen Hof standen. Viele der gewählten Handwer- ker waren in der Tat als Hofhandwerker von den markgräflichen Aufträgen abhängig. Die Wirte beherbergten Hofgäste, Händler belie- ferten den Hof
Neue Ratsverwandte wählte der Rat je nach Bedarf selbst dazu, die erforderliche Bestäti- gung durch das Oberamt traf in der Regel wenige Tage später ein. Ausdrücklich bestä- tigt wurde die Wahl der Schwäger Johann Ernst Kaufmann und Georg Ernst Baumann am 15. März 1731. Die Neuwahl des Bür- genneisters erfolgte ebenfalls durch den Rat in Anwesenheit eines fUrstlichen Beamten.
Städtische Ämter
Aus ihren Reihen besetzten die Ratsherren folgende Ämter: Almosenpfleger, Billetten- schreiber, Feuerbeschauer, Fleischschätzer, Gewicht- und Maßeicher, Kaufhausinspektor,
Kirchenrüger, Marktmeister, Quartiermeister, Stadtleutnant, Umgelder, Waisenrichter und Weinsiegier. Da in der Regel pro Amt je- weils zwei Stellen besetzt wurden, übernah- men die Ratsmitglieder häufig mehrere Äm- ter. Als der Ratsverwandte Johann Michael Stargard 1754 starb, mußten z. B. ein Almo- senpfleger, ein Feuerbeschauer und ein Brot- wieger neu gewählt werden.
Daß diese Ämter nicht nur eine Ehre, son- dern durchaus auch eine Belastung sein konn- ten, belegt die Bitte der Fleischbeschauer: "Wurde auf gethanen Vortrag derer Fleisch- beschauere Herren Rachels und Casteis, daß ein Gewisses wegen der Beschau und Ab- schätzung zur Gebühr reguliret werden mö- ge, per unanimia der Schluß abgefaßt, daß, weilen die jeweilige Fleischbeschauere keine Besoldung oder etwaige Douceur dieses ver- sehenden Amts halben von Gemeiner Stadt genießen, ihnen, da sie viele Versäumnus ha- ben und Gänge thun müssen, von jedem Stück Ochsen, Rinder oder sonstigen Schmahlviehe der Metzgenneister, welcher solches schlach- tet, vier Kreuzer, von denen Juden aber, wel- che dergleichen Viehe schächten, von jedem Stück sechs Kreuzer zur Belohnung gegeben werden solle."
Die alltäglichen Geschäfte des Stadtrats galten im 18. Jahrhundert häufig wenig spek- takulären Dingen und Personen, von deren Existenz man sonst kaum erfahren hätte: der Hausierer Joseph Pierot, der Bürger Caspar Zwickel, die Witwe Augusta Schumacher, der Bäckerknecht Johannes Fugmann, der Kuh- hirt Niclaus Aster, der Schweinhirt Martin Müller, der Hintersasse Johann Friderich Scharbach, der Bettelvogt und Nachtwächter Hans Georg Feigle oder der Hintersasse Jo- hann Georg Hübscher, sie alle hätten wohl kaum irgendwelche Spuren hinterlassen, wenn sie nicht aus den unterschiedlichesten Grün- den Objekt der Verhandlungen des Stadtrats geworden wären. Ernst 0110 Bräunehe
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"So einen schönen Vikar kriegen wir nicht mehr. .. " Nachlaß des Knielinger Vikars und Mühlburger Pfarrers Wilibald Reichwein gelangte durch Schenkung ins Stadtarchiv Karlsruhe
"So einen schönen Vikar kriegen wir nicht mehr, welches auch ganz wahr ist. Wir meinen halt alle, Sie sollten einmal unseren Herrn Pfarrer geben. "So die Vorsitzende des Knielinger Jungfrauenvereins Ursula Knob- loch in ihrem Gratulationsbrief zur Hochzeit jenes beliebten Knielinger Vikars Wilibald Reichwein aus Karlsruhe mit Herta Albrecht im Jahr 1927. Der Brief ist Teil des Reich- wein'schen Nachlasses, den Dr. Reiner Haehling von Lanzenauer, ein Neffe Herta Reichweins, im Januar 1994 dem Karlsruher Stadtarehiv schenkte. Die zwei Kartons umfassenden Unterlagen aus den Jahren 1915 bis 1967 bilden den ersten Pfarrernachlaß, den das Stadtarchiv Karlsruhe in seinen Beständen aufbewahrt.
Jugend und Ausbildung ··:···:V:<· :·: ·~:·'·~"·"·'"'"''''''''·:·:·''x·~x*·>x''':.,.,.>:·,x·,:<.,.", ... ,:.,.,,,,~:.:<.:-:«.:-:,,:-:.:.,:-:.,.:-:,';':":.;.:.: .,.,
Wilibald Reichwein wurde am 1. März 1900 in Karlsruhe geboren. Nach dem Besuch des Bismarckgymnasiums und des damaligen Reformgymnasiums Goetheschule legte er 1918 das Abitur ab und studierte von 1919 bis 1922 in Heidelberg und Leipzig Theologie. Diese Stationen seines Lebens sind im Nachlaß durch ein Zeugnis der Goetheschule aus dem Jahr 1915, durch Urkunden der Universitäten Heidelberg und Leipzig sowie durch Prüfungsbescheide des Evangelischen Oberkirchenrats Karlsruhe überliefert. Auch daß Reichwein, der von Juni bis November 1918 als Kanonier am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, Mitglied des Karlsruher Arbeiter- und Soldatenrats war, geht aus den dem Stadtarehiv überlassenen Unterlagen hervor. Sie enthalten das Foto seines Mit-
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gliedsausweises und das Foto einer roten Armbinde. 1922 trat Wilibald Reichwein in der damals noch selbständigen Gemeinde Knielingen seine erste Vikariatsstelle an. Hier verfaßte er auch sein erstes schriftstelle- risches Werk, die Ortsgeschichte " Knielingen - ein Beitrag zur Heimatgeschichte". "Und wir danken Ihnen auch noch für das schöne Büchlein ... , wo alles richtig drinnen steht", urteilt die Knielingerin Ursula Knobloch über die Chronik und fügt selbstbewußt hinzu: "Es ist nur ein Fehler, daß der Knielinger Jung- frauenverein nicht drinnen steht, wo wir Jung- frauen jetzt sogar das Wahlrecht haben." Unter den Zeitungsartikeln, die Wilibald Reichwein während seiner Knielinger Vika- riatszeit aus dem "Rhei'nboten" ausgeschnit- ten hat, befindet sich aber ein Bericht über die Tätigkeit des Knielinger Frauenvereins . Auch das Ergebnis der Reichspräsidentenwahl vom 26. April 1925 in Knielingen und ein Bericht über den damals 20jährigen Knielinger Fuß- ballverein sind in der kleinen Zeitungsaus- schnittsammlung dokumentiert.
Knielinger Chronist """'~"'."~'~"~Y~YN=W"·.·",·""""" ·,,,w,w ....... ·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w ................. • ... WN.MN~ ..... ,
Mit seinem Werk "Knielingen -ein Beitrag zur Heimalgeschichte" schufWilibald Reich- wein die ersle bis dahin erschienene Gesamtchronik der Gemeinde. Das Buch enthält zahlreiche Abbildungen des 1935 nach Karlsruhe eingemeindeten Ortes.
Ein eigenes Kapitel ist der Knielinger Orts sage "Die vier Kreuze von Knielingen" und einem Versuch ihrer geschichtlichen Beurteilung gewidmet. Ein Verzeichnis der Knielinger Bürgermeister von 1831 bis 1921,
eine Bevälkerungstabelle Knielingens der Jahre 1814 bis 1919, namentliche Aufstellun- gen des Knielinger Gemeinderats und Bür- gerausschusses aus dem Jahr 1923 sowie das Lehrerverzeichnis von 1923 machen die Chronik darüber hinaus zu einem wertvollen Nachschlagewerk fur die Knielinger Ge- schichte. Ein Arbeitsexemplar dieses Buches mit handschriftlichen Anmerkungen ist in Reichweins Nachlaß enthalten; ein Exemplar des 1924 erschienenen Werkes befindet sich selbstverständlich in der Bibliothek des Karlsruher Stadtarchivs.
Pfarrer in Mühlburg ·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.·.w.·.·.·.·.w.· ... ·.w ................... · ... ·•· ............ ""·.w ............. ,,· ....... w ........ ·•·•••· ................. _
Reichweins erster Vikariatsstelle in Knie- lingen folgten weitere in Mannheim, Rastatt und in der Karlsruher Altstadtgemeinde des "Dörfle". 1929 trat er seine erste Pfarrstelle in Boxberg im Odenwald an. Nach zehnjähri- gem Dienst in Boxberg wurde er schließlich zum Pfarrer der Karl-Friedrich-Pfarrei in Karlsruhe-Mühlburg ernannt. Die Bestal- lungsurkunde der Evangelisch-Protestanti- schen Landeskirche vom 12. September 1939 ist im Nachlaß Reichweins ebenso erhalten wie andere Unterlagen, die seine Tätigkeit während des Zweiten Weltkriegs in Mühlburg dokumentieren. Ein Schreibendes Knielingers Emil Stellwag vom 31. Januar 1943 an Pfar- rer Reichwein läßt vermuten, daß dieser am vorausgegangenen Sonntag eine Predigt zum 10. Jahrestag der nat.-sozialistischen Macht- ergreifung gehalten hat: "Es drängt mich formlich, Ihnen fur Ihre heute gehaltene bedeutungsvolle Predigt ganz besonders zu danken. Der Inhalt dieser Predigt wäre wür- dig, in die ganze Welt hinausposaunt zu wer- den", lautet Emil Stellwags Reaktion.
Daß Konfirmation und Konfirmandenun- terricht auch im Kriegsjahr 1944 in der Karl- Friedrich-Gemeinde in Mühlburg stattge- funden haben, geht aus einem Brief der da-
Wilibald Reichwein (1900--1967).
maligen Konfirmanden Wolf gang und Doris aus dem Jahr 1953 an Wilibald Reichwein hervor. ,,10 Jahre ist es jetzt her ... " schreiben sie und "wir waren uns einig, daß wir aus diesem Grunde ganz besonders Ihrer, verehrter Herr Pfarrer, gedenken wollen". Der Brief gibt außerdem Aufschluß über die Bedeutung des Pfarrers fur die Jugendlichen. "Lassen Sie mich bitte ... auf das herzlichste danken fur die hohen unersetzlichen Werte, die Sie uns mit ins Leben gegeben haben. Glauben Sie mir bitte, daß uns allen Ihre Person und die Art, in der Sie uns Gottes Wort nahe gebracht haben, stets unvergessen blei- ben werden und daß wir immer das Gefiihl tiefer Dankbarkeit fur Sie in uns tragen wer- den, der Sie so väterlich zu uns waren",
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schreibt Wolf gang und fUgt noch einen persönlichen Eindruck über Wilibald Reich- wein hinzu: "Überhaupt scheinen Sie mir jeden von uns besser gekannt zu haben, als wir es je nur ahnen konnten."
Das Jahr 1944 war in Karlsruhe von zahlreichen schweren Luftangriffen auf das gesamte Stadtgebiet geprägt. Den schwersten Angriffwährend des Zweiten Weltkriegs, den die Stadt am 4. Dezember 1944 erlebte und bei dem vor allem die Weststadt und Mühl- burg getroffen wurden, hat Wilibald Reich- wein mit Blick auf die Auswirkungen fUr Mühlburg und die Karl-Friedrich-Gedächtnis- kirche geschildert: Meine Kirche dagegen brannte völlig aus ... Nur der Turm hat stand- gehalten", schreibt er in seinem "Situa- tionsbericht zur augenblicklichen Lage in Karlsruhe und fahrt fort: "So konnte ich noch das im Keller aufbewahrte Altarkruzifix und die Abendmahlsgeräte sowie das Taufgerät herausholen. Es gab diesmal sehr viele Tote, besonders bei uns in Mühlburg, da die "Drei Linden" mit einem öffentlichen Luftschutz- raum sehr schwer betroffen wurde. Dort hatte es allein etwa 200 Tote ... Der Zustand der Stadt nach diesem Angriff ist trostlos." In Wilibald Reichweins Nachlaß ist auch das Foto einer Kohlezeichnung der Karl-Fried- rich-Gedächtnis-Kirche nach diesem Luftan- griff dokumentiert.
Aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Glau- bensbewegung "Deutsche Christen" während der Jahre 1933 bis 1945 wurde Wilibald Reichwein mit Wirkung vom 2. Mai vom Dienst suspendiert. 1947 stellte die Spruch- kammer Karlsruhe das Verfahren gegen Wilibald Reichwein als nicht betroffen ein, da
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Die Karl-Friedrich-Gedtichtnis-Kirche in Mühlburg nach der Zerstörung durch den Luflangriffvom 4. Dezember 1944. Kohle- zeichnung von H. Straub.
die Mitgliedschaft bei den "Deutschen Christen" fUr sich allein keine Belastung im Sinne des Gesetzes zur Befreiung von Natio- nalsozialismus und Militarismus bedeute. In seinem Lebenslauf vom 9. April 1946, den Wilibald Reichwein zum Zwecke der Lizenzerteilung, vermutlich flir schriftstelle- rische Betätigung verfaßt hat, begründet er seine Mitgliedschaft bei der Glaubens- bewegung: "Deutscher Christ bin ich ge- wesen, um der Partei gegenüber einen Aus- weis zu besitzen und ungehindert wirken zu können",
Am 16. Dezember 1946 trat Wilibald Reichwein seine letzte PfarrersteIle in Neun-
kirchenlOdenwaid an, die er bis 1959 inne- hatte. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er im Oktober 1959 vorzeitig in den Ruhe- stand versetzt. Seinen Lebensabend ver- brachte Wilibald Reichwein mit seiner Frau in Baden-Baden.
Hier versah er oftmals aushilfsweise Pfarr- stellen, was u. a. aus dem Glückwunsch- schreiben von Prälat Bornhäuser zum 65. Geburtstag Wilibald Reichweins hervorgeht. " Ich freute mich, neulich Dich und Deine liebe Frau wieder eimnal zu sehen und bei
schreibt der Prälat. Am 17. August 1967 starb Wilibald Reich-
wein in Baden-Baden. Ein letzter Bezug zu Karlsruhe erscheint in seinem Nachlaß mit einem Nachruf der Karl-Friedrich-Pfarrei Mühlburg im Gemeindebrief vom September 1967: " ... Er ist allen, die in diesen Jahren in unserer vom . Krieg schwer heimgesuchten Stadt lebten, in guter und dankbarer Erin- nerung als treuer und tatkräftiger Gemeinde- pfarrer, der nach den Bombennächten mit seiner Frau in selbstloser Hilfsbereitschaft
dieser Gelegenheit zu hören, daß Du immer seinen Nachbarn beistand." noch die Baden-Badener Feuerwehr bist", Angelika Sauer
Der Badische Rat Dr. Johannes Pistorius Niddanus d. J. (1546-1608)
Genau genommen hat J. Pistorius d. J. mit Karlsruhe nichts zu tun. Als er lebte, gab es die Gründung des Markgrafen Karl Wilhelm noch nicht. Keine geringe Rolle aber spielte der aus dem hesslschen Nidda stammende Humanist in der badischen Geschichte des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Damals wäre vom benachbarten,jetzt eingemeindeten Dur- lach aus "das Badnerlied" dirigiert worden - mit"Gcgcnstimme" aus Baden-Baden -, wenn es diese Weise schon gegeben hätte.
Der badische Markgraf und Reformator Karl 11. (1529-1577) suchte einen fahigen Leibarzt, einen Historiographen und zugleich eine gestandene Persönlichkeit, die die reli- giöse Erziehung seiner drei Söhne Ernst Friedrich (1560-1604), Jakob III. (1562- 1590) und Georg Friedrich (1573-1638) fordern sollte. All diese Anforderungen er- fullte ab dem Jahr 1575 Johannes Pistorius Niddanus d. J. Sein Vater, Pistorius d. Ä., ging als Reformator Oberhessens in die Geschichte ein. Neuerdings ist wieder be-
kannt, daß er am Augsburger Reichstag von 1530 aktiv teilnahm und am Zustandekom- men der "Augsburger Bekenntnisschrift" un- ter der Federfiihrung Melanchthons beteiligt war. Später galt er als einer der Wortfiihrer auf mehreren großen Religionsgesprächen der Reformationszeit. Die wertvolle Biblio- thek des Vaters benutzte bereits der junge, hochbegabte Pistorius. Der Vater konnte sich dem einzig verbliebenen Kind besonders widmen, nachdem die Familie 1555 bei einer Pestepidemie die anderen funf Kinder ver- loren hatte. Mit 13 Jahren immatrik-ulierte er sich in Marburg, wechselte nach Wittenberg und setzte danach in Tübingen seine Studien fort . Theologie, Jura und Medizin waren seine Studiengebiete. In Padua und Paris lernte er die damals modernste Medizin kennen: die Erkenntnisse, die Andreas Vesalius aus sei- ner "Anatomie" gewOtUlcn hatte und die "in- nere" Medizin eines Jean Femel.
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Dr. med. Pistorius am Durlacher Hof
21 Jahre war der junge Dr. med. 1. Pistorius alt, als er - auch qualifiziert als Dr. jur. - in Frankfurt und danach in Worms seine Tätigkeit als Arzt aufitahm. Er war bereits verheiratet und hatte drei Kinder, als Markgraf Karl II. den sprachkundigen, humanistisch breit ausgebildeten, zudem rhetorisch geschliffen auftretenden jungen Mann nach Baden holte (1575). Auch nach dem Tod (1577) des Erbauers der Durlacher Karlsburg blieb Pistorius am Hof. Weiterhin war er als Arzt gefragt, doch verlagerte sich der Schwerpunkt seiner Tätigkeit am Hof auf die Aufgaben eines Historiographen.
Historiker und Schulgriind=e=r _
In den Folgejahren edierte er mehrere bedeutende Geschichtswerke, jeweils ausge- stattet mit umfangreichen Registern, so eine erste "Polnische Geschichte" (1582) und zwei Foliobände einer "Deutschen Geschich- te", die noch im 18. Jahrhundert nachgedruckt wurde. Nicht mehr bekannt .war bis vor kur-
Dur/ach im /7. Jahrhundert.
210
zem, daß der Forscher aus Nidda der Begrün- der der badischen Geschichtsschreibung ist. Pistorius war es, der z. B. herausfand, daß das badische Haus sich von den Zähringern herleitet. Daniel Schöpflin, der große Histo- riker des 18. Jahrhunderts, nennt in der Ein- leitung seiner "Historia Zaringo-Badensis" Pistorius noch als seine erste Quelle. Johann Christian Sachs verschweigt ihn fast gänz- lich, Friedrich v. Weech erwähnt seine dies- bezügliche Leistung gar nicht mehr. Von sei- nen Arbeiten zur badischen Geschichte sind noch einige genealogische Tafeln erhalten. Das heutige Bismarck-Gymnasium ging aus dem 1585/86 eröffneten Durlacher "Gymna- sium Illustre" hervor. Niemand anderer als Johannes Pistorius Niddanus organisierte die Gründung der ersten nachreformatorischen badischen Lateinschule, er war es, der die Lehrpläne erstellte und die Lehrer berief. Die badische Ausbildungsstätte fiir Pfarrer und höhere Beamte, das als "Modell" dienende erste badische Gymnasium, wurde also von ihm initiiert. Die Kosten des Unternehmens trugen die Söhne Karls II. im Verhältnis zur Größe ihrer badischen Teillande: Ernst Fried-
rich zahlte die Hälfte der Kosten, Jakob 111. kam fiir 215, Georg Friedrichs Lande fiir 3/5 der Auslagen auf. So hieß die älteste nach- refonnatorische Lateinschule Badens im er- sten Jahrhundert ihres Bestehens auch nicht "Emestinum" oder "schola Ernestina" .
Berater der Markgrafen Ernst Friedrich und Jakob m.
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In Anerkennung seiner Leistungen für das Haus Baden wurde Pistorius 1585 von Ernst- Friedrich wie auch von Jakob III. zu ihrem " Consilliarius" berufen. Sein Aufgabenge- biet erweiterte sich dahingehend, daß er als "Rat" sein Verhandlungsgeschick in " außen- politischen" Missionen beweisen konnte und als Rechtsberater Vertragstexte vorfonnu- lierte. Da Jakob III. seit 1584 auf der Hoch- burg bei Emmendingen seine Residenz hatte, pendelte Pistorius oft zwischen Ernst- Friedrichs Durlacher Karlsburg und dem Hachbergerland. Ein schlimmer Schicksal- schlag traf 1585 die Familie Pistorius: Catharina, seine Ehefrau, die ihm acht Kinder geschenkt hatte '- vier davon wurden erwachsen - starb in Durlach. Der neunund- dreißigjährige Witwer war in der Folgezeit einerseits flir seine Kinder da, andererseits \vidmete er sich neben Arbeiten fur die Markgrafen seinen \vissenschaftlichen Studi- en. Pistorius war es gewohnt, bis in die Nacht hinein zu lesen und zu schreiben. Das Theologiestudium, das er in Marburg be- gonnen hatte, setzte er jetzt intensiv fort. Nach dem Tode seines Vaters 1583 wurde er Alleinerbe von dessen wertvoller Bibliothek. Sie enthielt sämtliche Schriften Luthers, Melanchthons und anderer Refonnatoren. Ihre Lektüre und die Auseinandersetzungen damit bestimmten von nun an bis zum Lebensende den Forscher und Schriftsteller. Ein nicht unbedeutender Rest der ehemaligen Pistorius-Gesamtbibliothek von 150 Titeln
Fo lo: H. J. ,-> u.me," ew
konnte 1993 in Straßburg \viedergefunden werden. Das Manuskript einer zwei bändigen Refonnationsgeschichte, die der Refonnator Pistorius d. Ä. als bedeutender Zeitzeuge und Mitgestalter der Vorgänge seit 1530 fast edi- tionsreif vorbereitet hatte, kam ebenfalls in seinen Besitz. Damit war der Badische Rat J ohannes Pistorius einer der bestinformierten Zeitgenossen in allen Fragen, die die Refor- mation und ihre Männer betrafen. Forschen, also " Dingen auf den Grund gehen" und "ak- tiv seine Umgebung mitprägen", wurde von nun an noch mehr seine Devise. Wie sein Vater war Pistorius innerhalb der Refonna- tionsbewegung verschiedenen Erneuerungs- ansätzen gegenüber positiv eingestellt. Wie er war er nie "Calvinist", auch wenn das spä·
211
ter immer wieder behauptet wurde, oder "Kryptokalvinist", kein "Philippist" oder "Lutheraner". Die Sache einer Kirchener- neuerung war beiden viel zu wichtig, um sich nur auf Luther, Melanchthon, Zwingli oder Calvin einzuengen. Erbitterte Richtungsstrei- tigkeiten waren gut drei Jahrzehnte lang nach Luthers Tod (1546) in der protestantischen Bewegung entbrannt. Bei der Konkordien- formel (1577), die längst nicht von allen evan- gelischen Ländern mitgetragen wurde, hatte sich dann die lutherische Orthodoxie durch- gesetzt.
Die Konversion
Je mehr Pistorius Luther las, der ihm in vielem widersprüchlich vorkam, und er vor allem die Vertreter der Orthodoxie aus dem benachbarten Tübingen kennenlernte, um so mehr ging er auf Distanz zur Konkor- dienkirche. Pistorius erlebte nicht existentiell nah die z. T. verwerflichen Mißstände der vorreformatorischen Kirche wie z. B. sein Vater oder Martin Luther. Seine Zeit wird mitgeprägt vom Schwung und der Aufbruch- stimmung in der nachtridentinischen Reform- kirche, die es ohne Luther und seine Be- wegung wohl kaum gegeben hätte, die inzwischen aber in manchen Bereichen der Reformation in Deutschland den Wind aus den Segeln genommen hatte. In dieser Re- formkirche begarui Pistorius immer mehr seine religiöse Heimat zu fmden. Konsequen- terweise konvertierte der Badische Rat 1588 im Alter von 42 Jahren zur katholischen Kirche. Zwei bedeutende Religionsgespräche zwischen Protestanten und Katholiken fanden damals aufbadischem Territorium statt. 1589 in Baden-Baden war der wissenschaftlich fundiert und rhetorisch geschickt agierende Johannes Pistorius Hauptdisputant der katho- lischen Seite. Als sein "Contra" trat Jakob Andreae an. Zwischen bei den hatten sich seit
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Jahren - auch über Vater Pistorius - der- maßen viele Animositäten aufgebaut, daß der Stil der Unterredung höchst unerfreulich wurde. Ökumenische Annäherung war bei den damaligen kontrovers theologischen "Tur- nieren" nicht angesagt.
Als Beobachter und Berater im Hintergrund fungierte Pistorius beim" Colloquium Emmen- dingense", das im Juni 1590 stattfand. Das Gespräch verlief spannungsgeladen, weil die Konversion Markgraf Jakobs III. unmittelbar bevorstand. Als Jakob dann am 15. Juli 1590 zur katholischen Kirche übertrat, kam es zu einer großen Unruhe unter den betroffenen 28 Predigern der Markgrafschaft, so daß sich Jakob III. veranlaßt sah, auf "allerhandt heimliche Zusanunenkünfte unserer gewe- senen lutherischen Prediger" hin, seinen Amt- mann Varnbühler anzuweisen, "ohne Milde eine gebürende und ernstliche straff" gegen die "Übertretter" vorzunehmen. Einen Monat später starb der vitale achtundzwanzigjährige Markgraf. Der Arzt Johannes Pistorius, der bei der sich anschließenden Sektion - ein sehr seltenes Ereignis im 16. Jahrhundert! - an- wesend war, überlieferte darüber vorzügliche Details und ebenfalls das auch heute nicht zu widerlegende Urteil der beiden Freiburger Medizinprofessoren: Tod durch eine einmalig verabreichte Dosis Arsenik, wovon Reste noch an der Mageninnenwand gefunden wurden. Mit Jakobs Tod war Pistorius' gut flinfzehnjährige Zeit in badischen Diensten abrupt beendet. Etwa in dem Alter, in dem Luther nach zwanzigjähriger Zeit als Au- gustinermönch die Nonne Catharina von Bora heiratete, wurde der Witwer Pistorius nach fast zwanzigjähriger glücklicher Ehe katholi- scher Priester und bereits 1591 Generalvikar in Konstanz, dem damals größten deutsch- sprachigen Bistum. 1597 kehrt er nach Frei-
burg zurück. Ab 1600 reist Pistorius ein bis zweimal jährlich nach Prag, wo ihn Kaiser Rudolph II. zu seinem Rat, Hofprediger und Beichtvater erwählt hatte. Das bleibt Pistorius auf Lebenszeit.
Ein mutiger Humanist im Zeitalter des Hexenwahns
Mutig setzte sich der aufgeklärte Humanist Dr. Johannes Pistorius gegen den damals vor allem in Süddeutschland grassierenden He- xenwahn ein. So rettete er 1603 in Freiburg ein vierzehnjähriges Mädchen, das als Hexe verbrannt werden sollte, vor dem Feuertod und brachte es in einer Konstanzer Pflegefa- milie unter. Es erscheinen nach den Durlacher Jahren vor allem theologische Werke von ihm. Die kontroverstheologische Haupt- schrift, die Pistorius, der genaue Kenner sämtlichen Lutherbücher, ediert, verriet im Titel den Arzt. Er nannte sie "Anatomia Lutheri". Er nahm hier den vielfach derben Stil Luthers aufund übertraf den Wortgewal- tigen z. T. noch. Vor allem in Ehefragen war
Pistorius Luther gegenüber äußerst kritisch. Wußte doch Pistorius aus eigener Erfahrung, wovon die Rede war. Bei der Analyse der "Anatomia" erkennt man auch, daß der Autor Archivalien seines Vaters über damals ge- heimgehaltene Vorgänge der Reformations- zeit benutzt hat, z. B. Luthers Beichtrat zur Bigamie des hessischen Landgrafen Philipp des Großmütigen. Dieses Buch löste in den von Intoleranz und Rechthaberei bestimmten zwei Jahrzehnten vor dem Dreißigjährigen Krieg laute Contra- und Pro-Diskussionen aus. Es gab bis in unser Jahrhundert noch Leute, die Pistorius nur" nach dieser theo- logischen Streitschrift, der "Anatomia Lutheri" beurteilen. Das Buch war damals ein "Best- seller", wenn auch nicht sein bestes Werk. Doch kann Pistorius, vorbei am Streit der Theologen, mit ganz anderen Lebenslei- slungen aufwerten, ,vie schon gezeigt wurde. Johannes Pistorius d. J. starb am 19. Juni 1608 und wurde im Kreuzgang des heutigen Freiburger Augustinermuseums begraben. Seine Ruhestätte liegt also heute in Baden, für das er viel geleistet hat.
Hans-./ürgen Günther
Pfarrer D. Ernst Friedrich Fink - der 'badische' Wiehern "Der evangelische Verein"
Wenn ein Name für die Anfange der Inneren Mission in Deutschland steht, dann der von Joh. Hinrich Wiehern. Sein Le- benswerk hat die Forschung eingehend untersucht und gewürdigt. So gilt er gemein- hin auch als Wegbereiter der Liebestätigkeit in Baden, nicht zuletzt dank seiner program- matischen Rede anIäßlich der Durlacher Versammlung am 10. Oktober 1849.
Wenig bekannt dagegen ist, daß bereits vier Jahre zuvor eine anonyme 46seitige Schrift in
Heidelberg erschienen war, von der Wiehern " 1847 urteilte:
"Wir haben nirgends eine so klare Dar- stellung dessen, was auf dem Gebiete not tut, wenn ein gesundes Gedeihen der freien Lie- besarbeit erzielt werden soll, wiedergefun- den. In ihr weht der Geist der wahren evan- gelischen Freiheit, die rem von aller Ein- seitigkeit und Beschränktheit, das tiefe Be- dürfnis unserer innerlich zerrissenen Kirche erfaßt hat und eine so großartige EinigUng der
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nach allen Seiten bis dahin isolierenden Vereins tätigkeit erstrebt, eine Einigung und Gliederung, wie sie uns von jeher in einem recht organisierten Verein flir Innere Mission, seit darüber öffentlich verhandelt worden ist, vorgeschwebt hat."
Autor war unstreitig Pfarrer Ernst Friedrich Fink, geb. 1806 in Kandem. Nach seinem Theologiestudium in Halle, Freiburg, Berlin und Heidelberg wurde er 1833 Pfarrverwalter in Leutesheim und von 1842 bis zu seinem . Tode (1863) Hausgeistlicher in der Illenau. Fink war der erste evangelische Geistliche dieser 1835 von Dr. Christian F. W. Roller gegründeten Anstalt, die schon bald einen fiihrenden Ruf in der deutschen Psychiatrie gewann. Fink, der somit wie kaum ein anderer Pfarrer die Problematik von Behinderten aus eigener Anschauung kannte, berief sich in seinen "Aufruf ... " ausdrücklich aufWichems 1844 in Hamburg erschienenen Schrift "Not- stände der protestantischen Kirche und die Innere Mission" und die Vorbildfunktion des 'RauhenHauses' (gegr. 1833) flir ganz Nord- deutschland.
Jubiläum eines Programms
Somit sind genau 150 Jahre vergangen, seit der Autor mit seiner Schrift "Der evangeli- sche Verein - Ein Aufruf an die Gemeinde." an die Öffentlichkeit trat. Eingangs erfolgt eine Bilanz der Not, " ... die immer allgemei- ner und schwerer zu Tage kommt, immer drohender das häusliche Glück, die Ordnun- gen des Staates, das Gedeihen der Kirche gefahrdet.
Verkrüppelte Kinder, Waisenkinder in den Händen wenigstfordemder und noch weniger leistender Gewinnsucht, Blinde, Taubstum- me, eine Jugend, die gar zu früh aller sittlichen Zucht beraubt ist, ...
Armuth und Verbrechen, zu spät entdeckt, noch schwerer zu heilen, Kranke und Ge- fangene, die der Pflege brauchen zur Wieder- herstellung leiblicher und geistlicher Gesund- heit, nehmen die Theilnahme der Gemeinde in Anspruch. Das Schlimmste bei all dieser Noth ist der Mangel einer sittlichen Grundlage in den Familien, ist der Mangel eines lebendigen Christenthums, das mit seinem ewigen Trost
die Noth lindert .... " Bisher hat man da-
gegen "mancherlei Anstalten ... errichtet, aber ... wir haben der Anstalten nicht ge- nug, wir haben fur die Anstalten nicht ge- nug, wir haben an den Anstalten nicht ge- nug . .. . '"
Die eigentliche tie- fere Ursache fur die Notsituation ist, so
" Pfarrer Fink, " .. . ei-
. .J nem Wlodrte gThes~glntah: es mange t le el -
Handschrijl des Predigt/exles von Pfarrer Fink von 1838 aus dem Nachlaß im Landeskirchlichen Archiv Kar1sruhe.
me der Gemeinde. Der Staat, die Lan-
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deskirehe sind nicht unthätig geblieben. Aber wenn die Liebe in den Staatseinrichtungen sich fmdet und in den Herzen der Gemeinde- glieder nicht, was hilft es? ...
Mit Geld allein kann ja nichts ausgerichtet werden, das könnte der Staat durch die Steuern herbeischaffen. Aber die persönliche Theilnahme christlicher Liebe fehlt ....
Daß diese Theilnahme der Gemeinde fehlt, das ist eine schwere Schuld, die mit ihrem Unsegen auf uns lastet."
Die Gemeinde, wie bereits der Untertitel der Schrift 'Aufruf .. .' besagt, ist daher ge- fordert: "Die Gemeinde Christi soll helfen. Ihr ist der Beruf geworden zu suchen und zu retten, was verloren ist, mit dem Wort und der That des Glaubens und der Liebe. Wo das durch die Organisation nicht geschehen konnte, da muß eine andere versucht wer- den ....
So ist der Kirche Beruf und Bedürfniß, eine Mission nach innen zu stiften, woraus ein evangelischer Verein entsteht ...
Evangelisch heißt dieser Verein, denn er stehet auf dem Grunde des Evangeliums; er will, wie es den Heiden gepredigt wird, so auch das Wort der Predigt an die Armen in der Christenheit durch die That rettender Liebe unterstützen; er will, dem Gebote des Mei- sters folgend, helfen die Hungrigen speisen, die NackIen kleiden, die Kranken pflegen, die Verwirrten zurecht bringen, die Kinder zu Ihm führen ....
Die Kirche kann sich unseres Erachtens nur freuen, wenn solche Vereine aus ihrem Grun- de hervorgehen, vorausgesetzt, was wir stets voraussetzen, daß diese Vereine ihren inneren Zusammenhang mit der Kirche treu bewah- ren .
... der Staat hat sich eine eigene Behörde gebildet, die Polizei, die unter andern Ver- richtungen auch die der Abhülfe von Noth und Armuth auf sich genommen hat. Aber diese einseitige Aushülfe reicht nicht weit. Der
Staat ist wesentlich auf die Idee des Rechts gegründet, und das Recht reicht nicht aus, die Noth zu heilen. Gegenüber der Noth giebt es kein anderes Heilungsprinzip als das der Gnade ....
In Summa, wir können im Allgemeinen den Satz aussprechen: unsere Elemente in Staat, Kirche, freier Geselligkeit liegen alle vor- handen, sie sind aber zerstreut, zum Theil in Streit und Mißverständniß. Wir sehen Ar- menkommissionen, Physikate, Dekanate, ein- zelne Vereine, aber alles das rur sich, jedes geht seinen Weg, es fehlt die organisierende, sammelnde, zusammenhaltende Macht. Zer- streutes zu sammeln, ist Sache des Evangeli- ums. In diesem Sinne des Evangeliums möchten wir einen evangelischen Verein gegründet und wirksam sehen .... "
Fink sieht rur einen derartigen Verein sieben Aufgabenbereiche
Erziehung: Kinder- und Jugendpflege Unterstützung: Armen- und Krankenpflege Zucht: "Besserung" und "Gefangnispflege" Bibelverbreitung, Gustav-Adolph-Verein, "Colonistenpflege (in Amerika)" und Äußere Mission. Der Autor schließt mit einem Satzungs-
Vorschlag: Grundlage des evangelischen Vereins l. Nach der Pflicht der Mitglieder evange-
lischer Gemeinden bildet sich auf den Grund des göttlichen Wortes in unserem Land ein evangelischer Verein zu leiblicher und gei- stiger Bewahrung, Pflege und Rettung der Hülfsbedürftigen.
2. Der evangelische Verein hat den Zweck, alle auf Abhülfe der vorhandenen, besonders sittlichen, Noth bei Kindern, Armen, Kran- ken, Gefangenen und andern Hülfsbedürftigen gerichtete christliche Tätigkeit des Staates, der Kirche, der Einzelnen oder anderer Ver-
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eine vorbauend, mitwirkend, nachhelfend zu unterstützen und darin die Gesinnung der aus dem Glauben kommenden Liebe zu bethätigen.
3. Das Ziel des evangelischen Vereins ist nicht vornehmlich die Gründung neuer Anstalten. Er will vielmehr der werkthätigen freien Liebe der Glaubensgenossen Aufforde- rung und Gelegenheit verschaffen, sich zu üben, durch Vereinigung stärker zu werden und Erfahrungen zu sammeln, damit so bald als möglich in den Gemeinden lebendige Fürsorge zur Abhülfe der manchfaltigen Noth bereit sei.
4. Mitglied des Vereins kann jeder evan- gelische Christ werden, der sich verpflichtet, nicht nur dem Gebet der Kirche rur die Hülfsbedürftigen sich anzuschließen, son- dern auch seine herzliche Theilnahrne durch Leistungen an Wort, Gaben und Handrei- chung zu persönlicher Aufsicht und Pflege nach Kräften zu beweisen ...
9. Während die Mitglieder einzeln oder verbunden die vorkommenden Gelegenhei ten zum Dienst der Armen, Kranken, Gefangenen und anderer Hülfsbedürftigen wahrnehmen und benutzen, macht es sich der Verein zum besonderen Geschäft, taugliche junge Leute von christlicher Gesinnung und unbescholie- nem Wandel zur Ausbildung und Verwen- dung fiir solchen Dienst der Liebe zu sammeln ....
Sind diese Ausfiihrungen nur von histori- schem Interesse?
Hermann Erbacher hat bereits 1957 die wechselvolle Geschichte der Inneren Mission in Baden untersucht und besonders die Erfolge auf den Gebieten Rettungshaus- bewegung, K1einkinder- und Altenpflege herausgestellt. Mittlerweile sind auch die dunklen Stunden, beginnend mit dem Kriegs- ausbruch 1939, weithin erforscht. In den
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darauffolgenden beiden Jahren wurden aus den Anstalten der Inneren Mission in Baden Kork und Mosbach ca. 375 Patienten in den Gaskammern von Grafeneck und Hadamar ermordet. Noch Ende Juni 1944 wurden wei- tere 49 Personen, von denen nur 5 überlebten, nach Uchtspringe b. Stendahl und Eichberg b. Wiesbaden abtransportiert.
Dem Gedenken an diese Vorgänge galt eine Fachtagung auf dem Schwarzacher Hof der Johannes-Anstalten Mosbach unter dem Wort "Euthanasie" damals und heute. Die Referenten, besonders Prof. Dr. W. Wol- fensberger von der Syracuse UniversityINew York, verwiesen auf sehr bedenkliche Ten- denzen in der Gegenwart - "Totmachen: Der neue Genozid an den Benachteiligten, Alten und Behinderten".
Überblickt man die Forderungen Finks und vergleicht sie mit der heutigen Situation, so ist zu konstatieren: die materielle Not ist fur den Einzelnen kaum noch existenzbedrohend. Dank unseres sozialen Netzes muß niemand in Deutschland verhungern. Zu beachten bleibt aber, was Oberkirchenrat W. Schnei- der, Hauptgeschäftsftihrer des Diakonischen Werks, in seinem Geleitwort zum Diakonie- Kalender 1995 feststellt:
"Die Grenzen des Finanzierbaren zeichnen sich ab. Es muß möglich bleiben, daß auch in Zeiten sozialer Veränderungen die Hilfe erhalten, die diese vor allem brauchen, um nicht ausgegrenzt zu werden." Entscheidend allerdings ist sein Eingangssatz, wenn er das Wesen "Unsere Diakonie" beschreibt: "Ge- tragen von der Solidarität einer Gemein- schaft ... " als zeitloses Postulat gegen egoisti- sche Gruppeninteressen. An eben diese Soli- darität appellierte schon Pfarrer Fink, als er die "Theilnahrne der Gemeinde beschwor, und bereits 1838 mahnte er in einer Predigt über Apg. 20,28-32 die Pflichten der Geist- lichkeit an:
"Achthaben sollen die Kirchendiener (Pfar-
rer) demnach auf die Führung des Haus- wesens, ob es ein Tempel Gottes sei im Hei- ligen Geist; auf die Jugend, ob sie erzogen werde in der Furcht des Herrn, unterwiesen in der Lehre des Heiles, aufwachse zu Christi Bilde; auf dim Wandel der ganzen Gemeinde, ob sie heilig sei und unsträflich in der Liebe;
auf die Armen, daß sie unterstützt, und, welche der Welt Güter haben, daß sie ermun- tert werden mitzutheilen und wohlzuthun ... "
Wertschätzung und Hoffuung auf die christliche Gemeinde sind bei Fink demnach bereits Ende der 1830er Jahre nachweisbar; von ihr erwartete er Hilfe.
Hermann RQckleben
Alfred Maul und die Großherzogliche Badische Tumlehrerbildungsanstalt in Karlsruhe
Sein Werdegang_
Alfred Maul wurde am 13. April 1828 im Schloß Fürstenau bei Michelstadt im Odenwald als Sohn des Gräflich Erbach-Fürste- nauischen Rentamtman- nes, Kammerrat Johann Wilhelm Maul, geboren. Alfred Mauls Vater war schon in jungen Jahren ein begeisterter Turner und 1819 Mitbegründer einer Turnvereinigung in Mi- chelstadt, die allerdings durch die von der hessi- sehen Regierung verhäng- te Turnsperre schon nach einem halben Jahr aufge- löst wurde. Nach dem En- de der Turnsperre wurde Wilhelm Maul auf dem Friedhof von Michelstadt ein Denkstein errichtet.
Die Gedächtnisfeier auf dem Friedhof von Michel- stadt war fiir Alfred Maul offenbar der Anlaß, sich
Hofrat Alfred Maul, Direktor der Turnlehrerbildungsanstalt.
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den Turnern anzuschließen. In seinem Tagebuch vennerkte er: "Am 3. Juli 1843 meldete ich mich zum Turnen an, 30 Kr. monatlich, wobei ich Wams, Hose und ein Springseil haben muß." Die Turngruppe, der er sich damals anschloß, war eine private Turngesellschaft.
Nach dem Tode der Mutter und dem frühen Tode des Vaters war Alfred Maul Vollwaise und wurde von seinem Onkel in Darmstadt aufgenommen. Dort studierte er von 1843- 1848 an der Höheren Gewerbeschule Mathematik und N atunvissenschaften. Der 1846 gegründeten Darmstädter Tumgemeinde trat er noch im Gründungsjahr bei und lernte später Adolf Spieß kennen, der 1848 aus der Schweiz zurückgekonuuen war, um von Darmstadt aus das Schulturnen im Groß- herzogtum Hessen neu zu organisieren.
Die Begegnung mit Adolf Spieß, dessen Turnschüler er in den Jahren 1850/51 wurde, war sowohl ftir seinen künftigen Lebensweg als auch ftir den Inhalt seiner Tumlehre von großer Bedeutung. So war es AdolfSpieß, der Alfred Maul inl Jahre 1856 eine feste Stelle am Realgynmasium in · Basel vennittelte, nachdem die hessische Regierung Alfred Maul wegen des Verdachts demokratischer Gesinnung eine staatliche Anstellung verwei- gert hatte. Am Realgynmasium in Basel entfaltete Maul eine rege Tätigkeit im Schul- und Vereinsturnen. Mit seinem im Jahre 1858 in Basel verfaßteri Aufsatz "Das Riegen- turnen und die Spießsehe Methode der Gemeinübungen" knüpfte er an das Wirken Adolf Spieß' in der Schweiz und an seine Lehrjahre bei ihm an.
Mauls Wirken in der Schweiz hat viel zur späteren grenzüberschreitenden Wirkung des von ihm geprägten badischen Schulturnsystems beigetragen. In den Jahren seiner Lehrtätig- keit in Basel, wo ihm zwei Jahre vor seinem Weggang noch das Bürgerrecht verliehen wurde, hatte er durch seine erfolgreiche prak-
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tische Unterrichts tätigkeit, seine turnpäd- agogischen Publikationen und seine organisa- torischen Fähigkeiten so auf sich aufmerksam gemacht, daß er 1869 auf den Posten des Direktors der neugegründeten Großherzog- lichen Badischen Tumlehrerbildungsanstalt in Karlsruhe berufen wurde.
Direktor in Karlsrulle
Offiziell eingeweiht wurde die Turnlehrer- bildungsanstalt in Karlsruhe am 26. November 1869. Ein halbes Jahr später, im Juli 1870, wurde die Anstalt während des deutsch- französischen Krieges in ein Lazarett umge- wandelt, und Maul fungierte in dieser Zeit als Lazarettverwalter. Über die damit verbunde- nen baulichen Veränderungen berichtet er in der Deutschen Turnzeitung von 1872:
"Etwas Gutes brachte die Lazarettzeit doch ftir die Turnanstalt mit sich, nämlich bauliche Veränderungen. Früher war die Turnhalle, wegen des einfach mi t Schiefer gedeckten Daches trotz vier eiserner Öfen bei strenger Kälte nicht heizbar; ... Da drohte denn die famose Kälte im Dezember 1870 die Aufhebung des Lazaretts in der Turnhalle nötig zu machen, was ganz gegen die Absicht des Kriegsministeriunls gieng. Dieser Um- stand wurde schleunigst benutzt, um der Halle einen wärmeren Hut zu verschaffen .... Jetzt ist die Halle ganz nach Wunsch heizbar, und von den jetzt darin befmdlichen Oefen haben wir selten mehr als drei zu feuern nöthig."
Nach der Wiederaufualune des Lehrbetriebes im Frühjahr 1871 ergaben sich fUr die Tum- lehrerbildungsanstalt drei Hauptaufgaben:
I. - Abhaltung von Kursen, in denen schon im Schuldienst tätige Lehrer zu Turn- lehrern ausgebildet werden sollten.
2. - Erteilung von Turnunterricht fur ver- schiedene höhere Schulen in Karlsruhe.
Diese Aufgabe ergab sich vorwiegend daraus, daß wegen des Lehrer- und Turnhallen-
mangels die Schulen darauf angewiesen waren, den Turnunterricht in der Zentral- turnhalle der Tumlehrerbildungsanstalt abzu- halten. Denn 1869 hatte keine badische Schule eine schuleigene Turnhalle. Das änderte sich erst in den folgenden Jahrzehn- ten. Bis zum Jahre 1894 wurden dann in Baden 38 Schulturnhallen neu gebaut, und im ganzen gab es ca. 80 Turnhallen, die rur das Schulturnen zur Verfiigung standen.
Die dritte Hauptaufgabe der Turnlehrer- bildungsanstalt war die Inspektion des Turn- unterrichts an auswärtigen Schulen durch den Direktor der Anstalt.
Der erste Tumlehrkurs fand 1871 mit 15 Lehrern statt, von denen 12 bis zum Schluß durchhielten. In den folgenden Jahren wurden jeweils zwei solcher Kurse pro Jahr durch- geflihrt, einer im Frühjahr ftir Volksschulleh- rer mit drei Wochen und einer im Herbst fur Lehrer höherer Schulen mit vier Wochen. Die Kurse wurden weitgehend in den Schulferien veranstaltet. Am Ende der Kurse wurden keine Prüfungen abgehalten und die Absol- venten erhielten lediglich eine Teilnahme- bescheinigung. Der Lehrstoff bestand zu- nächst aus Frei- und Ordnungsübungen sowie aus dem Turnen an Geräten. Unter dem Einfluß der Spielbewegung karnen später noch Turnübungen hinzu.
Vereine und Schule
Alfred Maul hat sich ebenso große Ver- dienste um die Förderung des Vereinsturnens elWorben. In seiner Person ist der Gedanke der Kooperation von Schule und Verein inso- fern vereint, als er Wesentliches zur Förderung sowohl des Schul- als auch des Vereins-turnens geleistet hat. Er war ja nicht nur Direktor der Großherzoglichen Badi- schen Turnlehrerbildungsanstalt, sondern auch von 1869-1881 Vorsitzender der Karlsruher Turnerschaft und des Turngaus,
Mitglied des Oberrheinischen Turnerbun- des und 1887-1895 der Deutschen Turner- schaft.
Aus den Erfahrungen der eigenen Lehrtä- tigkeit schöpfend hat A1fred Maul eine ganze Reihe turnpädagogischer Schriften verfaßt. So hatte fur ihn der Turnunterricht in erster Linie eine erzieherische Funktion im Sinne der Herrschaft des Willens über den Körper. Darüber hinaus sollte der Turnunterricht auch der Gesundheitspflege dienen. Nach Spieß' schem Vorbild sollten die Ordnungs-, Frei- und Geräteübungen vorwiegend als Gemein- übungen und auf Befehl ausgefuhrt, der Turnstoff auf die einzelnen Schulklassen gemäß Alter und Können verteilt werden.
Dabei sah er einen methodischen Stufen- gang vom Leichten zum Schweren, vom Bekannten zum Unbekannten vor. Unabding- bar waren fur ihn die Prinzipien der An- schaulichkeit, der Ganzheit und der Ent- wicklungsgemäßheit. Methodische Hilfsmit- tel beim Erlernen der Übungen waren rur ihn die mündliche Bewegungskorrektur und die ak-tive Hilfe. Anfangs standen in den Turn- stunden Ordnungs- und Freiübungen sowie Übungen an Reck, Barren und Pferd im Vordergrund.
Später karnen die anfangs von Maul abgelehnten Stabübungen hinzu. Noch von Basel aus hatte Maul diese Stabübungen kritisiert: "Man glaubt überall den reglement- mäßigen Corporal zu hören... Obendrein sollen die Jungen dabei noch stets einen drei Fuß langen eisernen Stab tragen, aus dem sie sich vorstellen sollen, einen Schießprügel machen zu können." Erst nachdem er auf einer Tumlehrerversamm1ung in Stuttgart die Vorfiihrung der Stabübungen gesehen hatte, war er bereit, diese in das System des badi- schen Schulturnens aufzunehmen.
Daß Maul im Prinzip erst einmal auf Spieß aufbaute, wird aus dem deutlich, was er in seiner "Anleitung fur den Unterricht in
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· Knabenschulen" im Kapitel "Grundsätze des Turnunterrichts" ausfuhrte. was auch heute noch Gültigkeit hat: "Der Turnunterricht muß vor allen Dingen • ...• anschaulich sein. Die Anschaulichkeit gewährt aber in erster Linie das Vorturnen der Übung. die die Schüler ausfahren sollen. Dieses Vorturnen kann zwar unter Umständen einem oder dem anderen Schüler übertragen werden. aber der Turnlehrer kann doch in die Lage kommen .. . selber die Übung vorzeigen zu müssen; auch ist sein Vorbild jederzeit wirksamer als das eines andern. Deshalb können dem Turnleh- rer bloß theoretische Kenntnisse nicht genügen; er muß auch bis zu einem gewissen Grade selber turnen können."
Von den Schülern verlangt er höchste Genauigkeit bei der Ausfiihrung der Bewe- gungen und - verglichen mit den Gelenk- übungen von Pestalozzi und Spieß - stellt er noch eine weitere wichtige Forderung auf.
"Jede Übung soll also nicht eine Übung flir einen einzelnen Körperteil allein. sondern stets eine Übung fur den ganzen Körper sein." Beim stufenweisen Aufbau der Leistungs- forderungen legt er abernicht nur Wert auf die Genauigkeit der Ausfuhrung der Bewegun- gen. Er ist darüber hinaus bestrebt. "die Schüler an gute Körperhaltung und schöne Bewegungsformen zu gewöhnen .. . " Es ist ferner nicht zu übersehen. daß der Turnunter- richt zugleich eine Schule der Zucht und Ordnung rur die Jugend sein soll. So sehr es auch zu seiner Aufgabe gehört. ihre Bewe- gungslust zu beleben. so muß er nichtsdesto- weniger sie an die strengste Beherrschung derselben gewöhnen."
Offenbar war ihm aber klar. daß solche Betriebsweisen nicht unbedingt die Motivati- on der Schüler fur das Turnen erhöhen. Deshalb wies er noch einmal auf die beson- dere Aufgabe des Lehrers hin. daß "die Turnlust der Schüler und die Freudigkeit. mit der sie am Unterricht teilnehmen. geweckt
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und erhalten" werden muß. Und das hängt eben weitgehend von der
Persönlichkeit des Lehrers und seinem Ver- halten den Schülern gegenüber und von der Lebendigkeit des Unterrichtsverfahrens ab.
Alfred Maul war sich bewußt. daß nur durch eine sorgfaltige Ausbildung von Turn1ehrern der Turnunterricht in der Schule wirksam gefordert werden konnte.
Deshalb baute er die Karlsruher Turnlehrer- bildungsanstalt durch regelmäßig ausge- schriebene Lehrgänge fur Lehrer und lehre- rinnen zu einer rur damalige Verhältnisse vorbildliche Ausbildungsstätte aus. So ist es nicht verwunderlich. daß die Teilnehmer an diesen Kursen nicht mehr nur aus Baden. sondern auch aus Württemberg. der Schweiz, Holland. dem Elsaß. aus Norddeutschland und aus dem ferneren Ausland kamen. Damit wurde sein badisches Modell des Schulturnens weithin bekannt und vielerorts übernommen.
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Maul stellte seine Gedanken dazu in seinen "Turnübungen rur Mädchen" vor und ent- wickelte darin einen Stufengang. Für die Sechs- bis Neunjährigen empfahl er Ordnungs- übungen. Gehen. Laufen. Hüpfen und Frei- übungen im Gehen und Stehen. Für die älteren Schülerinnen wurde dieses Übungsprogramm durch Übungen an Geräten. z. B. waagerechte Leitern. Rundlauf. Schaukelringe und Schwingseil erweitert. Am Barren sollten Stützübungen vermieden werden. Später ka- men noch Schlagball mit Schlagholz oder Schlagnetz und andere Turnspiele \vie Kreis- laufen. 'Katze und Maus' oder 'Schwarzer Mann' hinzu.
In der Zeitschrift "Schul turnen" vom April 1928 berichtete die Turnlehrerin Ottilie Kam- merer aus Freiburg die am letzten. von Maul geleiteten Kurs fur Mädchenturnen teilge- nOmmen hatte: "Punkt acht Uhr stehen wir in
Einweihung des DenkmalsfiJr AlfredMaul am 14. April 191J.
Reih und Glied. Tumschnhe und Kleid, das 20 cm vom Boden entfernt abschließt, sind Vorschrift. Mit flottem Wechsel von Gang- und Hüpfarten wird begonnen; manch hübscher Tanzschritt, auch manche Ordnungs- übung wird eingefiigt". Weiter heißt es dann: » ... zur Belohnung fiir saubere Arbeit wird das ganze Gefiige, von Frieda Maul am Klavier begleitet, wiederholt ... mit großer Bewunderung erinnere ich mich der Sicher- heit und Körperbeherrschung, mit der die große aufrechte Gestalt des ehrwürdigen Greises J)rehungen, Tanzschritte und Schritt- folgen vormachte, aber auch der geistigen Beweglichkeit, mit der er bei den Lehrproben auf das Denken der Einzelnen einging .. . Als er die Segnungen der körperlichen Erziehung auch den Mädchen zuteil werden lassen
wollte, mußte er sich anfanglich gefallen lassen, daß die Schülerinnen in Anwesenheit der Mütter turnten;ja es war den Eltern sogar anheimgegeben, ob sie ihre Töchter am Tumunterricht teilnehmen lassen wollten; Ansicht der Landesmutter und vieler anderer Mütter war, daß ein anständiges Mädchen den Fuß nie höher als 20 cm vom Boden hebt."
Vorsitzender von Tumvereinen --~_.~-
Alfred Maul hatte im Anschluß an die Fortbildungslehrgänge an der Tumlehrerbil- dungsanstalt im Jahre 1872 den Karlsruher Tumlehrerverein gegründet, der dann 1874 die erste Badische Tumlehrerversammlung mit der beachtlichen Zahl von 11 0 Teilneh-
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mem in Karlsruhe veranstaltete. Da die badi- schen Turn1ehrerversamm1ungen auch eine große Zahl von Teilnehmern anzogen, die von außerhalb Badens anreisten, wurden diese Turn1ehrerversamm1ungen ab 1880 in Ober- rheinische Turn1ehrerversamm1ungen umbe- nannt.
Diese Veranstaltungen waren Fortbil- dungsveranstaltungen mit praktischen Übun- gen und mit Vorträgen und Diskussionen. Aus den Programmen und Versamm1ungsberichten bis zum Jahre 1902, als in Karlsruhe Turn- lehrerversamm1ungen stattfand, lassen sich auch Weiterentwicklungen des badischen Schulturnsystems ablesen. So lesen wir in der Monatsschriftfiirdas Turnwesen 1899: .. Das Ungewöhnliche und Eigentümliche des Badi- schen Verfahrens besteht ... darin, daß auch die schwierigeren, voUe Kraftausladung bean- spruchenden Leistungen, z. B. Umschwünge und Kippen am Reck, von mehreren Turnern zugleich nach Zählen und schließlich nach dem Takte eines Klavierstückes ausgeflihrt werden. So traten sogar die höchsten und der Natur nach subjek1ivslen Kraftübungen unter die Zucht des Rhythmus."
Aus gesundheitlichen Gründen, vor allem wegen seiner schwindenden Sehkraft, zog sich Alfred Maul aUmählich aus der aktiven Arbeit zurück. Nach 1890 kam noch ein Rheumaleiden hinzu. Nach einem schweren Grippeanfall verstarb Alfred Maul am 12. Oktober 1907 in Karlsruhe.
In Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung des Schul- und Vereinsturnens wurde ihm im Dezember 1889 der Titel eines Hofrates verliehen.
Zum äußeren Zeichen des Dankes an den Vater des badischen Schulturnens wurde 1911 vor der Turn1ehrerbildungsanstalt ein Denkmal mit der Büste Alfred Mauls feierlich
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eingeweiht. Die rechte Seite des Sockels zeigte einen speerwerfenden Jüngling, die linke Seite ein reifenschwingendes Mädchen.
Die Einweihung erfolgte in Gegenwart des Großherzogs Friedrich Il. - übrigens vor- übergehend auch ein Turnschüler von Alfred Maul - und im Beisein des damaligen Oberbürgermeisters Siegrist.
Bei der Denkmalseinweihung wurden im. Namen des eidgenössischen Turnvereins, des hoUändischen Turnverbandes; des Allgemei- nen deutsch-österreichischen Turn1ehrer- vereins und des Nordamerikanischen Turner- bundes Kränze niedergelegt.
Schon vorher hatte die eidgenössische Societe Federale de Gymnastique als Kostenbeitrag fiir die Errichtung des Denk- mals den Betrag von 200 Francs zum Zeichen der Verbundenheit der Schweizer Turner mit Alfred Maul gespendet.
Im 2. Weltkrieg wurden sämtliche Bronze- teile dieses Denkmals eingeschmolzen und .der stehengebliebene steinerne Sockel wurde erst 1958 entfernt und ist seitdem verschollen.
125 Jahre nach der Gründung der Groß- herzoglichen Badischen Turn1ehrerbildungs- anstalt wurde im Auftrag des Badischen Turnerbundes am 19. Oktober 1994 eine Er- innerungstafel fiir Alfred Maul am Gebäude der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, das heute auf dem Platze der 1944 durch
-Bomben zerstörten Landesturnanstalt steht, enthüllt.
Außerdem würdigt der Badische Turner- Bund seit 1995 verdienstvolle ehrenamtliche Mitarbeit durch die Verleihung der Alfred- Maul-Plakette, die an Persönlichkeiten ver- liehen wird, die sich - wie es in der Ehren- ordnung des Badischen Turner-Bundes heißt - .. durch beispielhaftes und herausragendes Wirken um das Turnen in Baden · verdient gemacht haben."
Auch die Schulbehörde versucht, das Andenken anAlfred Maul wachzuhalten. Das
Badische Ministerium des Kultus und Unter- richts stiftete anIäßlich der 100. Wiederkehr des Geburtstages von Alfred Maul am 13. April 1928 die Alfred-Maul-Gedächtnisme- daille, die noch heute vom Oberschulamt Karlsruhe an Abiturienten und Abiturientin-
Zweifellos gehört Alfred Maul zu den herausragenden FührungspersönIichkeiten der Leibesübungen im 19. Jahrhundert.
Was ihn besonders auszeichnete ist die Tat- sache, daß er in seiner Arbeit Theorie und Praxis in glücklicher Weise miteinander ver-
nen fiir hervorragende Leistungen auf dem einte. Gebiete des Sports verliehen wird. Erich Beyer
V om einfachen Schöpfbrunnen zum Qualitätsprodukt Trinkwasser
Die Geschichte der Karlsruher Wasserversorgung
Neben vielen anderen Vorzügen hat Karls- ruhe heute auch einen Spitzenplatz in Sachen Trinkwasserqualität. Karlsruhe gehört zu den wenigen deutschen Großstädten, deren Trink- wasser nicht gechlort werden muß und das ohne die Zugabe von HilfsstolJen fiir die Wasseraufbereitung an die Bevölkerung ver- teilt werden kann. Aus den Karlsruher Was- serhähnen fließt ein naturbelassenes, aus Grundwasser gewonnenes Trinkwasser, das die Einwohner unserer Stadt unbeschwert genießen können. Ein Blick in die Geschichte der Karlsruller Wasserversorgung zeigt, daß dies nicht zu allen Zeiten der Fall war.
Wasserversorgung im 18. Jahrhundert .:>:<:.:~,,»< __ ""_..... ,~_»:««<.,."»x.,x ....
In den ersten Jahren nach der Stadtgrün- dung im Jahre 1715 wurde das notwendige Wasser fur den markgräflichen Hof und fiir die sich in der Nähe ansiedelnde Bevölkerung mit einfachen Pump- und Schöpfbrunnen dem in geringer Tiefe anstehenden Grundwasser entnommen. Da man alle Abwässer einfach im Boden versickern ließ, kam es aber bald zu "Kurzschlüssen im Wasserkreislauf'. Krank- heiten, die durch verunreinigtes Trinkwasser
entstehen, waren die Folge. Aber nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ war diese einfache Form der Wasserversorgung bald nicht mehr ausreichend. Bei wachsender Bevölkerung der. aufstrebenden Residenz- stadt stieg der Wasserbedarf stark an. Der Nachfolger des Stadtgründers, MarkgrafKarl Friedrich, ließ daher fur die Wasserversor- gung des Hofes und des Schloß gartens im Jahr 1762 das erste Wasserwerk an der heutigen Ecke Lamm- und Kaiserstraße bau- en. Es war ein sogenanntes Pferdegöppel- werk, bei dem das aus einem Kesselschacht entnommene Grundwasser mit Hilfe von Pferdekrafl in ein turmartiges Wasserreser- voir gepumpt wurde. Von dort fuhrte eine Leitung in den Hofbezirk und den Schloß gar- ten. Für die Karlsruher Bevölkerung wurden aus dem Wasserwerk lediglich einige ein- fache Laufbrunnen in der Langen Straße, der heutigen Kaiserstraße, gespeist.
Die Einwohner der Stadt mußten ihr Was- ser noch mehr als 100 Jahre am nächsten Brunnen holen und in die Häuser und Woh- nungen tragen. Der Wasserverbrauch dürfte schon aus diesem Grund sehr niedrig gewesen sein, während der markgräfliehe Hof mit dem
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großen Schloßgarten W1d den zahlreichen Brunnen W1d Fontänen relativ verschwende- risch mit Wasser umging.
Die EntwicklWlg im 19. JahrhWldert
Schon Anfang des 19. J ahrbWlderts reicbte die Kapazität des Wasserwerks an der Lamm- straße nicht mehr aus. 1815 hatte Karlsruhe bereits über 15 000 Einwohner. Durch die BevölkerWIgszunahme W1d damit durch die
ZWlahme der Senkgruben wurde außerdem die Qualität des Grundwassers im Stadtgebiet immer schlechter. Die großherzogliche Hof- verwaltung ließ daher zwei gußeiserne Was- sereitungen aus dem Durlacher Quellgebiet am Turmbergfuß nach Karlsruhe bauen, Eine war fiir die WasserversorgWIg des Hofes bestimmt W1d eine rur die SpeisWlg der Brunnen, an denen sich die BevölkerWIg mit Wasser versorgte. Nach den BerechnWlgen des Architekten Weinbrenner waren die
Wasserwerk Lammstraße. Das erste Karlsruher Wasserwerk wurde auf dem Gel(jnde der kleinen und armen katholischen Gemeinde an der Lammstraße gebaut, die sich noch keine Kirche leisten konnte. Um die architektonische Symmetrie aus der Sicht des Schlosses wiederherzustellen, sah das Wasserwerk von außen wie eine Kirche aus und bildete ein Pendant zur bereits erbauten evangelischen Kirche an der Kreuzstraße.
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beiden Leitungen in der Lage, über das Pumpwerk Durlach zwölf Liter Wasser pro Sekunde von Durlach nach Karlsruhe zu transpcrtieren. Bei der feierlichen Inbetrieb- nahme der beiden Leitungen am 5. Januar 1824 betonte der damalige Bürgemleister Winter euphorisch, daß die Zeit der Zieh- und Pumpbrunnen ftir Karlsruhe nun endgültig vorbei sei, obwohl es zu jener Zeit noch keine Wasser-Hausanschlüsse und damit noch kein Trinkwasser frei Haus gab.
Bald zeigte sich aber, daß die Ergiebigkeit der Durlacher Quellen überschätzt worden war. 1m Trockenjahr 1835 mußten zum großen Leidwesen des Hofes zeitweise sogar die Ziehbrunnen und Fontänen in! Schloßgar- ten abgeschaltet werden. Daß die Karlsruher Bürger in Trockenzeiten mit minimalen Was- sermengen auskommen mußten, ist also sehr
wahrscheinlich. Der Brand des Hoftheaters im Jahre 1847
forderte 65 Menschenleben, weil neben baulichen Mängeln das zum Löschen notwen- dige Wasser fehlte. Diese furchtbare Brand- katastrophe gab den letzten Ausschlag ftir die Bildung einer Wasserleitungskommission im Jahr 1856. Sie beauftragten den berühmten badischen Ingenieur und Politiker Robert Gerwig, ftir die Versorgung der Stadt eine neue Wasserleitung und die dazugehörigen Wassergewinnungsanlagen zu planen und zu bauen. Als ideales Wassergewinnungsgebiet hat der großherzogliche Baurat das Gelände im Rü ppurrer Wald empfohlen, auf dem heute noch das Wasserwerk "Durlacher Wald" steht. Die Qualität des Wassers aus diesem stadtnahen Waldgebiet hatte Robert Gerwig Zl:vor mit allen ihm verfügbaren Mitteln
Historische Zeichnung vom Wasserwerk Dur/acher Wald Das erste Wasserwerk für die Trinkwasserversorgung der Karlsruher Bevölkenmg wurde iB71 in Betrieb genommen und ist nach umfangreichen Modernisierungen heute noch" im Dienst ". Es beherbergt
auch die Betriebszentraie der Karlsruher Wasserversorgung.
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Ball einer Hallptwasserieilllng im Jahr /9/2.
getestet. So hatte er zum Beispiel die Was- serhärte durch die Ermittlung der Erbsen- kochzeit, durch Geschmackstests beim Bier- brauen und durch den Seifenverbrauch beim Wäschewaschen bestimmt. 1858 legte er dem " Großen Bürgerausschuß" und dem groß- herzoglichen Hof eine Denkschrift vor, in der er die Vorteile des Wassers aus dem Rüppur- rer Wald wie folgt angepriesen hat:
"Das Hir die Versorgung von Karlsruhe vorgeschlagene Wasser enthält um ein Siebtel weniger haltmachende Stoffe als das Durla- cher Quellwasser und es darf daher wohl mit Zuversicht behauptet werden, daß der von mir vorgeschlagene Platz auch hinsichtlich der Güte des Wassers sehr günstig ist."
Wie so oft haben aber auch in diesem Fall fmanzielle Streitereien den Baubeginn über Jahre verzögert, so daß Großherzog Fried- rich I. 1862 ruf die Bedürfnisse des Hofes im Hardtwald beim heutigen Ahaweg ein eigenes Wasserwerk errichten ließ. Der Bau des nunmehr ausschließlich städtischen Wasser- werkes nach den Plänen von Gerwig ver- zögerte sich durch die beiden Kriege 1866
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und 1870171 zusätzlich, so daß es erst am 17. März 1871 in Betrieb genommen werden konnte. Erst ab diesem Zeitpunt..1 kann man von einer allgemeinen öffentlichen Wasser- versorgung der Stadt Karlsruhe sprechen. Etwa zur gleichen Zeit wie das fließende Wasser hielt übrigens auch das Gaslicht Ein- zug in die Wohnungen der badischen Re- sidenzstadt. Um 1880 begann dann die Kana- lisation der Karlsruher Straßen, so daß bald auch das Problem der Abwasserentsorgung gelöst war.
Im Wasserwerk im Rüppurrer Wald konn- ten 2 550 Kubikmeter oder rund 2,5 Millio- nen Liter Wasser pro Tag gefordert und über die dazugehörenden Versorgungsleitungen in der Stadt verteilt werden. Da sich der Wasser- bedarf in der Zeit zwischen der Planung und der Fertigstellung des Wasserwerkes aber erheblich vergrößert hatte, mußten die Be- rechnungen von Gerwig aus den Jahren 1856 bis 1858 bald aktualisiert werden. Schon 1884 wurden zwei und 1888 drei weitere Brunnen gebaut. Trotzdem konnte der Bedarf in den Hauptverbrauchszeiten bald nicht
mehr gedeckt werden. Man beschloß daher, auf einer künstlich hergestellten Aufschüt- tung im Stadtgarten, dem heute noch vor- handenen Lauterberg, einen Wasserhoch- behälter zu bauen. Bei seiner Einweihung im Jahr 1893 hatte er ein Fassungsvermögen von 2 000 Kubikmeter, das bald auf 3 400 Kubikmeter vergrößert wurde. Den Ludwig- see im Stadtgarten verdanken die Karlsruher im übrigen der Aufschüttung des Lauterbergs, fiir die 194 000 Kubikmeter-Erdmaterial be- nötigt wurden.
Neue Wege seit der Jahrhundertwende
Aber auch nach dem Bau des Lauterberg- Hochbehälters waren die Kapazitäten des Wasserwerkes bald wieder erschöpft. Schon 1912 mußte die Zahl der Brunnen auf 14 erhöht werden. Die Erschließung eines neuen Wasserversorgungsgebietes war dringend erforderlich. Zunächst durchkreuzte aber der Erste Weltkrieg alle Pläne fiir einen ange- messenen und raschen Ausbau der Karlsruher Wasserversorgung. Erst zehn Jahre nach dem Krieg begann man mit dem Bau von Brunnen fiir ein neues Wasserwerk im Mörscher Wald. Durch die schlechte wirtschaftliche Lage und den Zweiten Weltkrieg wurden die Arbeiten allerdings immer wieder verzögert. Erst in den Jahren von 1948 bis 1952 wurden die provisorischen Anlagen im Mörscher Wald zu einem richtigen Wasserwerk aus- gebaut, das dann am 27. August 1952 feier- lich in Betrieb genommen wurde.
Das fiir die Standortbestimmung des Was- serwerks im Mörscher Wald zugrundegelegte hydrogeologische Gutachten ging davon aus, daß der Schwarzwald an den Grundwasserlei- ter der Rheinebene fast unermeßlieh große Wassermengen abgeben würde und daß damit im Mörscher Wald, der auf der Mittelterrasse des Rheines liegt, der Wasserbedarf von Karlsruhe fiir alle Zeiten gedeckt werden kön-
neo Tatsächlich ist aber die Infiltration von Grundwasser aus anderen Gegenden sehr ge- ring, und die Grundwasser-Neubildung ist fast ausschließlich auf die Niederschläge angewiesen. Die Ergiebigkeit des Wasser- werkes "Mörscher Wald" war daher nie zu- friedenstellend, obwohl im Laufe der Zeit ins- gesamt 26 Brunnen gebaut wurden.
Schon bald nach der Inbetriebnahme des Wasserwerkes "Mörscher Wald" trat in Karlsruhe wieder Wassermangel auf. Denn bis zum Jahr 1962 hatte Karlsruhe 250 000 Einwohner, und der wirtschaftliche Auf- schwung in der Nachkriegszeit vergrößerte den Wassermangel zusätzlich: Sicher können sich noch viele Karlsruher an die Autowasch- und Gartenbewässerungsverbote Anfang der 60er Jahre erinnern.
Der Bau eines Wasserwerkes im nördlich der Stadt gelegenen Hardtwald sollte Abhilfe schaffen. Doch trotz günstigerer hydrogeoloii- scher Verhältnisse als im Mörscher Wald war die im Hardtwald mögliche Wasserentnahme auf3 000 Kubikmeter pro Stunde beschränkt. Das reichte gerade aus, um das inzwischen vorhandene Defizit zu decken.
Nach der Inbetriebnahme des Wasserwer- kes "Hardtwald" im Juli 1965 war der Bau eines größeren und höherliegenden Hoch- behälters überf"aI1ig. Außerdem hatte sich inzwischen die noch eigenständige Wasser- versorgung von Durlach aus den Hangquellen am Turmberg quantitativ und qualitativ so verschlechtert, daß es immer wieder zu großen Problemen in der Wasserversorgung dieses 1938 eingemeindeten Stadtteils kam. Gelöst wurden diese Probleme durch den Bau des Hochbehälters" Luß" in der Vorbergzone von Durlach, der die Einbindung der Dur- lacher Wasserversorgung in das Karlsruher Versorgungsnetz ermöglichte. Der neue Hochbehälter wurde 1967 fertiggestellt und hat ein Fassungsvermögen von 20 000 Kubik- metern. Außerdem liegt der Wasserspiegel 20
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Meter höher als im Lauterbergbehälter, der im gleichen Jahr außer Betrieb genommen wurde: Damit ließen sich die Druckver- hältnisse im Karlsruher Wasserversorgungs- netz, an das immer mehr und immer höhere Gebäude angeschlossen wurden, erheblich verbessern. Der Hochbehälter "Luß" sorgt aber auch fiir einen wirtschaftlichen Betrieb der Karlsruher Wasserwerke. Denn in den Nachtstunden kann mit billigem Nachtstrom Wasser gefördert und in den Hochbehälter . gepumpt werden.
Die heutige Situation
Mit dem Bau des Wasserwerks "Hardtwald" und des Hochbehälters "Luß" wurde die Karlsruher Wasserversorgung entscheidend verbessert. Bei ständig steigenden Einwoh- nerzahlen und einer stetigen Zunahme des Wassergebrauchs pro Person durch einen immer höher werdenden Lebensstandard mußte aber auch an die Zukunft gedacht werden. Daher hatte man schon 1962 mit Vorversuchen fiir den Bau eines weiteren Wasserwerks im Süden von Karlsruhe be- gonnen. 1968 bekamen die Stadtwerke dann die wasserrechtliche Genehmigung fiir den
Bau eines Wasserwerks in den Rheinaue- wäldern auf den Gemarkungen der Gemein- den Elchesheim und Würmersheim. Es sollte aber noch fast zehn Jahre dauern, bis das gemeinsam von den Karlsruher Stadtwerken und dem ,,zweckverband Wasserversorgung Albgau" gebaute Wasserwerk "Rheinwald" 1977 in Betrieb ging. Mit einer Kapazität von insgesamt 5 400 Kubikmeter pro Stunde fiir Karlsruhe, den Albgauverband und die mit- versorgten Umlandgemeinden sorgt es heute fiir eine ausreichende Versorgung der Stadt mit Trinkwasser bester Qualität.
Dennoch haben eine Reihe von Unflillen mit wassergefahrdenden Flüssigkeiten in Wasser- schutzgebieten in den · vergangenen Jahren gezeigt, daß Wasserwerke aus Vorsorgegrün- den zeitweise auch abgestellt oder in ihrer Färderkapazität eingeschränkt werden müs- sen. Aus diesem Grund wurde ein Wasser- sicherstellungsgebiet im Gewann Kastenwärt in den Rheinauewäldern südwestlich von Daxlanden beantragt, um auch in Zukunft die Bürgerinnen und Bürger in Karlsruhe und den Umlandgemeinden jederzeit sicher und zu- verlässig mit Trinkwasser versorgen zu kön- nen. JUrgen Ulmer unter M itwirkung
von Gerda Willig und Markus Schneider
Über Steinkohledestillation zum Erdgas Die Geschichte der Karlsruher Gasversorgung
Ein Blick auf die AnHinge der Gasversor- gung Karlsruhes ist direkt mit der Geschichte der Straßenbeleuchtung der Fächerstadt ver- bunden. In den vergangenen 150 Jahren hat die Entwicklung der Technik im Bereich der Gasversorgung viel bewegt: Nach dem Koke- reigas und dem Raffmeriegas kam im Oktober 1972 das Erdgas und damit die Grundlage für eine starke Ausweitung der Gasversorgung.
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Über 70 000 Karlsruher Wohnungen nutzen heute diese umweltschonende Heizenergie.
Mit den zwei Engländern namens Barlow und Manby begann im Jahre 1845 die Ge- schichte der Gasversorgung Karlsruhes. Sie errichteten außerhalb der damaligen Stadt-
grenzen, vor dem Mühlburger Tor, eine "Gasanstalt". Nach langen "Verhandlungen, Versuchen und Begutachtungen" hatte sich der Stadtrat in diesem Jahr als Ersatz f1ir eine vorhandene Straßenbeleuchtung mit Rapsöl- lampen fIir eine Kohlengasbeleuchtung in den Straßen entschieden und mit den beiden Landoner Unternehmern einen 25jährigen Vertrag zur Errichtung der Gasbeleuchtung abgeschlossen. In einer alten Chronik ist zu dieser Entscheidung des Stadtrates zu lesen: "Wenngleich die hiesige Beleuchtung glän- zend genannt werden darf, wenn sie vielleicht die Beleuchtung der meisten Städte Deutsch- lands übertriffi, kann dies doch nicht aus- schließen, vom Guten zum Besseren zu schreiten. "
Den 30. November 1846 kann man dann auch als Geburtsstunde der Karlsruher Gas- beleuchtung bezeichnen: Um 21.30 Uhr wurde das mit Blumenkränzchen geschmück- te Karl-Friedrich-Denkmal arn Schloßplatz
prachtvoll erleuchtet. Zu dieser Zeit dachte man noch nicht an eine
Verwendung des Gases etwa zu Heiz- oder Kochzwecken, ja selbst die Gasbeleuchtung fand nur sehr schwer Eingang in die Häuser. So ist es nicht verwunderlich, daß die Gasanstalt unrentabel war. Sicher lag es auch daran, daß mit den anfallenden Nebenerzeug- nissen der Steinkohlevergasung wie Koks und Teer noch niemand etwas anzufangen wußte.
Steigender Gasverkauf an private Verbraucher
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In den folgenden Jahren wechselten auch gleich mehrmals die Besitzer der noch jungen Gasanstalt. Erst 1860 hatte die Firma Spreng & Pwicelly als 5. oder 6. Besitzer einigen Er- f<,lg. Erst nachdem die Stadt das Werk 1869 f1ir 343 000 Mark gekauft hatte, ging es richtig aufwärts. In einem Bericht über die ersten zehn Betriebsjahre des nun "Städti-
Blick auf das" Gaswerk Ost" in den Nachkriegsjahren, langjdhrige "Erkennungsmarke" der Stadt im Osten.
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Fnlher kam einmal im Monat der" Gas- mann " in jedes Haus und hat gleich vor Ort mit dem Kunden abgerechnet.
sehen Gaswerkes" ist zu lesen: "Die Gasanstalten haben längst aufgehört,
das zu sein, was sie vor 25 Jahren in den Augen des Publikums waren: Anstalten, weI- che die öffentliche Beleuchtung besorgen und nebenbei auch Gas an Private abgeben. Sie sind im Gegenteil 'Anstalten, welche Privat mit Gas versorgen und nebenbei auch die öffentliche Beleuchtung und zwar meistens ohne oder mit nur ganz geringem Gewinn besorgen."
Von Anfang an wurde das sogenannte Leuchtgas nach dem klassischen Verfahren der "trockenen Destillation von Steinkohle" gewonnen. Nach den sogenannten Retorten- öfen waren später Kammeröfen gebräuchlich. Entsprechend dem Anstieg der Gasabgabe wurde das Gaswerk laufend ausgebaut und im
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Jahr 1885 im Osten der Stadt, hinter dem damals entstehenden neuen Schlachthof, das Gaswerk 11 (Gaswerk Ost) erbaut. Beide Werke versorgten über zwei Jahrzehnte parallel die Stadt, bis im Jahr 1917 das Gas- werk West stillgelegt wurde. Dieses Gelände des ersten Karlsruher Gaswerks an der Kaiserallee beherbergte dann übrigens bis 1977 die Hauptverwaltung der Stadtwerke.
Steter Ausbau des Gaswerkes Ost
Schon 1914 wurde im Gaswerk Ost zu den bei den vorhandenen 20 000 Kubikmeter fas- senden Gasbehältern ein neuer mit 40 000 Kubikmeter Fassungsvermögen gebaut. Die Tageserzeugung lag in dieser Zeit in einer Schrägkammerofenanlage, bestehend aus zweimal sechs Öfen bei 100 000 Kubikme- tern. In den Jahren 1926/27 erfolgte der Bau weiterer Öfen und hierdurch stieg die Ka- pazität der Tageserzeugungsanlage auf 150 000 Kubikmeter.
Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges ist die Geschichte der Gasversorgung Karls- ruhes durch steigende Bevölkerungszahlen und ein rasches WirtschaftswachstunI, durch den ständigen Ausbau der Erzeugungs- und Verteilungs anlagen und die zunehmende Ver- größerung der Versorgungsgebiete gekenn- zeichnet. Der Zweite Weltkrieg unterbrach diese Entwicklung. Fliegerangriffe beschä- digten im September 1944 das Gaswerk schwer. Auch die Verteilungsnetze wurden arg in Mitleidenschaft gezogen.
In den Jahren nach 1948 galt es daher, die Erzeugungsanlage und das Gasverteilungs- netz schnellstens wieder instandzusetzen, um den wachsenden Gasbedarf decken zu kön- nen. Eine Koks-Zentralgeneratorenanlage und eine Anlage zur Gasbeimischung steigerten neben den erneuerten und umgebauten Öfen die Erzeugungskapazität in den Nachkriegs- jahren, so daß der damalige Generaldirektor
Der 1960 neuerbaule Ofenblock IV in der Gaskokerei.
der städtischen Versorgungs- und Verkehrs- betriebe, Dr.-Ing. Karl Möhrle, 1957 das Fazit ziehen konnte, daß, nach kontinuierli- chen Umbauten auf den neuesten Stand der Technik, täglich eine Erzeugungsanlage von rund 230 000 Kubikmeter zur Verfugung stehe.
Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg ..... N;.=~· ... ·.M.' ... w.w.·~
Über 81 Kilometer Gasrohre wurden in dieser Zeit neu verlegt und das gesamte Rohrnetz auf eine Länge von 350 Kilometer ausgebaut, Die Zahl der Hausanschlüsse stieg auf nahezu 13.000. Auch eine andere Zahl verdeutlicht das wirtschaftliche Wachstum der Nachkriegsjahre: Im Jahr 1955 betrug der Gasbedarf das 2,2fache der Abgabe des Jah- res 1936.
Unter der Werkleitung von Dr. Möhrle wurde auch ein neuer Gasspeicher geplant und gebaut. 130 000 Kubikmeter Gas sollte sein Speichervolumen betragen, um die Versor- gungssicherheit der Stadt zu erhöhen. Dieser Scheibengasbehälter war über Jahrzehnte eine Erkennungsmarke der Stadt im Osten, insbesondere von der Autobahn her gesehen, und wurde erst 1990 durch eine moderne großvolurnige Leitung mit Speicherfunktion (bis zu 300 000 Kubikmeter) ersetzt.
Die Produktion von Kokereigas im städti- schen Gaswerk in der Schlachthausstraße wurde 1965 eingestellt. Bis 1972 kochten und heizten die Karlsruher dann mit Raffmeriegas aus den Erdölraffmerien im Westen der Stadt und mit Kokereiferngas, das von überregiona- len Gasversorgungsunternehmen bezogen wurde.
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Erdgas wird zur beliebtesten Heizenergie in Karlsruhe
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Auf dem Gebiet der Gasversorgung brach in Karlsruhe am 10. Oktober 1972 ein neues Zeitalter an. An diesem Tag war die Um- stellung des Karlsruher Gasnetzes auf Erdgas abgeschlossen und damit die Grundlage fiir eine starke Ausweitung der Gasversorgung geschaffen.
In einer zweijährigen Aktion stellten da- mals die Stadtwerke in Zusammenarbeit mit den örtlichen Gas- und Wasserinstallateuren über 140 000 Gasgeräte bei rund 74 000 Gaskunden in Karlsruhe von Stadtgas auf Erdgas um. Die Zahl der Heizgaskunden stieg von 15000 im Jahr 1968 auf über 25000 1971 und 33000 im Jahr 1972.
Aufgrund seiner chemischen Zusammen- setzung verbrennt Erdgas umweltschonend.
Es rußt nicht, ist ungiftig, kommt unsichtbar und unhörbar über die unterirdischen Versor- gungsleitungen ins Haus. Auch das leidige Energiebestellieferlager-Problem entfallt. Gründe, die heute über 70 000 Karlsruher Haushalte überzeugten . und Erdgas zur beliebtesten Heizenergie in Karlsruhe wer- den ließen.
Das in Karlsruhe verteilte Erdgas stammt zum größten Teil aus westeuropäischen För- derländern, zum Beispiel aus den Niederlan- den und aus Norwegen. Rund ein Viertel des in Deutschland verbrauchten Erdgases stammt sogar aus inländischen Lagerstätten. Langfri- stige Erdgasbezugsverträge mit dem Vor- lieferanten der Stadtwerke, der Ruhrgas AG in Essen, sichern Karlsruhe heute eine ausreichende Gasversorgung flir viele Jahre, weit ins neue Jahrtausend hinein.
Jürgen Ulmer unter Mitarbeit von Markus Schneid
Geschichte der Karlsruher Stromversorgung
Die vielseitige Energie Strom ist fiir unser modemes Leben einfach unverzichtbar. Ohne Strom geht heute fast gar nichts mehr.
Und doch ist diese Erfmdung erst etwa 100 Jahre alt. Als der Karlsruher Stadtrat im Jahr 1899 die Errichtung einer "Elektrischen Zen- tralanlage flir Licht- und Kraftversorgung" beschloß, haben unsere Groß- und Urgroßel- tern sicher nicht geahnt, was fiir Folgen dieser Beschluß haben würde. Denn die elektrische Energie wurde rasch zu einer Schlüssel- energie, die die wirtschaftliche Entwicklung entscheidend geprägt und die Lebens- und Arbeitsweise der Menschen vollkommen ver- ändert hat.
Um die Jahrhundertwende hatte Karlsruhe knapp 100000 Einwohner. Durch die Straßen fuhren noch die Pferdebahnen, und in den
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Häusern brannten überwiegend Petroleum- lampen oder Gaslichter. Aber die Industrie und das Gewerbe waren flir damalige Verhältnisse in lebhaftem Aufschwung. Die industrielle Revolution war in vollem Gange, Für den Antrieb der immer zahlreicher wer- denden Maschinen sucht man neue Kraftquel- len. So entstanden um diese Zeit auch in Karlsruhe die ersten privaten Stromer- zeugungsanlagen. Gleichzeitig wurden in Deutschland die ersten großen Elektrizitäts- werke gebaut.
Am 28. April 1899 beschlossen nun Stadt- rat und Bürgerausschuß unter Oberbürger- meister Schnetzier, daß auch in Karlsruhe ein Elektrizitätswerk gebaut werden sollte, und zwar in unmittelbarer Nähe des damals im Bau befmdlichen Rheinhafens.
Nach einer Bauzeit von zwei Jahren ging das neue Elektrizitätswerk an der Honsell- straße am 9. April 1901 in Betrieb. Es war mit zwei Drehstromgeneratoren mit einer Lei- stung vonje 400 Kilowatt bei 4 000 Volt und 50 Hertz ausgestattet. Die bei den Generato- ren wurden von Kolbendampfmaschinen mit einer Leistung von je 600 PS angetrieben. Neben Marmheim hatte Karlsruhe damit eines der ersten Drehstromkraftwerke rur die örtliche Stromversorgung in Deutschland. Gegenüber den damals noch gebräuchlichen Gleichstromanlagen bot das Drehstrom- system wesentliche technische und wirt- schaftliche Vorteile, so daß es sich letztlich durchgesetzt hat.
Damals war Strom noch teuer
Der Strom aus dem ersten Karlsruher Elektrizitätswerk wurde vor allem fur die Beleuchtung benutzt. Elektrische Haushalts- geräte gab es noch nicht. In Gewerbe- und Industriebetrieben wurden Maschinengruppen von größeren Elektromotoren angetrieben, Einzelantriebe waren noch nicht üblich. Und teuer war der Strom! Für eine Kilowattstunde. Lichtstrom mußten die Karlsruher zunächst einen Arbeitspreis von 70 Pfennig bezahlen. Das war viel Geld, denn ein Kilogramm Rindfleisch kostete damals nur rund 1,40 Mark, ein Zentner Kartoffeln rund 2,20 Mark. Trotzdem war der Strom aus dem neuen Städtischen Elektrizitätswerk sehr begehrt. Schon zwei Jahre nach der Inbetriebnahme mußte das Werk um einen dritten Maschinen- satz erweitert werden.
Ein besonderes Ereignis feierten die Karlsruher am 20. September 1912: Die elektrische Straßenbeleuchtung in der Kaiser- straße wurde offiziell in Betrieb genommen, "die mit ihren hellen Lichtausstrahlungen einen imposanten Eindruck machte", wie die "Badische Presse" am nächsten Tag berichte-
te. Die Ära der Gaslaternen war damit aber noch lange nicht beendet. Erst im Dezember 1973 wurde die letzte Karlsruher "Gas- funzel" vom damaligen Oberbürgermeister Otto Dullenkopf gelöscht.
Von 19l1 bis 1917 wurden die mit Kolben- dampfmaschinen angetriebenen Generatoren des Kraftwerks durch modeme Dampfturbo- aggregate ersetzt. Der jährliche Strombedarf stieg in diesen Jahren von knapp 5 auf über 17 Millionen Kilowattstunden. Schon 1927 mußte das Werk dann erneut erweitert wer- den. Im gleichen Jahr wurde auch die Hoch- spannungs-Schaltstation im Westen der Stadt verstärkt wld eine neue Station im Osten gebaut. Über beide Stationen konnte auch Strom von benachbarten Versorgungs unter- nehmen bezogen werden. Schon ab 1918 a,beitete das Karlsruher Elektrizitätswerk mit anderen Stromversorgem zusammen, um bei einem Ausfall der eigenen Produktionsan- lagen die Stromversorgung zu gewährleisten. Denn Strom kann man bis heute nicht 111
Für die Versorgung der Stadt und des HaJengebietes mit elektrischer Energie entschloß man sich zur Anwendung von
Drehstrom. Dieses Stromsystem bot gegenber den damals gebräuchlichen
Gleichstromanlagen wesentliche techni- sche lind wirtschaftliche Vorteile. Damit sollte Karlsruhe neben Mannheim eines der ersten DrehstromkraJtwerke ftJr die
örtliche Stromversorgung erhalten.
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versorgung. Am 4. Dezember 1944 wurde das Elektrizitätswerk bei ei- nem Fliegerangriff so schwer beschä- digt, daß ein weiterer Betrieb nicht mehr möglich war. Auch die Strom- verteilungsanlagen waren Ziel des Angriffs der britischen Luftwaffe. Wo das Kabelnetz und die Schalt- anlagen noch intakt waren, konnte die Stromversorgung bis zur Beset- zung der Stadt durch Strombezug vom Badenwerk aufrechterhalten werden. Erst am 11. Dezember 1945 wurde nach wnfangreichen Instand- setzungsarbeiten der reguläre Be- trieb im Städtischen Elektrizitäts- werk wieder aufgenonunen.
Parallel zum Bau des Elektrizittitswerkes wurden ab 1899 Stromkabel verlegt. Ende 1901 war das Karlsnt- her Stromverteilungsnetz bereits über 60 Kilometer lang. 392 Hauser wurden schon mit der neuen Energie versorgt. Daß damals bei Bauarbeiten noch aberwie- gend die menschliche Arbeitskrajl eingesetzt wurde, zeigt die Aufoahme von 1900 am Milhlburger Tor.
Ein starkes Bevölkerungswachs- turn und das "Wirtschaftswunder" fUhrten in den Nachkriegsjahren zu einem raschen Anstieg des Strombe- darfs. Daher wurde 1954 ein zweiter kohlestaubbefeuerter Kessel mit ei- ner Dampferzeugungsleistung von 80 Tonnen pro Stunde installiert, 1957 ein dritter Drehstromturbosatz in Betrieb genommen. Ein starker Ausbau des Verteilungsnetzes kenn- zeichnete die fUnfziger Jahre. Neue
größeren Mengen speichern. Er muß in dem Moment erzeugt werden, in dem er auch gebraucht wird.
In zehn Jahren Strombedarfverdoppelt
1927 war das Karlsruher Stromverteilungs- netz schon 386 Kilometer lang. VOll 1927 bis 1937 hat sich die Stromabgabe von etwa 38 auf 72 Millionen Kilowattstunden nahezu verdoppelt. 1937 wurde daher ein weiterer Turbosatz mit einer elektrischen Leistung von 16 000 Kilowatt installiert.
Der Zweite Weltkrieg unterbrach die stür- mische Entwicklung der Karlsruher Strom-
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Wohnsiedlungen und Industriegebiete wur- den erschlossen. 1960 war das Karlsruher Stromnetz schon über I 000 Kilometer lang.
Geburtsstunde der Fernwärme in Karlsruhe
1961 beschloß der Karlsruher Gemeinderat den Aufbau einer großräumigen Fernwärme- versorgung und den Umbau des Elektrizitäts- werkes an der Honsellstraße zum Heizkraft- werk, in dem Strom und Fernwärme in so- genannter Kraft-Wärme-Kopplung gemein- sam erzeugt wird. Dabei kann ein großer Teil der Abwärme aus der Stromerzeugung fUr die Produktion von Fernwärme genutzt werden.
Blick auf eine Kondensationslurbine in der Maschinenhalle des Heizkraftwerks im Jahr J 957.
Der Wirkungsgrad des Kraftwerks verbessert sich hierdurch erheblich und wertvolle Ener- gie wird eingespart. Außerdem entlastet eine Fernwärmeversorgung Innenstadt und Wohn- gebiete von Luftschadstoffen, die aus den Heizungsabgasen stammen.
Im Mai 1964 faßte der Karlsruher Gemein- derat einen weiteren Beschluß, der die Wei- chen fur die Energieversorgung der Stadt bis in die Gegenwart gestellt hat: die Beteiligung der Stadt Karlsruhe an der Kernkraftwerk Übrigheim GmbH. Seit 1968 wird Strom aus dem Kernkraftwerk in der Nähe von Mosbach in das Karlsruher Stromnetz eingespeist.
Neben dem Umbau des städtischen Elektri- zitätswerkes zum Heizkraftwerk von 1963 bis 1965 wurden in den sechziger und sieb- ziger Jahren vor allem die Stromvertei- lungsanlagen ausgebaut. Neue Schaltanlagen und Umspannwerke entstanden und wurden
durch 110000-Volt-Hochspannungs-Kabel miteinander verbunden. Im N iederspannungs- netz wurde ab 1975 die Spannung von 3 x 220 Volt auf3 x 3801220 Volt erhöht. Das Strom- verteilungsnetz wurde dadurch leistungsfahi- ger und sicherer, Stromausfalle seltener. Heute müssen übrigens die Stromkunden der Stadtwerke Karlsruhe rein statistisch nur alle 17 Jahre einmal mit einem Stromausfall rechnen.
Strombezug auch von der Badenwerk AG
1975 hatten die Stadtwerke Karlsruhe schon über 120 000 Stromkunden, die in diesem Jahr zusammen über 650 Millionen Kilowattstunden Strom verbraucht haben. Rund 40 Prozent des Stroms wurden von den Stadtwerken und vom Kernkraftwerk Übrig- heim erzeugt, etwa 60 Prozent von der Baden-
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werk AG bezogen, von der die Karlsruher Stadtwerke schon seit 1922 Strom kaufen. Das Slromverteilungsnetz war 1975 1 778· Kilometer lang. Fünf Umspannwerke und 450 Netzstationen sorgten für die richtige Span- nung. 1980 wurde das Heizwerk in der Wald- stadt, das diesen in den fiinfziger Jahren ge- bauten Stadtteil von Aufang an mit Fern- wärme versorgt hat, zum Heizkraftwerk um- gebaut. Auch hier kann seither Fernwärme zusammen mit Strom in energiesparender und umweltschonender Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden. Im gleichen Jahr wurde an der Hertzstraße ein weiteres Umspannwerk in Betrieb genommen. Es hat die Versorgungs- sicherheit in den Stadtteilen Neureut und Knielingen wesentlich verbessert. Für die sichere Stromversorgung der nordöstlichen Stadtteile sorgt ab 1988 das neue Umspann- werk "Blöße" im Süden von Hagsfeld.
1983 nahm eine computergesteuerte Strom- Netzleitstelle ihren Dienst auf. Durch eine in doppelter Ausfuhrung vorhandene Computer- anlage und ein zusätzlich installiertes Not- bediensystem wurde die Versorgungssicher- heit weiter erhöht. Netzstöiungen können nun schneller behoben und genauer analysiert werden. Den Stromnetzplanem liefert der Computer genaue Iuformationen, welche Stromleitungen wann wie stark belastet sind. Das erleichtert die Netzplanung erheblich und macht den Netzausbau wirtschaftlicher.
Rauchgasreinigungsanlage im Heizkraftwerk
Das Heizkraftwerk an der Honsellstraße, nach wie vor der wichtigste Karlsruher Strom- und Fernwärme-Lieferant, wurde in den Achtziger Jahren erheblich erweitert und umweltschonender gemacht. Im April 1984 ging ein neuer kohlebefeuerter Kraftwerks- block mit einer Nennleistung von 32 Me- gawatt in Betrieb. Er wurde mit einer Ent-
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schwefelungs- und Entstickungsanlage aus- gestattet, die seit 1990 den Schadstoffausstoß des Kraftwerks minimiert. Interessant ist auch, daß seither im Heizkraftwerk nicht nur Strom und Fernwärme produziert wird, sondern auch Ammoniumsulfat, ein hochwer- tiges, schwefelhaltiges Düngemittel. Es ist das nützliche Nebenprodukt der Rauchgas- entwicklung nach dem sogenannten Walther- Verfahren.
Von 1975 bis 1993 hat sich der Strom- verbrauch der Stadtwerke-Stromkunden - das sind die Einwohner aller Stadtteile westlich der Autobahn A 5; die östlichen Stadtteile werden vom Badenwerk versorgt - von 650 Millionen Kilowattstunden auf über 1,4 Mil- liarden Kilowattstunden mehr als verdoppelt. Allerdings gab es 1986 und 1987 erstmals seit 1945 einen Rückgang des Stromverbrauchs, der konjunkturbedingt war und in erster Linie auf den geringeren Strombedarf von großen Industriekunden zurückgeführt werden kann. Das Stromverteilungsnetz ist heute rund 2 000 Kilometer lang. Sieben Umspannwerke und 621 Netzstationen sorgen für die richtige Spannung in diesem weiterverzweigten Netz elektrischer Leitungen.
Leistungsfaruge Heizkraftwerke, ein gut ausgebautes Stromverteilungsnetz, eine mit moderner Computertechnik ausgestattete Netz- leitstelle und nicht zuletzt die Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter der Stadtwerke sorgen dafür, daß die Karlsruher es hell, warm und komfortabel haben und daß ihnen modeme Elektrogeräte viel Arbeit abnehmen. Heute versorgen die Stadtwerke die Karlsruher aber nicht nur sicher mit Energie, sondern sie zeigen ihnen in der 1992 eingerichteten, vielbeachteten Kundenberatung in der Kaiser- straße, wie sie ohne großen Komfortverlust Strom sparen und die Umwelt schonen können.
Jürgen Ulmer tmler Mitarbeit von Gerda Willig und Marklls Schneider
Strom für Baden Von den Anfängen der Elektrifizierung bis
zum heutigen EnergiedienstIeister
"Wer heutzutage in Baden einen Sehalter betätigt, um elektrischen Strom fiir Licht, Kraft oder Wärme fließen zu lassen, kann fast inuner sicher sein, daß hierfiir Leistungen des Badenwerks in Anspruch genommen werden. Es ist nicht nur größter Stromproduzent im Gebiet des ehemaligen Landes Baden (vom Bodensee bis zum Main), sondern auch Ei- gentümer des Verbundnetzes von Hoch- und Höchstspannungsleitungen, die gewisserma- ßen die Hauptschlagadern der Stromversor- gung sind. Auf diesem Wege werden auch die erforderlichen zusätzlichen Strommengen bereitgestellt, die das Badenwerk von seinen in- und ausländischen Partnern bezieht. Die Verteilung erfolgt zum einen über regionale bzw. lokale Elektrizitätswerke, zum anderen liefert das Badenwerk in weiten Teilen des Landes den Strom direkt bis zum Endverbrau- cher. Seit seiner Gründung als Badische Landeselektrizitätsversorgungs-Aktiengesell- schaft am 6. Juli 1921 hat das Unternehmen die elektrizitätswirtschaftliehe Entwicklung des Landes maßgeblich bestinunt."
Die Anfange
Die Elektrifizierung Badens nahm ihre Anfange bereits ca. 30 Jahre bevor .das Badenwerk gegründet wurde. Diese Zeit war durch private und räumlich begrenzte Versorgung gekennzeichnet. Mit sogenann- ten EinzClanlagen wurden einzelne Gebäude oder Anlagen beleuchtet. So gab es 1887 in Karlsruhe acht elektrische Anlagen mit 134 Bogen- und 321 Glühlampen, in Heidelberg verfugten vier Fabriken über elektrische Beleuchtung, und auch in Pforzheim gab es
zwei Einzelanlagen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt Elek-
trizität fiir größere Städte schließlich als etwas Selbstverständliches. Unklar war je- doch oft, wer die Trägerschaft der Elektrizi- tätswerke übernehmen sollte. In der Regel entschied man sich fur den kommunalen Eigenbetrieb. ÖlfentlicheVersorgung konnte aber auch von privaten Unternehmen über- nommen werden. Diese engagierten sich in der Regel jedoch nur dort, wo die Kunden- struktur eine hohe Auslastung des Werkes erwarten ließ. Somit blieben insbesondere die dünner besiedelten, landwirtschaftlichen Re- gionen Badens in der Elektrizitätsversorgmig bald zurück.
Im November 1918 wurde am Oberlauf der Murg bei Forbach nun das erste staatliche Wasserkraftwerk Badens in Betrieb genom- men: Das "Murgwerk" nutzte die beträchtli- chen Wasserkräfte des nördlichen Schwarz- waldes, einer der regenreichsten Gegenden Deutschlands, zur Erzeugung von elektri- scher Energie. Nach langen Debatten und Kontroversen war es im Jahr 1912 vom ba- dischen Landtag beschlossen worden. Der aus Schwarzwälder Wasserkraft gewonnene Strom sollte nämlich über eine ebenfalls vom Staat zu bauende Hochspannungsleitung ins Rheintal transportiert werden und den bislang noch kaum elektrifizierten mittelbadischen Raum von Rastatt über Karlsruhe und Pforzheim bis vor die Tore des Mannheimer Industriereviers mit elektrischer Energie versorgen. Eine neue staatliche Energiepoli- tik bahnte sich also an, die das "Gemeingut Wasserkraft" nicht mehr der Privatwirtschaft überlassen wollte.
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Das Badenwerk
Schließlich wurde am 6. Juli 1921 die "Ba- dische Landeselektrizitätsversorgungs AG" 1938 in Badenwerk AG umbenannt - ge- gründet. Aufgabe dieser Gesellschaft war der Aufbau einer flächendeckenden und billigen Versorgung des Landes Baden mit elektri- scher Energie.
Ging es in den Anfangsjahren darum, das Land Baden flächendeckend mit Energie zu versorgen, sieht sich das Unternehmen heute,
75 Jahre nach der Gründung, neuen Heraus- forderungen gegenüber: Als moderner Ener- giedienstleister macht es sich fit fiir den Wettbewerb mit Orientierung an den Kunden und flexible, innovative Anpassung an sich verändernde Kundenbedürfuisse.
Entsprechend seines Auftrages ging das Badenwerk in den folgenden Jahrzehnten daran, neue Kraftwerksleistung bereitzustel- len und fiir den Ausbau von Überlandnetzen mit Verbindung zu seinen Nachbarländern zu sorgen: In der Anfangszeit waren die wich-
lEKTRIS SSTElLUNß
tigsten Stationen unter anderem die Beteili- gung 1921 an der Grün- dung des Großkraft- werks Mannheim, der Ausbau der zweiten Stufe des Kraftwerkes Forbach 1922, die in- betriebnahme des Kraft- werkes Schwabenheim am Neckar 1925,die Gründung der Sehluch- seewerk AG 1926 und der Baubeginn der Ober- stufe Häusern.
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Gleichzeitigwurdedas 1l0-kV-Netz erweitert. 1926 erfolgte z. B. mit Inbetriebnahme der 110- kV-Leitung Seheiben- hardt-Offenburg-Vil- lingen-Laufenburg der Stromaustausch mit der Schweiz. 1926 wurde mit dem Zusammen- schluß des Badenwerk- Netzes mit dem Rhei- nisch-Westfälischen Elektrizitätswerk Essen (R WE) der Austausch mit den auf rbeinischer Braunkohle basierenden
Dampfkraftwerken begründet. Stromliefe- rungsverträge mit Elektrizitäts-Versorgungs- Unternehmen in Württemberg machten schließlich 1928 die Errichtung einer 110- kV-Leitung von Scheibenhardt über Pforz- heim zur württembergisch-badischen Lan- desgrenze notwendig.
Im Dezember 1935 wurde das Energiewirt- schaftsgesetz erlassen. Einer großen Ver- bundwirtschaft gleich, sollte das Gesetz die Elektrizitätswirtschaft zusammenfassen und rationalisieren. Es war jedoch auch dazu gedacht, die Rüstungsindustrie zu fordern.
Nach dem 11. Weltkrieg w.v .. w ... w .w."N.· .... v·'" w.w.v.w." .... ~N'.,,~ ....
Die Folgen des Zweiten Weltkrieges trafen das Badenwerk ähnlich hart wie alle Ener- gieversorgungsunternehmen in Deutschland. Durch akuten Material- und Geldmangel konnten wesentliche Aufbau- und Erwei- terungsarbeiten sowie neue Projekte fiir die kommenden Jahre nicht in Angriff genommen werden. Stromlieferungen über die Schweiz nach Frankreich (Lieferungsverpflichtungen), Wasserknappheit etc., hatten zur Folge, daß der erste Nachkriegswinter nur mit Hilfe von Kohlelieferungen der Militärregierung und der Einrichtung von Stromspartagen bewäl- tigt werden konnte.
Um die Stromversorgung landesweit und über die Grenzen hinweg gewährleisten zu können, schlossen sich im November 1948 neun deutsche Verbundunternehmen, darun- ter das Badenwerk, anf eigene Initiative zur "Deutschen VerbundgeseUschafte.Y." (DVG) zusammen.
Parallel zur DVG wurde 1951 die Union fiir die Koordinierung der Erzeugung und des Transports elektrischer Energie" (UCPTE) gegründet, die den Großraum-Verbund zwi- schen den westeuropäischen Ländern gestal- ten helfen sollten.
Trotz dieser Maßnahmen konnte der sprung-
haft angestiegene Strombedarf in den 50er Jahren durch die hauseigene Energie- bereitstellung nicht gedeckt werden. 1953 baute das Badenwerk daher ein eigenes Dampfkraftwerk am Rhein bei Karlsruhe. Im Jahr 1959 war die erste Ausbaustnfe des RDK fertiggestellt und ging mit einer Leistung von 230 MW ans Netz. In den letzten 36 Jahren nahmen insgesamt sieben Blöcke mit unterschiedlicher Leistung den Betrieb auf. Ab 1984 jedoch wurden aus Alters- und Umweltschutzgründen die Blöcke 1-4 stillgelegt. Block 4 wird zur Zeit zu einer kombinierten Gas- und Dampfturbinenanlage umgebaut. Mit einer Gesamtleistung von 360 MW wird der Wirkungsgrad der Anlage bei etwa 58 % liegen. Ein Wirkungsgrad, der weltweit noch nicht erreicht wurde. Anfang 1998 wird der Block den Leistungsbetrieb aufnehmen.
Die 50.er und 70er Jahre
In den 50er Jahren stieg der Energiebedarf durch den Aufbau neuer Industriezentren und den hohen Elektrizitätsverbrauch in Haushalt und Gewerbe stark an. Neben der Be- reitstellung eigener neuer Leistung wurde so eine umfassende Erweiterung der Hoch- und Mittelspannungsnetze sowie eine Entlastung der vorhandenen Netze durch den Bau von 220-kV -Höchstspannungsleitungen nötig. Die Bewältigung dieser Aufgaben, auch der Orts- netzumstellung auf2201380 Volt, zog sich bis zu Beginn der 60er Jahre hin.
Die 70er Jahre waren bestimmt durch die Planung und den Bau von Kernkraftwerken, aber auch durch die dadurch ausgelöste Anti- Kernenergie-Diskussion. Das Badenwerk be- teiligte sich an den Kernkraftwerken Obrig- heim, Philippsburg sowie Cattenom und Fes- senheim in Frankreich und Leibstadt in der Schweiz. Das geplante Kernkraftwerk Whyl wurde nicht mehr gebaut, weil an diesem
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Standort der Bau eines Kernkraftwerks nicht durchsetzbar war.
70 % der Stromerzeugung des Badenwerks werden aus der Kernenergie gewonnen, 18 % aus Kohle. Einen hohen Anteil an der Stromerzeugung hat jedoch mit rund 10 % weiterhin die Wiege des Badenwerks: die Wasserkraft. Ausgestattet wurde das Baden- werk mit einem Grundkapital von 30 Mil- lionen Mark, welches der Staat durch Ein- bringen des Murgwerkes und der dazugehöri- gen Anlagen aufbrachte. Damit verbunden war die gesetzliche Verpflichtung, das ge- samte Grundkapital stets im Staats besitz zu behalten. Erst 1970 öffilete der damalige
Alleineigeotümer, das Land Baden-Württem- berg, per Gesetz dem privaten Kapital den Zugang zum Unternehmen, ohne dabei auf die Aktienmehrheit zu verzichten.
Bis zum 13. Oktober fmdet im Badischen Landesmuseum zu diesem Thema eine Ausstellung "Die elektrisierte Gesellschaft" statt. Aus den Beiträgen von Uwe Kühl und Alexia Haus im Ausstellungskatalog stam- men die Zitate. Außerdem sei auf das Sonderheft der "Badischen Heimat" 1993 mit seinem Aufsatz von Bemhard Stier "Elektri- zität aus Schwarzwälder Wasserkraft" hinge- WIesen.
Diana St6cker
Das Großherzogtum Baden und die Politik des Reichskanzlers Bismarck (1871-1890)
I. Jubiläum und Person
Termingerecht zum 30 .. Juli 1998, dem einhundertsten Todestag des ersten deutschen Reichskanzlers Otto v. Bismarck, läuft der als Verkaufs- und Profilierungsvehikel durchaus lukrative historische Jubiläumsbetrieb unter stimulierender Beteiligung der Medien ein- mal mehr auf Hochtouren: Der mäßig ge- schichtskundige, gleichwohl interessierte Bür- ger ertrinkt formlich in einer Flut einschlägi- ger Schriften und Biographien unterschied- lichster Qualität, deren Zahl der talkrunden- erprobte Erlanger Historiker Michael Stür- mer bereits 1987 Legion nannte. Hinzu kom- men ungezählte, häufig wohlgemeinte Gedenk- veranstaltungen, Ausstellungen, Tagungen und Symposien, gekrönt von den Aktivitäten einer vor Jahresfrist mit Bundesmitteln üppig dotierten Otto-von-Bismarck-Stiftung. Alle- samt sollen sie die Erinnerung an das poli- tische Wirken und die Person Bismarcks
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wachhalten oder aufs neue wecken. Tatsächlich aber drohte Bismarck niemals
kollektivem Vergessen anheimzufallen. Im Gegenteil: Rund 100000 Menschen besuchen jährlich den Friedrichsmher Alterssitz des 1890 amtsenthobenen Kanzlers am Unterlauf der Eibe; Repräsentativumfragen weisen ihn kontinuierlich als den bei weitem bekannte- sten deutschen Politiker des 19. Jaluhunderts, ja als einen der prominentesten deutschen Staatsmänner überhaupt aus. Zusätzlichen Schwung verlieh der ungebrochenen Bis- marck-Faszination schließlich die staatliche Vereinigung von 1989/ 90, denn jetzt er- blickten nicht wenige in der Reichsgründung von 1870171 den zentralen Orientierungs- punkt fUr eine heutige Identität der Deutschen - jener Deutschen, die im Juni 1991 per Bundestagsbeschluß von der als Rheinbund- staat (Rudolf Augstein) verächtlich gemach- ten atlantischen (Bonner) Bundesrepublik in die eher kontinental verortete Berliner Repu-
blik befördert worden waren. Trotzdem blieb das politische Werk
Bismarcks insgesamt umstritten, unter Fach- leuten freilich stärker als in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung. Den Anhän- gern einer neoborussischen Geschichtsauf- fassung gilt er schlicht als blut- und eisenbewußter Vollender der deutschen Berufung Preußens, anderen wiederum als der selbst unorthodoxe Mittel ebenso skrupel- los wie virtuos gebrauchende Heros einer konservativ getönten Realpolitik (weißer Revoluliontlr, Lolhar Gall), während man- cher kritisch-ablehnende Betrachter in ihm gar einen fiir die nationalen Katastrophen bis 1945 mitverantwortlichen Dämonen (Johan- nes Willms) zu sehen glaubt. Kurzum: Bismarck ist ein "deutscher Streitfall" par excellence, der die Janusköpfigkeit des gleich sehr zu hassenden und zu liebenden Preußens (Theodor Fontane) geradezu ideal- typisch personifiziert.
Die vielen meist im ersten Drittel dieses Jahrhunderts nach dem Reichskanzler be- nannten Straßen, Plätze und öffentlichen Einrichtungen waren allerdings kein Thema jener Kontroverse. Ihre überkommene Signa- tur hatte durchweg Bestand, wurde in der Regel nicht einmal hinterfragt, und das wirft auch rur Baden die unumgängliche Frage nach den vielfach unbekannten, vergessenen oder verdrängten regionalen Bezügen der Bismarckschen Innenpolitk auf: Im Kern geht es hier um den Antagonismus zwischen der vom Ministerium und Großherzog Friedrich I. formulierten badischen und der von Bismarck durchgesetzten Reichspolitik, also um die problematische Gewichtung der bundesstaat- lichen Föderativrechte und der Zentralgewalt im preußisch-deutschen Kaiserreich, aber auch um verfassungskonformes und extra- konstitutionelles Handeln sowie letztendlich um konträre politische Identitäten und Prin- zipien.
11. Preußens Bismarck und
_~B~a~~. ~~_~?~~":~g im Kaiserrei~
Zur Zeit der ReichsgTÜndung pflegten Berlin und Karlsruhe einvernehmlichen Umgang, nachdem Preußens militärische Intervention (1849) wie Badens Option fiir Österreich (1866) die bilateralen Beziehun- gen vorübergehend getrübt hatten, Nun genoß die vom Schwiegersohn des preußischen Königs Wilheim, Großherzog Friedrich I., maßgeblich inspirierte badische Politik Bismarcks deutliches Wohlwollen. Unter den vier sOddeutschen Staaten, bemerkte jener schon Anfang 1870 vor den Abgeordneten des Norddeutschen Bundestags, sei das Groß her- zogtum der einzige offizielle Trtlger des nationalen Gedankens. Noch im hohen Alter würdigte er die vorbehaltlose FIJrderung der hegemonischen Bestrebungen Preußens: 1871 , in Versailles, sei der badische Landes- herr der einzige unter den deutschen FOrsten gewesen, der mir bei dem KIJnige in der Kaiserfrage UnterslUtzung gewtlhrte und mir aktiv und wirksam in der Überwindung der preußisch-partikularistischen Abnei- gung des KIJnigs beistand Friedrichs I. herausragende Rolle als uneigennütziger Gründungs-Helfer war nicht allein Ausdruck seiner nationalpolitischen Anschauungen und engen verwandtschaftlichen Verbindung zum Berliner Hof, die ihn zum Wortfiihrer einer kleindeutsch-preußischen Lösung der deut- schen Frage machten, sondern ebenso Folge des Schulterschlusses mit Bismarck im eskalierenden Kulturkampf, der epochalen Auseinandersetzung zwischen Liberalismus, Staat und katholischer Kirche.
Als dann aber der Gründungsenthusiasmus zu verfliegen begann, mehrten sich die Klagen des über die Verfassungswirklichkeit des Hohenzollemreichs sichtlich enttäusch- ten und immer mißtrauischer werdenden Großherzogs. Scharf kritisierte der MO'narch,
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daß nach Badens freiwilligem Verzicht auf ein eigenes Militär-, Post- und Telegraphen- wesen "kein Reichsheer unter einem entspre- chenden Kriegsministerium geschaffen und neben dem Reichskanzleramt kein separates Reichsministerium mit verantwortlichen Mi- nistern installiert wurde. Die einseitigen Vorleistungen hätten lediglich Preußens Vorherrschaft gestärkt, anstalt die deutsche Vormacht im Reich aufgehen zu lassen. Namhafte Vertreter der nationalliberal ge- " sinnten Führungsschicht des Landes stießen ins gleiche Horn. So fallte Staatsminister Jolly beim Anblick des Bundesrats, des zwischen der mächtigen preußischen Ministerialbürokratie und dem selbstbewuß- ten Reichstag zur Ohnmacht verurteilten föderalen Verfassungsorgans, ein vernichten- des Verdikt: Die Tatigkeit des Rats sei eine Farce, an der sich zu beteiligen die MUhe nicht lohnt. Resigniert schrieb die badische Regierung Bismarcks Bundesrat als Clearing- steIle bundesstaatlicher Reichspolitik ab; sie verzichtete dort auf das Einbringen eigener Gesetzesinitiativen und instruierte ihren Ratsgesandten, mit der preußischen Majorität zu stimmen, ralls nicht gerade ausgesproche- ne Landesinteressen (Reichseisenbahn-, Mi- litär- und Sozialistengesetz, Tabaksteuer, Kirchen- und Schulfragen) auf dem Spiel ständen und ein abweichendes Votum erforderten. Verantwortlich ftir die in wach- sendem Maße empfundene Stagnation des Verfassungslebens war nach Meinung des politisch isolierten und über die liberale Fortentwicklung der Reichsinstitutionen zu- tiefst pessimistischen Großherzogs allein der Reichskanzler, dessen internationale Reputa- tion er jedoch einstweilen als unersetzbar erachtete.
Den Differenzen über die Ausgestaltung des Reichs lagen auch gegensätzliche politische Stile und Wertmaßstäbe zugrunde. Friedrichs I. persönlicher Berater, Professor
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Gelzer, hegte bereits 1872 moralisch fundier- te Vorbehalte gegen Bismarcks bonapartistisch gefärbten, prinzipien/os anmutenden Machia- vellismus und warnte vor dieser geflihrlichen Hypothek: Der preußisch-militarische und bUrokratisch-zentralistische Unitarismus, verbunden mit dem kalten, frivolen, egoisti- schen Berlinismus, werde mit fatalistischer Konsequenz den deutschen Idealismus und den berechtigten Individualismus der Stan- de, der Stadte und Persönlichkeiten zu verschlingen suchen. Ähnlich dachte der Großherzog; jener war überzeugt, daß der Reichskanzler for eine stete FUhrung in friedlichen Zeiten als vorausdenkender, forsorglicher Staatslenker nicht geschaffen sei. Bismarcks System der Aushilfen diene einzig der Demonstration seiner Unentbehr- lichkeit und verhindere langfristig eine gesunde Entwicklung: Wir werden durch ihn von einem Versuch zum andern gefohrt werden, charakterisierte der badische Lan- desherr die schillernde Herrschaftstechnik des Kanzlers; diese bezweckte, die "staats- tragenden" Kräfte durch sozial-imperialisti- sche Ablenkungsmanöver und Bekämpfung sogenannter innerer - sozialdemokratischer und ultramontaner - Feinde sekundär zu integrieren, um die gesellschaftspolitischen Verhältnisse Ostelbiens im Verbund mit den monarchischen Vorrechten zu konservieren (Hans-Ulrich Wehler). Und wenn diese genialen Versuche mißlingen, so wirjl er irgendeine Streitfrage auf, welche umstim- mend wirken sol/ lind woraus dann eine Motivienmg zum Einschlagen einer anderen Richtung gewonnen wird. Eine derartige Überraschungspolitik habe obendrein den Nachteil, daß man in Europa kein Vertrauen zu Deutschland gewinnen kann. Später wurde Friedrich I. noch deutlicher und sprach offen von Gewaltpolitik und Despotismus, bisweilen sogar von Dikiatur. Umgekehrt mißbilligte Bismarck das vermeintliche Po-
pulariltitsbedürfnis des badischen Regenten, das diesen veranlasse, jeder Regung der 6jJentlichen Meinung nachzugeben. Die badische Politik sei mehr auf Populariltil berechnet gewesen, als sonst in Deutschland üblich; profitiert habe davon eine eigne Art von subalterner Bürokratie, eine 1848/49 gegenüber der Dynastie provozierend illoyale Schreiberherrschajl. Für die liberalere Va- riante der konstitutionellen Monarchie in Baden hatte der von Revolutionsängsten geplagte Bismarck jedenfalls nur Gering- schätzung und Argwohn übrig. Darum verwarf er sie kurzerhand als eine vom fran- zösischen Bürgerkönigtum Louis Philipps angeregte Modeerscheinung und lehnte es auch kategorisch ab, dem Großherzog und seiner Regierung gestalterischen Einfluß anf das annektierte Nachbarterritorium Elsaß- Lothringen einzuräumen.
111. Badisch-preußische Differenzen in der Ära Bismarck
Trotz gleicher Stoßrichtung und enger Tuchflihlung setzten beide Seiten im Kultur- kampf gegen die katholische Kirche unter- schiedliche Akzente: Während Badens poli- tisch tonangebende Kreise mit der Staats- kirchenhoheit eine nach liberalen und nationalen Normen geformte, äußerlich aber selbständige Kirche anvisierten, steuerte der Reichskanzler - ganz der preußischen Staats- räson verhaftet - einen rigiden obrigkeitli- chen Kurs, wobei er allerdings den Antikleri- kalismus der liberalen Öffentlichkeit ge- schickt zu instrumentalisieren wußte. Dies fuhrte zu mehr als nur taktischen oder methodischen Unstimmigkeiten. 1872 brüs- kierte das juristisch fragwürdige Verbot des Jesuitenordens den Großherzog, der Preußen zu Recht beschuldigte, ein ureigenes Problem über das Reich nach Baden exportiert zu haben, um die dort schwelenden landeseige-
nen kirchen- und kulturpolitischen Konflikte anzuheizen und eine vorzeitige regionale Entspannung zu verhindern. Andererseits war Bismarck unvoreingenommen genug, sich die reichen badischen Kulturkampferfahrungen zunutze zu machen: Im Großherzogtum längst erprobte Kampf-Paragraphen dienten 1873 den "Maigesetzen" (Vorbildung der Geistlichen, Einschränkung bzw. Aufhebung der kirchlichen Disziplinargewalt sowie der kirchlichen Straf- und Zuchtmittel, Regelung des Kirchenaustritts) und Anfang 1875 dem Altkatholikengesetz als Vorlage. Die Ver- schärfung der Klassengegensätze, der schwin- dende gesellschaftsstabilisierende Einfluß der Kirche und sein patriarchalisches Ver- antwortungsgefühl bestärkten Friedrich I. schließlich, einen Modus vivendi zu suchen Md die Konfrontation zu beenden. Nach dem Vorbild und dank der diplomatischen Hilfe Preußens nahm die badische Regierung 1879 mit dem Vatikan Friedensverhandlungen auf. Schneller als Berlin gelangte sie zu greifbaren Ergebnissen (1880 Übereinkunft beim Priesterexamen, 1882 Neubesetzung des Freiburger Bischofsstuhls), mußte seither aber von ideologisch festgefahrenen Positio- nen aus zusehen, wie man 1886/87 an der Spree den Kulturkampf zügig und ohne Rücksicht auf die schwierige innere Situation des oberrheinischen Verbündeten liquidierte.
1878/79 brachte Bismarcks wirtschaftspo- litische Wende vom Freihandel hin zum Schutzzoll eine heikle Kollision fiskalischer Interessen. Ohne die Kehrseite der Wende, die politisch brisante Verteuerung des allgemeinen Lebensbedarfs, zu verkelUlen, akzeptierte Badens Ministerium nach sechs lähmenden Krisenjahren (Große Depression, Hans Rosenberg) die zur Stärkung der Reichsfinanzen und zum Schutz bedrohter einheimischer Industriezweige drastisch er- höhten Zolltarife. Auf breiten, energischen Widerstand stieß indes Bismarcks Vorhaben,
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im Zuge der ökonomischen Umorientierung die indirekte Besteuerung auszuweiten und ein Reichs-Tabakmonopol zu errichten, das den bislang privat organisierten Einkaufs-, Fabrikations- und Verkaufsbetrieb staatli- cher Regie unterstellen sollte. Dadurch drohten dem Großherzogturn, wo allein rund 40 Prozent des damals im Deutschen Reich erzeugten Tabaks produziert und weiterverar- beitet wurde, herbe volkswirtschaftliche Einbußen und Steuerausfalle, flir die weder adäquate Ausgleichsleistungen noch Entla- stungen anderer Art vorgesehen waren. Folglich verwarfFinanzminister Ellstätterdie als Vorstufe zum Monopol geplante Anhe- bung der Tabaksteuer: Sie werde den gewichtigen Interessen großer badischer Bevölkerungskreise erheblichen Schaden zufiigen. Hiervon ließ sich der Reichskanzler freilich nicht beirren.
Immerhin erreichte es die hartnäckig und mit Augenmaß agierende Karlsruher Regie- rung, den Gesetzentwurf auf Einfuhrzölle und eine Pflanzungssteuer zu beschränken, bevor er im Juli 1879 verabschiedet wurde. Am Ende hielten sich Bismarcks Konzessionen jedoch in engen Grenzen, und selbst das in Baden mit Erleichterung begrüßte definitive Scheitern des Tabakmonopols (1881/82) war kaum mehr als ein Pyrrhussieg, denn von den zu Lasten der ansässigen Bevölkerung hochgeschraubten Steuersätzen profitierte zuvörderst das Reichsschatzanlt.
Auch bei der Bekämpfung der Sozialdemo- kratie wichen die Motive und Strategien ab. Prinzipiell unterstützte zwar das badische Ministerium Bismarcks Repressionspolitik; es lehnte aber das weitgefaßte, bundesstaatli- che Kompetenzen beanspruchende Ausnah- megesetz aus föderalistisch-rechtlichen Er- wägungen und vor allem deshalb ab, weil jenes - so der Großherzog - der Hebel sei, mit dem der leitende Staatsmann die Zerstörung der jetzigen Parteiverhältnisse (Dominanz
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der Liberalen im Reichstag) anstrebt. Innenminister Stösser erklärte, das bewährte badische Vereinsgesetz reiche völlig aus, um alle sozialdemokratischen Vereine und Ver- sammlungen zu verbieten. Erfahrungsgemäß seien örtlich und persönlich begrenzte Maßnalunen im Rahmen des geltenden Reichsstraf- und Preß gesetzes effizienter als generalisierende Bestinllllungen. Anfang Juni 1878 geschah ein zweites Attentat auf den betagten Kaiser. Jetzt verfielen große Teile der bereits aufgeschreckten deutschen Öffent- lichkeit einer regelrechten Umsturzhysterie, die zusätzlich publizistisch geschürt wurde. Dieser Stim-mungswandel erlaubte es Bis- marck, den unbotmäßigen Reichstag aufzulö- sen, eine Art von Wahl plebiszit zu inszenie- ren und so der strengen, von verwässernden Ausschuß-retouchen freien Fassung des Sozialistengesetzes eine parlamentarische Mehrheit zu verschaffen. Nachdem der Kanzler den Dissidenten im Bundesrat die Verhängung des unbefristeten Kriegszu- stands sowie eine Revision der Reichs- verfassung angedroht hatte, lenkten die opponierenden Badener widenvillig ein. Daraulhin druckte die (halbamtliche) "Karls- ruher Zeitung" einen vom badischen Staats- minister Turban angeregten, reichsweit leb- haft diskutierten Artikel, welcher die willkür- liche Reichstagsauflösung kritisierte und nachdrücklich vor einer reaktionären Wen- dung in der deutschen Politik warnte. Man habe lediglich zugestimmt, hieß es rechtferti- gend, um der deutschen Vormacht und dem leitenden Staatsmanne in einer hochge- spannten Lage die dringend verlangte An- wendung einer verfassungsmäßigen Maß- nahme nicht zu venveigern. Da Bismarck verständlichenveise sehr am Bild eines ein- helligen Bundesratsbeschlusses gelegen war und einen ihm äußerst mißlichen Preßkampf vermeiden wollte, flihlte er sich düpiert und reagierte angesichts des staatsanwaltlichen
Zuschnitts der badischen Polemik recht ungehalten.
Scharf rügte er die innenpolitischem Druck ausgesetzte badische Führung, die ihr Gesicht sowie das Ansehen der ihr nahestehenden Liberalen zu wahren hoffe, und meinte verächtlich, der Großherzog habe im Sinne der badischen Traditionen das Gewinnen statt des Bekampfens der Gegner befiJrwor- tel. Der reichsamtlich vorgegebenen Ausfüh- rung des Sozialistengesetzes tat die Schelte nachweislich keinen Abtrag; den Großherzog verbitterte hingegen das Gesetz so sehr, daß er schon im August 1878 von einer vollendeten Diktatur des Reichskanzlers aber Deutschland sprach. Zugleich sah sich eine wachsende Zahl von Badenern zum saddeutschen Hilfsvolk Preußens degradiert.
IV. Bismarcks Arm und Ohr im Großherzogtum Baden:
__ -:;~:oP!:ußische Gesandtsch~~_~
Die nach der Reichsgründung in sämtlichen größeren deutschen Bundesstaaten aufrecht- erhaltenen preußischen Gesandtschaften ge- hörten, wie Bismarck 1872 betonte, zu dem unentbehrlichsten Handwerkszeug unserer Politik. Er sei dringend darauf angewiesen, dort ein vertraules. eingelebtes. mit allen Faktoren bekanntes Organ zu haben. mit dem ich korrespondieren kann und das mich au/klarl aber die Saiten. die man anschlagen muß. um zu einer Verstandigung [im Bundesrat] zu gelangen. Hauptaufgabe .der Karlsruher Mission war also, dem Berliner Auswärtigen Amt umfassend über Baden und das regionale Echo der Reichspolitik zu berichten, des weiteren diskret zu sondieren und erforderlichenfalls zu intervenieren. Dies oblag den Diplomaten Graf Flemming und (seit Sommer 1884) v. Eisendecher. Sie versorgten den Reichskanzler mit einer Fülle von Nachrichten über die Vorgänge in den
Kammern des Landtags, erkundeten die Stimmung der Bevölkerung und das Hin- tergrundgeschehen, informierten über Land- tags- und Reichstagswahlen, Presse und Parteien sowie über Wirtschafts-, Kirchen-, Kultur- und wichtige innere Angelegenheiten. Außerdem unterhielten sie engen Kontakt zum Hof und zur großherzoglichen F arnilie. Natürlich interessierte Bismarck bei Regie- rungsumbildungen besonders die reichs- politische Verläßlichkeit der neuen Minister, Anlaß dazu gab der Rücktritt des in Berlin geschätzten Ministeriums Jolly-Freydorf im September 1876 oder die Verkleinerung des Staatsministeriums 1881. Überhaupt leiste- ten ihm die Kommentare zu Schlüsselper- sonen der badischen Politik wertvolle Orien- tierungshilfe: Treffend beschrieb Flemming den seit 1883 amtierenden Leiter des Innen- ministeriums August EisenIohr als einen durchsetzungsfahigen Mann, der sich aufdie Disziplinierung der Verwallungsbeamten versteht und die erforderliche Energie und Erfahrung besitzt. um ihre Krafte im Dienste der Regierung zu verwerten.
Dank der aufinerksamen Gesandtschaft war der Reichskanzler gut über badische Belange unterrichtet und in der Lage, seine Ziele im bzw. mit dem Großherzogtum meist ohne Aufsehen oder Reibungen zu realisieren, obgleich die Rivalität zwischen der badischen und der unter preußischer Ägide stehenden elsaß-lothringischen Staatsbahn ständig Vor- sicht gebot. Offene Konflikte beschwor schließlich, nach einer Phase relativer Ruhe, der alternde Bismarck selbst herauf, ein Indiz daftir, daß es ihm zunehmend an taktischer Sensibilität wie am Gespür ftir das Zumutbare mangelte: Bemüht, das Reichsland Elsaß- Lothringen durch Einführung der Paßpflicht stärker von Frankreich zu isolieren, verlangte er im April 1888 auch an der badisch- elsässischen Grenze flankierende Paßkon- trollen. Vehement weigerte sich die badische
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Regierung. dem überzogenen Ansinnen des Reichskanzlers stattzugeben; Jahre später räumte der Fürst freimütig ein. daß der Grenzverkehr mit Frankreich je nach Stand- punkt anders zu beurteilen lind zu behandeln sei. Die Anzahl der badischen StaatsangehIJ- rigen. welche in der Schweiz und im Elsaß
als Arbeiter. Handlungsgehilfen und Kellner Beschäftigung finden lind über den Elsaß hinaus an einer IInges/l)rten Verbindung mit Lyon lind Paris interessiert sind, ist ziemlich groß. lind von den großherzoglichen Beam- ten war kaum zu verlangen. daß sie ihre Verwaltungssorgen einer Reichspolitik un-
terordnen sollten. de- ren politische Ziele dem Reiche zllgute. deren lokale Nachtei- le aber Baden zur Last kamen.
Bismarck-Denkmal von Friedrich Moest vor der ehemaligen Festhalle. heute vor dem Bismarck-Gymnasium ... Die energische Haltung des großen Kanzlers stellt den Gewaltigen unbedeckten Hauptes. mit der Rechten auf ein Dokument gestützt. etwa in der Haltung dar, in der er im Reichstag an 'großen Tagen' als Redner zu sehen war." (Karlsruher Leserbrief 190/).
Erst recht eskalierte der Konflikt zwischen den badischen Anrai- ner- und den auswärti- gen Reichsinteressen im Sommer 1889. Nach der Verhaftung eines unter Exil-Sozialdemo- kraten verdeckt ermit- telnden deutschen Poli- zeiagenten durch die Aargauer Behörden übte Bismarck massi- ven Druck auf die Schweiz aus. damit de- ren politische Zentral- gewalt eine festere Stellung und schärfe- re Kontrolle alsfrüher über die deutschen Sozialisten lind die Kantänli-Politik ge- wänne. Da die Eidge- nossen anfanglich zö- gerten, die ihnen zuge- dachte Helferrolle im Kampf gegen die deut- sche Sozialdemokratie zu akzeptieren. griff der Reichskanzler zu aufwendigen Grenz-
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kontrollen, der Verhängung des Paßzwangs und der Kündigung des deutschschweizeri- schen Niederlassungsvertrags. Vor allem die beiden letztgenannten Sanktionen, die den Aufenthalt der 4-5 000 in der Schweiz arbei- tenden . Badener betrafen, schreckten das badische Ministerium, das neben einer gehörigen Verschlechterung der bisher vor- züglichen nachbarschaftlichen Beziehungen gravierende wirtschaftliche Nachteile be- fiirchtete. Deshalb drang es in der Reichs- hauptstadt auf die gelindeste Gestaltung und die engste Begrenzung der geplanten Maß- regeln. Als Großherzog Friedrich I. den 30jährigen Kaiser Wilhelm H. überzeugen konnte, den vorgesehenen Paßzwang abzu- lehnen, bekam der Gesandte v. Eisendecher, der wiederholt Verständnis fiir die badischen Wünsche anklingen ließ, Bismarcks Zorn über den bremsenden, ja sabotierenden Bun- desgenossen zu spüren: Eisendeeher mlJge die preußischen und Reichsi~teressen bei der Großherzoglichen Regierung, nicht aber die Interessen dieser bei mir vertreten oder gar versuchen, mich nach badischer Anlei- tung eines Besseren zu belehren. Einmal mehr wurde Baden gute Miene zu Bismarcks kompromißlosem, auf Preußen zentrierten Spiel abverlangt, das hier die legitimen Erwartungen und Interessen der Peripherie souverän ignorierte: Ohne vorherige Konsul- tation hatte nun das Großherzogtum als Vorposten des Reichs das Gros der aus der Vertragskündigung resultierenden Lasten zu schultern. Am Hochrhein und Bodensee hielt die ökonomisch kostspielige Machtdemon- stration an, bis die Schweiz Mitte Oktober 1889 einen ' Bundesanwalt ernannte und Berlin sich mit dem kargen politischen Ertrag zufriedengab. Die dann rasch wiederherge- stellte Normalität verdeckte jedoch nur vordergründig, daß die vielfaltige Kritik an Person und Politik des Reichsgründers um eine spezielle bundesstaatlich-regionalistische
Facette bereichert worden war. Und ihr wohlinformiertester und angesehenster Re- präsentant im Land war bekanntlich seit langem - der Großherzog.
V. Preußische Götterdänunerung mit badischen Zutaten: Bismarcks Entlassung
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Er glaube nicht, schrieb Bismarck in seinen Memoiren, daß der Großherzog mit Bewußt- sein auf seine Amtsenthebung hingearbeitet habe, wenn auch das Wohlwollen des Monarchen fiir ihn allmtJhlich erkaltet sei. Selbst die stlJrende, . überaus konflikt- verschärfende Einflußnahme des badischen Landesherrn auf den Kaiser während der Kanzlerkrise (März 1890) hätte keineswegs seinen Sturz bezweckt. Vielmehr war die lfrsache des Bruchs zwischen ihm und Wilhelm H. eine klassische Machifrage: Das Vortragsrecht der Minister beim Kaiser (Kabinettsorder) und der Entschluß des ambitionierten jungen Monarchen, sein Persönliches Regiment ohne einen Mentor zu errichten . . Dagegen reklamierte Friedrich I. die
Entlassung des Reichskanzlers zum größten Teil als sein Verdienst, was ihm besondere Befriedigung bereite, eine Version, die ein- geweihte Berliner und Karlsruher Zirkel bestätigten. Anders als in den glättend-ver- söhnlichen Erinnerungen zu lesen ist, hatte Bismarck auf seiner Abschiedsaudienz tat- sächlich dem Großherzog die Schuld an seinem unfreiwilligen Abgang gegeben und ihm namentlich vorgeworfen, den Kaiser fiir die umstrittene Arbeiterschutzgesetzgebung eingenommen und so maßgeblich zum Bruch beigetragen zu haben. Der Angegriffene bestritt dies energisch und verwies statt dessen auf preußische Angelegenheiten (Kabinettsorder), in die er sich wiederum nie eingemischt habe. Jetzt, erzählte der authen- tisch informierte Fürst Hohenlohe-Langen-
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burg vier Wochen danach, sei Bismarck grob geworden, worauf der Badener protestierte, er klJnne sich das nicht gefallen lassen, und mit dem Ruf .. Es lebe der Kaiser und das Reich " den Raum verließ. Nach einem sol- chen Eklat verwundert es aUerdings kaum, daß Friedrich I. in den frühen I 890er Jahren auch aus Rücksicht auf den Kaiser versuchte, die VerleihWlg der Ehrenbürgerwürde an den Altkanzler durch badische Städte zu unterbin- den; und noch den im Todesjahr des Reichs- . gründers erschienenen ersten Memoiren- Band (Gedanken undErinnerungen) schimpf- te er ein infames LUgenbuch.
Ebenso umstritten wie Bismarcks Platz in der Geschichte ist die Beurteilung seiner Per- son .. Schon zu Lebzeiten hatte er die Nation tief gespalten: Leidenschaftliche Gegner (So- zialdemokraten, Demokraten) und ressenti- mentgeladene Skeptiker (entschiedene Ultra- montane) begegneten auch im Großherzogtum Baden glühenden Anhängern, zu denen etwa die 3 000 Menschen zählten, die am 1. April 1890 in der Karlsruher Festhalle enthusia- stisch den 75. Geburtstag ihres just demissio- nierten "Eisernen Kanzlers" feierten. Viele, insbesondere die Angehörigen des von einer schweren Identitätskrise befallenen liberalen Bürgertums, brachten ihm als Synonym fiir den steilen Aufstieg und die ungeheure Machtentfaltung des Reichs seit 1871
kultische Verehrung entgegen. Dies half, den realen Bedeutungsverlust der Bundesstaaten durch Verabsolutieren des nationalen Macht- und Großstaats bei gleichzeitiger Identifikati- on zu kompensieren; zudem erlaubte die Ver- herrlichWlg der in den preußisch-deutschen Olymp erhobenen Gründerfigur anfangs, das Persönliche Regiment Kaiser Wilhelms II. dadurch zu attackieren, daß man Wilhelms autokratische Haltung dem Autoritatismus des .Kanzlers Bismarck gegenüberstellte. Die Mängel der Reichsverfassung - die auf ihn zugeschnittene Amterpolykratie, die Konser- vierWlg der halbautokratischen Stellung des Deutschen Kaisers und endlich die Zementie- rWlg eines unlösbaren Problems, nämlich der Beziehungen von Reich und Preußen (lohn C. G. Röhl) - bildeten im Verein mit der von Bismarck ausgeformten politischen Kultur Deutschlands -latenter Antiparlamentarismus, fahrlässiger Umgang mit Bedrohungsszenarien (Revolutionsfurcht im Innern, Kriegsgefahr nach außen), Entfesselung von chauvinisti- schen Hysterien und PopularisierWlg von rassistisch-völkischen Zerrbildern - eine Hypothek, welche die späteren Katastrophen und Umbrüche erheblich begünstigte. Inso- fern ist das Verdikt des Großherzogs über den Reichsgründer nur schwer nachzuvollziehen: ,,11 n'est qu'un vieux radoteur" (Er ist nur ein alter Schwätzer).
Hans-JUrgen Kremer
300 Jahre Schloß Augustenburg in Grötzingen
Kurz hinter dem Ortseingang, ein paar hun- dert Meter rechts die Kirchstraße hinauf, ge- genüber der Grötzinger Kirche mit ihrem auf- falligen gedrehten Turm, steht noch heute die ,,Augustenburg" . Das alte Grötzinger Schloß ist inzwischen ein Seniorenheim fiir 100 Be- wohnerinnen und Bewohner.Wer die Mühe
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einer kleinen Besichtigungstour unternimmt, kann im Innenhof der kleinen Schloßanlage einige Hinweise auf die wechselvolle Ge- schichte des Hauses fmden. Auffallig ist zu- nächst die über der Eingangstür angebrachte Tafel mit der Inschrift: MICH HAT VOR KURTZER ZEIT - WIE MAN MICH ALL-
HIER SCHAUT - GLEICH NACH DEN FRIEDEN SCHLUS AUGUSTA SO GE- BAUT - UND WEIL ICH NUN DA STEH / VON IHRER FÜRSTEN HAND / SO WERD ICH AUCH NACH IHR / AUGUSTENBURG GENANOT / 1699.
Anfange im 17. Jahrhundert
Vor etwas mehr als dreihundert Jahren, im Jahr 1678, hatte MarkgrafFriedrich Magnus (1647-1709) seiner Gattin Augusta Maria (1649-1728) anläßlich seines Regierungsan- tritts das Grötzinger Anwesen gegenüber der Kirche aufLehenszeit geschenkt, zu dem auch 26 Morgen Weinberge auf dem dahinter lie- genden Büchelberg , dem später so genann- ten Augustenberg, gehörten.
Das unter diesem Spruch aufgemalte Wap- pen und die Jahreszahl 1576 geben uns je- doch einen Hinweis darauf, daß das Gebäude schon einige Jahre älter sein muß. Dieses Allianzwappen Baden-Veldenz verweist auf Markgraf Karl II. (1529-1577), der 1558 Anna von Zweibrücken-Veldenz geheiratet hatte. Markgraf Karl hatte das Grötzinger Schloß schon vor Augusta Maria besessen. Doch der erste fiirstliche Bewohner des "Ho- hen Hauses", wie es damals genannt wurde, war Markgraf Christoph I. (1453- 1527) ge- wesen, der auch die gegenüber dem Schloß gelegene Grötzinger Kirche hatte erbauen las- sen. Er hatte das Pfründhaus der Grötzinger St. Barbara Kapelle, die schon im Besitz- verzeichnis des Weißenburger Abtes Edelini von 991 erwähnt wurde, gekauft, und zum fiirstlichen Wohnsitz umbauen lassen. Der untere Teil des Mittelflügeis der Augustenburg stammt aus jener Zeit.
Karl 11. hatte dann die beiden Türme und die Anbauten an den Ecken im Südosten und Nordosten anbauen lassen. Bereits mit sei- nem Umbau war also im Prinzip die nach Westen hin geöffilete GebäudeanJage mit drei
Flügeln entstanden, wie sie sich noch heute dem Betrachter zeigt.
Entlang der Staigstraße fuhrt an der Süd- seite der Umfassungsmauer ein kleiner Weg. Folgt man ihm, so fmdet man nach einigen Metern eine in die Mauer eingelassene Tafel mit der Inschrift "MARKGRAF KARL ER- BAUTE MICH 1556, MARKGRAF WIL- HELM REPARIERTE MICH 1827".
Die Staigstraße entstand in ihrer heutigen Form, mit der Brücke über die Kirchstraße, während Augusta Marias Grötzinger Zeit. Soldaten hatten sie während des Spanischen Erbfolgekriegs errichtet. .
Markgräfm Augusta Maria hatte mit fman- zieller Unterstützung ihres Mannes auch das
Augusla Maria, 1649~1728.
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Grötzinger Schlößchen noch einmal gründ- lich renovieren und umbauen lassen. Die Bau- arbeiten zogen sich fast 20 Jahre, VOn 1681 bis 1699, hin. Die markgräfliche Familie leb- te während dieser Zeit wegen der verheeren- den kriegerischen Auseinandersetzungen - es war die Zeit des pfälzischen Erbfolgekriegs - meist im sicheren Basel, während das Dorf Grötzingen geplündert und verbrannt wurde und ein großer Teil der Bevölkerung starb oder wegzog. Das Schloß überlebte die ge- fährlichen Zeiten - als einziges in Mark- graf Friedrich Magnus' Territorium. Daher zog er 1698 bis zum Wiederaufbau der abge- brannten Durlacher Karlsburg!Ur einige Mo- nate mit seinem gesamten Verwaltungsstab nach Grötzingen.
Augusta Maria ließ sich erst nach dem Tod des Markgrafen im Jahr 1709 endgültig in ihrem Witwensitz nieder und !Ur einige Jahre kam nun höfisches Leben nach Grötzingen.
Mehrere lnventarverzeichnisse geben Aus- kunft über die Austattung der 35 Zimmer in denen die Markgräfin lebte. Teppiche, Bilder und Tapeten, Bettzeug, Geschirr und Gläser, Schmuck und Kleider, Bücher und Manu- skripte - "A1lerley Hausrath" befand sich in den zahllosen "Buffets" und "Commoden" mit denen die Zimmer möbliert waren. Zwi- schen den hinteren Flügeln der Augustenburg lag der Schloßgarten, mit einer kleinen Oran- gerie und -einem Bassin, einem Gartenhaus, einem Taubenhaus,'einem Vogelhaus und ei- nem Fischteich.
Zum !Urstlichen Leben der frommen Mark- gräfm gehörte auch eine Kapelle beim Süd- turm, ein Kutschenhaus mit Pferden und Wa- gen und einiges an landwirtschaftlichem Ge- rät. Die zum Schloß gehörenden Ländereien wurden bebaut und in den Ställen stand Vieh.
Für die Versorgung der Markgräfm und die in den Räumen der Augustenburg anfallende Arbeit waren Hofkavaliere und Kammerfrau- en~ ein "Secretarius", einen "Rath und Leib-
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medicus" sowie Bedienstete aller Art zustän- dig: Es gab Kutscher, Diener, Weingärtner und Waschfrauen, Mägde, Köche und Gärt- ner, Konfektmägdlein und Tagelöhner. Un- terhalb des Schlosses, in nördlicher Rich- tung, hatte die Markgräfm eine Meierei be- treiben und direkt neben dem Schloß die "herr- schaftliche Schwanenwirtschaft" errichten lassen, deren "Schildgerechtigkeit" später weiter nach Norden, an ihre heutige Stelle "transferiert" wurde.
Nach Augusta Marias Tod im Mai 1728 zerfiel die höfische Herrlichkeit in Grötzingen rasch: Schloß und Gut wurden dem mark- gräflichen Kammergut Gottesaue unterstellt. Bereits nach wenigen Jahren wurde das Schloß von der Dorfbevölkerung als eine Art Abstellkammer benutzt und nur die mark- gräflichen Schäfer und "Wingertmeister" hat- ten dort noch ihren Wohnsitz. 1749 mußte das Kutschhaus wegen Baufälligkeit abgeris- sen werden.
Während der vielen Kriege des 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts, die tausende von Soldaten aus allen Ländern Europas auch in die Grötzinger Gegend fiihrten, wurde die Augustenburg immer wieder als Quartier und Lazarett fUr militärische Zwecke genutzt.
Doch die zur Augustenburg gehörende Landwirtschaft auf dem hinter dem Schloß liegenden Augustenberg brachte wenig ein und der Unterhalt des inzwischen ziemlich maroden Schloßgebäudes belastete die herr- schaftliche Kasse immer mehr. Das ehemali- ge Stallgebäude hatte man bereits am Ende des 18. Jahrhunderts zu einer Krappfabrik umgebaut - einer der vielen Versuche Land- wirtschaft und Gewerbe im Land zu moder- nisieren. Im Jahr 1807 entschloß man sicb nun Schloß Augustenburg und Gut Augusten- berg getrennt voneinander zu verkaufen. Für die Weinberge hatte sich HofIaktor Reutlinger interessiert und die Augustenburg ging an den Pforzbeimer Fabrikanten Gehres zur Aus-
weitung seiner Metallknopffabrik. Doch bei- den Unternehmen war kein großer Erfolg be- schieden. Gehres mußte 1828 von der Knopf- herstellung auf Bierbrauen und Weinaus- schank umsteigen und Reutlingers Witwe ließ 1827 das Gut Augustenberg wieder verstei- gern.
Wechselnde Schicksale
Während in den folgenden Jahrzehnten aus den Ländereien auf dem Augustenberg unter der Regie des Markgrafen Wilhelm (l792- 1859) ein erfolgreiches Mustergut und später eine Landwirtschaftsschule wurde, in deren Gebäuden heute noch u.a. die " Landwirt- schaftliche Untersuchungs- und Forschungs- anstalt" (LUFA) untergebracht ist, drohte Schloß Augustenburg der Abriß.
1876 hatte es der Schwanenwirt und späte- re Grötzinger Bürgermeister Reichart Jordan von der Famile Gehres zum Abbruch gekauft, weil er seinen Biergarten erweitern wollte. Doch der Abriß des ganzen Schlosses wäre zu teuer gekommen und so ließ Jordan nur einen Teil des NordflügeIs abtragen. In der Augustenburg lieferten sich in den 1880er Jahren schlagende Studentenverbindwlgen ihre Gefechte, während sich im Schwanen- garten die später so genannte Grötzinger Malerkolonie traf. Von den Künstlerinnen und Künstlern, die Grötzingen als Ort für geselli- ge Treffen und als Motiv fur ihre Bilder ent- deckt hatten, blieben einige ftir immer.
1891 kaufte der Tiermaler Otto Fikentscher die Augustenburg und zog mit seiner Familie und einigen anderen Malerkollegen in das Schloß, bevor er sich unl die Jahrhundert- wende das Atelierhaus neben dem Eingang an der Kirchstraße bauen ließ. Fikentscher konnte jedoch die nötigen Mittel fur den Un- terhalt der Augustenburg nicht auJbringen. Das Grötzinger Schloß, das seit dem Ersten Weltkrieg unter Denkmalschutz stand, zer-
fiel weiter, ohne daß es den Denkmalschutz- behörden oder der Gemeinde möglich gewe- sen wäre es auch nur notdürftig zu erhalten.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Augusten- burg seit 1942 als Lager fur mehrere hundert Zwangs arbeiterinnen und zur Zwangsarbeit verpflichtete Kriegsgefangene, die bei der Grötzinger " Deutschen Waffen- und Muniti- onsfabrik" eingesetzt waren, genutzt, da man die ausländischen Arbeitskräfte nicht in Privatunterkünften unterbringen konnte und wollte. Nachträglich eingebaute Wasserlei- tungen und sanitäre Einrichtungen schädig- tcn das Mauerwerk noch zusätzlich und nach Kriegsende war der Zerfall weiter vorange- schritten. Das Dach des Südflügels war un-
Schloß A IIgllstenburg vor dem Umball.
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dicht und drohte einzustürzen. Trotzdem dien- te Schloß Augustenburg wegen der großen Wohnimgsnot der Nachkriegszeit noch jah- relang als Unterkunft für Flüchtlingsfamilien, die dort vorübergehend eine neue Heimat ge- funden hatten.
Die nach dem Tode Otto Fikentschers im Jahr 1945 gebildete Erbengemeinschaft sah sich immer noch außerstande das Gebäude zu sanieren und wollte daher Anfang der 60er Jahre - wieder einmal- auf Abriß verkaufen. Eine Wohnungsbaugesellschaft plante, auf dem Grundstück drei Wohnblocks zu errich- ten.
Es ist vor allem dem Einsatz Einzelner, allen voran dem zuständigen Landrat Groß und Bürgenneister und Ortsvorsteher Her- bert Schweizer sowie dem 1971 gegründeten Arbeitskreis Schloß Augustenburg zu ver- danken, daß das Grötzinger Schloß trotz der am Ende auf mehrere Millionen Mark ange- stiegenen Umbaukosten erhalten werden konnte. Im Jahr 1963 verkauften die Fikent- schererben die "Ruine" Augustenburg an das Land Baden-Württemberg, das darin ein Vor-
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seminar fiir ausländische Studenten der Karls- roher Hochschule unterbringen wollte. Doch nachdem sich herausstellte, daß die Landes- regierung nicht bereit war, die Kosten zur Sanierung für eine sinnvolle Nutzung des Gebäudes aufzubringen, mußte eine neue lö- sung gefunden werden. Der Plan eine Richter- akademie in der Augustenburg einzurichten zerschlug sich ebenfalls. Doch mit der Firmen- pensionskasse Mannheim wurde schließlich eine Bauherrin gefunden, die das Risiko des Umbaus in ein Seniorenwohnstift in den Jah- ren 1973-1978 übernahm - allerdings ohne finanziellen Erfolg. Erst nachdem die Kasse mit Verlust verkauft, und der neue Besitzer noch einmal bauliche Verbesserungen an der Augustenburg hatte vornehmen lassen, än- derte sich die Situation. Die jetzigen Besitzer des Schlosses, zwei schwedische Geschäfts- leute, haben die Augustenburg für insgesamt 20 Jahre an die "Gesellschaft fiir soziale Dienstleistungen" verpachtet, die dort seit nunmehr zehn Jahren erfolgreich ein Senioren- heim betreibt.
Ule Grau
Badener oder Badenser?
Als vor Jahren auf dem üblichen Neujahrs- empfang der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe ein fuhrender Industriemanager aus Bayern als Festredner seinen Dank kundtat, vor Badensern sprechen zu können, ging zu- nächst ein Raunen durch die Reihen. Als er gleich wieder von den geschätzten Badensern sprach, wurden Rufe laut "Badener! Bade- ner! " , und mancher schüttelte den Kopf, wer wohl dem hohen Gast diese Rede entworfen habe.
Die Empfindlichkeit der Badener gegen eine Pseudolatinisierung ihres Namens ist bekannt,
obwohl selbst im Großherzoglichen Haus wie weiland bei Goetbe von Badensern gesprochen wurde, so z. B. in einem Brief des Erb- großherzogs an seinen Vater Friedrich I. Daß aber vor hundert Jahren schon die korrekte Bezeichnung diskutiert wurde, zeigt eine No- tiz aus der Badischen Landeszeitung vom 24. Dezember 1898, wobei zu erinnern sei, daß noch heute in Karlsruhe die Einwohner ihrer Partnerstadt Halle als "Hallenser" bezeich- net werden. Wer hier irrt, irrt freilich mit Goe- the, und das tröstet.
Leonhard Milller
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Zeitzeugen berichten
Professor Dr. Ernst Petrasch ehern. Direktor des Badischen Landesrnuseurns
Blick: Als Wiener, der in seiner Heimat- stadt und Heidelberg studiert hat, sind Sie nach Tätigkeit in österreichischen Institutio- nen 1949 in die Dienste des Badischen Landesmuseums (BLM) getreten. Wie war damals die Lage?
P.: Der Museumssitz, das Karlsruher Schloß, in dem das BLM seit 1919 unter- gebracht war, lag in Trümmern, die Exponate in allen möglichen Orten in Kisten verpackt. Restbestände im Schloßkeller, wie die Gips- sammlung u. a. , waren von Plünderungen betroffen. Ein Wiederaufbau war zunächst nicht erkennbar, da das Schloß fur die künf- tige badische Landesregierung vorgesehen wurde. Dafur standen Behelfsräume in der Akademie der Bildenden Künste zur Verfu- gung, wo in einem Raun) drei Wissenschaft- ler und drei Verwaltungsbeamte um einen U- f<iffiligen Tisch zusammensaßen neben einem Zimmer fur den Direktor und einem weiteren Raum flir das Denkmalamt.
Blick: Exponate konnten also noch nicht ausgestellt werden?
P.: Daflir war das ebenfalls zerstörte Erb- großherzogliehe Palais vorgesehen. In den dortigen Kellerräumen waren die nach lang- wierigen Verhandlungen mit der französi- schen Besatzungsmacht aus den Bergungs- orten ZUfÜckgeflihrten Bestände bereits ma- gaziniert, und in einem dieser Räume begann meine wissenschaftliche Arbeit mit der Katalogisierung der Durlacher Fayencen. Der Wiederaufbau machte gute Fortschritte, und Richtfest war im Herbst 1949. Aber im Juli 1950 war das Palais zum Domizil des Bun- desgerichtshofs bestimmt worden. Das BLM mußte geradezu fluchtartig in die Telegraphen- kaserne, Hertzstraße, verlagert werden, und
dort blieben die Sammlungen, Werkstätten, Verwaltung und Personal in ehemaligen Mannschaftsstuben flir viele Jahre "im Exil" . Eine Karlsruher Zeitung schrieb: "Ein Depot ist also das Badische Landesmuseum gewor- den", Wir nannten es "K. u. K.-Museum" = Kasernen- und Kisten-Museum.
Blick: Was waren nun die Aktivitäten, als 1952 Prof. Schnellbach vom Stuttgarter Landesgewerbemuseum die Direktion über- nahm?
P.: Die Bestandsaufnahme und Restaurie- rung der zurückgcflihrten Bestände, eine Erarbeitung der Verlustlisten und eine bescheidene Erwerbstätigkeit, wofur uns, einschließlich der Anschaffungen flir die Bibliothek 9500 DM zur Verfugung standen.
Blick: Endziel war wohl das Karlsruher Schloß?
P.: Ja, und insofern war der "Rausschmiß" aus dem Erbgroßherzoglichen Palais eigent- lich ein Glücksfall. Dieses Haus war kein
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Äquivalent, und wir wären wohl nie ins Schloß zurückgekehrt. Dort mußten erst die ausgebrannten Mauem gegen Einsturz gesi- chertwerden. Nach Klärung der Südweststaat- frage wurde 1954 der Wiederaufbau fur das BLM beschlossen und mit dem Mittelbau begonnen. 1955 konnten wir zum 300. Geburtstag des Türkenlouis in der Orangerie erstmals eine international beschickte und vielbeachtete Ausstellung eröffuen, nach fast zwei Jahrzehnten das BLM wieder in Erinne- rung bringen. Im Mai 1959 wurde der 1. Bauabschnitt abgeschlossen; nun konnte eine Auswahl aus allen Sammlungen präsentiert werden.
Blick: Da hatte aber wohl bald das Bun- desverfassungsgericht ein Auge drauf gewor- fen, das bisher im Prinz-Max-Palais proviso- risch untergebracht war?
P.: Und diese Pläne fUhrten zu einem Baustopp und langwierigen Verhandlungen, bis die Entscheidung fur einen Neubau am Schloßplatz fiel - wie sich zeigte: ein rich- tiger Weg, der fUr das höchste Gericht we- sentlich bessere Arbeitsbedingungen ermög- lichte. Am 13. Juni 1966 konnten wir schließ- lieh das Musewll im wiederaufgebauten Schloß eröffuen, was damals 15 Millionen einschließlich Innenausstattung wie Vitrinen u. a. gekostet hat, wenig mehr als die Tiefga- rage unter dem Schloßplatz 1967.
Blick: Gab es da so etwas wie einen Sturm auf das Museum?
P.: 350 000 Besucher zählten wir im ersten Jahr, verglichen mit anderen Museen \vie dem Nürnberger mit 150 000 Besuchern oder dem Bayrischen Nationalmuseum in München mit 100 000 Besuchern in diesen Jahren. Wir erstickten schier bei den Führungen unter der Zahl der Interessenten. Aber das war ja auch etwas Besonderes: hinter einer historischen Fassade eine modeme Museumstechnik, bei der die bedeutenden Werke beispielhaft de- monstriert wurden. Die Hilfsmittel waren
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zwar noch bescheiden, aber mit der jeweils gemäßen Ausgestaltung der Abteilungen im jeweiligen Stil, der lockeren, gut übersehba- ren Anordnung der Exponate zählte das BLM zu den vorbildlichsten Museen seiner Zeit.
Blick: So war nun wohl auch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit möglich?
P.: Schon 1966 fanden die Führungen mit insgesamt 2 000 Besuchern regen Zuspruch. Bald wurden auch Spezialfuhrungen einge- richtet fur Pädagogen, Senioren und andere Gruppen, weiterhin Vortragszyklen, Konzer- te und Theaterabende zusammen mit dem Staatstheater. Schließlich konnten wir ver- schiedene Ausstellungen veranstalten, z. B. 1970 "Spätgotik am Oberrhein" , 1975 " Dur- lacher Fayencen", vor allem die Landesausstel- lung "Barock in Baden-Württemberg" 1981 im Bruchsaler Schloß, das dem BLM seit 1975 als Zweigmuseum diente.
Neben den jeweiligen speziellen Ausstel- lungskatalogen wurden seit den 50er Jahren handliche "Bildhefte" herausgegeben, die - wie auch der seit 1968 in mehreren Auflagen erschienene " Bildkatalog" und ein "Kurzfuh- rer" - den Museumsbesuchern die verschiede- nen Sammelgebiete in Wort und Bild nahe- bringen sollten. Für einzelne Sammlungsgrup- pen oder Kunstwerke wurden " Führungsblät- ter" ausgelegt. Daneben wurden von den Konservatoren wissenschaftliche Bestandska- taloge einzelner Abteilungen erarbeitet und veröITentlicht.
Zu einer effizienteren, an den Bedürfnissen und Gepflogenheiten bestimmter Bevölke- rungsschichten orientierten Bildungsarbeit haben die seit 1978 am BLM (als einem der ersten in der Bundesrepublik) in Zusammen- arbeit mit dem Soziologischen Institut der Universität Karlsruhe durchgefUhrten sozio- demographischen Untersuchungen und erar- beiteten Analysen der Besucherinteressen und -wünsche ganz wesentlich beigetragen.
Blick: Für die Leitung, die Sie 1967 über-
nahmen, sind schließlich die Museumser- werbungen von besonderer Bedeutung. Ist man da in unserem Land in einer besonders glücklichen Lage?
P.: So ist es, denn bis in die Zeit vor dem 11. Weltkrieg gab es keinen systematischen Ausbau der überkornnlenen Sammlungen. Dies erfolgte erst nach Einführung des sog. Lotto-und-Toto-Mittel. Im März 1958 trafen Regierung und Landtag die Grundsatzent- scheidung, diese Erträgnisse zur Förderung der Kunst und des Sports zu verwenden. Mit dem "Zentralfonds für die Anschaffung von Spitzenwerken fJir die Staatlichen Kunst- sammlungen" konnte das BLM bald eine der SpitzensteUen mit seinen Ankaufsmitteln einnehmen, vergleichbar etwa mit den staatlichen Sammlungen Bayerns oder des Preußischen Kulturbesitzes Berlin, weil den fJinfMuseen in unserem Landjährlich bis zu 14 Millionen zur Verfügung standen.
Damit eröffnete sich der Zugang zum internationalen Kunsthandel, wo vor allem die gesuchten erstrangigen Kunstwerke zu erlangen waren.
Blick: Also nicht nur auf ein Bundesland beschränkt?
P.: Die entscheidenden Grundsätze fJir den planvollen Ausbau der Sammlungen des BLMs wurden bestimmt vom vorhandenen Bestand. Aus der gen auen Kenntnis der
Sanmllungen, ihrer mangelhaften Schwächen und Lücken, aber auch ihrer hervorstechen- den Glanzlichter, wurde das Sammelprogramm auf lange Sicht aufgestellt. Alles in allem wurde "nicht nach Laune und Willkür, sondern mit Plan und Absicht gesammelt" - um es mit einem Zitat nach Goethe zu sagen. So konnten in den beiden ersten Jahrzehnten seit Schaffung des "Zentralfonds" allein mit dessen finanziellen Mitteln über I 000 her- vorragende Kunstwerke und Objektgruppen für das BLM erworben werden.
Ich denke da z. B. an das goldene Toiletten- service fJir die Großherzogin Stephanie oder das Jugendstil-Speisezimmer nach Kolman Moser 1904. Dadurch konnte das BLM aus dem provinziellen Rahmen heraustreten mit einer überregionalen Sammlung, in der sich ftinf Jahrtausende abendländischer Kulturge- schichte widerspiegeln. Das reichte zunächst nur bis zum Biedermeier, und mein Bestreben zielte daraufhin, die Exponate auf die letzten 150 Jahre auszudehnen, also Werke des Historismus, des Jugendstils und der Gegen- wart mit einzubeziehen. Die Karlsruher wissen wohl, daß dieses Landesmuseum zu den großen Kunstrnuseen Deutschlands gezählt werden kann, und das nicht irgend wo, sondern im Zentrum, im Ausgangspunkt dieser Stadt, im Schloß.
Die Fragen stellte Leonhard MillIer
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Otto Dullenkopf Oberbürgenneister a. D.
Blick: Am 11. Februar 1995 75jährig, wa- ren Sie fast funf J ahrzebnte politisch tätig, und zwar neben den Mandaten als Landtags- abgeordneter vorwiegend in der Kommunal- politik. Wie interpretieren Sie rückblickend die baden-württembergische Gemeindeord- nung im Vergleich zu denen in anderen Bundesländern?
O.D.: Die süddeutsche Rechtsverfassung ist dernorddeutschen - auch der Bürgermeister- verfassung, so Rheinland-Pflilz, oder der Magistratsverfassung, so Hessen - weit über- legen. Wie v@re sonst zu erklären, daß man in einigen alten BundesliWdern sich bemüht, die eigene Gemeindeordnung ihr anzupassen und in der Mehrzahl der neuen Bundesländer sie weitgehend kopiert hat?
Blick: Der Oberbürgermeister - in Ge-
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meinden ab 20 000 Einwobner - hat daja eine Schlüsselfunktion.
O.D.: Gewiß, weil er die Gemeinderats- sitzungen als Vorsitzender mit Stimmrecht vorbereitet, leitet und Beschlüsse vollzieht, aber auch das Gemeindepersonal bestellt und die Verwaltung - wie etwa in NRW der Oberstadtdirektor fuhrt. Das verleiht dem Amt Gewicht und vermeidet Reibungs- verluste. Zu Recht wird er deshalb, unabhän- gig von Mehrheiten im Gemeinderat, in direkter Wahl vom Volk gewählt.
Blick: Die Stadtoberhäupter in der Weima- rer Zeit wurden in Baden vom Gemeinderat gewählt?
o.D.: Richtig, und die positive Änderung haben wir nach 1945 den Württembergern zu danken. Unsere Bürgenlleister oder Oberbür- gernleister fuhlen sich, auch wenn sie von Parteien aufgeteilt bzw. vorgeschlagen wer- den, als Vertreter aller Bürger. Sachkompe- tenz und Persönlichkeit spielen also eine große Rolle und nicht nur die politische Bindung.
Blick: Ist die Länge der Legislaturperioden solcher Stadtoberhäupter richtig bemessen?
O.D.: Sie betrug bis in die 60er Jahre sechs Jahre fur die erste Wahlperiode und zwölffur die folgenden. Heute beträgt sie durchgehend acht Jahre. Das hat sich bewährt.
Blick: Die Beigeordneten bilden ja oft eine Art Mehrparteienregierung. Spiegelt das auch häufig die Meinung des Gemeinderats wider?
O.D.: Gemeinderäte sind auf politischen Listen gewählt. Sie müssen sich vor den Wählern rechtfertigen, immerzu und öffent- lich. Das ist gut so und normal. Beigeordnete müssen das nicht. Das macht eine sachbezo- gene Verständigung leichter. Darüber hinaus sind sie nach unserer Gemeindeverordnung
weisungsgebunden durch den Oberbürger- meister. Ich habe versucht, in einer wöchent- lichen Konferenz Übereinstimmungen zu schaffen, eine Tradition, die erhalten geblie- benist.
Blick: Mit welchen Entscheidungen hat sich der Karlsruher Gemeinderat in den letzten Jahrzehnten besonders in Gegensatz zu OB und Verwaltung gestellt?
O.D.: Mit einigen, zum Teil auch weniger wichtigen. Ein OB und die Verwaltung müssen das hinnehmen können, auch wenn es wurmt. Der gravierendste Fall - ich füge hinzu: die gravierendste Fehlentscheidung aus meiner Sicht - war die Ablehnung der Nordtangentenplanung. Sie hätte unsere Stadt vom quälenden Durchgangsverkehr entlastet. Eine kapitale Fehlleistung!
Blick: Von Kommunalwahlen in anderen Ländern gewinnt man oft den Eindruck, daß man sich da stärker parteipolitisch profiliert als an Sachbezogenheit.
O.D.: Die Chance der " Sache" wird gerin- ger, wenn Emotionsschichten sie überlagern. Hierzulande aber ist politischer Manieris- mus, sind Politeiferer weniger gefragt als anderswo in deutschen Landen. Hier "lebt man" und "läßt leben". "Liberal" ist bei uns weniger eine Idee denn eine Lebensart, und wer sich fanatisch gebärdet, ist oft kein Kind dieses Landes.
Blick: Welche Eindrucke haben Sie von unserem Kommunalwahlrecht gewonnen?
O.D.: Die Möglichkeit im baden-württem- bergischen Kommunalwahlgesetz zum Pana- schieren und Kumulieren bringt dem Wähler ein Höchstmaß von Einwirkungsmöglichkei- ten auf eine von ihm bevorzugte Liste, er vernlag dadurch selbst Delegiertenversamm- lungen zu korrigieren. Er macht davon übrigens im steigenden Maß Gebrauch, ohne daß dabei die Zahl ungültiger Stimmen
auffallend steigt. Ich begrüße deshalb diese Möglichkeit - wenn auch nicht immer die Ergebnisse.
Blick: Die meisten Wahlzettel werden aber wohl daheim und nicht erst in der Wahlkabine ausgefüllt?
O.D.: Das läßt sich bei diesem doch etwas komplizierten System nicht vermeiden. Ich meine dennoch, daß sich die Nachteile in Grenzen halten und vernachlässigt werden dürfen, insbesondere wenn man vom mündi- gen Wahlbürger ausgeht.
Blick: Mit welchem Ereignis fühlen Sie sich in Ihrer 16jährigen Amtszeit am stärksten verbunden?
o.D. : Mit der Stadterweiterung. Neubau- ten, Sanierungen, bedeutende Veranstaltun- gen und vieles andere mehr, das ist zwar alles wichtig; aber daß Karlsruhe in den 70er Jahren als einzige Stadt mit über 200 000 Einwohnern in Baden-Württemberg sich in nicht geringem Maße erweitern konnte, das war schon etwas Besonderes. So konnten wir den Auszehrungsprozeß mindern, gewannen neues Bau- und Gewerbegelände und konnten die nun eingegliederten Orte mit Rechten und Pflichten an den Initiativen einer größeren Kommune teilnehmen lassen. Das ging alles nicht ohne Werben, Eingehen, Verhandeln, Gewinnen, ja auch Erstreiten. Doch solch einschneidende Durchbrüche, wie sie in Jahrzehnten nur selten geschehen, sind Anstrengungen wert.
Da man sich treu an Verträge und die Zusagen hielt, die bei den Verhandlungen fixiert wurden, klangen temporäre Emotionen bald ab, und es hat eine rasche Befriedigung stattgefunden. Heute, 20 Jahre später, kann jedermann erkennen, daß die Anstrengungen in den 70er Jahren richtig gewesen sind - richtig, weil sie den Fortschritt und die Vernunft auf ihrer Seite hatten.
Die Fragen stellte Leonhard Maller
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Walther Wälde1e Erster Bürgenneister a. D.
Blick: In Ihrer über vier Jahrzehnte an- haltenden Aktivität in Politik und Verwaltung hat Sie kein anderes Thema so kontinuierlich beschäftigt wie die Jugendarbeit. Welche Grundprobleme gab es zurückblickend fur die Jugendarbeit nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches, das die Jugend für seine Ideologie mißbraucht hatte?
W. w.: Wie viele junge Männer meines Jahrgangs bin ich im April 1939 zunl Ar- beitsdienst und arischließend zum Militär eingezogen worden und im April 1946 aus der Kriegsgefangenschaft nach Karlsrube zu- rückgekommen, Die Bewältigung von Hun- ger und Wohnungsnot war in den ersten Nachkriegsjahren eine Hauptaufgabe. Dazu kamen die Sorgen um Arbeitsplätze und Ausbildungsstellen. Unter solchen Verhält- nissen konnte es kaum eine Jugendgruppen- arbeit mit Heimabenden und Lagerfeuer- und Zeltlagerromantik geben. Es ist deshalb auch zu verstehen, daß nur wenige Frauen und
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Männer bereit sein konnten, sich als Jugend- leiter zur Verfugung zu stellen. Trotzdem wurde in unseren Städten und Gemeinden mit Jugendarbeit begonnen.
Blick: War die Gründung des Stadtiugend- ausschusses im Jahre 1951 auch ein Ausfluß amerikanischer Vorstellungen von Jugendar- beit, und welchen Einfluß nahm die Be- satzungsmacht?
W. w.: Schon zu Beginn meiner Tätigkeit als Jugendgruppenleiter im Jahre 1947 hatte ich mehr oder weniger regelmäßig Kontakte mit Jugendleitern anderer Organisationen. Wir trafen uns auf Einladwlg des damaligen Oberstadtschulrates Hang im Stadtschulamt - einem wenig zerstörten Gebäude -, um über ak1uelle Fragen zu sprechen. Insbesondere aber, unI hin und wieder staatliche und städtische Gelder fur die Jugendarbeit zu verteilen. Diese Zusammenkiinfte von Karls- ruber Jugendverbandsvertretern waren recht unverbindlich. Allerdings gab es schon damals als Zusanunenschluß der Karlsruber Jugendorganisationen den Jugendring, der bereits im Juni 1949 eine Jugendfestwoche veranstaltete. Außerdem existierte ein Jugend- ausschuß im Jugenderziehungswerk Karlsru- he und ab 1948 ein Kreisjugendausschuß . Diese Einrichtungen waren nach dem Kriege die von den damals tätigen Jugendvertretern geschaffenen Sprachrohre der Karlsruber Jugend gegenüber den deutschen Behörden und gegenüber der Militärregierung. In diesen Jahren des Neubeginns wurde die Jugendar- beit von dem Wunsch nach geeigneten Jugendgruppenräumen bestinunt.
Keine der neugebildeten Jugendorganisa- tionen konnte einfach dort beginnen, wo am Ende des Krieges die " Staatsjugend" aufge- hört hatte zu existieren. Es war aber auch
nicht möglich, die Jahre 1933-1945 aus der "Geschichte der Jugend" auszulöschen und ohne weiteres an die Tradition der Jugendbe- wegung vor der "Machtübernahme", anzu- schließen. Zwangsläufig mußten neue For- men der Jugendarbeit entwickelt und die Generation neuer Jugendleiter auf diese Aufgabe vorbereitet werden. Der Karlsruher Jugend wurde dabei von der amerikanischen Besatzwigsmacht nicht nur materielle Unter- stützung zuteil, sondern auch im Rahmen von Jugendclubs ein vielseitiges Programm ange- boten. Von besonderer Bedeutung fiir die Jugendorganisationen waren die von den Amerikanern fiir uns veranstalteten Jugend- leiterschulungen. Die Zusammenarbeit zwi- schen den zuständigen amerikanischen Stei- len und den fiir die Jugendarbeit verantwortli- chen deutschen Institutionen blieb nicht frei von Reibungen und Spannungen. Aber gerade deren Bewältigung hat den "demokratischen Lernprozeß" erheblich befruchtet. Mit dem Abstand von fiinf Jahrzehnten ist zu sagen, daß die Amerikaner in den Nachkriegsjahren fiir die deutsche Jugend sehr viel getan haben und ohne ihre Hilfe auch in der Jugendarbeit in Karlsruhe sich vieles wesentlich langsamer entwickelt hätte und manches garnicht ge- gangen wäre.
Trotz ausgezeichneter Kontakte und gegen- seitiger Informationen zwischen den Karlsru- her Jugendorganisationen gab es manches Nebeneinander und Verzetteln von Kräften. Auch bei Gesprächspartnern und Behörden wurde immer wieder eine gemeinsame von der Jugend autorisierte Ansprechstelle ver- mißt. Deshalb habe ich 1950 in den ver- schiedenen Karlsruher Jugendgremien dafiir plädiert; eine von allen gemeinsam getragene und anerkannte Vertretung der Karlsruher Jugend ins Leben zu rufen. Im März 1951 war es dann soweit. Der Stadtiugendausschuß Karlsruhe konnte sich konstituieren. Im Ge- gensatz zu den ersten Nachkriegsjahren
brauchten wir dazu keine Genehmigung der Besatzungsmacht mehr. Die Vollversamm- lung des Stadtjugendausschusses hat mich von 1951 bis 1964 zum Vorsitzenden ge- wählt. N alurgemäß habe ich mich, nachdem ich 1964 zum Bürgermeister gewählt wurde, in den zwei Jahrzehnten als Jugenddezernent dem Stadgugendausschuß besonders verbun- den gefuhlt. Dabei war es selbstverständlich, Eigenständigkeit und Selbstverwaltung des Stadtiugendausschusses zu fOrdern, aber auch zu respektieren.
Blick: In der zweiten Hälfte der 60er Jahre hat sich auch in Karlsruhe unter anderem mit einer Jugendgruppe im Basler-Tor-Turm in Durlach eine kritische junge Generation zu Wort gemeldet. Wie sind die offiziellen Stei- len in Karisruhe damit umgegangen und wei- che Auswirkungen hatte diese 68er-Bewe- gung auf die städtische Jugendarbeit?
W. w.: Noch Ende der 50er Jahre konnte ich anIäßlich einer Berichterstattung im damali- gen Jugendwohlfahrtsausschuß des Gemein- derats von einer "staatsbejahenden Jugend" sprechen. Die Entbehrungen und Schwierig- keiten der unmittelbaren Nachkriegsjahre ha- ben m. E. bei der Jugend ein Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefuhl bewirkt, das heute kaum nachvollziehbar ist. In den folgenden Jahren des Wirtschaftswunders war eine neue junge Generation herange- wachsen! Deren recht selbstbewußtes An- spruchsdenken in Verbindung mit teilweise extremen Ausdrucks- und VerhaItensformen überraschten unsere Gesellschaft und stellten
. uns vor neue Aufgaben. Dabei war eine durchaus positiv zu bewertende "Aufbruch- stimmung" bei den jungen Menschen spürbar zu erkennen. Mit den später "Die 68er" ge- nannten jungen Männern und Frauen konnten wir "Etablierten" jedoch nur selten wirkliche Gespräche fuhren. Vor allem gab es in den sich "autonom" nennenden Gruppierungen kaum wirkliche Verhandlungspartner.· Wenn
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es da und dort einmal zu einem Besprechungs- ergebnis mit Sprechern solcher Gruppen gekommen war, traten schon Stunden später andere Sprecher mit anderen Vorstellungen auf. Darüber hinaus hatte ich den Eindruck, daß kein einzelner dieser ,,Autonomen" bereit war oder bereit sein durfte, Verantwortung z. B. gegenüber einem Vertragspartner zu über- nehmen. Nach meiner Erinnerung wurde der Basler-Tor-Turm schon 1968 der Deutschen Jungenschaft als Jugendheim in Selbstver- . waltung übergeben. Dieser Versuch, ein "autonomes Heim." einzurichten, ist schließ· lieh gescheitert an völlig überzogenen Vor- stellungen von gruppenorientierter Eigenge- setzlichkeit, die zur Gesetzlosigkeit ausarte- te. Nachdem wir im Basler-Tor-Turm ver- sucht hatten, einvernehmlich wieder geordne- te Verhältnisse herzustellen, sahen wir im Bürgermeisteramt keine andere Möglichkeit mehr, als den Turm Ende Juli 1969 nach einem entsprechenden Gerichtsurteil polizei- lich räumen zu lassen.
Der Stad~ugendausschuß nahm in diesen Monaten eine klare Position ein: Selbstver- waltung - JA, Gesetzlosigkeit - NEIN. Na- türlich haben die Erfahrungen mit den ,,68ern" auch den Stadtjugendausschuß ver- arilaßt, Arbeitsmethoden und Arbeitsinhalte immer wieder zu überprüfen und, wo erforderlich, neu zu gestalten: Das "Prinzip Demokratische SelbstvelWaltung" hat da- mals eine nicht leichte Bewährungsprobe hervorragend gemeistert.
Blick: Im Jahre 1969, als die Auseinander- setzungen mit der jungen Generation in Karlsruhe ihren Höhepunkt erlebten, konnten Sie im benachbarten Frankreich in Baerenthal die Jugendfreizeit- und Bildungsstätte, als de- ren Gründungsvater Sie gelten, ihrer Bestim- mung übergeben. Wie schätzen Sie heute aus der Rückschau von 40 Jahren die Bedeutung und Wirksamkeit von "Baerenthai" rur die Aussöhnung zwischen Deutschland und
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Frankreich ein und welche wesentlichen Aufgaben hat "Baerenthai" in der Zukunft?
W. w.: Das Jugendzentrum Baerenthal hat unter den zahlreichen Initiativen des Stadt- jugendausschusses einen besonderen Stellen- wert.1n den Jahren meiner Tätigkeit als Vor- sitzender des Stad~ugendausschusses war es immer mein Anliegen, das Zusammengehö- rigkeitsgefiihl der Jugendverbände unter dem Dach des Stad~ugendausschusses - selbst- verständlich unter Wahrung ihrer Eigenstän- digkeit-zu vertiefen. Dieerste Gemeinschafts- aufgabe hieß "Heim und Herberge fiir die J u- gend". Mit Eröffnung des Jugendheims am Engländerplatz 1954 war dieses erste Ziel erreicht. Ab 1956 haben als nächste Gemein- schaftsaufgabe einige hundert Karlsruher Jugendliche alljährlich viele tausend Arbeits- stunden geleistet, um die beiden deutschen Soldatenfriedhöfe in der Vogesengemeinde Baerenthal zu pflegen. Daraus ist dann die be- deutende Gemeinschaftsaufgabe "Jugend- zentrum Baerenthal" als "Projekt der vielen Möglichkeiten" entstanden. In dieser Zeit wurde es fiir die Karlsruher Jugendgruppen immer schwieriger, fiir die Durchführung von Zeltlagern geeignete Plätze zu fmden. Deshalb versuchte der Stad~ugendausschuß, im Schwarzwald einen Zeltlagerplatz zu kau- fen oder zu mieten. Das ist aber - vor allem aus Kostengründen - nicht gelungen. Da war es naheliegend, nun auch Baerenthal - wenn auch im Ausland gelegen - in die diesbezügli- chen Überlegungen einzubeziehen. Zumal ja dort seit 1956 alljährlich für die Kriegsgräber- pflege Zeltlager veranstaltet wurden. Der Stadtjugendausschuß beschloß 1959 einmü- tig, in Baerenthal zunächst einen großen Zelt- lagerplatz und später ein Jugend- und Be- gegnungszentrum einzurichten. Zu den La- gern rur die Kriegsgräberpflege kamen ab 1961 "Aufbaulager" für das neue Projekt. Meine persönlichen Eindrücke aus den ersten Begegnungen mit Bürgern der vom Krieg
stark in Mitleidenschaft gezogenen französi- schen Gemeinde werden unvergessen blei- ben. Die Teilnehmer jener Zeltlager konnten damals auf den einfachen Holzkreuzen der Soldatengräber lesen, daß die Gefallenen der Jahre 1944 und 1945 gerade 20 Jahre alt waren, als sie aus dem Leben gerissen worden waren. Vielleicht war gerade dieses Erleben entscheidend rur den Willen, sich zur deutsch- französischen und internationalen Verständi- gung und Freundschaft zu bekennen. In den folgenden Jahren wurde Baerenthal zu einem gern angesteuerten Ziel rur Jugendgruppen.
Dank der aufgeschlossenen Berichterstat- tung in den Medien begann Baerenthal bereits injener Zeit, fur die Karlsruher Bevölkerung ein Begriff zu werden. So entwickelten sich vielseitige persönliche Kontakte, und auch so manche Freundschaft wurde geschlossen. Baerenthal entwickelte sich hervorragend und konnte im Laufe der Jahre erweitert werden. Zahlreiche nationale und internationale Begegnungen in der heutigen Jugendfreizeit- und Bildungsstätte sind nach meiner Über- zeugung den jeweiligen Teilnehmern in prägender Erinnerung geblieben. Eine politi- sche Wertung der Jugendarbeit kam in einem Grußwort des Bürgernleisters von Baerenthal,
Edourd Jund, 1993 zum Ausdruck: "Baeren- thai hat mit dem Karlsruher Jugendzentrum am Robert-Schumann-Platz eine ehrenhafte Stelle in der Familie der freien Völker Euro- pas cingcnonunen." Ein besseres Zeugnis kann der in Baerenthal seit Jahr und Tag ge- lebten und erlebten deutsch-französischen Freundschaft nicht ausgestellt werden.
Die Zul ... mft Baerenthals ist nach meiner Meinung auf Jahre gesichert!
In einem vor kurzem herausgegebenen Prospekt des Stadt jugend ausschusses " Baeren- thai 2000" umreißt der heutige Vorsitzende die Aufgaben wie folgt: . "Auf der sicheren Grundlage einer lebendigen Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland wer- den wir Menschen aus verschiedenen Regio- nen Europas eine Stätte des friedlichen und h?rmonischen Zusanunenlebens bieten. Wir werden uns der permanenten Diskussion stellen, damit die Jugendfreizeit- und Bildungs- stätte sowohl Wegbereiter neuer Ideen sein, als auch bewährte, erfolgreiche Konzepte weiterfuhren kann."
Dies ist wohl der richtige Weg flir "Bae- renthal", auf dem meine besten Wünsche den Stadtjugendausschuß begleiten.
Die Fragen slellle ManJred Koch
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Biographien
Karoline von Günderrode (1780-1806)
Die Dichterin Karoline von Günderrode gilt vielen als die romantische Frau schlecht- hin, und das weniger wegen ihres Werkes als vielmehr wegen ihres Todes. Am 11. Februar 1780 kam sie in Karlsruhe zur Welt und erdolchte sich, nur 26 Jahre alt, am 26. Juli 1806 in Winkel am Rhein. Sie hinterließ ein schmales Werk - Gedichte, Dramalette, Briefe -, das lange Zeit in Vergessenheit geriet. 1840 veröffentlichte Bettina von Arnim, geb. Brentano, den Briefroman "Die Günderrode", der den von ihr überarbeiteten Briefwechsel zwischen den beiden Frauen enthält. 1920 erschien dann das dichterische Gesamtwerk der Günderrode, 1978 gab Christa Wolf ausgewählte Schriften der Dichterin heraus. Wolfs einleitender Essay war der erste Versuch, die Günderrode aus dem Bild der in schwärmerischer Sentimentali- tät aufgelösten Romantikerin zu befreien, in die die Nachwelt die Dichterin gesperr! hatte. Sie zeichnet dagegen eine junge Frau, deren Leben durch einen nüchtern-klaren Blick auf ihre Zeit und illre eigenen Möglichkeiten geprägt war. Schon 1801 schrieb die Günderrode an Gunda Brentano: "Ich habe keinen Sinn rur weibliche Tugenden, fur Weiberglückseligkeit" und meldete damit einen Anspruch an ein Leben an, den ihr ihre Zeit nicht erfullen wollte.
Karoline kam als erstes von sechs Kindern des markgräflichen Kammerherrn Hector Freiherr von Günderrode auf die Welt. Der Vater starb, als Karoline sechs Jahre alt war. Die Mutter zog mit ihren Kindern nach Hanau. Als .17jährige wurde das verarmte Fräulein von Günderrode in einem Frankfur- ter Stift rur unverheiratete adlige Damen aufgenommen. Hier in Frankfurt und auf Reisen erwarb sie einen Freundeskreis, zu dem Bettina und Clemens Brentano, Carl von
Savigny und Lisette Nees von Esenbeck zählten. Sie widmete sich dem Studium der Geschichte und Philosophie und las die Werke ihrer Zeitgenossen Goethe, Schiller, Hölderlin usw. 1m August 1804 lernte sie den Altertumswissenschaftier Friedrich Creuzer kennen. Die Liebe der bei den blieb unglück- lich, denn Creuzer war schon verheiratet. Doch gab es Momente in ihren Begegnungen, die es möglich scheinen ließen, als könnte man Liebe und Arbeit verbinden. Die Günderrode halte schon unter dem Pseudo- nym "Tian" - weibliche Autorschaft war damals kaum denkbar - " Gedichte und Phantasien" veröffentlicht. Creuzer nun machte sich daran, die Publikation eines weiteren Bandes vorzubereiten, der wlter dem Pseudonym "Jon" erscheinen sollte. Als er dann, weil er seine Ehe nicht auflösen konnte, im Juli 1806 die Beziehung zu der Günderrode beendete, bedeutete dies rur die
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Frau nicht nur das Ende einer Liebe, sondern letztlich auch das Ende ihrer Möglichkeiten als Dichterin. Und das vor allem wollte sie sein. 1804 schrieb sie in einem Brief an Clemens Brentano: "Denn immer neu und lebendiger ist die Sehnsucht in mir, mein Leben in einer bleibenden Form auszuspre- chen, ... die würdig sei, zu den Vortrefflich- sten hinzutreten, sie zu grüßen und Gemein- schaft mit ihnen zu haben." Für eine Frau
damals ein maßloser Wunsch. Über ihren Tod meinte die Freundin Lisette Nees: "Sie fiel, ein Opfer der Zeit, mächtiger in ihr wirkender Ideen ... eine unglückliche Liebe war nur die Form, unter der dies alles zur Erscheinung kam." Auch andere Zeitgenossen - Hölderlin und Kleist z. B. -scheiterten an ihrer Zeit. Die Günderrode gehört, wie Anna Seghers meinte, in ihre Kreise - jenseits aller "Weiberglückseligkeit" . Susanne Asche
Helmuth Klotz (1894-1943)
Nur selten wird einem Lebensweg nachge- gangen werden können, der so dramatisch, so exemplarisch verlaufen ist wie der des Dr. Helmuth Klotz. Dramatisch deshalb, weil die Stationen seines Lebens oft einer zwingenden Notwendigkeit zu gehorchen scheinen, exem- plarisch, weil sein Weg die Zeit des politischen Ungeistes erkennen läßt, der das Leben von Helmuth Klotz ausgelöscht hat.
1909 kommt der Vater, Dr. jur. Adolf Klotz, als großherzoglich-badischer Verwal- tungsgerichtsrat mit seiner Frau und den Kindern Erika und Helmuth nach Karlsruhe. Der 1894 geborene Helmuth konnte, da die Einberufung als Seekadett der Kaiserlichen Marine vorlag, die Abiturprufung an der Helmholtz-Oberrealschule vorzeitig ablegen.
Als hochdekorierter Offizier der Kaiserl i- chen Marine beginnt Helmuth Klotz sofort nach Kriegsende ein Studium. Rostock, Freiburg und Frankfurt sind die Studienorte, bereits 1921 wird Helmuth Klotz in Frankfurt zum Doktor der Staatswissenschaften promo- viert.
1922 reist Klotz als Vorsitzender der Deutschvölkischen Freiheitspartei in Frank- furt nach München zu Hit1er. Mit Handschlag besiegelt er mit Hitler ein Bündnis, das verhängnisvoll wird. Wie viele junge Welt-
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kriegsteilnehmer trieben auch ihn Enttäu- schung und Verbitterung über den vermeintli- chen Verrat der "Novemberverbrecher" 10 die Arme der Völkischen".
Die Teilnahme am Hitlerputsch am 9. November 1923 ist eine der Notwendigkeiten in seinem Leben. Die Ernüchterung während der Haft in Landsberg, das "Kennenlernen" Hitlers und die anschließende Trennung von ilun und seiner Partei markiert die nächste Station. Klotz hat erkannt, daß Hitler den Sozialismus nur als Mittel · zum Zweck der Massengewinnung auf seine Fahnen ge- schrieben hat, aber keinesfalls gewillt war, ihn zu verwirklichen. Gar manche Feinde hat sich Klotz durch seine Abkehr von der NSDAP bereits zugezogen, Hitler, Göring, Rosenberg und Streicher.
Klotz wird zu einem unerbittlichen Gegner der sich immer ungezügelter zeigenden NSDAP. Dr. Goebbels versucht durch üble Verleumdungen diesen seit 1929 zur SPD gehörenden Neuorganisator der Gegenpropa- ganda mundtot zu machen. Zum Ärger des späteren Reichspropagandaministers erwei- sen sich die Unterstellungen stets als Lügen, und Goebbels bleibt ein weiterer Hasser.
Als Klotz 1932 die "Röhm-Briefe" flir die SPD unter seinem Namen veröffentlicht und
sogenannte "Ehrenranglisten" der fUhrenden Männer in der NSDAP herausgibt, die die schändlichen Verfehlungen bis hin zu Mordtaten anprangern, verprügeln vier Reichstagsabgeordnete der NSDAP ihren Widersacher Klotz im Foyer des Reichstages.
Im Februar 1933 flieht Klotz nach Prag. Im Mai desselben Jahres beginnt fur Helmuth Klotz und seine Frau Maria in Paris die bittere Zeit eines Lebens im Exil. Klotz schweigt nicht; das "Tagebuch eines Reichswehr- generals", ein "Weißbuch" über die Morde des 30. Juni 1934, "Der neue deutsche Krieg" waren Veröffentlichungen, die die National- sozialisten stark beunruhigten. Die Zusam- menarbeit mit Max Braun, dem saarländi- schen Gegner Hitlers, der wiederholte Versuch zur Bildung einer Volksfront und einer Deutschen Legion sind die vorletzten Stationen des Helmuth Klotz im Kampf gegen Hitler.
Im Juli 1940 wird Helmuth Klotz von der Vichy-Regierung der Gestapo ausgeliefert.
KZ Sachsenhausen und Plötzensee sind die letzten Stationen aufseinem Weg. HaßerfUllt verkündet Roland Freisler in seinem ersten Prozeß dem Angeklagten das Todesurteil. Am 3. Februar 1943 stirbt Helmuth Klotz in PJötzensee. "In mir ist kein Gefiihl der Anklage gegen meine irdischen Richter .. . Die Stunde ist gekommen ... Gott segne Dich meine Maria", i~t in seinem letzten Brief an seine Frau zu lesen. Herberl Linder
Georg Bredig (1868-1944)
Fritz Haber unterschied einmal bei den Wissenschaillern "Nomaden" und "Acker- bauern" : Erstere streiften auf ihrem Fachge- biet umher und entdeckten Neuland; letztere aber machten es urbar. In Habers schlesi- schem Landsmann Georg Bredig, 1868 in Glogau geboren, begegnet uns der hart arbeitende Ackersmann. Er gehörte noch zur ersten Generation derer, die das gerade entdeckte Neuland umbrachen - hier das Terrain der Physikalischen Chemie, das sich hinter der organischen und anorganischen Chemie auftat.
In dem Leipziger Physikochemiker Ost- wald, gewissermaßen einem der "Nomaden", fand der Doktorand und Assistent einen
erstklassigen Lehrmeister. Doch das genügte Bredig noch nicht, und er holte sich zusätzliche Kenntnisse bei vergleichbaren Kapazitäten in Amsterdam, Paris und Stockholm ein, bei van t'Hoff, Berthelot und Arrhenius. Er war längst gut bekannt, als er 1911 fUr die Nachfolge auf den renommierten Karlsruher Lehrstuhl fur Physikalische Che- mie und Elektrochemie im Gespräch war. Die sehr wählerische Fakultät zögerte nicht, Bredigs Berufung mit überschwenglichen Bewertungen vorzuschlagen: Breite und Tiefe seines Wissens, augenfallig in den bemerkenswert vielen wissenschaillichen Veröffentlichungen, sowie die Zahl seiner Schüler flößten ihr Respekt ein. Bredig erhielt
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den Ruf und nalun ilm anstandslos an. Die Karlsruher Idylle währte nur kurz:
Der Kriegsausbruch von 1914 erschütterte den sensiblen Forscher zutiefst. Zuviel verdank1e er den geistigen Reichtümern Europas, dem Humanismus zumal, als daß er ihre nachhaltige Beschädigung oder ihren Verlust je hätte verwinden können. Der vermeintlich stille Gelehrte fOhlte sich daher bald zu politischen Bekenntnissen gedrängt: Er ließ sich eine pazifistische und demokra- tisch-republikanische Einstellung anmerken, und wenn es sein mußte, tat er es deutlich wahrnehmbar. Etwa 1919/ 20, als er gegen we antisemitischen Aufwallungen in der Karlsruher Studentenschaft entschieden Front machte, oder 1922123, auf dem Höhepunkt der politischen Wirren in Deutschland, als er das schwierig gewordene Rektoramt versah.
Die letzten Jahre seiner aktiven Profes-
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sorenzeit wurden bereits von den Folgen mehrerer Operationen überschattet. Es sollte aber noch schlimmer werden: 1933 bekam er den explodierenden Antisemitismus mit aller Wucht zu spüren. Sogar aus seiner nächsten Umgebung stanunten einige der ebenso dununen wie gehässigen Denunziationen. Bredig wehrte sich tapfer; Kollegen und Schüler suchten ebeufalls, die Anschwärzer zum Schweigen zu bringen. Doch es genügte, daß Bredig Jude war, was er nie verhehlt hatte. Demgegenüber wog sein wissenschaft- licher Ruf nichts mehr - die zweifache Ehrendoktorwürde, die Mitgliedschaften in in- und ausländischen Akademien, von anderen Ehrungen ganz zu schweigen. Nur mit Mühe vermochte Bredig seine Entlassung abzuwenden und die ordnungsgemäße Emeri- tierung durchzusetzen. Für dieses Recht mußte er - es ist unfaßbar - sich schriftlich verpflichten, "der deutschen Regierung keinerlei Schwierigkeiten zu machen".
Leider vereinsamte Brcdig schnell. Seine Frau war schon gestorben, die beiden Kinder emigrierten bald in die USA, im übrigen schloß er sich verängstigt gegen seine Umwelt ab. Im Sommer 1939 gestattete man ihm die Übersiedlung nach Holland, und im März 1940 genehmigte ihnl das Reichserziehungs- ministeriunl (einstweilen bis 1942), zu seinen Kindern zu ziehen. So entging Bredig mit knapper Not der deutschen Besetzung Hollands, 1944 beschloß er in New York, gebrochen und verarmt, sein ehedem glanz- volles Gelehrtenleben. Klaus-Pe/er Hoepke
Wilhelm Nokk (1832-1902)
Bei seiner Verabschiedung 1901 war er siebenmal zu Dr. h.c. und außerdem zum einzigen "Ehrendiplomingenieur" jenes Polytechnikums ernannt worden, das unter seine Ägide 1885 zur Technischen Hochschu- le erhoben wurde, und der Stadt Karlsruhe blieb er als Ehrenbürger verbunden.
1832 als Sohn eines Gymnasialprofessors in Bruchsal geboren, trat er 1860 nach einem Rechtsstudium in den badischen Staatsdienst ein. Als Sekretär des neuerrichteten Ober- schulrats geriet er mitten in den Kulturkampf, und so wirkte er arn ersten deutschen Schulaufsichtsgesetz 1864 mit, in dem der Staat die Funktion der geistlichen Aufsicht in den Volksschulen übernahm. Als Referent in Kirchensachen im Innenministerium erlebte er den Aufstieg seines Freundes Jolly zum Minister, dem er eng verbunden blieb, wenn auch als Katholik weniger stringent in seinen Maßnahmen als sein kombattanter protestan- tischer Vorgesetzter. Die Mitarbeit am "Kultur-Examensgesetz" - staatliche Pflicht- prüfungen fur junge Theologen -, das Ringen um die Ortsschulräte, die der bald sich formierende politische Katholizismus ab- lehnte, und manch andere, nicht gerade liberale Aktionen der Nationalliberalen, fur die er 1867-70 ein Abgeordnetenmandat in der 11. Kammer wahrgenommen hatte, machten ihn auch in Preußen bekannt. Doch das "Babyion" Berlin schreckte den Karlsru- her ab und zudem die I 000 Gulden minderen Jahreseinkommens, um als Vortragender Rat unter Bismarck seine Kulturkampferfahrungen einzubringen. Sein Bleiben wurde 1874 mit dem Direktionsposten des Oberschulrats belohnt, wobei er entgegen der üblichen Verwaltungspraxis auch noch die Aufsicht über die Hochschulen behielt, eines seiner Steckenpferde. Das Simultanschulgesetz er-
regte weite Teiie der Bevölkerung in einem Maße, daß Großherzog Friedrich I. Jolly entließ und Abstand davon nahm, daß die Mehrheitsfraktion auch die Minister steilte. 1881 wurde nach einer Neuordnung der Staatsregierung Nokk Minister flir Justiz und Kultur flir zwei Jahrzehnte, 1893 Präsident des Staatsministeriums, also Regierungschef. Seiner vorsichtigen, taktvollen Art verdankte er es - bei aller Loyalität gegenüber der Krone - die Kulturkampfgesetzgebung lang- sam abbauen zu können. Partner war ihm dabei der neue Erzbischof Orbin, der nach 14jähriger Vakanz dem Freiburger Ordinari- at vorstand. Bedenkt man, daß 1874 ein ganzer Jahrgang junger Priester in Haft genommen worden war, über 400 Pfarreien unbesetzt blieben und katholische Bevöl- kerungsteile unversöhnt dem badischen Staat gegenüberstanden, so verdient das friedens- stiftende Werk des breit gebildeten, beschei- denen und unermüdlich fleißigen Wilhelrn
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Nokk jene Anerkennung, die ihm die Nachwelt zollte, während er freilich in den Kampljahren Gegner in beiden Lagern fand. Auch mit seinem Großherzog mußte er ringen, der ihm 1899 schrieb: "Die Schwar- zen und die Roten sind noch schlimmere Feinde als der Gegner von 1870", so einem Nachlaß zu entnehmen, den jüngst das Generallandesarchiv angekauft hat. Die Neuzulassung der Männerklöster wurde in
Baden sogar erst kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs zugelassen, weil man bestimmte Institutionen immer noch zu den "Reichs- feinden" zählte und auch Katholiken es schwer machte, in ftihrende Positionen zu gelangen. Daß ein wahrlich Liberaler wie Nokk, der dem Doktrinarismus eines natio- nalliberalen Lagers sehr skeptisch begegnete, tiefe Gräbern zuschütten half, ist von all seinen Meriten am meisten zu schätzen.
Leonhard Maller
Magdalena Neff geb. Meub (1881-1966)
Als im September 1893 das erste Mädchen- gymnasium Deutschlands inder Sophienstraße 12 eröffuet wurde, war unter den Schülerin- nen, die gleich den Jungen eine humanistische Schulbildung erhalten sollten, auch die zwölljährige Magdalena ("Lina") Meub. Im Gegensatz zu vielen anderen Mädchen, die aus allen Teilen Deutschlands kamen, wurde ihr die Chance in ihrer Heimatstadt Karlsruhe geboten. Ihre Eltern - der Vater war
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Bäckermeister - bewiesen mit der Entschei- dung, ihrer Tochter eine Mädchen bisher verwehrte Schulbildung zu ermöglichen, viel Mut und Weitblick. Nach Jahren angestreng- ten Lernens - die Schülerinnen, die z. B. Latein in kürzester Zeit nachlernen mußten, waren anfangs mißtrauisch beobachtete Objekte nicht nur pädagogisch-behördlicher Neugier - legte Lina zusammen mit drei anderen Mädchen am 19. Juli 1899 als erste nicht externe Abiturientinnen die mündliche Abschlußprüfung ab.
Sie entschied sich, Apothekerin zu werden. Wie lange üblich, gehörte dazu erst eine praktische Ausbildung in der Apotheke. Ein Zeitgenosse bewertete ihren Eintritt in die Krauss 'sche Apotheke in Elzach als "allerer- ste gleich den jungen Männern vorbereitete Elevin" zum "Beginn einer neuen Ära". Die Pionierin in einem Berufsfeld, in dem heute sehr viele Frauen arbeiten, erhielt in Elzach eine . gute Ausbildung und bestand nach zweijähriger Lehrzeit die Gehilfenprüfung mit "sehr gut". Drei Gehilfenjahre in LichtenthaI, Karlsruhe und Kehl schlossen sich an.
Für Frauen war es damals extrem schwer, eine Lehr- und GehilfensteIle zu finden . Sie
trafen auf die Zurückhaltung, ja Ablehnung von Lehrherren und Behörden, in vielen Teilen des Kaiserreichs wurden die Frauen nicht zur Gehilfenprüfung zugelassen. Im Großherzogtum Baden und im Königreich Württemberg waren die Bedingungen noch am günstigsten (offizielle Zulassung 1899). Viele Apothekenbesitzer zogen es vor, Männer einzustellen oder erwarteten von den Frauen Sonderdienste. Lina Meub empörte sich einmal: "Die übrigen betrachten ein Engagement offenbar als ein Gnaden- geschenk und stellen Bedingungen, daß einem vor Verwunderung die Haare zu Berge stehen .. . Unter anderem wollte er Auskunft über meine Stellung zur Hausfrau und deren Arbeitsfeld. Wir sollen also offenbar in unserer ohnehin knapp bemessenen freien Zeit uns mit Haushaltungsarbeiten, Wäsche in Stand halten u. dgl. beschäftigen?"
Die damaligen Jungapothekerinnen waren sich ihrer Vorreiterrolle sehr bewußt. Sie standen untereinander in Kontakt und gründeten auf Initiative Lina Meubs und Sophie Wißmars, ,einer anderen angehenden Apothekerin, einen streng organisierten
Berufskreis. In ihren Rundbriefen schufen sich die Pionierinnen, die vielfaltigen persönlichen und praktischen Problemen ausgesetzt waren, eine sehr moderne Form der Selbstvergewisserung, der gegenseitigen Beratung und Unterstützung. Die Briefe dieser Aktion werden von Rüdiger Rombach, Enkel Lina Meubs und Apotheker wie sie, aufbewahrt. Nach Abschluß ihrer Gehilfen- jahre begann Meub 1904 ein viersemestriges Pharmaziestudium an der Technischen Hoch- schule Karlsruhe. Auch die Studienjahre waren geprägt von harter Arbeit, großem Einsatz und wenig komfortablen Verhältnis- sen. Das Staatsexamen bestand die Karlsru- her Abiturientin mit "sehr gut". Sie heiratete einen Kollegen, den Apotheker Adolf Nett. Die Eheleute erwarben die Löwen-Apotheke in Ehingen an der Donau und fiihrten sie gemeinsam nahezu 50 Jahre lang. 1964 wurde Magdalena Neff als der ersten deutschen Apothekerin und Bahnbrecherin in diesem Beruf die Lesmüller-Medaille, die höchste Auszeichnung des Deutschen Apotheker- bundes, verliehen. Magdalena Neff starb 1966. Margarele Kraft
Ernst Wagner (1832-1920)
In einem Nachruf auf seinen Tod am 2. März 1920 hieß es, er sei unter den Karlsruher Behördenleitern "die Exzellenz unter den Exzellenzen gewesen". So als Geheimrat geehrt, verdankt er dies Großher- zog Friedrich 11., dem er als Prinzenerzieher bis zu dessen Abitur verbunden war. 1832 als Sohn eines Pfarrers zwar in Karlsruhe , geboren, aber in Württemberg aufgewach- sen., studierte er in Tübingen Theologie, Philologie und Naturwissenschaften und begann nach Promotion und theologischen Staatsprüfungen mit dem Lehramt. Zwei
Jahre war er in England Erzieher im Haus Russel, dem Außenminister der Regierung Palmerston. Nach Deutschland heimgekehrt, schlug ihn der geistige Intimus des Großher- zogs Friedrich 1., Professor Gelzer, als Erzieher des Erbprinzen vor, und in der eigens gegründeten "Friedrich-Schule" , de- .ren Leitung Wagner anvertraut wurde, unterrichtete der breit Gebildete sowohl moderne Fremdsprachen wie Mathematik und Naturwissenschaften. Zugleich Mitglied des Oberschuirats, nahm der Hofrat am Umbruch des badischen Schulwesens teil. Sein vertrau-
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ensvolles Verhältnis zum Großherzogs-Paar war nicht ohne pädagogische Spannung, zumal er "trotz höfischem Rock mit starkem altdemokratischem Öl gesalbt war" - Erinnerungen an 1848.
Nach Großjährigkeit des Erbprinzen 1875 wurde er im Nebenamt "Großherzoglicher Conservator der Altertümer und der mit ihnen vereinigten Sammlungen", das erst 1891 sein Hauptamt wurde. Diese Sammlungen waren auf engem Raum zusammengepfercht; erst 1872 wurde nach dem Vorbild des Bayeri- sehen Nationalmuseumsjener Neubau fertig- gesteIlt, der heute "Museum am Friedrichs- platz" heißt. Später schrieb Wagner über diesen Bau, er sei "ein Muster, wie er nicht sein sollte; der Fassade zulieb wenig Licht, allzu gleichformige Räinne ohne Beziehung zum Inhalt". Man hatte zu wenig Erfahrung mit modemen Museen und meinte, die Wände
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"bis an die Decke hinauf mit Sammlungs- gegenständen reich auszieren" lassen zu können. Die Berichte der folgenden Jahre sind angeflillt von Wagners Bitten um eine Verbesserung der Präsentation. Die Samm- lungen wuchsen nicht zuletzt durch Wagners eifrige Tätigkeit als - autodidaktischer - Archäologe in Baden, von Funden aus der Steinzeit bis zu den Merowingern, und die mehrbändige Reihe über die Fundorte zeugen vom immensen Fleiß des Oberschulrats, der Dienstreisen zu Abiturprüfungen mit Ausgra- bungen verband. Dem Pädagogen war wichtig, das Museum auch als Lehrinstitut zu gestalten, und noch als 80jähriger übernahm er Führungen rur Arbeiterbildungsvereine. 1881 war Wagner treibende Kraft fur den "Karlsruher Altertumsverein" , dem er als l. Vorsitzender 30 Jahre diente. 1885 erreichte diese Gesellschaft einen Höhepunkt mit der Ausrichtung der 16. Versammlung der " DeutschenAnthropologischen Gesellschaft" in Karlsruhe. Als imN ovember 1918 Friedrich II. das Schloß verlassen hatte, schlug man diesen Ort als Sitz des neuen "Badischen Landesmuseums" vor. Bittere Kritik übte das "Karlsruher Tageblatt" am bisherigen Zustand des Museums, das Wagner selbst nicht ohne Skepsis betrachtete, "barbarische Einrichtungen mit dem Moder- geruch eines Herbariums". Seinen Antrag auf Pensionierung richtete der 87jährige an die "Vorläufige badische Volksregierung", und als er vor 75 Jahren starb, trauerten Kundige einem unb.ürokratischen Initiator nach, von "unnachahmlicher Heiterkeit, Schlagfertig- keit des Geistes und unbezwingbarer Lie- benswürdigkeit des Auftretens."
Leonhard MillIer
Fridel Dethleffs-Edelmann (1899-1982)
Früh schon stand der Berufswunsch von Fridel Edelmann fest, die 1899 in Hagsfeld bei Karlsruhe geboren wurde und hier ihre Kindheit und Jugendzeit verbrachte: Sie wollte Malerin werden. Doch ein solches Berufsziel war im frühen 20. Jahrhundert - zumal ftir eine Frau - keineswegs selbstver- ständlich und war nur unter äußerst er- schwerten Bedingungen möglich. Das Studi- um an der Karlsruher Akademie blieb Frauen - wie auch an den meisten anderen Kunst- hochschulen in Deutschland - bis 1919 ver- wehrt. Erst der in der Weimarer Verfassung verankerte Gleichheitsgrundsatz der Ge- scWechter bewirkte schließlich die generelle Öffnung staatlicher Ausbildungsinstitute.
So wurde Fridel Edelmann zunächst Privatschülerin von Wilhelm Trübner. 1916/ 17 besuchte sie kurzzeitig die Badische Kwtstgewerbeschule und anschließend die Malerinnenschule in Karlsruhe, die 1885 wtter dem Protektorat der Großherzogin gegründet worden war. In einem seit 1915 handschrifUich gefuhrten " Arbeitskalender" äußerte sie sich 1917 wenig begeistert über den Unterricht, der ihr offensichtlich zu wenig professionell ausgerichtet war. Seit 1921 wird ihr Name in den Schülerlisten der nwt "Badische Landeskwtstschule" genannten Akademie in Karlsruhe geftihrt; sie besuchte den Unterricht im figürlichen Zeichnen bei Herrnann Gehri wtd trat 1923 in die Graphikklasse von Ernst Würtenberger ein wtd wurde 1925 seine Meisterschülerin. 1928/29 folgten Studienaufenthalte in Paris wtd Florenz.
In den frühen 20er Jahren entstanden, oft im engen kiinstlerischen Austausch mit dem Maler Hans Schöpflin, zahlreiche Land- schaftsbilder in der Nachfolge Hans Thomas, vorwiegend mit Motiven aus dem Schwarz-
wald, darüber hinaus aber auch skizzenhaft- impressionistische Aquarelle. Blumenstücke wtd Portraits im Stil der Neuen Sachlichkeit bilden die Schwerpunk1e in der Malerei der späten zwanziger und dreißiger Jahre, die wohl die produktivste Schaffenszeit der Künstlerin gewesen sind. Anerkennwtg und erste Erfolge stellten sich bald ein : 1926 wurden die auf dunklem Grund gemalten "Winterastern" ftir die Kwtstsammlwtgen der Stadt Karlsruhe erworben, 1930 erhielt ihr Blumenbild "Altmodischer Strauß" in der Ausstellwtg "Das Badische Kunstschaffen" eine silberne Medaille. Zwei Jahre später errang sie mit ihrem "Selbstportrait" , das 1933 von der Staatsgalerie München ange- kauft wurde wtd heute zu den bekanntesten Arbeiten der Künstlerin zählt, den I . Preis im Wettbewerb "Die Frau im Bilde", der vom badischen Staat und der Stadt Karlsruhe gemeinsam ausgeschrieben worden war. Selbst in der NS-Zeit hatte die Malerin Erfolge: Ihre Werke waren regelmäßig auf beachteten Ausstellwtgen vertreten, -insbe-
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sondere auf der "Großen Deutschen Kunst- ausstellung" in München.
1931 heiratete Fridel Edelmann den Fabrikanten Arist Dethleffs aus 1sny im Allgäu und führte seither den Doppelnamen Dethleffs-Edelmann. Ihre einzige Tochter Ursu1a, die später ebenfalls Künstlerin wurde, kam 1933 auf die Welt. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unter- nahm das Ehepaar mehrere Auslandsreisen mit einem eigens zum Atelier ausgebauten Wohnwagen. Mit den Kriegsjahren fand die künstlerische Tätigkeit jedoch zwangsläufig ein Ende - Arist Dethleffs wurde zum Kriegsdienst eingezogen, seine Frau über-
nahm die Leitung der Campingwagenfabrik in Isny.
Nach 1945 wandte sich Fridel Dethleffs- Edelmann einer völlig gewandelten, im Zwischenbereich von Gegenständlichkeit und Abstraktion angesiedelten Bildsprache zu. Ihr Themenrepertoire änderte sich gleichwohl nicht - auch im Spätwerk dominierten Blu- menbilder und Landschaften, die die Eindrük- ke zahlreicher Reisen widerspiegeln. Ge- meinsam mit ihrem Mann grundete sie 1947 die "Sezession Oberschwaben-Bodensee", der so bekannte Künstler wie Max Acker- mann, RAP Grieshaber und Otto Dix bei- traten. Ursula Merkel
Hermann Levi (1839-1900)
Als Nachfolger des siebzigjährigen Hofka- peilmeisters Joseph Strauß, der seit 39 Jahren die großherzogliehe Badische Hofkapelle geleitet hatte, verpflichtete der Theaterdirek- tor Eduard Devrient ab 1864 den Dirigenten der Deutschen Oper in Rotterdam Herrnann Levi . Da der Großherzog Friedrich I. am 4. Oktober 1862 mit dem Gesetz über die bür- gerliche Gleichstellung der Juden die Eman-
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zipation der etwa 24 000 Juden in Baden legalisiert hatte, gab es keine Bedenken, den hochbegabten Kapellmeister, der aus einer jüdischen Rabbinerfamilie stammte, in eine exponierte Position zu berufen. Levi war allerdings im ersten Jahr mit dem seit 1854 am Hoftheater wirkenden Dirigenten Wil- helm Kalliwoda, der ebenfalls in die erste Position strebte, gleichgestellt. Nach einem einjährigen edlen Wettstreit, wobei beide in Sinfoniekonzerten abwechselnd dirigierten und als Pianisten zusammen auftraten, konn- te sich Levi als der dynamischere Orchester- leiter für die leitende Chefposition durchset- zen.
Mit Levi, der bei Vincenz Lachner in Mannheim und am Leipziger Konservatorium studiert hatte, kam zum ersten Mal ein Or- chesterleiter moderner Prägung nach Karlsru- he. Schon bei der Probe fur seine Antrittsvor- stellung "Lohengrin" bemerl.1e Devrient, daß der Kapellmeister nicht durchspielen ließ, sondern häufig unterbrach, um einzelne Passagen auszuarbeiten. Der Münchener
Intendant Ernst von Possart hat Levi so beschrieben: "Mit dem kurzen Emporrecken seines geistreichen Kopfes, einem Blitz des ausdrucksvollen Auges, befeuerte er die Sänger auf der Bühne, und der lebhaft wechselnde Ausdruck seines Gesichtes sprach beredter zu den Musikern, als es die pomphafte Geste eines landläufigen Kapell- meisters je vermochte." - Die Karlsruher Hofkapelle umfaßte in der Ära Levi 48 Musiker. Auf dem Repertoire standen jährlich etwa 40 Opern, aber auch bei großen Schauspielen wirkte die Hofkapelle mit; man gab "Egmont" mit der Musik von Beethoven, "Sommernachtstraum" mit Mendelssohns Bühnenmusik. Eduard Devrient bevorzugte die Opern von Gluck und Mozart, die er in eigenen Bearbeitungen aufführte. Levi, der die französische und italienische Sprache beherrschte, verbesserte das verstaubte Operndeutsch mit eigenen Übersetzungen.
Durch Levis Initiative erschienen nun die Werke Wagners immer häufiger im Karlsru- her Repertoire. Unter seiner Leitung wurden 1869, wenige Monate nach der Münchener Uraufführung, "Die Meistersinger von Nürn- berg" erstaufgefiihrt, eine Großtat des Badischen Hoftheaters, WOM jeder Mitwir- kende vom Großherzog eine Extra-Gratifika- tion erhiel t. In den 8 Jahren der Ära Levi gab es viele bemerkenswerte Neueinstudierun- gen, unter anderem "Alkeste" , "Annida" und "Iphigenie auf Tauris" (Gluck), "Medea" (Cherubini), "Lohengrin" und "Rienzi" (Wag- ner)' ,,Afrikanerin" und "Prophet" (Mcyerbeer) sowie alle großen Mozart-Opern. In "Barbier von Sevilla" mit der berühmten Pauline Viardot-Garcia als Rosine stellte Levi erst- malig die. Rezitative der Originalfassung wie- der her. 1867 dirigierte er die Erstaufführung der Oper "Genoveva" von Robert Schumann, eine besondere Huldigung an Cl ara Schu- mann, die damals mit ihren Kindern in Baden ansässig war. Sie kam oft nach Karlsruhe,
musizierte mit Levi, trat in Konzerten auf und besuchte ihren Sohn Ludwig, der hier zur Schule ging und bei der Familie des Kon- zertmeisters Will wohnte.
Wenn Levi mittwochs die Gastvorstellun- gen der Karlsruher Oper in Baden-Baden dirigierte, besuchte er die Familie Schumann und traf meist auch Johannes Brahrns, der die Sommermonate in Lichtental verbrachte. Mit Brahrns entwickelte sich eine innige Freund- schaft, so daß der Komponist häufig bei Levi in Karlsruhe logierte, zuerst in der Herren- straße 48, ab 1865 in der Grünwinkler Allee I (heute Bismarekstraße 31). Unter Levis Leitung spielte Brahrns im Museumskonzert 1865 sein Klavierkonzert op. 15 mit großem Erfolg, nachdem die Uraufführung sechs Jahre zuvor im Leipziger Gewandhaus ein vi'lliger Mißerfolg gewesen war. Brahrns ließ jetzt mit Vorliebe seine neuen Werke unter Levi in Karlsruhe aufführen. So erklangen in diesen Jahren hier als Uraufführungen: 10 Liebesliederwalzer op. 52 (1869), das "Schicksalslied" (1871) und das "Triumph- lied" (1872). Levi brachte 1869, kurz nach der Bremer Uraufführung, "Ein Deutsches Requiem" und erreichte, daß Brahrns zur Wiederholung nach Karlsruhe kam und selbst dirigierte. Als Levi die "Matthäus-Passion" leitete, spielte Brahrns den Orgel part.
Die Freundschaft Levi - Brahrns war im Grunde eine Dreierbeziehung: der dritte im Bunde war der Graphiker Julius Allgeyer, der in Karlsruhe ein Foto-Atelier unterhielt und sich mit Brahrns schon zehn Jahre zuvor bei Begegnungen in Düsseldorfer Künstlerkrei- sen befreundet hatte. An freien Abenden tra- fen sich die Freunde bei der musikfreudigen Familie Veit Ettlinger in der Zähringerstraße. Sehr gerne speisten sie im Nassauer Hof, wo sie die jüdische Küche der Familie Reutlinger schätzten. Man diskutierte viel über Opern- projekte; denn Levi wollte aus Brahrns un- bedingt einen Opernkomponisten machen und
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veranlaßte einige Autoren seiner Bekannt- schaft, Libretti ftir Brahms zu schreiben. Der evangelische Pfarrer an der Karlsruher Stadtkirehe Emil Zittel dramatisierte den alttestamentlichen Stoff"Sulamith", A1lgeyer bearbeitete Calderons " Lautes Geheimnis", Anna Ettlinger verfaßte eine "Melusine". Auf Levis Anregung entwarf selbst Paul Heyse in München einen Operntext fur Brahms, ohne daß es gelang, den Komponisten als Konkur- renten von Wagner ftir das Musikdrama zu geWinnen.
Als sich 1870 der Theaterdirektor Devrient in den Ruhestand zurückzog, strebte Levi weg von Karlsruhe. Mit dem Nachfolger Wilhelm Kaiser, der wenig Sinn ftir die Oper hatte, verstand er sich nicht. Einer ehrenvollen Berufung an das Bayerische Hoftheater konnte er nicht widerstehen, obwohl ihm der Großherzog dieselbe Gage ,vie München bot,
das doppelte der bisherigen Bezüge. In München lockte ein erstklassiges Orchester von hundert Musikern und die Aussicht, neben "Tristan und Isolde " demnächst als erstes deutsches Opernhaus Wagners "Ring" geschlossen aufzuftihren. Am 5. Juni 1872 fand in Karlsruhe mit der Urauffiihrung des "Triumphliedes" von Brahms ein festliches Abschiedskonzert statt, bei dem der Bariton Julius Stockhausen mitwirkte, WOM Brahms eigens einige Lieder instrumentierte hatte. Clara Schumann spielte das Klavierkonzert ihres Mannes, und Levi dirigierte dazu die Achte Sinfonie von Beethoven. Damit endete glanzvoll die achtjährige Ära Levi in Karlsruhe. Mit Freund A1lgeyer siedelte er nach München über, wo er als Bayerischer Hofkapellmeister und Dirigent des Bayreu- ther "Parsifal" internationale Reputation erwarb. FrilhjofHaas
Großherzog Friedrich I. (1826-1907)
Das badische Herrscherhaus hat auf unübersehbare Weise Anteil an der Ge- schichte des Deutschen Kaiserreiches. Der badische Thronfolger Prinz Max von Baden verkündete 1918 als letzter Reichskanzler die Abdankung Kaiser Wilhelms II. Er beendete damit, was sein Onkel Großherzog Fried- rich I. 1871 in Versailles als Sprecher der deutschen Fürsten mit der Proklamation Kaiser Wilhelms I. eingeleitet hatte. Anton von Werner hat diese Szene im Auftrag Friedrichs I. in einem Bild festgehalten, des- sen Kopie in Baden-Baden ebenfalls verstei- gert wurde.
Großherzog Friedrich I. war mit einer 55jährigen Regentschaft ein " Glücksfall" ftir Baden. Er wurde am 9. September 1826 hineingeboren in die unruhige Zeit des Biedermeier und des Vormärz. Friedrich war
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der zweite Sohn des seit 1830 regierenden Großherzogs Leopold und seiner Frau, der schwedischen Prinzessin Sophie. Zusammen mit seinem älteren Bruder erhielt er eine mehr bürgerliche als militärische Erziehung. Bei seinen Studien 1843-45 in Heidelberg und im Winter 1847/48 in Bonn befaßte er sich, angeleitet durch die Professoren Häusser, Schlosser und Dahlmann, mit den Ideen des Liberalismus und des Nationalstaates. Sie bestimmten später die Leitvorstellungen seiner Regentschaft. Diese mußte er 1852 ftir seinen geisteskranken Bruder antreten, 1856 nahm er die Würde des Großherzogs an. Kurz danach heiratete er Luise von Preußen, die Tochter des späteren Kaisers Wilhelm 1., mit der er zwei Söhne und eine Tochter hatte.
Das Großherzogspaar gewann schnell die Sympathien der Landesbewohner, und die
Skandalgeschichten um die Thronfolge der Nachfahren Großherzog Karl Friedrichs aus zweiter Ehe verstununten. Großherzog Fried- rich I. gelang es, die NachwirJ,;ungen der Revolution von 1848/49 und deren Nieder- schlagung durch preußische Truppen mit einer gegen jede Reaktion gerichteten Politik zu überwinden. Vertrauen bei der Bevölke- rung und Autorität gewann er endgültig mit seiner Osterproklamation von 1860. Sie leitete eine "Neue ÄIa" der badischen Politik ein. Eine Verwaltungs- und Justizreform, die Aufhebung des Zunftzwangs und die Emanzi- pation der Juden brachten dem Land einen großen gesellschaftlichen und wirtschaftli- chen Modernisierungsschub. Im Kulturkampf mit der katholischen Kirche wurde die konfessionelle Simultanschule und die Zivil- ehe eingefUhrt.
Friedrichs Eheschließung mit einer preußi- schen Prinzessin war auch Ausdruck seines politischen Kurses. Dieser zielte auf die Schaffung eines leistungsfahigen klein- deutschen Nationalstaates unter preußischer Führung. An dieser Haltung hielt der Groß- herzog trotz der 1866 durch Verträge er- zwungenen Stellung gegen Preußen an der Seite Osterreichs in der schleswig-holsteini- schen Frage fest. Danach förderte er noch entschiedener als zuvor die Erreichung seines Lebenszieles. Daß der badische Fürst in Versailles das erste Hoch auf den deutschen Kaiser ausbrachte, hatte Symbolkraft. Wie kein anderer opferte er zugunsten der Nation eigene Souveränitätsrechte. Die badische
Armee wurde preußischerTruppenteil , Baden verzichtete auf eine eigene Telegraphen- und PosIverwaltung ..
Die Versuche Friedrichs 1., auch auf die Ausgestaltung der Reichsinstitutionen Ein- fluß zu nehmen, insbesondere eine stärkere Stellung der BundesfUrsten zu erreichen, blieben erfolglos. Seinem idealistischen Wollen fehlten klare Reformideen und die Fähigkeit zu machtpolitischem Kalkül. Bei aller sprichwörtlichen Liberalität blieb Fried- rich I. ein Gegner des Parlamentarismus. Diese monarchischen Vorstellungen waren aber, so sein Biograph W. P. Fuchs, " längst zum Untergang reif, bevor der Sturm über sie kam". Man/red Koch
Luise Riegger (1887-1985)
Im hohen Alter bezeichnete Luise Riegger sich selbst einmal als ein "wandelndes Geschichtsbuch". Geboren am 7. Januar 1887, erlebte sie den Ersten Weltkrieg und
das Ende des Kaiserreiches . Doch sie "erduldete" den Lauf der Geschichte nicht, sondern versuchte stets, ihn aktiv mitzu- gestalten. So engagierte sie sich fUr das
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Frauenstimmrecht und, trat nach Erlangung desselben 1919 der Deutschen Demokrati- schen Partei bei, der sie bis zu ihrer Auflösung 1933 angehörte. Von 1922 bis 1930 war sie in Karlsruhe Stadtverordnete sowie Mitglied des J ugend- und Schul aus- schusses. Hier verband sie politisches Engagement und Ehrenamt mit dem Beruf.
1909 war Luise Riegger mit der Jugendbe- wegung in Berührung gekommen. Bis 1913 leitete sie den Karlsruher Mädchen-"Wan- dervogel". Auch beruflich schlug sie den Weg der Jugendbildung ein. Sie hatte zunächst die höhere Mädchenschule besucht. Den in jener Zeit flir eine Frau noch ungewöhnlichen Wunsch, Juristin zu werden, verweigerten ihr die Eltern jedoch. So absolvierte sie eine zweijährige Frauenschule, besuchte eine Haushaltungsschule in Frankreich, um schließ- lich von 1905 bis 1909 im elterlichen Haushalt mitzuarbeiten. Anläßlich einer Einladung der Großherzogin - Rieggers Vater war Regierungsrat im badischen Innenministerium - traf sie eine ehemalige Schulkameradin, die inzwischen das Lehrerinnenseminar besuchte. Ohne das Wissen ihrer Eltern meldete sie sich daraufhin arn Prinzessin-Wilhelm-Stift an. " Ein Haus- halt braucht viele Hände, aber nur einen Kopf' , bemerkte sie zu ihrem Entschluß, dem elterlichen Hauswesen den Rücken zu kehren und das Lehrerinnenstudium aufzunehmen. Ihre erste Stelle trat sie 1913 in Zell im Wiesental an. Während des Ersten Weltkrie- ges begann sie sich mit der Geschichte der Frauenbewegung zu beschäftigen. Als Luise Riegger 1917 wieder nach Karlsruhe zurück- kehrte, war aus der Jugendbewegten auch eine Frauenbewegte geworden. Bis zu ihrem Tod sollte sie die Geschichte der örtlichen Frauenbewegung wesentlich mitprägen. Sie knüpfte Kontakte zu Gertrud Bäumer und Helene Lange und wurde 1931 zur Vorsitzen- den des "Badischen Verbandes flir Frauen-
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bestrebungen" gewählt. Das vielfaltige Engagement dieser "aufrechten Demokratin" wurde durch den Nationalsozialismus unter- brochen. Im Juni 1933 teilte sie den Karlsruher Frauenverbänden mit, daß nach der Auflösung des "Badischen Verbandes flir Frauenbestrebungen" durch die Beauftragte der badischen Regierung und spätere Reichs- frauenfuhrerin Gertrud Scholtz-Klink auch die Karlsruher Ortsgruppe des Verbandes aufgehört habe zu bestehen. Die folgenden Jahre verbrachte Luise Riegger in "passivem Widerstand" . Als Lehrerin sah sie keine Möglichkeit, sich einer Aufnahme in die NS- Frauenschaft zu widersetzen. Doch schaffte sie es, einer Übernahme in die NSDAP entgegenzutreten.
N ach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes beteiligte sich Luise Riegger aktiv am demokratischen Wiederaufbau. Sie war 1945 an der Wiedergründung der Demokrati- schen Partei, der späteren FDP, beteiligt. Allerdings räumte die Partei der erfahrenen Kommunalpolitikerin bei den folgenden Wahlen nie einen aussichtsreichen Listen- platz ein. Erst 1964 gelang ihr als N achrückerin der Einzug in den Stadtrat. 1946 rief Luise Riegger die überparteiliche
Karlsruher Frauengruppe - später "Deut- scher Frauenring" - ins Leben, deren Vorsitz sie bis 1972 innehatte. Es war ihr ein Anliegen, daß Frauen lernen, Verantwortung zu tragen und flir ihre Rechte einzustehen. Die Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Frauen- organisationen ehrte die große alte Dame der
Karlsruher Frauenbewegung zu ihrem 95 . Geburtstag, indem sie ihrem Treffpunkt am Festplatz den Namen "Luise-Riegger-Haus" verlieh. Nach fast einem Jahrhundert gelebter Geschichte verstarb Luise Riegger am 8. Februar 1985.
Barbara Guttmann
Peter Treutlein (1845-1912)
Ein Lehrerleben, wie manches in seiner Zeit: in Wieblingen bei Heidelberg geboren, studierte Treutlein dort an der Universität Mathematik und Naturwissenschaften, unter- richtete seit 1866 am Karlsruher Gymnasium, gab Lehrbücher heraus, die noch in der Weimarer Zeit benutzt wurden, und galt neben seinem Fleiß und seiner umfassenden Bildung als interessanter Lehrer. Bekannt wurde er wegen einerIdee, die vor 100 Jahren im "Schulkrieg" realisiert werden sollte. So martialisch nannte man die Auseinanderset - zung um die Mittelschulen, die heutigen Gymnasien.
1867 hatte die Regierung den 30jährigen Direktor Gustav Wendt aus Preußen sowohl als Leiter des hiesigen Gymnasiums wie als Oberschulratsmitglied berufen, um mit ande- ren dem Neuhumanismus neue Impulse zu geben, schien doch der Geist der Antike sich im philologischen Formalismus zu verflüchti- gen, wie es in erregten Landtagsdebatten hieß. Und das Gymnasium verfugte über eine Macht: die allgemeine Hochschulreife und das " Einjährige", nachdem Schüler mit Obersekundareife nur ein Jahr beim Militär zu dienen hatten. Die Gymnasialreform - spezieller als je die Oberstufenreform von 1972 - war ein Fortschritt, aber auch eine Verteidigung gegen die Versuche anderer Schul arten, dieses Monopol zu brechen.
Nach verschiedenen Anläufen hatte sich
erst 1863 eine Höhere Bürgerschule in Karlsruhe etabliert, einem Zug mit und einem ohne Latein, um die sich die "Realisten" im Unterschied zu den "Humanisten" scharten. Diese Schule spaltete sich bereits flinf Jahre später in ein Realgymnasium und eine Realschule, die dann zur Oberrealschule auf gestockt wurde. Da nicht nur die Latinität zum gesellschaftlichen Bewußtsein gehörte, "der anerkannt gebildeten Klasse anzugehö- ren", sondern z. B. auch die Mehrzahl der TH-Professoren einen Horror vor lateinlosen Studenten hatten, um nicht das Sozialprestige des alten Polytechnikums gegenüber den Universitäten beeinträchtigt zu sehen, fand
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das Realgymnasium emen deutlichen Zu- spruch von Schülern.
PetetTreutlein erwies sich in diesem Disput als weiterer Schrittmacher, denn er entwarf eine Stundentafel, in der in einem "Unter- gymnasium" Französisch als erste, dann Englisch als zweite Fremdsprache gelehrt werden sollte, der Unterricht in alten Sprachen aber erst aufdem "Obergymnasium" erfolgen konnte. In diesem als "Einheits- schule" bezeichneten "Refonngymnasium" sollten sich die Schüler möglichst spät für die Antike und damit für die allgemeine Hochschulreife entscheiden. Treutleins Plan wäre Papier geblieben, wenn sich nicht Oberbürgermeister Karl Schnetzier für ihn eingesetzt hätte. Dm interessierte dessen preisgekrönte Arbeit unter dem Titel "Woher rührt die Überflillung der sogenannten gelehrten Fächer, und durch welche Mittel ist derselben am wirksamsten entgegenzutre- ten?" Treutleins Entwurf wurde scharf
angegriffen, und der sonst so liberale Wendt fragte, warum man sich ausgerechnet so intensiv mit der Sprache des "Erbfeindes", des Französischen, beschäftigen solle. Auch dem Oberschulrat erschien der Plan zu radikal, und so einigte man sich auf einen Kompromiß. 1896 konnte Treutlein, seit 1894 Direktor des Realgymnasiums, nach einem Beginn mit Französisch in Klasse 5, mit Latein in Klasse 8 und der Gabelung nach Griechisch oder Englisch in Klasse 10 mit dem Reformgymnasium beginnen, deren Sexta schon am Aufang 114 Schüler anzog. Als 1905 die ersten Oberprimaner ihr Abitur ablegten, war das Gymnasialmonopol bereits durchbrochen. Treutleins Schule, für die er den Namen "Goetheschule" vorschlug, wur- de so groß, daß sie bald mit einer zweiten, der Hurnboldtschule, einen festen Bestandteil im Karlsruher Schulwesen bildete. Und seine Fächerfolge neue, alte, neue Fremdsprache existiert als neusprachlieher Zug bis heute.
Le·onhard Maller
Kathinka Himmelheber (1898-1977)
Sie gehörte 1945 zu den "Frauen der ersten Stunde". Kathinka Himmelheber, die früh den verbrecherischen Charakter des national- sozialistischen Regiroes erkannt hatte und den Abtransport einer ihrer besten Freundinnen nach Gurs erlebte, hatte im Frühjahr 1945 den festen Willen, am Neuaufbau mitzuarbeiten.
"Es sind so viele gute Kräfte da, es gibt so viele wertvolle, gescheite und tatkräftige Frauen, warum sollten sie keinen Einfluß gewinnen können?", schrieb sie an eine nach Israel emigrierte Freundin. Es war ihr ein Anliegen, an die Tradition der deutschen Frauenbewegung vor 1933 anzuknüpfen, ohne einen Schritt zurückzugehen. Vielmehr wollte sie den Frauen Mut machen zum
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"Vonvärtsgehen in die schwere Zukunft". So war es nur folgerichtig, daß sie 1946 zusammen mit anderen politisch aktiven
Frauen wie Luise Riegger und Elisabeth Großwendt die "Karlsruber Frauengruppe" gründete, deren erste Vorsitzende sie wurde.
Kathinka Himmelheber war bereits in ihrer Jugend durch ein weltoffenes, demokratisch gesinntes Elternhaus geprägt worden. Sie wurde am 16. Mai 1898 als Tochter des Regierungsassessors Max Herrmann und seiner Ehefrau Marguerite Chevalley, einer französischen Schweizerin, in Karlsrube geboren. Von 1905 bis 1917 besuchte sie die Viktoriaschule, ein privates "Töchter-Insti- tut". Wie viele andere Frauen der Karlsruber Frauenbewegung absolvierte sie sodann das Lehrerinnenseminar. Ihren eigentlichen Berufstraum vef\virklichte sie jedoch nach dem Lehrerinnenexamen 1918 mit dem Eintritt als Anwärterin rur den mittleren Bibliotheksdienst an der Technischen Hoch- schule. 1921 volontierte sie jeweils zwei Monate an der Nationalbibliothek in Wien, der Universitätsbibliothek München und der Deutschen Bücherei Leipzig. Im Frühjahr 1926 heiratete Kathinka Herrmann den Architekten Bernhard Himmelheber. Er war ein Sohn eines der bekannten Möbelfabrikan- ten Gebrüder Himmelheber und übernahm später gemeinsam mit seinem Bruder diese Firma. Kathinka Himmelheber schied nach ihrer Verheiratung aus dem Bibliotheksdienst aus. 1927 und 1929 gebar sie zwei Söhne. In jenen Jahren verfolgte sie die politische Entwicklung in Deutschland mit Besorgnis. Für sie war es durchaus vorhersehbar, daß die Nazis einen Krieg vom Zaun brechen würden. Der Krieg brachte die Einberufung Bernhard Himmelhebers und die zeitweise Evakuie- rung Kathinka Himmelhebers und ihrer
Söhne nach Tübingen. Bei einem Luftangriff am 3. September 1942 wurde die Möbelfa- brik fast vollständig vernichtet. Infolge des kriegsbedingten Personalmangels war Ka- thinka Himmelheber als Buchhalterin in die Firma eingetreten. Bei Kriegsende, als beide Firmeninhaber zum Volkssturm eingezogen waren, flihrte sie die Geschäfte selbständig weiter und brachte die Fabrik wieder in Gang.
In den folgenden Jahren war ihr die Frage der Friedenssicherung ein wichtiges politi- sches Anliegen. Ihre Tätigkeit im Ausschuß "Völkerfrieden" sowie in dem im Oktober 1949 gegründeten "Deutschen Frauenring", dem sich auch die "Karlsruber Frauen- gruppe" anschloß, brachte sie mit engagierten Kriegs-und Atomwaffengegnerinnen wie der Physikerin Freda Wuesthoff zusammen. Die ambivalente Haltung vieler Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung in der Frage der deutschen Wiederbewaffnwlg enttäuschte Kathinka Himmelheber. Sie zog sich zuneh- mend aus der Vorstandsarbeit der Frauen- gruppe zurück. Mit Freude und Engagement richtete sie in dieser Zeit jedoch innerhalb der Künstlerinnenvereinigung GEDOK die Ab- teilung "Kunstfreundinnen" ein. In ihrer Jugend durch einen musikalischen Vater geprägt, wandte sie sich im Alter wieder vermehrt der Musik zu. Sie verfolgte die neuesten Entwicklungen der Musikkultur und pflegte Kontakte zu jungen Karlsruher Komponisten. Zeitgenossinnen ist sie als eine weltgewandte, k.,.lturell bewanderte Dame in Erinnerung, in deren Haus namhafte Persön- lichkeiten der Kunst-und Kulturszene verkehrten. Kathinka Himmelheber verstarb am 9. Dezember 1977 in Bad Bellingen.
Barbara Gullmann
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Inge Stahl berg (1921-1985)
Schon als sie siebzehn war, beschloß sie, einmal " irgendwie mit Büchern zu tun zu haben". Sie war die Tochter eines von den Nationalsozialisten amtsenthobenen Bürger- meisters einer kleinen Stadt im Hunsrück. Er sorgte ftir eine katholische Erziehung seiner beiden Kinder abseits der NS-Jugend-Er- fassung. Im Abiturzeugnis - 1941 - stand als Berufsziel Bibliothekarin. Da war der Bruder bereits gefallen, und auf die Tochter konzentrierten sich. alle Hoffnungen. Sie studierte erst Volkswirtschaft, hatte Statistik und Paragraphen aber bald satt und wechselte zu den Zeitungswissenschaften, den erträum- ten Druckmedien schon ein Stück näher. Daneben studierte sie Germanistik, Kunstge- schichte, Theologie und Psychologie. Im März 1945 schloß sie in Heidelberg im Hauptfach mit der Promotion ab.
Bald nachdem die letzte Kriegsphase mit ihren schrecklichen Zerstörungen überstan-
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den war, fand sie eine Stelle als Lektorin im "Badischen Buch-Verlag" in Karlsruhe. Hier kam sie in Kontakt mit der Militärregierung, entdeckte ihr organisatorisches Genie, bat die Eltern um Unterstützung und wagte es, eine eigene Verlagslizenz zu beantragen. Am 8. März 1946 - sie war eben erst 25 geworden- erhielt sie die Lizenz zur Gründung des Karlsruher Stahlberg-Verlages. Die Herstel- lung der Bücher in den Nachkriegsjahren war abenteuerlich: Vom Papier bis zum Faden mußte alles erst mühselig aufgetrieben werden, in den Druckereien fehlte es selbst an Blei. Das Verlagsprogramrn hatte zunächst restaurativ-humanistischen Charakter. Am wichtigsten: deutsche Erzähler des 19. Jahr- hunderts und die Reihe "Ruf der Jugend", mit der sie ihren schwer geprüften, noch unbekannten Altersgenossen ein Forum bieten wollte.
Dies brachte sie in Kontakt mit Hans Werner Richter und den Autoren der Zeitschrift "Der Ruf ' in München, die frei- lich links gerichtet war. Sie zeigte sich jedoch flexibel und lud beide Autorenkreise 1947 zu einer gemeinsamen großen Tagung im oberbayrischen Neubeuern ein, unterstützt von der Gräfin Degenfeld. Zur Fusion kanl es nicht, aber die Tagung löste die Entwicklung der sogenannten " Gruppe 47" aus, die jahrzehntelang fur die progressive junge Literatur in Deutschland stand. Die Wäh- rungsreform brachte den jungen Verlag ins Schleudern; dennoch erschienen bis 1950 über ftinfzig Titel. Es war das Jahr der Wende. Inge Stahlberg tat sich mit kapital- kräftigen Gesellschaftern zusammen: mit Ernst Krawehl, aus einer Essener Industriellen- familie stammend, und dem Literatur- wissenschaftler Gerhard Heller, der beste Kontakte zu französischen Autoren mitbrach-
te. Dies fuhrte zur Öffnung des Verlages ftir die internationale Szene. Unter den hochkarä- tigen Autoren wurden der Deutsch-Italiener Malaparte und der sprachgeniale Außenseiter Arno Schmidt die umstrittensten, die sogar Strafverfahren auslösten. Die Förderung anspruchsvoller Inhalte blieb ihr als Verlege- rin ausdrücklich wichtiger als wirtschaftliche Rendite. Ein Vierteljahrhundert lang steuerte sie das Verlagsschiff durch schwierigste Gewässer. 1968 zog Ernst Krawehl, der Betreuer Arno Schmidts, seine Anteile aus dem Unternehmen zurück. 1971 mußte sie
endgültig an Holtzbrink verkaufen. Sieben Jahre später erhielt sie flir ihre profilierte verlegerische Tätigkeit das Bundesverdienst- kreuz am Bande. Sie lebte bis 1985. Im Karlsruher Frau + Zeit Verlag ist soeben anIäßlich des 50. Jahrestages ihrer Verlags- gründung eine kleine Biographie erschienen: "Fräulein Doktor wird Verleger. Inge Stahl- berg 1946". Sie selbst hatte in den drama- tischen Nachkriegsjahren einmal ihre Me- moiren versprochen, doch ihr Versprechen leider nie eingelöst.
Heima Haslers
Hermann Billing (1867-1946)
Als 1905 sein Brunnen auf dem Stephan- platz in Betrieb genommen wurde, war der Skandal perfekt: 3468 "Frauen und Jungfrau- en der Stadt Karlsruhe" unterschrieben eine Protestschrift "gegen den das weibliche An- standsgeftih! verletzenden Brunnen". Aber auch so mancher männliche Bürger ereiferte sich über die Jugendstil-Formen, mit denen sich der neue Schmuckbrunnen als avantgar- distisches Kunstwerk präsentierte. Wieder einmal machte Hermann Billing seinem Ruf als kompromißloser Neuerer in seiner Hei- matstadt alle Ehre.
1867 geboren, hatte er sich nach ganzen vier Semestern Studium an der Technischen Hochschule und praktischer Tätigkeit in Ber- liner Büros bereits 1892 als freier Architekt in Karlsruhe niedergelassen. Bald schon zog er mit spektakulären Einsendungen rur Wett- b~werbe überregionale Aufmerksamkeit auf sich, und erste Aufträge stellten sich ein. Mit Werken wie der Hofapotheke in der Kaiser- straße oder der Bebauung der Baischstraße (vgl. S. 316f.) fuhrte er um die Jahrhundert- wende seine Vorstellungen von einer indivi- duellen, phantasievollen und farbigen Bau-
kunst vor, die mit den Prinzipien des akade- mischen Bauens des Historiums radikal brach.
In der Fachwelt war seine Anerkennung groß. Seit dem Ende der I 890er Jahre gab es kaum eine deutschsprachige Bau- oder Kunst- zeitung, die nicht regelmäßig Hermann Bil- lings neueste Projekte vorstellte. Doch auch in ganz Europa und den USA wurde sein Schaffen zur Kenntnis genommen, vor allem durch seine Raumausstattungen auf interna- tionalen Kunstgewerbeausstellungen, so zum Beispiel 1902 in Turin oder 1904 auf der Weltausstellung in St. Louis. Renommierte
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Großaufträge stellten sich nach 1903 ein, er- wähnt seien nur das Kieler Rathaus, die Kunsthallen in Mannheim und Baden-Baden, das Kollegiengebäude der Universität in Frei- burg und die Rheinbrücke in Duisburg. In Karlsnme konnte er dagegen in dieser bis 1911 dauernden Hauptschaffensphase - von öffentlichen Auftraggebern nach der Affare um den Brunnen auf dem Stephanplatz eher gemieden - keinen einzigen Großbau reali- sieren. So blieb etwa der qualitätvolle Wett- bewerbsentwurf f1ir den Hauptbahnhof auf dem Papier, obwohl er dafür den ersten Preis errungen hatte. So mußte sich Billing in der Stadt seines Wirkens mit vielen kleineren Privataufträgen zufriedengeben. Darüber hin- aus fand er Anerkennung in der Lehrtätig- keil: 1903 erhielt er eine Professur an der Akademie, 1907 wurde er zudem an die T ech-
nische Hochschule berufen. 1m Laufe der Jahre glättete sich Bil1ings
Stil hin zu ruhigeren, monumentalisierenden Formen und mündete schließlich unter dem Einfluß seines Hochschulkollegen Friedrich Ostendorf noch vor dem Ersten Weltkrieg in einen kühlen Neoklassizismus, der mit sei- nem früheren künstlerischen Gestalten kaum mehr etwas zu tun hatte. In den zwanziger Jahren war aus dem Avantgardisten der Jahr- hundertwende ein etablierter Lehrstuhlinha- ber und zeitweiliger Direktor der Landes- kunstschule geworden, nach dem man sogar schon zu Lebzeiten eine Straße benannte. Sein Spätwerk, das sich mit den zeitgenössischen Strömungen auseinandersetzt, ist jedoch nicht mehr stilprägend wie sein Schaffen vor 1911 , und nach seinem Tod 1946 geriet Billing mehr und mehr in Vergessenheit.
Gerhard Kabierske
Franz JosefLanzano
"Der Strudel des Jahres 1849 erfaßte wie so viele auch mich; besinnungslos riß mich derselbe mit fort aus der teuren Heimat. Auf- richtig bereue ich meine Verirrung ... " So äußerte sich Franz Josef Lanzano in einem Gnadengesuch an den badischen Großherzog Friedrich 8 Jahre nach den revolutionären Ereignissen, die zu' einer deutlichen Zäsur in seinem Leben, jedoch nicht in den wirtschaft- lichen Ruin geflihrt hatten. 1856 war Lanzano schon seit längerem angesehener Bürger von Solothurn. So war er auch lediglich an einer Streichung aus der Liste der gesuchten Hoch- verräter interessiert, galt er doch als einer der wichtigsten radikaldemokratischen Unruhe- stiller aus der badischen Residenz. Seit 1841 war er Bürger Karlsruhes gewesen. In der Kronenstraße 5, nicht weit vom Schloß, be- trieb er eine Essigsiederei . Wie viele Bürger
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engagierte er sich in verschiedenen Vereinen. Die Mitgliedschaft im Arbeiterbildungs- und im Turnverein deuten allerdings bereits auf seinen politischen Standort hin. Lanzanos Verhalten gegenüber den Behörden gehörte zum Katz- und Mausspiel der radikalen Op- position, wie die wiederholte Neuforrnienmg der Vereine nach Verboten unter anderem Namen. Die Aussagen einiger Wirte belegen weiter, daß Kaufinann Lanzano zu dieser Zeit einer der Hauptorganisatoren des politischen Vereinslebens in Karlsruhe war. Doch auch jenseits der Stadtgrenze versuchte Lanzano, im Sinne der Demokraten politisch zu wir- ken. Allerdings nicht immer mit Erfolg: in Rintheim löste sich ein noch in den Anfängen steckender Volksverein nach seinem Besuch sogar wieder auf. Ein schwäbischer Danton, der seine Zuhörer mitriß, scheint Lanzano
demnach nicht gewesen zu sein. Im benach- barten Hagsfeld, wo er vor dem Volksverein und bei einer Volksversammlung auftrat, war er jedoch erfolgreicher.
Durch die Revolution 1848 ruckte Lanzano dann zu einem der höchsten Funktionsträger im Karlsruher Raum auf. Der regierende Lan- desausschuß setzte ihn arn 14. Mai als Zivil- kommissär fur den Landarntsbezirk Karlsru- he ein. Außerdem gehörte er dem Sicherheits- und Wehrausschuß der Hauptstadt an. Für die - ähnlich wie Karlsruhe selbst - der Re- volution überwiegend ablehnend gegenüber- stehenden Landgemeinden des Bezirks be- deutete seine Wahl harte Zeiten, denn er war
beispielsweise nicht bereit, ihre Hinhaltetaktik bei der Mobilisierung des I. Aufgebots hin- zunehmen. Belegt sind von ihm veranlaßte " Exekutionszüge" nach Linkenheim und Teutschneureut, um die Dörfler mit militäri- schem Druck zur Räson zu bringen. Als die politischen Spannungen in der revolutionären Führung zwischen dem eher zaghaft agieren- den Lorenz Brentano und dem entschiedenen Republikaner Gustav Struve eskalierten be- kannte Lanzano eindeutig Farbe. Auf die Ende Mai umlaufenden Gerüchte von einem kon- terrevolutionären Putschversuch reagierte er mit der Aufstellung einer Sicherheitswache, und arn 6. Juni gehörte er zu jenen Mitglie- dern von Struves "Klub des entschiedenen Fortschritts" , die Brentano mit Hilfe der Karlsruher Bürgerwehr im Rathaus festset- zon ließ - und so den Machtkampf [ur sich entschied. Die Konsequenzen seiner Zugehö- rigkeit zur unterlegenen Radikalopposition sind ebensowenig bekannt, wie der Zeitpunkt von Lanzanos Flucht aus Karlsruhe. Nach einem Aufenthalt in Peterstal im Juli 1849 verliert sich seine Spur, bis er 1851 in Solo- thum auftaucht. Eine Auslieferung hatte er trotz Bemühens der badischen Behörden nicht zu fürchten, da er nicht zur obersten revolu- tionären Führungsebene gehörte. Vom "poli- tischen Treiben" hielt er sich nach Auskunft des Solothumer Ammanns seither zugunsten seines " ziemlich ausgedehnten F abrikge- schäfis" fern . A lexander Mohr
Theodor11unz(1868-1947)
Im Mai 1932 wurde der Leiter des renom- mierten, im Jahre 1899 gegründeten Munz- sehen Konservatori ums Theodor M unz we- gen seiner "Verdienste bei der Gestaltung des israelitischen Gottesdienstes" in 40jäh- riger Tätigkeit von dem Karlsruher Stadt-
rabbiner Dr. Hugo Schiff geehrt. Ein Zei- tungsbericht hob hervor, daß Munz es ver- standen habe, "den Synagogenchor auf eine anerkannte künstlerische Stufe zu heben", und daß er auch durch eigene synagogale Kom- positionen hervorgetreten sei, die voti "fei-
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nem Einfuhlungswesen in das Wesen dieses Zweiges geistlicher Musik" zeugten. Bis 1936, als ihn die nationalsozialistischen Machthaber zum Rücktritt zwangen, leitetete Munz den Chor.
Theodor Munz war am 11. Mai 1868 in Seelbach bei Lahr als neuntes Kind des Schuh- machers und Landwirts Jakob Munz geboren worden. Sein Vater übte außerdem auch noch die Ämter des Gemeinderechners und des Waisenrichters in der kleinen Gemeinde aus. In seinem Geburtsort gründete der jugendli- che Munz den Männergesangverein Lieder- kranz, der auch seine ersten Kompositionen auffuhrte. Den begabten Musiker flihrte der Weg nach Abschluß seiner schulischen Aus- bildung am Gymnasium in Lahr in die badi- sche Residenzstadt Karlsruhe, wo er an dem von Heinrich Ordenstein geleiteten Groß- herzoglichen Konservatorium ausgebildet wurde. Sofort nach der erfolgreichen Ab- schlußprüfung im Jahr 1890 erhielt er dort auch eine Anstellung als Klavierlehrer. Noch während seiner Lehrtätigkeit am Konserva- torium übernahm er Organistendienst und Chorleitung an der Synagoge. Außerdem di- rigierte er verschiedene Chöre, darunter die beiden Mühlburger Männergesangvereine Liederkranz und Frohsinn. 1904 übernahm er flir fast 25 Jahre die Leitung des Karlsru-
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her Instrumentalvereins, dessen "abwechs- lungsreiche Programme" von einem "anhäng· lichen Publikum" geschätzt wurden, wie ein zeitgenössischer Kenner der Karlsruher Mu- siklandschaft 1915 vermerkte. Zu diesem Zeit- punkt hatte Munz bereits zum zweiten Mal geheiratet. Aus der Ehe mit seiner ersten Ehe- frau Johanna waren drei Kinder hervorge- gangen, mit seiner zweiten Frau Ida, gebore- ne Issleiber, hatte er noch eine Tochter.
Das eigene Konservatorium in der Amalien- straße 65 gründete er im September 1899 als "Pädagogium flir Musik". Da die Räume dort rasch zu klein wurden, zog das inzwischen in "Munzsches Konservatorium" umbenannte Institut in die Waidstraße 79. Dort erlebte die Musikschule, die im Jahr 1919 staatlich anerkannt wurde, in den 20er Jahren ihre Blütezeit. Zeitweise 1.500 Schüler wurden von den rund 50 Lehrkräften unterrichtet, Fi- lialen bestanden in Durlach, Ettlingen, Bretten und Bruchsal. So war es gewiß nicht über- trieben, wenn anläßlich seines 70. Geburtsta- ges festgestellt wurde, daß Theodor Munz in ftinf Jahrzehnten "Generationen von jungen Menschen und Schülern zu künstlerisch emp- findsamen Menschen, zu Musikfreunden und nicht zuletzt zu ausübenden oder schaffenden Tonkünstlern praktisch ausgebildet" hat. Sein bekanntester Schüler war der spätere Kom- ponist Hans Erich Apostel.
Als weiterer Höhepunkt in der Entwick- lung des Munzschen Konservatoriums war im September 1932 der neue Konzertsaal auf dem Rückgelände des Anwesens Waidstraße 79 in Betrieb genommen worden. Dieser blieb im Gegensatz zum stark beschädigten Haupt- gebäude von Bombentreffern im Zweiten Weltkrieg verschont, so daß er nach dem Krieg zunächst vom Kammertheater genutzt werden konnte.
Theodor Munz starb am 28. Juli 1947. Ein Nachruf würdigte den "Kirchenkomponisten Theodor Munz", den Gründer des "landauf,
landab als vorzügliche Musikerziehungsan- stalt bekannten Munzschen Konservatoriums, der das Institut fast ein halbes Jahrhundert hindurch mit unverminderter und sprichwört-
lieh gewordener Tatkraft und Umsicht be- treute". Nach seinem Tode übernahm Sohn Theodor das Institut, das nach dessen Tod im Jahr 1975 geschlossen wurde.
Ernst 0/10 Bräunehe
Christian Friedrich Müller (1776-1821)
Mit dem I. September 1797 beginnt ein bedeutendes Kapitel der Karlsruher Buch- handelsgeschichte, denn dieses Datum trägt die UrkWlde, mit der dem 21jährigen Buch- händler Christi an Friedrich Müller das Privi- leg zur Errichtung einer Buchhandlung erteilt wurde. Wenig später erhält er auch die Ge- nehmigung zur Anschaffung einer Buch- druckpresse. Damit war die formelle Grund- lage f1ir die Entwicklung der C. F. Müller' sehen Hofbuchhandlung geschaffen.
Christi an Friedrich Müller war das achte Kind des Karlsruher Hofbuchbinders Chri- stian Andreas Müller. Nachdem ihn sein Va- ter in die Anfangsgründe des Buchbinder- handwerks eingeflihrt hatte, macht sich der junge Mann von 1791-1796 auf eine ftinf- jährige berufsbildende Wanderschaft, wäh- rend der er sich in wichtigen Städten des Buchhandels wie NÜfnberg, Leipzig, Prag und Frankfurt aufhielt. Er hatte sich entschlossen, Buchhändler zu werden. Diesem Ziel stellten sich indes unerwartete Hindernisse entgegen. Seine an die markgräfliehe Verwaltung ge- richteten Anträge versuchten vor allem die eingesessenen Konkurrenten Macklot und Schmieder zu Fall zu bringen.
Ein an seinem bereits angernieteten Laden- lokal in der Langen Gasse - heute etwa zwi- schen Lamm- und Ritterstraße gelegen - an- gebrachtes Firmenschild "Müller' sehe Buch- handlung" läßt die Stadtverwaltung auf Be- treiben seiner Gegner entfernen.
Sein Privileg erhält der zielstrebige junge
Mann schließlich durch direkte Intervention des Markgrafen Karl Friedrich, der ihn aller- dings auf das wirtschaftliche Risiko seines Unterfangens ausdrücklich hinweisen ließ.
Auch die strikten Zensurvorschriften der Zeit behindern publizistische Tätigkeit. Alle Druckprodukte mit mehr als 16 Seiten waren dem Zensor vorzulegen. Chr. Fr. Müller for- dert die Zensur - durch Kenntnis ihrer Lük- ken - wiederholt heraus, etwa durch anony- me Verfasserangaben oder durch fiktive Ver- lagsorte. Als anschauliches Beispiel konnte ein Titel wie der folgende gefunden werden: "Geheime und wichtige Nachrichten von Bruchrhein ( ... ). Für Bürger und Landleute, auch fur Staatsmänner lesbar. Rheinstram 1797". Müller erhält aber bereits 1803 das Privileg f1ir den Verlag des "Provinzialblattes der Badischen Markgrafschaft". 1804 wird eine Kupferdruckerei errichtet. 1806 bezieht die Familie und das Unternehmen das von
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Chr. Fr. Müller errichtete zweistöckige Ge- schäftshaus in der Herrengasse 26 - heute Herreilstraße (später Sitz der Drogerie Roth). In diesen Jahren ensteht ein imposantes Ver- lagsprogramm, dessen Höhepunkt das Privi- leg flir die Herausgabe des Code Napoleon als Badisches Landrecht sowie die dazuge- hörigen 6 Bände der Erläuterungen von Staats- ratJ. F. N. Brauer in den Jahren 1809-1812 markieren. Die noch heute berühmte "Flora Badensis A1satica ( ... )" von Carl Christian Gmelin erscheint in wel1Voller Ausstattung 1805-1807. Die frühe Bekanntschaft mit Jo- hann Peter Hebel fuhrt dazu, daß dessen Er- ben der Witwe von Chr. Fr. Müller später die Rechte am gesamten literarischen Nachlaß des Dichters übertragen.
Im Jahre 1807 stirbt seine Frau Wilhelmi- ne. die Ehe war kinderlos geblieben. Schon ein Jahr später heiratet Chr. Fr. Müller in
Rastatt die Schwester seines Studienfreundes Carl Friedrich Bougine. Emestine war die Tochter von Carl Joseph Bougine, dem Amts- vorgänger von J. P. Hebel als Rektor des Gymnasiums. Aus dieser Ehe überlebten 2 von 5 Kindern, die Söhne Wilhelm und Carl, die später von ihrer Mutter die Geschäfte übernahmen. Kaum in die Herrengasse über- siedelt, beginnt Chr. Fr. Müller nach Plänen von Friedrich Weinbrenner mit dem Bau grö- ßerer Geschäftsgebäude auf dem Gelände Ecke Rittergasse - Zirkel, das sich später bis zur Lammstraße ausdehnt (heute Peek & Cloppenburg). Es bleibt flir 150 Jahre Sitz der Firma. Mit dem Erfolg beginnt sich die Gesundheit des rastlos tätigen Mannes zu ver- schlechtern. Christian Friedrich Müller, "nicht imstande ruhiges Verhalten zu üben", stirbt am 31. August 1821.
ChrislojMüller-Wirlh
Luise von Baden (1838-1923)
Die Beerdigung der verstorbenen Großher- zogin von Baden vor 75 Jahren, am 27. April 1923 in Karlsruhe, war eine große Veranstal- tung. "In ununterbrochenem Zug bewegten
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sich Tausende und Abertausende von Teilnehmern aus allen Schichten der Bevöl- kerung an der Aufbewahrungsstätte vorbei", berichtete der " Badische Beobachter". Ver- treter der republikanischen Regierung fehl- ten, aber ein Ministerialrat legte im Auftrag des Staatsministeriums am Sarge einen Kranz nieder mit der Schleifenaufschrift " Der Wohltäterin der badischen Heimat".
Und das war auch der Grund für die Anhänglichkeit funf Jahre nach dem I. Weltkrieg an eine Preußin, die bei ihrem ersten Empfang in Baden 1856 wahrlich nicht all jene Erinnerungen an ihren Vater, Prinz Wilhelm, auslöschen konnte, der als "Kar- tätschenprinz" 1849 die badischen Re- volutionstruppen zerrieben hatte. Mit 15 lernte sie, die geborene Berlinerin, Friedrich v. Baden kennen. Eine Liebesheirat, auch
wenn Ehemann und Vater politische Aspekte mit der Anlehnung Badens an Preußen verbanden, und ihre glückliche Ehe in 51 Jahren galt als Vorbild im Lande. Mit Intensität, die ihr ganzes Leben kennzeichne- te, versenkte sie sich in die badische Geschichte, ging als junge Fürstin häufig in das Theater und protokollierte Lektüre, Gespräche, Gedanken. Eine Tochter, Victoria, später Königin von Schweden, und zwei Söhne wurden geboren. Der Jüngste, Ludwig, starb mit 23 Jahren 1888. Der Älteste wurde 1907 der letzte badische Großherzog Fried- rich 11. Anfangs nahm sie an den Konferenzen ihres Mannes mit den Ministern teil, wenngleich sie manche politischen Schachzü- ge nicht ohne Mühe akzeptieren konnte, ja Tränen standen in ihren Augen, als sie 1866 badische Truppen gegen die preußische Main-Annee ausrücken sah. Um so stolzer war der Augenblick, als im Januar 1871 ihr Mann im Versailler Schloß das Hoch auf ihren Vater, Kaiser Wi1helm 1., ausrufen konnte.
Aber sie beschränkte sich nicht auf das übliche Hofleben. Frühzeitig, 1859, gründete sie den "Badischen Frauenverein" in der Nachfolge von Organisationen, die schon die Großherzoginnen Stephanie 1813 und Sophie 1831 ins Leben gerufen hatten. Luise empfand sich hier nicht als reine Repräsen- tationsfigur, sondern als mitreißende Organi- satorin, die landauf landab fuhr, um in den kleinsten Gemeinden dieser Schwester, jener Helferin - bei blendendem Narnensgedächtnis bis ins hohe Alter - mit einem Bild, einer Medaille als Anerkennung flir jene Solidarität
zu danken, die bei wachsenden sozialen Problemen im rasch sich industrialisierenden Baden nötig wurde.
Die 6 Abteilungen des Frauenvereins betreuten Krankenpflege wie Kliniken, Kin- derkrippen wie Altersheime. Besonderer Wert wurde auf die Frauenbildung gelegt, und das fing bei Kochschulen an und reichte bis zur Vorbereitung zur Haushaltungslehrerin. Mit dem Mädchenschulwesen nahm Baden eine flihrende Position ein, und in der "Frauenfrage" galt Luise als jene, der es gegeben war, "aus dem Alten in das Neue hineinzugehen." In der refornlierten Gemein- deordnung 1910 war es verpflichtend, daß in "Kommissionen für das Annenwesen, für Unterrichts- und Erziehungsangelegenheiten, fur das öffentliche Gesundheitswesen Frauen als Mitglieder angehören müssen", ja ein Viertel mit Sitz und Stimme einnehmen sollten.
Getragen wurde Luise von tiefer Religiösität, rur manche in sehr pietistischem Sinne. Diese gab ihr wohl auch die Gelassenheit, als sie nach plötzlichem Abzug aus dem Karlsruher Schloß im November 1918 und der Abdan- kung ihres Sohnes ihre letzten Lebensjahre verbrachte oder war es Unverständnis fur den Umbruch der Zeiten? "Ich möchte 150 Jahre alt werden", sagte sie, "um die Wiederauf- richtung des deutschen Volkes zu erleben." Die Trauerfeier in der Weimarer Republik war jedenfalls mehr als eine Reverenz der alten Minister und Beamten. Die Badener hatten eine Preußin als "Wohltäterin ihrer Heimat" erlebt.
Leonhard Müller
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Leopold Rückert (1881-1942)
Am 11. November 1942 starb in Karlsnme ein Versicherungsvertreter an einem Herz- schlag. Angeblich soll er kurz vor seinem Tod von der Gestapo verhört worden sein. Der Mann hieß Leopold Rückert.
Mit seiner Geburtsstadt Karlsruhe, wo Rückert arn 20. April 1881 zur Welt ge- kommmen war, blieb er stets eng verbunden. 1905 übernahm er die GeschäftsfUhrung des Metallarbeiterverbandes in Karlsruhe und empfahl sich mit Tatkraft und Sachverstand als effizienter Interessenvertreter seiner Kli- entel. So erfolgte 1909 die Wahl des SPD- Politikers in den Bürgerausschuß und die Karlsruher Stadtverordnetenversarnmlung.
Die Tatsache, daß in Karlsruhe im No- vember 1918 die Weichen fUr die politische Zukwtft Badens im Zuge der Revolution ge- stellt wurden, katapultierte ihn schlagartig in die erste Reihe der Politik. Am Vormittag des 10. November 1918 spielte Rückert bei der Erstellung der Ministerliste fUr die provisori-
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sehe badische Regierung im Karlsruher Rat- haus die fUhrende Rolle, wobei er sich be- mühte, Männer fUr Regierungsämter zu ge- winnen, die auch jeweils bei den anderen Parteien geschätzt wurden. Er suchte in der Stunde des Umsturzes eine möglichst breite Grundlage fUr die provisorische Regierung mit ihren sch\vierigen Aufgaben. Dabei ging er so zurückhaltend vor, daß er auf die Frage, welches Ressort er, Rückert, zu übernehmen gedenke, antwortete, er könne sich doch nicht selbst auf die Ministerliste setzen. Schließ- lich trat er an die Spitze des neugebildeten Verkehrsministeriums.
Rückert ließ sich fUr die SPD auch fur die Parlamentswahlen des Januar 1919 aufstel- len. Er wurde nicht nur als Vertreter des Wahl- kreises Karlsruhe in die Badische National- versammlung gewählt, sondern auch in die Deutsche NationalversammlUng in Weimar. Auf Reichs- und Landesebene beteiligte sich Rückert maßgeblich an den Arbeiten zur Schaffung neuer verfassungsmäßiger Grund- lagen. Er befUrwortete eine starke Position der Reichsregierung und den Abbau der Reservatrechte der Länder, war aber ein Geg- ner der Finanzreform Erzbergers, die die Reichsfmanzen und damit die Zentralgewalt sehr stärkte. Daher forderte Rückert, die Län- der müßten auf grund ihrer wichtigen kultu- rellen und sozialen Aufgaben das Zuschlags- recht zur Einkommens- und Körperschafts- steuer bekommen.
Bei der Neuformation der Staatsregierung nach der neuen Verfassung im Frühjahr 1919 wechselte Rückert, dessen bisheriges Mini- sterium aufgelöst wurde, an die Spitze des Sozial- und Arbeitsministeriums. In den Jah- ren nach Ende des Krieges mit seinen zahl- reichen Problemen der Reintegration von Sol- daten ins Arbeitsleben, Arbeitslosigkeit, Nah-
rungsmittelmangel, Preistreiberei u. a. war der Minister auch hier wieder besonders ge- fordert und setzte alles daran, die Lage be- sonders der änneren Bevölkerungsschichten zu bessern. Im Zuge eines in Konkurs gerate- nen Siedlungsunternehmens, fiir das er sich sehr eingesetzt hatte, geriet Rückert politisch stark unter Druck. Er trat am 19. Januar 1921 von seinem Amt zurück.
Fortan konzentrierte er sich neben seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsfiihrer im Zentralverband der Angestellten und Landes- vorsitzender der freien Angestelltenverbände auf seine parlamentarischen Aufgaben. Als Parlamentarier vermochte Rückert eine rege und vielgestaltige Tätigkeit zu entfalten. Die SPD-Fraktion wählte ihn 1925 zum 3. , 1928 zum 2. und 1931 schließlich zu ihrem I. Vor- sitzenden.
Ende Juni 1931 wurde Rückert vom Land- tag zum Staatsrat gewählt. Ein Jahr später wurde er mit der Wahrnehmung der Geschäf- te des Innenministers betraut, d. h. er tat die Arbeit, fuhrte aber nicht den Titel eines Mi-
nisters. Als letzter Vertreter der SPD in der Regierung vom Zentrum dominierten Regie- rung hatte Rückert die schwere Aufgabe zu meistern, zugleich den Einfluß der SPD im Kabinett geltend zu machen und mit seinen Kollegen von den anderen Parteien gut zu- sanunenzuarbeiten, um den rein sachlichen Erfordernissen seines Amtes genügen zu kön- nen. Im November 1932 trat er als Staatsrat und Leiter des Innenministeriums zurück.
Die von den Nationalsozialisten ausge- hende Gefahr erkannte Rückert sehr deutlich. Mit scharfen Worten trat er im Landtag der verleumderischen Agitation der National- sozialisten entgegen, die den Parlamentaris- mus und den freien Willen des Volkes kne- beln wollten und selbst zu keiner konstrukti- ven Leistung fahig seien. Im Frühjahr 1933 w-.trde der 52jährige in "Schutzhaft" genom- men.
Als Rückert neun Jahre später starb, war er körperlich, aber nicht geistig ein gebrochener Mann.
Frank Raberg
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Carlsruher Blickpunkte
Der Gutenbergplatz. Von der Richtstätte zum Marktplatz
Plätze in der Stadt erfullen vielfaltige Funktionen. Sie gliedern den Stadtraum und sind somit Orientierungspunkte. Sie sind zentrale Orteftir Märkte und Feste, dienen als Verkehrsverteiler oder grüne Oasen inl Häu- senneer. Zugleich spielen sie aber auch eine Rolle bei der Selbstdarstellung der Stadt durch die geltenden Baubestimmungen und die dort aufgestellten Denkmäler, Brunnen oder Freiplastiken. Es gibt städtische Plätze, die über Jahrhunderte im wesentlichen unverändert ihre Zweckbestimmung beibe- hielten. Andere aber wandelten unter dem Einfluß der Zeitläufe ihren eharak1er entscheidend. Hier soll als Beispiel eines solchen Platzes der Gutenbergplatz in den Blickpunkt gerückt werden.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schickte sich Karlsruhe an, aus einer kleinen Resi- denzstadt zur Hauptstadt eines deutschen Mittelstaates zu werden. Damals lag weit vor den Toren der Stadt zwischen Weiden, Wiesen und Hardtwald auf dem Weg nach Mühlburg die Richtstätte des Stadtbannes Karlsruhe. Dorthin strömten am 27. März 1829 zahlreiche Schaulustige, um die Hin- richtung der Brüder Damian und Qualibert Maisch mitzuerleben. Sie hatten fast zwei Jahre zuvor einen Raubmord an dem Melker Johann Reinhard verübt. Bürgerkavallerie und Militär war aufgeboten, die Menge im Zaum zu halten und den geordneten Ablauf des Vollzugs der Todesurteile zu sichern. Der Scharfrichter trennte "durch zwei glückliche Streiche die Köpfer beider von ihrem Rumpfe, und zwar zuerst jenen des Qualibert, und dannjenen des Damian", der als Anstifter der Tat den Tod seines Bruders miterleben mußte. Das durchaus nicht unübliche Spek1a-
Hinrichtung der Brüder Qualiberlllnd Damian Maisch am 27. März 1829.
kel, die Köpfe auf Pfahle aufzustecken, war auf Befehl des Großherzogs unterblieben. Wie sich herausstellte, sollte dies die letzte Hinrichtung auf dieser Richtstätte sein. Die öffentliche Vollstreck"UIlg eines Todesurteils fand in Baden zum letzten Mal 1854 in Rüppurr statt.
Die ehemalige Richtstätte zwischen der nach Mühlburg fuhrenden Allee und dem Landgraben verpachtete die Stadt im Jahre 1865 an die Schützengesellschaft. Deren Verbleib auf dem
Gelände an der Rüppurrer-/Schützenstraße machte der Bau der Südstadt unmöglich. 1867 wurden mit einem festlichen Landesschießen das neue Vereinsheim und die Schießstände an der Mühlburger Allee eingeweiht. Wo vonnals zum Tode Verurteilte hingerichtet wurden, fanden nun Schießübungen statt. Das Wachstum der Stadt holte den Schützenverein
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jedoch schon 24 Jahre später ein. Im Jahre 1886 war Mühlburg eingemeindet worden und entlang der in Kaiserallee umbenannten Straße nach Mühlburg wuchsen neue Stadt- viertel. 1891 bezog die Schützengesellschaft ein neues Heim im Hardtwald.
Zwischen Kaiserallee und Kriegs- bzw. Weinbrennerstraße entstand ein Quartier aus Miethäusern, Handwerks- und Industriebetrie- ben. Hier lebten Arbeiter, Angestellte und kleine Gewerbetreibende. Stadtteilprägendes ZentrunI der Weststadt sollte nach dem Willen der Karlsruher Stadtplaner der Gutenbergplatz werden. Für die Anlage eines Platzes waren sicher die Gedanken von Reinhard Baumeister maßgeblich. Er gilt mit seiner Schrift " Stadterweiterung in techni- scher, baupolizeilicher und wirtschaftlicher Beziehung" als Begründer des wissenschaft- lichen Städtebaus. Begrünte Freiflächen waren bei der Neuplanung von Stadtteilen nach seiner Auffassung unbedingt notwendig. Baumeister, Professor an der Tec1mischen Hochschule, war 1891-1908 zugleich Stadt- verordneter in Karlsruhe.
Von 1897-1911 entstand der 'Gutenberg- platz und seine Randbebauung. 1904 war entschieden, daß entgegen Baumeisters Vorstellungen eine Parkanlage nicht möglich war. Der bisher in der Sophienstraße- sie war nach der Überdeckung des Landgrabens entstanden - abgehaltene Markt wurde auf den neuen Platz verlegt. Eine Doppelreihe Linden und ein 1908 enthüllter monunlentaler Brunnen von Friedrich Ratzel gaben ilml sein charakteristisches Aussehen. An seiner Nord-
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seite entstanden 1898-1902 und 1905-1908 die Gebäude für eine Mädchen- und eine Knabenvolksschule. An der Sophienstraße im Süden erhielt die Gutenbergschule mit dem Neubau des Mädchengymnasiums von 1908- 1911 ein bauliches Gegenüber.
"Unter der Führung ihrer Lehrer und Lehrerinnen zogen am Vormittag des 1. Okiober 1900 die Schülerinnen mit klingen- dem Spiel und fliegenden Fahnen nach dem neuen Heim auf dem ehemaligen Schützen- platze. " Sie kamen aus dem Schulhaus Wald- straße 83, das von den Schülerinnen des Mädchengynmasiums benötigt wurde. Acht Jahre später sagte der Leiter der neuen Knabenvolksschule bei der Eröffnung, mögli- cherweise inspiriert von dem entstehenden Brunnen auf dem Gutenbergplatz: " Möge das neue Gebäude ein Bromlen der Volksbildung werden, dessen Strahlen ausgehen zum Segen der Schule, der Gemeinde und des Vaterlan- des." Nach dem Heaker und den Schützen hatten nun also die Pädagogen und ihre Schützlinge dem Platz eine neue friedfertige- re Funktion gegeben.
Seit 1923 erfullen einmal im Jahr die Kinder auch den neuen Platz mit Leben. Der Bürgerverein Weststadt veranstaltete damals das erste Lindenblütenfest, mit dem der Jugend einige Stunden ungetrübter Lebens- freude geschenkt werden sollte. Zentrum der Weststadt, Marktplatz, Festplatz, das ist der Gutenbergplatz seitdem geblieben. Die zusätzliche Aufgabe, Parkplatz zu sein, erhielt er erst im Laufe der zmlelmlenden Motorisierung mlserer Tage.
Man/red Koch
Der Wettbewerb um ein Denkmal für die Fliegeropfer des Ersten Weltkrieges
Karlsruhe zählt zu den wenigen Städten in Deutschland, die nicht erst im Zweiten Weltkrieg, sondern bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts den schrecklichen Folgen der modemen Luftkriegstechnik ausgesetzt wa- ren. Die verheerendsten Folgen hatte die französische Fliegeroffensive vom 22. Juni 1916, als die etwas zu früh ausgelösten Bomben, die eigentlich das alte Bahnhofs- gebäude an der Kriegsstraße treffen sollten, in eine Menschenmenge aru Festplatz fielen. Dort gastierte gerade der Zirkus Hagenbeck; einige hundert Besucher, vor allem Kinder und Jugendliche, befanden sich im Zirkuszelt. Bilanz des Blutbades aru Fronleichnamstag 1916: 169 Verletzte und 120 Tote, darunter 71 Kinder.
Fürdie Fliegeropfer des Ersten Weltkrieges wurde seit 1915 auf dem Karlsruher Haupt- friedhof ein gemeinsarues Bestattungsfeld angelegt. Zwei Grabreihen bildeten zunächst ein spitzes, offenes Dreieck, in dessen Innern im Verlauf der Kriegsjahre !Unf weitere Reihen angelegt werden mußten. Die Stadt Karlsruhe übernahm die Kosten fur die Beerdigung der getöteten Zivilpersonen; die gartenarchitektonische Gestaltung und die Pflege des Gräberfeldes wurde der Städti- schen Gartendirektion übertragen. Zunächst markierten einfache schwarze Holzkreuze die einzelnen Ruhestätten, Ende der zwanziger Jahre wurden sie durch einheitliche Gedenk- steine ersetzt. Für die äußere Reihe des dreieckigen Feldes wählte man schlichte Stelen, !Ur die Gräber der Innenfläche stili- sierte Steinkreuze.
Die Idee, auf der Ruhestätte ein kollektives Erinnerungszeichen !Ur die Opfer der Flieger- angriffe in Karlsruhe zu errichten, war von
Wetlbewerbsmodell von Karl Walllllnd Wladimir Zabo/in.
Anfang an mit den Planungen der Anlage verbunden gewesen. Konkrete Formen nahm das Vorhaben seit Oktober 1919 an, als sich der "Künstlerverband Badischer Bildhauer" mit der Bitte an die Stadt wandte, die schlechte wirtschaftliche Lage der freiberuf- lich arbeitenden Bildhauer durch öffentliche Ankäufe und Wettbewerbe zu verbessern. Dabei brachte man auch das projektierte Denkmal fur die Fliegeropfer und das Ehrenmal auf dem Kriegerfriedhof wieder in Erinnerung. Der Vorschlag fand positive
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Resonanz; bereits wenige Monate später konnten die vom Städtischen Hochbauamt ausgearbeiteten Wettbewerbsbedingungen bekanntgegeben werden.
Bis zum Abgabeterrnin im Dezember 1920 gingen 14 Entwürfe flir das Denkmal auf der Grabstätte der Fliegeropfer und 21 Modelle für das Soldatenehrenmal ein. Die Jury, der auch die Bildhauer Alfred Lörcher aus Stuttgart und Hubert Netzer aus Düsseldorf angehörten, verlieh den ersten Preis für das Fliegeropferdenkmal einstinunig der Ge- meinschaftsarbeit von Karl Dietrich und Arthur Valdenaire. Sie zeigt eine neoklassizi- stische Wandarchitekiur mit einer sitzenden Frauengestalt, die ein kleines Kind in ihren Armen hält. Der zweite Preis wurde dem Entwurf von Emil Sutor zugesprochen, der gleichfalls eine Mutter-w1d-Kind-Gruppe eingereicht hatte, dieser jedoch durch die anklagend-verzweifel te Gebärdensprache sei- ner Figuren eine ungleich ausdrucksstärkere Wirk=g verlieh. Den dritten Preis vergab die Jury schließlich an Herrnann Binz, dessen Modell eine weibliche Gestalt veranschau- licht, die mit pathetischer Geste vor ihrem toten Kind kniet. Auffallend ist, daß sich nur wenige der eingesandten Arbeiten nicht auf das Grundmotiv der Mutter mit ihrem Kind zurückführen lassen, das offensichtlich be- sonders geeignet erschien, um an den gewaltsamen Tod der Zivilpersonen und insbesondere der zahlreichen Kinder und
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Jugendlichen zu erinnern. Zu diesen andersar- tigen Entwürfen gehört auch der von der Jury nicht beachtete Vorschlag von Karl Wahl und Wladirnir Zabotin, die gemeinsam bereits für den Wettbewerb um das Kriegerehrenmal auf dem Hauptfriedhof eine ungewöhnliche Kon- zeption erarbeitet hatten. Ihr Modell für das Fliegeropferrnonument fuhrt eine gleichsam wörtliche Umsetzung des Geschehens vor Augen: An einem hohen, schlanken Obelis- ken stürzt das Verderben aus der Luft herab, während unten am Boden ein sterbendes Opfer liegt.
1m Anschluß an die Denkmalskankurrenz wurden im Verlauf der zwanziger Jahre immer wieder Anstrengungen untemanunen, um das projektierte Erinnerungszeichen auf dem Gräberfeld der Fliegerapfer zu errichten. Doch alle Bemühungen un1 seine Realisie- rung scheiterten letztlich an den mangelnden finanziellen Möglichkeiten. Erst in jüngster Vergangenheit, als man des 75 . Jahrestages der ersten Luftangriffe van ·1915 und vor allem 1916 gedachte, wurde erneut der Wunsch geäußert, auf der Ruhestätte der Flie- geropferdes Ersten Weltkrieges ein Mahmnal aufzustellen. Seit 1993 erhebt sich an dem ursprünglich dafür vorgesehenen Ort die von Gerhard Huber geschaffene Gedenksäule: eine schmale Stele, bekrönt von einem auf die Spitze gestellten Würfel, dessen instabile Lage sinnbildhaft an den gewaltsamen Tod aus der Luft erilmert.
UrslI!a Merke!
Ehemaliges Zeughaus beim Durlacher Tor
Nur wenige Gebäude der Zeit vor 1800 haben sich in der Karlsruher Kemstadt er- halten. Der tiefgreifende wirtschaftliche und städtebauliche Wandel, die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, aber nicht zuletzt auch die geringe Identifikation einer breiteren Öf- fentlichkeit mit den eher schlichten Einzel- bauten fUhrten bis in unsere Gegenwart hinein immer wieder zu Abbrüchen originaler Bau- substanz aus der Frühzeit von Karlsruhe. Um so bedeutender sind die noch vorhandenen baulichen Dokwnente, die etwas vom ur- sprünglichen Charakter der kleinen Residenz- stadt des 18. Jahrhunderts vermitteln.
Zu ihnen zählt eine nur selten beachtete Gebäudegruppe am Beginn der östlichen Kaiserstraße unweit des Durlacher-Tor- Platzes, die heute Teil des Areals der Univer- sität ist. Schon auf den ersten Blick erkennt man den städtebaulichen Anspruch der sym- metrisch angeordneten zwei- bis dreigeschos- sigen Bauten. Wie bei einer barocken Schloß- anlage flankieren einheitliche Häuser einen zurückliegenden höheren, von einem Dach- reiter bekrönten Hauptbau. Der so entstehen- de Vorhof wird an der Straße von Stake-
tengittem zwischen hohen Sandsteinpfeilem abgeschlossen. In der Mittelachse öffnet sich ein monumentales Tor. Proportionen, Gliede- rungen und Schmuckformen der Architektur verweisen auf den sogenarmten Louis-Seize- oder Zopfstil, wie er in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebräuchlich war.
Tatsächlich handelt es sich um ein Werk des ftihrenden Vertreters dieses spätbarocken Stils in Karlsruhe, des markgräflichen Bau- inspektors Wilhelm Jeremias Müller (J 725- 180 I), von dem neben der Kleinen Kirche und dem früheren Archivbau am Zirkel eine große Anzahl von heute verschwundenen Schloß- nebengebäuden und Wohnhäusem stammten. Er hatte 1777 den Auftrag zur Neuerrichtung des Durlacher Tores erhalten, das zuvor ein unanselmlicher Bretterdurchlaß war. Wäh- rend der Planung schlug Müller vor, ebenfalls notwendig gewordene. Neubauten ftir das Jagdzeughaus, das Hofgärtner- und das Rü- denmeisterhaus in einer geschlossenen Anla- ge zusammenzufassen und diese in unmittel- barer Nähe zum neuen Tor anzuordnen. In Verbindung mit dem ebenfalls nach den Vor- stellungen des Architekten auf der gegenüber-
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liegenden Südseite der Langen Straße er- richteten " Gasthaus zum Grünen Baum" soll- te so rur den damals am meisten frequentier- ten Stadtzugang ein würdiges Entree geschaf- fen werden. Die Ausruhrung dieses Projekts zog sich in mehreren Bauabschnitten bis 1786 hin. Im Hauptbau fanden dann die Utensilien rur die markgräfliche Jagd - Kutschen, Pfer- degeschirr, Gewehre, Netze, Hörner etc. - ei- ne angemessene Unterbringung. Die Lage dieses Zeughauses am Rand des Fasanen- gartens, dem Ausgangspunkt rurstlicher Jagdbelustigungen, die damals im höfischen Zeremoniell noch eine feste Rolle spielten, konnte nicht besser sein, ebenso wie die Plazierung der seitlichen Dienstwohnhäuser fur den Verantwortlichen der markgräflichen Hundemeute und rur den Hofgärtner, dessen geometrisch gegliederte Küchengärten sich unweit vor dem Durlacher Tor beiderseits der geradlinigen Pappelallee nach Durlach aus- dehnten.
Eine grundsätzliche Veränderung in der Nutzung brachten die Napoleonischen Kriege mit sich. 1804 wurde das Jagdzeughaus dem neu organisierten Militär als Arsenal rur Feldgeschütze, Handfeuerwaffen, Beklei- dung und sonstige Heeresausrüstung überlas- sen. Der Bau wurde dafur bis 1806 um ein Stockwerk erhöht und erhielt dabei sein heu- tiges Aussehen. Die neuc militärische Funk- tion konnte man nun am Außenbau durch Bauschmuck des Bildhauers und Hofstuk- kateurs Tobias Günther ablesen, neben einem
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Wappenrelief im Giebel zwei T rophäengrup- pen mit lebensgroßen Figuren von Mars und Minerva rechts und links am Hauptportal, die unverständlicherweise in den 1960er Jahren beseitigt wurden. Am 13 . Mai 1849 war das Zeughaus Schauplatz eines blutigen Straßen- kampfes, als Revolutionäre versuchten, den Bau zu stürmen, um der darin gelagerten Waffen habhaft zu werden. Zwar blieb die Verteidigung durch Soldaten und Karlsruher Bürgerwehr erfolgreich; der Aufruhr veran- laßte die großherzogliche Familie indes, schlewligst aus der Stadt zu fliehen. Noch bis Zunl Ende des Ersten Weltkrieges hatte das Heer im Zeughaus das Sagen, die beiden Nebengebäude dienten zeitweise teils Wolm-, teils Verwaltungszwecken. Im Zweiten Welt- krieg brannte der Hauptbau aus, in ilml gingen wertvolle Exponate des Badischen Verkehrs- museunIS zugrunde, das in den zwanziger Jahren hier eingerichtet worden war und an das heute nur noch eine im Freien aufgestellte Lokomotive erinnert. Nach dem Wiederauf- bau in den alten Außenrnauem, der 1953 bis 1955 erfolgte, zog das Verkehrstechnische Institut der Hochschule ein. Und schließlich beherbergt der Zeughauskomplex seit weni- gen Jahren noch eine weitere Einrichtung der Universität: das Südwestdeutsche Archiv rur Architektur und Ingenieurbau, das in seinen angeschlossenen Ausstellungsräumen der "Architekturgalerie am Zeughaus" von Zeit zu Zeit Einblicke in seine Bestände präsen- tiert. Gerhard Kabierske
Bunkerreste auf dem Turmberg
Nahe dem Rittnerthof zweigt von der Jean- Ritzert-Straße ein Feldweg zur Ringelberghohl nach Grötzingen ab. Spaziergänger werden das kleine Dickicht aus niedrigen Bäumen, Büschen und Brombeerhecken links des Weges kaum beachten. Es birgt jedoch einen besonderen Blickpunkt zur Karlsruher Stadt- geschichte: Im Sommer durch Blattwerk nahezu völlig verdeckt, findet man hier einige Stufen, die zu einer schweren Eisentür hinabfuhren. Dies sind die Bunkerreste einer Feuerstellung ftir Flugabwehrkanonen (Flak) aus dem Zweiten Weltkrieg.
1941 zwangen die zunehmenden britischen Luftangriffe weit hinter der Front zu einer Verstärkung der Luftabwehr. Zum Schutz der Stadt errichtete das zuständige Flakartillerie- kommando ringsum auf Acker- oder Garten- fl ächen insgesamt 15 FlaksteIlungen. Den städtischen Akten über die dabei entstande- nen Kriegsschäden ist zu entnehmen, daß als erste 1941 die Batterie Fritschlach in Dax- landen eingerichtet wurde. Im selben Jahr folgten noch drei weitere. Die 1943 ausge- baute Groß batterie Deckelhaube nördlich von Knielingen verfugte als größte Stellung über 18 der 8,8-cm-Geschütze. Sie hatte die Form eines Dreiecks mit einer Seitenlänge von je rund 250 Metern. Andere Stellungen wie die bei der Deutschen Waffen- und Mu- nitionsfabrik (später IWKA) oder die auf dem Turmberg waren etwas kleiner. Neben den Geschützen und den besonders gesicherten Funkeinrichtungen gehörten zu einer Stellung auch die Baracken fur etwa 11 0 Mann Be- satzung.
Als sich die Niederlage der 6. Armee in Stalingrad abzeichnete, begann die national- sozialistische Führung mit der Ausschöpfung aller Kraftreserven, mit dem "totalen Krieg". Bereits am 5. Dezember 1942 ordnete die
Reichsstelle rur Schuhvcsen in Berlin die na- mentliche Erfassung der Schüler der Jahr- gänge 1926127 und der Schülerinnen der Jahrgänge 1925 und älter an. Um etwa 170000 Flaksoldaten an die Front schicken zu können, sollten 250 000 Jungen als Luft- waffenhelfer (LwH), die Mädchen bei den Scheinwerferbatterien und in, Funkdienst eingesetzt werden. Bis zu 50 Prozent des Personals - oft auch mehr - stellten fortan die LwH, die ihre Abl.iirzung ironisch als "Letzte Hoffnung" lasen.
In Karlsruhe erhielten die betroffenen Schüler am 12. Februar 1943 ihre Einberu- fung. Die Auftistung der Tagesereignisse ei- neS Luftwaffenhelfers zeigt, daß die 16jähri- gen nicht nur an den Kanonen ausgebildet, sondern auch mit mehrfachem Nachtexer- zieren "geschliffen" wurden. Zun, Schießen kanlen die Jungen 1943 nur 17 mal, einen Angriff auf die Stadt erlebten sie nicht. Ganz anders erging es den Jahrgängen 1927128, die
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Anfang 1944 einrückten. Einer von ihnen, der nördlich Hagsfeld eingesetzt war, erinnert sich aß die Bombennacht vom 24.125. April 1944: "Mitten in der Nacht wurden wir alarmiert. Ein Inferno folgte. In immer neuen Wellen luden die englischen Nachtbomber ihre tödliche Fracht über Hagsfeld und Rintheim ab. Schon nach der ersten Welle waren wir schießunnihig gebombt. Sämtliche Unterkünfte brannten. Für mich ein Wunder: Unter den Geschützbesatzungen gab es keine Toten."
Die zu Soldaten gemachten Kinder waren aber zugleich noch Schüler, die in ihren Stellungen unterrichtet wurden - eine Dop- pelbelastung, die die Grenzen der Leistungs- fahigkeit oft überschritt. Da "aus den Reihen dieser Schüler künftig der Nachwuchs ftir die geistig ftihrenden Berufe unseres Volkes gestellt werden soll" , sei diesem Unterricht besondere Aufmerksamkeit zu widmen, for- derte der badische Kultusminister im Februar 1943. Anfangs war ein sinnvoller Unterricht mit 18 Wochenstunden noch möglich, da die Klassen geschlossen in die Stellungen ein- gewiesen wurden. Von einem geregelten Notunterricht war aber nicht mehr zu spre- chen, als die Luftwaffenhelfer seit August 1943 mit ihren Batterien auch weit außerhalb der Landesgrenzen verlegt wurden.
1944 waren Schüler von 72 auswärtigen Schulen hier im Einsatz. Die Eltern und der Karlsruher Betreutingslehrer zeigten wenig Verständnis daftir, daß Salzburger Schüler in Karlsruhe, Karlsruher in Sachsen und Würt-
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temberger in Salzburg eingesetzt wurden. In Berlin aber tobte Hermann Göring, als sich die Beschwerden häuften: "Im Großdeutschen Reich hat bis jetzt keiner zu meutern gewagt! Wollen ausgerechnet die Eltern von Pimpfen jetzt den Anfang machen?"
Als man die ersten Flakhelfer im Januar 1944 entließ, urteilte einer in seinen 1944 niedergeschriebenen Erinnerungen: "So war ein Jahr herumgebracht, vielleicht das leerste meines Lebens." Die Jungen karnen zum Reichsarbeitsdienst, dem der Kriegsdienst folgte. Die gymnasialen Achtkläßler erhielten ein Reifezeugnis, bei dessen Ausstellung "männliche Reife" und " soldatische Einsatz- bereitschaft" besonders berücksichtigt wer- den sollten. Sicher fuhlten sich die Schüler- soldaten schon als Männer und verbaten sich das Mitleid jener, die die "armen Kinder" bedauerten. Ihr Erleben ging aber seit den schweren Angriffen auf die Stadt 1944 weit über kindgemäße Erfahrung hinaus. Sie ließ sich nun nicht mehr mit Leere als vielmehr mit Schrecken und Grauen umschreiben.
Was die Überreste der FlaksteIlung auf dem Turmberg 50 Jahre nach den schweren Lnft- angriffen auf die Stadt Zunl BlickpUnkt macht, ist nicht allein das Versagen der Lnftabwehr, die mit unzulänglichen Mitteln eine erdrük- kende feindliche Luftüberlegenheit abwehren sollte. Diese Überbleibsel des vom national- sozialistischen Deutschland entfesselten Zwei- ten Weltkrieges erinnern auch an die um einen Teil ihrer Jugend betrogenen Lnftwaffen- helfer. Manfred Koch
Das Durlacher Bismarck-Denkmal in der Kanzlerstraße
Die hochrangigen Vertreter der Staats- und Gemeindebehärden, die Offiziere des hiesi- gen Trainbataillons, der Militärverein, der Artilleriebund St. Barbara, der Leibgrenadier- Verein Durlach, eine Abordnung der Freiwil- ligen Feuerwehr, die Schützengesellschaft, Turnverein und Turnerbund, die Beamten der Gritznerschen und Seboldschen Fabrik und zahlreiche Zuschauer waren am 20. Oktober 1907 bei der Kreuzung Bismarckstraße und Palmeienslraße erschienen, um der Einwei- hung des Durlacher Bismarck-Denkmales beizuwohnen. Anläßlich der Enthüllung wa- ren zahlreiche Musik- und Wortbeiträge vor- gesehen. Amtmann May würdigte in seiner Festrede das Wirken des ehemaligen Reichs- kanzlers. Der Vorstand des Bismarckvereins berichtete über den Werdegang des Projektes. Stadtpfarrer Specht brachte einen Toast auf Kaiser und Großherzog aus, und Hauptlehrer Kasper endete seine Ausführung zum Wesen des deutschen Volkes ebenfalls mit einem
Toast. Das Durlacher Wochenblatt berichtete in zwei Ausgaben ausführlich über das Ereignis und das Monunlent: "Das Denkmal, der gewaltige Granitblock in seiner urwüch- sigen Kraft des ersten, des eisernen Reichs- kanzlers, der im politischen Sturm auch stets unerschütterlich dastand wie ein Fels."
Ein hoch aufgerichteter, monolithischer Granitblock, der sich nach oben verjüngt, nimmt auf seiner flachen Seite das reliefierte " Bildnis des Fürsten auf. Es wurde leicht vertieft angebracht. Otto von Bismarck ist in strengem Profil olme Kopfbedecl<lmg wie- dergegeben. Er trägt die charakteristische Unifornl mit Stehkragen. '
Der Geburtstag des ReichsgTÜnders, der sich am I. April 1995 zum 180. Male jähren wird, wurde auch in Badenjedes Jahr festlich begangen. Zu seinem 80. Geburtstag erhielt Bismarck zahlreiche Geschenke und wurde mit Ehrungen regelrecht überhäuft. Eine Delegation der neun badischen Städte der
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Städteverordnung überbrachte ihm in Frie- drichsruh am 12. Juni 1895 die gemeinsame Ehrenbürgerurkunde. Der Direktor der Karls- ruher Kunstgewerbeschule Professor Her- mann Götz hatte sie entworfen. Nach dem Tode Bismarcks 1898 setzte eine wahre Denkmalsflut ein. So rief die deutsche Stu- dentenschaft landesweit zur Errichtung von Bismarck-Türmen auf, die sich auf den Bergen des Reiches erheben sollten. Hierzu gehört die Bismarck-Säule der Karlsruher Studentenschaft, die 190 I am Südhang des Wattkopfes in Ettlingen nach dem Entwurf von Friedrich Ratzel erstellt wurde. In der Residenzstadt Karlsruhe sammelte man seit 1898 ebenfalls Spenden rur ein Bismarck- Denkmal. Das Standbild vor der Festhalle konnte jedoch erst 1904 enthüllt werden. Das Durlacher Monument ist ein Beispiel fur die zahlreichen einfacheren und vor allem kostengünstigeren Ausfuhrungen. Dieser Ty- pus wurde häufig verwendet: So ließ Karl Egon III. von Fürstenberg dem Holkapell- meister Wenzel Kalliwoda 1902 im Schloß- park von Donaueschingen einen Findling mit Bildnisreliefzur Erinnerung setzen. Auch das Monument rur Bismarck auf dem Feldberg, ein Obelisk aus wenig behauenen Stein- quadern mit Bildnisreliefkann hierzu gezählt werden.
In Durlach ging die Initiative von dem 1902 gegründeten Bismarckverein aus. 1905 fragte sein Vorsitzender in einem Schreiben an die Großherzogliehe Forst- wld Domänendirek- tion, ob es möglich sei, im Durlacher Schloß- garten ein Bismarck-Denkmal zu errichten. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt. Auf der Generalversammlung am 16. März 1906 be- schlossen die Mitglieder, daß "das Denkmal auf dem freien Platz der Bismarckstraße er-
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richtet werden soll ." In einem Schreiben an die Stadtverwaltung baten sie um die Geneh- migung des Projektes. Darüberhinaus hofften sie auf die Unterstützung durch die Stadt. Diese sollte die Kosten fur die Fundamen- tierung, rur die gärtnerische Anlage und fur den Urnfassungszaun übernehmen. Der Gemeinderat war mit diesem Vorschlag ein- verstanden und das Projekt konnte verwirk- licht werden. In den Akten findet sich weder ein Hinweis auf den entwerfenden Künstler noch auf eine ausfahrende Firnla. Doch während der Einweihungsfeierlichkeiten wur- de Bildhauer Heinrich Bauser gedankt.
Der Aufstellungsort rur das Denkmal liegt am Rande Durlachs, wo die Gärten im Süden nahe an die Stadt heranreichen. Nordöstlich erhebt sich die 1900 fertiggestellte kath. Kirche St. Peter und Paul und westlich davon steht die 1895 eröffnete Festhalle mit einem zeitgenössischen Wohnhaus. Sonst wurde die Straße zum damaligen Bahnhof, an dessen Stelle heute die Post steht, kaum von Häusern gesäumt. Als sie nun 1905 den Namen Bis- marckstraße erhielt, war der Aufstellungsort rur das Monunlent gefwlden.
Zwischen 1913 und 1925 gab es immer wieder Pläne zur Umgestaltung der Straßen- ruhrung und der Denkmalaufstellung. 1933 schlug Friedrich Eberle sogar vor, das Monu- ment auf den Platz vor den Bahnhof zu ver- setzen, weil es dort besser zur Geltung käme.
Heute steht der Obelisk in einer erhöhten, von einer Mauer unlgebenen Anlage. Hohe Büsche fassen ihn ein, Das Bildnisrelieffehlt. Wahrscheinlich wurde es im Zuge der "Be- schlagnalunung und Einziehwlg von Bronze- denkmälern" Im Zweiten Weltkrieg einge- schmolzen.
Brigille Baumstark
Überwundener Nationalsozialismus - Adler am Bunker bei der Appenmühle
Herrisch schlägt er mit den Flügeln, in den riesigen Fängen hält er majestätisch Schwert und Siegeslorbeer. Kein Zweifel : Schon auf den ersten Blick gibt sich dieser Adler als charakteristisches Zeugnis des " Dritten Rei- ches" zu erkennen, ein "Hoheitszeichen", wie das deutsche Wappentier in jenen zwölf Jahren bezeichnet wurde. Kraft, Macht und Sieg des NS-Staates, die uns dieses Symbol suggerieren möchte, sind jedoch auf aussage- kräftige Weise gebrochen: Der Adler hat seinen Kopf verloren. Die Umstände lassen sich zwar nicht mehr genau klären, es dürften aber die alliierten Soldaten unmittelbar nach Kriegsende gewesen sein, die durch gezielte Schüsse oder Hammerschläge der prahlend vorgetragenen Überheblichkeit ein jähes
Ende bereiteten. Im lädierten Zustand hat die in Beton gegossene Plastik die letzten Jahrzehnte überstanden - glücklicherweise muß man sagen, denn es gibt in Karlsruhe wohl kein sprechenderes Denkmal fur das Ende der Gewaltherrschaft des Nationalso- zialismus vor nunmehr fiinfzig Jahren.
Nur wenige Karlsruher werden davon Notiz genommen haben; obwohl Tausende täglich an der Rheinhafenstraße in Daxlanden daran vorbeifahren. Der Adler ist dort an der Fassade eine Gebäudes angebracht, das sich in Höhe, Ausdehnung und Dachforrn den Wohnhäusern der Nachbarschaft anzupassen sucht. Beim näheren Hinschauen entpuppt es sich aber nicht nur wegen des ungewöhnli- chen plastischen Schmucks als Fremdkörper.
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Die Außenwände bestehen aus nacktem Beton, die Fenster sind zu kleinen Schlitzen reduziert, was zusanunen mit dem überdi- mensionierten Konsolgesims einen äußerst
abweisenden Eindruck macht. Es handelt sich um einen Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, der nach der nahen Appenmühle seinen Namen erhielt. Paul Brömme vom Städtischen Hochbauamt, der "Generalbeauf- tragte des Oberbürgenneisters rur das Luft- schutzwesen", plante den Bau 1942 gleich- zeitig mit anderen Großbunkern im Stadtge- biet - zu einem Zeitpunkt, als deutlich wurde, daß es mit der von der Propaganda ver- kündeten Sicherheit rur die Zivilbevölkerung nicht weit her war und die Alliierten als Reaktion auf deutsche Bombardements vor allem englischer Städte ihre Luftangriffe auf Deutschland verstärkten. Von der Anbrin- gung des Adlers als siegverheißendem Bau- schmuck bis zu seiner " Enthauptung" sollten keine drei Jahre vergehen - fUr die be- trolTenen Menschen indes eine furchtbare Zeitspanne. Gerhard Kabierske
Kleine Kirche bald in frischen Farben
"Lieber Gott, eine alte Frau, die vor 57 Jahren hier konfinniert wurde und zum harten Kern von Pfarrer Hanns Löw gehörte, bittet Dich herzlich, den zuständigen Baudezer- nenten beim Oberkirchenrat die Erleuchtung zu geben, daß er mal Geld gibt, um endlich unser kleines schmuckes Kirchlein zu reno- vieren. Danke."
Das Gebet, am 12. April dieses Jahres im Gästebuch der Kleinen Kirche aufgeschrie- ben, ist schon erhört. Gleich nach den Hand- werkerferien im Sommer wird das älteste Karlsruher Gotteshaus - fUr viele zugleich eins der schönsten in der Fächerstadt - im in- neren gründlich renoviert. Die geschätzten Mindestkosten 390000 DM tragen die Evan- gelische Kirchengemeinde Karlsruhe und zum kleineren Teil die Pfarreien der A1t- und Mittelstadtgemeinde. Die "Erleuchtung" ist
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in der Tat Sache des badischen Oberkirchen- rats: Das landeskirchliche Bauamt hat auf Bitten der baupflichtigen Kirchengemeinde die nicht ganz einfache "architekionische Leistung" übernommen, in enger Zusammen- arbeit mit der Landesdenkrnalbehörde und in der Hoffuung auf ihren auch fmanziellen Beistand.
Schon 1719, im selben Jahr, als mit dem Bau der lutherischen Konkordienkirche auf dem Marktplatz begonnen worden war, fand nahebei am schloßnahen Ende der Kreuz- straße die Grundsteinlegung rur ein refor- miertes Kirchlein statt. (Erst 1821 kam es zur Union der beiden Konfessionen.) Der Holz- bau verfiel allerdings schon bald, so daß Baumeister Heinrich Arnold bereits 1749 den " Riß" rur steinernen Ersatz vorlegte. Zu- gleich entwarf er als Pendant in der Lamm-
straße einen "Bronnenthurm", nachdem die anne katholische Gemeinde die Mittel fur ein eigenes Gotteshaus an dieser Stelle nicht zusammengebracht hatte. (Das Brunnenhaus ging 1764 in Betrieb, wurde aber 1833 ent- gegen dem Wunsch des 1826 verstorbenen Friedrich Weinbrenner wieder abgerissen.)
Wilhelm Jeremias Müller gab der erst im Juli 1775 eingeweihten Kleinen Kirche - ei- nem Bauwerk aus "rohem Grötzinger Sand- stein in französischem Stil" - die heutige Ge- stalt. Daß keine Baupläne erhalten geblieben sind, erwies sich vor allem nach der Zer- störung des Gotteshauses am 27.128. Septem- ber 1944 als Mangel. Dennoch präsentiert sich das Innere seit dem von Hermann Zelt geleiteten Wiederaufbau von 1949 relativ stilrein im Louis-Seize-Stil.
Getreu dem reformiert-theologischen Erbe, das Wort und Sakrament als Einheit versteht, blieb die Kanzel erhöht über dem Altar und unter der Orgel Mittelpunkt und Blickfang des bewußt schlicht gehaltenen Raumes. Die orthodoxen Gemeinden der Griechen, Serben, Türken und Armenier, die die Kleine Kirche seit Jahrzehnten mitbenutzen dürfen, haben mit ihren Ikonenwänden Farbe hineinge- bracht. Der Rauch ihrer Stearinkerzen hat allerdings die Verdüsterung der Wände beschleunigt. Daß einst auch die reformierten Gesangbücher vom Wachslicht erhellt wur- den, verraten die erst später mit Glühbirnen bestückten Wandleuchter noch heute - die gesamte Elek1rik muß dringend erneuert werden.
Entgegen dem von den Großherzögen einst geschätzten Einheitsgrau soll bald ein farb- lieh abgesetzter Innenanstrich Stuckzierat, Holzwerk und architektonische Gliederung wieder hervorheben und die künstlerische Qualität des Innenraumes vor Augen fuhren . Selbst an Vergoldung ist gedacht, ein schon 1976 bei der 200-Jahr-Feier geäußerter
Wunsch, dessen Erfullung am Geld scheiter- te. Aber haben nicht schon Zunl Bau der ersten Kirche Christen, damals auch die Glaubens- geschwister aus dem Elsaß und der Schweiz, fehlende Mittel beigesteuert?
Das Schmuckstück, das sie einst war, soll die Kleine Kirche wieder werden, ein an- heimelndes Gotteshaus nicht nur fur stilvolle Hochzeiten. Pfarrer Dr. Dieter Splinter hom ebenso wie seine Kollegin, die mit ihm die Arbeit in der Stadtmitte teilt, daß sie mehr noch als bisher zum gern ausgesuchten "Ort der Stille" im Trubel der City wird, eine Heimat fur alle, auch jene, die "ein distan- ziertes Verhältnis zur Kirche haben, sich aber trotzdem mit ihr verbunden fuhlen". Zugleich soll sie Experimentierfeld fur die Studenten- gemeinde und fur Gruppen bleiben, die neue Gottesdienstformen suchen. Als geschichts- trächtiger Ort, der an die frühe Zeit der Fächerstadt, hat die Kleine Kirche allemal Aufmerksamkeit verdient.
Dara/hea Schmill-H alls/ein
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Das Kriegerdenkmal vor der Friedrich-Realschule in Durlach
Bald nach dem Deutsch-Französischen Krieg wurde in Durlach ein großes Bauvorha- ben verwirklicht. Der Markgräfliche Spei- cher, am westlichen Stadteingang an der Hauptstraße gelegen, der sich schon auf dem Stich Merians markant abzeichnet, mußte einem Neubau weichen. Man empfand das alte Gebäude nicht mehr als zeitgemäß, wie ein Kommentar im Durlacher Wochenblatt am 8. Februar 1870 belegt: "Wenn ein Fremder von der Eisenbahn herkommt, so fallt ihm zuerst das uralte, ganz zwecklose und äußerst finstere, die Stadt verdunkelnde Speichergebäude auf, was einen äußerst schlechten Eindruck auf Fremde rur den Eingang einer Stadt machen muß." Als nun
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die Stadt rur ihre Schulen ein neues Gebäude benötigte, entschloß sich die Verwaltung zu einem Neubau anstelle des alten Speichers, den man bereits 1874 erworben hatte. Baurat Professor Heinrich Lang plante den gesamten Komplex aus Schulhaus und separater Turnhalle. Er rückte ihn leicht von der Straße ab, so daß ein kleiner Platz entstand. Die Anlage entwarf er im Stil der Neorenaissance.
Ein triumphbogenartiger Mittelrisalit be- tont die Mitte des ruhigen, 13achsigen Haupt- gebäudes und nimmt darüberhinaus den Eingangsbereich auf. Vor der Mittelachse des Mittelrisalites erhebt sich ein Kriegerdenk- mal rur die Gefallenen der Stadt im Deutsch- Französischen Krieg 1870171, von den Karlsruher Bildhauern Hirschen und Volke ausgeftihrt. In den Proportionen und im Stil bezieht es sich auf das Schulgebäude.
Auf einem Sockel aus Quadersteinen, der mit einer auskragenden Platte abschließt und die Sockelline des Bauwerkes aufnimmt, erhebt sich das eigentliche quadratische Postament. Es verjüngt sich im oberen Bereich und ist mit Girlanden geschmückt. Auf dem hohen Postament steht ein nahezu nackter, antikisch anmutender Krieger, mit den Attributen des Sieges ausgestattet. Als Stand11äche dient ihm der runde Schild eines besiegten Feindes. Die Beine in Schritt- stellung, den kräftig modellierten Körper frontal und nur leicht aus der Achse gedreht, blickt der Krieger, den Kopf nach rechts gewandt, in die Ferne. Ein reich gestalteter Helm mit Volutenbekrönung und Greif ruht auf seinem Haupt. Seine Blöße bedeckt ein faltenreiches, üppiges Tuch. Der Krieger hält mit seiner erhobenen linken Hand die Fahne, auf deren zusammengerallen Tuch sich der
Reichsadler abzeichnet. Seine Rechte wnfaßt das mit Lorbeer bekränzte Schwert. Hinter dem rechten Fuß und dem Schwert des siegreichen Kämpfers liegen weitere Trophä- en: ein Helm und eine zerbrochene Fahne.
Auf drei Seiten des hohen Sockels sind Inschriften angebracht. Auf der Vorderseite heißt es: "Den Kämpfern fur / Deutschlands / Einheit und Größe / in den Jahren / 1870- 1871/ die dankbare Stadt/Durlach." Das mit Lorbeer und Eiche umkränzte Eiserne Kreuz ziert die Rückseite. Auf der Westseite wird an die Kämpfe in Straßburg, Etival, Nompatelize, Dijon, Nuits, Mömpelgard und Belfort erinnert. Gegenüber, nach Osten, stehen die Namen der 12 gefallenen Durlacher.
Zu der feierlichen Eröffnung der Vereinig- ten Schulen aus Pädagogium mit höherer Bürgerschule, Gewerbeschule und Volks- schule sowie zur Enthüllung des Denkmales am 22 . September 1878 fanden sich zahl- reiche Ehrengäste in der festlich geschmück- ten Stadt ein. Der Großherzog hatte sein Kommen zugesagt und auch General August von Werder nahm an den Feierlichkeiten teil. Er hatte das XIV. Armeekorps bei der Schlacht um Belfort erfolgreich befehligt, weshalb ihn die Stadt Freiburg schon zwei Jahre zuvor auf einem vielfigurigen Denkmal gewürdigt hatte. Viele Besucher aus dem Um- land waren zugegen. Carl Friedrich, seit 1872 Bürgermeister der Stadt, hielt die Eröffnungs- ansprache. Zunächst erwähnte er befriedigt, daß die veranschlagte Bauswnme nicht überschritten wurde und daß sogar noch ein Betrag fur das Kriegerdenkmal verwendet werden konnte. Seine Rede und seine Ge- danken zu dem Monument druckte das Dur- lacher Wochenblatt in gekürzter Fassung ab: "Der Jugend aber möge das Denkmal ein
Sporn sein, fortzubilden den schönen großen Gedanken, den Vätern gleich zu werden, stets eingedenk der Opfer, welche in dem großen Kampfe gebracht wurden. Es sei das Denkmal ein steter Mahnruf, in Liebe und Treue fur Fürst und Vaterland aufzuwach- sen." Die Zeitung berichtete weiter: "Bei dem von der Menge begeistert dreifach erwiderten Hoch auf Wilhelm den Siegreichen und Friedrich den Gesegneten und sein Haus fiel unter Musik und unter Absingen der Wacht am Rhein die Hülle des Denkmals, auf dessen Stufen zwölf Festiungfrauen Eichenkränze niederlegten. "
Gustav Fecht, vor allem als Verfasser der 1869 erschienenen "Geschichte der Stadt Durlach" bekannt, zog als Direktor von Pädagogium und höherer Bürgerschule mit se,nen Schülern ebenfalls in das Gebäude ein. Zu dessen Einweihung hielt er einen Vortrag über die Entwicklung des Schulwesens. Im 19. Jahrhundert und vor allem in den Jahren nach 1871 wurden in ganz Deutschland und auch in Baden zahlreiche Denkmäler errich- tet. In Durlach wurden zwischen 1871 und 1915 vier Denkmäler gesetzt: das besproche- ne Kriegerdenkmal, das Bismarck-Denkmal, das Hengst-Denkmal und das des Großher- zogs Friedrich I.
Mit dem Baukomplex der Vereinigten Schulen setzte der Wandel Durlachs von der ländlichen Amtsstadt zur modemen Bürger- stadt ein. Bald folgten weitere Neuerungen, die diesen Wandel mittrugen. So wurde 1896 der Viehmarkt in eine öffentliche Parkanlage umgewandelt mit Denkmal und Zierbrunnen zu Ehren des Gründers der Freiwilligen Feuerwehr Christian Hengst. Wenig später wich die städtische Kelter dem Neubau der neugotischen katholischen Kirche.
Brigille Baumstark
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Von Karlsruhe nach Chicago. Ein schmiedeeisernes Tor im Stadtgarten
Das Tor der Wolff-Anlage vor den Umbau- ten zur Bundesgartenschau 1967.
Wendet man sich als Besucher des Stadt- gartens nach Süden zur Wolffanlage, trifft man auf ein schmiedeeisernes Tor, das einen von Hecken gesäwnten Weg abschließt. Schon der Aufstellungsort macht deutlich, daß hier fur das Tor nicht die Funktion des Verschliessens im Vordergrund steht, son- dern die Präsentation eines kunstgewerbli- chen Objektes. Es besteht aus zwei seitlichen Rahmenelementen, die ein Bogen verbindet. Dazwischen hängen die beiden niederen Tür- flügel. Die einzelnen Elemente sind in neu- barocken Formen gestaltet. Die seitlichen Lisenen sind mit filigranen Stäben und mit Blattwerk gestaltet. Plastisch geformte vege- tabile Einrollungen leiten über Zunl ebenfalls stark plastischen und reich verzierten Bogen. Über dessenMitte erhebt sich eine asymetrisch gestaltete Kartusche mit dem stilisierten badi-
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sehen Wappen und der bekrönenden Fürsten- krone.
Die niederen Tore werden im unteren Be- reich von Flächenornamenten stabilisiert. Die zarten Gitterstäbe darüber beginnen und enden in C-Schwüngen, Einrollungen und floralen Schmuckformen. Über dem oberen Querbalken entwickeln sich von der Mitte der Türflügel zu den Seitenteilen hin ansteigend Blatt- und Pflanzenelemente, die immer wie- der in Einrollungen enden. Diese Zweige und Blätter bilden zusammen mit der Rundung des Aufsatzes eine ovale Rahmung, die emen "point de vue" hervorhebt.
Das Tor bildete zusammen mit zwei kleineren Seiten toren die Begrenzung und den Auftakt der badischen Abteilung auf der Weltausstellung 1893 in Chicago zum Ehren- hof hin und war Teil des badischen Ausstel- lungsgutes. Unter dem badischen Wappen des mittleren Tores hing damals eine Tafel mit dem Landesnamen "Baden". Der Direktor der Großherzoglieh Badischen Kunstgewer- beschule in Karlsruhe, Hermann Götz, hatte es entworfen, und Fritz Bühler aus Offenburg, ein ehemaliger Schüler, hatte es ausgefUhrt. Darüber hinaus war das badische Kunsthand- werk mit zahlreichen Gegenständen vertre- ten, darunter war der mehrteilige Tafelauf- satz, den das erbgroßherzogliche Paar zu seiner Hochzeit von den badischen Städten erhalten hatte.
Die Karlsruher Nachrichten berichteten über die Tätigkeit von Götz und Badens An- teil an der Weltausstellung: "Baden, der Garten Deutschlands, blühend und gedeihend unter einem hochherzigen Fürsten, hat auf der Chicagoer Ausstellung, im Industriepalast besonders, Wunder geleistet, eine Entfaltung
seines Kunstgewerbes zu Stande gebracht, wie sie großartiger von einem größeren Bundesstaate Deutschland nicht hätte erwar- tet werden können."
Auch das Groß herzogtum Baden nahm nach dem Deutsch-Französischen Krieg starken wirtschaftlichen Aufschwung. Die gründerzeitlichen Stadtteile der Residenz- stadt und auch der kleineren badischen Gemeinden verdeutlichen den neuen Reich- tum. Für die Ausnihrung der bis ins Detail aufwendig durchgestalteten Verwaltungsbau- ten sowie der Wohn- und Geschäftshäuser bedurfte es hochqualifizierter Handwerker.
Diese Fachleute standen seit 1867 und in größerer Zahl seit 1878 zur Verfugung, nach- dem zuerst die kunstgewerblichen Kurse an der Landesgewerbehalle und später die Kunstgewerbeschule die Lehrtätigkeit aufge- nommen hatten. Diese Schulen boten nicht nur Unterricht in den Fachklassen rur Architektur, Bildhauerei, Dekorationsmalerei, Ziselieren und Keramik, sondern bearbeiteten im Zeichenbüro Aufträge von Firmen sowie öffentlicher und privater Auftraggeber zu den unterschiedlichsten Anlässen. Zum Beispiel entwarf Götz im Auftrag des Großherzogs alljährlich den "Großen Preis" fur das Pferderennen in lfTezheim. Die Ausfuhrung lag häufig bei ehemaligen Schülern.
Ein wesentlicher Aufgabenbereich fur Direktion, Lehrer und Schüler war die Pla- nung und Bestückung der badischen Abtei-
lungen auf nationalen und internationalen Ausstellungen. Hier konnten sich die ver- schiedenen Sparten des Kunsthandwerks prä- sentieren. Auftakt und Blickfang, und somit wichtiger Teil der Ausstellungsarchitektur, war meist ein schmiedeeisernes Gitter. Für die deutsch-nationale Kunstgewerbeausstel- lung 1888 in München entwarf Götz ein dreiteiliges Gitter zur Kapelle. Ebenfalls ein anfwendiges schmiedeeisernes Tor, nun in den Formen des floralen Jugendstils, zeichne- te Götz fur die Weltausstellung 1900 in Paris. Die Arbeit wurde mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.
Schon vor 1893 hatte man sich in Karlsruhe besonders um diese k-unsthandwerkliche Technik bemüht, als der Kunstgewerbeverein im Auftrag der deutschen Kunstgewerbe- vp,reine einen Wettbewerb unter den deut- schen Kunstschmieden ausschrieb und die Ergebnisse in der Fachausstellung fur Schmiedeeisen in der Orangerie präsentierte. 1892 veröffentlichte Eugen Bischoff, Profes- sor rur Architektur an der Kunstgewerbe- schule, ein umfangreiches Fachbuch zum Thema SchnJiedeeisen.
Nach der Rückkehr aus Chicago wurde das Tor zunächst im Karlsruher Kunstgewerbe- museunI ausgestellt. Später gelangte es in städtischen Besitz. Es fand seinen Platz im Stadtgarten und gehört heute zum S=lungs- bestand der städtischen Galerie im Prinz- Max-Palais. Brigitte Baumstark
Ein Platz zur Zierde der Innenstadt
Vor 140 Jahren notierte die groß- herzogliche Hofverwaltung, die im Schloß untergebrachte Hofbibliothek und weitere wissenschaflliche S=lungen bedürften dringend der Erweiterung. Der Auftrag fur die Vorentwürfe erging an Karl Joseph
Berckmüller (1800-1879) vom Hofbauamt. Während die Hofverwaltung über Baupro- gramme, Kosten und alternative Bauplätze diskutierte, verstrichen sechs Jahre. Im Som- mer 1862 gab das Ständeparlament seine Zustimmung fur einen Neubau, der die Ver-
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einigten Sammlungen aufuehmen und in "mo- derner Renaissance" gehalten sein sollte.
Diese Stilempfehlung hatte geradezu avant- gardistischen Charakter im Vergleich zum Stand der überregionalen Architekturdiskus- sion. Zugleich wurde das Programm flir den nördlichen Erbprinzengarten entworfen: In der Flucht des Landgrabens (heute Bankhot) sind sechs dreieinhalbgeschossige Privathäu- ser vorgesehen, deren gewerblich genutztes Erdgeschoß und das Zwischengeschoß hinter Schutz bietenden Arkaden liegen. Vor- oder zurücktretende Fassaden, geringe Unter- schiede bei Traufuöhen, Balkonformen und Fensterrahmungen wirken rhythmisierend der Gefahr eines uniformen Aufrisses entgegen: Wohl geordnet stehen die Privathäuser in respektvollem Abstand vor dem Hofgebäude. Sechs weitere Häuser gleicher Bauart werden östlich der zu verlängernden Lammstraße errichtet. Damit diese Verlängerung den Platzcharakter nicht stört, wird zwischen den an der Nordostecke des Platzes gelegenen Häusern VI wld VII ein dreiachsiger Ab- schluß in Form eines Triunlphbogens mit Plattform eingefligt (eine ähnliche Begren-
zung begegnet uns 40 Jahre später anl Haydn- platz).
Das Haus I (heute Baden-Württembergi- sehe Bank und letzter Zeuge der ursprüngli- chen Bebauung) wollte der Großherzog, so- fern sich kein Bauherr fande, als Musterhaus selbst bauen lassen. 1863 wurden flir beide Bauprojekte internationale Architektenwett- bewerbe ausgeschrieben, im badischen Bau- wesen ein dem neuen Liberalismus der Staats- flihrung zuzuschreibendes Novum, das erst 1905 flir das Empfangsgebäude des Karlsru- her Hauptbahnhofs wieder aufgegriffen wer- den sollte. Das Interesse an den beiden Wett- bewerben war groß, die Teilnahme gering: Für das Sammlungsgebäude wurden 9, flir die Privathäuser 14 Vorschläge eingereicht. Ein erster Preis wurde nur flir das Privathaus- projekt an den heute unbekannten Basler Architekten Gmelin vergeben. Berckmüller bekam anschließend den zweifellos unange- nehmen Auftrag, die prämierten Entwürfe weiter zu bearbeiten. Als er im April 1879 starb, wurde an seinem 1865 begonnenen Hauptwerk immer noch gearbeitet: Zahlreich waren die ihm abgeforderten Planänderungen
Der Friedrichsplatz vor dem Zweiten Weltkrieg.
noch während der Bauzeit, zwei Krie- ge unterbrachen den Fortgang, rasante Material- und Lohn- erhöhungen nach 1871 zogen fmanzi- elle Engpässe nach sich. 1875 wurde der von AdolfHelb- ling (1824-1897) geplante Neubau der Eisenbahnverwal- tung fertiggestellt. Sein vergleichswei- se plumpes Erschei- nungsbild dürfte Berckmüller umso
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weniger begeistert haben, als der krasse Geschmackswandel zu Beginn der Gründer- jahre auch die vom Großherzog beabsichtigte ästhetische Wirkung verletzte.
Im Jahr 1902 bot Großherzog Friedrich anIäßlich seines 50jährigen Regierungs- jubiläums der Stadt Karlsruhe den Friedrichs- platz als Geschenk an. In die offizielle Freude mischten sich auch kritische Untertöne im Hinblick auf die Folgekosten und den gerade " teuer" bezahlten Bauplatz fur das neue Städtische Krankenhaus im fürstlichen Hardtwald. Zehn Jahre später wurden die begrenzenden Eisengitter entfernt, die 1874 von earl Steinhäuser fUr das Sanunlungs- gebäude geschaffene Gruppe Orest und Pylades in den Botanischen Garten versetzt, um Platz fUr ein Großherzog-Friedrich- Denkmal zu erhalten; nach Kriegsende fehlte in der Republik das Interesse an der Aus- fuhrung dieses Denkmals.
Die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg haben wenig Bausubstanz übrig gelassen. Der AuJbauwillc nach 1945 zeigte trotz der ihm im allgemeinen nachgesagten ahistori- schen Motivation überraschend viel Gespür fiir die ursprüngliche Anlage: Der mitten- betonte Neubau der Handelskammer (1957, Architekt Erich Schelling) erinnert an das ehemalige Gegenüber von monumentalem Hofgebäude - es war um etwa ein Drittel größer als das ResidenzscWoß - und ein- drucksvoller Flucht groß bürgerlicher, durch "Gewerbefleiß" erworbener Häuser; Bäume, Brunnen und Platzgestalhmg - diese sogar nach Fertigstellung der Tiefgarage (im No- vember 1976), deren praktische Zu- und Aus- fahrten nicht störend auffallen - folgen auch heute noch den ursprünglichen Vorgaben. Mit Wehmut freilich denken wir an den ehemals überk'Uppelten Mitteltrak1 des Muse- ums am Friedrichsplatz. Wi/fried RIJß/ing
Kaiserliche Präsenz: Die Hauptpost in Karlsruhe
Sie ist kaum zu übersehen, ein ganzes Karree in bester Innenstadtlage beansprucht sie fUr sich allein: die Karlsruher Hauptpost. Der gewaltige Gebäudeblock beherrscht sowohl den Europa- als auch den Stephans- platz. Die voluminösen Fassaden aus gelbem Sandstein, bewegt gegliedert und aufwendig dekoriert in üppig-schwellenden Formen, lassen an barocke Palastarchitektur denken und fUhren auch dem heutigen Betrachter vor Augen, daß hier der Wunsch nach Repräsen- tation eine besondere Rolle gespielt haben muß.
Dabei standen bei der Entstehung zunächst rein technische Belange im Vordergrund. Die Posteinrichhmgen, die nach 1871 unter dem Vorzeichen \virtschaftlichen Aufschwungs
und technischen Fortschritts eine ungeahnte Entwicklung nahmen, sollten an der Stelle der alten Grenadierkaserne einen gemeinsamen Neubau erhalten. Die Planung, auf grund der zentralistisch organisierten Postverwaltung von Berlin aus betrieben, unter Beteiligung von nicht weniger als vier beamteten Ar- chitekten, wurde 1896 von der Königlich- Preußischen Akademie des Bauwesens in Berlin begutachtet. So sehr dabei die kom- plexe RaunlVerteilung vom eigenen Elektrizi- tätswerk über die Telegraphen- und Fern- sprechsäle bis hin zu den Dienstwohnungen Zustimmung fand, so sehr rügte das Gremium die Gestalhmg der Fassaden. Die Entwürfe wurden daraufhin von dem Berliner Architek- ten Wilhelm Walter nochmals geändert. Er
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schaffte es, trotz begrenzter Mittel, d;e Wirkung des Äußeren und der Schalterhallen wie gewünscht ins PrunI..-volle zu steigern. Als die Hauptpost schließlich im Jahr 1900 erö/fuet wurde, konnte der Bau kaum als Zeugnis moderner Architektur gelten. Gleich- zeitige Beispiele Karlsruher Architekten, wie Billings Hofapotheke oder Curjel & Mosers Bankhaus Hamburger, setzten in dieser Beziehung ganz andere Maßstäbe. Aber er war zu einem Manifest jenes auftrumpfenden und mit nationalen Anspielungen agierenden Stils des "wilhelminischen" Historismus geworden, wie ihn der Kaiser persönlich vertrat. In der Person Wilhelms 11. gipfelte folglich auch das komplizierte ikonografische Programm der Bildhauerarbeiten an der
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Hauptfassade und der üp- pige malerische Schmuck im Innern. Am Mittelbau präsent durch Kaiserkrone und Initialen, wurde er als Schützer des Verkehrs, der Einheit des Reiches, des Nähr- wld des Wehrstan- des gefeiert, wurde in sei- nem Namen an deutsche Ansprüche in der Welt erinnert. Der badische Landesvater, Großherzog Friedrich 1., mußte sich dagegen bei seiner Nen- nung mit einer zweitrangi- gen Plazierung zufrieden- geben.
Nach dem Ersten Welt- krieg empfand man offen- sichtlich selbst im wenig zum Bilderstunn neigen- den Karlsruhe diese Ge- genwart des Kaisers als zu aufdringlich. Die Krone über dem Reichswappen
und das große " W" in der Kartusche über dem Mittelbalkon wurden abgeschlagen.
Seine Funktion erfullt der Bau mit manchen inneren Veränderungen, denen erst in den 60er Jahren die neobarocken Schalterhallen weichen mußten, bis in unsere Tage. Der wechselvollen deutschen Geschichte entspre- chend mußten dabei die monumentalen vergoldeten Lettern am Hauptgiebel von Zeit zu Zeit abgeändert werden. Aus " Kaiserli- eher Oberpostdirektion" wurde "Reichs- post", und heute ist dort nach einigen Jahren ohne Text "Deutsche Bundespost" zu lesen. Ob hier wohl bald - charakteristisch fur unsere Zeit - in rosa Neonschrift auf einen glitzernden Konsunlstempel hinter wilhelmi- nischer Fassade hingewiesen wird?
Gerhard Kabierske
Das Ende der Achsen
Am Anfang standen sich weltliche und kirchliche Macht, als Residenzschloß und Konkordienkirche symbolisiert, in voller Eintracht gegenüber. Beide Bauwerke mar- kierten Beginn und Ende der Stadt in nordsüdlicher Richtung. 100 Jahre später dokumentierten die am Marktplatz einander gegenüber gelegenen Neubauten der Evange- lischen Stadtkirche und des Rathauses mit dem Schloß und der axial angeordneten Pyramide über dem Grab des Stadtgründers das zum Dreieck erweiterte, nachrevolutionäre Machtgeflecht von Landesherr, Landeskirche und Bürger. Als landesherrliche Fortsetzung entstanden das Denkmal Großherzog Lud- wigs (ein lebensspendender Brunnen), der Rondellplatz mit "Verfassungssäule" und das Ettlinger Tor: Die "Fürstenachse" als "via triumphalis" vom Schloß, vorbei an den Gebäuden hoher Verwaltungsbehörden, zunl Stadtausgang - der Sonne entgegen - war geschaffen worden. Ganz anders stellt sich die Stadt in ihrer Erstreckung von Ost nach West dar: Seit Anfang der I 770er Jahre stand das Durlacher Tor am Beginn der Kaiser- straße, wo gegenüber dem mißtrauisch beäugten "Dörfle" auch Teile des Militärs untergebracht worden waren, während das westliche Ende der Kaiserstraße bis 1817 vom Mühlburger Tor an der Karistraße (!), seitdem am späteren Kaiserplatz markiert wurde. Auch auf dieser Seite der Stadt war auf dem Gelände der heutigen Hauptpost Militär angesiedelt gewesen. Dazwischen liegen die überwiegend bürgerlichen Wohn- und Ge- schäflshäuser, die sich in geradezu undiszipli- nierter Weise bis auf den heutigen Tag keiner einheitlichen Architektursprache bedienen, an der "Bürgerachse", der "via civilis". Allen staatlichen und städtischen auf Vereinheitli- chung gerichteten Absichten zum Trotz
obsiegten hier Ausdehnungsbestreben und Bauherrnwille. Als nach 1871 Siegeseupho- rie und Reichsgründung die Stadttore auch symbolisch überflüssig gemacht hatten, ging der Blick nach ihrem Abbruch ins Freie, in die "weite Welt" - städtebaulich allerdings ins Leere! Waren Planung und Realisierung einer " zeitgemäßen" Neugestaltung und Fortset- zung nach Süden zunächst von der Eisen- balmverwaltung, später durch mangelnde Solidarität zwischen Stadt und Staat, schließ- lich durch die "Sachzwänge" in neuerer Zeit verhindert worden, entstanden bis zum Jahrhundertwechsel am westlichen und östli- chen Stadtrand zwei städtebauliche Akzente mit heute auf den ersten Blick nicht mehr erkennbarem politischem Charakter: Das Denkmal Kaiser Wilhelms I. und die katho- lische Bernharduskirche. Wilhelm I. ist nun aber nicht als Kaiser oder Herrscher, sondern als Feldherr, Kämpfer und Soldat im per- sönlichen Einsatz dargestellt; er reitet von Westen (!) kommend in die Stadt. Aus den schriftlich überlieferten Äußerungen des Großherzogs entnehmen wir die Hinweise auf die historische und damals aktuelle Bedeu- tung. Schon als Prinz und König schützte Wilhelm das Großherzogtum vor dem äuße- ren wld inneren Feind: 1848/1849 vor den Umtrieben demokratischer Chaoten, 1870/ 1871 vor der Besatzungsgefahr aus dem "Westen". Den königlichen Schutz hatte sich die badische Monarchie, wie es die bei den Sockelreliefs belegen, durch ihren militäri- schen Anteil am Sieggegen die Franzosen und durch den persönlichen Einsatz des Großher- zogs bei der Kaiserkür allerdings verdient. Der historische Aspekt wurde durch die Wabl des Datums rur die Enthüllungsfeier unter- mauert: Es war der Jahrestag der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig
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Ost-West-Achse Kaiserstraße.
und der Krönung Wilhelms zum König von Preußen. Die Niederlage badischer Truppen im Deutschen Krieg 1866 gegen preußisches Militär wird freilich verschwiegen! Der Denkmalcharakter hatte jedoch auch einen ganz aktuellen Bezug: die Angst der Mo- narchisten vor der stärker werdenden Sozial- demokratie, die lII1verblümt als "innerer Feind" bezeichnet wurde. Vergleichsweise spät hatte sich in der Haupt- und Residenz- stadt Industrie als Wirtschafismacht entwik- kelt. Das erste, den Namen verdienende Ar- beiterviertel war in den 1860er Jahren als Eisenbahnerstadtteil, abgetrennt von der Kernstadt, in der Südstadt entstanden. Be- zeichnenderweise wurden hier 1889 und 1892 auch die ersten beiden Stadtteilkirchen fertiggestellt: Christliche Betreuung als Teil sozialer Sicherheit und Zunl Schutz der be- stehenden Gesellschaftsordnung. Die nach
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dem Kulturkampf wieder hergestellte Einig- keit zwischen Staat und katholischer Kirche wurde indessen zu derselben Zeit mit der Bernharduskirche demonstriert: Der Groß- herzog schenkte der Kirchengemeinde den Bauplatz. Alle Beteiligten waren sich der großen Geste und der exponierten Lage des Platzes bewußt: " ... einem Kirchenbau fallt dort nicht nur die dominierende Stellung über die nächste Umgebung, sondern geradezu die Beherrschung der Stadt .. . naturgemäß zu"; die Kirche wird dazu beitragen, daß die ärmeren Schichten den "VerlocJ,;ungen der Socialdemokratie" zu widerstehen lernen - so lauteten die Dankadressen der Kirchenver- waltung, die darüber hinaus den Seligen Bernhard, einen Vorfahren des Großherzogs, zum Patron bestimmte. Als ob die gleichsam rasante Ausdehnung der Stadt in der "Bürger- achse" gebremst werden sollte, markieren
beide Denkmäler Achtung gebietend, fast drohend, das eine vorwärtsschreitend und schmal, das andere himmelstürmend und breit, die Grenze zwischen "Kernstadt" und "Neustadt". Staatsstruktur, gesellschaftliche Ordnung und Vorkehrungen flir die innere Sicherheit haben sich in dieser Anordnung niedergeschlagen. Weder die Verlock"Ullgen der Sozialdemokratie noch die Ausdehnung der "Bürgerachse" konnten freilich aufgehal-
ten werden: Kurz nach der Enthüllungsfeier des Kaiserdenkmals, noch vor der Fertigstel- lung der Bernharduskirche wurde die SPD bei den Reichstagswahlen 1898 stärkste Partei; gleichzeitig wurden bis 1900 bzw. 1907 West- und Oststadt zu vollwertigen Stadttei- len mit eigenen (evangelischen) Kirchen ausgebaut. Die beiden Denkmäler sind zu "historischen Inseln" geworden.
Wi/fried Rößling
"Eva im Glashaus" von Jürgen Goertz
Wer erinnert sich nicht an die kontroversen, viele Monate andauernden Diskussionen, die seine phantasievoll-skurrilen Plastiken in der Öffentlichkeit hervorgerufen haben? Der umstrittene "Musengaul" vor dem Badischen Staatstheater von 1981 oder die auf dem Kopf stehende Figur der "Europa" vor der gleich- namigen Großsporthalle auf dem Beiertheimer Feld haben nachhaltig Aufmerksamkeit erregt und den Schöpferdieser figürlichen Werke, den 1939 geborenen Bildhauer Jürgen Goertz, in Karlsruhe einem breiten Publik'Ul11 bekannt gemacht.
Die kritischen bis ablehnenden Stimmen über seine Arbeiten sind zwar zu keinem Zeit- punkt völlig verstwnmt, doch zählt Goertz längst zum Kreis der arrivierten, mit vielen öffentlichen Aufträgen betrauten Künstler. Dies gilt in besonderem Maße flir die Fächer- stadt: Kaum ein anderer Bildhauer ist im Karlsruher Stadtgebiet mit seinen Plastiken so häufig vertreten wie er. Weitere, durchaus prominente Werkbeispiele des ehemaligen Loth-Schülers an der Karlsruher Kunstaka- demie sind der 1978 aufgestellte "Herren- brunnen" im Fußgängerbereich der Kaiser- straße oder die Säulenbekrönungen am postmodernen Neubau der Landeskreditbank.
Aber auch an weniger exponierten Stellen
lassen sich Plastiken von Jürgen Goertz entdecken, so etwa auf der nördlichen Seite des Waldhornplatzes. Dort befmdet sich seit 1982 ein Glaskastenobjekt, das arn Hauptein- gang zum kurz zuvorfertiggestellten Verwal- tungsgebäude des Badischen Gemeindeun- fallversicherungsverbandes die Blicke auf
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sich zieht. "Eva im Glashaus", so der Titel dieser Skulptur, ist als Auftragswerk der Gemeindeunfallversicherung entstanden. Der zuständige Bauausschuß nutzte die von der Aufsichtsbehörde für "Kunst am Bau" genehmigte Summe, um in zweifacher Weise auf die seit 1971 bestehende Aufgabe des Versicherungsverbandes als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung fur Kinder in Kindergärten, Schüler und Studenten aufmerksam zu machen: Im Inneren des Gebäudes mit themenbezogenen Majolika- Keramiken von Jürgen und Christa Goertz und im Außenbereich mit jener "Eva im Glashaus", zu der die 1974 geborene Tochter des Bildhauers Modell stand.
Über einem gekachelten Sockel erhebt sich
der hochrechteckige gläserne Kasten, der als schätzende Hülle fur das aus farbigem Kunststoff geformte Ebenbild der Tochter dient. Mit starrem Blick sieht das in auffallend naturalistischer Weise dargestellte Mädchen den Passanten entgegen. Es lehnt sich aufrecht an einen hölzernen Zaun, von BläUern umrankt. Seine geflochtenen Zöpfe sind über den Ohren zu Schnecken zusam- mengefaßt; die nackten Füße stehen auf einem groben Sandboden. "Am besten, das letzte bißehen heile Welt um einen herum ins Glashaus sperren, damit kein Regentropfen das Liebste erschlage", liest der Betrachter in dem erläuternden Text, den der Künstler verfaßt und seinem Werk beigegeben hat.
UrslIla Merkel
Die Baischstraße
"Ich sag Dir mein Lieber, das ist etwas Kolossales", schrieb 1904 Bruno Taut sei- nem Bruder Max nach Königsberg. Und auch Charles-Edouard Jeanneret, bekannt gewor- den als Le Corbusier, äußerte sich 1910 in einem Brief an seine Eltern in der Schweiz begeistert über das, was er gesehen haUe. Beide damals noch junge Architekten, die in der 20er Jahren als Protagonisten des Neuen Bauens internationale Bedeutung erlangen sollten, haUen in Karlsruhe Station gemacht, um sich mit eigenen Augen ein Bild zu ver- schaffen von der damals lebendigen Ar- chitekturszene in der badischen Residenz, über die die zeitgenössischen Bau- und Kunst- zeitschriften so häufig berichteten. Es war vor allem ein Werk, das - in einem BlaU als " Beispiel neuer deutscher Bauweise" geprie- sen - eine besondere Anziehungskraft auf sie ausübte, "eine einheitliche, sehr schöne Stra- ße, die viel Zauber hat" , wie Jeanneret no- tierte. Er meinte die Bebauung der Baisch-
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straße, deren Einfluß auf Bruno Taut sich sogar noch vier Jahre nach seinem Besuch an dessen erstem eigenen Bau, einem Mietshaus in Berlin, nachweisen läßt.
Zweifellos war die Baischstraße, erbaut 1900-1903, ein zentrales Werk der Karlsru- her Jahrhundertwende-Architektur und ihr Schöpfer Herrnann Billing neben Cwjel & Maser der Hauptvertreter jener Generation, die sich damals die Überwindung des Histo- rismus auf ihre Fahnen geschrieben hatte (vgl. S. 283). Dabei war Billings Aufgabe keines- wegs einfach. Der private Bauherr haUe in erster Linie finanzielle Interessen und wollte das zentral am Kaiserplatz gelegene, aber äußerst ungünstig geschnittene handtuch- artige" Grundstück von etwa 31 auf 200 Me- tern möglichst lukrativ verwerten. Die lö- sung mit einer Stichstraße, gesäumt von sechs Einfamilienhäusern und einem großen Dop- pelhaus mit Mietwohnungen, das die Straße am Zugang vom Kaiserplatz her torartig über-
baut, erwies sich als städtebaulich glückliche Disposition, fur die sich allenfalls in Paris Vorbilder finden lassen.
Entscheidend war freilich, daß Hermatm Billing diese "Villenkolonie", deren Häuser erst nach Fertigstellung an Interessenten ver- kauft wurden, im Sinne des Jugendstils bis in Details wie Gartenzäune oder Straßenlater- nen eigenhändig gestalten konnte. Sein Kon- zept ging dabei von einer außergewölmlichen Vielfalt der Einzelbauten aus. So zeigte sich jedes Haus in differenzierter Form, unter- schiedlichem Material und ungewohnt bunter Farbigkeit als Individuum, wobei die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks aufkonservati- ve Zeitgenossen schockierend wirkte. Bei al- ler Vielgestaltigkeit war es Billing jedoch gelungen, die Häuser zu einem stimmigen Gesatntensemble zusammenzubringen.
Für das Doppelhaus am Zugang zur Straße engagierte sich Billing besonders, wie die Bauakten zeigen. Innerhalb von flinf Mona- ten legte er 1902 nicht weniger als drei An- träge vor, obwohl bereits die ersten Planun- gen die Zustimmung der Behörden gefunden hatten. Die mächtige Schaufassade und ihre beiden unterschiedlichen Giebel wurden zu einem bestaunten Kabinettstück freier Inter- pretation von Formen des 16. Jahrhunderts, wobei die expressive Plastizität des hellen Sandsteins ursprünglich durch leuchtende, geradezu freche Farbakzente in Gold und heI- lem Blau noch unterstrichen wurde.
Wie nach ihrer Fertigstellung, so könnte die Baischstraße auch heute noch ein überre- gional bedeutendes Aushängeschild flir Karls- ruhe sein - wäre der Charakter des "Gesamt- kunstwerks" nicht weitgehend verloren ge- gangen. Dies ist nicht allein dem Zweiten Weltkrieg zuzuschreiben, der vor allem atn Torgebäude Schäden hinterließ. Die Zerstö- rung fand eher in den Jahrzehnten danach
statt, als bei Wiederaufbau, Umbau und Re- novierung die künstlerische Qualität nicht er- katmt wurde, oder allein wirtschaftliche As- pekte zählten. So bietet das Ensemble nurmehr ein rudimentäres Bild, das ohne jede gestalte- rische Rücksicht auf die Architektur durch Garagen, Autoabstellplätze, veränderte Fen- ster und Türen, Dachgauben, Etemitverklei- dungen und Aufstoc\.'Imgen verunstaltet wird. Weitere negative Eingriffe in dieses überre- gional bedeutende Kulturdenkmal sind selbst gegenwärtig zu beflirchten.
Dabei hat der Eigentümer des Hauses Baischstraße 5 Anfang der neunziger Jahre demonstriert, wie man den Bestand in denk- malpflegerisch vorbildlicher Weise sanieren katm, wobei sogar die ursprüngliche Farbig- keit wiederhergestellt wurde.
Gerhard Kabierske
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Der Heckerhut im Pfinzgaumuseum
1998 wird das 150jährige Jubiläum der Badischen Revolution 1848/49 gefeiert. In ganz Baden und speziell in Karlsruhe wird man dieser demokratischen Bewegung durch zahlreiche Veranstaltungen gedenken. Doch während die revolutionären Ereignisse 1848/ 49 die badische Residenz nur wenig in Mit- leidenschaft zogen, kam es im nahegelegenen Durlach am 25 . Juni 1849 an der Obermühle zu einem schweren Gefecht zwischen den Revolutionären und den preußischen Trup- pen, die Großherzog Leopold zu Hilfe geru- fen hatte. Zahlreiche Einwohner des "rothen Durlach" sympathisierten mit den Aufständi- schen. Einige wenige schlossen sich den ab- ziehenden revolutionären Truppen an.
Im Pfmzgaumuseum in Durlach sind einige interessante Objekte zur Badischen Revolu- tion 1848/49 ausgestellt, die wohl auch auf der großen Landesausstellung im Badischen
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Landesmuseum zu sehen sein werden. Das Glanzstück der Präsentation ist der sogenannte Heckerhu!. Er mag auf den ersten Blick als malerisches Accessoir erscheinen, ist aber in Wirklichkeit ein hochpolitischer Gegenstand. Benannt wurde er nach dem Mannheimer Ju- risten und Mitglied der 11. Badischen Kam- mer Friedrich Hecker, der seinen Zug zur Einftihrung der Demokratie in Deutschland mit I 000 Revolutionären am Hochrhein be- gann. Doch dieser wurde rasch aufgerieben. Die militärischen Niederlagen setzten mit der Unterredung zwischen Hecker und dem Kom- mandeur der Regierungstruppen General von Gagern auf der Brücke bei Kandern ein. Hecker hatte, auf seine glänzende Rhetorik vertrauend, die Regierungssoldaten zum Über- laufen bewegen wollen, aber der General ließ die Trommeln schlagen und erstickte die Rede. Dieses legendäre Ereignis wurde auf zahlrei-
ehen Graphiken verbreitet. Es findet sich auch als Darstellung auf einem Pfeifenkopf im Pfinzgaumuseum. Doch kehren wir zurück zum Heckerhut. Er besteht aus weichem Filz und sein Kopfteil geht ohne Knick in die breite Krempe über. So ergibt sich eine we- nig definierte, fließende Form. Als Schmuck- elemente weist er zwei Fasanenfedern auf, die durch den Filz hindurchgesteckt sind, so- wie eine schwarz-rat-goldene Kokarde. Sein Widerpart, der Zylinder, war zunächst eben- falls ein revolutionäres Kleidungsstück, zog doch der Dritte Stand 1789 mit Zylinder und Frack in die Pariser Nationalversammlung ein und setzte damit ein Zeichen gegen die bunte höfische Kleidung des Adels. Mit der Etablierung des Bürgertums wurde dessen Kleidung und damit auch der Zylinder zur Bekleidungsnorm. Wie auch der steife Kra- gen, der "Vatermörder", stand der Hut für Charakterstärke und strenge moral ische Grundsätze. Die Revolutionäre von 1848/49 sahen ihn jedoch als Sinnbild ftir Erstarrung und Unbeweglichkeit an. Dagegen erhoben sie den weichen Filzhut mit langer Feder zum
weithin sichtbaren Zeichen ihres politischen Widerstandes. Der Heckerhut gehört zusam- men mit einer weiten Bluse zur "Unifonn" der Aufständischen. Wie ihr Anftihrer trugen die meisten langes Haar und einen Bart. Als Bewaffnung dienten ihnen unter anderem ge- radegestellte Sensen, wie sie der Durlacher Karl Leußler der Bürgerwehr vorantrug. Auch davon sind zwei Exemplare im Pfinzgau- museum zu sehen. Die eigenwillige Kleidung und Bewaffuung der Revolutionäre erweckte bereits bei den Zeitgenossen die Vorstellung vom Räuberhauptmann und Volkshelden, der, ähnlich wie der legendäre Robin Hood, die Armen gegen die Reichen verteidigt. Doch die ReaJ..1ion versuchte die Aufständischen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung als un- gebildet und gewalttätig zu diffamieren.
Aber auch der Heckerhut verwandelte sich vom politischen Abzeichen zum modischen Kleidungsstück. In den 1880er Jahren ließ sich der " Reichsgrunder" Otto von Bismarck von dem Münchener Gesellschaftsmaler F ranz von Lenbach mit dem weichen Filzhut por- trätieren. Brigille Baumstark
Ein Wandkatalog in der Oststadt
Wer seinen Getränkevorrat in der Oststadt deckt, den hat sein Weg vielleicht schon mal in die Gerwigstraße 38 geftihrt. Hier, wo sich heute im Hof eine entsprechende Handlung befindet, war ursprünglich das Baumate- rialiengeschäft L. Reiss beherbergt. Eine In- schrift über dem Tor des Vorderhauses, das von dem bekannten Karlsruher Architekten HernJann Billing 1905 gebaut worden ist, weist heute noch auf den Bauherrn hin.
Auffallig und zumindest in Karlsruhe ein- malig ist die Ausstattung der Torfahrt. Zum Teil wunderschöne Fliesen bekleiden hier beidseitig die unteren Wandflächen. Es han-
delt sich um 1-2 qm große Musterflächen, die nebeneinandergesetzt sind wie in einem Katalog. Und genau dies war auch ihre Funk- tion. In Zeiten, in denen Hochglanzprospekte die Briefkästen überquellen lassen, mag es schwer vorstellbar sein, daß es zu Anfang dieses Jahrhunderts noch kaum möglich war, seine Ware attraktiv anzupreisen. Reklame war teuer und ging über ein Firmensignet in der Tageszeitung kaunJ hinaus. Auch war an Farbe kaum zu denken.
So fmden sich immer wieder Beispiele, in denen pfiffige Handwerker Musterflächen an ihren Häusern oder Hofinauern angebracht
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Hausflur Genvigstraße 38.
haben, um der Kundschaft die Qualität und mögliche Vielfalt ihrer Arbeit anschaulich zu machen. Sicherlich hat sich so mancher Haus- besitzer viel eher zum Kauf auch einer teure- ren Fliese entschließen können, wenn sie, statt nur einzeln in einer Kiste zu liegen, in der vollen Entfaltung ihres Dekors großflächig angebracht war.
Die glasierten Kacheln mit z. T. floralen Mustern und reich verzierten Abschlußleisten waren für die repräsentative Ausgestaltung von Hauseingängen gedacht. Eher fur die Wände einer Küche wurden die weißen Ka- cheln mit kleinen blauen Musterfeldern ver- wendet. Auch Fußbodenbeläge sind hier vor- gestellt, so z. B. die typischen Schachbrett- muster in rot-weiß oder schwarz-gelb, die noch heute auf zahlreichen Karlsruher Kü-
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chenböden und in Hausfluren zu finden sind. Eine Besonderheit ist leider kaum zu sehen: Verdeckt durch das hochgefahrene Tor befin- det sich an der Wand ein Kachelbild mit einer Darstellung der Burg Lichtenstein.
Die Verwendung von Fliesen erfreute sich schon aus hygienischen Gründen großer Be- liebtheit. Gerade im Eingangsbereich von Treppenhäusern und in Torfahrten, die einer starken Versclunutzung ausgesetzt sind, wa- ren Wandfliesen eine pflegeleichte und dau- erhafte - wenn auch teurere - Alternative zum einfachen Ölanstrich. Selten wurden be- sondere künstlerische Ansprüche an das Pro- dukt gestellt, daher war es sehr gut für eine industrielle Fertigung geeignet. Eines der fuh- renden Unternelunen fur Baukeramik war die bereits 1748 gegründete F. Villeroy & Boch
in MettlachlSaar. Die Karlsruher Majolika, berühmt fur ihre
aufwendigen baukerarnischen Raumausstat-
tungen, nahm reine Fliesenbeläge erst in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts in ihr Reper- toire auf. Ulrike Plate
Zwangsarbeit in Karlsruhe 1939-1945
Beim ZKM erscheint allein das Gebäude der ehemaligen Deut- schen Waffen- und Munitionsfa- brik (DWM) schon imponierend. Um diesem Industriebau eine be- sondere historische Dimension zu geben, hat die Stadt eine Tafel arn Portal anbringen lassen, die den Be- sucher an die hier tätigen Zwangs- arbeiter während des Zweiten Welt- kriegs erinnern soll . Ca. 17000 Frauen und Männer waren es, de- ren Schicksal Jürgen Schuhladen- Krämer in seiner Magisterarbeit geschildert hat, erschienen als Band 3 in der Schriftenreihe des Stadt- archivs.
Die Situation dieser Frauen und Männer war unterschiedlich; wäh- rend in bäuerlichen Betrieben und in Haushalten erträgliche Verhält- nisse herrschen konnten, war die Lage in Fabriken wesentlich här- ter. Bei mangelhafter Arbeit gab es Strafen, Aufsässigkeit gegen die oft anzutreffende Willkiir von Lagerleitern fUhrte zur "Schutz- haft" in "ArbeitserziehWlgslagem'\ die als "Weg durch die Hölle" charakterisiert wur- den. Auch in der DWM bestand ein solches Lager, in dem mindestens täglich 12 Stunden gearbeitet werden mußte.
Besonders krass war der Unterschied, den die Aufsichtsbehörden aus rassischen Grün- den zwischen Angehörigen aus West- und Ostländern machten. Wer von den Polen, ei- nem "fUhreriosen Arbeitervolk", sich " einer
deutschen Frau unsittlich nähert, wird mit dem Tode bestraft", so die hiesige Polizeibehörde, und häufig genug wurde solches vollstrecki. Während Russen als besonders "schlecht- rassig" eingestuft wurden, versuchte man die Ukrainer davon zu unterscheiden, weil man sie als "slawische Hilfsmannschaften" zu ge- winnen suchte. Sie hätten "einen stark dinari- schen, also uns verwandlen Rasseeinschlag auf- zuweisen" und gehörten nicht zu den Nord-, sondern zu den Südslawen, wie die abstrusen Konstruktionen der obersten "Rasseaufsichts- behörde" der SS lauteten.
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Für den Fall einer längeren Krankheit oder gar bei Invalidität plante man zunächst eine Abschiebung ins Herkunftsland, um Kosten zu sparen. Mit der Rückverlegung der Fron- ten gegen Ende des Krieges entfiel diese Mög- lichkeit. In der Albuferstraße 4-10 enichte- ten darum im Oktober 1943 die Städt. Kran- kenanstalten ein Ausländerkrankenhaus. Da sowjetische Ärzte mit Dolmetschern dort ein- gesetzt wurden, galt es vor allem als Baracke für Ostarbeiter. Ein Drittel der "Fremdarbei- ter" waren Frauen, die wegen ihrer Arbeits- leistung in den Betrieben geschätzt wurden. Unerwünscht waren aber die hohen Geburten- zahlen, besonders bei Polinnen und Russin- nen. Darum wurden hier bei Abtreibungen - für deutsche Frauen verboten - Sonderrechte eingeräumt. Für die Arbeiter waren eigene Bordelle eingerichtet, wobei "Dirnen germa- nischen Volkstums (z. B. Holländerinnen, Norwegerinnen)" abgelehnt wurden, selbst- verständlich auch Deutsche. Dagegen waren " Polinnen bevorzugt einzusetzen. Auf 300- 400 Arbeiter soll eine Dime konunen", so die Regelung der behördlichen Zuhälterei.
Während polnische Frauen' nicht geschla- gen werden sollten, galt rur Männer diese Regelung: "Das Züchtigungsrecht steht je- dem Betriebsftihrer rur die Landarbeiter pol- nischen Volkstums zu, sofern gutes Zureden und Belehrungen ohne Erfolg waren. Der Be- triebsführer darf in einem solchen Fall von keiner Dienststelle deswegen zur Rechen- schaft gezogen werden." So stand z. B. am Güterbahnhof ein höchstens 16jähriger HitIer- junge, berichtet ein Zeitzeuge, "und hielt eine
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Peitsche in der Hand, mit der er unter Ge- brauch herablassender Ausdrücke einen so- '\Cietischen ,Zivilarbeiter' Zunl schnelleren Entladen eines Waggons antrieb."
Zwischen wirtschaftlichen Interessen der Industrie - möglichst viele leistungsfahige Arbeitskräfte - und rasseideologischen Prin- zipien der NS-Führung kam es also häufig zu Konflikten, die mit dem Komprorniß "Brot und Peitsche" gelöst werden sollten. Der Hö- hepunkt des Einsatzes wurde im Spätsommer 1944 erreicht, als ca. 10 000 Zwangsarbeite- rinnen und -arbeiter sich in Karlsruhe befun- den haben.
Der Haß gegen das deutsche "Herrenvolk" äußerte sich nach 1945 in manchen Übergrif- fen. Die Allüerten begegneten den "Displaced persons" nicht inuner entgegenkonmlend, zu- mal zahlreiche nicht in die von So\\Ciets be- setzten Länder zurückkehren wollten.
Insgesamt ist dies ein trauriges Kapitel in der Historie der 40er Jahre, bei dem man neben dem harten äußeren Druck nicht die Verlassenheit des einzelnen, die seelischen Konflikte, den Verrat durch Zuträger verges- sen sollte. Bei der Enthüllung der Gedenkta- fel sah der ehemalige Zwangsarbeiter Oe Ruyter aus den Niederlanden diese als eines der Zeichen, "die alte Gräben überwinden hilft" . Bei einem Zentrum rur die H. Modeme von morgen sollte darum der Blick zurück in die jüngere Geschichte nicht fehlen. (Jürgen Schuhladen-Krämer, Zwangsarbeit in Karls- ruhe 1939- 1945, Ein unbekanntes Kapitel Stadtgeschichte, Karlsruhe 1997, 170 S., DM 25,-). LeonhardMrlller
Der Narrenbrunnen
Seit dem I!. I!. 1997 ist die ehemalige ba- dische Residenz wieder um einen weiteren Brunnen reicher, so daß man Karlsruhe bald mit dem Beinamen "Stadt der Brunnen" versehen könnte. Die Fastnachter um ihren Festausschußpräsidenten Jürgen Olm sowie Oberbürgermeister Prof. Dr. Seiler und der Künstler Markus Lüpertz weihten unter reger Anteilnahme der Bevölkerung den neuen Narrenbrunnen auf dem Kronenplatz ein. Stadt und Karnevalsvereine teilten sich die Kosten des Brunnens in etwa zur Hälfte. Der Künstler selbst steuerte ebenfalls einen nicht unerheblichen fmanziellen Beitrag bei. Nun thront ein farbig gefaßter bronzener Harlekin in lässiger Haltung " auf einem wackligen Sitz aus Backsteinen" etwas außerhalb der Mitte einer hellblau gemusterten Brunnenschale aus Terrazzobetonstein, nach den Worten des Künstlers in dieser Größe eine Weltneuheit, die nicht leicht herzustellen gewesen sei. An der Einfassung der Brunnenschale sind die Embleme von allen 24 dem FKF angeschlos- senen Karlsruher Karnevalsvereinen sowIe
Sockel der Brunnenfigur sprudelnde Naß gleichsam zum Bestandteil des Kunstwerks.
Welche Rolle die Harlekinfigur im Selbst- verständnis und im Werk des Künstlers spielt, hat Erika Rödiger-Diruf 1991 in ihrem Bei- trag zum Katalog der Lüpertz-Ausstellung im Prinz-Max-Palais gewürdigt. Dem karm man auch entnehmen, daß Lüpertz fiir die Ge- staltung des Narrenbrunnens auf eine bereits vorhandene Bronzeskulptur zurückgriff: "Die Bronzeligur des sitzenden Harlekin von 1984, die mit der Bezeichnung " Pierrot lu- naire" den Gemäldeserien aus dem gleichen Jahr zuzuordnen ist, strahlt durch die kräftige, dominant rot-grüne Bemalung (,N arren- fa~ben '), eine gewisse Heiterkeit aus .. .. Ei- nen Blickfang bilden die großen Hände, die ineinander verschränkt auf dem Schenkel ruhen, und die hochovale Kopfform ... " Rödiger-Diruf wies dabei auch auf entspre- chende Bilder von Picasso hin, die den Künstler zu seinen Harlekindarstellungen an- geregt hätten. Trotzdem kann man mit dem Brunnen doch einige historische Erinnerun-
das Stadtwappen in Form von Majolikake- ramiken angebracht worden. Lüpertz, seit langem ein internatio- nal gefeierter Avant- gardekünstler, schuf da- mit ein Kunstwerk, das nicht nur in der Kar- nevalssaison seine Wür- digung linden soll, denn gerade in der wärmeren J ahreszei t wird j a durch die Inbetriebnahme des Brunnens erst sein ei- gentlicher Zweck er- reicht und das aus dem
Der Ki/nsl/er Marklls Lüpertz Imd sein Harlekin bei der Einweih,mg des Narrenbnmnens 0111 dem Kronenp/atz am 1/.11./997, 11.11 Uhr.
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gen verbinden, die, wenn auch wohl eher zufdllig, die Ursprünge der Karlsruher Fast- nacht betreffen.
Der Harlekin entstammt der italienischen Commedia dell'arte des 16. bis 18. Jahrhun- derts und ist vermutlich eine verfeinerte Form der mittelalterlichen Narrenfigur. Kennzei- chen des Narren waren schon im Mittelalter gestreifte oder gefleckte Gewänder mit den Narrenfarben gelb, rot, grün oder blau, die Narrenkappe mit Schellen sowie Schnabel- schuhe.
An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurden im Karlsruher Hoftheater sogenannte Harlekinaden aufgeführt, die als kurzweilige und humorvolle Lustspiele ein begeistertes Publikum fanden. Harlekin wurde bald in Hanswurst eingedeutscht und fand berühmte Darsteller, die sich auf dieses Genre spe- zialisiert hatten. Nicht von ungefahr wurden Harlekin und sein "alter ego" Hanswurst daher auch zu Hauptfiguren der Karlsruher Fastnacht im Vormärz. 1844 war "seiner al- lemärrischsten Majestät", dem König Hans- wurst, sogar der ganze Umzug gewidmet. "Harlekins umschwärmten in· lärmender Ge- schäftigkeit den Zug, und noch verschiedene Masken reihten sich an und bildeten einen langen Schweif', berichtet die 1845 verfaßte Karlsruher Narrenchronik. "Auf dem Markt- platz angelangt, nachdem die besuchtesten Straßen der Stadt durchpassirt waren, bestieg Hanswurst den ftir 'ihn prachtvoll bereiteten, erhabenen Thron im glänzenden Geleite seiner Kronbeamten. " Dort fanden Hans- wurst zu Ehren Eselsturniere, der Empfang von fremden Gesandtschaften und eine Or- densverleihung statt. Erst in der zweiten Hälf- te des 19. Jahrhunderts sollte sich Prinz Karneval nach rheinischem Vorbild durchset- zen und damit Harlekin und Hanswurst in Karlsruhe verdrängen. So ist der Harlekin des Narrenbrunnens neben seiner künstlerischen Bedeutung auch eine Symbolfigur fur die
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Anfange der Karlsruher Fastnacht. Aber auch der Standort des neuen Brunnens
ist mit der Karlsruher Karnevalsgeschichte verknüpft. Befand sich doch hier und in der Umgebung die alte Taglöhnersiedlung "Dörf- le", die 1715 mit der Stadtgründung entstan- den war und mit der Flächensanierung in den 60er Jahren zum größten Teil verschwunden ist. Das Dörfle wurde im 19. Jahrhundert mit dem Übernamen "Pfannenstiel" belegt, der ursprünglich nur fur den östlichen Teil der Kaiserstraße ab Höhe der Waldhornstraße gegolten hatte, da dieser aus dem Fächer- grundriß herausfiel. Ein anderer Erklärungs- versuch von Fritz Hirsch aus den 20er Jahren erscheint recht originell, ist aber historisch als eher fragwürdig einzustufen. Er meinte, das Dörfle mit der Waldhornstraße sei in der Plananlage der Stadt mit einem Pfannenstiel zu vergleichen, wenn man den Zirkel um das Schloß als geschlossene Tellerscheibe be- trachtet, die somit die "Pfanne" ausmachen würde. Jedenfalls nannte sich die erste, 1843 gegründete Karnevalsgesellschaft der Stadt "Narrenverein von Pf3IU1cnstielhausen", wo- mit allerdings die ganze Stadt gemeint war.
Spekulationen, daß dieser Verein im heute noch bestehenden Gasthaus "ZunI Pfannen- stiel" gegründet worden sei, entbehren jeder Grundlage, da diese Wirtschaft erst in der Gründerzeit errichtet worden ist und ein Wirtshaus gleichen Namens nicht vorher bestand. Das Vereinslokal des alten Narren- vereins befand sich in der nicht mehr be- stehenden Brauerei Görger in der nördlichen Waidstraße, also weit entfernt vom " Pfannen- stiel" ,
Ein wichtiges Element der Fastnacht der 1840er Jahre war die Zopfmiliz, die der Wirt zum Goldenen Kreuz gegründet hatte und die mit ihren Uniformen an napoleonische Zeiten erinnern sollte. Das Wirtshaus "Zum Golde- nen Kreuz" befand sich früher an der Kreu- zung der Zähringer- mit der Kreuzstraße hin-
ter der Kleinen Kirche, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum "Dörfle". Vielleicht hat der Wirt seine Mannschaft aus jungen Bur- schen des Dörfle rekrutiert, und der Name des Narrenvereins "Pfannenstielhausen" steht damit in Zusammenhang. Letztlich wird sich dies aber nicht mehr eindeutig klären lassen. Trotzdem erscheint der Platz des Narren- brunnens auch unter den hier geschilderten Gesichtspunkten nicht schlecht gewählt. Außerdem sorgt er rur eine Belebung des erst mit der Dörflesanierung entstandenen Kronen- platzes, der ja nun von recht monumental wirkenden Neubauten umgeben ist. Zu einer Belebung wollen auch die Karnevalsvereine beitragen. So soll hier regelmäßig am 11. 11. der Karneval eröffnet und arn Aschermitt- woch beendet werden sowie ein jährliches Brunnenfest staUfmden. Dabei könnte urunit- telbar an das historische Vorbild angeknüpft werden. Hatten doch die Narren 1843 und 1844 auf dem Marktplatz einen Jahrmarkt
abgehalten, auf dem mit zahlreichen an das Mittelalter erinnernden Kostümierungen Kö- nigin Fastnacht und König Hanswurst gehul- digt wurden. Dabei kam auch das leibliche Wohl und die geistige Nahrung nicht zu kurz, wie wir der Narrenchronik entnehmen: " .. .in der Gegend des Brunnens (des Ludwigs- brunnens auf dem Marktplatz) stand der geräumige Glückshafen, und an diesen reihten sich die Buden der Narrenliteratur, des Wunderdoctors, des pfeifenverkäufers, des Tabakhändlers, der Bier- und Wein- schenken, des Fastnachtsküchlebäckers, der Wurstler und Anderen an .... Liebhaber von Punsch fanden an der Ecke der Zähringer- straße volle Befriedigung wie auch freundli- che Bedienung. Kurz, es war rur alles gesorgt, was ein Volksfest in seinem Gefolge haben m'.ill." Wir dürfen gespannt sein, ob am Karlsruher Narrenbrunnen auf dem Kronen- platz wieder etwas Ähnliches entsteht.
Pe/er Pre/sch
Hinter der Autobahn
Bis vor kurzem gab es noch so etwas wie ein "Niemandsland" zwischen Karlsruhe und Durlach, denn an der Betriebsbrücke über die Autobahn ging es rur die Öffentlichkeit nicht weiter. Kaumjemand kannte die Ecke" hinter der Autobahn" und auch heute wird kaum einer der Brückenbenutzer auf dem Gelände der Autobahnmeisterei etwas besonderes ver- muten. Wer jedoch hinsieht, kann dort über- raschend gute Architek1ur entdecken: ein repräsentatives Verwaltungsgebäude und den langgestreckten Baukörper der Fahrzeug- halle. Beide Gebäude zeigen Sichtmauerwerk aus regelmäßig behauenen Sandsteinen mit Eckquaderung, die den repräsentativen An- spruch unterstreicht, fein geschnittene Profil- rahmen an Fenstern und Türen zeugen von
großem handwerklichem Anspruch, Rundbo- genfenster und Schieferdächer lassen an Weinbrennerbauten denken. Solche Qualität rur reine Funktionsbauten?
Die Autobahnmeisterei ist Teil des größten Bauprojekts in der Geschichte Deutschlands, dem Bau der Autobahn. Die Autobahnpla- nung, die in den 20er Jahren ihren Anfang nahm, wurde von den Nationalsozialisten aufgegriffen und erhielt durch das Gesetz über die Errichtung eines "Unternehmens Reichsautobahnen" von 1933 eine reichsweit einheitliche Organisation. Die Nationalso- zialisten sahen im Autobahnbau nicht nur den technisch-ökonomischen Nutzen und eine Möglichkeit der Arbeitsbeschaffung. Sie er- kannten insbesondere das ungeheure propa-
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gandistische Potential, das in diesem Projekt lag und das später auch zum militärischen Autimirsch fur den geplanten Krieg dienen sollte.
Die Energie, die in den Autobahnbau gesteckt wurde, spiegelt sich im raschen Bau- tempo: Bereits im Oktober 1935 konnte der Generalinspekteur fur das deutsche Straßen- wesen, Dr. Todt, die Fertigstellung des Streckenabschnitts Viernheim-Mannheim- Heidelberg bekanntgeben. Im September 1936 war die Strecke bis Bruchsal fertig, im Oktober 1937 wurde der Abschnitt bis KarIs- ruhe freigegeben und im Dezember 1938 konnte das Autobahndreieck von Karlsruhe bis Ettlingen bzw. bis Pforzheim eröffnet werden.
Bei aller Schnelligkeit stand die Ästhetik stets im Vordergrund. Für die technisch- konstruktiven Fragen wurden hochkarätige Ingenieure hinzugezogen, wie zum Beispiel Fritz Leonhardt fur den Brückenbau; er hat 1955 den Stuttgarter Fernsehturm gebaut. Es gab künstlerische Berater, von denen hier nur der Architekt des Stuttgarter Hauptbahnhofs, Paul Bonatz, genannt sei. Die Autobahn bot den Nationalsozialisten die Möglichkeit der
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Selbstdarstellung, sie stand ftir Fortschritt und Technik, gleichzeitig sollte sie die enge Verbundenheit mit der Landschaft im Sinne von Heimat, Vaterland und Geschichte zei- gen. Autobahnstrecken wurden zum Teil so geftihrt, daß sie historische Sehenswürdigkei- ten vom Auto aus erleben ließen: bekanntes Beispiel hierftir ist der Dom von Limburgf Lahn.
Besonderer Wert wurde auf die Qualität der Autobahnarchitektur gelegt. Ingenieurlei- stungen wie Brücken und Tunnel symbolisier- ten Fortschritt und Modernität. Raststätten, Tankstellen und eben auch AutobaIuunei- stereien sollten dagegen nach Form und hand- werklicher Ausfuhrung dem landschafllieh überkommenen Baustil folgen und den Um- landbewohnern den zeitgemäßen Stil vor Au- gen fuhren, um sie so zur Nacheiferung anzu- spornen. Typisch.fur die Ideologie der Nazi- architektur ist hierbei, daß landschaftsgebun- denes Bauen im Vordergrund stand; selbst bei besten Entwürfen war keine reichsweite Vereinheitlichung des Stils vorgesehen. Au- tobahn- bzw. Straßenbaumeistereien bestan- den üblicherweise aus einem um ein bis zwei Werkhöfe gruppiertem Gehöft, bestehend aus
einem Bürogebäude mit Ferruneldevermitt- lung, Aufenthalts-, Wasch- und Umkleide- räumen, einer Fahrzeughalle und einer Tankstelle. Da Residenzpflicht herrschte, gab es auch eine Dienstwohnung fur den Straßen- baumeister sowie weitere Betriebswohnungen. Von hier aus wurde zunächst der Streckenbau organisiert; bis heute aber gehören die Si- cherheit der Autobahnen, regelmäßige Kon- trollen und Reparaturen von Straßendämmen und Brücken sowie der Winterdienst zu den Aufgaben der Straßenmeister. Mit dem Bau der Autobahnmeisterei in Durlach wurde 1938 begonnen. Wegen des Kriegsausbruchs konnte die Anlage nicht vollendet werden, erst 1950 wurden die notwendigen Gebäude ergänzt, 1970-1972 kam es zu einer Er-
weiterung. Bis 1940 waren nur das Verwal- tungsgebäude und die Fahrzeughalle fertigge- steIlt worden, erbaut im rätlichen Sandstein der Grötzinger Steinbrüche, die Form wurde mit Anklängen an die für Karlsruhe typische klassizistische Architektur gewählt. Der Ar- chitekt, Paul Schmitthenner, Professor an der TH Stuttgart, war der Hauptverfechter eines traditionellen Baustils und einer der deut- schen Architekten, die überzeugt für den Nationalsozialismus eintraten. Er hat die ästhetischen Ansprüche an landschaftliche Gebundenheit in Material und Stil sowie an handwerkliche Qualität in den Gebäuden der Autobahnmeisterei Iß Karlsruhe-Durlach umgesetzt.
Ulrike Plale
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Bücher-Blick
Bilder im Zirkel, 175 Jahre Badischer Kunstverein Karlsruhe. Hrsg. v. Jutta Dresch u. Wilfried Rößling, Karlsruhe 1993,400 S., DM 50,-
Ausstellungskataloge und Festschriften werden zu einem gegebenen Anlaß häufig nur ftir ein kleineres Umfeld komponiert. Dieser großformatige Band, der allein durch seine ansprechende Gestaltung herausragt, bietet weit mehr und ist ein Stück Kulturgeschichte dieser Stadt in den letzten beiden Jahrhunder- ten. Aufliterarischem Gebiet hatte Karlsruhe weniger zu bieten, eher schon im Bereich der Musik, des Theaters. Weit über Baden be- kannt ist aber der Bereich der bildenden Künste - freilich: jene breite Bürgerinitiative zum Erwerb für Museen, wie z. B. in Mann- heim, ganz zu schweigen in den Hansestäd- ten, fand man in der badischen Residenz seltener, weil man sich auf das Mäzenat kunstverständiger Großherzöge verließ. Des- halb hatte der Kunstverein, der" vornehmste Verein in ganz Baden" , eine notwendige Mittlerfunktion, die von den 15 Autoren in vielfacher Weise beschrieben wird. Um nur einige zu erwähnen, schildert die Her- ausgeberin Jutta Dresch prägnant die Or- ganisation der Kunstvereinsausstellungen bis 1860 und ihre spätere Reform sowie die "vortreillichen Photographien" von J. A. Lorent um die Mitte des letzten Jahrhunderts, wobei - wie in anderen Beiträgen - zahl- reiches, noch unveröffentlichtes Material herangezogen wurde. Wilfried Rößling be- leuchtet die vielfaltigen Kontakte zum Rheinischen Kunstverein, Dieter Hein den Kunstverein im bürgerlichen Aufbruch des frühen 19. Jahrhunderts, Peter Pretsch im Zeitalter der Industrialisierung, Eva-Maria Froittzheim, Marlene Angermcyer-Deubner, Michael Koch und Christoph Zuschlag in den
folgenden Epochen unter spezifischen Frage- stellungen.
Die Skizze von Hans-Werner Schrnidt "Die 'Verbindung für historische Kunst ' 1854- 1933" stößt auf ein aktuelles Interesse, denkt man an die heutige Diskussion um Denkmale und die Rückwirkung auf die nationale Identifikation. So galten Bilder zum deut- schen Mittelalter mit ihren Kaisergestalten im 19. Jahrhundert zunächst für eine groß- deutsche Lösung, die nach 1871 entfiel. Darstellungen zur Geschichte der Reformati- on und des Dreißigjährigen Krieges flankier- ten eher Bismarcks Bestrebungen, Pro- testantismus und Preußentum als Gegenpart zum Katholizismus in Einklang zu bringen.
Ursula Merkeis Amnerkungen zum staatli- chen Porträtwettbewerb und zur Ausstellung ven 1930 unter dem Thema "Selbstbildnisse badischer Künstler" schildert einen Vorgang, der eine offizielle wie private Aufinerksarn- keit ,vie kaum eine andere Ausstellung erzielt hat, weil sie zu heftigen Kontroversen fUhrte. In einer von Karl Hubbuch und anderen herausgegebenen Monatsschrift erschien eine Lithographie von Ef\vin Spuler, wie er sich die Erschießung der Jwy vor dem Portal der Kunsthalle vorstellte, ein faszinierender Bericht, der die Auseinandersetzungen im "Dritten Reich" erahnen läßt.
Die Liste der Jahresgaben ab 1832 konzentriert ein Stück Kunstgeschichte auf knappem Raum, wobei die 30er und 40er Jahre ausgespart wurden. Mit über 100 Schwarzweiß- und 31 farbigen Abbildungen - darunter das auseinandergeschnittene Werk "Nero überschaut das brennende Rom" von Ferdinand Keller wird auch fur jene, die die Ausstellung nicht besuchen konnten, die breite Palette der Exponate sehr anschaulich vorgefUlut. In sununa: eine fesselnde Lektüre und zugleich ein Nachschlagewerk.
Leonhard Mal/er
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100 Jahre Mädchengymnasium in Deutsch- land. Hrsg. Stadt Karlsruhe, G. Braun Verlag, 131 S., DM 10,-
Diese Publikation, von P. Behringer und G. Zeipert-Haßinger redigiert, ist umfassender als eine landläufige Festschrift, und viele Interessenten aus ganz Deutschland haben nach ihr gefragt, weil sie am Beispiel zweier Schulen neben dem Lokalen das Grundsätzli- che von Mädchenbildung aufgreift. Aufgrund von sorgfaltigen Akten- und Literaturstudien sind gerade die einftihrenden Aufsätze von Eva Hirtler, vor allem auch über die NS-Ära von Ilse Weigel sehr anschaulich und differenziert. Erhard Hottenroth schildert das Gründungsumfeld, und Erinnerungen von Zeitzeuginnen geben den nüchternen Fakten Farbe und Plastizität. Die Schülerbeiträge sind hier knapp, quasi als Kostprobe gehalten, weil die Historie dominiert.
Ein Drittel ist dem Thema "Koedukation" gewidmet - heute wieder modem, wie man dem sachkundigen Interview von Susanne Asche und Annette Niesyto mit den Ministe- rinnen Dr. Schultz-Hector und Unger-Soyka entnehmen kann. Insofern fUhrt die Aufsatz- sammlung mitten in die Diskussion jener Gleichberechtigung der Geschlechter, deren Bedingungen und Möglichkeiten die Diskus- sion unserer Tage prägt. Daß historische Rückblicke nichts anderes sind, als "die aus- dauernde Befragung der Vergangenheit im Namen der Probleme der Gegenwart" (F. Braudei), wird an diesem Heft besonders einleuchtend, das zu Gesprächen einlädt, was innerhalb der bildwlgspolitischen Literatur eher eine Rarität ist. Die vorzügliche Bild- ausstattung eröffnet zudem beredte Eindrük- ke von dem Wandel der Generationen.
Leonhard Mal/er
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Karlsruher Stadtteile, Bulach, Ausstel- lung der Stadtgeschichte im Prinz-Max- Palais zur SOO-Jahrfeier. Hrsg. Stadt Karlsruhe, Badenia Verlag, 52 S., DM 6,50
Dieser sechste Stadtteil ist von Peter Pretsch, dem Sammlungsleiter, innerhalb einer Reihe in bewährter Form nicht nur als ein hilfreicher Ausstellungsfiihrer beschrie- ben worden, sondern er ist auch ein Beitrag zu einer künftigen neuen Karlsruher Stadtge- schichte. Ortshistorie, Gebäude, Industrie und Gewerbe sowie gesellschaftliches Leben sind die Markiermlgspunkte, die einen Über- blick zur Entwicklung des von ' Papst Coe- lestin III. bereits benannten Dorfes ver- mitteln, der in einer Zeittafel noch einmal zusanllllengefaßt wird. In der lebendigen Bildauswahl findet man zahlreiche Exponate der sehenswerten Ausstellung wieder.
Leonhard Mill/er
Horst Schlesiger/Josef Werner: Die 50er Jahre. Ein Karlsruher Jahrzehnt in Bildern. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1993, 120 S. , DM 36,-
Die 50er Jahre, ihre Filme, ScIllager und Moden finden seit einiger Zeit die ölIentliche Aufmerksamkeit der Medien, doch auch der wissenschaftlichen BetrachtlUlg. Darin schwingt zunächst eine nostalgische Verklärung der Wirtschaftswwlderzeit mit, die aber dalUl einen Blick freigibt auf ein außerordentlich spannungsreiches Jahrzehnt. Geprägt von Aufbruch und Neuanfang, war es zugleich voll von Kontrasten und Schattenseiten wie kein anderes Nachkriegsjahrzehnt. Es ist ein Glücksfall fUr Karlsruhe, daß fiir den vorliegenden Band die Bilder des " Chroni- sten mit der Kamera", Horst Schlesiger, von dem "Chronisten mit der Feder", JosefWerner,
ausgewählt und knapp kommentiert wurden. Beide haben über mehrere Jahrzehnte flir die Badischen Neuesten Nachrichten gearbeitet. In mehr als 40jähriger Tätigkeit schufSchiesi- ger ein Bildarchiv, das Werner zu Recht als "einzigartig und stadtgeschichtlich wertvoll" bezeichnet. Aus diesem Fundus entstand ein Kaleidoskop, in denen die flinfziger Jahre eindrucksvoll Revue passieren.
Die Fotos Schlesigers sind in dem von Robert Dreikluft gut gestalteten Band in sie- ben Abschnitte gegliedert, denen JosefWerner nach einem Rückblick auf die unmittelbare Nachkriegszeit jeweils eine kurze Einleitung voranstellt. Aber diese Gliederung gibt nur eine grobe Orientierung, denn viele der Bilder entziehen sich dank ihrer Aussagekraft ein- deutigen thematischen Zuordnungen. Sie zeigen zum einen in vielfliltiger Brechung die äußere Gestalt der Stadt. Neben den Bildern der Kriegszerstörung stehenjene, die die nach- trägliche Zerstörung historischer Bausubstanz im Zeichen der zeitbedingten Abrißmentalität dokumentieren. Eindringlich \vird der Verlust bei Betrachtung des 1945 erhaltenen ersten Karlsruher Hauptbahnhofs an der Kriegs- straße. Gezeigt werden aber auch der beein- druckende Wiederaufbau und Neubau der Stadt - wie die erhaltene Idylle in den Außen- stadtteilen.
Viele Fotografien Schlesigers spiegeln zu- dem das Lebensgeftihl der Menschen, die in dieser sich wandelnden Stadt lebten. Nicht das "offizielle" Karlsruhe der Empfange und feierlichen Anlässe stand bei der Auswahl im Blick. Menschen bei der Arbeit, vom Profes- sor über den Bauarbeiter bis zum Bauern, bei den Arbeitspausen, beim Schwatz auf der Straße, bei Freizeit und Vergnügen sind zu sehen. Den wirtschaftlichen Aufschwung zei- gen nicht allein die Aufuahmen vom Wieder- aufbau, sondern auch die vom Einkaufsgewühl in der Kaiserstraße und von Kabinenrollern, Autos und der technischen Errungenschaft
Fernsehen, die aus dem Kreis der Familie einen Halbkreis formte. Daneben erzählen manche Bilder Geschichten von der Not des Alltags der 50er Jahre: Flüchtlingselend, Kinder vor Barackenwohnungen, ein Rentner in einer Behelfswohnung und Auswanderer im Hauptbahnhof.
Die Texte von Josef Werner dienen dem Betrachter zur Orientierung in der Zeit oder auch zur Erinnerung an jene Jahre. Er nennt als Chronist Ereignisse und Entwicklungen, ohne sich gelegentlich eines deutlichen Kommentars zu enthalten.
Der sichtbare Verkaufserfolg des Bandes sollte den Verlag ermutigen, die geplante Fortsetzung mit Bildern der sechziger Jahre in Angriff zu nehmen. Manfred Koch
Alexander Mobr: Die Stadt Durlacb in der Badischen Revolution von 1848/49. Ein Beitrag zur Revolution in der Provinz. Hrsg. Freundeskreis Pfmzgaumuseum Dur- lach e.V., Karlsruhe 1993, 170 S. , DM 49,80
Durlach sei "ein Tummelplatz der Blut- roten", wußte der preußische Offizier Staroste über die damals noch selbständige Stadt im Osten Karlsruhes in der Zeit der Revolution von 1848/49 zu berichten. Bekannt ist bis heute auch, daß bei der Durlacher Obermühle ein Gefecht zwischen der badischen Revolu- tionsarmee und den preußischen Truppen, die die Revolution niederschlugen, stattfand. Zwei in dem Gebäude eingemauerte Kanonenkugeln zeugen von der Schlacht. Manche wissen noch, daß der Durlacher Konrad Lenzinger in Rastatt wegen Beteiligung an der Revo- lution hingerichtet wurde. Aber mehr war nicht bekannt über die Rolle der Durlacher in der ersten demokratischen Revolution und der ersten Republik Deutschlands. Durlach war ein zu unbedeutendes Städtchen im Schatten Karlsruhes, als daß die Geschichtsforschung
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sich seiner bisher angenommen hätte. Nun hat Alexander Mohr seine Forschungsergeb- nisse uber Durlach in der Badischen Revolu- tion von 1848/49 veröffentlicht. In dem 170 Seiten umfassenden, gut bebilderten Band schildert Mohr mit wissenschaftlicher Ge- nauigkeit und doch anschaulich das Durlacher gesellschaftliche, wirtschaftliche und politi- sche Leben der 1840er Jahre, um vor diesem Hintergrund die Durlacher Auseinander- setzungen in den Revolutionsmonaten zu beschreiben. Deutlich wird dabei, daß die Durlacher Einwohnerschaft geprägt war durch ein Bürgerselbstbewußtsein, das sich auch gegen die aus Karlsruhe kommenden Ge- setzes- und Verwaltungsregelungen zu wehren wußte. Einigkeit allerdings herrschte unter den Durlachern nicht - es gab den radikal- demokratischen Bürgerverein und den konser- vativen Vaterländischen Verein. Mohr ver- steht es, die unterschiedlichen politischen An- schauungen, die in dieser Zeit aufeinander- prallen, auch an Personen und den einzelnen Problemen, die diese zu lösen hatten, deutlich zu machen. Da steht der Revolutionsgegner und Gründer der Feuerwehr Christian Hengst dem Radikaldemokraten und Studierten Dr. earl Steinmetz gegenüber, dazwischen der Revolutionsbürgerrneister und Kronenwirt Eduard Kraft. An Fragen, wie der, welche Farbe z. B. die Fahne der Bürgerwehr haben solle - weiß oder rot -, erhitzten sich die Ge- müter. Aber Mohr fückt nicht nur die Männer in das Blickfeld, sondern er vergißt nicht den Beitrag der Frauen - weder den zum Alltags- leben in dem kleinen Landstädtchen noch den zur Revolution. Dabei hat Mohr mehr verfaßt als nur ein Kapitel Durlacher Stadtgeschichte. Es gelingt ihm durchaus, die Durlacher Ereignisse so in den zeitgeschichtlichen Rah- men zu stellen, daß sein Buch tatsächlich ein allgemeiner Forschungsbeitrag zur Revolution in der Provinz ist und damit mehr als eine Ortschronik. Der Verein der Freunde des
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Pfinzgaumuseums hat Alexander Mohrs Arbeit als Band I seiner neu gegründeten Reihe " Beiträge zur Geschichte Durlachs und des Pfinzgaus" herausgegeben. Daß das so lesenswerte Ergebnis von Mohrs Forschun- gen nun einer breiten Öffentlichkeit vorliegt, ist ein großes Verdienst dieses Durlacher Ver- ems. SI/sanne Asche
Stadt Karlsruhe (Herausgeber) Straßen- namen in Karlsruhe, Karlsruher Beiträge, Nr.7 G. Braun Verlag, Karlsruhe 1994, 216 S , DM 24,80
Wußten Sie, daß die "Steinstraße" ihren Namen vom Steintransport auf einem Kanal hat, der früher offen an ihr entlang zur Innenstadt fUhrte? War Ihnen bekannt, daß der " Lauschige Weg" in Rüppurr ein Wort- spiel darstellt um einen Karlsruher Stadtpla- ner naruens Lausch?
Dies und anderes mehr kann man aus dem neuen Buch des Stadtarchivs und des Liegen- schaftsarutes zum Verfahren von Straßen- benennungen lernen. Die ganze Fülle des Stoffes entfaltet sich dann im vollständigen alphabetischen Verzeichnis aller Straßenna- men. Stets ist das Jahr der Namengebung vermerkt, zusätzlich werden frühere Bezeich- nungen derselben Straße angegeben. Bei Straßenbezeichnungen, die auf Personenna- men beruhen, fallt die Erläuterung richtiger- weise knapp aus, wenn es sich um allgemein bekannte Größen handelt. Soweit eine Bezie- hung der bekannten Persördichkeit zu Karlsruhe besteht, verdient diese natürlich Beachtung. Weniger knapp sind sinnvoller- weise die Mitteilungen über jene Nanlenge- ber ausgefallen, welche in erster Linie lokale Bedeutung auszeichnet. Hier erfahrt der Le- ser viel Wissenswertes über Künstler, Politi- ker, Forscher, Fürsten und andere Prominente
der Stadtgeschichte. Das Buch der Straßenna- men erweist sich als Fundgrube fUr Informa- tionen, deren mühsames Zusammensuchen die Autoren dem Leser abgenommen haben.
Aus Platzgründen mußte wohl manches wegbleiben, auch sind bei der Vielfalt der Fakten kleine Ungenauigkeiten kaum auszu- schließen. So war Reinhold Frank nicht unmittelbar am Attentat auf Hitler beteiligt. Joseph Scheffel legte sein Abitur 1843 am Karlsruher Gymnasium ab, das natürlich noch nicht Bismarck-Gymnasium hieß (so endgültig erst 1954). Robert Gerwigs Kar- riere wurde gekrönt durch das Amt des technischen Chefs der gesamten badischen Staatsbahn; die Schwarzwaldbahn hat er vor der Gotthardbahn gebaut. Johann Peter He- bel, der mehr als nur "humorvoll" war, hat nicht den "Rheinischen Hausfreund" geschrie- ben, sondern Kalendergeschichten fUr den von ihm herausgegebenen "Rheinländischen Hausfreund". Ludwig Windhorst, den man nicht als "Grunder" der Zentrumspartei be- zeichnen kann, wäre als "hannoverscher Justizminister" längst vergessen. Seine wich- tigste Rolle war die des OppositionsfUhrcrs gegen Bismarck im Reichstag.
Zur Bezeichnung "Alter Friedhof' würde ein Hinweis auf den benachbarten alten jüdi- schen Friedhof passen. Den Dammerstock sollte man schon als Pionierleistung und Mu- ster der Bauhaus-Architektur kenntlich ma- chen.
Der Katalog von Straßennamen verschafft einen Eindruck davon, welche Persönlichkei- ten die Karlsruher zu verschiedenen Zeiten ehren und in Erinnerung behalten wollten, und erzählt auch davon, welche Worte denjewei- ligen Gemeinderäten angenehm in den Ohren klangen. Das neue Buch ermöglicht auch, Bilanz zu ziehen und dabei eine Entschei- dungsgrundlage zu gewinnen, wessen künftig bei der Benennung von Straßen und Plätzen gedacht werden sollte.
Glanzpun\..1e des neuen Namenbuches sind die vorzüglich abgedruckten alten Fotografi- en von Karlsruher Straßen. Sie stellen den Lebensraum der Eltern und Großeltern oder auch der eigenen Kindheit lebhaft vor Augen. Ihr Vergleich mit dem heutigen Zustand zeigt den Wandel des Stadtbildes. In den Straßen- namen selbst spiegelt sich dagegen eher Kontinuität, abgesehen von den Verwertun- gen der Naziherrschaft und den Veränderun- gen beim Hinzutritt alt-neuer Stadtteile zur Kemstadt. Die drei einfuhrenden Aufsätze (E. O. Bräunehe, J. K. Mehldau, Annette Niesyto) bieten interessante Grundlagen fUr weitere Diskussionen. Insgesamt ist dieses Nachschlagewerk daher sehr zu begrüßen.
Klaus Oes/erle
Ulrike Grimm: Das Badische Landesmu- seum in Karlsruhe. Zur Geschichte seiner Sammlungen. Hrsg. v. Harald Siebenmorgen, G. Braun Verlag, Karlsruhe 1993,272 S., DM 28,-
Diese Geschichte eines Museums geht über den Rahmen der Institution hinaus und ist aufgrund breiter Forschungen auch ein Stück badische Kulturgeschichte. Beginnend mit der Sammelleidenschaft fUr Münzen durch Markgraf Friedrich VI. im 17. Jahrhundert wird der Bogen über Hofbibliothek, Zeichen- akademie, Kunsthalle, Gipssamm\ung, Tür- kenbeute und verschiedene Ankäufe zum Neubau fUr die "Ghzgl. Sammlungen fUr Altertums- und Völkerkunde" am Friedrichs- platz 1875 geschlagen. Zu Recht wird die zentrale Bedeutung Ernst Wagners (1832- 1920) herausgestellt. 47 J ah,.e widmete sich das ehern. Mitglied des Oberschulrats und Erzieher des Erbprinzen - daher ein Mann besonderen Vertrauens fUr Friedrich I. - der Neuordnung des kostbaren Kunstbesitzes und "schuf mit seiner systematischen Inventari-
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sierung eine verläßliche Grundlage flir wissenschaftliche Museumsarbeit - unver- zichtblir bis heute".
Der Charakteristik des Kunstgewerbemu- seums 1890 bis 1918 unter besonderer Wür- digung von Hennann Götz schließt sich die Schilderung des neuen Badischen Landesmu- seums im Schloß unter Hans Rott (1876- 1942) an, der den Residenz-Bezug sprengte und " im wesentlichen die südwestdeutschen Kunst- und Kulturbeziehungen" deutlich werden ließ, dementsprechend auch die Ankäufe vergab - in den Notzeiten der Wei- marer Republik recht spärlich. Welches Glück dieses Museum mit seinen Direktoren hatte, erkennt man auch an den Nachkriegs- leistungen. Arthur v. Schneider konnte ab 1948 die kaum überschaubaren Auslagerun- gen während der Kriegswirren wieder erfassen und mit Restaurierungen beginnen, war doch der Erhaltungszustand mancher Kunstschätze "fast hoflhungslos". Für seine Bundesgerichte hat Karlsruhe nicht nur mit dem Abriß des alten Hollheaters Vorleistun- gen erbracht; auch die abrupte Verlagerung der Exponate in das Telegrafenamt 1952, um das Erbgroßhzgl. Palais rur den BGH zu räumen, verursachte bei den Sanunlungen manche Umzugs schäden. Dafur konnte später mit einer modemen Inneneinrichtung des ausgebrannten Schlosses eine zeitgemäße Präsentation geschaffen werden, die viele Gäste Karlsruhes bewundern. Die ziel be- wußte, qualitätsbestimmte Ankaufstätigkeit der Direktorate unter Rudolf Schnellbach 1952-1967, Ernst Petrasch 1967- 1981 und VolkerHimmelein 1981-1991 aufgrundauch der Lotto- und Toto-Mittel sowie eine rege Ausstellungsaktivität haben diese Institution zu einem wichtigen Kulturzentrunl werden lassen, dessen ÖLTentlichkeitsarbeit nun weitere breite Kreise erfaß!.
Leonhard Müller
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900 Jahre Gottesauc. Spurensuche, Spu- rensicherung. Hrsg. v. Förderverein des Generallandes- archivs Karlsruhe, Karlsruhe 1994, 92 S., DM 20,-
Wer sich bislang mit dem Thema Gottesaue befaßte, mußte sich auf die Suche nach einer verstreuten und teilweise veralteten Literatur begeben. Das Erscheinen des hier anzuzei- genden Titels hat diesem Mißstand abgehol- fen. Entstanden als Begleitband zur gleichna- migen Ausstellung im Schloß Gottesaue aus Anlaß der 900. Wiederkehr der Gründung des Benediktinerklosters Gottesaue, widmet sich der Band auf seinen knapp 100 Seiten einem Thema, dessen Reiz, so H. Schwarzmaier im Geleitwort, " in der Kontinuität eines seit 900 Jahren besiedelten, überbauten und auf die verschiedenste Weise genutzten Platzes" liegt, "der heute wieder Anlaß zu Planungen und neuen Bauvorhaben gibt".
Ziel der Spurensuche war das Zusammen- tragen von schriftlichen und dinglichen Überresten und ihre Sicherung fur die Zu- kunft. Wie die Autoren betonen, wurde dabei der krasse Widerspruch oLTenkundig, der "zwischen der Bedeutung des alten Siedlungs- kerns Gottesaue und der Kenntnis über ilm" bestanden habe. Dieser Aussage ist zuzustim- men, nicht zuletzt auch in Erinnerung der Tatsache, daß das 900jährige Gottesaue als eine der Wurzeln des viel jüngeren Karlsru- hes zu gelten haI.
In der heutigen Verstreuung der Spuren spiegelt sich das 11,ema Gottesaue in seiner vielfaltigen Dimension. Der Begleitband bündelt diese Vielfalt in vier Schwerpunkte. Der erste Schwerpunkt widmet sich der "Klosterzeit" und behandelt die ersten zwei Jahrhunderte des Klosters, die klösterliche Grundherrschall, Bauwesen und geistliches Leben im ausgehenden Mittelalter, die Auf- lösung des Klosters, die Klosterbibliothek
und den archäologischen Befund. Der zweite Schwerpunkt ist überschrieben mit " Schloß und Kammergut"; hier geht es, wiederum unter Einbeziehung der Archäologie, um die Baugeschichte und die Ausstattung des Schlosses sowie um die Restitution des Klosters und seine Umwandlung als herr- schaftliches Kammergut. Von "Militär und Polizei" und ihrem Gottesauer Kasernement handelt das dritte Hauptkapitel, das auch die Übergangsnutzung des Areals seit 1945 mit einbezieht. Die "Perspektive 2001 " lenkt schließlich den Blick auf die Überlegungen zur städtebaulichen Neugestaltung und Auf- wertung von " Karlsruhe-Südost" .
Abgerundet wird der Band durch ca. 90 Abbildungen. Ein Literaturverzeichnis und ein chronologischer Überblick samt Quellen- verweisen dienen der schnellen Orientierung und laden zur weitergehenden Beschäftigung ein. Bedauerlich ist das Fehlen eines Kapitels, das den Wiederaufbau des Schlosses doku- mentiert hätte. Rainer GlIljahr
Josef Werner: Bauen und Wohnen. 75 Jahre Hardtwaldsiedlung Karlsruhe. Hrsg. von der Hardtwaldsiedlung Karlsruhe e. G., Karlsruhe 1994,120 S.
Jubiläen von Firmen, Institutionen und Or- ten initiieren häufig Publikationen über deren Geschichte. Auch die Baugenossenschaft Hardtwaldsiedlung hat zu ihrem 75jährigen Bestehen eine Publikation vorgelegt. Als Au· tor konnte JosefWerner, ehern. Leiter der Lo· kalredak1ion der Badischen Neuesten Nach- richten und Autor stadtgeschichtlicher Publi- kationen, gewonnen werden.
In Karlsruhe herrschte nach dem I. Welt- krieg wie in allen deutschen Großstädten ein eklatanter Wohnungsmangel. Auf Initiative von Albert Braun, Inhaber der Papierwaren- fabrik und Druckerei Braun & Co. in Grün-
winkel, zwischen 1919 und 1930 mehrfach Karlsruher Stadtrat der linksliberalen Deut- schen Demokratischen Partei (DDP), fand deshalb am 3. März 1919 die Gründungsver- sammlung der dritten Karlsruher Baugenos- senschaft nach dem Mieter- und Bauverein (1897) und der Gartenstadt (1907), der "Bau- genossenschaft der Bauhandwerker" im Gros- sen Rathaussaal statt. Erst 1926 erhielt sie ihren heutigen Namen nach ihrem ersten großen Projekt, der Hardtwaldsiedlung. In- zwischen war der Mitgliederkreis über die Bauhandwerker hinaus erweitert worden, so daß mit der Umbenennung auch die Gemein- nützigkeit des Vereins erreicht wurde. Schon bald dehnte man die Bautätigkeit über die Hardtwaldsiedlung aus: Die Lohfeldsiedlung, die Parkstraße und vor allem die Dammer- stocksiedlung sind Beispiele fur Walmbau- ten, die bis heute das Stadtbild mitprägen. Zu Beginn des Jubiläumsjahres verfugt die Ge- nossenschaft über I 549 Wohnungen, die Zahl der Mitglieder hat 5 000 überschritten.
J. Werner zeic1met die Geschichte der Hardtwaldsiedlung detailliert und kenntnis- reich bis in die Gegenwart nach und liefert somit einen wichtigen Beitrag zur Erfor- schung der Baugeschichte der Stadt Karlsru- he. Das bebilderte Bändchen ist bei der Hardtwaldsiedlung erhältlich.
Ernst 0110 Bräunehe
Herbert Maiseh: Bulacher Ortschronik. Vom Kirchdorfam Wald zum Stadtteil an der Autobahn. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Karlsru- he· Bulach, Karlsruhe 1994, 240 S., DM 42,50 (erhältlich in Bulach bei den Vorsitzenden der Vereine, der Kirchengemeinde, der Volks- bank und der Sparkasse).
Im vergangenen Jahr feierte Bulach den 800. Jahrestag der urkundlichen Erster-
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wähnung. Nun liegt mit H. Maisehs Bulacher Ortschronik auch das Buch zur Geschichte des 1929 nach Karlsruhe eingemeindeten Ortes vor. In zwei Kapiteln gibt der Autor einen knappen Überblick zur Geschichte Bulachs bis zum Beginn des 18. Jhs. Es folgen zwei Kapitel über die Kirchen- und Schul- geschichte, die bis zur Gegenwart reichen. In elf weiteren Kapiteln werden verschiedene Aspekte der Ortsgeschichte festgehalten, so die Gemarkung und Verwaltung der Gemein- de, das Gewerbeleben und die Bevölkerung sowie die Eingemeindung nach Karlsruhe, die mit dem Abdruck des Vertrages dokumentiert wird. Nachlesen kann man hier auch über Sitte und Brauchtum, über kleine Kulturdenk- mäler und über die wechselvolle Geschichte der Bulacher Vereine. Ein interessantes Kapitel über die Landwirtschaft während und nach dem Zweiten Weltkrieg steuerte Dieter Nagel bei. Er macht die erst jüngst vergan- gene bäuerliche Lebenswelt in der Großstadt Karlsruhe noch einmal bewußt. Die Geschich- te des erst 1926 nach Bulach eingemeindeten Schlosses Schei benhardt wird in dem Artikel von Wilhelm Hausenstein, dem in Karlsruhe zur Schule gegangenen späteren Schriftstel- lers und Diplomaten, aus dem Jahre 1928 le- bendig.
Herbert Maisch versteht sich selbst als Bar- fußchronist, der mit Fachhistorikem nicht konkurrieren möchte. Auch wenn aus dieser Sicht der eine odet andere Aspekt der Orts- geschichte etwas zu kurz kommt, dürfte das vorliegende Buch mit seinen zahlreichen Abbildungen doch eine Fundgrube histori- schen Wissens sein. Manfred Koch
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Horst Schlesiger/Josef Werner: Die 60er Jahre. Ein Karlsruher Jahrzehnt in Bil- dern. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1994,120 S., DM 36,-
Alexander Mobr/Martin Walter: Karlsru- be. Ein verlorenes Stadtbild. Gudensberg-Gleichen 1994, 71 S., DM 29,80
Den 60er Jahren gilt anders als den 50em noch nicht der nostalgisch verklärende Rück- blick. Zu sehr ragen die Umbrüche dieser Jah- re, ihre weitreichenden Planungen und Be- schlüsse bis in die Gegenwart. Regionale Vemetzung, Verkehrsplanungen, Stadtbau- programme und wirtschaftsstruktureller Wan- del dokumentieren das Ende der Nachkriegs- zei t. Verbunden damit war zudem eine stär- kere Auseinandersetzung mit der NS-Ver- gangenheit, ein auf mehr Partizipation ge- richtetes Demokratieverständnis und ein be- ginnender gesellschaftlicher Wertewandel. Dies spiegelt sich in dem von Robert Drei- kluft (G. Braun Verlag) gestalteten Band mit den Bildern von Horst Schlesiger und den Texten von Josef Wemer eindrucksvoll für die Karlsruher Verhältnisse wider.
Wie der Band über die 50er Jahre ist auch dieser in einzelne Kapi tel gegliedert, denen Wemer eine knappe EinieitlUlg voranstellt. So berichtet eines über "Schmerzliche Verluste" historischer Bausubstanz durch stadtplaneri- sche Veränderungen. Hier sind z. B. die Rui- nen des Theaters, des Ständehauses, aber auch der intakte Malschbrunnen, das Wachhaus am Karlstor, der Kühle Krug und das Altstadt- milieu zu sehen. Das Kapitel " Regatta, Rhein- stadt und andere Utopien" zeigt einiges vom damaligen Glauben an die Machbarkeit alles Wünschenswerten: ein Klein-Manhattan in der Altstadt, eine Lagunenstadt am Rhein, das Rafl.ineriegelände und den Ölhafen, die riesige Waldflächen verschlangen.
Am Ende des Jahrzehnts zwangen dann leere Kassen, aber auch erwachendes Um- weitbewußtsein zum Abschied von Utopien. Es blieb den kommenden Generationen die Rheinstadt wie auch die Zerstörung der Rheinauen fiir eine 2 km lange Regattastrecke erspart, und die Neubauten in der Altstadt wurden den Karlsruher Maßstäben angepaßt.
Die interessanten und die Gegensätze des Jahrzehnts widerspiegelnden Bilder von Schlesiger sowie die infonnativen, aber notgedrungenen knappen Texte - gelegentlich meint man Werners Bedauern zu spüren, sich kurz fassen zu müssen-wecken das Interesse, mehr über dieses fiir die Stadtgeschichte so entscheidende Jahrzehnt zu erfahren.
Einen Zeitraum von etwa 60 Jahren - etwa zwischen 1870 und 1930 - Karlsruher Ge- schichte erschließt der von Alexander Mohr und Martin Walter zusammengestellte Bild- band. "Ein verlorenes Stadtbild" titelte der Verlag, die Bearbeiter aber betonen in ihrem Vorwort, daß Karlsruhe von dem "so viele ebenmäßige Idealansichten existieren ... stets eine pulsierende Baustelle" war. Dennoch habe die Stadt "bis heute mehr Profil bewahrt als viele vergleichbare Städte". Anhand von 67 historischen Aufnahnlen, die allesamt aus den Beständen des Stadtarehivs Karlsruhe stanlffien, läßt sich das auch leicht nachvoll- ziehen. Die Bildauswahl zeigt, wo inwler möglich, Ansichten der Stadt mit ihren Be- wohnern. Das vermittelt gute Eindrücke vom Alltagsleben der Zeit und lädt zum Venveilen ein. Zu sehen sind auch historische Ereignisse wie ein Zeppelinflug über die Stadt oder eine Szene nach dem ersten Bombenangriff vom Jahre 1915. Die Texte sind, entsprechend dem Verlagskonzept, auf das Allernotwendigste beschränkt, so daß weitergehendes IIlteresse nicht befriedigt werden kann. Dies tut der mit diesem Bildband vermittelten Schaulust aber nur unwesentlich Abbruch.
Manfred Koch
Roland Eichier: Die West stadt im Spiegel der Geschichte. Festschrift zum toO-jäh- rigen Bestehen des Bürgervereins der Weststadt Karlsruhe e.V. Hrsg. in Zusanlffienarbeit mit der Landesbild- stelle Baden, Karlsruhe 1994,60 S.
Die Karlsruher Bürgervereine kommen in die Jahre. Über 100 Jahre gibt es den in der Südstadt bereits und jetzt folgt mit dem runden Jubiläum der in der Weststadt. Andere werden sich anschließen.
Roland Eichier hat flir den Bürgerverein Weststadt zum Jubiläum in einer kleinen Festschrift die Geschichte des Stadtteils in seinen Grundzügen nachgezeichnet. Dabei wird in zahlreichen Abbildungen mit infor- mativen Bildunterschriften der Stadtteil lebendig. Der Autor blickt weit zurück in die Zeit vor der Bebauung des Gebietes zwischen Mühlburger Tor und Mühlburg, zwischen der Alb im Süden und dem Hardtwald im Norden. Er berichtet über die Hinrichtungsstätte und danach das Schützenhaus auf dem heutigen Gutenbergplatz, über die Eiskeller der Brau- ereien als Vorläufer der Besiedelung, die Militärschwimmschule an der Alb, den Bahn- hof anl Müh.lburger Tor wld die Industriean- siedlungen. In liebevoll ausgewählten Auf- nahmen von Straßenzügen und Detailbildern werden die wechselnden Baustile vorgeflihrt, aber auch die Zerstörungen durch den von den Nationalsozialisten verursachten Zweiten Weltkrieg. Portraits der Gutenbergschule, des Lessing- und Helmholtzgyrnnasiums sowie des Städtischen Klinikums runden das empfehlenswerte Bändchen ab.
Der Bürgerverein Weststadt verdankt seine Entstehung im übrigen einer Bürgerinitiative zur Überbauung des damals noch offenen und übelriechenden Landgrabens entlang der Sophienstraße. Auch der Bürgerverein Süd- stadt entsprang einer Bürgerinitiative, die eine bessere Verkehrsanbindung des' durch
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die Bahnlinie von der Kemstadt getrennten Stadtteils erreichte. Andere Bürgervereine entstanden ebenfalls zur Durchsetzung von Bürgerinteressen gegen die Stadtverwaltung. Die unterschiedlichen Formen und der Wandel der Interessenwahrnehmung fiir die jeweiligen Stadtteile durch die Bürgervereine harren noch einer eingehenderen Untersu- chung. Manfred Koch
Renate Ehrismann: Der regierende Libe- ralismus in der Defensive, Verfassungs- politik im Großherzogtum Baden 1876- 1905. Verlag Peter Lang FrankfurtlM., Berlin. Diss. Freiburg 1993,579 S., DM 137,-
Mit Lothar Galls Habilitationsschrift " Der Liberalismus als regierende Partei" liegt seit 1958 eine mustergültige Analyse badischer Geschichte vor. Die Autorin hat nun in die folgende Zeit eine Schneise geschlagen, die sich zwar auf die Verfassungsreform be- schränken muß, dabei aber die ganze innen- politische Entwicklung dieses Mittelstaates einbezieht, auch wenn z. B. die wirtschafth- ehe Entwicklung nur in Fußnoten gestreift wird. Erlebte man bis zum Sturz von Staats- minister Julius Jolly 1876 den Liberalismus- fiihrend in Deutschland - im festen Zugriff auf die Modeme, so trim das Titelwort " De- fensive" fur die folgenden Jahrzehnte zu. Mit der Scheu vor dem allgemeinen, direkten Wahlrecht, das seit 1871 fiir den deutschen Reichstag galt, war fiir die Nationalliberale Partei der "Zwang zur Arbeit" verbunden, wie ein Vertreter schon 1868 erklärte. "Denn bei einer Verkürzung des Wahlmandates um die Hälfte (vier Jahre) und bei direkter Stimmabgabe würde ein gewisses Maß an Bequemlichkeit verloren gehen ... und es gäbe auch nicht mehr den kleinen Kreis der Wahlmänner, mit dem der Landtagsabgeord-
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nete allein in Kontakt treten müßte. Nein, dann müßte der Kandidat die Stimme eines jeden Urwählers zu gewinnen suchen." Nach kraftvollen Politikern wie Roggenbach oder Mathy leiteten nun zwar vorzügliche Fach- leute - Turban, Nokk, v. Brauer - das Staats- ministerium, der Schwung jener 60er Jahre ging ihnen aber ab, weil man errungene Positionen nur verteidigen wollte. Dazu trug die Schwäche der Parteiorganisation bei, das geringe Engagement bei Wahlkämpfen, das blinde Vertrauen in die bisher breiten Wäh- lerschichten und eine geringe Bereitschaft, Probleme erkennen und bereinigen zu wollen. So vollzog sich seit 1866 nicht nur der Wan- dei vom linken zum rechten Nationalismus, sondern auch vom fortschrittlichen zum eingeschränkten Wahlrecht. Im Kulturkampf gewann die Badische Volkspartei fur den politischen Katholizismus einen Landtagssitz nach dem anderen. Mit "Demokraten", " Frei- sinnigen" und Sozialdemokraten (seit 1891) forderte diese Opposition das fur sie gün- stigere allgemeine Wahlrecht. Erst 1893 setzte bei den Liberalen ein Umdenken ein, und 190 I brachten sie den entscheidenden Vorschlag zur Einfuhrung des direkten Wahl- rechts ein. Bei der Wahl zur 11. Kammer 1905 wurde erstmals danach gewählt. Es war ein widerwillig beschrittener Weg, voller Hin- dernisse, mit dem aber Baden sich erneut die freiheitlichste und modernste Verfassung in Deutschland gegeben hatte. Daß wiederum der Liberalismus in Baden - einzig in Deutsch- land - bis zum Ersten Weltkrieg sich behaup- tete, verdankt er der Stütze in der I. Kammer, einer gemäßigt liberalen Regierung, der libe- ralen Großherzöge Friedrich I. und 11. und schließlich dem Bündnis mit den Sozialdemo- kraten seit 1905.
Insofern war aus dem reagierenden Libera- lismus wieder ein agierender geworden, gezwungen durch die Verluste in der Kam- mermehrheit, die er aber trotzdem nicht wie-
der wett machen konnte. ln den Landtagswah- len 1909 errangen die Liberalen nur siebzehn, 1913 zwanzig Mandate und damit herbe Verluste. Gewinner blieben die Sozialdemo- kraten und das Zentrum, und die Zentrums- partei bildete in der Zweiten Kanuner die stärkste Fraktion. Wenn man also das liberale Baden feiert, sollte man überdenken, ob man nur eine Geisteshaltung meint, oder ob eine politische Bewegung wie, wann und wo gewürdigt werden soll.
Renate Ehrismann, 1960 in Lahr geboren, schildert diese Entwicklung in unpretenziösem Stil, anschaulich und außerordentlich grund- lieh. Von 1818 beginnend, wird der badische Liberalismus mit all seinen Vertretern vor- gestellt. Über 250 Kurzbiographien bilden in dieser inunensen Fleißarbeit allein schon ein komprimiertes Personallexikon. Farbig wirkt auch das Porträt des Großherzog Friedrich 1., der, wie die regierende Partei, "seinen Libe- ralismus inuner konservativer" einflirbte. Mit 27 Seiten Angaben zu Quellen und Sekundär- literatur ftir dieses Forschungsfeld bietet die Arbeit zugleich einen letzten Stand zur badischen Bibliographie.
Leonhard Müller
Emma Wilderer: Numme net hudle. Ge- schichten aus meinem Leben . (Eigenverlag), Karlsruhe 1992, 127 S.
Lebenserinnerungen von Karlsruhern sind rar und deswegen flir die Stadtgeschichte begrußenswert. Das gilt umso mehr, wenn es sich um die Lebensgeschichte einer Frau handelt, die in vielen Episoden mit wachem Blick den politischen und gesellschaftlichen Wandel des Jahrhunderts in der Schilderung des eigenen Lebens einfängt.
Die in gutbürgerlichen Verhältnissen auf- gewachsene und lebende Autorin gibt Ein- blicke in das Leben ihrer Familie, lüftet die
Geheimnisse ihrer Küche und erinnert sich an die späte Kaiserzeit, das "Dritte Reich", Krieg und Nachkriegszeit. Selbst in den Kü- chenrezepten findet man alltagsgeschichtliche Hinweise wie diesen: "Zu meiner Zeit waren die Samstage recht anstrengend flir die Haus- frau . Freitags hat sie die Wohnung geputzt und samstags war dann noch die Treppe naß aufzuwischen .. .. Außerdem mußte man beim Metzger und auf dem Wochenmarkt einkau- fen , dem Vater Sonntagszigarren besorgen und so manches mehr. Auch war der Sonn- tagskuchen noch zu backen." Aber auch von zeitbedingten Änderungen des Rollenverhal- tens der Frauen in der Nachkriegszeit, als Hamsterfahrten und Schwarzmarktgeschäfte zum Alltag gehörten, berichtet Enuna Wil- derer: " Ein großer Teil der Heimkehrenden fsad ihr Zuhause sehr verändert. Sie waren nicht mehr Herr im Hause. Die Kinder kann- ten ihren Vater oft nur von Urlaubstagen und vom Erzählen. Die Frauen waren selbständig geworden. "
Es sollten mehr Karlsruher und Karlsruhe- rinnen bereit sein, wie Enuna Wilderer zur schriftlichen Überlieferung des Lebens in Karlsruhe beizutragen. Manfred Koch
Erich Bauer/JoserWerner: Die 40er Jah- re. Ein Karlsruher Jahrzehnt in Bildern. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1995, 132 S., DM 38,-
Mit diesem Band liegen nun drei Jahrzehnte der Karlsruher Stadtgeschichte in Bildern vom Ende der 30er bis zum Ende der 60er Jahre vor. Sie ergeben ein beeindruckendes Panorama von dem historischen Karlsruhe und seiner Zerstörung bis zum allmählichen Wiederaufbau und Neubau der Stadt. Sie zeigen aber auch in vielen Bildern Ausschnit- te aus dem alltäglichen Leben der Menschen und spiegeln damit die Mitte dieses Jahr-
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hunderts vom Beginn des von Deutschland ausgegangenen Zweiten Weltkrieges bis zum Ende der Nachkriegszeit. Sichtbar werden die Umbrüche und Spannungen von der Blitz- kriegseuphorie zur militärischen Niederlage, vom Nachkriegselend zum Wirtschaftswun- der, von weitgreifenden Planungsutopien zu einem beginnenden gesellschaftlichen Werte- wandel.
Wie in den vorangegangenen Bänden über die 50er und 60er Jahre hat die historische Kommentierung der Bilder wieder JosefWer- ner übernommen. Anders als bei den voran- gegangenen Bänden stanunen die Aufnahmen nicht von Horst Schlesiger, sondern von dem bekannten, 1984 verstorbenen Karlsruher Berufsfotografen Erich Bauer. Unverändert geblieben ist die sorgfaltige Auswahl und die gute Reproduktion der Bilder sowie die ge- lungene Gestaltung des Bandes durch Robert DreikJuft vom Braun Verlag.
Auch flir die 40er Jahre gibt Werner in einem einleitenden "Schuld und Sühne, Tod, Not und neuer Anfang" überschriebenen Ka- pitel eine Charakteristik des Jahrzehnts. Da- bei rallt seine notgedrungen knappe Einschät- zung des Nationalsozialismus etwas zwie- spältig aus. Einerseits benennt er die Verbre- chen des NS-Systems, die auch in Karlsruhe flir alle sichtbar waren, deren Schreckens- bilanz nach 1945 "von denkenden Menschen bald als eine nicht tilgbare deutsche Schuld erkannt" wurde. Andererseits verweist er auf die schon damals einsetzende Verdrängung, und er betont - selbst Zeitzeuge des " Dritten Reiches" - weniger differenzierend das Ver- trauen der Deutschen zur Führung, ihre Blen- dung durch die "Erfolge" des Systems und den Betrug und Mißbrauch der Bevölkerung durch die Machthaber. Solche Erklärungs- versuche könnten aber nolens volens eine Entlastung der Deutschen von der Verantwor- tung bewirken.
Die folgenden sechs knappen Kapitelein-
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leitungen emllen im übrigen ihren Zweck, durch chronikalische Mitteilungen Orientie- rung in der Zeit zu geben, wobei historisch wichtige Daten und Karlsruher Alltagsgesche- hen in gelungener Weise gemischt werden. Vier davon sind der Kriegszeit und zwei der Nachkriegszeit gewidmet. Dies erscheint insofern kein Ungleichgewicht, als in dem Band über die 50er Jahre schon auf die zweite Hälfte der 40er Jahre zurückgegriffen wurde. Allerdings haben sich dadurch wenige Kop- pelungen nicht vermeiden lassen.
Die Fotos aus den 40er Jahren zeigen in beeindruckenden Bildern, wie auf die Begei- sterung der Karlsruher und Karlsruherinnen vom Anfang der 40er Jahre über die Kriegs- erfolge Not und Elend im Bombenkrieg und in der Niederlage folgten, wie die noch stark von Weinbrenners Bauten und Dörfleromantik geprägte vormalige Residenzstadt in eine Trümmerwüste zerfiel. Sie zeigen die Men- schen, die dies erlebt haben, die gejubelt, Me- tall gespendet, um Lebensmittelkarten ange- standen haben. Man sieht Schüler als Flak- helfer, alte Männer als letztes Aufgebot im Volksstunn, Soldaten in Gefangenschaft, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene sowie französische Soldaten beim Einmarsch. Es folgen schließlich Bilder von Karlsruhern und Karlsruherinnen beim Trümmerräunlen, ein Unfall des "Schuttbälmle" und Handel auf dem Schwarzmarkt. Vieles mehr bleibt zu entdecken, das die Schaulust und die Nach- denklichkeit des Betrachters anzuregen ver- mag. Manfred Koch
Eiga Roellecke: Die Munitionsfabrik - Das "Zündhütle" 1897-1972. Chronik ' Wolfartsweier. Hrsg. v. Verein rur die Geschichte von Wol- fartsweier, Karlsruhe 1994, 85 S., DM 19,50
Eine zuverlässige Ortsgeschichte des 1261 erstmals urkundlich erwähnten Wolfartsweier existiert bislang nicht. Dies zu ändern hat sich der "Verein rur die Geschichte von Wolfarts- weier" vorgenommen und einen durchaus praktikablen Weg eingeschlagen. Verschie- dene, in loser Folge erscheinende Hefte sollen zusammen schließlich eine Chronik des 1973 nach Karlsruhe eingemeindeten Ortes erge- ben.
Mit der von Elga Roellecke verfaßten Geschichte der früheren Munitionsfabrik im heutigen Wohngebiet "Zündhütle" liegt hier- zu nun ein erstes Arbeitsergebnis vor. Auf rund 80 Seiten zeichnet die Verfasserin an- hand schriftlicher Quellen und Zeitzeugen- aussagen die 75jährige Geschichte der Fabrik nach, die im 20. Jahrhundert die Entwicklung Wolfartsweiers entscheidend mitprägte. 1897 von Ernst Schreiner als Fabrikationsstätte rur Zündhütchen gegründet, wurde die Firma 1903 von Gustav Genschow übernommen und konnte dank eines geschickten Manage- ments in den folgenden Jahren erheblich expandieren. Hatte man bislang vor allem "Friedensproduktion", d. h. Jagdmunition hergestellt, wurde es nun durch den Erwerb neuer Präzisionsmaschinen möglich, Militär- patronen zu produzieren. Von nun an sollte das Geschick der Firma im Wesentlichen von der Rüstungsproduktion und damit der je- weiligen politischen Situation abhängen. Lag die Zahl der Beschäftigten 1907 bei ca. 150, erreichte sie im Ersten Weltkrieg eine erste Re-kordmarke von 700. Nach Anpassungs- schwierigkeiten konnte sich die Firma in den zwanziger Jahren insbesondere durch Liefe- rungen ins Ausland rasch erholen. Starke Ab-
satzeinbußen infolge der Weltwirtschaftskrise konnten ab Mitte der dreißiger Jahre wie-der wettgemacht werden, freilich im Zuge der Kriegsvorbereitungen des nationalsozialisti- schen Regimes. 1944 zählte die Fabrik schließlich 1200 Beschäftigte, wovon die Hälfte ausländische Zwangs arbeiter/innen waren.
Zumindest an dieser Stelle wäre eine kriti- sche Reflexion hinsichtlich der historischen Bedeutung rüstungsproduzierender Firmen zu erwarten gewesen. Der Verlauf der deut- schen Geschichte wird hier zu sehr vor der Folie der Firmengeschichte gesehen, was sich insbesondere im Hinblick auf den von den Nationalsozialisten entfachten Weltkrieg als problematisch erweist. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Munitionsfabrik als Arbeitgeber einen wichtigen Faktor im Wol- f.,tsweierer Gemeindeleben spielte, eine hi- storische Darstellung sollte aus der Distanz jedoch auch eine kritische Einschätzung dieses Produktionszweiges erlauben. 1972 wurde die inzwischen im Besitz der Dynamit Nobel AG befindliche Fabrik stillgelegt. Auf weiten Teilen des 1982 von der Stadt Karls- ruhe erworbenen ehemaligen Firmengeländes ist inzwischen ein Neubaugebiet entstanden, allein der Schrotturm blieb als sichtbares industriehistorisches Zeugnis bestehen.
Ein Verdienst der vorliegenden Arbeit ist es, die Firmengeschichte nicht nur aus der Perspektive der Unternehmer zu beleuchten, sondern auch einen Blick auf die Arbeitsbe- dingungen und Löhne der dort arbeitenden Frauen und Männer zu werfen. Zur Anschau- lichkeit der Darstellung trägt die reiche Auswahl von Bildern, Plänen und Tabellen bei. Abgerundet wird das interessante Bänd- chen zu einem Aspekt der Wolfartsweierer Geschichte im 20. Jahrhundert schließlich durch einen Anhang mit Lageplänen, die die Baugeschichte der Fabrik nachvollziehbar machen.
Barbara Guttmann
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Karlsruhe in alten Ansichten. Von Ernst Otto Bräunehe und Manfred Koch, "Europäische Bibliothek", Zaltbommel, Nie- derlande 1995, 142 S., DM 32,80
Alte Ansichtskarten, zumal mit Grüßen und Marginalien versehen, haben einen besonde- ren Reiz. Sie zeigen zwar fast ausschließlich die Schokoladenseiten einer Stadt, heben jedoch hervor, was der entsprechenden Epo- che wichtig war. So findet "Die Damals-Rei- he" des Zaltbommel-Verlags sicher ein Echo, und es ist erfreulich, daß nun auch von Karlsruhc ein bestimmtes Bild geboten wird, das sich von anderen Publikationen zur alten Stadt streckenweise deutlich unterscheidet. Von 1870 bis 1930 reicht die Auswahl aus einer nahezu unüberschaubaren Zahl von Postkarten.
Neben den Kernstücken - Schloß, Markt- platz, Kirchen, Plätze - findet man originelle Beispiele, z. B. den Blick in das "Automati- sche Restaurant" (ehemals Kaiserstraße 201 und Waidstraße), die Kaiser-Wilhelm-Passa- ge (KaiserIEcke Waidstraße), Interieurs von Moningers Kapitelsaal, aus·dem "Krokodil", aus dem "Colosseum", jenem Varietetheater in der Waidstraße. Die Vision vom Lauter- berg im Jahr 2000 hat insofern einen gewissen Realitätsbezug, als man einen neuen Bahnhof erhome. Sonst hat sich aber der erwartete Rummel um diesen "Berg" mit Seilbahn, Hotels, Ballonverkehr (Karlsruhe - New York) und Autorennbahn erfreulicherweise nicht ein- gestellt. Auf manchen Karten scheint die Zeit still zu stehen, denn noch heute trifft man diese Bauten fast unverändert an. Andere wie z. B. die Synagoge, das Hoftheater, das Stän- dehaus sind unwiederbringlich verschwun- den. Auch den Charme mancher Straßen, oft üppig begrünt wie die Kriegsstraße, die Rüp- purrer Straße, kann man in unserer auto- gereehten Zeit nachempftnden, wo man sich damals noch weitgehend mit einem Spazier-
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gang erreichen konnte. Die Karten, pro Seite eine, sind von den
Autoren sachkundig erläutert, wobei dadurch eine kleine Geschichte Karlsruhes entstanden ist, die durch die Einleitung noch ergänzt wird. Die sichere Auswahl und der anspre- chende Text verlockt, öfters in diesen grif- figen DIN-A5-Band hineinzuschauen.
Überraschend ist freilich der Verkaufs- preis. Da die Postkartenfotos nunmehr frei verfugbar sind, kosten sie nichts. Die Autoren haben mehr fur die Ehre als fur den Gewinn gearbeitet.
Bleibt wohl der kleine Käuferkreis fur eine solch lokal-spezifische Publikation. Delilloch ist da wohl etwas hochgegriffen worden, und dies wird manchen abschrecken, diese Erin- nerungsrevue zu erwerben. Inhalt und Form verdienen es aber, sich un, dieses Bändchen zu kümmern. Leonhard Müller
Gerhard Söllner: Für ·Badens Ehre. Die Geschichte der Badischen Armee, Forma- tion Feldzüge Uniformen Waffen Ausrü- stung 1604-1832. Info Verlag, Karlsruhe 1995, DM 98,-
Der Verfasser widmet das Buch seiner Frau, die "mehr als 30 Jahre meinen Spleen verständnisvoll ertragen und meine Arbeit ... angespornt hat". Was der Ingenieurwissen- schaftler und Forscher in einem großen Kon- zern als sorgfaltige Sanunlung vorlegt, ist al- les andere als ein Spleen, vielmehr ein Sektor lebendiger Geschichte, die lange Zeit ver- nachlässigt wurde. Drum hat Söllner jenes Buch selbst verfaßt, das er vermißte. Man erinnere sich an die Diskussionen um die neu- en Uniformen der Bundeswehr vor 40 Jahren und ihre Rangabzeichen, die denen der Na- toarmeen angeglichen waren, an die Über- nahme preußischer Militärriten durch die NY A und die Angleichung an Usancen des
Warschauer Paktes, um auch den äußeren po- litischen Stellenwert des jeweiligen Militärs zu erkennen.
Gegliedert wird der Stoff nach Truppentei- len: Garde du Corps, Jäger und leichte Infan- terie, Leib-Grenadier-Garde und Husaren. Die Kapitel werden mit einem kurzen Über- blick zur militärischen Entwicklung und Or- ganisationsstruktur eingeleitet, und zwischen den nüchternen Zeilen spürt man die wech- selnde Geschichte Badens, z. B. in dem Jahr- zehnt napoleonischer Kriege. Der Außenpoli- tik entsprechend stand Frankreich auch bei badischen Uniformen und Rangabzeichen Pate. Nach dem Übertritt zu den Alliierten 1813 trat dann die Leib-Grenadier-Garde, immer in Karlsruhe stationiert, sogleich mit preußischen Uniformen und Tschakos auf, und dieser Stil blieb fernerhin prägend. Die Husaren hatten um 1800 zunächst als Gen- darmerietruppe den Auftrag, Patrouillen- dienst zur "Aufrechterhaltung der Polizei und Sicherheit des Landes im Betreff der Va- gabunden und Diebereien" zu verrichten. Erst 1806 wurden sie Kampftruppe, meistens beritten, weil im Falle des Ausfalls von Pferden "Dragonern eher zuzumuten war, Dienst zu Fuß zu machen als den Husaren". Die wenigen Reste des Regiments nach dem Rußlandfeldzug 1812 fuhrte ein Leutnant nach Baden.
Das Jägerbataillon wurde 1803 vom Fürst- bistum Speyer übernommen und aufgelöst. Eine dann neu gebildete Einheit, der kein Rekrutierungsbezirk zugeteilt war, die daher ihren Ersatz aus dem ganzen Land bezog, wurde 1805 z. B. am Bodensec eingesetzt, um als Kordon das Übergreifen des gelben Fie- bers von der Schweiz nach Baden zu ver- hindern. Auf "französischen Fuß" gebracht, zählte im Jahr 1809 das Bataillon 6 Kompa- nienzuje 141 Mann. 1811 sind von den mehr als 800 Mann nur 4 Offiziere und 49 Soldaten aus Rußland nach Baden zurückgekehrt. So
verbirgt sich auch hier unter nüchternen Auflistungen das Schic!::31 vieler Deutscher und ihrer Familien, deren Empfmdungen sich nicht von den Kriegsverlusten in allen Zeiten unterschied.
Diese Darstellung ist freilich auch ein Nachschlagewerk fur Spezialisten. Bis ins Detail der einzelnen Epauletten trug der Verfasser aus vielerlei Quellen die Angaben zusammen. Mit 113 Bildtafeln, die er selbst gezeichnet und koloriert hat, wird die Szene- rie der badischen Truppen anschaulich, und schon diesen Teil durchzublättern, ist einen Griff nach diesem Buch wert. Die 410 Lite- raturangaben beweisen die Sorgfalt des Au- tors bei seinen Untersuchungen, wobei er Lücken vorbehaltlos angibt, die ihn an man- chen Stellen zu eigenen Ergänzungen zwan- gen. Als Elektrotechniker, der an der Univer- sität Karlsruhe promoviert wurde, ist er eine präzise Arbeit gewohnt, und man spürt diesen Geist in der ziselierten Methodik, die nicht Meinungen zelebriert, sondern Fakten fur sich sprechen läßt. Wer möchte da von einem "Hobby-Historiker" sprechen. In summa ein repräsentatives Werk von einem Autor, der sich bescheiden hinter eine Sache stellt, bei der er aber eine Autorität ist.
Leonhard Müller
Bräunehe, Ernst Otto: Die Karlsruher Ratsprotokolle des 18. Jahrhunderts. Teil I: 1725-1763. Forschungen und Quellen zur Stadtgeschich- te, Band 2 Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe, Karlsruhe 1995,339 S., DM 38,-
Im September 1992 wurde hier die Arbeit von Christina Müller über "Karisruhe im 18. Jahrhundert. Zur Genese und sozialen Schich- tung einer residenzstädtischen Bevölkerung" angezeigt und besprochen. Nun kann als Band 2 der "Schriftenreihe des Stadtarehivs Karls-
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ruhe" die Edition der Ratsprotokolle von 1725-1763 vorgestellt werden. Der glückli- che Fund des Stadtarchivars Dr. E. O. Bräun- ehe brachte 1985 die bis dahin verlorenge- glaubten Quellen wieder ans Tageslicht und ermöglichte die fundierte Arbeit von eh. Müller. Es gehört ja zu den Aufgaben eines Archivars, schwer lesbare, aber wichtige Quellen zugänglich zu machen. Erfreulicher- weise hat sich der Stadtarchivar diese Mühe gemacht und in einem ersten Anlauf die Ratsprotokolle von 1725-1763 ediert. Leider sind einige Jahrgänge offensichtlich verschol- len. Dennoch sollen die geretteten Bände publiziert werden, und nach der Lektüre des vorliegenden Bandes kann man eine Fortset- zung nur wünschen. Delill wer sich einmal in die Diktion der ftir uns schwerfallig wir- kenden Sprache des 18. Jahrhunderts eingele- sen hat, der gewinnt einen umfassenden Ein- und Überblick in die Politik und Gesellschaft der jungen Residenzstadt Karlsruhe.
Fand die erste Sitzung des jungen Stadtrates erst am 24. November 1718 statt, weil die "Dringlichkeit der Geschäfte nicht sehr groß gewesen zu sein" schien, so linderte sich dies mit dem Anwachsen der Stadt sehr bald, und die Aufgabengebiete, mit denen sich der Rat zu befassen hatte, machten regelmäßige Sitzungen erforderlich. Daneben hatten die Ratsherren "auch allerhand vorfallende bür- gerliche Strittigkeiten" zu "erörtern und überhaupt gut Zucht und Ehrbarkeit mit Bestrafung aller vorgehenden Frevel und Muthwilligkeit" zu halten. Zu Anfang der Ratstätigkeit nahmen diese Aufgaben ein Bürgermeister, sechs Gerichts- und Ratsher- ren wahr. Aus ihren Reihen hatten sie fol- gende Ämter zu besetzen: Almosenpfleger, Baumeister, Brotwieger, Fcuerbeschauer, Fleischschätzer, Gewicht- und Maßeicher, Kaulhausinspektor, Kirchenrüger, Markt- meister, Quartiermeister, Stadtleutnant, Um- gelder, Waisenrichter und WeinsiegIer. Zie-
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hen wir einige zeitbedingte Ämter ab, so blei- ben immer noch die konmlunalen Kernauf- gaben, wie sie auch heute noch in modernerer Bezeichnung existieren. In den Ratsproto- kollen spiegeln sich naturgemäß die Arbeiten dieser Märmer wider (Frauen gab es in der Bürgervertretung zu dieser Zeit bekanntlich nicht). Einen großen Raum nehmen Eintra- gungen ein, die den Grundstücksverkehr zwi- schen den Bürgern amtlich festhalten. Mit den knappen Beschreibungen der Objekte sowie den Angaben über ihre Lage und die Nach- barn ließe sich die Topographie der Stadt detailliert beschreiben, und was die Bewoh- ner selbst betriffi, so liefern die zahlreichen Bürgeraufnahmeprotokolle genügend EinzeI- informationen, um das Anwachsen der städti- schen Bevölkerung individuell nachzuvoll- ziehen. Das tägliche Leben der Bürger findet im amtlichen Schriftverkehr - auch heute - zumeist dann seinen Niederschlag, wenn es zu Schwierigkeiten mit der Polizei oder der städtischen Verwaltung · kommt. Insofern geben die Ratsprotokolle ausftihrlich Aus- I"mft über Streitigkeiten zwischen den Bür- gern, über Vergehen und Ordnungswid- rigkeiten. Soziale Probleme lassen sich aus den zahlreichen Bittgesuchen verschuldeter oder verarmter Einwohner ablesen. Aber auch die städtische Finanzlage, damals nicht viel besser als heute, wird aus der mangelnden Bereitschaft, durch die Stadtkasse Unterstüt- zungen zu gewähren, sehr deutlich.
Wenn auch die Kompetenzen des Karlsru- her Stadtrates 1725 bis 1763 nicht allzu weit- reichend waren und immer mit den furstlichen Behörden geteilt werden mußten, so bietet die Edition der Protokolle ein unschätzbares Hilfsmittel fur jeden, der sich mit der Karls- ruher Stadtgeschichte des 18. Jahrhunderts befaßt. Michael Martin
Peter Rückcrt (Hrsg.): Gottesaue - Klo- ster und Schloß. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1995, 120 S., DM 32,-
Wer mit dem Zug oder auf der Autobahn von Norden nach Karlsruhe kommt, sieht heute wieder in seiner ganzen Pracht das Schloß Gottesaue, "ein unverwechselbares Meisterwerk in der Schlösserlandschaft am Oberrhein" (JI. Wiese). Die Karlsruher Mu· sikhochschule ist dort seit dem gelungenen Wiederaufbau 1989 des im Zweiten Welt- krieg schwer zerstörten Gebäudes unterge- bracht. Die beiden letzten Beiträge des hier vorzustellenden, 120 Seiten umfassenden, mit 86 zum Teil farbigen Abbildungen reich und sorgfaltig bebilderten Buches gelten deshalb dem Wiederaufbau (K. Schwirkmann) und der Musikhochschule (F. Solter).
Zuvor wird in dreizehn weiteren Aufsätzen die bis ins 11. Jh. zuruckreichende Geschich- te behandelt. "Die Anfange des Klosters Gottesaue" (H. Schwarzmaier) sind durch die "Gottesauer Annalen" belegt, die von der Klostergründung im Jahr 1094 berichten. Da diese Quelle aber erst im 17. Jahrhundert ge- schrieben wurde, liefert das erste verbürgte Datum das Privileg König Heinrichs V. aus dem Jahr 1110. Die Bedeutung des Reforrn- klosters Hirsauer Prägung und des Adels- klosters einer mächtigen Familie, an dessen Gründung "alle Protagonisten in den politi- schen und geistigen Auseinandersetzungen jener Zeit" beteiligt waren, war nie mehr so groß wie in seinen Anfangsjahren.
In die Frühzeit des Klosters fuhren auch die Beiträge von U. Michels über ,,Abt Wilhelm von Hirsau, das benediktinische Musikleben im hohen und ausgehenden Mittelalter und seine Spuren im Kloster Gottesaue" und P. Rückert, der das " Geistliche Leben im Klo- ster Gottesaue" und "Die Klosterbibliothek" erforscht. Archäologische Untersuchungen
(0. Teschauer) und mittelalterliche Funde (U. Gross) runden den ersten Teil über das Klo- ster Gottesaue ab.
Mit dem Schloß Gottesaue befassen sich die Beiträge des n. Teils. Die Baugeschichte des Schlosses, das Markgraf Ernst Friedrich von Baden-Durlach in den Jahren 1588 bis 1591 an der Stelle des 1556 säkulariserten Klosters bauen ließ, untersucht W. Wiese.
Die Stuck ausstattung des Schlosses ist The- ma des Beitrags von B. Herbach-Schmidt. Beobachtungen und Entdeckungen beim Wiederaufbau schildert G. Sicheneder. Mit der Restitution des Klosters im dreißigjähri- gen Krieg befaßt sich F. Maier. Auch der Ver- such, im 17. Jahrhundert ein markgräfliches Kammergut einzurichten, scheiterte letztlich, wie M. Salaba nachweist.
Nach diesem mißglückten Experiment diente das Schloß seit 1824 dem badischen Militär als Artilleriekaseme. Mit dem Land Baden hatte auch dessen Militär an Umfang zugenommen. Über "Soldaten nach Gottes- aue" schreibt K. Hochstuhl, baugeschichtliche Daten zu dieser Nutzung des Schlosses und der anderen militärisch genutzten Gebäude liefert W. Rößling.
Daß historische Jubiläen die Geschichts- schreibung befördern, bewahrheitete sich auch im Fall Gottesaue: 900 Jahre nach der Klostergründung hat das Generallandesar- chiv in der Musikhochschule eine sehenswer- te Ausstellung über Gottesaue präsentiert, ein Jahr später liegt nun die fach\..W1dige Publi- kation zum Thema vor. Wenn die Geschichte der Stadt Karlsruhe auch erst im Jahr 1715 beginnt, so ist das Buch dennoch ein wert- voller Beitrag zur Stadtgeschichte, da es nicht zuletzt nachweist, daß das spätere Stadtgebiet vor der Stadtgründung kein geschichtsloser Raum war. Ernst 0110 Briillnche
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Frithjof Haas: "Zwischen Brabms und Wagner- Der Dirigent Hermann Lcvi". Attanlin Musikbude-Verlag 1995, 396 S., DM 58,-
Karlsruhe als Klein-Bayreuth ist im Be- wußtsein vieler Karlsruher fast ausschließ- lich mit dem Namen des legendären Diri- genten Felix Mottl verknüpft. Es ist eines der Verdienste des vorliegenden Buches von FrithjofHaas, langjähriger Kapellmeister und Studienleiter am Badischen Staatstheater, bewußt zu machen, daß im Vorfeld dieses großen Dirigenten eine bemerkenswerte per- sonelle und kulturgeographische Konstellati- on glückliche Voraussetzungen flir Mottl's Tätigkeit bot: etwa an Vinzenz Lachner und Hermarm Levi, die besondere kulturelle Rolle des mittelbadischen Raumes Baden-Baden, Karlsruhe, Mannheim und Heidelberg und Künstler wie Brahms und Clara Schumann, die sich hier gerne bewegten. Insofern ist dieses Buch auch ein wertvoller Beitrag zum unterentwickelten Selbstbewußtsein des west- lichen Baden-W ürttembergs!
Levi, 1839 in Gießen geboren, kam nach Studien in Mannheim und Leipzig über die Kapellmeister-Stationen Saarbrücken und Rotterdam nach Karlsruhe, wo ein gutes Hoftheater und ein verständnisvoller Landes- furst einem genialen jungen Mann aussichts- reiche Möglichkeiten boten. Vinzenz Lachner - in Mannheim Levis Lehrer - hatte mit seiner Empfehlung zu Levis Wahl als Karlsruher Hofkapellmeister beigetragen. Das liberale Klima in Baden mag fur den Juden Levi ein übriges bedeutet haben.
Levis Tätigkeit am Hoftheater war hinsicht- lich der Fülle des Repertoires und der zusätz- lichen, zum Teil freiwillig übernommenen Aufgaben wie Neueinrichtungen von Opern, Neuübersetzungen von Texten, Erstellung von Konzertprogrammen, Übernahme von Liedbegleitungen, erschlagend intensiv. Aber
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seiner Lebenskraft genügte dies nicht: Er wurzelte sich tief in das städtische gesell- schaftliche Leben ein: Dies nicht nur bei musikalischen Unternehmungen wie bei der Leitung des bürgernahen "Philharmonischen Chores", sondern auch im eigentlichen ge- sellschaftlichen Leben. Der gutaussehende, hochgebildete, herzensgute Marm eroberte mit seinem Temperament die Herzen seiner Karlsruher und war an vielen Abenden eine der Leuchten des bürgerlichen Parketts. Es versteht sich von selbst, daß ein Hofkapell- meister von der "eigentlichen" guten Gesell- schaft, nämlich der des großherzoglichen Hofes, ausgeschlossen blieb. Der verzehren- de Einsatz in Musikleben und Gesellschaft hatte dramatische Folgen flir die Gesundheit von Levi . Immer wieder erlebte er Krisen. Aber während Levis außerordentliche musi- kalische Talente ihn auf die Erfolgsbahn zu- rückfuhrten, bedrohten von anderer Seite schwere innere Gefahrdungen seine Existenz. Der von Levi nie wirklich verarbeitete Bruch mit seinem Jugendidol Johannes Brahms und der Unterwerfungsprozeß unter den Wagner- sehen Genius passen nicht zum Bild des Erfolg gewölmten Dirigenten. Hier zeigt sich ein Daseinszwang, den Haas in seinem Buch sehr klug auf seine entscheidenden Wurzeln zurückfuhrt: Auf den verzweifelten Kampf des Juden Levi, als Deutscher und nicht als Jude zu gelten.
Haas beschreibt die Stationen dieses Lebens mit großer Ausflihrlichkeit, stilistisch kühl, aber mit warmherziger Anteilnahme. Das Buch bietet über das Biographische hinaus auch einen faszinierenden Überblick über wesentliche kulturelle und gesellschaft- liche Bewegungen des 19. Jahrhunderts.
Warum der Musiker Levi, der in seiner Karlsruher Zeit eine tiefe, freundschaftliche Beziehung zu Johannes Brahms hatte, der Musik von Richard Wagner geradezu gren- zenlos verfiel, gehört zu den unerklärlichen
SchicksalsfUgungen. Daß er aber sich von Wagner als prominenten Dirigenten seiner Opern, als Wegbereiter seines Stiles, als Diri- gentenstar des "Parsifal" systematisch einset- zen ließ und dabei gleichzeitig wirklich in Kauf nahm, als Jude von dem fanatischen Antisemiten Wagner durchaus als Mensch zweiter Klasse behandelt zu werden, dies ist schon erschreckend. Haas breitet diese Si- tuation mit vielen Belegen aus. Levi ging sogar so weit, die Wagnersehen antisemiti- schen Schmähungen zu akzeptieren und teil- weise selbst zu vertreten. Schließlich brach Levi unter diesem Druck zusammen und beendete seine Kapellmeistertätigkeit.
Paul Wehrte
Peter Pretsch, "Geöffnetes Narren-Tur- ney" Geschichte der Karlsruher Fast- nacht. Veröffentlichung des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 16, Karlsruhe 1995,208 S. , DM 34,-
"Narretei ist eine ganz ernste Angelegen- heit" - heißt es nicht nur im Kölschen Klün- gel. Und Fastnacht in Karlsruhe? Wer den neuen Band "Geöffnetes Narren-Turney" zur Hand nimmt, kann auch in der badischen Residenz Eitelkeiten, Interessenverflechtungen und Politik entdecken. Der Band ist aus der Dissertation von Peter Pretsch, dem Leiter der Stadtgeschichtlichen Sammlungen in Karls- ruhe, entstanden, Pretsch ist es gelungen, eine kölfzweilige Darstellung vorzulegen mit einer lesenswerten Einleitung über die spannende Entwicklung der Fastnachtsforschung. Ge- lungen ist die Arbeit vor allem, weil nicht das mühsam aus Archiven, Zeitungen wld Vereinsbeständen zusammengetragene Ma- terial nacherzählt wird. Die Karlsruher Ereig- nisse werden vielmehr vor ihrem gesell- schaftspolitischen Hintergrund ausgebreitet und dadurch verständlicher. So folgt die Glie-
derung des Buches nach politischen Grenz- jahren, und jedem Kapitel wird ein kurzer - nicht immer geglückter - Abriß der poli- tischen Situation vorausgeschickt. Den Be- ginn macht der Vormärz, wo Pretsch zeigen kann, daß die Gesellschaft Eintracht, 1835 gegründet, Motor der Bewegung wird, die 1841 im ersten spontanen F aschingsurnzug einen frühen Höhepunkt erreicht. Diese Ge- sellschaft, dominiert von Gewerbetreibenden und Beamten, fUhrte neben Gott Bacchus auch Napoleon und in Erinnerung an den Freiheitskämpfer Andreas Hafer Tiroler Schützen mit. Die politischen Ansprüche des Karlsruher BürgertlUus nach Freiheit treten da in der Fastnachtsmaske auf - ähnlich in Mannheim, wo 1841 Friedrich Hecker als Pfälzer General lmd der Liberale Friedrich BasserrnaIm als Pierrot mitrnarschierten. N arrenzei t wlgen - eben das N arren-T urney - übten Kritik, anfangs ohne mit der Zensur zu kollidieren ; die Spießbürger waren Ziel des Spotts.
Die Niederlage der Revolution 1849 hat dem Straßen treiben ein Ende gemacht. Erst 10 Jahre später trauten sich die Karlsruher wieder heraus, während die Kölner schon 1852 mit dem bezeiclmenden Motto "ich hab ' s gewagt" durch die Straßen zogen. Wer so durch die Zeiten schlendert, merkt, daß Karlsruhe inuner etwas bieder war. Politik stand bei den Themenwagen nicht wie an- derswo im Zentrum, und es wirkt typisch, daß zweimal (1933 wld 1951) der Verkehrsverein als Pate an der Wiege der Grokage stand. Wirtschaftliche Gesichtspunkte spielten eben- so mit wie der Spaß an der Freud.
Deutlich politischer wurden die Umzüge in der NS-Zeit geprägt. Die schließlich straffe Durchsetzung der NS-Ideologie, die die Fast- nacht als urgennanisches Brauchtum ansah, förderte bei den Umzügen Themenwagen, die unliebsame Personen wie den SPD-Reichs- tags abgeordneten Ludwig Marum oder Per-
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sonengruppen - insbesondere Juden - denun- zierten und verächtlich machten. Hier schreibt Pretsch vorsichtig abwägend, und der Leser erschrickt über die Verkehrung, die das Kri- tikinstrument Fasching in dieser Zeit erlebt. Pretsch beendet die Karlsruher Fastnachts- geschichte 1969 und zurück bleibt der Wunsch, öfter in dem reich bebilderten Band zu blättern. Clemens Rehm
Hermann Ebeling, Karlsruhe - Ein Fä- cher der Möglichkeiten. G. Braun Verlag, Karlsruhe, 2. Aufl. 1995, 108 S., DM 39,80
Der "Ebeling" des Braun-Verlags ist schon ein Standardwerk geworden, das nun in einer weiter entwickelten Auflage als Geschenk- und Erinnerungsband seine Interessenten fm- den dürfte. Blickt man auf die 1988 erschie- nene Ausgabe " Karlsruhe - Stadt zwischen Reißbrett und Phantasie" zurück, so handelte es sich damals um einen großformatigen, 180 Seiten umfassenden Band, in dem zum deut- schen Text im gleichen Umfang die englische und französische Übersetzung angeboten wurde.
Für die erste Auflage 1990 " Ein Fächer der Möglichkeiten" wurde, wohl aus Absatz- gründen, ein kleineres Fonnat mit rund 100 Seiten gewählt, wo einem neuen deutschen Text nur zwei Kurzfassungen in Englisch und Französisch auf jeweils zwei Seiten beigefugt wurden. 1992 erschien zwischendurch eine noch kürzere Ausgabe "Stadt der Perspekti- ven", die nur 60 Seiten wllfaßte, freilich jetzt schon vollständig mit Farbfotos ausgestaltet.
In der nun publizierten 2. Auflage des "Fä- chers der Möglichkeiten" sind die 29 schwarz- weißen Fotos von 1990 ausgeschieden, ob- wohl darunter sehr gelungene waren. Der heutige Käufer erwartet wohl alles Optische in Farbe, wobei auch diese Fotos vor allem
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dann einen ästhetischen Reiz ausstrahlen, wenn mit Unschärfe oder besonderen Licht- verhältnissen eine Stimmung beschworen werden soll in der an sich nüchternen Stadt- k-ulisse. Über die Auswahl der Fotos kann man im Einzelfall streiten; doch der gesamte Bestand von 94 Bildern hinterläßt schon einen umfassenden Eindruck, einmal von den historischen Bauten und der modernen Archi- tektur, zum anderen von Menschen, wie sie - auch - in dieser Stadt typisch sind.
Die relativ kurze Stadtgeschichte wird feuilletonistisch dargeboten ohne großes Zah- lenwerk, und auch hier soll das Atmosphäri- sche, das geistige Klima Karlsruhes eingefan- gen werden, so daß Text und Bild sich er- gänzen. Vergleicht man die verschiedenen Auflagen, erkennt man, wie die Zahl der Se- henswürdigkeiten zuninunt, z. B. mit der neu- en Stadtbibliothek im interessanten Neubau auf dem Standort des Ständehauses . So wird man wie bei einer weiteren Auflage sehen, daß ein Besuch Karlsruhes jedenfalls für jene sich lohnt, die nicht nur der Dienst in diese Stadt fuhrt. Leonhard Müller
"Für Baden gerettet", Enl'erbungen des Badischen Landesmuseums 1995 aus der Sammlung der Markgrafen und Großher- zöge von Baden. Hrsg. v. Harald Siebenmorgen, G. Braun Verlag, Karlsruhe 1996,342 S. , DM 38,-
Nachdem über die besonderen Umstände der Rettung badischen Kulturguts anläßlich der Versteigerung bei Sotheby's im Herbst 1995 genug berichtet wurde, interessiert nun die Bestandsaufnahnle, zu der der Direktor des Badischen Landesmuseums einen stattli- chen Katalog herausgegeben hat. Unter der Redaktion von Rosemarie Stratmann-Dähler sind Texte zusammengestellt worden, die mehr als nur Objektbeschreibungen bieten.
Brigitte Herbach-Schmitt erläutert so das Wesen einer Kunstkammer wie der badi- schen, die an furstlichen Höfen des Barock erstrebenswert waren, und 17 Angehörige des Museums beschreiben die einzelnen Expona- te wie auch jene zur Kunst- , Kultur- und Landesgeschichte, die nach Epochen geglie- dert sind. Neben der Redakteurin leitet Brigitte Heck speziell zu den Jubiläumsge- schenken ein, denen eine besondere Bedeu- tung zukommt. Unter ihnen findet man man- ches, was wahrlich nicht unserem heutigen Kunstempfinden entspricht, aber als Zeit- dokument um so wichtiger ist. Vom Holleben Friedrichs I. ist so viel schriftlich nicht auf- zufinden, weil es nach geordneten, fast bür- gerlichen Regeln verlief, ohne Skandale und Affaren.
Ergebenheitsadressen entsprachen der zeit- genössischen Form und waren nicht immer wörtlich zu nehmen. Die Anhänglichkeit der Bevölkerung an den liberalen, verbindlichen Fürsten und "seine Luise" zeigte sich aber in den z. T. aufwendigen Präsenten anIäßlich zahlreicher Jubiläen während der langen Regierungszeit. Gerade eine Bronze wie die von Herman Volz "Zeitgeist und Staats- schiff' 1896, von acht großen badischen Städten für viel Geld gestiftet und für viel Geld heute erworben, spiegelt wie kaum ein anderes Objekt das Staatsbewußtsein vor 100 Jahren wider.
Landesmuseen sind zwar auch Kunstkabi- nette - man denke an die zusätzlichen Tafeln zum Marienaltar von Salem, einem Höhe- punkt der Malerei zu Beginn des 16. Jhs -, sie sollen aber zudem Einblicke in Zeitver- hältnisse bieten, in deren Spiegel uns das Bild der Gegenwart deutlicher werden kann. Insofern bedeuten neben vielen Erwerbungen eines hochentwickelten Kunsthandwerks ge- rade die zahlreichen Dokumente des "Zeitgei- stes" eine zusätzliche Bereicherung der bis- herigen Sammlung.
Angesichts der besonderen Finanzresourcen fur den Erwerb ist dieser Katalog auch eine Reverenz gegenüber den zahlreichen Spen- dern, die mit großen und kleinen Gaben beitrugen, daß Kulturgut aus dem markgräfli- chen Haus "fur Baden gerettet" wurde.
In nobler Form wird all denen gedankt, die das Jahrhundertereignis nicht unberührt an sich vorbeiziehen ließen. Insofern wird der sorgfaltig erarbeitete und repräsentativ ge- staltete Katalog später als Quelle dienen, wie sich eine Gesellschaft gegenüber ihrer Ver- gangenheit in finan zschwachen Zeiten zu verhalten bemühte.
Leonhard Miiller
Dieter Vestner: Durlach im Wandel der Zdten. Eine Dokumentation in Wort und Bild. Eigenverlag, Karlsruhe 1995, 104 S. mit zahlreichen Abbildungen, DM 54,80
Einen "geschichtlichen und aktuellen Streifzug durch unser geliebtes Durlach" nennt Dieter Vestner arn Schluß sein Buch. Damit beschreibt er präziser als der Klap- pentext sein Vorhaben, denn dort ist - eher irreführend - von der Aufzeichnung der "Geschichte Durlachs", von "umfassender" Information "über die Geschehnisse und die Entwicklung der alten Markgrafenstadt" die Rede. Der Streifzug durch Durlach ist mit zahlreichen aktuellen Bildern versehen, die der Autor zumeist selbst aufgenonunen hat. Ergänzt werden sie von einigen historischen Bildern und Fotografien.
Vestner gliedert seinen Streifzug in sieben Kapitel. Er beginnt zunächst mit sehr knappen Hinweisen zur Geschichte Durlachs, wobei die verbrecherische Naziherrschaft keine Erwähnung findet. Darin spiegelt sich weit- gehend die Forschungslage zur Geschichte Durlachs wider. Wer neue Forschungsergeb-
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nisse zur Geschichte Durlachs erwartet, muß sich daher bis zum Erscheinen der Stadtge- schichte im September 1998 gedulden.
In den folgenden Kapiteln fuhrt Vestner seine Leser und Leserinnen zu Gebäuden der Altstadt, erläutert Industrie und Verkehr, zeigt Denkmäler, Brunnen und Plätze sowie Kirchen, Friedhöfe und Grünanlagen, streift dann durch das neue Durlach und stellt abschließend Gesellschaft, Kultur und Verei- ne vor. Diese Streifzüge versieht Vestner - manchmal mehr, manchmal weniger - mit Hinweisen zur Geschichte von Gebäuden und auf vergangene Ereignisse, so daß sie fast schon Beschreibungen historischer Stadt- spaziergänge sind.
Eine in Einzelfallen subjektiv erscheinende Bildauswahl und die irrtümliche Vorverle- gung des ersten Altstadtfestes von 1977 auf 1975 tun der Liebeserklärung eines Dur- lachers an seine Heimatstadt keinen Abbruch. Wer den Band zur Hand nimmt, wird Vestners Zuneigung zu Durlach verstehen, wenn nicht teilen. Man/red Koch
Reiner Haehling von Lanzenauer: Düstere Nacht, helliehler Tag. Erinnerungen aus dem 20. Jahrhundert. Badenia Verlag, Karlsruhe 1996, 165 S., DM 29,80
" Das Verfassen von persönlichen Memoi- ren ist eine Angelegenheit berühmter oder bekannter Leute." Einspruch Herr Staatsan- walt, möchte man aus der Sicht der Lokal- und Regionalgeschichtsschreibung Haehling von Lanzenauer zurufen. Denn wie die "große" Geschichtsschreibung bedarf auch sie zu einer lebendigen und plastischen Darstellung der Lebenserinnerungen von Menschen, die Geschichte, wenn auch nicht gestaltend, so doch bewußt erlebt haben. Von Lanzenauer gehört der on zitierten Flakhelfergeneration
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an, die gegen Ende des Krieges aus der Schule herausgerissen und in die FlugabwehrsteI- lungen kommandiert wurde. Nach dem Krieg gehörte sie zu denen, die nach den Erfah- rungen der Diktatur und des Krieges bewußt fur eine friedliche, freiheitliche und demokra- tische Staatsordnung eintraten.
Der Zeitraum, den der Autor behandelt, er- streckt sich, da er auch die bildungsbür- gerlichen Wurzeln der Familie vorstellt, vom 19. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Zeit der Nazidiktatur und der Nachkriegszeit. Kurz aber prägnant schildert von Lanzenauer die behütete Kindheit in Karisruhe, das durch Denunziantentum gefahrdete Alltagsleben im Dritten Reich, die Indoktrination durch Schule und HJ, der die Eltern gegensteuer- ten, die Erfahrung des Judenpogroms 1938, die zwangsweise Rekrutierung als 15jähriger zum Flakeinsatz 1943 und die Lazarett- gespräche über die Geschehnisse des 20. Juli 1944.
Mit 17 Jahren wurde dem Autor das ganze Ausmaß der Verbrechen des NS-Deutschland und die den kommenden Generationen damit aufgeladene moralische Schuld bewußt. Mit dem Kriegsende, das der Autor in Baden- Baden erlebte, entstand die aus der Besat- zungspolitik resultierende Not, aber auch die beginnende Versölmung mit den Franzosen, die er aktiv gefordert hat. Die Problematik der Entnazifizierung, die Karrieren hochgestell- ter Nazis in der jungen Demokratie nicht verhinderte, beschäftigt ihn im weiteren Verlauf seiner Erinnerungen ebenso wie die Ermittlungen und Prozesse gegen nationalso- zialistische Gewaltverbrecher, in denen er als Staatsanwalt tätig wurde. Aus dem Berufsle- ben wird zudem mancher spek-takuläre Fall wie der des "Monsieur X" oder des promi- nenten Baden-Badener Juwelenräubers - hier kritisiert Haehling von Lanzenauer die Höhe des Urteils - erinnert. Viele Begegnwlgen mit
bekannten Persönlichkeiten aus Kunst und Politik werden skizzenhaft geschildert. In großer Dichte, aber dennoch immer flüssig geschrieben, werden auch die 68er-Bewe- gung, die Asylpolitik oder die Wiedervereini- gung gestreift. Von deutlicher Sprache sind die Feststellungen des ehemaligen Staatsan- walts zur Bildung des Südweststaates: Er spricht vom "Verfassungsunrecht von 195 II 52", von einer " in der deutschen Geschichte einmaligen Abstimmungsverschleppung" bis 1970 und von der Bitterkeit, die "Zentralisie- rung, Fusionszwänge und einseitige Personal- politik in den Herzen der Badener" zurück- lassen.
Breitgefacherte Erinnerungen, sachliche Darstellungen und deutliche Wertungen er- lebter Zeitgeschichte machen diesen kleinen Band zu einem lesenswerten Kaleidoskop des Geschehens am Oberrhein in diesem Jahrhun- dert. Manfred Koch
Die elektrisierte Gesellschaft. Bearbeitet von Gisela Grasmück, Badisches Landesmuseum - Badenwerk, Karlsruhe 1996, 230 S., DM 28,-
Das Thema ist doppeldeutig. Die Elektrizi- tät "elektrisierte" in der Tat die Gesellschaft, machte die Nacht zum Tag, schuf neue in- dustrien und Berufe und öffuete damit neue Horizonte. Der Band ist zugleich Festschrift fur das 75jährige Badenwerk, das den damit verbundenen Ausstellungskatalog großzügig gestaltete. Die Bearbeiterin hat kundige Mit- wirkende gefunden, die Technikgeschichte verständlich darstellen können, und das nicht nur im chronologischen Abriß, sondern auch in Spezialthemen wie "Der elek1:rische Landwirt", "Frauenarbeit unter Strom - Bü- roarbeit im Wandel vom Kontorbuch Zunl Computer" oder "Von der Elektrisiermaschi- ne zur Elektrotherapie - Eine kurze Ge-
schichte der Elektromedizin". Der Aspekt "Elektrizität und Kunst" zeigt z. B. , daß es sich hier um ein besonderes kulturgeschichtli- ches Phänomen handelt, das in seinem Variantenreichtum Ausstellung wie Katalog widerspiegeln. Dabei bleibt auch die Politik nicht ausgespart, und zwar nicht nur im Kapitel "Badenwerk in dunkler Zeit", also unter dem NS-Regime; auch zu propagandi- stischen Effek1en diente die Elek1rizität, ob zur nationalen Darstellung auf Weltausstel- lungen oder als Lichtdom bei Nürnberger Reichsparteitagen.
Bei der reichen farbigen Bildausstattung sei besonders auf das Plakat hingewiesen, das flir die "Elektrische Ausstellung Karlsruhe" vor ca. I 00 Jahren warb (siehe S. 238). Es zeigt, daß auch kleinere Städte sich bemühten, die Fockel des großen Fortschritts in ihr lokales Gewerbe zu tragen. So kann wohl die jeweils als junge Frau symbolisierte Elektrizität auf dem rollenden Rad der Technik gedeutet wer- den, wobei freilich als Stromquelle kein Kraftwerk, sondern die Sonne dient.
Natürlich wird dem Alltag ein besonderer Platz eingeräumt. Bis vor 150 Jahren kochte man über offenem Feuer oder in schwelender Glut, eine schmutzige, langwierige und zugleich gesundheitsschädliche Arbeit, heute allenfalls in der Freizeitatmosphäre noch ro- mantisch verklärt. Und unser Blick auf ma- lerische Burg- und Schloßküchen erfaßt nicht die harte Arbeit vorwiegend der Frauen, die hier die Nahrung zubereiteten. Nicht zuletzt hat die Elek1rifizierung des Haushalts dazu beigetragen, daß Frauen andere Berufe als den der Hausfrau ergreifen konnten, da die Hausarbeit von verschiedenen Mitgliedern mitgetragen werden kann. So verfugen heute in den Haushalten z. B. 98 % über einen Kühlschrank, 97 % über ein Bügeleisen, 92 % über eine Waschmaschine. Die Zusam- menarbeit von Industrie und Landesmuseum wirkt sich an diesem Thema sehr fruchtbar
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aus und dient nicht nur dem üblichen Spon- soring. Der schier nicht absehbare Verwen- dungsnutzen der Elektrizität macht Lesern wie Ausstellungsbesuchern bewußt, daß das uns heute Selbstverständliche neu registriert werden muß, im Wirtschaftlichen, Sozialen wie im Kulturellen, und daß die politische Diskussion um Energiegewirmung und - nutzung kein Randproblem ist, sondern in die Mitte von Beruf und Alltag fuhrt. Der preiswerte Band unterscheidet sich insofern von den üblichen Selbstdarstellungen und bietet weit mehr als eine reine Firmenge- schichte. Leonhard Maller
Erich Lacker: Zielort Karlsruhe. Die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg. Mit einer Photo dokumentation zur Zerstö- rung der Stadt im Zweiten Weltkrieg von Manfred Koch. Veröffentlichwlgen des Karlsruher Stadt- archivs Bd. 18, Badenia Verlag, Karlsruhe 1996, 232 S., DM 49,80
Mit seinem Buch zieht Erich Lacker die Swnme einer langjährigen intensiven Bemi:- hung um das Thema; eigenes Erirmern, das Befragen von Zeitzeugen, die Auswertung von Material aus einer Vielzahl von Archiven und das Heranziehen einer beeindruckenden Literaturfulle dienten als Grundlage fur die minutiöse Darstellung einer Zeitsparme, in der sich das Gesicht Karlsruhes tiefgreifend veränderte. fleiß und Gewissenhaftigkeit des Autors spiegeln sich auch im Vnuang des An- merkungsapparats. Charakteristische Merk- male der Darstellung sind die persönliche Betroffenheit des Autors - Karlsruher des Jahrgangs 1930 - , seine naturwissenschaftli- che Kompetenz, dank derer meteorologische, geologische, physikalische und technische Aspekte des Phänomens Luftkrieg ihren gebührenden Rawn erhalten, sowie nicht
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zuletzt die christlich geprägte Weitsicht, mit der Lacker dem heillosen Geschehen gegen- übertritt, das als Folge der nationalsozialisti- schen Politik auch und besonders über Karlsruhe hereinbrach.
Ausgehend von der Beobachtung, daß Karlsruhe in der Geschichte des Luftkrieges eine besondere Rolle spielte, zeichnet der Au- tor diese Geschichte bis in den 2. Weltkrieg hinein nach, um darm die Luftangriffe, denen Karlsruhe ausgesetzt war, detailliert darzu- stellen. Damit wird ein Zeitraum abgedeckt, der mit dem Abschuß einer französischen Aufklärungsmaschine über KarIsruhe am 8. September 1939 begimll wld mit dem letzten (mißlungenen) Groß angriff auf die Stadt am 2. Februar 1945 bzw. mit den fortgesetzten Jabo-Angriffen bis zur Besetzung Karlsruhes am 2. April 1945 endet. Lacker gliedert seine Darstellung nach Jahren und ordnet das Karlsruher Luftkriegsgeschehen ein in die Entwicklung der militärischen Gesamtlage - hier hätte sich stellenweise eine Straffung angeboten - sowie der Waffen-, N avigations- und Flugzeugtec\mik. Fragen der Luftkriegs- strategie und -taktik wird gebührender Rawn gewidmet. Die Stichworte Luftabwehr, Brand- bekämpfung, Schadensbehebung wld Hilfs- maßnahnlen bringen die Perspektive der von den Angriffen betroffenen Menschen ins Spiel , wobei auch die Rolle der NS-Institu- tionen zur Sprache kommt; da hätte man sich in diesem Bereich mehr Ausführlichkeit vor- stellen können. Jenseits der nüchternen Be- schreibung wld schieren Statistik erschließen besonders h~rausgehobene Zeitzeugen berichte sO\vohl das Leid als auch die wlgeheuren Leistungen, die von einzelnen angesichts der unvorstellbaren Not erbracht wurden.
In seiner Schlußbetrachtung widmet sich der Autor der heiklen Frage nach der moralischen Wertung der "Terrorangriffe" gegen Städte und ZivilbevölkefWlg. Er konnut dabei zu der wichtigen Feststellwlg, daß hier eine Enl\,"ck-
lung auf die Menschen in Deutschland zu- rückschlug, die von Deutschland ihren Aus- gang genommen hatte und von der deutschen Propaganda entsprechend begleitet worden war.
Die Darstellung der Schäden, die der Luft- krieg im Stadtgebiet Karlsruhes verursachte, wird durch eine Reihe sorgfaltig und über- sichtlich erstellter Kartenbeilagen ergänzt und veranschaulicht. Ein Ortsregister er- schließt den Darstellungstei\. Angeschlossen ist ferner eine sehr nützliche "Dokumentati- on", die in tabellarischer Form alle 135 ge- zählten Luftangriffe verzeichnet mit Angaben u. a. über jeweilige Dauer von Alarm und Angriff, die Zahl der Flugzeuge, Abschüsse, abgeworfenen Bomben und der Bevölkerungs- verluste, die besonders betroffenen Stadtteile.
Manfred Koch hat dem Buch eine "Photo- dokunlentation" von nahezu 95 kommentier- ten Photos, hauptsächlich aus den Beständen des Stadtarchivs und der Landesbildstelle Baden, beigegeben. Ein Teil dieser Photos, die teilweise unter Umgehung des Verbots, Luftkriegsschäden abzulichten, entstanden sind, werden hier erstmals veröLTentlicht. Die Aufnalmlen belegen das Ausmaß der Verän- derungen im Stadtbild, die der Luftkrieg ver- ursachte wld sind ferner beeindruckende Zeugen daflir, wie der Luftkrieg "weitab von der Front, Frauen, Kinder und Greise zu Kriegsteilnelunern machte".
Zusammenfassend: ,,zielort Karlsruhe" ist ein Werk, das ein weites Publikunl anspricht. Es erlaubt die seimelle Infornlation, es bietet solide Darstellung, es öffnet Wege zu vertiefender Forschung und leistet eindrucks- volle Veranschaulichung. Mit seiner War- nung vor den Folgen politischer Gedankenlo- sigkeit weist das Buch über den lokalen und regionalen Rahmen hinaus. Es sollte deshalb viele Leser und Besitzer finden .
Rainer Glitjahr
Susanne Asche, Olivia Hochstrasser: Durlach, Staufergründung, Fürstenresi- denz, Bürgerstadt. Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtar- ehivs Bd. 14, Badenia Verlag, Karlsruhe 1996,558 S., DM 62,-
Aus Anlaß des Stadt jubiläums Durlach erschien diese repräsentative Stadtgeschich- te. Die beiden Verfasserinnen sind ausgewie- sene Fachkräfte. Susanne Asche hat bereits eine Geschichte der benachbarten Gemeinde Grötzingen vorgelegt. Es war richtig, die Ar- beit zwei nicht in Durlach ansässigen Histo- rikerinnen anzuvertrauen. Sie gingen vorur- teilslos an ihre Arbeit heran und hatten keine Scheu, mit Legenden aufzuräumen. Der Orts- name Durlach ist nicht keltischen Ursprungs, u,.d eine früher in das Jahr 1161 datierte Urkunde, in der der Name Durlach erstmals auftaucht, ist nach Ausweis der Namen und der Zeugenreihe,. eindeutig erst 100 Jahre später anzusetzen. Offen bleibt allerdings ob nicht schon vor der Ersterwähnung von 1196 eine Siedlwlg bestand, von der es archäo- logische Spuren gibt. Dies würde auch erklären, daß für die Neugründung genügend Bewohner da waren und man nicht mit einem kleineren Grundriß der ersten Anlage reclUlen muß.
Die Staufergründung Durlach hatte nie die Chance, Reichstadt zu werden, da sie schon 1219 in die Hände der Markgrafen von Baden kam. Lange Zeit blieb Durlach eine Klein- stadt, an der die Hauptstraße aber vorbeizog und nur durch einen kleinen Umweg durch das Basler Tor hinein und nach einem Knick durch das Blumentor wieder hinaus an den Hauptverkehrsweg angebunden war. Die Verlegung der Residenz von Pforzheim nach Dllriach (1563) ist weniger der damaligen Größe Durlachs zu verdanken als der Tat- sache, daß es viel zentraler im Herrschafts- gebiet der Markgrafen von Baden lag. Die
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Entwicklung als aufblühende Residenz wurde 1689 jäh unterbrochen, als französische Truppen die Stadt in Schutt und Asche legten und Markgraf Karl Wilhelm, kaum war der Neubau eines Stadtschlosses begonnen, dem Zug der Zeit folgend, sich eine neue Residenz im nahen Hardtwald baute: Karlsruhe.
Ein Schwerpunkt der Darstellung liegt im 19. und 20. Jahrhundert. Dies ist verständlich, denn die bisher vorliegende, veraltete Ge- schichte Durlachs von Gustav Fecht aus dem Jahr 1869 spart diese Jahrhunderte ganz aus. Aber gerade jetzt kann die Darstellung in die Breite gehen und das Leben der Bewohner, ihre zahlreichen Vereine und kleinen Vergnü- gungen einbeziehen. Wer wußte schon, daß Durlach bereits vor dem Ersten Weltkrieg ein Schwimmbad mit vorgewärmten Wasser besaß und in der Weimarer Republik eine politische Gruppierung, der vor allem Frauen angehörten (Kommunale Volkswirtschafts- partei). Das Buch ist reichlich bebildert und durch drei Register erschlossen, die von drei verschiedenen Verfassern stammen, was wahrscheinlich auf Zeitdruck bei der Abfas- sung zUfÜckzufuhren ist. DelUl die Register sind nicht gut aufeinander abgestimmt. Daß die Gastwirtschaften im Sachindex und noch ausfUhrlicher im Orts index vorkommen, ist bei einer lebenslustigen Weinbaugemeinde noch verständlich; wieso das Gefangnis und die Hardtwald-Orte, die Fabriken und die Leih- und LesebiblIothek aber Sachen sind, bleibt unverständlich. Die Register berück- sichtigen offensichtlich auch nicht die Bildunterschriften. Wer sich, angeregt von dem Bild auf Seite 361 , fUr das Schwimmbad interessiert, sucht vergeblich das Stichwort Schwimmbad in den Registern. Erst wer herunlblättert, stößt 42 Seiten vorher auf einen kurzen Text, der auch den ursprüngli- chen Namen " Luft- wld Schwimmbad" verrät und daher unter 'L ' im Orts index steht. Nur, wer sucht schon unter ' L' ? Die Anhänge
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geben Auskunft über die Durlacher Vereine, die Gasthäuser und Bierbrauereien, Straßen- umbenennungen, die Schultheißen, Bürger- meister, Stadtamtsleiter und Ortsvorsteher sowie die Bevölkerungsentwicklung. Ein kur- zes Glossar erläutert die Fachausdrücke.
Trotz dieser Flüchtigkeiten im Detail ist das Buch ein gelungener Wurf. Die Autorinnen haben es verstanden, ein wissenschaftlich fundiertes Werk so zu schreiben, daß es jeder versteht und mit Gewinn und Genuß lesen kann. Wer in letzter Minute noch auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk ist, sollte an dem Buch nicht vorbeigehen.
Gerhard Kaller
Elga Roellecke: Wasser und Straßen, Quellen und Wege. Chronik Wolfarts- wcicr. Hrsg. v. Verein für die Geschichte von Wolfartsweier, Heft 2, Karlsruhe 1996, 219 S., DM 27,-
Mit diesem Heft geht das Projekt Wolfarts- weier Ortschronik - nach dem erfolgreichen Verkauf des ersten Buches, dessen Herstel- lung durch die fmanzielle Unterstützung der Stadt Karlsruhe gesichert worden war - in die zweite Runde. Dieser und die folgenden Bände sollen durch den Erlös der jeweils letzterschienenen Teilc1lronik finanziert wer- den; ein Konzept, das bislang durch das gro- ße Interesse der Wolfartsweierer an illrer Ge- schichte tragfahig scheint. Die einzelnen Tei- le der Ortsgeschichte,jeweils von einem Ver- fasserleiner Verfasserin verantwortlich bear- beitet, stellen die "politische Entwicklung" , "das soziale Leben" und - wie der vorliegen- de zweite Teil - "das Dorf und seine Umge- bung" vor. Nachdem Elga Roellecke bereits den ersten Band zur Munitionsfabrik "Zünd- hütle" vorgelegt hat, ist sie nun auch flir die- ses zweite Heft verantwortlich.
Der erste Teil (Kapitel 5 von Band Il der Ortschronik), überschrieben mit "Der Wetter- bach, das Bnmnenwesen, die Wasserversor- gung und das Schwimmbad", listet auf mehr als 80 Seiten chronologisch geordnet vieles auf, was zu diesem Thema an Quellen in den verschiedenen Archiven zu finden war. Die interessierten Leserinnen und Leser erfahren von den Problemen, die die Naturgewalten des Wassers im Laufe der Jahrhunderte im- mer wieder flir die Dortbewohner darstellten. So brachte etwa ein großes Unwetter im Jahr 1837 Wolfartsweier an den Rand des Ruins, und nur mit großem Einsatz der meist armen bäuerlichen Bevölkerung und mit Hilfe von Spenden aus ganz Baden konnten die ent- standenen Schäden nach und nach behoben und die zerstörten Häuser wieder aufgebaut werden. Das von der Autorin aufbereitete Material läßt auch die Schwierigkeiten einer gerechten Verteilung der Hilfsgüter und die Konflikte zwischen arm und reich im Dorf erahnen.
Wasser und Wasserwege konnten jedoch auch militärischen Zwecken dienen. Als wäh- rend des polnischen Erbfolgekrieges Reichs- truppen am 10. Juni 1734 durch eine künstli- che Überschwemmung eine riesige Fläche zwischen dem Rüppurrer Wald, Ettlingen und den Wiesen in Richtung Gottesaue unter Was- ser setzten, um die in der Festung Philipps- burg lagernden Franzosen am Vorrücken ge- gen die Ettlinger Linien zu hindern, sorgte dies auch in Wolfartsweier fur Unruhe in der Bevölkerung, die um ihre Ernte fUrchten muß- te.
Ein weiterer Aspekt, der sich dem aufmerk- samen Leser aus der Fülle des aufgeflihrten Materials erschließt, ist das, was wir heute Umweltprobleme nennen würden. Sauberes Trinkwasser und eine geregelte Abwasser- entsorgung beispielsweise wurden auch in Wolfartsweier mit wachsender Einwohner- zahl gegen Ende des letzten Jahrhunderts als
wichtige Voraussetzungen fur die Gesund- heit der Dorfbewohner erkannt. Doch die Fra- ge, wer wieviel daftir zu bezahlen hatte, und in wessen Verantwortung die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur lag, war im- mer wieder umstritten.
Daß der technische Fortschritt Folgepro- bleme mit sich bringt, mußten und müssen die Wolfartsweierer Bürgerinnen und Bürger nicht nur bei den "Wassernöten" zur Kennt- nis nelunen. Auch die Straßen, denen sich, unter anderem, das Kapitel 6, "Wege, Stra- ßen und Brücken, Post und Verkehr", auf mehr als 100 Seiten widnlet, sind ein Thema, das in Wolfartsweier bis heute nichts an Bri- sanz verloren hat. Waren es in früheren Jahr- hWldertcn de Auseinandersetzwlgen zwischen herrschaftlichen, militärischen und den Inter- e~senten der Dorfbewohner, wenn es um die Fragen von Instandhaltung oder von Weg- gebühren ging, so müssen die Wolfartswei- erer heute feststellen, daß die ungebremste Mobilisierung ihren Preis hat, wie die immer noch andauernden Auseinandersetzungen um eine Orts umgehung fur die B3 zeigen.
Dieser zweite Band der Ortsgeschichte Wolfartsweier bietet, was hier nur angedeu- tet werden konnte, eine Fülle von Details zu den oben genannten Themen, wobei an man- chen Stellen eine größere Straffung und der Versuch einer Einordnung in größere regio- nal- und allgemeingeschichtliche Zusammen- hänge wünschenswert gewesen wäre.
Ufe Grall
Ernst 0110 Bräunchcffhomas Schnabel (Hrsg.): Die Badische Verfassung von 1818 Verlag Regionalkultur, 76698 Ubstadt-Wei- her, 1996, 80 S., DM 24,-
Das Gebäude an der Ritterstraße neben St. Stephan nannte man " Ständehaus"; das darin tagende badische Parlament hieß "Stände-
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versammlung". Aber in der zweiten Kammer dieses Parlaments saßen keine Vertreter ver- schiedener Stände, sondern Abgeordnete des ganzen Volkes, die nach gleichem Wahlrecht der volljährigen Bürger bestinmlt wurden. Dies war einzigartig in allen deutschen Staa- ten, und insofern stand in der Fächerstadt die Wiege der parlamentarischen Demokratie Deutschlands. Das 1822 im klassizistischen Stil errichtete Ständehaus - ältestes deutsches Parlamentsgebäudc - wurde wie fast die ge- samte Innenstadt im Bombenkri eg 1944 sclnver getroffen und fi el ei ner späten Trüm- merbeseitigung 196 1 zum Opfer. 1993 weih- te die Stadt auf einem Teil des Geländes das "Neue Ständehaus" ein, welches die Stadtbi- bliothek und eine Erinnerungsstätte beher- bergt. Mit dem Einzug in dieses neue Haus verband sich die 175-Jahr-Feier dcr badi- schen Verfassung von 1818. Aus diesem An- laß fand ein wisscnschafili ches Symposium statt , das in vorliegendem Band dokumentiert ist.
Den wichtigsten Inhalt des reich illustrier- ten Buches bilden drci Vorträge, die ein über- aus anschauliches lmd vielseitiges Bild der badischen Politik und Volksvertretung im 19. Jahrhundert ergeben, eingebettet in die allge- meine hi storische Entwick lung. Elisabeth Fehrenbach erklärt die Verfassung von 181 8 aus der Lage des neu entstandenen Großher- zoglums, das seine Bürger gewinnen mußte. Sie analysiert die ersten Wahlen von 181 9 wld belegt die maßgeb liche Mitwirkung wei- tester Volkskreise. Paul Nolte schildert die badische Verfassungskultur im Vormärz. Er betont die ungeheure Popularität dcr Verfas- sung, deren 25jähriges Bestehen 1843 in ge- radezu kultischen Fonnen begangen wurde. Daran anknüpfend wagt er den Ausblick auf die Gegenwart mit dem Bundesverfassungs- gericht in Karlsruhe. Auch Hartwig Brandt, der sich mit Baden vor der Gründung des Deutschen Reiches von 187 1 befaßt, baut die
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Brücke zur aktuellen Politik, indem er die Wende von 1866 mit der von 1989 vergleicht. Beide Ereignisse brachten, so sieht er es, den Abschied aus einer abgeschirnlten Idylle und den Übergang auf das wei te Feld realer Machtpolitik . Aus dem GeOecht politischer und sozialer Kräfte sowie dem Wirken ein- zelner Persönlichkeiten in Baden vor 1866 macht cr verständlich, warum sich hier er- staunlich früh eine rechtsstaatliche Kontrolle der Verwaltung und vor allcm ein Ministeri- um aus der Mitte des Parlamcntes entwickeln konntcn. Soll man diese Idylle vor der Wende als Glück in der Beschränkung interpretieren oder als Beschränktheit von Krähwinkel?
Das Bändchen zur badischen Vcrfasslmg bictet cine lohnende Lektlire, die zum Nach- denkcn anregt. Es ergänzt die 1993 erschie- nene unentbehrliche Gesamtdarstellung ,, 175 Jahre badische Verfassung" von Hans Fcnskc. Zusätzlich enthält das Buch eine Eillfühnmg in die Gedenkstätte dureh den Leiter des Karlsruher Stadtarchivs Ernst OUo Bräunche und eine Betrachtung zur Lage des deutschen Föderalismus heute aus der Feder des Staats- sekretärs im Staatsministcriul11s von Baden- Würtlemberg Lothar Menz.
Klaus Oeslerle
Rolf-Hcincr Bchrcnds (Hrsg.): Faustkeil - Urne - Schwert. A rchiiologie in der Re- gion Karlsruhe. Badenia Verlag, Karl smhe 1996 , 208 S., DM 49,-
Die hier anzuzeigende Veröffentlichung schließt eine bisher immer wieder bedauerte Lücke im lokal- bzw. regionalgeschichtlichen Schrifttum. Sie versteht sich als " Handbuch" der Archäologie rur die Stadt und den Land- kreis Karlsruhe und einige angrenzcnde Rand- gebiete; wissenschaftl ich exakt erarbeitet, richtet sie sich an eine breitere interessierte
Öffentlichkeit und wird mit Sicherheit zum unverzichtbaren Handwerkszeug all derer gehören, die sich mit der Geschichte dieses Raumes befassen. Es ist das Verdienst des Herausgebers, ein kompetentes Autorenteam ftir die Bearbeitung der einzelnen Themenbe- reiche gewonnen zu haben; neben längst aus- gewiesenen Wissenschaftlern kommt eine Reihe junger Ur- und Frühgeschichtlicher bzw. Archäologen zu Wort. Der Titel des Buches umreißt die abgedeckte ZeitspaIUle, die von der Altsteinzeit bis zu den Merowin- gern reicht. Als bislang ältestes Zeugnis ftir das Auftreten des Menschen in der Region \\~rd ein mittelsteinzeitlicher Faustkeil aus den Grabungen in der Bruchsaler Flur "Aue" präsentiert - die alemannische bzw. merowin- gerzeitliche Siedlungstätigkeit hat die Wur- zeln eines Großteils der bis heute bestehen- den Orte gelegt.
Der Band gliedert sich in zwei Abteilun- gen. Abteilung I, Die "Vor- und Frühgeschich- te in der Region Karlsruhe", lenkt den Blick zunächst auf die erdgeschichtliche Entwick- lung des Rheingrabens sowie auf die Traditi- on der archäologischen Forschung in der Re- gion, um sich dann der Darstellung der ar- chäologischen Entwicklung in der genannten zeitlichen Umgrenzung zu widmen. Hierbei werden die archäologischen Befunde aus der Region in einen größeren Rahmen gestellt, Zusammenhänge aufgezeigt und damit an- hand der Funde die Vor- und Frühgeschichte des Karlsruher Raumes dargeboten. Das je- weilige archäologische Fundstück findet da- bei stets seine ihm zustehende Würdigung. Zahlreiche Karten, graphische Darstellungen, Tabellen, Zeitleisten, Photographien der Fun- de und Ausgrabungsplätze sowie Zeugnisse der Luftbildarchäologie unterstützen die Aus- ftihrungen und liefern wertvolles Anschau- ungsmaterial. Auf ein besonderes Interesse in dieser Abteilung dürfte nicht zuletzt die Prä- sentation der erst in den letzten Jahren er-
folgten Ausgrabung der jungsteinzeitlichen Siedlung im Bruchsaler Gewann "Aue" sto- ßen, die wichtige neue Erkenntnisse zur "Mi- chelsberger Kultur" beisteuerte, deren end- gültige Auswertung freilich noch zu leisten sein wird. In einer Zeit, in der die Umwelt- problematik stets ein Thema ist, müßten auch die Aussagen der Archäologen beachtet wer- den, denenzufolge die heutige Oberflächen- gestalt des Kraichgaus auf die Zerstörung des Waldes in bandkeramischer Zeit zurück- geht, die eine Bodenerosion stärksten Aus- maßes nach sich zog.
Teil II behandelt "Ausgewählte archäolo- gische Funde und FundsteIlen" in chronolo- gischer Abfolge. Die Funde werden beschrie- ben, in ihrer Bedeutung erläutert und einge- ordnet; diesen Zwecken dient auch die Be- schreibung der FundsteIlen. Die Erläuterung der Fundumstände liefert z. T. aufschlußrei- che Einblicke in die Alltagsarbeit der Ar- chäologen. Auch · hier sind Text und Abbil- dungen aufeinander bezogen. Ein Ortsregister erleichtert schließlich den Zugriff auf die ar- chäologisch gesicherte Vergangenheit des je- weiligen Ortes. Rainer Gutjahr
Rosemarie Stratmann-Döhler, Harald Sic- benmorgen: Das Karlsruhcr Schloß. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1996,72 S., 70 Farb- und s/w-Abbildungen, DM 28,-
An Literatur über Stadt und Schloß fehlt es nicht. Dennoch ist diese Publikation notwen- dig geworden, weil manche früheren Beiträ- ge veraltet erscheinen und wir heute in der Bildausstattung bessere Qualitäten erwarten.
Die beiden Autoren ergänzen sich gut in ihren Aufsätzen: "Schloßgründung und Bau- geschichte" und "Leben am Hof' von Rose- marie Stratrnann-Döhler sowie "Schloß und Stadtanlage" und "Das Schloß als Badisches Landesmuseum" von Harald Siebenmorgen.
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Endlich geistern nicht mehr die zahlreichen Anekdoten um die Gründung herum, und aus den "Tulpenmädchen" ist kein " Harem" ge- worden, was sonst andere Autoren trellich von einander abschrieben. Man erkennt so- gleich bei der Verfasserin das genaue Studi- um der Quellen, die dem Leser aber sehr ein- gängig nahegebracht werden. Es bleibt nicht bei Daten, Namen und Fakten; R. Stratmann- Döhler erläutert das Prinzipielle einer Resi- denz im 18. Jh., die Prägung fur die Stadt, weist auf sozialgeschichtliche Aspekte hin und erfullt die Darstellung mit Leben, was man an anderen kunsthistorischen Monogra- phien oft vermißt, wo alles nur zu Stein er- starrt zu sein scheint. Gerade die farbige Be- schreibung eines Tagesablaufs im höfischen Alltag hilft uns, die Gedankenwelt vergange- ner Jahrhunderte zu verstehen, in der politi- sche Entscheidungen heranreiften. Unter dem alternden Großherzog Friedrich I. wurde es stiller im Schloß, und Bälle fanden kaum statt, zumal die Großherzogin Luise einen glaubens- strengen Stil pflegte. Das Verhältnis zum Erbgroßherzog Friedrich war sehr herzlich, wie dessen Briefe an seine Eltern erkennen lassen, so daß das Verbleiben in seinem Pa- lais an der Kriegsstraße nach dem Tod seines Vaters 1907 wohl kaunl auf ein Zerwürfnis mit der Mutter schließen läßt. Die Druckfeh- ler bei den Todesjahren von Karoline Luise und Friedrich I. sollten in einer Neuauflage verbessert werden: Harald Siebenmorgen stellt Schloß- und Stadtanlage in den europäi- schen Kontext und hält sie fur den "bedeu- tendsten Beitrag des 18. Jhs. zur europäi- schen Stadtbaukunst". Das heutige Badische Landesmuseum wird nur kurz, aber einpräg- sani skizziert.
Ganz vorzüglich ist die Bebilderung gelun- gen, die vom Fördervercin des Generallandes- archivs Karlsruhe unterstützt wurde, der den Band als Jahresgabe seinen Mitgliedern ver- teilte. Manfred SchaelTer hat den Bauten und
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Plastiken einen Zauber verliehen, daß man sich in mediterrane Gefilde versetzt mhlt, von wo aus ja viele Ideen in den Schloßbau einströmten. Aber auch Robert Dreikluft sollte erwähnt werden, der diese lesenswerte Publi- kation gestaltete und dem der Braun-Verlag schon viele gute Bücher zu verdanken hat, die allein beim Durchblättern einen ästheti- schen Reiz ausmachen und selbst im !nternet- Zeitalter bestehen bleiben. Doch dies ist nicht nur ein Geschenkbuch; man gewinnt mit ihm einen neuen Kontakt zu Stadt und Schloß, und das ist viel.
Leonhard Milller
100 Jahre Bürgerverein Oststadt. Jubi- läumsbuch 1996. Hrsg. v. Bürgerverein der Oststadt e.v., Karlsruhe 1996, 176 S., DM 10,-
Von der Hirschbrücke zum ZKM. Hun- dert Jabre Bürgerverein der Südweststadt Karlsrube. Hrsg. v. Bürgerverein der Südweststadt e.V., Karlsruhe 1996, 299 S. , DM 35,-
Im vergangenen Jahr konnten zwei weitere Sürgervereine der Stadt Karlsruhe nach der Süd- und Weststadtl OOjähriges Jubiläum fei- ern. Diesen Jubiläen verdanken wir Ulnfang- reiche und lesenswerte Darstellungen der Ge- schichte der Oststadt Ulld der Südweststadl. Seide sind von Historikerinnen verfaßt wor- den und durch zahlreiche historische Fotos sehr anschaulich illustriert.
Ute Grau Ulld Annette Michel erläutern in vielen Facetten die Entwicklung der Oststadt. Sie wurde auf den ehemaligen großherzog- lichen Küchengärten und dem Militärareal der Kaserne Gottesaue als Wohn- und Indu- strieviertel fur eine sozial gemischte Einwoh- nerschaft geplant. In den 1880er Jahren be- gonnen, urufaßt der Stadtteil heute etwa das
Gebiet zwischen Kapellenstraße, Durlacher Tor, Friedhof, Neues Badenwerk-Gebäude, Bahnlinie und Kriegsstraße Ost.
Die Autorinnen schildern die bauliche Ent- wicklung im Überblick und geben dann in Einzeldarstellungen weitergehende Informa- tionen z. B. über das sehenswerte Ensemble der Jugendstilhäuser in der Melanchthonstras- se, über die drei Volksschulbauten und die Umwandlung des Viktoriapensionats in die Karlsrnher Kinderklinik. Über den Stadtteil hinaus weist die Bedeutung der Bernhardus- kirche, die 190 I zum Symbol der Aussöh- nung zwischen badischem Staat und katholi- scher Kirche nach dem erbittert geftihrten Kulturkampf wurde.
Spannend und aufschlußreich ftir die Ent- wicklung des Stadtteils aber auch der Gesamt- stadt sind die Abschnitte über die Industrie und die Infrastruktureinrichtungen, die den Strukturwandel der vergangenen 100 Jahre widerspiegeln. Traditionsreiche Firmen wie Haid & Neu oder Wolff & Sohn, die mit ihren Fabrikbauten zu den Gründern des Stadtteils gehörten, stellten in der Nachkriegs- zeit ihre Produktion ein, Gaswerk, Milch- zentrale (und bald auch der Schlachthof) wur- den aufgegeben.
Die Technologiefabrik, der Badische Ge- meindeversicherungsverband und das Baden- werk kamen bzw. kommen neu in den Stadt- teil. Ein Kapitel über das älteste Bauwerk des Stadtteils, Schloß Gottesaue, informiert über dessen wechselvolle Geschichte bis zur Einrichtung der Musikhochschule, mit der die Oststadt ein kulturelles Zentrum erhielt. Der Bürgerverein, dem ebenfalls ein Kapitel ge- widmet ist, hat sich lange und hartnäckig ftir den Wiederaulbau eingesetzt.
Die Geschichte der Südweststadt erzählt Ute Grau in chronologischer Folge und nicht wie im Oststadt-Buch themenorientiert in ein- zelnen Kapiteln. Dies macht zum einen die Vermittlung historischer Zusammenhänge
leichter, offenbart zum anderen aber auch, wo Lücken in der Überlieferung sind bzw. die ereignislosen Phasen der Entwicklung.
Die Bebauung der Südweststadt, die sich heute zwischen Kriegsstraße, Ettlinger Stra- ße, Hauptbahnhof und Beiertheimer Feld er- streckt, beginnt 1865. Die Verfasserin schil- dert anschaulich die Entwicklungsprobleme der Südweststadt: Die Notwendigkeit ständi- gen Geländeenverbs von Beiertheim, auf des- sen Gemarkung der Stadtteil wuchs, das all- mählich störende erste Karlsruher Industrie- gebiet zwischen Beiertheimer Allee und der späteren Karistraße und die Bahnlinien durch die spätere Mathy- und Jollystraße. Dem Bahnproblem verdankt der Stadtteil mit der 1891 errichteten Hirschbrücke sein Wahr- zeichen.
Zu dieser Zeit war das Stadtviertel ein bür- gerlich geprägtes Wohnquartier, das im Ver- gleich mit anderen Stadtteilen eine geringere Vereins- und Gasthausdichte aufzuweisen hatte. Zentrale Einrichtungen ftir die Stadt wie Stadtgarten und Festplatz werden ebenso behandelt wie etwa das Vincentius-Kranken- haus und der Konsumverein. Wie in der Ost- stadt stellt Ute Grau auch in der Südwest- stadt am westlichen Rand nach dem Krieg einen Struktunvandel fest. Im Beiertheimer Feld und auf dem Gelände der IWKA, vor 1945 eine der größten Rüstungsschmieden im deutschen Südwesten, entstanden Venval- tungs-, Schul-, und Krankenhausbauten, die Europahalle und die Günther-Klotz-Anlage. Über das ZKM, das im Herbst in den Hallen- bau A einziehen wird, hat dessen Leiter einen an die Südweststädter adressierten Beitrag geschrieben. Angehörige der Hochschule ftir Gestaltung, die dort ebenfalls residiert, ha- ben dem Buch ein besonderes graphisches Layout gegeben. Marthamaria Drützler-Heil- geist hat ftir das Buch sehr lesenswerte und informative, in der Regel biographische Er- läuterungen zu allen Straßennamen des Stadt-
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teils verfaßt. Die "bekeIUlende" Südwest- städterin Doris Lott steuerte drei Kurzge- schichten bei. Bürgervereine sind eine "Er~ findung" des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die im Dritten Reich verboten und nach 1945 wieder gegründet wurden. In bei den Bänden wird die Geschichte der jeweiligen Vereine und ihr Einsatz fur die Belange des Stadtteils gegenüber der Stadtverwaltung in Umrissen dargestellt.
Bei ihren Bemühungen, Quartierbewußtsein zu schaffen, bewegen sich die Bürgervereine auf einem schmalen Grat. Das machen so- wohl die Darstellungen der Historikerinnen wie die Geleitworte des Oberbürgermeisters deutlich: Es gelte, Stadtteilegoismen vorzu- beugen und den Blick fiir das Wohl der gan- zen Stadt zu wahren. Man/red Koch
Gerhard Kabicrske: Der Architekt Her- mann Billing (1867-1946) . Leben und Werk. G. Braun Verlag. Karlsruhe 1996, 335 S. , DM 79,-
Der Architekt Hermann Billing ist den mei- sten Karlsruhern zumindest durch die nach ihm benannte Straße am Festplatz bekannt. Manch einer kennt noch eines seiner Karlsru- her Hauptwerke, die Hofapotheke oder die Baischstraße. Kaum einem ist jedoch bewußt, wie stark Billings Handschrift besonders im Bereich der West- tmd Südweststadt noch heute das Karlsruher Stadtbild prägt.
Aber kann eine kunstgeschichtliche Dis- sertation dem Lebenswerk eines der bedeu- tendsten Karlsruher Architekten gerecht wer-
. den? Im Falle Hermann Billings ist dies si- cher die beste werkgemäße Perspektive, die denkbar ist. DelUl Billing, im JahrzelUlt vor dem 1. Weltkrieg einer der meistbeachteten deutschen Vertreter des Jugendstils, war vor allem Künstler, ein "Fassaden-Künstler" im
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besten Sinne. Nicht zufrillig ging er immer wieder geschäftliche Verbindungen mit an- deren Architekten ein, denn die technische Seite des Bauens war weit weniger seine Stär- ke, als es die Souveränität vermuten ließe, mit der er die Natursteinfassaden seiner Hauptwerke durchformte: Nicht nur in den von ihm allein geplanten Kopfbauten der Baischstraße am Kaiserplatz kritisierten die Bewohner den unvorteilhaften Schnitt der Wohnungen. Hermann Billings Interesse galt vor allem der Fornl, dem "Design" . Gerade deshalb sind auch die Verluste so schwerwie- gend, die den meisten seiner Bauten durch die Zerstörungen des 2. Weltkriegs und die meist wenig einftihlende Wiederherstellung der Nachkriegszeit zugeftigt wurden. Nur bei den wenigsten wird das schon auf den ersten Blick so deutlich, wie im Falle der "zersäg- ten Jungfrau", des bereits erwähnten Doppel- haustorsos am Kaiserplatz. Wie sehr die auf die Gesamtwirkung zielenden Elemente häu- fig fehlen , machen die sorgfriltig ausgewähl- ten Fotos aus der Entstehungszeit und die knappen Erläuterungen in der Werkübersicht deutlich. Wer sich ftir Karlsruhers Architek- tur interessiert, wird hier vorbildlich bedient und wünschte sich höchstens ein fahrrad- tauglicheres Fornlat ftir die anstehenden Ex- kursionen in die städtische Architekturge- schichte. Alexander Mohr
Gottfried Leiber: Friedrich Weinbren- ners städtebauliches Schaffen für Karls- ruhe, Teil!: D~e barocke Planung und die ersten klassizistischen Entwürfe Wein- brenners . G. Braun Verlag, Karlsruhe 1996, 400 S., 220 slw Abbildungen, DM 148,-
Ein Gesamtbild der Tätigkeit Friedrich Wein- brelUlers als Stadtplaner ftlr Karlsruhe - sein Wirken als Baumeister des Klassizismus ist
vielfaltig erforscht - ist das Ziel einer auf zwei Teile angelegten Abhandlung. Deren erster, jetzt vorgelegter Teil behandelt die barocke Stadtplanung und -entwicklung von der Stadt- gründung bis zu den ersten richtungweisen- den Vorstellungen Weinbrenners am Ende des 18. Jahrhunderts. Ganz unabhängig da- von, daß damit nur die Voraussetzungen für Weinbrenners Schaffen erläutert werden sol- len, bereichert der Autor damit die Stadt- geschichtsschreibung um ein grundlegendes Werk zur Stadtbaugeschichte im 18. Jd.
Auf der Grundlage ausgedehnter und sorg- faltiger Studien der Akten und Pläne macht Leiber den Lesern und Leserinnen sowohl die Rahmenbedingungen wie die EinzeIinteres- sen der am Planungsprozeß Beteiligten nach- vollziehbar. Zunächst schildert er die Stadt- planung aus der "Totalen" und unterscheidet vier Phasen: Planung und Bau von Schloß und Stadt bis zum Tod des Stadtgründers 1738, die stadtplanerische Stagnation bis 1764, dann die Entwürfe des langsam und schrittweise umgesetzten "Hauptplanes" der Stadtentwick- lung von 1764/1768 und abschließend die Überlegungen in den I 790er Jahren zur Stadt- erweiterung.
Überzeugend legt Leiber die Entstehung des typischen Karlsruher Grundrisses aus ei- ner zunächst nur als Jagdstern gedachten An- lage dar, die sich "als grundlegende Entwurfs- figur in allen Entwicklungsstufen behaupten konnte". So auch in dem "Hauptplan" von 1764/68. Hier sind die Erweiterung nach Sü- den, die Anlage eines Markt- und des Rondell- platzes sowie der heutigen Markgrafen- und Erbprinzenstraße festgelegt. Zu den Vorga- ben und Problemen dieser Entwicklung fur Weinbrenners Schaffen zählt Leiber u. a. den neuen Friedhof, der die Entwicklung im Osten hemmte, die Probleme des Geländeerwerbs von Beiertheim zum Bau der Kriegsstraße, die Größe der Baublöcke, die durch die Ver- längerung der Radialstraßen entstand, und den
Viehtriebweg von Beiertheim, der westlich der Waidstraße abweichend vom Strahlen- system der Straßen angelegt worden war. Aus ihm machte Weinbrenner die Akademiestraße, ein Faktum, das nur wenigen Spezialisten be- kannt sein dürfte. Vor allem aber war in der Stadt die" via triumphalis" nur in Ansätzen verwirklicht.
Spannend ist, wie Leiber in manchen Fuß- noten stadtgeschichtliche Details zurechtrückt. Wenn er aus vergleichendem Quellenstudium erschließt, daß der festliche Akt der Grund- steinlegung am 17. Juni 1715 so wie bisher überliefert nicht stattgefunden haben kann. Oder wenn er eher en passant den in jüngster Zeit vorgelegten "geomantischen" Interpreta- tionen der Stadtgründung und -gestalt rational überprüfbare Fakten entgegenhält.
N ach dem Blick aufs Ganze geht der Autor dann ins Detail, d. h. er verfolgt Planung und Ausbau von Teilräumen der Stadt. Hier er- fahrt man viele unbekannte Einzelheiten über die Straßen und Gassen. So auch, daß die Erbprinzcnstraße dem Verlauf eines lange exi- stierenden Weges folgte und der Symmetrie halber dazu die heutige Markgrafenstraße ge- plant wurde. Weiter werden Platzanlagen, da- runter ausfuhr lieh der Marktplatz und die Ide- en behandelt, auf denen Weinbrenner auf- bauen konnte. Stadttoren, Gartenanlagen, Be- gräbnisplätzen, Wasserwegen und Zimmer- plätzen sind weitere Kapitel gewidmet. Vier Exkurse u. a. zu den Leitideen und Vorbil- dern der Karlsruher Stadtgründung und zu "Klein-Karlsruhe" sowie häufig zitierte Do- kumente etwa zur Stadterweiterung von 1764/ 68 ergänzen die Darstellung, deren sach-, personen- und ortsorientierte Erschließung Register erleichtern. Es ist begrüßenswert, daß alle Erörterungen Leibers sich anband der 201 z. T. bisher unveröffentlichten Pläne oder Planausschnitte gut nachvollziehen las- sen. Daß man bei manchen Plänen zur Lektü- re die Lupe zu Hilfe nehmen muß, ist unum-
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gänglich, daß die Herstellungskosten trotz des hohen Verkaufspreises keine Farbabbildungen zuließen, ist bedauerlich. Gottfiied Leiber kermt als langjähriger stellvertretender Chef des Karlsruher Stadtplanungsamtes "das Span- nungsfeld zwischen Wünschbarem und Mach- barem" , in dem sich Stadtplaner zu allen Zei- ten bewegen. Aus historischer Erkenntnis und eigener Erfahrung - und die gilt wohl auch fiir die aktuellen Pläne zum Ausbau der "via triumphalis" - schlußfolgert er: "Die Karlsruher Stadtanlage entspricht weder von vornherein einer rein kiinstlerischen Idee, noch wird sie allein sonstigen Regeln untergeordnet. Sie ist eine Synthese der Vernwill nach Abwägung aller zum jeweiligen Zeitpunk1 wichtigen Ent- scheidungsbedingungen." Manfred Koch
Neues Bauen der 20er Jahre - Gropius, Haesler, Schwitters und die Darnmerstock- Siedlung in Karlsruhc 1929. Hrsg. v. Harald Siebenmorgen, Info Verlag, Karlsruhe 1997, 256 S., DM 48,-
Parallel zur Ausstellung über die Dammer- stocksiedlung, die noch bis 7. September im MuseunI am Markt zu sehen ist, hat das Ba- dische Landesmuseum einen Text- und Katalogband herausgebracht. In 14 Beiträ- gen wird der Leser ausHihrlieh über die Sied- lung und eine Vielzahl zeitgeschichtlicher Zu- sanunenhänge unterrichtet. Einleitend schreibt Brigitte Franzen, der auch die gelungene Aus- stellungskonzeption zu danken ist, über den Wettbewerb Dammerstock, den Inhalt des Ausschreibungstextes, die genauen Festlegun- gen für das "Neue Bauen", nennt die Betei- ligten und resümiert die Ergebnisse.
Die Reihe der Einzelthemen eröffnen Ernst Otto Bräunehe mit einer durch Zahlen beleg- ten Untersuchung über Wohnungsnot und Wohnungsmarkt in Karlsruhe in der Zeit von 1918 bis 1928 und Michael Ruck, der die öf-
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fentliche Wohnungsbauförderung eben jenes Zeitraums untersucht. Harald Ringler legt die bisher nicht bekannten Viten der an der Pla- nung und Realisierung der Dammerstock- siedlung mitwirkenden Karlsruher Politiker, Stadtplaner und Architekten offen, voran die des engagierten Baubürgermeisters Hermann Schneider. Den Wechselwirk'ungen zwischen Dammerstock und der Karlsruher Architek- tur geht Andreas Schwarting nach, und An- nemarie J aeggi versucht den Platz der Damm- erstocksiedlung im Werk von Walter Gropius zu bestimmen. Die Siedlungsbauten Otto Haeslers sind Gegenstand der Abhandlung von Simone Oelker, die auch eingehend des- sen Planungsziele, so entscheidend ,,kein raunl ohne sonne" erörtert. In ihrem zweiten Bei- trag diskutiert Brigiue Franzen über das Schaffen des Künstlers und Architektur- theoretikers Kurt Schwillers und seine typo- graphischen Arbeiten Hir Dammerstock. Der " Typenwohnung" sollen "TYP.ennlöbel" ent- sprechen: dieser Leitidee fiir Dammerstock widnlet Peter Schmitt u. a. seine AusHihrun- gen zur " Gebrauchtwolmung".
Besonderes Interesse verdienen der Auf- satz von Michael Peterek, ein Vergleich zwi- schen den Siedlungen Danmlerstock und Gar- tenstadt Rüppurr mit ihren unterschiedlichen städtebaulichen Ansätzen, nicht weniger die Darlegungen zum " Zeilenbau in den 20er Jah- ren und heute" von Günther Uhlig, Annette Rudolph-Cleff und Rob van Goal. Über die DammerstocksiedhUlg als Kulturdenkmal und die an den Bauwerken aullretenden Problemc Hir Denkmalschutz und Denkmalpflege be- richtet Konrad ~reyer, ergänzt durch die Schil- derung langjähriger Erfahrungen dortiger Be- wohner, die Bernhard Schnütt aufgezeiclmet hat. Und mit der Beschreibung eines CD- Rom-Projekts der Hochschule rur Gestaltung (Andrea Gleiniger) schließt die Reihe dcr überaus infornJativen Aufsätze.
Der Anhang: der Katalog der ausgestellten
Pläne, Fotos, Modelle und anderen Stücke sowie ein ausfiihrliches Literaturverzeichnis. Hervorzuheben bleibt das vorgelegte umfang- reiche Bildmaterial. Insgesamt: eine wichtige Veröffentlichung zur jüngeren Stadt- und Stadtbaugeschichte Karlsruhe, die als Anreiz dienen könnte, noch weitere Siedlungen der Stadt in ähnlicher Weise zu würdigen.
GOltfried Leiber
Fritz Ehret: Sozial bauen - Gesund woh- nen. 192 S., zahlreiche Schwarz-Weiß- und Farb- bilder. Für Nichtmitglieder erhältlich beim Mieter- und Bauverein, DM 30,-
Diesen ebenso anspruchsvollen wie ange- messenen Titel trägt eine Publikation, die zum 100jährigen Bestehen des Mieter- und Bau- vereins, Karlsruhe ältester Baugenossen- schaft, erschienen ist. Um dies gleich vorweg zu sagen: Dem Mieter- und Bauverein gelang mit seinem Jubiläumsbuch über die eigene Chronik hinaus eine hochinteressante Dar- stellung des historischen, stadtplanerischen und gesellschaftspolitischen "Umfelds", der letzten I 00 Jahre. Die Einbindung der Genos- senschaftsgeschichte in Karlsruhe, ja deut- sches Gesamtgeschehen ist demnach ein wich- tiges Merkmal dieses Buchs geworden. So- mit ist "Sozial bauen - Gesund wohnen" auch ein wertvoller Beitrag zur Stadtgeschichte.
Der Verfasser hat andererseits geradezu minutiös, dabei ungemein sparmend, die Ent- wicklung vom ursprünglich als " Mieter- Schutz-Verein" geplanten Verbund zu einem Großunternehmen geschildert, das heute ei- nen Bestand von über 6 500 Wohnungen vor- weisen kann. Dabei sind aus der Sicht der Karlsruher Bürgerschaft zwei Faktoren hoch anzurechnen. Zum einen der städtebauliche Beitrag des Mieter- und Bauvereins zum heu- tigen Gesicht der Stadt. Wobei, stellvertre-
tend, nur der sogenannte " Meidinger Block" auf dem Gelände des alten Bahnhofs, der sogenannte "Gottesauer Block" mit 429 Woh- nungen, das Hochhaus eingeschlossen, die Bebauung des Schnliederplatzes sowie die Rheinstrandsiedlung genarmt seien. Der zwei- te auJIallige Aspekt ist die - bis hin zur Miet- preisgestaltung erkennbare - soziale Kompo- nente der Genossenschaft.
Es gibt heute keinen Karlsruher Stadtteil, in dem der Mieter- und Bauverein nicht Zei- chen gesetzt hätte, die allerersten in der Süd- stadt-Ost (Ranke-, Scherr- und Sybelstraße), später in der Südweststadl. 1m "Dritten Reich" war der Siedlungsgedanke groß geschrieben. Die Abkehr von Blockbauten fuhrte zu der die frühe Rheinstrandsiedlung prägenden Ein-, Zwei-Familien- sowie Reihenl1äusern, eine später nicht wieder praktizierte Großzü- gIgkeit im Umgang mit teurem Bauland. Üb- rigens sollte diese Siedlung, wie Ehret re- cherchierte, nach .dem Wunsch NS-beflisse- ner Vorstandsmitglieder "Adolf-Hitler-Sied- lung" heißen. Gaulei ter Robert Wagner je- doch, aus welchen Gründen auch immer, un- tersagte diese Namensgebung.
Der lesenswerten Chronik entnimmt man, daß Firmen wie Junker & Ruh, Hammer & Helbling und die Brauerei Hoepfner zu den ersten Mitgliedern des Mieter- und Bauvereins gehörten oder daß Großherzog Friedrich l. und seine Gemahlin Luise der Genossenschaft schon bald nach der Gründung ein zinsgün- stiges Darlehen von 100 000 Goldmark ga- ben. Berichtet wird aber auch, daß die Do- mäne die Genossenschaft verpflichtete, den über 24 qm großen ehemaligen Gottesauer Exerzierplatz - fur 13,52 - in toto und mit der Auflage zu übernehmen, den heutigen Gottesauer Platz der Stadt kostenlos zu über- lassen. Dies, weil das Domänenamt sich mit der Stadt wegen des Preises ,,nicht rumbalgen" wollte... losefWerner
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Manfred Koch (Hrsg.), Auf dem Weg zur Großstadt, Karlsruhe in Plänen, Karten und Bildern, 1834-1915. Badenia Verlag, Karlsruhe 1997, 80 S., DM 25 ,-
Carolsruhe - der Name war Programm; der Stadtgründer, Markgraf Karl WilheIm, woll- te zunächst einmal seine Ruhe: Er ging Kon- flikten mit den Bewohnern des alten Residenz- städtchens Durlach aus dem Wege und such- te Raum fUr ein großzügiges Schloß. Er dürf- te kaum daran gedacht haben, daß die weite Ebene langfristig auch beste Chancen fUr die Entwicklung einer Großstadt bot. Der Hof reichte aber als Motor ftir einen raschen Auf- schwung nicht aus. Zudem liefen die Ver- kehrslinien im Osten und Westen vorbei, ohne die kleine Residenz zu berühren.
Die Vergrößerung des Landes zwischen 1771 und 1806 brachte zwar ein Anwachsen der Hauptstadt von etwa 4 000 auf 10 000 Einwohner, aber die Zahl 100000 und damit den Status einer "Großstadt" erreichte Karls- ruhe erst hundert Jahre später. Diese Ent- wicklung war weniger dem steigenden Personalbedarf von Ämtern und Militär zu- zuschreiben als der IndustTialisierung. 1838 erölfuete Baden die erste staatliche Eisen- bahn Deutschlands. Mit dem Anschluß an die Rheintalschiene im April 1843 konnte ftir Karlsruhe die Fahrt ins IndustTiezeitalter be- glllnen.
Das dadurch angestoßene Wachstum der Stadt dokumentiert der von Manfred Koch vorgelegte Katalog einer Ausstellung, die aus Anlaß des 81. Geodätentags 1997 im Neuen Ständehaus zu sehen war. Den Schwerpunkt bilden verkleinerte Wiedergaben von 31 Stadtplänen, Planausschnitten und Umge- bungskarten, denen Bilder markanter Bau- projekte und Stadtansichten beigeben sind. Zu jedem Kartenblatt wird von verschiede- nen Autoren eine archivalische Beschreibung
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geboten, der nützliche Erläuterungen des Kar- teninhalts folgen . Der Benutzer wird in den Stand gesetzt, sich die Stadtentwicklung Schritt fUr Schritt vor Augen zu fUhren . Be- sonders eindrucksvoll gestaltet sich die Infor- mation über die großen Projekte der Jahrhun- dertwende, den Rheinhafen und die Verle- gung des Hauptbahnhofes. Aufschlußreich ist die Momentaufnahme der Landtagswahl- ergebnisse von 1897. Weitere Karten geben Ausl"lIlft über die Verteilung der zahlreichen Gastwirtschaften von 1898, die Kanalisie- rung 1882 wld die Lokalbahnen 1911 .
Einen historischen Gesamtüberblick bietet die knappe und klare Einftihrung des Heraus- gebers. Ein Aufsatz von Joachim Neunlann verhilft zum Verständnis der Kartentechnik und Landvermessung. Arthur Bauer infonlliert über die Entwicklung der Gemarkungsgrenzcn und Probleme der Bodenordnung.
Die frühe Einftihrung des metrischen Sy- stems 1829 wld ein Gesetz gegen die Zer- splitterung von Liegenschaften 1854 ftigen sich in die Reihe gesetzlicher Regelungen, durch die Baden ftir Deutschland vorbildlich wurde. Die Entwicklung des Großherzog- tums und seiner Hauptstadt erhielt unlgekehrt durch den Aufschwung nach der Reichsgrün- dung mächtige Impulse. Karlsruhe erreichte 1903 den Rhein, aber noch nicht den Schwarz- wald. Die vorliegende Sanmllwlg von Karten macht es möglich, den Prozeß der Urbanisie- rung des 19. Jahrhunderts an einem über- sichtlichen Beispiel zu studieren. Für den Be- wohner der Stadt wld ihres Umlandes k01lUnt das lokalhistorische Interesse dazu. Die Lan- desbildstelle B~den hat einen inhaltsgleichen Folienband erstellt, der zu Kauf und Auslei- he verftigbar ist. Durch die Projektion errei-
. ehen die Karten eine Größe, die das Studium von Einzelheiten erleichtert. Als Hilfsmittel ftir den Schulunterricht ist diese Publikation vorzüglich geeignet. Die Lernenden werden den früheren Zustand des Stadtbildes, viel-
leicht auch ihrer eigenen Wohngegend, er- mitteln und Probleme der Stadtentwicklung erkennen. Auch außerhalb der Schulen dürfte die Folienreihe Interesse finden. Ein Blick auf diese Dokumentation kann daher kom- munalen Gremien empfohlen werden, denen es obliegt, die aus früheren Tagen überkom- mene Struktur der Stadt sinnvoll in die Zu- k'llllft zu entwickeln. Klaus Oesterle
Karlsruhes neues Kulturzentrum Hrsg. Stadt Karlsrube, G. Braun Verlag, Karlsrube 1997, DM 68,-
Bd 1 Kunstfabrik im Hallenbau A, Redak- tion Hermann Winkler, 124 S.
Der erste der beiden Bände bietet einen Überblick zur Geschichte des ZKM, von dem OB Prof. Seiler betont, daß diese "Kunst- fabrik eine der größten Herausforderungen in meiner Amtszeit" gewesen sei, sowohl in sei- nen finanziellen Folgen als auch in seinem Inhalt, zu dem der Initiator, Kulturreferent Michael Heck, einen schlüssigen Bericht von der "Vision bis zur Realität eines Medien- zentrums" liefert. Prof. Klotz, als Realisator seit 1989, schildert die weitere Entwicklung, Aufträge und Ziele in seiner Art: unprätenti- ös und durchsichtig. Über den gewaltigen Bau, in fünf Jahren mit neuem Leben erfüllt, ver- mittelt Prof. P. Schweger mit seinen Mitar- beitern einen instruktiven Überblick.
Neben dem ZKM darf die Städt. Galerie nicht übersehen werden. "Bilderschätze für Bürger" heißt der Beitrag von M. Heck und Erika Rödiger-Diruf, die als Leiterin seit 1993 die intensive Sanlß1eltätigkeit ihrer Vorgän- gerin weiterführt. Mit 15000 Kunstgegenstän- den reicht der Fundus über die Region hinaus und könnte mit einem nun größeren Raum für Wechsel ausstellungen einen weiteren Anzie- hungspunkt für größere Besucherzahlen bie- ten.
Bd 2 lenseits der Brauerstraße, Redakti- on losefWemer, 164 S.
"Der Hallenbau A krönt eine neue Stadt- landschaft" heißt der Untertitel, und J. Wer- ner schildert den Weg des Dorfs Beiertheim, das "dem Sog der Stadt erlag" und als Südweststadt mit der Brauerstraße sich vom grauen Industriearreal abgrenzte. Als Jour- nalist und Lokalhistoriker skizziert er farbig, wie jenes Quartier mit dem Wegzug der IWKA einen neuen Entwicklungsschub er- hielt. Der Geschichte des Hallenbaus widmet sich Manfred Koch, von der Metallpatronen- fabrik des Ingenieurs Wilhelm Lorenz 1872 zum Rüstungskonzern der DWM 1896, mit einem besonderen Augenmerk für die Arbei- ter, zunehmend Arbeiterinnen, zwar besser gestellt als andere Werktätige, aber nicht min- der deprimiert durch den Niedergang nach 1918. Waffen wurden wieder im Krieg 1939- 1945 verlangt, diesmal zusammen mit einer Zwangsarbeiterschaft.
Von der wechselvollen Entwicklung nach 1945 erzählt Horst Zajonk, Amtsleiter für Wirtschaftsförderung, als die IWK den Wie- deraufbau und die Demontage erkämpfen mußte. Egon Martin, langjähriger Stadtpla- nungsleiter, umreißt die Ziele seines Amts seit Kriegsende, und Konrad Freyer würdigt als Denkmalpfleger die Umbaumaßnahmen. Harald Ringler und Michael Hübl beschrei- ben die "Umnutzung für die Kunst". Her- mann Winkler illustriert das neue Profil einer alten Straße, zu der die Anrainer, Walter Röhrig für das Arbeitsamt, Kay Nehm für die Bundesanwaltschaft anschauliche Beiträ- ge liefern. Die Bildausstattung erhöht den Reiz dieser Bände, mit denen eine Stadtteil- geschichte dargestellt wird, mehr als nur das Kulturzentrum. Leonhard Maller
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Amalie Heck: 200 Jahre Karlsruher Flug- und Luftfahrtgcschichtc. Vom Gleit-Flug zum Verkehrs-Flug - vom Exerzierplatz zum Baden-Airport Badenia Verlag, Karlsruhe 1998, 128 S., 94 Abb., DM 26,80
Die badische Landeshauptstadt konnte auf- grund ihrer Lage in der Rheinebene frühzeitig und leicht an die modernen Verkehrsnetze des Industriezeitalters Anschluß finden. Dies ist bekannt fur die Entwicklung der Eisenbah- nen, Fernstraßen und Wasserwege, es gilt aber nicht weniger mr den Flugverkehr. Wenn andere Regionen, insbesondere der mittlere Neckarraunl, ihre ursprünglichen Standortnachteile mit erheblichen techni- schen Aufwand mehr als ausgleichen kOlm- ten, so hat dies ausschließlich politische Ursachen.
Seit den Anfangen des Linienflugverkehrs Mitte der 20er Jahre bestanden, was weit- gehend vergessen ist, vom Karlsruher Flug- platz auf dem ehemaligen Exerziergelände nordwestlich der Kernstadt weitreichende Flugverbindungen ins In- und Ausland. Doch die Flügel wurden schnell gestutzt, weil sich die nat.-soz. Reichsregierung im Zuge ihres harten Kurses gegenüber Frankreich derarti- gen Investitionen im GrenzraunI abgeneigt zeigte. Deshalb dominierten bei der Nutzung des Fluggeländes von 1933 an militärische Gesichtspunkte; dabei blieb es auch nach dem II. Weltkrieg unter den Besatzungsmächten. Inl Gefolge der Länderneugliederung fehlte es am politischen Druck zur Wiederbelebung des Flughafens. Für die Karlsruher Bürger blieb immerhin das Flughafen-Restaurant und das Tanzlokal eine Zeitlang Anziehungs- punkt mit einem Hauch der großen weiten Welt.
Anlalie Heck bietet erheblich mehr als eine Belebung solcher Erinnerungen. Sie spannt den Bogen von den ersten Flugversuchen ein-
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zelner " Residenzler" gegen Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Gründung des Verkehrs- flughafens "Baden-Airport" bei Söllingen unweit Rastatt im Mai 1997. Dazwischen ent- faltet sie einen bunten Fächer von wissens- werten Infornlationen, entreißt denk "würdige Ereignisse der Vergessenheit und mllt so eine spürbare Lücke in der lokalen Geschichts- schreibung. Sie schildert die Karriere des Karlsruher ScImeiders Werzinger als Ballon- fahrer im 19. Jahrhwldert, dokumentiert Flug- pläne der Zivilluftfahrt im 20. Jahrhundert und berichtet über Aktivitäten der Flugsport- vereine, darunter der berülmIten "Akaflieg" von Angehörigen der tecImischen Universität. Mit Recht breiten Raum erhält die Sensation des Zeppelin-Luftschiffs und seiner viel um- jubelten Landung auf dem Flugplatz 1930. Geschildert werden auch Bemühungen, in der Rheinebene einen Zeppelin-Flughafen einzu- richten. Nicht ausgespart werden die verder- benbringenden Flugbewegungen der Welt- kriege, ein Thema, zu dem neuerdings die ausflihrliche Darstellung von Erich Lacker vorliegt. Auf der Grundlage eigenen intensi- vcn Aktenstudiums schildert Amalie Heck das Tauziehen zwischen der Stadt, staatlichen Stellen und den Anlerikanern über die Wei- tere NutZWlg des Flughafengeländes, zu- nächst noch flir zivilen Flugverkehr, dann fur Wohnbebauwlg. Den Abschluß bildet die Vor- stellung des zukunftweisenden Projektes eines Verkehrsflughafens für den mitteibadi- schen Raunl auf dem ehemaligen Flugplatz der kanadischen Luftstreitkräfte. Dieses neue, privatwirtschaftlich konzipierte Angebot wird sich zwischen mehreren Großflughäfen um die nötige Nachfrage bemühen müssen.
Das Buch von Anlalie Heck dürfte auf leb- haftes Interesse stoßen, zumal die anschau- liche Darstellung durch eine Vielzahl von Bil- dern und Grafiken in vorzüglicher Weise er- gänzt wird.
Klaus Des/erle
Revolution im Südwesten. Stätten der Demokratiebcwegung 1848/49 in Baden- Württemberg. Info Verlag, Karlsruhe 1997, DM 39,80
Alfred Georg Frei; Kurt Hochstuhl: Wegbereiter der Demokratie. Die badi- sche Revolution 1848/49. Der Traum von der Freiheit. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1997, DM 20,-
782 Seiten, reich bebildert-welm auch nur schwarz-weiß - , klar gegliedert, so präsen- tiert sich ein neuartiger und, um dies gleich vorwegzunelmlen, gelungener Versuch, ein wichtiges Kapitel baden-württembergischer und auch deutscher Geschichte darzustellen und vor allem fern jeder akademischen und elitären Form auch zu vermitteln. Dem Stadt- archivar von Karlsruhe und Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft hauptamtlicher Archi- vare im Städtetag Baden-Württemberg, Ernst Otto Bräunehe, ist zuzustimmen, wenn er die- ses Buch als notwendige Ergänzung zu all dem " Revolutionstrubel", der das Bundes- land in der nächsten Zeit erfullen wird, an- sieht. Inmitten der sich immer mehr in Deutschland zu jeder passenden und unpas- senden Gelegenheit ausbreitenden ,,J ubiläums- pest" tut es gut, ein seriöses Handbuch als Lektüre oder präzises Nachschlagewerk zur Verfugung zu haben, auch und gerade, wenn es sich um einen auch heute noch durchaus kontrovers diskutierten Zeitabschnitt unserer Geschichte handelt. Denn die Frage nach dem Scheitern oder Erfolg der Revolution 1848 muß unbeantwortet bleiben.
Die knappe, aber dennoch ausführliche Einftihrung von Ernst Otto Bräunehe und Ute Grau beschreibt Ausgangspunkt und Ziel der hauptsächlich von kommunalen Archivaren des Landes geleisteten Arbeit. Sie gibt über- dies eine klare Übersicht über Vorgeschichte,
Entwicklung und letztendlich Scheitern der Revolution. Nach der Zeittafel beginnt mit dem Kapitel Aalen die lange Kette von Orten, die direkt oder indirekt mit der Revolution zu tun hatten. Schon in dieser Aufeinanderfolge, illustriert durch zwei Karten in den Deckblät- tern, wird die flächendeckende Unruhe dieser Jahre verdeutlicht.
Die Einzelkapitel sind alle nach dem glei- chen Muster gestaltet. Die lokalen Ereignisse dieser Jahre werden geschildert, es folgt ein Absclmitt "Spuren" mit der Darstellung noch vorhandener Örtlichkeiten. Zusammen mit Kurzbiographien und Literaturhinweisen er- geben die Einzelkapitel ungeachtet verschie- dener Bearbeiter ein geschlossenes Bild der Revolution. Es wäre ungerecht, nur auf die großen Städte und Stätten der Demokratie- bcwegwlg hinzuweisen. Gerade die Vielfalt und die Hereinnahme von kleinen Orten in das Handbuch lassen es zu einem rur die Zukunft unverzichtbaren Arbeitsmittel fur Heimatfor- scher und Landeshistoriker werden.
Als Pendant zu diesem Kompendiunl sei auf eine andere Publikation zu dem Thema hin- gewiesen, die in recht wlorthodoxer Weise sich mit dem Thema "Badische Revolution" nähert. Das Buch "erzählt allgemein verständ- lich, knapp und historisch fundiert die Ge- schichte der badischen Revolution mit ihren Hauptereignissen und Hauptpersonen", wie der Werbetext verspricht. Allerdings tut es dies in einer wenig übersichtlichen Art, und den Verfassern kann nur zugestinunt werden, wenn sie im Nachwort schreiben, "daß dieses Buch Appetit darauf machen soll, sich vertieft mit der Badischen Revolution zu beschäfti- gen",
Als Appetithappen erscheint es dem Rezen- senten wiederum zu wenig verdaulich, und er greift dann lieber schon zu dem eingangs vorgestellten Handbuch.
Michael Martin
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Martin Einseie; Andrea Kilian (Hrsg.): Stadtbausteine Karlsruhe . . Elemente der Stadtlandschaft. Lehrstuhl für Städtebau und Entwerfen, Uni- versität Karlsruhe, Karlsruhe 1997, 162 S., DM 28,-
Sich einer Stadt und ihrer Baugeschichte über Literatur anzunähern, kann auf unter- schiedliche Weise und mit unterschiedlichem Tiefgang geschehen. Von Stadtfuhrern, Bild- bänden, Chroniken, Monographien, Ausstel- lungskatalogen, Architekturfuhrern bis zur (meist selten vorhandenen) Stadtbaugeschich- te. Die vorliegende Veröffentlichung läßt sich keiner dieser Gattungen zuordnen. Die bau- liche Entwicklung auf dem heutigen Stadtge- biet wird mit Hilfe von "Stadtbausteinen" skizziert. Dazu zählen ausgewählte Bauge- biete bzw. Siedlungen, chronologisch geord- net und nach Baufornlen diITerenziert.
Ausgehend von historischen Stadt- und Dorfkernen wie Durlach, Mühlburg, Bulach und Hohenwettersbach über die eigentliche Gründungsstadt mit ihren späteren Stadter- weiterungen des 19. Jahrhunderts bis zu den wichtigsten Siedlungsprojekten wie Garter.- stadt, Dammerstock, Waldstadt etc. Weitere Stadtbausteine betreITen "Freiflächen im Siedlungskontext" wie das Albgrün, die Hil- dapromenade, Schloßplatz und -garten, Fest- platz und Stadtgarten. Als Elemente der Stadtlandschaft werden auch einige ältere und neuere Gewerbegebiete, der Hauptbahnhof mit Vorplatz und Sonderbauflächen wie das ehemalige lWKA-Gelände mit seinen neuen Nutzungen vorgestellt, Jedem "Baustein" ist eine Doppelseite mit Planausschnitten, Fotos und einer Kurzbeschreibung gewidmet. Die- sem Hauptteil vorangestellt sind die zwei wichtigen einleitenden Kapitel über die naturräumlich-ökologischen Gegebenheiten und über Siedlungsflächenentwicklwlg bis heute.
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Die Publikation eignet sich hervorragend als Pflichtlektüre und "Orientierungshilfe" fur alle mit Architektur und Stadtplanung befaßten Studierenden der Karlsruher Hoch- schulen. Die an ihrer Stadt interessierten Be- wohner finden hier einen guten Überblick und Anregungen für Stadterkundungen.
Harald Ringler
Dieter Langewiesche (Hrsg.): Demokra- tiebewegung und Revolution 1847-1849- Internationale Aspekte und europäische Verbindungen. G. Braun Verlag, Karlsruhe 1998, 232 S., gebunden, DM 36,-
Wenn das Kulturamt Offenburg hier Beiträge eines wissenschaftlichen Kolloqui- ums vom September 1997 veröffentlicht und sein Leiter in einem pointierten Aufsatz den "Versuch einer lokalen Aufarbeitung des Erinnerns an die Demokratiebewegung 1847 bis 1849" mit seinen Höhen und Tiefen beschreibt, dann handelt es sich nicht allein um Lokalgeschichte. Der Herausgeber, Die- ter Langewiesche, hält zwar die von der deutschen Geschichtswissenschaft vernach- lässigte Regionalgescllichte für eine neue vergleichende Sicht der Revolution im europäischen Kontext für sehr wesentlich, weil sie differenzieren hilft. Die von pro- filierten Historikern verfaßten Studien gehen aber weit über die badische Revolution hinaus, und im Vergleich mit verschiedenen Schaubülmen \yerden Aspekte deutlich, die in der herkönilnlichen Literatur weniger prä- gnant beschrieben werden.
Helge Berger und Mark Spoerer bezweifeln den allgemeinen Ansatz der politikhistorisch orientierten deutschen Historiographie, wo- nach die ökonomische Krise seit 1845 "ein Faktor von vielen" gewesen sei; vielmehr möchten sie mit der Analyse der "Wirtschaft-
lichen Entwicklung im Vonnärz und Revolu- tion 1848 in Deutschland und Europa" unter der Fragestellung "nicht Ideen, sondern Hunger?" den Funken beschreiben, "der die Mine zündete" , wobei sie mit ausflihrlichen Statistiken und Diagrammen ihre These zu belegen suchen. Wie in diesem Tableau be- tont auch Rudolf Jaworski im Beitrag "Völ- kerfrühling 1848" die unterschiedlichen Ver- hältnisse der revolutionären Gruppen. Wäh- rend die Liberalen eher national agierten, ftihlten sich die Radikalen eher europäisch gesOlmen.
Nicht internationalistisch, aber in feudaler Unterstützung sicht Johannes Paulmann die "Europäischen Monarchien", Der persönli- che Briefwechsel wlter den Fürsten nahm zwar außerordentlich zu, um sich zu infor- mieren und assistieren, doch eine "erste wahr- hafte Internationale" der " Reaktion" - ein Begriff, den der Adel streng vennied - gab es trotz der "Heiligen Allianz" nicht, weil ein zentrales Organ fehlte.
Bei Manfred Botzenharts Beitrag "die Außen- und Innenpolitik der provisorischen Zentralgewalt zwischen Anspruch und Wirk- lichkeit" wird lediglich skizziert, daß die Ein- richtung eines deutschen Nationalstaats in der Mitte Europas ftir die Großmächte "ein schweres Problem bedeutete" und man des- halb "eine abwartende Haltung einnahm". Hier hätte man die häufig vertretene These, ob es 1848 zu einem Krieg gekommen wäre, gern diskutiert gesehen, die lange Zeit in der deut- schen Geschichtsschreibung dominierte, und welche zwiespältige Rolle insbesonders Großbritannien eingenommen hat, das ja im preußisch-dänischen Waffengang am "Bos- porus des Norden" eher den Dänen zuneigte. Aufschlußreich Wolfram Siemanns Begriffs- klärung von "Asyl, Exil und Emigration" in bei ihm gewohnter Treffsicherheit und solider Interpretation der breiten Literatur. Der He- rausgeber selbst überzeugt mit der Unter-su-
chung "Kommunikationsraum Europa" , wie um die Mitte des 19. Jahrhunderts Infor- mation und Reaktionen möglich waren und wie unterschiedlich man darauf reagierte. V er allem sei hervorgehoben, daß sich Lange- wiesehe gegen die "grobmaschige Fonn des Deutungsmusters 'deutscher Sonderweg'" wendet, "weil mit ihnl im Grunde zwei Fik- tionen verglichen wurden: die Fiktion, die Grundzüge der modemen deutschen Geschich- te ließen sich auf die Besonderheit eines ' Sonderweges in Europa reduzieren, und die Fiktion eines klaren, einheitlichen westlichen Gegenmodells." (S. 187)
Im Unterschied zu vielen Publikationen wirkt das Regionale und Lokale in der ver- gleichenden europäischen Sicht nuancenrei- cher und erhält spezifische Akzente, womit d"s Ergebnis dieser Offenburger Tagung aus der manclunal etwas oberflächlichen Bücher- flut zu 1848/49 sichtbar herausragt. Die sehr umfangreichen Amnerkungen weisen zudem auf neueste Forschungen hin, so daß man nach angeregter Lektüre auch auf Fundgruben flir weitere Jnfornlationen stößt.
Leonhard Müller
1848/49 Revolution der deutschen Demo- kraten in Baden. Hrsg. v. Badischen Landesmuseum, Baden- Baden 1998,538 S., DM 39,-
Der Katalog, der später im Buchhandel ftir 68,- DM zu erhalten sein wird, ist weit über diese Landesausstellung interessant, denn es wird ein breiter Bogen von der Französischen Revolution bis in unsere Tage geschlagen und damit ein Durchgang durch deutsche Ge- schichte vollzogen. Zwischen den präzisen Beschreibungen von 728 Exponaten sind kurze Artikel über fast alle notwendigen Teilbereiche eingefligt, z. B. Staatsgründung und Konsolidierung Badens, die dörfliche
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Lebenswelt im Vonnärz, der badische Adel, Handwerk, Bürgertum, Militär, Kirchen, die Arbeiter, die Frauen, der geistige Umbruch an den Universitäten und vieles mehr. Der Ablauf dieses "Tollen Jahres" wird auch für denjenigen anschaulich, der nicht die Ausstel- lung besucht hat, zumal die Abbildungen eine einmalige Zusammenschau vennitteln. Eine große Zahl von Mitarbeitern hat unter der Gesamtleitung von Harald Siebenmorgen in mehrjähriger Arbeit Fakten erkundet und zusarmnengetragen, wobei hier nur die Katalogredakteure genannt werden können: Julla Dresch, Jan Ballweg, Alfred Georg Frei und Volker Steck, olme das andere wichtige Gebiete wie Ausstellungskonzeption, Foto- grafie, Fotoredaktion u. a. unberücksichtigt bleiben sollten.
Die Texte sind, bei aller Sympathie fur die revolutionäre Sache, sachlich und fur jeden anschaulich fonnuliert. Erstaunliches findet man dagegen im Ausklang "Was bleibt". Da wird die DDR als "brav und bieder" (S. 483) bezeichnet, deren NVA 1968 die freiheitliche Bewegung in der CSSR niederwerfen half wie 1849 die Preußen die revolutionären Badener, von den Toten an der Mauer ganz zu schweigen. Und Hennann Glaser beschwört im Nachwort wieder eimnal die These vom "deutschen Sonderweg" , daß also "die erforderliche Demokratie" nicht vorangetrie- ben worden sei , traditionelle Eliten sich behaupteten und man angesichts imlerer Spannungen nur im Krieg einen Ausweg sah, so der Diskussionsstand 1990. Von dieser "grobmaschigen Fonn" der Deutungsmuster verabschiedet sich Dieter Langewiesche, Mitautor an diesem Katalog, weil hier nur zwei Fiktionen verglichen werden: "die Fiktion, die Gnmdsätze der modernen deutsche Geschichte ließen sich auf die Besonderheiten eines Sonderweges in Europa reduzieren, und die Fiktion eines klaren, einheitlich westlichen Gegenmodells" , wobei
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er fragt, warum unsere Geschichte "fast durchweg nur mit dem Westen" verglichen wird? (Demokratiebewegung und Revolution 1847 bis 1849, Braun Verlag Karlsruhe 1998). Insofern ist Glasers Beitrag ein Nachklapp auf eine Diskussion, die zwar anregend war, jedoch überholt ist.
Solche Einseitigkeiten mindern aber nicht den Wert des - hochsubventionierten - Bandes, dessen Erwerb man deshalb nicht versäumen sollte, denn er wird später eine Rarität darstellen. Leonhard Müller
Barbara Guttmann: "Zwischen Trüm- mern und Träumen". KarIsruherinnen in Politik und Gesellschaft der Nachkriegs- zeit. Portraits. Karlsruhe 1997, 124 S., Schutzgebühr DM 5,- (erhältlich im Stadtarchiv und im Büro der Frauenbeauftragten).
"Sind Frauen fahig, den gleichen Anteil am öffentlichen Leben zu nelunen wie die Männer, oder nicht?" Diese Frage eines öffentlichen Fonuns des Stuttgarter Radio- Senders im November 1947 im Karlsruher Konzerthaus wurde unterschiedlich beant- wortet. Die Männer wollten Frauen auf eine Betätigung in den sozialen Belangen be- schränken. Die Frauen forderten hingegen ihre gleichberechtigte Mitarbeit in der Politik. Angesichts der in den Trünmlern des Zweiten Weltkrieges bewiesenen Arbeitskraft und Fähigkeit zur Neuorganisation des Lebens ein berechtigtes Verlangen. Was daraus in Karls- ruhe geworden ist, wird derzeit von B. Gut!- mann erforscht und soll 1999 veröffentlicht werden.
Die hier vorab publizierten 13 Portraits von Frauen, die sich nach 1945 im weiteren Sinn politisch engagiert haben, stehen stellvertre- tend ftir die über ISO erfaßten Frauen, denen eine weit größere Zahl an der Basis aktiver
Frauen enlspricht. Vorgeslelll werden Sladl- rätinnen des erslen Nachkriegsjahrzehnls (Kunigunde Fischer, Hanne Landgraf, Anna Waleh, Luise Naumann und Toni Menzinger), in Parteien aktive Politikerinnen (Ruth Grimm, Elisabeth Großwendt, Luise Riegger), in kirchlichen bzw. überparteilichen Organi- sationen engagierte Frauen (Gertrud Ham- mann, Hertha Nachmann, Gisela Walter, Kalhinka Himmelheber und Erna Seherner). Dabei sind die Grenzen oftmals fließend , da die Tätigkeit in mehreren politischen oder karitativen Organisationen häufig vorkam. Viele der Frauen fanden sich zudem in der 1947 gegründeten überparteilichen Karlsru- her Frauengruppe in dem Bestreben zusam- men, die Spaltwlg der Frauenbewegung in unterschiedliche politische Flügel zu über- winden.
Die jeweils k"Urz gefaßten Biographien infonuieren dennoch präzise über den Lebenslauf, die Motive zum politischen Handeln und die einzelnen Arbeitsschwer- pw"'te der Frauen. So gewinnen Leserinnen und Leser auch Einblicke in persönliche Schicksale im " Dritten Reich" wie berufliche Zurückstufung, Emigration, Internierung in Gurs, Widerstand und Verfolgung, Kriegs- verletzungen. Sichtbar werden zudem Proble- me der bundesrepublikanischen Nachkriegs- gesellschaft, nationalsozialistisches Unrecht wenigstens materiell wiedergutzumachen, und die Ausgrenzung jener Frauen, die sich auf seiten der politischen Linken gegen WiederbewafInung und atomare Rüstung einsetzten. Die Autorin benennt auch die Motive und Ziele des politischen Engage- ments und verdeutlicht deren Spannweite. Einerseits das Festhalten an dem Geschlechter- modell der Kaiserzeit und der Beschränk"Ußg auf den Bereich des Sozialen, wie es Kuni- gunde Fischer praktizierte. Andererseits die Forderung nach einer Neudefinition der GeschlechteITollen und dem Streben nach der
Verwirklichung der im Grundgesetz garan- tierten völligen Gleichberechtigung durch die erste Bundesverfassungsrichterin Erna Scheff- ler. Das schmale Bändchen gibt einen facet- tenreichen Einblick in die politische Partizi- pation von Frauen in der Karlsruher Nach- kriegszeit und weckt Erwartungen wie Neu- gier auf die fur 1999 versprochene ausftihrli- ehe Darstellung. Manfred Koch
Institut für Baugestaltung, Baukonstrukti- on und Entwerfen I der Universität Karls- ruhe, Arno Lederer (Hrsg.): Architektur in Karlsruhe 1971 bis 1996. Eigenverlag, Karlsruhe 1997, 184 S., Abb., Lit. , DM 38,-
Die erste sich als Architekturftihrer ftir Karlsruhe bezeichnende Publikation erschien 1971. Joachim Göricke stellte über 200 Bauwerke anband von Zeichnungen und Fotografien ohne weitere Erläuterungen vor. Das Architekteuregister mit kurzen biogra- fischen Hinweisen und ein Stadtplan mit den Standorten der Objekte ergänzen dieses erste Verzeichnis über "Bauten in KarlsruheH , Es begilmt mit dem Durlacher Schloß und schließt mit bis 1970 fertiggestellten oder projektierten Wolmungsbauten, Kirchen, Institutsgebäuden wld Verkehrsbauwerken.
Die neue Broschüre, ein Ergebnis eines Studienprojektes, setzt diesen Weg fort . StudienanHinger an der Architekturfakultät befaßten sich mit beinahe 160 ilmen vorge- gebenen Hochbauten bzw. Innenraum- gestaltungen in Karlsruhe. Sie erstellten vereinfachte Grundrisse, fotografische An- sichten und kurze Texte, was gegenüber dem Vorgängerwerk ein Fortschritt ist. Das qualitativ bemerkenswertere Architektur- geschehen in Karlsruhe seit den 70er Jahren liegt nun stadtbereichsweise, aber ohne chro- nologische Abfolge vor. Die grafische Ge-
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staltung einschließlich der Fotografien ist von bemerkenswert guter Qualität. "Die Auswahl der Projekte erfolgte nach dem subjektiven Qualitätsempfinden des Lehrstuhis". Objek- te, die ab Mitte der 80er Jahre fertiggestellt worden sind, bilden das Übergewicht. Die 70er Jahre sind mit über 30 Beispielen zurückhaltend vertreten. Hier mag die heute vorhandene Distanz zur damaligen Archi- tekturauffassung eine Rolle gespielt haben. So sind derartige Verzeichnisse immer auch Dokumente des Zeitgeistes und nicht Spiegel der baulichen Entwicklung einer Stadt im Sinne einer Stadtbaugeschichte. Architektur bezieht sich immer auf einen Ort. Ob und wie auf die unmittelbare Stadt reagierend gebaut wird, bestimmt neben anderen Kriterien die Qualität von Architektur. Was auch diese verdienstvolle Sammlung nicht zum Archi- tekturfuhrer einer Stadt werden läßt - wohl nicht beabsichtigt -, ist das Aufzeigen der Lage der Objekte im städtischen bzw. land- schaftlichen Zusammenhang.
Harald Ringler
Badische Synagogen aus der Zeit von Großherzog Friedrich in zeitgemäßen Photo graphien. Hrsg. v. F. J. Ziwes, G. Braun Verlag, Karlsruhe 1997, 96 S., DM 49,-
Unter den Archivalien, die das General- landesarchiv Karlsruhe 1995 aus dem mark- gräflichen Besitz erwerben konnte, sind diese 13 Photographien badischer Synagogen in mehrfacher Hinsicht von großer Bedeutung. Zum einen sind es, fur die Zeit um die Jahr- hundertwende, technisch hervorragend gelun- gene Aufnahmen, die die architektonische Wirkung dieser Bauten, in Karlsruhe z. B. das von Josef Durm erbaute Gotteshaus in der Kronenstraße, sehr anschaulich festhalten. Zum anderen zeigen sie, welche Bedeutung
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den Juden im GroßherzogtunI eingeräumt wurde, so daß - besonders im präzisen Bei- trag von Lore Schwarzmaier - die Distanz Friedrichs I. zum aufkommenden Antisemi- tismus deutlich wird. Mitarbeiterdes General- landesarehivs haben in weiteren Beiträgen diese wertvolle Jubiläumsausgabe zum 70. Geburtstag des Großherzogs kommentiert: H. J. Ziwes als sorgfaltiger Herausgeber der auch drucktechnisch sehr gefalligen Publika- tion, H. Schwarzmaier in der Charakterisie- rung des jüdischen Oberrats als Initiator und Überbringer der Festgabe, W. Rößling in seinem Beitrag zur Architektur und Zunl Baustil sowie M. Preuß Zunl Synagogenritus und seine Veränderungen im 19. Jahrhundert. Neben ihnen haben zahlreiche andere Archivare die einzelnen Standorte beschrie- ben, und dies ist besonders wichtig, da viele Bauten der Zerstörungswut des NS-Regimes zum Opfer gefallen sind. Das inhaltsreiche und repräsentative Verlagswerk des Braun- Verlags wird nicht nur Leser, sondern auch Sponsoren zufrieden stellen.
Leonhard Müller
Personenregister
Abt, Komponist 60 Adorno, Theodor W. 183 Agricola, Carl 119 Albers, Hans 187 Albikcr, Karl 37,39 Albrecht, Herta 206 Alker, Hermann Reinhard 28,45,46 Allgeyer, Julius 275,276 Anderseh, Alfred 183, 185 Andreae, Jakob 212 Angermeyer-Deubner, Marlene 329 Anneke, Mathilde Franziska 97 Antes, Horst 158,181,182 Apostel, Hans Erich 286 Arnim, Bettina von, geb. Brentano 265 Amold, Heinrich 304 Arrhenius 267 Asche, Susanne 330,353 Aster, Niclaus 202, 205 Auer, Leopold 172 Augstein, Rudolf 240
Babberger, August 178 Babo, Lambert von 101 Bach, Johann Sebastian 166, 172 Back, Will i 62 Backhaus, Hermann 32 Baden, von - Bernhard, Markgraf 314 - Friedrich 1., Großherzog 47, 52, 84, 86,
104, 109-112, 116, 120, 123, 157, 158, 169, 174, 175,226,241-244,247, 249, 253,269, 271, 274, 276, 277, 284, 288, 307, 311 , 312, 333, 338, 350, 358,363, 372
- Friedrich 11., Großherzog 110, 116, 117, 222,271,272,289,338,359
- Hilda, Großherzogin 110 - Jakob IIl., Markgraf 209,211,212 - Karl, Großherzog 116
Bearbeitet von Katia Linder
- Karl Friedrich, Markgraf 35, 116, 134, 138, 140,146,223,277,287,307
- Karoline Luise, Markgräfin 116, 122,288, 358
- Leopold, Großherzog 36, 56, 83 , 85, 118, 123,157,276,318
- Ludwig, Großherzog 22,110,157,313 - Ludwig 11., Erbprinz 119 - Ludwig Wilhelm 174 - Luise , Großherzogin 49, 104,110, 120,
123, 276,289,358,363 - Max, Prinz von 61,64,122,165,276 - Maximilian, Margraf 118 - Rudolfl. , Markgraf 11 3 - RudolfIl ., Markgraf 113 - Stephanie, Großherzogin 11 9,257, 289 - Sophic, Großherzogin 11 8, 289 - Wilhelm, Marllgraf 249, 251 - Wilhelm, Prinz 84, 85, 97, 288 Baden-Baden, von - August Georg, Markgraf 135 Baden-Durlach, von - Augusta Maria, Markgräfin 249, 250 - Christoph 1., Markgraf 249 - Ernst Friedrich, Markgraf 132, 209, 210,
345 - Friedrich VI., Markgraf333 - Friedrich Magnus, Markgraf 249,250 - Georg Friedrich, Markgraf 209, 211 - Kar! Wilhelm 22, 34, 51 , 122, 134, 142,
143, 145, 177,209,354,364 - Kar! II. 124,132,209, 210,249 Ballweg, Jan 370 Barlow, James 228 Barthlott, Friedrich 82 Bassermann, Friedrich 347 Bauer, Arthur 364 Bauer, Erich 339 Bauer, Oberforstrat 46 Baumann, Georg Ernst 205
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Baumeister, Reinhard I, 294 Bäumer, Gertrud 278 Baumgarten, Herrnann 84 Baumgärtner, Geheimer Rat 129 Bauser, Heinrich 302 Bayer, August von 120 Bayern, von - Jakobe, Herzogin 108 - Ludwig I., König 162 - Maximilian 11. Joseph, König 162 BebeI, August 85 Becker, Oberst 93, 94 Becker, Ralph W. 33 Beethoven, Ludwig van 172, 275, 276 Behrends, Rolf-Heiner 356 Behringer, Peter 330 Bekk, Johann Baptist 91 Bensemann, Walter 61-63 Benstz, Gerhard 63 , 64 Bentmann, Friedrich 183 Bercken, EIsa von 167 Berckmüller, Karl Joseph 309, 310 Berger, Helge 368 Bergmann, Julius 175 Berlioz, Hector von 170, 172 Bernard, Emile 158 Bernstein, Eduard 87 Berthelot 267 Billing, Herrnann 2, 3, 24, 283, 284, 312,
316, 317, 319, 360 BingIer, Architek-t II Binz, Herrnann 24, 296 BischolT, Eugen 309 Bismarck, Otto von 240-244, 246, 301 , 302,
319,333 Bizet 170 Black, Mr. 144 Blanchard 155 Blenker, Elise 97 Blind, Karl 67 Blos, Eduard 87 Blum, W. 65 Böcklin, Amold 166 Boeckh, von, Advokat 100
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Boeckmann, Johann Lorenz 136-142 Böhning, Georg 97 Bonatz, Paul 326 Bora, Catharina von 212 Bornhäuser, Prälat 209 Borns, Stephan 76 Botzenhart, Manfred 369 Bougine, Carl Friedrich 288 Bougine, Carl Joseph 288 Bougine, Ernestine 288 Brahms, Johannes 165-168,172,275, 276,
346 Brandt, Hartwig 356 Braque, Georges 158 BraudeI, Fernand 330 Brauer, Arthur v. 338 Brauer, J.F.N. 288 Braun, Albert 335 Braun, Max 267 Bräunehe, Ernst Olto 333 , 342, 343, 355,
356, 362,367 Braunfels, Walter 168 Brecht, Bertoll 188 Bredig, Georg 267, 268 Brentano, Clemens 265,266 Brentano, Gunda 265 Brentano, Lorenz 91 , 93 , 94,97, 285 Broadwell, Louis Welles 39 Brömme, Paul 304 Brosinsk)', Harro 32 Broszniewski, Kavallerie-Offizier 93 Bruckner, Anton 168, 172 Brunn, Friedrich Leopold 51 , 54 Büchner, Georg 88 Bühler, Fritz 308 Bürklin, Albert 56 Bürklin, Kirc~enrat 134 Busoni, Ferruccio 172 Buß, Franz Joser 76 Bussmann, Georg 158 Buzengeiger, 196
Calderon 276 Calvin 212
Campe, Joachim Heinrich 155 Carossa, Hans 184 Chabrier, Emanuel 170 Chappe, Claude 136, 137 Chappe, Abb6 136 Cherubini 275 Chevalley, Marguerite 281 Coelestin III., Papst 330 Creuzer, Friedrich 265 Cuno, Wilhelm 87 Cwjel, Robert 37
Daffmger, Moritz Michael 119 Dahlberg, Erik Jönsson 104 Dahlmann 276 Daler, Ludwig 70, 79 Danou 136 Dänzer, Kar! 70, 74 Dauber, Roland 61,145 Daum, Gebtiider 116 De Ruyter, Marinus 322 Degenfeld, Gräfin 282 Deimling, Hofdiakon 129 Delors, Jacques 159 Dessoff, Otto 168 . DethleITs, Arist 274 DethleITs-Edelmano, Ursula 274 Dethleffs-Edelmann, Fridel 273,274 Devrient, Eduard 168, 169,274-276 Dietrich, Kar! 296 Döblin, Alfred 185 Douglas, Christoph Graf 105, 114 Dreikluft, Robert 331,336,358 Dresch, Jutta 329,370 Dtiitzler-Heilgeist, Marthamaria 359 Dullenkopf, Otto 159,233, 258 Dürer, Albrecht 118 Durm, Josef 192, 372 Dürr, Wilhelm 123 Dürr, Karl 75 Dürr, Johano Konrad 75 Duse, Eleonora 169 Dziekonski, Bogdan 94 d' Albert, Eugen 172
d' Andrade, F rancesco 169
Ebeling, Herrnann 348 Eber!e, Friedrich 302 Eberstein, Kunigunde von 113 Ebert, Friedrich 87 Eckart, Architekt 29 Edelini ,Abt 249 Egler, Ludwig 183 Ehret, Fritz 363 Ehrismano, Renate 338,339 Ehrle, Peter 105, 107 Eichier, Roland 337 Eierrnann, Egon 3 Einseie, Martin 368 Eisendeeher, v. 245 , 247 Eiseniohr, August 245 Ellstätter, Moritz 244 Engler, Minister 159 Erbacher, Herrnano 216 Ervig, Lola 183 Erzberger, Matthias 87, 290 Esenbeck, Lisette Nees von 265, 266 Ettlinger, Anna 276 Ettlinger, Veit 275
Falmenberg, Freiherr von 129 Faßbender,Zdenka 173 Fecht, Kar! Gustav 146,307,354 Fehrenbach, Elisabeth 356 Feigle, Hanns Georg 201 , 202 Fenske, Hans 356 Femel, Jean 209 Feuerstein, Ernst 183 Fickler, Joseph 91 Fikentscher, Otto 251,252 Fink, Ernst Friedrich 213-216 Fischer, Theodor 1,2, 164 Fischer, Kunigunde 371 Flenmling, Graf von 245 Fontane, Theodor 241 Förderer, Walter 5 Frank, Reinhold 198,333 Frank, Heinrich 108
375
Franzen, Brigitte 362 Frei, Alfred Georg 367, 370 Freisler, Roland 267 Freydorf, Rudolf v. 245 Freyer, Konrad 362,365 Freyheit, Otto 123 Fribolin, Herrnann 45 Friedrich August 1., Kurftirst von Sachsen
142, 144 Friedrich (der Gesegnete) 307 Fritz, Walter Helmut 186,188, 189 Froittzheim, Eva-Maria 329 Fromholzer, Joseph 148-151 Fronunel, Carl Ludwig 120, 123 Fuchs, Wa!ther Peter 277 Fugmann, Johannes 204, 205 Fürstenberg , Kar! Egon 111 . von 302 Füeßlin, Christian Kar! 59 Fux, Baumeister 80
Gaertner 30 Gagem, General von 318 Gajewski, Artillerie-Offizier 93 Gall, Lothar 241 , 338 Galle, Emile 116 Gallwitz, Klaus 158, 181, 182 Gärtner, Alfred 33 Gauguin, Paul 158 Gehres, Fabrikant 250 Gehri, Herrnann 273 Gelzer, Heinrich 242, 271 Genschow, Gustav 341 Geppert, Kar! 61, 62, 65 Geraldy, Flora 118 Gerbert, Martin 103 Gervinus , Georg Gottfried 84 Gerwig, Robert 225, 226, 333 Giavina, Erhard 150 Gillen, Otto 183 Gitzinger, Oskar 184 Glaenz, August 123 Glaser, Herrnann 370 Gleiniger, Andrea 362 Gluck, Christoph Willibald 275
376
Gmelin, Carl Christian 288, 310 Goebbels, Joseph 45 , 47, 266 Goegg, Amand 97 Gogh, Vincent van 158 Goertz, Christa 316 Goertz, Jürgen 315, 316 Goethe, Johann Wolf gang v. 124, 169,253,
265 Gool, Rob van 362 Göricke, J oachim 371 Göring, Herrnann 266, 300 Götz, Hermann 302,308,309, 334 Grasmück, Gisela 351 Grau, Ute 358,359,367 Grethe, Carlos 175 Griesbach, Handelsmann 129 Grieshaber, Albert 48 Grimm, Ruth 371 Grimm, Ulrike 333 Grod, C.M. 4 Groos, Emil 100 Gropius, Walter 4,27,364 Groß, Landrat 252 Gross, Uwe 345 Große, Martin 145 Groß mann, Hans 2, 25 Großwendt, Elisabeth 281 , 371 Grothues, Bernhard 123 Guise, C. 108 Günderrode, Karoline von 265 Günderrode, Hector von 265 Günther, Tobias 298 Gustav Adolf von Schweden 109 Guttmann, Barbara 370
Haas, Frithjof 346,347 Haber, Fritz" 267 Haehling von Lanzenauer, Reiner 206, 350 Haesler, Otto 4, 362 Haley, Bill 188 Hanmlann, Gertrud 371 Hämmer!e, Gcr!indc 116 Händel, Georg Friedrich 166 Hang, Oberstadtschulrat 260
Harris, Luftmarschall 191 Haus, A1exia 240 Hausenstein, Wi1helm 336 Hauser 107 Häusser, Ludwig 94,276 Haydn, Franz Joseph 172 Hebel, Johann Peter 105, 123, 288 , 333 Hebenstreit, Johann Ernst 142-146 Heck, Amalie 366 Heck, Brigitte 349 Heck, Michael 365 Heckei, Erich 158 Hecker, Friedrich 66, 68 , 69,98,318,319,
347 Hein, Dieter 329 Heinemann, Gustav 89 Heinemann, Johann Nepomuk 105, 108 Heinkel, Gustav 177, 178, 179 Heinrich V., König 345 Helbling, Adolf 310 Heller, Gerhard 282 Helmle, K. 151 Heltrnann, poln. Demokrat 94 Hengst, Christi an 81 , 307, 332 Herbach-Schmitt, Brigitte 345, 349 Herrmann, Max 281 Heuß, Theodor 88 Heyse, Paul 276 Himmelein, Volker 334 Himmelheber, Bernhard 281 Himmelheber, Kathinka 280, 281 , 371 Hirsau, Wilhelm von 345 Hirsch, Fritz 324 Hirschen, Bildhauer 306 Hirt, Aloys 161 Hirtler, Eva 330 Hitler, Adolf 189,198,266, 267, 333 Hocheder, C. 1 Hochstrasser, Olivia 353 Hochstuhl, Kurt 345, 367 Hofer, Andreas 348 HofImeister, Louis 97 Hohenlohe-Langenburg, Fürst 247 Hölderlin 265, 266
Holtzmann, Georg 1 00 Homburger 312 Honsell, Max 52 Hottenroth, Erhard 330 Howard, John 128 Hubbuch, Karl 158, 329 Huber, Gerhard 296 Hübl, Michael 365 Hübsch, Heinrich 160, 161-164,169, 192 Hübscher, Johann Georg 203, 205 HüfIel, Prälat 129
Jaeggi, Annemarie 362 Jakubeit, J. 6 Jawlens[,,'Y, Alexej von 158 Jaworski, Rudolf 369 Jeanneret, Charles-Edouard 316 JefIries 155 Jr.lly, Julius 242, 245 , 269, 338 Jordan, Reichart 251 Jund, Edourd 263 Jung, Hans W. 33
Kabierske, Gerhard 360 Kachel, Ludwig 100 Kaercher, Amalie 120 Kaiser, Wilhelm 276 Kaiser, Friedrich 97 Kalckreuth, Leopold Graf von 174-177 Kalckreuth, Stanislaus von 120 Kalliwoda, Wenzel 302 Kalliwoda, Wilhelm 172, 274 Kallmorgen, Friedrich 174, 175 Kanunerer, Ottilie 220 Kandins[,,'Y, Wassily 158 Kanoldt, Alexander 158 Kaufinann, Johann Ernst 205 Keller, Ferdinand 174, 175,329 Keßlau, Friedrich von 35 Keßler, Emil 101,102 Kilian, Andrea 368 Kirchner, Ernst Ludwig 158 Kirner, Johann Baptist 97, 123 Kleber, General 137
377
Kleist, Heinrich von 266 Klotz, Maria 267 Klotz, Helmuth 266, 267 Klotz, Adolf 266 Klotz, Heinrich 367 Klotz, Günther 5, 12,13, 41 , 30,33,34,62,
359 Klotz, Franz 62 Knobloch, Ursula 206 Kobe, Eduard 148 Koch, Konrad 60 Koch,Mrurured 342,353,354,366 Koch, Michael 329 Koch, Robert 125 Kodaly, Zoltan 58 Koflka, Wilhelm 60 Kohler, Karl 25 Kohts, Adolf 62 Kohts, Leoni 62 König, Franz 82 König, Ludwig 178 Kraft, Eduard 83,332 Kramer, Gernot 5 Krawehl, Ernst 282, 283 Kreglinger, Johann Sebald 20 I Kreutzer, Komponist 60 . Krumm, Margot 187 Kücken, Komponist 60 Kuhhirt 202 Kühl, Uwe 240 Kusel, Rudolf 77, 100
Laclll1er, Vincenz 274,346 Lacker, Erich 352,366 Lacroix, Emil 145 Landgraf, Hanne 371 Lang, Heinrich 306 Lange, Helene 278 Langewiesche, Dieter 90, 368-370 Langhein, Cart I 75, 176 Lanzano, Franz Joseph 70, 93, 284, 285 Lauer, Hans 32 Läuger, Max 25 Lausch, Willi 332
378
Lederer, Arno 371 Leiber, Gottfried 360, 361 Lenbach, Franz von 319 Lenzinger, Konrad 331 Leoohardt, Fritz 326 Leußler, Kart 319 Levi, Hermann 168, 170,274-276, 346, 347 Lichtwark, Alfred 174, 176 Lilienthai, Olto 152, 156 Lindner, A. 166 Liszt, Franz 168, 170 Lörcher, Alfred 296 Lorenz, Wilhelm 365 Lott, Doris 360 Louis Philipp, König 243 Löw, Hanns 304 Ludwig, Christian Gottlieb 142, 145 Lüpertz, Markus 323 Luther, Martin 211-213
Mahler 167 Maier, Franz 345 Maiseh, Damian 293 Maiseh, Herbert 335 Maiseh, Qualibert 293 Malaparte, Curzio 283 Malseh, Jakob 77, 100 Manby 228 Männing, Kart 100 Mare, Franz 158 Margendorff, W. 184 Marschner, Heinrich August 60 Martin, Egon 365 Martin, Kurt 182 Martinssohn, GWlI1ar 5 Marurn, Ludwig 347 Mathy, Karl 99; 102, 338 Maul , Johann Wilhelm 217,218, 220, 222 Maul , Frieda 221 Maul, Alfred 217,219,222 May, Amtmann 301 May, Ernst 3 Mcerwein, Cart Fricdrich 151-156 McITcr, M. 33
Mehldau, Jochen Karl 333 Mehring, Franz 87 Mehrtens, H. 4 Melanchthon, Philipp 103, 209,211,212 Mendelssohn, Arnold Ludwig 275 Menz, Lothar 356 Menzinger, Toni 371 Merian, Matthäus 103,306 Merkei, Ursula 329 Mertens, Dieter 105 Metternich, Fürst von 58 Mettemich, Gennain 97 Meyerbeer, Giacomo 275 Michel, Annette 358 Michels, Ulrich 345 Mieroslawski, Adam 94 Mieroslawski, Ludwig 92,93,94 Miller, Kriegskommissar 93 Mittemlaier, Kar! Joseph Anton 128, 129 Moest, Friedrich 246 Moh, Heinz 164 Mohr, Alexander 331 , 332, 336 Möhrle, Karl 231 Moldenhauer, R. 102 Mone, Franz 76 Montgolfier 153 Moser, Kolman 257 Moser, Karl 37 Mottl, Felix 168-170, 172, 173,346 Mozart, Wolf gang Amadeus 170, 172,275 Müller, Carl 288 Müller, Christian Andreas 287 Müller, Christian Friedrich 287, 288 Müller, Christina 343 Müller, Martin 202, 205 Müller, Wilhelm 100,288 Müller, Wilhelmine 288 Müller, Willi 62 Müller, Wilhelm Jeremias 192,297, 305 Munz, Theodorsen. 285, 286 Munz, Theodorjun. 287 Munz, Jakob 286 Munz, [da, geb. [ssleiber 286
Nachmann, Hertha 371 Nagel, Dieter 336 Nägeli, Hans Georg 58 Napoleon Bonaparte 135, 313,347 Naumann, Luise 371 Neff geb. Meub, Magdalena 270,271 Nehm, Kay 365 Nett, Adolf 271 Netzer, Hubert 296 Neumann, Angelo 170 Neumann, Joachim 364 Neumeister, Albert 2 Niddanus, Catharina 211 Niddanus Pistorius dJ. , Johannes 209-213 Niddanus Pistorius d. Ä. 211 Niesyto, Annette 330, 333 Nohe, Friedrich Wilhelm 63 Nokk, Wilhelm 269, 270, 338 Nalte, Paul 356 Norden, Albert 89 Norden, v., Architekt 33
Oelker, Simone 362 Olm, J ürgen 323 Oncken, Hennann 87 Orbin, Erzbischof 269 Ordenstein, Heinrich 286 Ostendorf, Friedrich 25, 284 Ostwald, Wilhelm 267 Otto, Julius 60
Panzer, Friedrich 184 Paulmann, Johannes 369 Paumgartner, Hans 168 Paur, Max 172 Pecht, August 122, 124 Pestalozzi, Johann Heinrich 58, 128 Peter, Johann Hebel 104 Peterek, Michael 362 Petrasch, Ernst 255,334 Pettenkofer, Max von 125 Pfeifer, Architekt 25 Pflästerer, Karl 3 Philipp, Franz 166
379
Philipp (der Großmütige), Landgraf 213 Picasso, Pablo 158, 323 Pieck, Wilhelm 88 Pierot, Joseph 20 I, 205 Platz, Fritz 29 Poetzelberger, Robert 175 Possart, Ernst von 275 Presley, Elvis 188 Pretsch, Peter 329,330, 347,348 Preuß, Hugo 87 Preuß, Monika 372 Preußen, Friedrich Wilhelm IV., König 98,
314 Printz, Eduard 150, 151 Pullitz, Edler zu 169
Raab, Friedrich 10 Raeder, G. 148 Rathenau, Walther 87 Ratzei, Friedrich 294,302 Reger, Max 165-167 Reich, Lucian 105, 108 Reichwein, Wilibald 206:209 Reichwein, Herta 206 Reinhard, Johann 293 ReinIe, Heinrich 196, 198 Reiss, L. 319 Reuchlin, J ohanoes 103 Reutlinger, Elkan 250 Reullinger, Moritz 147 Richter, Hans Werner 183,282 Riegger, Luise 277, 278,279,281 ,371 Ringler, Harald 364, 367 Riphan, W. 4 Ritter, Caspar 175 Rödiger-Diruf, Erika 323,367 Roellecke, Eiga 341 , 356 Roggenbach, Franz von 339 Rohe, Mies van der 3 Röhl, Johan C. G. 248 Röhrig, Walter 367 Roller, Christian F. W. 214 Roller, Otto Konrad 146 Rombach, Rüdiger 271
380
Rosenberg, Alfred 266 Rosenberg, Hans 243 Rösiger, Hans Detlev 28 Rösiger, Dellef 4 Roßkotten, Architekt 4 Rößler, Fritz 2 Rößling, Wilfried 329, 345, 372 Rossmann, Erich 8,33 Rotermund, H. 8 Rothärmel, Josepha 148 Rott, Hans 334 Roux, Karl 124 Ruck, Michael 364 Rückert, Leopold 290 Rückert, Peter 346 Rüdiger, Kurt 185, 186, 187 Rudolph 11., Kaiser 213 Rudolph-Cleff, Annette 364 Rupprecht, Rainer 39 Russel , engl. Außenminister 271 Rutsclunano, Finanzrat 129
Sachs, Johann Christian 210 Sachsen-Teschen, Albert, Herzog von 141 Salaba, Marie 346 Sauekel, Fritz 193 Savigny, Carl von 265 Schaefer,Oda 183, 188 Schaeffer,Manfred 360 Schaffuer, Martin 113, 114, 118 Scharbach, Johano Friderich 201,205 Scheffel, Joseph Victor von 73 , 184, 333 Schell er, Erna 371 Schelling, Erich 12, 311 Schiff, Hugo 285 Schiller, Frieru:ich von 122, 124, 169,265 Schirmer, Johano Wilhelm 120 Schlechter 107 ScWesiger, Horst 330,336,340 Schlettwein 155 Schloms, Oskar 32 Schlosser 276 Schmidt, Arno 283 Schmidt, Hans 2
Schmidt, Hans-Werner 329 Schmidt-Rottluff, Karl 158 Schmitt, Bernhard 362 Schmi tt, Peter 362 Schmitthenner, Paul3, 327 Schnabel, Franz 88 Schnabel, Thomas 355 Schnarrenberger, Wilhelm 158 Schneeberger, Gottfried Abraham 143, 146 Schneider, Arthur v. 334 Schneider, Herrnann 2, 27, 70, 362 Schneider, W. 216 Schnellbach, Rudolf 255, 334 SchnetzIer, Karl 37, 232, 280 Scholl, Karl Benjamin Friedrich 55, 58,59 Scholtz, Julius 157 Scholtz-Klink, Gertrud 278 Scholz, Georg 158 Schönberg, Arnold 166, 167 Schönleber, Gustav 37, 174, 175 Schöpflin, Johann Daniel 103, 210 Schöpflin, Hans 273 Schrag, Otto 183 Schreiner, Ernst 341 Schricker, Ivo 62 . Schubert, Franz Peter 60, 167, 172 Schuberth, Christian Friedrich 142, 145 Schuhladen-Krämer, Jürgen 102, 321,322 Schultz-Hector, Marianne 330 Schultze-Naumburg, Paul 4 Schumacher, Johannes 204 Schumacher, Augusta, geb. Vortisch 204,
205 Schumann, Clara 275 , 276, 346 Schumann, Ludwig 275 Schumann, Robert 275 Schurth, Carl 175 Schwarting, Andreas 362 Schwarz, Benedikt 56 Schwarz, Michael 158 Schwarzmaier, Hansmartin 105, 335, 346,
372 Schwarzmaier, Lore 372 Schwedhelm, Karl 184
Schweger, Peter P. 365 Schweizer, Herbert 252 Schweizer, Otto Ernst 10, 11,33 Schweykert, Friedrich 35 Schwind, Moritz von 164 Schwirkmann, Klaus 345 Schwitters, Kurt 362 Sedlmayr, Walter 187 Seemann, Oskar 2 Seghers, Anna 266 Seidl, Anton 170 SeidIitz, Woldemar von 176 Seiler, Gerhard 323, 365 Seippel, Friedrich II Selg, Karl 5,34 Seurat, Georges 158 Shaw, Bernard 170 Shaw, Thomas 142 S'cheneder, Godehard 345 Siebenmorgen,Harald 333, 348, 357, 362,
370 Siegrist, Geschäftsflihrer 184 Siegrist, Karl 222 Siemann, Wolfram 369 Sieverts, Thomas 6, 7 Sigel, Franz 90,91 , 93 , 94 Signac, Paul 158 Smetana, Bedrich 172 Söllner, Gerhard 342 Solter, Fany 345 Sophie von Schweden 276 Späth, Lolhar 159 Specht, Stadtpfarrer 301 Spieß, Adolf 218 Splinter, Dieter 305 Spoerer, Mark 368 Spuler, Erwin 178, 329 Stahlberg, Inge 282, 283 Stamm 90,91 Standhartner, Henriette 172 Stargard, Johann Michael 205 Staroste, Offizier 331 Steck, Volker 370 Steinhäuser, Carl 311
381
Steinhäuser, Christoph Ernst 80 Steinmetz, Karl 67, 332 Stellwag, Ernil 207 Stetten, Leo von 100 Steyrer, Philipp Jakob 108 Stier, Bembard 240 Stimmer, Tobias 118 Stockhausen, Julius 276 Stockhorn, F. von 123 Stösser, Ludwig v. 244 Stratmann-Döhler, Rosemarie 348,357 Straub, H. 208 Straube, Karl 167 Strauss, Richard 172 Strauß, Emil 184 Strauß, Joseph 167, 168, 274 Streicher, Julius 266 Streidel, C. W. 64 Streidel, A. 64 Strigel, Bernhard 113, 115,117, 118 Struve, Gustav 66-68 , 70, 285 Stüber, Jakob 100 Stürmer, Michael 240 Sutor, Emil 178, 296 Sutter, Friedrich 82 Sybel, Heinrich von 85 Sznayde, General 94
Taut, Bruno 3 16 Taut, Max 316 Teschauer, Otto 345 Tetsch, Johann 48 Theilmann, Rudolf 119 Thiebauth, Phi li pp Adam 70 Thoma, Hans 104,157,158,273 Thorne, Oberst 94 Thran, August Theodor 146 Thran, Christian 142-146 Thran, Johann Christi an 146 Thran, Rosina, geb. Kummer 146 Tiedemann, Gustav Nikolaus 92 Tobian, Oberleutnant 94 Todt, Fritz 4,326 Treitschke, Heinrich von 85
382
Treutlein, Peter 279, 280 Troeltsch, Ernst 87 Trübner, Wilhelm 273 Tunis, Bey von 144 Turban, Ludwig 244, 338 Tyrahn, Gcorg 175 t'HolT, van 267
Uhland, Ludwig 123 Uhlig, Günther 362 Unger-Soyka, Brigitte 330
Valdenaire, Arthur 296 Valentin, Veit 87, 89 Varnbühler, AmtmaJUl 212 Veit, Hennann 88 Verdi, Giuseppe 170 Vesalius, Andreas 209 Vestner, Dieter 349 Viardot-Garcia, Pauline 275 Victoria, Königin von Schweden 109,289 Vittali, Wilhelm 2 Vogel, Johann Georg 100 Volke, Friedrich Wilhelm 306 Volkmann, Hans von 175 Volz, Hennann 112, 116, 349
Wach, Architekt 4 Wagner, Ernst 271,333 Wagner, Cosima 170 Wagner, Richard 168, 169, 170, 172, 272, 275,276, 346, 347 Wagner, Robert 45 , 363 Wagner, Siegfried 170, 172 Wahl, Karl 295,296 Wahrer, Karl 81, 82 Wa\ch, Anna . 371 Wäldele, Walther 260 Walder, Hernlann 48 Wallenstein 157 Walter, Giscla 371 Walter, Hennann 11 , 29 Walter, Martin 336 Walter, Wilhelm 311
Weber, Carl Maria von 60 Weech, Friedrich von 210 Wehler, Hans-Ulrich 242 Weigel,Ilse 330 Weinbrenner, Friedrich 14-16, 22,23,37, 123,146, 161 , 162, 192,224,288,305,340, 360,361 Weinbrenner, Johann Ludwig 203 Wendt, Gustav 61 , 279, 280 Wenger, Arzt 93 Werder, August von 307 Werner, Josef 330,331,335,336,339,365 Werner, Maximilian 90 Werzinger 366 Westenfeld, Karl 39 Westermann, General 137 Wetzlar 129 Wiehern, Johann Heinrich 213,214 Wied und Neuwied, Maximilian Prinz zu 104,
107 Wiese, Wolf gang 345 Wilderer, Emma 339 Wilhelm (der Siegreiche) 307 Wilhelm 1., deutscher Kaiser 86, 110, 276,
289, 313,314 Wilhelm 11., deutscher Kaiser 86, 247, 248,
276, 312 Will, Konzertmeisters 275 Willett, Alexander 11 , 29 Willms, Johannes 241 Windhorst, Ludwig 333 Winkler, Hermann 365 Wirth, Helmuth 165
Wißmar, Sophie 271 Wolf, Christa 265 Wolfensberger, W. 216 WolJI, Friedrich 47,48 Wollf, Gottlob Friedrich 47 Wollf, Vera 47 Wucherer, Hofrat 141 WuesthoJI, Freda 281 Würtenberger, Ernst 273 Würthle, Friedrich \04, \05
Y saye, Eugene 172
Zabotin, Wladimir 295, 296 Zajonk, Horst 365 Zehender, Gerhard 116 Zeipert-Haßinger, G. 330 Zelt, Hermann 305 Z ~lter, Carl Friedrich 58 Zeppelin, Ferdinand Graf von 15 Ziegler, Julius 129 Ziegler, Karl 70 Zimmer, Hermann 100 Zippelius, Hans 28 Zittel, Ernil 276 Ziwes, Franz-Josef 372 Zumkeller, Verena 365 Zumpe, Hermann 172 Zurkowski, Alexander 93 Zuschlag, Christoph 329 Zweibrücken-Veldenz, Anna von 249 Zwickel, Caspar 203, 205 Zwingli, Ulrich 212
383
Bildnachweis
S.3 Bildstelle der Stadt Karlsnme S. 7 Bildstelle der Stadt Karlsnme S. IO Bildstelle der Stadt Karlsruhe S.1I Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 12 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S.15 StadtAK 7/N1 Pflästerer S. 16 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 17 Harald Ringler S. 19 Harald Ringler S.22 Hirsch, F.: 100 Jahre Bauen und
Schauen S. 23 StadtAK SIPBS oXlIlb 259 S. 26 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 27 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 2S Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 31 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 32 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 33 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 35 StadtAK 8IPBS oXIVa 1965 S.3S Curjel&Moser, Städtebauliche
Akzente Wl1 1900 in K ' he, S. lOS S. 40 StadtAK SIPBS oXlV g 23 S. 43 StadtAK S/Diaslg. XIVg 77 S. 46 StadtAK IrrBA 40S S. 49 StadtAK S/Diaslg. XlVf95 S. 52 StadtAK S/Diaslg. XlVa S66 S. 57 StadtAK SIPBS X 3435 S. 59 Schwarz: Chronik der Gesellschaft
Eintracht S. 62 Festschrift: 90 Jahre Karlsruher Fuß-
ball verein, S. 4S S. 69 StadtAK SIPBS XIVe 154 S. 73 StadtAK SIPBS 111 12S4 S. 75 StadtAK SIPBS III 2S4 S. 77 StadtAK SIPBS III S43 S. 79 StadtAK S/Diaslg. V 16 S. SI StadtAK 8IPBS oXIVa 1409 S. 92 StadtAK SIPBS V 343 S. 96 Badisches Landesmuseum Karlsruhe S. 10 I StadtAK SIPBS 111 7S5 S. 104 Badische Landesbibliothek Karlsruhe
3S4
S. 105 Badische Landesbibliothek Karlsruhe S. 106 Badische Landesbibliothek Karlsruhe S. 107 Badische Landesbibliothek Karlsruhe S. 109 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 110 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 112 Badisches Landesmuseum Karlsruhe S. 113 Badisches Landesmuseum Karlsruhe S. IIS Staatliche Kunsthalle Karlsruhe S. 119 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe S. 120 Staatliche Kunst11alle Karlsruhe S. 122 Sotheby's, Band V Gemälde & Druck-
graphik Nr. 3393 S. 127 Kulm, K. : Die Gewerbeschule Karls-
ruhe, 1927, S. 107 S. 129 StadtAK S/Diaslg. CD 0742 Nr. 33 S. 133 Landesbildstelle Baden S. 137 Heinz Straub S. 139 Heinz Straub S. 143 StadtAK S/StS 18 B 36 S. 147 StadtAK SIPBS XlVa 600 S. 14S privat S. 152 Heinz Straub S. 153 Heinz Straub S. 157 Badischer Kunstverein S. 159 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 161 StadtAK SIPBS 0111 322 S. 163 StadtAK SIPBS oXIVa 6S6 S. 164 StadtAK SIPBS XlVc 8S S. 166 Max-Reger-Institut Karlsruhe S. 169 StadtAK SIPBS 0111541 S. 171 privat S. 174 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe S. 175 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe S. 179 Landesdenkmalamt Karlsruhe S. ISI StadtAK SIPBS oXlIlc 397 S. IS2 StadtAK 8IPBS oXIIIc 396 S. 190 Landesbildstelle Baden S. 195 Jürgen Schuhladen-Krämer S. 199 "DerFührer", 4. März 1934 S. 207 StadtAK 7/N1 Reichwein 74 S. 20S StadtAK SIPBS oXIVc 196
S. 210 StadtAK 8IPBS oXIIIa 307 S. 211 Hans-Jürgen Günther S. 214 Landeskirchliches Archiv Karlsruhe S. 217 StadtAK 8IPBS III 1014 S. 221 StadtAK 8IPBS XI 1343 S. 224 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 225 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 226 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 229 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 230 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 231 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 233 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 234 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 235 Stadtwerke Karlsruhe GmbH S. 238 Hamburg, electrum • Das Museum
der Elektrizität S. 246 StadtAK 8IPBS oXIVb 24 S. 249 StadtAK 8IPBS I 558 S. 251 Herbert Schweizer S. 253 "Badische Landeszeitung", 24. De-
zember 1898 S. 255 privat S. 258 privat S. 260 StadtAK 8IPBS oIII 1279a S. 265 StadtAK 8IPBS III 519 S. 267 privat S. 268 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 269 StadtAK 8IPBS III 11 02 S. 270 Deutsche Apotheker-Zeitung 121.
Jhrg. 1981, Nr. 7, 12.2.1981, S. 345 S. 272 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 273 Sammlung Dethleffs, Isny S. 274 StadtAK 8IPBS oIII 464
S. 277 StadtAK 8IPBS 01 3 I S. 278 BNN-Archiv S. 279 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 280 StadtAK 8IPBS oIII 1728 S. 282 Heima Hasters S. 283 Südwestdeutsches Archiv fur Archi-
tektur S.285 StadtAK 8IPBS oV II S. 286 StadtAK 8IPBS oIII 1761 S. 287 privat S. 288 StadtAK 8IPBS I 422 S. 290 Generallandesarchiv Karlsruhe S.293 Weech, F.v.: Geschichte der Stadt
Karlsruhe Bd. I, S. 448 S. 295 StadtAK 8IPBS XIVb 218 S. 297 StadtAK 8IPBS oXIV a 1646 S. 299 Manfred Koch S. 301 StadtAK IIHBA 38 S 303 Gerhard Kabierske S. 304 Gerhard Kabierske S. 305 StadtAK 8IPBS oXIVc 59 S. 306 StadtAK IIHBA 40 S. 308 StadtAK 8IPBS oXIVb 594 S. 310 StadtAK 8IPBS oXIlIb 58 S. 312 StadtAK 8IPBS oXIVa 353 S. 314 Generallandesarchiv Karlsruhe S. 315 Walter Dukek S. 317 Südwestdeutsches Archiv fur Archi-
tektur S. 318 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 320 Landesdenkmalamt Karlsruhe S.321 StadtAK 8IPBS oXIVb 908 S. 323 Bildstelle der Stadt Karlsruhe S. 326 Landesdenkmalamt Karlsruhe
385
l I
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Dr. Susanne Asche, Stadtarchiv Karlsruhe
Dr. Brigitte Baumstark, Städt. KunstsammJungen Karlsruhe
Prof. Dr. Erich Beyer, Universität Karlsruhe
Dr. Ernst Otto Bräunehe, Leiter des Stadtarehivs Karlsruhe
Dr. Jutta Dresch, Kunsthistorikerin
Dr. Peter Michael Ehrle, Leiter der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe
Ute Grau M.A., Historikerin
Hans-Jürgen Günther, Oberstudienrat
Rainer Gutiahr, Oberstudienrat
Dr. Barbara Guttrnann, Historikerin
Prof. Frithjof Haas Reiner Haehling von Lanzenauer,
Jurist und Historiker Heima Hastcrs,
Verlegerin Amalie Heck,
Rektorin a.D. Dr. Michael Heck,
Kulturreferent der Stadt Karlsruhe Dr. Kurt Hochstuhl,
Staatsarchiv Stuttgart Priv. Doz. Dr. Klaus-Peter Hoepke,
Universität Karlsruhe Dr. Siegmar Holsten,
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe Dr. Gerhard Kabierske,
Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau an der Universität Karls- ruhe
386
Dr. Gerhard Kaller, Archivdirektor a.D.
U1rich Kinzier, Staatl. Forstamt Karlsruhe
Prof. Dr. J an Knopf, Universität Karlsruhe
Dr. Manfred Koch, Stadtarehiv Karlsruhe
Dr. Margarete Kraft, Oberstudiendirektorin
Hans-Jürgen Kremer M.A. Historiker
Erich Lacker, Oberstudienrat a.D.
Dr. Gottfried Leiber, Ltd. Baudirektor a.D.
Dr. Herbert Linder, Historiker
Dipl.-Ing. Dieter Ludwig, Leiter der Verkehrsbetriebe
Dr. Michael M artin, Leiter des Stadtarehivs Landau
Dr. Ursula Merkei, Städt. Kunstsammlungen Karlsruhe
Alexander Mohr M.A. , Historiker
Dr. Leonhard Müller, Forum für Stadtgeschichte und Kultur
Dr. Christof Müller-Wirth Albrecht Münch,
Präsident des Bad. Sängerbundes Dr. Klaus Oesterle,
Direktor des Markgrafengyrnnasiums Wolfgang Paech,-
Direktor der Heinrich-Meidinger-Schule Dr. Ulrike Plate,
Landesdenkmalamt Karlsruhe Dr. Peter Pretsch,
Leiter der Stadtgeschichtlichen Sammlun- gen Karlsruhe
Dr. Frank Raberg Kommission rur geschichtliche Landes- kunde Baden-Württemberg
Dr. Clemens Rehm, Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe
Dr. Harald Ringler, stellv. Leiter des Stadtplanungsamtes Karlsruhe
Dr. Wilfried Rößling, Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe
Dr. Herrnann Rückleben, Leiter des Landeskirchlichen Archives Karlsruhe
Angelika Sauer, Stadtarchiv Karlsruhe
Prof. Dr. Harald Siebemnorgen, Leiter des Badischen Landesmusewlls Karlsruhe
Dr. Christof Schiller, Rechtsanwalt
Armin Schlechter, Badische Landesbibliothek Karlsruhe
Dr. Heinz Schmitt, Amtsleiter Stadtbibliothek, Archiv, Sarnm- lungen der Stadt Karlsruhe
Dorothea Schmitt-Hollstein, Journalistin
Markus Schneider, Stadtwerke
Prof. Andreas Schröder, Musikhochschule Karlsruhe
Jürgen Schuhladen-Krämer, Historiker
Prof. Dr. Hansmartin Schwarzmaier, Leiter des Badischen Generallandes- archivs Karlsruhe a.D.
Diana Stöcker, Badenwerk Karlsruhe
Dipl.-Ing. Heinz Straub Prof. Dipl.-Ing. Jürgen Ulmer,
Leiter der Stadtwerke Paul Wehrle,
Gymn. Prof. a.D. JosefWerner,
Journalist Gerda Willig,
Stadtwerke
387
l
ISBN 3-7617-0091-1
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmmClFyyGegjB/Blick%20in%20die%20Geschichte%201993-1998.pdf
Kulturamt Stadt Karlsruhe_Jahresbericht 2015_Juli 2016.indd
Stadt Karlsruhe Kulturamt
Jahresbericht 2015
KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE
KULTURAMT | 3
www.karlsruhe.de
INHALTSVERZEICHNIS Kulturelle Vielfalt, gesellschaftliches Miteinander und Partizipation – die Arbeit des Kulturamtes 2015 im Überblick ....................................................................... 4
Allgemeine Verwaltung/Zentrale Dienste ................................................................................ 6
Kulturbüro ............................................................................................................................ 8
Städtische Galerie ............................................................................................................... 16
Stadtarchiv & Historische Museen ........................................................................................ 20
Stadtbibliothek .................................................................................................................... 26
4 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 5
www.karlsruhe.de
DIE ARBEIT DES KULTURAMTES 2015 IM ÜBERBLICK KULTURELLE VIELFALT, GESELLSCHAFTLICHES MITEINANDER UND PARTIZIPATION
2015 standen der Stadtgeburtstag, vor allem aber die Schärfung des im Kulturkonzept verankerten Kulturbegriffs im Zentrum. Die Arbeit des Kulturamts wurde wieder von der Überzeugung geleitet, dass das Recht auf Kultur als ein Grund- und Menschenrecht gelten soll. Die Ermöglichung der kulturellen Vielfalt und der allgemeinen Teilhabegerechtigkeit waren prioritäre Ziele des Kulturamts, das sich dem Individuum als dem Subjekt kulturellen und künstlerischen Handelns verpfl ichtet sieht. Vor allem der Stärkung der kulturellen Vielfalt, der Integration und der Partizipation wurden viele Anstrengungen gewidmet und hierfür neue Wege gegangen.
Die Stadtbibliothek legte einen Informationsfl yer auf, der die frei zugänglichen Angebote für Gefl üchtete und für die Arbeit der Ehrenamtlichen aufl istet. Stadtarchiv & Historische Museen erarbeiteten erneut partizipativ angelegte Ausstellungen und setzten – wie auch die Städtische Galerie – die Kooperation mit der vhs Karlsruhe fort, Teilnehmende der Integrationskurse in die Dauerausstellungen einzuladen. Dieses Vorhaben mit dem Titel „Kunst und Integration. Migrant/innen lotsen Migrant/innen“ dient zum einen dem Spracherwerb und führt gleichzeitig zu einem interkulturellen Kunstverständnis und dem Kennenlernen der Geschichte Karlsruhes. Inzwischen wird dieses 2012 vom Kulturamt initiierte Projekt auf der Ebene des vhs- Bundesverbandes als „Modell Karlsruhe“ gehandelt, das in anderen Städten Nachahmer fi nden kann.
Ebenfalls eine Vorläuferrolle übernahm Karlsruhe, als auf Anregung des Kulturamtes hin die Generalkonferenz der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR), die im Oktober in Karlsruhe stattfand, sich dem Thema „Welcoming cities“ widmete. Erstmals wurde explizit die Bedeutung der Rolle der Kommunen im Umgang mit Flucht und Asyl, Integration und Willkommenskultur unterstrichen. Die Abschlusserklärung dieser Konferenz war der Auftakt für die UNESCO, in 2016 Leitlinien und Handreichungen mit den Städten zu erarbeiten für die Unterstützung der Städte beim Entwickeln einer Willkommenskultur.
In der zweiten Jahreshälfte war auch das Kulturamt aufgefordert, ein umfassendes Konzept für den Haushaltsstabilisierungsprozess (HASPKa) zu erarbeiten. Dabei wurden sowohl die eigenen Einrichtungen genau betrachtet als auch die gesamte städtisch geförderte Kulturszene. Leitlinien für die Kürzungsvorschläge waren dabei die Setzungen, die der Kulturerklärung für Karlsruhe und den obersten Zielen des Kulturkonzeptes zugrunde liegen. Trotz aller Kürzungen soll das Recht auf Kultur gelten und das gesellschafts- und kulturpolitische Bekenntnis zu den Menschenrechten Ausdruck fi nden. Es geht um die weitgehende Beibehaltung des Niveaus und der Vielfalt der Angebote trotz aller Einschränkungen. Eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe erarbeitete in mehreren Sitzungen ein tragfähiges Konzept, vor allem die Abteilung Allgemeine Verwaltung/Zentrale Dienste war bei der HSPKa gefordert, die notwendige Zahlenbasis zu liefern, Formulare auszufüllen und Berechnungen anzustellen.
Auch der Stadtgeburtstag „300 Jahre Karlsruhe“ spielte für die Arbeit des Kulturamtes eine große Rolle. Mit herausragenden Ausstellungen, der Ausrichtung von nationalen und internationalen Konferenzen und umfänglich-vielseitigen Unterstützungen der Jubiläumsveranstaltungen trugen wir viel für das Gelingen und auch die überregionale Strahlkraft der Kulturstadt bei.
Die Städtische Galerie, die in den ersten Monaten noch mit der Rücklagerung der Kunstwerke der wegen Sanierung der Sprinkleranlage ausgelagerten Kunstwerke befasst war, zeigte drei umfangreiche Ausstellungen. Vor allem die dem badischen und Karlsruher Baumeister Friedrich Weinbrenner gewidmete Jubiläumsausstellung, die gemeinsam mit dem Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau am KIT erarbeitet wurde, fand sehr große überregionale Beachtung.
Stadtarchiv & Historische Museen konnten große Fortschritte bei der Bestandserhaltung, unter anderem durch den erfolgreichen Neustart des Projekts „Rettung historischer Bauakten“, und beim Sammlungsaufbau erzielen und waren in allen Aufgabenbereichen der historischen Bildungsarbeit präsent. Die Digitalisierung der Bestände wurde ausgebaut, das digitale Stadtlexikon der Öffentlichkeit präsentiert. Unter der vielseitigen Ausstellungstätigkeit sticht die Doppelpräsentation von Pfi nzgaumuseum und Stadtmuseum „Genug gejubelt!? Pleiten, Pech und Glücksfälle der Stadtgeschichte“ heraus. Neue Wege der Gesprächskultur wurden mit der Einführung des „Historischen Mittwochabends“ gesucht. Ebenso konnte der Deutsche Archivtag nach Karlsruhe geholt werden, der auf großes Interesse stieß.
Die Stadtbibliothek mit Hauptstelle, Zweigstellen und Medienbus konnte die Zahl der Medienentleihungen im Vergleich zum Vorjahr nochmals steigern auf nun über 1,7 Millionen. Der digitale Wandel zu E-Medien, E-Book-Reader und digitalem Bücherregal hat die Stadtbibliothek endgültig erreicht, zumal nun auch alle Zweigstellen mit E-Book-Readern ausgestattet wurden. Das Medienangebot erreicht fast alle Kreise der Stadtgesellschaft, auch weil die internationale Weltpresse digital vorliegt und umfänglich genutzt wird. Die Kinder- und Jugendbibliothek ist weiterhin ein Attraktionspunkt und hat erneut ein Rekordergebnis erzielt.
Das Kulturbüro, das 2015 eine neue Leitung bekam, war über die gewöhnliche alltägliche Tätigkeit hinaus in sehr viele künstlerisch-kulturelle Projekte zum Stadtgeburtstag fördernd und beratend eingebunden und mit der Organisation der schon genannten Tagung der ECCAR befasst. Erstmals wurde unter anderem der im Kulturkonzept verankerte Fördertopf für interdisziplinäre Projekte an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Technologie ausgeschrieben. Zudem wirkte das Kulturbüro beispielsweise bei der Konzeption und Umsetzung der Kulturmarketing-Kampagne mit, die gemeinsam mit der Stadtmarketing Karlsruhe GmbH und der Karlsruhe Tourismus GmbH erarbeitet wurde.
Und wie schon im letzten Jahresbericht sei hier nochmals neben dem Recht auf Kultur mit Friedrich Schiller betont: „Kunst ist eine Tochter der Freiheit.“
Dr. Susanne Asche Leiterin Kulturamt
6 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 7
www.karlsruhe.de
ALLGEMEINE VERWALTUNG/ ZENTRALE DIENSTE Die Abteilung erbringt als Querschnittseinheit zentrale Verwaltungsdienstleistungen für das gesamte Kulturamt. Dies geschieht in den Bereichen Personal, Finanzen, Organisation, Controlling, IuK sowie durch organisationsübergreifende Servicedienste, wie Buchbinderei und Aufsichtspool.
Nachfolgend Daten zur personellen Entwicklung des Kulturamts und zu den Finanzen:
PERSONALBESTAND
ANZAHL DER MITARBEITER/INNEN VOLLZEITSTELLEN IST-STELLEN
zum 31.12.2013
zum 31.12.2014
zum 31.12.2015
zum 31.12.2013
zum 31.12.2014
zum 31.12.2015
Direktion 2 2 2 2 2 2
Verwaltung insgesamt darunter: Verwaltung Aufsichtspool
Stammpersonal Saisonpersonal
Buchbinderei
53
8
32 7 6
52
8
33 5 6
53
8
33 5 7
37,59
6,5
21,03 4,44 5,62
36,42
6,82
20,77 3,21 5,62
36,42
6,82
20,77 3,21 5,62
Kulturbüro 20 21 21 17,07 18,06 18,06
Kunstsammlungen 14 13 12 11 10 10
Stadtarchiv & Historische Museen
20 20 23 17,86 17,86 20,06
Stadtbibliothek* 66 64 64 52,24 51,70 52,41
175 172 175 137,76 136,04 138,89
* Haupt-, Jugend-, Amerikanische Bibliothek und Stadtteilbibliotheken
WEITERE KENNZAHLEN ZUR PERSONALWIRTSCHAFT
zum 31.12.2013 zum 31.12.2014 zum 31.12.2015
Frauenanteil insgesamt 72,32 % 71,53 % 69,71 %
Frauenanteil Leitungsebene 66,00 % 66,00 % 50,00 %
Volontariate, Auszubildende, studentische Praktika **
2 / 7 / 13 + 3 GBJ
2 / 8 / 17 + 4 GBJ
2 / 7 / 13 + 4 GBJ
Fehlzeitenquote 5,6 % 6,0 % 6,9 %
Schwerbehindertenquote 13,71 % 14,53 % 13,14 %
** Darüber hinaus wurden zahlreiche kurzzeitige Betriebspraktika durchgeführt.
FINANZEN
2013 2014 2015
Buchungsfälle im SG Finanzen 8.545 9.325 10.439
KULTURETAT
2013 2014 2015***
IST Anteil IST Anteil IST Anteil
Ordentlicher Aufwand davon Personal- und
Versorgungsaufwand davon Sachaufwendungen davon Abschreibungen davon Transferaufwendungen
an Badisches Staatstheater (inklusive Zinsaufwand für Kulissenlager)
davon Transferaufwendungen an ZKM
davon Transferaufwendungen an weitere kulturelle Institutionen und kulturelle Projekte
47.420.101 € 7.752.856 €
2.811.884 € 916.339 €
21.898.603 €
8.126.900 € 5.913.519 €
16,4%
5,9% 1,9%
46,2%
17,1% 12,5%
48.195.700 € 8.189.753 €
2.635.881 € 933.388 €
21.810.201 €
8.526.200 € 6.100.277 €
17,0%
5,5% 1,9%
45,3%
17,7% 12,6%
52.853.902 € 8.432.706 €
3.614.951 € 957.410 €
23.149.451 €
8.933.000 € 7.766.384 €
16,0%
6,8% 1,8%
43,8%
16,9% 14,7%
Ordentliche Erträge 1.968.289 € 2.010.052 € 2.089.368 €
*** vorläufi ge Prognose, da Rechnungsabschluss 2015 noch nicht erfolgt ist.
Die Erhöhung des Aufwands im Jahr 2015 resultiert insbesondere auch aus Maßnahmen im Rahmen des 300. Stadtgeburtstages.
BUCHBINDEREI
AUFTRÄGE FÜR 2013 2014 2015
Stadtbibliothek 58 % 56 % 60 %
Stadtarchiv & Historische Museen
31 % 33 % 25 %
Externe 11 % 11 % 15 %
AUFSICHTSPOOL
2013 2014 2015
Anzahl der Ausstellungen 19 20 18
Bedarf an Aufsichtsstunden ****
40.025 41.666 42.756
**** inkl. Ausstellungseröffnungen, Konzerte, KAMUNA, Museumsfeste und sonstige Sonderveranstaltungen
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KULTURBÜRO AUFGABEN ALLGEMEIN UND SCHWERPUNKTE 2015
1. KULTURFÖRDERUNG UND BERATUNG
Das Kulturbüro ist die zentrale Förder- und Beratungsstelle für institutionelle und freie Kulturakteure in der Stadt. Es geht von einem weiten Kulturbegriff aus, wie er im Kulturkonzept 2025 seinen Niederschlag gefunden hat. Die Förderung wie auch eigene Projekte orientieren sich – neben den Vorgaben des Haushalts – vielfach an den Handlungsfeldern des Kulturkonzepts 2025 sowie an gesellschaftlichen Themen und Entwicklungen.
Die Kulturförderung umfasst die Prüfung und Bearbeitung von institutionellen und projektbezogenen Förderanträgen und die Ermöglichung, Begleitung und Betreuung von Projekten der geförderten Kulturträger. Sie umfasst daneben die Beratung in Bezug auf Räume, Projektpartner, Fördermöglichkeiten, Drittmittelerschließung, Infrastruktur, Vernetzung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Presse. Wichtiger Bestandteil der Förderung sind ebenso die Kontrolle der Mittelverwendung, die Abrechnung und Belegprüfung wie auch die Evaluierung und Auswertung der Ergebnisse. Hinzu kommen die Betreuung baulicher Sanierungs- und Infrastrukturerhaltungsmaßnahmen.
SCHWERPUNKTE 2015
Neben der Abwicklung der umfangreichen Förderaufgaben stand 2015 die Arbeit des Kulturbüros im Zeichen des Stadtjubiläums. In zahlreiche Projekte war es fördernd, begleitend, Rat gebend oder auch verwaltungsmäßig absichernd eingebunden.
Raum nahmen die baulichen Projekte auf dem Gelände des Alten Schlachthofs ein, ebenso die vom Gemeinderat beschlossene Räumung der Ateliers hinterm Hauptbahnhof mit dem Verlust von künstlerischen Arbeitsstätten und die Erschließung und Vermittlung neuer kultureller Räume. Erstmals wurde der Wettbewerb für interdisziplinäre Projekte im Schnittstellenbereich von Kunst, Wissenschaft und Technologie ausgeschrieben.
2. VERANSTALTUNGEN
Eigene Veranstaltungen des Kulturbüros werden in der Regel in Kooperation mit anderen Kulturakteuren durchgeführt und tragen zum Kulturprofi l der Stadt Karlsruhe nach innen und außen bei. Außerdem begleitet und unterstützt das Kulturbüro Veranstaltungen der Kulturinstitutionen und Kulturakteure und tritt als Partner von Veranstaltungen auf. Mit diesen Projekten und Festivals werden gezielt inhaltliche Akzente und Schwerpunkte in der Karlsruher Kulturlandschaft gesetzt. Das Kulturbüro versteht sich als Teil der inhaltlichen und konzeptionellen Entwicklung, als Koordinator und Organisator und sieht sich verbunden im Netzwerk der Karlsruher Kulturakteure.
SCHWERPUNKTE 2015
Vorbereitung oder Durchführung folgender Festivals beziehungsweise Veranstaltungsformate: 3. Karlsruher Wochen gegen Rassismus einschließlich der zentralen Eröffnungsveranstaltung der Internationalen Wochen gegen Rassismus, 8. Karlsruher Krimitage, 22. Karlsruher Künstlermesse, 13. Frauenperspektiven „Über Arbeit – Über Leben“, KiX+JuX – Das Kulturfestival der Kinder und Jugendlichen, 3. Karlsruher Theaternacht, KAMUNA, 16. Reinhold-Frank-Gedächtnisvorlesung, ORGANUM – Konzert für acht Orgeln und Elektronik, 7. Generalkonferenz der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) “Welcoming cities – keys for an anti-racist culture”, Karlsruher Literaturtage, Rathaus-Konzerte, ZeitGenuss – Festival für Musik unserer Zeit, ebenso zahlreiche Kooperationsveranstaltungen (zum Beispiel „Schwein gehabt 2015“ – 2 Tage Kunst und Kultur auf dem Alten Schlachthof, BEYOND) sowie Städtepartnerschaftsprojekte wie „Come Together“ der Jugendorchester der Partnerstädte.
3. KONZEPTE – SCHWERPUNKTE 2015
Erarbeitung von Einsparmaßnahmen im Rahmen der Haushaltsstabilisierung 2017 bis 2022, Kulturmarketing-Konzept zusammen mit Karlsruhe Tourismus GmbH und Stadtmarketing Karlsruhe GmbH, Weiterentwicklung des Kreativparks Alter Schlachthof und der Arbeit des K³-Kultur- und Kreativwirtschaftsbüros, Weiterentwicklung der Verortung des Jazzclub Karlsruhe e. V.
4. INTERNE DIENSTLEISTUNGEN
Das Kulturbüro ist neben seinen externen Dienstleistungsaufgaben im Bereich der Kulturförderung auch interner „Dienstleister“. Hier werden hauptsächlich für den Oberbürgermeister, die Dezernenten und die Amtsleitung Reden, Stellungnahmen und Antwortschreiben verfasst. Außerdem ist das Kulturbüro als Mitglied oder Koordinator, vorbereitend oder fachlich begleitend mit folgenden Gremien verbunden:
Stiftungsrat ZKM, Verwaltungsrat Badisches Staatstheater Karlsruhe, Stiftungsrat Centre Culturel Franco-Allemand, Kulturausschuss, Kunstkommission, Kuratorium der Europäischen Kulturtage, Arbeitskreis Kultur der TechnologieRegion Karlsruhe, Aufsichtsrat Karlsruher Fächer GmbH, Forum für Kultur, Recht und Technik, Stiftung Karpatendeutsches Kulturwerk, Mechthilde-Meyer-Stiftung, Reinhold-Frank-Gedächtnisvorlesung, Schule und Kultur, ECCAR Steering Committee, IBZ Mitgliederversammlung, Arbeitskreis Frauenperspektiven, Round Table Kulturelle Bildung, Arbeitskreis Karlsruher Bücherschau, Arbeitskreis ARD Hörspieltage, Netzwerk gegen Rechts, AKÖ Arbeitskreis Kulturelle Öffentlichkeitsarbeit des Kulturkreises, Verein „ausgeschlachtet“ Alter Schlachthof. Schließlich erarbeitet das Kulturbüro mit dem Presse- und Informationsamt regelmäßig die Schwerpunkte der kulturellen Berichterstattung.
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5. PERSONALIA
Zum 1. Juli 2015 erfolgte ein Wechsel in der Leitung des Kulturbüros. Die frühere Leiterin, die diese Funktion seit 2008 innehatte, schied auf eigenen Wunsch aus dem Dienst der Stadt Karlsruhe aus. Im Rahmen einer internen Ausschreibung wurde der bisherige stellvertretende Leiter des Kulturbüros, Claus Temps, zum neuen Leiter gewählt.
Die Stellvertretende Leitung des Kulturbüros wurde Claudia Lahn, der Leiterin des Fachbereichs 1 im Kulturbüro, übertragen.
Die frei gewordene Stelle der Leitung des Fachbereichs Musik, Bildende Kunst, Wissenschaft, Projekte wurde im Frühjahr 2015 extern ausgeschrieben. Aus 186 Bewerbungen wurde Felicia Maier ausgewählt. Sie trat ihren Dienst im Oktober 2015 an.
TÄTIGKEITEN 2015 (AUSWAHL)
1. KULTURFÖRDERUNG, BERATUNG, BEWILLIGUNGEN, VERWENDUNGSNACHWEISE
Bewilligungsbescheide für institutionelle und
projektbezogene Förderungen
Prüfung von Verwendungsnachweisen
Beratungsgespräche
880 450 circa 1.500
Haushalt 2015 Institutionelle Förderung
Projektförderung Sachmittel (Eigene Projekte)
Gesamt 36.871.207,75 € 2.074.808,82 € 1.239.285,81 €
2. VERANSTALTUNGEN UND PROJEKTE (AUSWAHL)
THEMEN 2015 RELEVANT FÜR KULTURKONZEPT
Planung und Durchführung der 22. Künstlermesse, 24. bis 26. April Rad: fördern, veranstalten
Planung und Durchführung des Festivals ZeitGenuss, 23. bis 30. Oktober Rad: fördern, veranstalten
Planung und Durchführung der Konzertreihe Musik im Rathaus, 4. November bis 16. Dezember
Rad: fördern, veranstalten, Recht auf Kultur
Schenkung einer Großskulptur aus Taiwan, 19. bis 21. August HF 4
Planung und Durchführung des Adventskonzerts mit dem Heeresmusikkorps Koblenz, 14. Dezember
Rad: veranstalten, Recht auf Kultur
Planung und Durchführung von ORGANUM, Konzert für acht Orgeln und Elektronik, Zeitgenössische Musik in KA, im Rahmen von KA 300, 19. September
HF 5
Förderung von WESPE, Bundeswettbewerb der Besten unter den Besten, Deutscher Musikrat, 18. bis 19. September; Förderung des Landesjazzfestes, 4. September und 17. Oktober, Jazzclub Karlsruhe e. V.
HF 2, Rad: fördern, veranstalten
Planung und Durchführung des Karlsruher Kulturfrühstücks, sechs Termine HF 2
Ausschreibung und Durchführung des Wettbewerbes zur Vergabe des Hanna-Nagel-Preises
Rad: fördern
Begleitung der Planung der Karlsruher Museumsnacht am 1. August HF 1, Recht auf Kultur
Planung und Durchführung der Tagung des Karlsruher Forums am 23. Oktober im ZKM
HF 2, HF3, HF 5
Betreuung der städtischen Ateliers; Ausschreibung und Vergabe von Ateliers, Vergabe von Mietkostenzuschüssen für städtische Ateliers; Betreuung, Verwaltung und Abrechnung der Ateliers im Atelierhaus Alter Schlachthof
HF 4, Rad: fördern
Kunst im öffentlichen Raum: Bestandsaufnahme und Sanierung der Kunstwerke; Neukonzeption des Platzes der Grundrechte mit Sanierung, Ergänzung der Schilder, Erstellung eines neuen Flyers
HF 4
UND8 – Plattform für Freie Kunst, Kunstinitiativen und internationale Gäste, 15. bis 18. Oktober, Förderung, Beratung, Begleitung
Rad: fördern
Vergabe des Karlsruher Kulturstipendiums und der Karlsruher Hochschulpreise
HF 3, Rad: fördern
Förderung und Begleitung der Belange der VHS, der JUKS und der PAMINA-VHS
HF 2, Recht auf Kultur
Förderung und Begleitung der ARD Hörspieltage mit dem 10. Kinder- hörspielpreis der Stadt Karlsruhe
HF 2, Recht auf Kultur
33. Karlsruher Bücherschau, Förderung und Begleitung; 3. Karlsruher Literaturtage, Förderung und Begleitung, 8. Karlsruher Krimitage,13. bis 21. März, Planung und Durchführung
Rad: fördern
Badisches Staatstheater: Kulturlotsen, Förderung und Begleitung HF 2; Recht auf Kultur
Literaturprojekte: AUTORIKA, Literatenrunde (unter anderem Projekte mit jungen Flüchtlingen), Lesereihe von Monika Lustig, Regine Kress- Fricke, Karlsruher Lesenacht, Imagebroschüre Literatur in Karlsruhe, Druckkostenzuschüsse.
Recht auf Kultur, Rad: fördern
interdisziplinäre Kinder- und Jugendprojekte: Jugendzirkus Maccaroni, Tiyatro Diyalog, Kindertheater der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Ana + Anda, African Summer Festival, Märchen-Projektwoche
HF 2
HF = Handlungsfeld HF 1: Kulturelles Erbe HF 2: Kulturelle und gesellschaftliche Bildung HF 3: Stärkung der Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Technologie HF 4: Stadt: Raum für Kultur HF 5: Kultur und Wirtschaft
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Kinder- und Jugendtheaterprojekte: 29. Schultheaterwoche, 10. marottinale, EFI-Projekt, American Drama Group
HF 2
Betreuung Fastnachtsumzüge Karlsruhe, Durlach, Daxlanden, Neureut; Förderung
HF 1
Karpatendeutsches Kulturwerk, Bundestreffen 25. April, Tag der Heimat 2015, Bund der Vertriebenen
HF 1
„Kultur und Schule“, Ausschreibung, Koordination, regelmäßige Qualitätskontrolle; Pilotprojekt „Kulturinseln“ an Ganztagesgrundschulen; Round Table Kulturelle Bildung
HF 2
16. Reinhold- Frank-Gedächtnisvorlesung 2015, Planung und Durchführung
HF 1
Diverse Theaterprojekte, Senioren- und Migrantenprojekte, Oliver Sehon Improvisationstheaterfestival, Tanztheater Patricia Wolf, Piotr Tomczyk, 10 Jahre Tanztheater Etage Gabriela Lang; 3. Karlsruher Theaternacht, 12. September, Förderung und Begleitung
Recht auf Kultur, HF 2
Diverse Publikationen zum Stadtgeburtstag 2015, darunter der aktuelle Karlsruhe-Roman sowie Flyer „Goethe in Karlsruhe“, Karlsruher Kirchenführer
HF 1, 2
Vereinsmusikpfl ege: Allgemeinzuschüsse, Mietzuschüsse, Erbbauzinsen, Sonderzuschüsse, Jubiläumszuschüsse
HF 1, Rad: födern
Orgelfabrik, Ausstellungen (Ausschreibung, Jurierung, Betreuung), Koordinierung und Förderung der Aktivitäten der Nutzer des Kulturzentrums
HF 4, Rad: fördern
Betreuung und Förderung der Kulturzentren Tollhaus, Tempel, Mikado, Wirkstatt, KOHI und Substage
HF 4, Rad: fördern
3. Karlsruher Wochen gegen Rassismus, 13. bis 29. März, Planung, Koordination und Durchführung
HF 2, Recht auf Kultur, Vielfalt, Bekennen
7. Generalkonferenz der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) „Welcoming cities – keys for an anti-racist culture“ 8./9. Oktober, Kongresszentrum Karlsruhe; Planung, Durchführung, Begleitung
HF 2, Recht auf Kultur, Vielfalt, Bekennen
Internationale Projekte, Interkulturelle Projekte deutsch-ausländischer Gesellschaften und ausländischer Kulturvereine, Projekte des interreligiösen Dialogs, Betreuung und Beratung der Stiftung Centre Culturel Franco-Allemand Karlsruhe
HF 2
„Garten der Religionen“ (Eröffnung 24. September), Bauliche Entwicklung, Finanzierung, Eröffnung
HF 2, Recht auf Kultur, Vielfalt, Bekennen
Städtepartnerschaftsprojekte mit Nancy (60 Jahre Städtepartnerschaftsjubiläum), Nottingham, Halle, Temeswar und Krasnodar; Projekt zum Stadtjubiläum: „Come Together“ mit Konzerten im Schlossgartenpavillon mit Jugendorchestern aus vier Partnerstädten und dem Jugendorchester Karlsruhe und ORGANUM; Projekte mit der Projektpartnerstadt Rijeka; neue Projektpartnerschaften mit Sakarya und Van (ab September 2015)
HF 2
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Europathemen: Forum Kultur der Oberrheinkonferenz, Projekte mit dem Elsaß, Europa-AG, Europabericht, EUROCITIES Culture Forum und Creative Industries
HF 2
Betreuung und Förderung des kommunalen Kinos Kinemathek; Filmfestivals und Filmreihen wie zum Beispiel Dokumentarfestival DokKa, Stummfi lmfestival, Independent Days, Ferienkino
HF 4, Rad: fördern
Betreuung und Förderung des ZKM, Vorbereitung der Sitzungen des ZKM-Stiftungsrats in Kooperation mit dem ZKM und Landesministerien, Begleitung von Projekten wie zum Beispiel GLOBALE, Wissenschaftsjahr, Beyond 3D-Festival
HF 3, 4, Rad: fördern
Einweihung „Platz der Menschenrechte“ auf dem ZKM-Vorplatz am 10. Dezember
Rad: Kultur als Grund- und Menschenrecht
Projekte auf dem Kreativpark Alter Schlachthof: unter anderem „Schwein gehabt 2015“ – Zwei Tage Kunst und Kultur auf dem Alten Schlachthof am 16./17. Mai, weitere geförderte Projekte wie zum Beispiel in der Fleischmarkthalle, im Atelieraus, Perfekt Futur, Tollhaus, Substage, der Alten Hackerei, Spuktheater
HF 4, HF 5, Rad: fördern
Projekte und Veranstaltungen des K³ Kultur- und Kreativwirtschaftsbüros in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung: zum Beispiel Kreativstart-Kongress, Veranstaltungsreihe „7x7“ und Creative Fem.Net (im Tollhaus), Kultur- und Kreativwirtschaftswoche (im Schlossgartenpavillon), neue Reihe: kreatives Speeddating (Wirtschaft trifft Kreative), Seminare, Vorträge, Beratungen, Vernetzung und Kooperationen mit der Kreativszene, K³-Internetportal
HF 3, HF 5, Rad: fördern, veranstalten
Förderung, Betreuung und Auswahl der Gründerfi rmen im Kreativgründungszentrum Perfekt Futur, Planung von Anschlussnutzungen (Wachstums- und Festigungszentrum) gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung und der Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG
HF 3, HF 4, HF 5
Interdisziplinäre Projekte (Querfunk, Gedok, CSD, Ladyfest, Farbschall e. V.) HF 2, Rad: fördern
Erstmalige Ausschreibung und Vergabe von Fördermitteln für interdisziplinäre Projekte im Schnittstellenbereich von Kunst, Wissenschaft und Technologie
HF 3, HF 5, Rad: fördern
KiX+JuX – Das Kulturfestival der Kinder und Jugendlichen, 26. bis 29. Mai (KiX) und 11. Mai bis 27. Juni (JuX), Planung und Durchführung
HF 2, Rad: fördern und veranstalten
Festival Frauenperspektiven „Über Arbeit – über Leben“, 17. bis 26. April
HF 2, Rad: fördern und veranstalten
Organisatorische Unterstützung der Mahnwache für Frieden und Toleranz anlässlich des Anschlages auf die Redaktion von Charlie Hebdo
HF 2, Vielfalt
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3. KONZEPTE, MITARBEIT UND UMSETZUNG (AUSWAHL)
THEMA 2015 RELEVANT FÜR KULTURKONZEPT
Stadtgeburtstag 2015: Bespielung des Pavillons durch Karlsruher Theater, Schule und Kultur
Gesamtstadt
Umsiedlung Badisches Schulmuseum HF 1, Rad: fördern, vermitteln
Umstrukturierung Hofgut Maxau HF 1
Vorbereitung der 7. KinderLiteraturtage in Karlsruhe KLiK 29. Februar bis 11. März 2016
HF 2
Sanierung Gebäudetechnik ZKM-Hallenbau in Kooperation mit ZKM, Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft, Land (Baukorridor-Zuschuss)
HF 3, HF 4
Sanierung und Gebäudeunterhaltung Orgelfabrik in Kooperation mit Stadtamt Durlach, Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft und Nutzern
HF 4
Weiterentwicklung Kreativpark Alter Schlachthof in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung und der KFE: Regelmäßiger Jour fi xe mit Verein ausgeschlachtet und Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG (KFE); Symposium 10 Jahre Alter Schlachthof; Ansiedlung neuer Nutzerinnen und Nutzer; Konzeptionen, zum Beispiel Kesselhaus, Wachstums- und Festigungszentrum, Großmarkthalle (kurz: FGS-Halle), Kühlhaus, Pferdeschlachthaus
HF 3, HF 4, HF 5
Bauprojekt Musikclub Substage: Obergeschossausbau (Baukostenzuschuss und Darlehen)
HF 4
Sanierung und Ausstattung Kulturzentrum Tempel: Erneuerung Bestuhlung und Einbau Lüftungsanlage Scenario-Halle (Baukostenzuschuss)
HF 4
Konzept und Umsetzung der Online-Plattform zur kulturellen Kinder- und Jugendbildung
HF 2
Pilotprojekt „KiTa + Kultur“ September 2014 bis Juli 2015 HF 2
Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule: Service Learning Dienste HF 2
Badisches Staatstheater, Neubau und Sanierung, Bauwettbewerb, Kommunikationskonzept
HF 4, Rad: fördern
Beratung/Vernetzung/Abstimmung mit KA-300-Team bezüglich diverser kultureller Beiträge zum Stadtjubiläum, insbesondere der Stadtteilprojekte
Gesamtstadt
Interne AG zur Überarbeitung der Förderformulare für institutionelle und Projektförderung, der allgemeinen Nebenbestimmungen und Prüfl isten
Rad: fördern
Koordination des städtischen Internet-Veranstaltungskalenders Rad: fördern, vernetzen
Redaktion des Kulturportals www.karlsruhe.de/kultur Rad: fördern
Koordination von Werbemöglichkeiten, insbesondere der städtischen Citylight-Plakatierungsfl ächen („Stadtseite“) und der Litfass-Säulen der Firma WallDecaux sowie technische Betreuung (baustellenbedingte Verlegung, Neuanschaffungen) der „Kulturring-Säulen“
Rad: fördern
Konzeption und Umsetzung der Kulturmarketing-Kampagne „Kultur in Karlsruhe“, Start mit eigenem CD und ersten Maßnahmen zu Offerta und Christkindlesmarkt
HF 5
Neukonzeption und Umsetzung des internen Planungskalenders zur Terminkoordination im Internet für Events, Pressetermine, Empfänge, Gemeinderatssitzungen, Kongresse
Rad: fördern, vernetzen
Vorbereitung der 23. Europäischen Kulturtage Karlsruhe 2016 „Wanderungen – Glück | Leid | Fremdheit“
Recht auf Kultur, Vielfalt, Rad: fördern, veranstalten
Ateliers hinterm Hauptbahnhof, Kommunikation im Zusammenhang mit Kündigung und Räumung; Raumsuche
HF 4, Rad: fördern, vermitteln
Flyer „Kultur in Karlsruhe zur art Karlsruhe“ in Zusammenarbeit mit Stadt- marketing Karlsruhe GmbH und Karlsruhe Messe und Kongress GmbH
HF 5
Neukonzeption Förderung Kirchenmusik Rad: fördern
Jugendorchester Karlsruhe: Proberäume HF 4, Rad: fördern
Weinbrenner-Broschüre, gemeinsam mit dem Arbeitskreis Kultur der TechnologieRegion Karlsruhe
HF 1, HF 2
Jazzclub Karlsruhe, Raumsuche, Konzept zur Professionalisierung HF 4, Rad: fördern
4. INTERNE DIENSTLEISTUNGEN
Reden, Grußworte, Stellungnahmen und Schreiben
für den Oberbürgermeister, die Dezernenten und die
Amtsleitung 2015
Mitwirkung in Gremien stadtintern und extern 2015
(Vorbereitung, Nachbereitung, sonstige Vorgänge)
Reden, Grußworte, Stellungnahmen: 140
Schreiben: 160
circa 50
Ausbildung Anzahl 2015
Praktika 7
Gemeinnütziges Bildungsjahr 1
Berufs- und Studienorientierung am Gymnasium (BOGY)
1
Praktikant in der Ausbildung 1
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STÄDTISCHE GALERIE KARLSRUHE Die Rücklagerung der Kunstwerke, die wegen der Sanierung der Sprinkleranlage unter anderem im ZKM | Museum für neue Kunst ausgelagert waren, und die drei umfangreichen Ausstellungen als Beiträge zum 300. Stadtgeburtstag Karlsruhes bestimmten die Tätigkeit in der Städtischen Galerie Karlsruhe während des Jahres 2015. Im Zentrum stand die Präsentation zu dem badischen Baumeister Friedrich Weinbrenner, die zusammen mit dem Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau am KIT erarbeitetet wurde. Sie fand bei den Besucherinnen und Besuchern und bei der Presse großen Anklang. Die Neue Züricher Zeitung (5. August 2015) schrieb von einer „betörenden Schau“.
SONDERAUSSTELLUNGEN
Bis zum 6. April 2015 war, parallel zur Auslagerung, die Präsentation „Von Ackermann bis Zabotin. Die Städtische Galerie Karlsruhe zu Gast im ZKM | Museum für neue Kunst“ zu sehen. Am 12. April 2015 wurde „A L L E ! Der Künstlerbund Baden-Württemberg in der Städtischen Galerie Karlsruhe“ (12. April bis 24. Mai 2015) zum 60-jährigen Bestehen dieser Künstlervereinigung eröffnet. Damit konnten die sanierten Ausstellungsfl ächen wieder in Betrieb genommen werden.
Nur wenig zeitlich versetzt zu dieser Sonderausstellung im Erdgeschoss war im Forum die Hanna-Nagel-Preisträgerin 2015, Simone Demandt, mit ihrer Präsentation „tief blicken“ (23. April bis 7. Juni 2015) vertreten. Im Bereich der Dauerausstellung im ersten Obergeschoss musste der größte Teil der Fläche bis September als Zwischendepot für die zurück zu lagernde Kunst beziehungsweise für die hochwertige Verpackung verwendet werden. Gleichwohl bestand dort die Möglichkeit, sich vom 23. April bis zum 5. Juli 2015 mit der Installation des Werner-Stober-Preisträgers 2014 „David Semper – GIORNATA“ (23. April bis 5. Juli 2015) auseinanderzusetzen. Auf der gesamten Fläche wurde dort vom 10. Oktober an die „ars viva 2016“ (10. Oktober 2015 bis 17. Januar 2016) mit Werken der international vernetzten und in Berlin lebenden Kunstschaffenden Flaka Haliti, Hanne Lippard, Calla Henkel & Max Pitegoff präsentiert. Der ars viva-Preis wird jährlich vom Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft vergeben. Den Sommer über stand die Präsentation „Friedrich Weinbrenner 1766 – 1826. Architektur und Städtebau des Klassizismus“ (27. Juni bis 4. Oktober 2015) im Zentrum der Aufmerksamkeit, und zum Jahresende folgte, als weiteres besonderes Highlight, die „Kunstakademie Karlsruhe – Franz Ackermann, Silvia Bächli, Stephan Balkenhol, John Bock, Ernst Caramelle, Tatjana Doll, Helmut Dorner, Erwin Gross, Axel Heil, Leni Hoffmann, Harald Klingelhöller, Kalin Lindena, Meuser, Julia Müller, Daniel Roth, Marcel van Eeden, Marijke van Warmerdam, Corinne Wasmuht“ (14. November 2015 bis 21. Februar 2016) mit dem aktuellen Schaffen der zur Zeit lehrenden Professorinnen und Professoren.
DAUERAUSSTELLUNG, NEUERWERBUNGEN UND AUSLAGERUNG DER KUNSTSAMMLUNG
Die Schließung der Dauerausstellungsfl äche wegen der Auslagerung der Kunst im Rahmen der Sprinkleranlagen-Sanierung erstreckte sich bis in den September, dann wurde die Fläche für eine Sonderausstellung genutzt. Erst im Februar 2016 konnte das zweite Obergeschoss wieder als Präsentationsfl äche genutzt werden.
VERANSTALTUNGEN
Lebhaften Zuspruch fanden nicht nur Großveranstaltungen wie der alljährliche Tag der offenen Tür (6. Januar 2015, zusammen mit dem ZKM) und die Karlsruher Museumsnacht (1. August 2015), sondern auch der „Internationale Museumstag“ (22. Mai 2015) sowie zahlreiche Termine in der Reihe „Mittwochs um 6“, darunter Führungen, Zeitzeugengespräche und Konzerte.
MUSEUMSPÄDAGOGIK, VERMITTLUNG
Auch 2015 konnten die Vermittlungsarbeit und das museumspädagogische Angebot erfolgreich weitergeführt und ausgebaut werden. Zu allen Ausstellungen wurde ein detailliertes Programm der Workshops für Kinder, Jugendliche und Schulklassen vorbereitet und gedruckt. Die jede Woche geöffnete Kinderwerkstatt am Sonntag (parallel zur Erwachsenenführung) hat sich längst fest etabliert und wird das ganze Jahr über – außer in den Sommerferien – angeboten. Wie in den Jahren zuvor wurde bei jeder neuen Ausstellung zu Einführungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer sowie für Erzieherinnen und Erzieher eingeladen. Der JugendKunstKlub LUX 10 bietet jungen Menschen ab circa 16 Jahren im monatlichen Turnus spannende Einblicke in die Museumsarbeit. Das 2012 in Zusammenarbeit mit der vhs Karlsruhe begonnene Projekt „Kunst und Integration. Migrant/innen lotsen Migrant/innen“ zur Bildung eines Multiplikatoren-Netzwerks und zur Vermittlung eines interkulturellen Kunstverständnisses konnte erfolgreich weitergeführt werden. 2013 startete die Städtische Galerie Karlsruhe in Kooperation mit der Tulla-Schule und dem jubez eines von vier Pilotprojekten im Rahmen der „Kulturinseln! Kulturelle Bildung an Karlsruher Ganztagsschulen“, gefördert aus Haushaltsmitteln des Kulturbüros. Das Projekt schaffte es 2014 sogar in die Finalrunde des Mixed-Up-Wettbewerbes von „Kultur macht Schule“. Auf eine langfristige Zusammenarbeit hin konzipiert, konnte die Kooperation auch für das Schuljahr 2015/2016 erfolgreich mit insgesamt 5 Ganztagsgrundschulklassen fortgesetzt werden. Darüber hinaus werden regelmäßige Kooperationen mit folgenden Kindergärten durchgeführt: Evangelischer Luther-Kindergarten, Städtische Kindertagesstätte Wolfartsweier, Städtischer Kindergarten Lußstraße und Schülerhort Draisschule. Anlässlich der aktuellen Brisanz der Flüchtlingsthematik konnten Gelder der Mechthild-Meyer-Stiftung dafür verwendet werden, ein Angebot für museumspädagogisch betreute Besuche von Gruppen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in Karlsruhe ins Leben zu rufen. In Kooperation mit dem Helmholtz-Gymnasium in Karlsruhe entstanden mit dem Literaturkurs einer 11. Klasse im Rahmen einer „Schreibwerkstatt“ Texte zu ausgewählten Kunstwerken der städtischen Kunstsammlung. Die Ergebnisse dieser Workshops wurden im Rahmen einer Schulveranstaltung in der Städtischen Galerie vorgestellt.
Die museumspädagogischen Angebote und die Vermittlungsarbeit der Städtischen Galerie orientieren sich am Handlungsfeld 2 („Kulturelle und gesellschaftliche Bildung“) des Kulturkonzepts 2025 als Ausdruck des Selbstverständnisses der Kulturstadt Karlsruhe, Kultur als Grund- und Menschenrecht zu begreifen und daraus ein allgemeines Recht auf Kultur mit einem kulturellen Teilhaberecht abzuleiten.
BERATUNG, AUSKÜNFTE
Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen der Galerie sind regelmäßig beteiligt an der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber für die Orgelfabrik und für die Künstlermesse. Hinzu kommen im Laufe des Jahres zahlreich Anfragen von Kollegen und Kolleginnen aus anderen Museen, von Institutionen und von Privatleuten, die Auskünfte zu Kunstwerken, Künstlerinnen und Künstlern erbitten.
LEIHVERKEHR
Kunstwerke aus dem eigenen Bestand und aus der Sammlung Garnatz werden regelmäßig für nationale und internationale Ausstellungen als Leihgaben erbeten. Die Auslagerung der Kunst an unterschiedliche Orte und ihre kompakte Unterbringung ließ 2015 die Ausleihe nur eingeschränkt zu. Marlene Dumas Gemälde „Magdalena (Patron Saint of Hairedressers)“ war in der umfassenden Retrospektive der Künstlerin in der Fondation Beyeler in Basel zu sehen. Zudem gingen zwei Gemälde von Wilhelm Volz in die Wessenberg Galerie nach Konstanz.
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BESUCHERZAHLEN SONDERAUSSTELLUNGEN 2015
Von Ackermann bis Zabotin 6.933 Die Städtische Galerie Karlsruhe zu Gast (2014 = 10.605) im ZKM | Museum für Neue Kunst 3. Oktober 2014 bis 6. April 2015
A L L E ! 2.206 Der Künstlerbund Baden-Württemberg in der Städtischen Galerie Karlsruhe 12. April 2015 bis 24. Mai 2015
Simone Demandt – „tief blicken“ 1.633 (Forum) Demandt + Semper insgesamt) 23. April 2015 bis 7. Juni 2015
David Semper – GIORNATA Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung 2014 23. April 2015 bis 5. Juli 2015
Friedrich Weinbrenner 1766 – 1826 12.966 Architektur und Städtebau des Klassizismus 27. Juni 2015 bis 4. Oktober 2015
KAMUNA 2.200 1. August 2015
ars viva 2016 1.870 Flaka Haliti, Hanne Lippard, Calla Henkel & Max Pitegoff 10. Oktober 2015 bis 17. Januar 2016
Kunstakademie Karlsruhe 3.050 Franz Ackermann, Silvia Bächli, Stephan Balkenhol, John Bock, Ernst Caramelle, Tatjana Doll, Helmut Dorner, Marcel van Eeden, Erwin Gross, Axel Heil, Leni Hoffmann, Harald Klingelhöller, Kalin Lindena, Meuser, Claudia & Julia Müller, Daniel Roth, Marijke van Warmerdam, Corinne Wasmuht 14. November 2015 bis 21. Februar 2016
Gesamtbesucherzahl: 30.858 (bis Dezember 2015)
BESUCHERZAHLEN: 2012 2013 2014 2015
Dauerausstellung 1.731 1.103 4.084 keine
Dauerausstellung und 42.680 45.776 52.824 30.858 Sonderausstellungen
Führungen in der Städtischen Galerie Karlsruhe 2015
Öffentliche Führungen: 174 205 216 204
Gebuchte Führungen: 23 42 38 75
Öffentliche Kinderkurse: 49 51 50 47
Gebuchte Kinderkurse: 84 93 103 57
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STADTARCHIV & HISTORISCHE MUSEEN Auch 2015 führten Stadtarchiv, Pfi nzgaumuseum, Stadtmuseum und Erinnerungsstätte Ständehaus an die Stadtgeschichte heran. Sie leisteten damit einen Beitrag zur Identitätsbildung und zur Schaffung eines historischen Bewusstseins der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Die Schwerpunkte der Arbeit lagen wieder in der Bewahrung des Kulturellen Erbes der Stadt (Handlungsfeld 1 des Kulturkonzepts 2025 der Stadt Karlsruhe) und der Kulturellen und gesellschaftlichen Bildung (Handlungsfeld 3). Während 2014 noch von der Geschichte des Ersten Weltkriegs geprägt war, stand 2015 das Stadtjubiläum im Vordergrund.
Das Stadtarchiv arbeitete 2015 schwerpunktmäßig in den Bereichen Bestandserhaltung und Stadtgeschichte digital, hier besonders für das Digitale Stadtlexikon. Die Besuchszahlen blieben in dem in den letzten Jahren üblichen Bereich, wobei der schon im Vorjahr eingetretene Rückgang der Besuche im Stadtarchiv anhielt, der vor allem auf die stark angestiegene Zahl der digitalen Angebote zurückzuführen ist. Die Resonanz auf diese digitalen Angebote wurde erstmals erhoben und lag Ende des Jahres bei 1.720.567 Zugriffen.
Auch die sonstigen regulären Arbeiten liefen weitgehend im gewohnten Maße ab. 2015 konnte die Zahl der verzeichneten erschlossenen Archivalien noch einmal leicht gesteigert werden trotz einer überproportional starken Einbindung des Archivpersonals in das Projekt „Digitales Stadtlexikon“. Auch die mit einem hohen Personaleinsatz verbundene Aktion „Rettung historischer Bauakten“ band weiterhin viele Personalressourcen des Stadtarchivs. Durch die zunächst in einer Projektstruktur zugewiesenen neuen Stellen von Dr. Patrick Sturm, Wissenschaftlicher Archivar, ab 1. Mai 2015 und Eric Wychlacz, Diplomarchivar, ab 1. September 2015, konnten die bis dahin in dem Projekt beschäftigten Archivarinnen wieder verstärkt ihren regulären Aufgaben nachgehen, wodurch unter anderem die Steigerung der Anzahl erschlossener Archivalien möglich wurde.
Die neu geschaffene Personalsituation erlaubte aber auch eine stärkere Konzentration auf die Rettungsaktion der historischen Bauakten. So erfolgten im Sommer 2015 die Aussonderung und Überführung von 8.764 historischen Bauakten aus der Registratur des Bauordnungsamtes in das Stadtarchiv. Seit Juli 2015 sind 2.668 dieser Bauakten im Archivsystem Augias erschlossen worden. Von 1.500 aus den Akten herausgenommenen Bauplänen konnten 673 restauriert werden. Mit einem Massenentsäuerungsverfahren wurden 1.332 Bauakten und 214 Zeitungsbände behandelt. Die Digitalisierung wurde mit weiteren 243 Bauakten und 733 Bauplänen fortgeführt. Die Rettung dieses Teils des Kulturellen Erbes der Stadt wird neben den Entsäuerungsmaßnahmen und der Digitalisierung häufi g genutzter Bestände auch mittelfristig Schwerpunkt im Aufgabenbereich „Bestandserhaltung“ sein.
STADTGESCHICHTE DIGITAL
Noch einmal gesteigert wurden die Digitalisierungszahlen im Berichtsjahr, so dass das Stadtarchiv Ende 2015 über eine Million Digitalisate verfügte (siehe Grafi k).
Digitalisierungsstatistik 2004 bis 2015 – Anzahl der Digitalisate
Anzahl im Jahr Anzahl gesamt
bis 2004 7.895 7.895
2005 12.704 20.599
2006 18.091 38.690
2007 73.389 112.079
2008 59.440 171.519
2009 34.468 205.987
2010 62.524 268.511
2011 49.923 318.434
2012 142.986 461.420
2013 156.200 617.620
2014 152.726 770.346
2015 244.063 1.014.409
Abgeschlossen wurde im Berichtsjahr die Digitalisierung des Bildarchivs Horst Schlesiger und der Bürgerausschussprotokolle. Begonnen wurde mit der Digitalisierung der Fotos der Städtischen Bildstelle und der Personenstandsbücher.
Inzwischen sind verstärkt Anfragen aufgrund der Präsenz im Netz zu verzeichnen. Mit diesem Schritt in die digitale Welt wurde und wird ein wichtiger Beitrag zum Handlungsfeld 3 „Stärkung der Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Technologie“ geleistet.
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Erschienen sind im Berichtszeitraum insgesamt sieben Publikationen des Stadtarchivs: Reihe 2 Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte Band 16: Marion Deichmann: Ihr Name soll unvergessen bleiben. Eine Kindheit geprägt vom Völkermord, Karlsruhe 2015. Reihe 3 Häuser- und Baugeschichte Band 13: Matthias Maier und Nina Rind: Trinkwasser. Lebensgrundlage einer jungen Stadt, Karlsruhe 2015. Band 14: Christine Beil: Der Zoo in Karlsruhe. Ein historischer Streifzug. Mit einem Beitrag von Clemens Becker, Karlsruhe 2015. Band 15: Manfred Fellhauer: Die Kirche St. Valentin zu Daxlanden, Karlsruhe 2015. Außerhalb der Reihen: Der Zweite Weltkrieg – Last oder Chance der Erinnerung? Widerspruch gegen das Ehrenmal der 35. Infanterie-Division in Karlsruhe, Karlsruhe 2015. Michail Krausnick: Abfahrt Karlsruhe 16. Mai 1940. Die Deportation der Karlsruher Sinti und Roma, Ubstadt-Weiher 2015. Ferdinand Leikam: Karlsruhe so wie es war, Düsseldorf 2015
Das Stadtarchiv zeigte anlässlich des Stadtjubiläums die Ausstellung „Vor 50 Jahren ... Das Jubiläumsjahr 1965“ vom 3. Mai bis 21. Juni 2015 in der Krypta der Evangelischen Stadtkirche. Im Stadtarchiv wurde erstmals eine zweisprachige Ausstellung (deutsch-französisch) „Karlsruhe- Nancy: eine vielfältige und dauerhafte Partnerschaft“ vom 1. Juni bis 29. Oktober 2015 gezeigt. Konzipiert wurde sie von der französischen Archivarin in Ausbildung Aude Royer im Rahmen eines dreimonatigen Praktikums im Stadtarchiv Karlsruhe. Frau Royer studierte Archivwissenschaft in Frankreich an der Universität von Angers.
Im Rahmen der städtischen Erinnerungsarbeit konnten 2015 16 neue Biographien (Beiträge für 36 Opfer) in das Gedenkbuch für die ermordeten Karlsruher Juden eingelegt werden. Generell wurde die Erinnerungsarbeit im Berichtszeitraum verstärkt. Das Stadtarchiv konzipierte 2015 die Erinnerungsstele zur Deportation der Jüdinnen und Juden am 22. Oktober 1940 beim Hauptbahnhof.
Eingebunden war das Stadtarchiv auch in die Vorbereitung und Durchführung des 85. Deutschen Archivtages, der vom 30. September bis zum 3. Oktober in der Stadthalle stattfand und sich dem Thema „Transformation ins Digitale“ widmete und mit rund 800 Teilnehmenden eine gute Resonanz fand.
Turnusgemäß hat das Stadtarchiv die Federführung des Karlsruher Notfallverbundes bis 2017 übernommen.
Die Dauerausstellung des Stadtmuseums wurde wieder mit Themenführungen der freiberufl ich tätigen Museumspädagoginnen belebt. Zudem fanden auch wieder mehrere Führungen für Gruppen, Integrationskurse der VHS und öffentliche Vorträge statt und zahlreiche Schulklassen fanden den Weg in die stadtgeschichtliche Präsentation. Obwohl diese nun fast 18 Jahre alt ist, sind die jährlichen Besucherzahlen seit 2011 mit 9.000 bis 10.000 Personen konstant geblieben, ein deutlicher Hinweis darauf, dass ein solcher kompakter Gang durch die Stadtgeschichte immer wieder neue Besucher anzieht und ein wesentlicher Bestandteil des Angebots des Stadtmuseums ist.
Wie in den vergangenen Jahren wurde das Stadtmuseum auch 2015 während der Karlsruher Museumsnacht am stärksten von Besuchen frequentiert (4.000 Besucher und Besucherinnen). Das jährliche Hausfest, das in Kooperation mit der Jugendbibliothek und dem Literaturmuseum mit museumspädagogischen Aktionen, Führungen und einer langen Lesenacht veranstaltet wird, besuchten circa 260 Personen.
Die Sonderausstellung „Mittendrin. Menschen in Karlsruhe“ stellte persönliche Fotos von Karlsruherinnen und Karlsruhern in den Mittelpunkt: Als „wachsende“ Präsentation angelegt, konnten Interessierte ihre persönlichen Lieblingsfotos und Schnappschüsse aus Karlsruhe
und seinen Stadtteilen über eine Uploadseite zur Verfügung stellen oder als Papierabzug im Prinz-Max-Palais vorbeibringen. Sie wurden so selbst zum Teil der Ausstellung. Die „Mittendrin“-Ausstellung war – auch in ihrer Kommunikations- und Werbestrategie und mit den Veranstaltungen im Rahmenprogramm – darauf angelegt, insbesondere jüngere Leute zur Beteiligung an dem Fotoprojekt und zum Museumsbesuch zu motivieren.
Eine weitere Zielgruppe, die das Stadtmuseum bewusst in seine Arbeit einbinden konnte, sind Menschen mit Migrationshintergrund. Zu diesem Zweck ging das Stadtmuseum eine Kooperation mit der VHS Karlsruhe ein, um regelmäßig Führungen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Integrationskurse durchzuführen, die gleichzeitig dem Spracherwerb und dem Kennenlernen der lokalen Geschichte dienten.
Einen besonderen Ansatz hatte auch die Sonderausstellung „Genug gejubelt?! Pleiten, Pech & Glücksfälle der Stadtgeschichte“, die das Stadtmuseum zusammen mit dem Pfi nzgaumuseum als Beitrag zum Stadtgeburtstag 2015 zeigte. Durch ungewohnte Perspektiven auf die Karlsruher Stadtgeschichte und durch ironische Brechungen wurde die Stadtgeschichte auf aufgelockerte und amüsante Weise präsentiert.
In Kooperation mit Studierenden der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und mit dem Verein „Tribut an Carl Benz“ wurde 2015 die App „Carl Benz und Carlsruhe“ entwickelt, die verschiedene Lebensstationen des Erfi nders in Karlsruhe beim Gang durch die Stadt abrufbar macht.
Alle Sonderausstellungen mit ihren zahlreichen Begleitveranstaltungen fanden eine gute Resonanz beim Publikum, so dass das Stadtmuseum mit 17.333 Besuchern ein gutes Ergebnis erzielen konnte.
Das Pfi nzgaumuseum präsentierte auch 2015 mehrere Sonderausstellungen. Auf die bis 8. März 2015 verlängerte Ausstellung „Hufeisen, Birnkrüge, Engelsköpfe und…? Sammeln im Pfi nzgaumuseum gestern und morgen“ folgte vom 23. Mai bis 23. August die Fotoausstellung „Mittendrin. Menschen in Karlsruhe“, eine Doppelausstellung mit dem Stadtmuseum. Bei der partizipativ angelegten Ausstellung waren die Besucherinnen und Besucher aufgerufen, die präsentierten historischen Aufnahmen durch eigene, aktuelle Fotos zu ergänzen. Wie bereits oben erwähnt, zielten das Konzept sowie die Kommunikations- und Werbestrategie von „Mittendrin“ darauf, insbesondere auch jüngere Leute zur Beteiligung an der Ausstellung und zum Museumsbesuch zu motivieren. Im Rahmen der Ausstellungsreihe „Sammelfi eber! Sammlerinnen und Sammler im Pfi nzgaumuseum“ präsentierte das Pfi nzgaumuseum zudem vom 22. Februar bis 12. April „Freundschaftliche Eulen und therapeutische Fahrzeuge“.
Anlässlich des 300. Geburtstags der Stadt Karlsruhe sowie des 450. Jahrestags der Residenzverlegung nach Durlach folgte ab dem 26. September mit „Genug gejubelt!? Pleiten, Pech & Glücksfälle der Stadtgeschichte“ eine weitere Doppelausstellung mit dem Stadtmuseum, bei der verschiedene neue – auch interaktive – Präsentationsformen erprobt wurden. In Vorbereitung auf „Genug gejubelt!?“ wurden im Sonderausstellungsraum des Pfi nzgaumuseums eine neue Ausstellungsarchitektur sowie ein neues Beleuchtungssystem installiert, wodurch sich die Nutzungsmöglichkeiten des Raumes nachhaltig verbesserten.
Wie in den vorausgegangenen Jahren bot das Pfi nzgaumuseum auch 2015 regelmäßig Führungen durch die Dauer- und die Sonderausstellungen an. Neben diversen offenen Angeboten fanden in Kooperation mit der VHS Karlsruhe spezielle Führungen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Integrationskursen statt, die gleichzeitig dem Spracherwerb und dem Kennenlernen der lokalen Geschichte dienten. Als besondere Besuchermagneten erwiesen sich 2015 das Museumsfest im Februar, der Kindertag im September, die Modelleisenbahn-Vorführung in der Adventszeit sowie die im Frühjahr erstmals angebotene Mundart-Reihe „Dorlacher Deitsch“.
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2015 ging die Besucherzahl leicht zurück, blieb aber immer noch über den langjährigen Durchschnittszahlen. Insgesamt zählte das Pfi nzgaumuseum 12.100 Besucherinnen und Besucher. Die 2014 neu bzw. wieder eingeführte Öffnung des Museums am Mittwoch stieß weiterhin, insbesondere bei Schulklassen, auf große Nachfrage und wurde daher 2015 und darüber hinaus beibehalten.
Im September 2015 übernahm Dr. Ferdinand Leikam vertretungsweise die Leitung des Pfi nzgaumuseums, da die Leiterin in Familienzeit ging.
Die Erinnerungsstätte Ständehaus hat 2015 wieder eine zentrale Rolle in der städtischen Erinnerungskultur gespielt. Neben der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus erinnerten zwei Vorträge an die Situation in Karlsruhe und Nancy am Ende des Zweiten Weltkriegs.
Mit dem Jubiläum „70 Jahre CDU in Karlsruhe“ beschäftigte sich eine Sonderausstellung, außerdem fanden 2015 ein Historischer Mittwochabend sowie verschiedene Veranstaltungen, darunter drei Führungen, im Rahmen der KAMUNA statt.
Die Gesamtbesucherzahl der Erinnerungsstätte (Ausstellungen, Führungen und sonstige Veranstaltungen) lag 2015 mit 6.328 Besucherinnen und Besuchern deutlich höher als im Vorjahr, was vor allem auf den guten Besuch bei der KAMUNA zurückzuführen ist.
Im Berichtsjahr konnte mit einem neuen Magazin in der Fiduciastraße endlich ein geeignetes Magazin für das historische Mobiliar gefunden werden, das bis dahin in dem dafür völlig ungeeigneten Waldstadtkeller untergebracht war. Das Mobiliar wurde mittlerweile einer Holzwurmbehandlung unterzogen, gesäubert und restauriert und in das neue Magazin verbracht. Eine mehrstöckige Regalanlage und eine Anlage zur Aufbewahrung der Bildbestände der Historischen Museen haben dort nun weitere Kapazitäten zur Aufnahme der Sammlungen der Historischen Museen geschaffen. Der Bestand ist weiter gewachsen, vor allem durch Schenkungen von Objekten zur Stadtgeschichte, die weiterhin kontinuierlich inventarisiert werden. Ein großer Sammlungsbestand kam an das Stadtmuseum mit der Übergabe von Merchandising-Produkten der Stadtmarketing Karlsruhe GmbH zum Stadtjubiläum sowie eines wertvollen Modells des Pavillons zum Stadtgeburtstag, das als Objekt des Monats vorgestellt wurde.
Die Sammlung des Pfi nzgaumuseums wurde 2015 vor allem durch Schenkungen erweitert. Größere Neuzugänge waren hierbei Unterlagen und Dokumente der Naturfreunde Grötzingen sowie zwei umfangreiche Sammlungen von historischen Ansichtskarten mit Durlach- bzw. Grötzingen-Motiven.
STATISTISCHE ANGABEN STADTARCHIV & HISTORISCHE MUSEEN
Stadtarchiv Stadtmuseum Pfi nzgau- museum
Erinnerungsstätte Ständehaus
Gesamt Gesamt
Jahr 2014
Jahr 2015
Jahr 2014
Jahr 2015
Jahr 2014
Jahr 2015
Jahr 2014
Jahr 2015
Jahr 2014
Jahr 2015
Ausstellungen 2 3 4 6 6 8 2 1 14 18
Besucher Benutzer, Besucher Dauer- und Wechselausstellung
3.043 2.166 17.485 17.333 14.952 13.093 5.238 6.328 40.718 38.920
Ausgehobene Archivalien 1.434 2.293 1.434 2.293
Schriftverkehr 2.093 2.671 2.093 2.671
davon BTBs 63 51 63 51
Zugriffe auf digitale Angebote1)
0 1.720.567
1. Beständerecherche www. fi ndbuch.net (Projektstart 10/2014)
23.439
2. Seitenanfragen auf www. Stadtgeschichte
1.518.373
3. Seitenanfragen auf www. Stadtlexikon (Projektstart 12/2015)
178.755
Scanaufträge 188 641 188 641
Anzahl der Daten 1.905 1.719 1.905 1.719
Restaurierte Archivalien/Objekte 889 679 889 679
Digitalisierte Archivalien 152.726 244.063 152.726 244.063
Erschlossene Archivalien/Objekte 15.321 16.003 379 204 15.700 16.207
Publikationen 8 7 1 9 7
1) erstmals 2015 erhoben
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STADTBIBLIOTHEK KARLSRUHE 2015 Trotz vielfältiger Events und Ereignisse rund um den Stadtgeburtstag 2015 war das letzte Jahr für die Stadtbibliothek durch Konzentration auf die Kernaufgaben sehr erfolgreich. In allen acht Bibliotheken „brummte“ der Betrieb, da täglich viele hundert Menschen die Einrichtungen besuchten und Services aller Art in Anspruch nahmen. Selbst der Medienbus verzeichnete trotz zahlreicher Reparatur bedingter Ausfälle eine äußerst lebhafte Nutzung. Die Stadtbibliothek und ihre Zweigstellen transformieren sich immer mehr zu freien Lernorten und öffentlichen Räumen der Kommune, die vielfache Aufenthaltsmöglichkeiten bieten und von Bürgerinnen und Bürgern selbst bestimmt, aus unterschiedlichsten Informationsinteressen und dem Bedürfnis nach Inspiration genutzt werden. So haben im Vergleich zum Vorjahr die Besuchszahlen der Stadtbibliothek zugenommen, während weiterhin beobachtet wird, dass Menschen immer mehr Zeit in den Bibliotheksräumen verbringen und die individuellen Aufenthaltszeiten länger sind als früher. Kinder und junge Erwachsene bleiben teilweise mehrere Stunden in einer der Bibliotheken, sie verbringen hier ihre Lern- und Freizeit. Für andere Erwachsene, für manche Ältere ist die Bibliothek wichtig als Ort gegen die Vereinsamung, an dem sie, ihren eigenen Interessen nachgehend, den Tag mit multimedialem Lesen und Lernen verbringen und sich dabei informell mit anderen austauschen oder sich wenigstens in Gesellschaft anderer wissen.
Mit 9.730 Öffnungsstunden im Jahr 2015 (9.606 Stunden in 2014) standen die Einrichtungen der Stadtbibliothek im Sinne von Bildungsteilhabe allen Menschen in Karlsruhe zur Verfügung, dazu kommen Online-Services täglich rund um die Uhr. Im Laufe des Jahres wurden die Zentral- und die Jugendbibliothek zunehmend erkennbar auch von Gefl üchteten und Menschen aus anderen Kulturkreisen besucht bzw. aktiv genutzt, einige von ihnen wurden zur Stammkundschaft.
Das gute Jahresergebnis der Stadtbibliothek insgesamt fand auch in 2015 seinen Niederschlag in den Jahreszahlen der EDV-Statistik. Entgegen dem deutschlandweiten Trend nahm die Zahl der Medienentleihungen im Vergleich zum Vorjahr nochmals zu und stieg auf 1,73 Millionen Entleihungen; die Zahl der Bibliotheksbesuche sowie der Besucherinnen und Besucher von Veranstaltungen, Lesungen stieg ebenfalls.
Die Dienstleistungen und Ergebnisse der Stadtbibliothek entsprechen den Handlungsfeldern des Kulturkonzepts 2025 der Stadt Karlsruhe und fi nden sich in den Schwerpunkten Bildung (Hand- lungsfeld 2), Raum für Kultur (Handlungsfeld 4) und Smarter Technologie (Handlungsfeld 3).
TÄTIGKEITSBERICHT IN ZAHLEN
1. AUSLEIHZAHLEN ALLER MEDIEN
Printmedien, Romane, Sachliteratur, Zeitschriften, DVDs und BluRays, Konsolenspiele, Brettspiele, Kinder- und Jugendbücher, Hörbücher, Musik-CDs, E-Medien:
2013 2014 2015
Medienausleihe 1.680.484 1.710.235 1.735.092
In der Gesamtausleihe nimmt die Kinder- und Jugendliteratur unverändert einen hohen Stellenwert ein. Sowohl in den Stadtteilbibliotheken als auch in der Kinder- und Jugendbibliothek und dem Medienbus stand die Förderung der Lesekompetenz für Kinder nach wie vor an erster Stelle und die Lust am Buch und Hörbuch wurde systematisch durch attraktive Aktionen unterstützt.
2013 2014 2015
Entleihungen Kinder-Jugend- Bücher
396.866 406.347 414.669
2. MEDIENBESTAND
Insgesamt konnten im Berichtsjahr 39.256 Medien (Verschleiß und Abschreibung = 35.878 ME) neu gekauft und zur Ausleihe zur Verfügung gestellt werden, was einer hohen Aktualitätsrate von über 10 Prozent entspricht. Gerade neue, sehr aktuelle Bücher und Medien sind verständlicherweise stark gefragt und tragen wesentlich zu hohen Umsätzen der Medien und damit hohen Ausleihzahlen bei.
Der zur Verfügung stehende, physische Ausleihbestand umfasste Ende 2015 335.190 Medieneinheiten, der Bestand an E-Medien zusätzlich 19.123 Lizenzen.
2014 2015
Medienzugang 37.447 39.256
Medienabgang 32.690 35.878
Bestand insgesamt 316.699 ** 335.190 *
* Freihand- und Magazinbestand ohne E-Medien ** nur Freihandbestand ohne E-Medien
Wie im letzten Jahr betrug der Anteil an Literatur und Medien in anderen Sprachen, das heißt das Angebot an internationalen Medien, etwa 15 Prozent des Gesamtbestandes (circa 45.000 Bücher, Hörbücher, Zeitschriften unter anderem in Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch, Türkisch, Arabisch).
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3. BIBLIOTHEKSBESUCHE
Die Zahl der realen Bibliotheksbesuche hat im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen, ebenso wie die Zahl der virtuellen Besuche, die für alle deutschen Bibliotheken nach einem standardisierten Verfahren zentral ermittelt werden (= es werden „Sessions“ auf der Homepage der Stadtbibliothek gezählt, das heißt es wird der erstmalige Zugriff pro Tag gezählt und nicht jeder Click auf einzelne Seiten).
2013 2014 2015
Reale Besuche 556.778 523.127 563.131
Virtuelle Besuche 284.003 278.904 292.461
Besuche gesamt 840.781 802.031 855.592
Trotz des Zuwachses an Besuchen ist die Zahl der Personen, die einen gültigen Bibliotheksausweis besitzen und gebrauchen, leicht zurückgegangen. Die Zahl der Neuanmeldungen ging erstmals deutlich zurück.
2013 2014 2015
Aktive Ausweise 27.360 28.042 27.995
Neuanmeldungen 6.219 6.101 5.795
4. DIGITALER WANDEL: E-MEDIEN/E-BOOK-READER/ DIGITALES BÜCHERREGAL
Während sich in den Vorjahren die Nachfrage nach E-Books und anderen E-Medien jährlich nahezu verdoppelte, zeigte sich im Jahr 2015 eine weniger dramatische Zunahme des digitalen Lesens: von 98.841 E-Entleihungen (2014) stieg die Zahl der Ausleihen im Berichtsjahr auf 126.467 E-Ausleihen, das bedeutet eine Steigerung um 28 Prozent. Auf die gesamte Medienausleihe des Jahres bezogen beträgt der Anteil der E-Ausleihe damit 7,4 Prozent bei einem Angebot von 19.123 E-Medien (5,4 Prozent des Gesamtbestandes).
Zum wiederholten Male konnte festgestellt werden, dass der Gebrauch von E-Medien Generationen übergreifend durch alle Altersgruppen geschieht, die stärkste Nachfrage jedoch aus Gruppe 50+ kam. Personen mittleren Alters zeigten auch das größte Interesse an der Ausleihe von E-Book-Readern, um die Eignung für den persönlichen Gebrauch in Ruhe testen zu können. Aufgrund der großen Nachfrage wurden nach der Zentralbibliothek im letzten Jahr alle Stadtteilbibliotheken mit E-Book-Readern zum Ausleihen ausgestattet. Parallel dazu wurden verstärkt öffentliche Schulungen für alle Bürgerinnen und Bürgern angeboten, die die Vermittlung von Grundkenntnissen zu E-Book-Readern und Online-Medien zum Inhalt hatten.
Ende des Jahres erfolgte in der Zentralbibliothek eine äußerst nutzerfreundliche Innovation durch die Implementierung zweier „Digitaler Bücherregale“. Es handelt sich dabei um Terminals, die die virtuellen Medien der Onleihe am Bildschirm sichtbar machen, das heißt aktuell vorhandene E-Books, E-Papers und E-Audios anzeigen. Kundinnen bzw. Kunden mit Bibliotheksausweis können die angezeigten E-Medien über den Touchscreen am Bücherregal unmittelbar zum Beispiel auf den eigenen Laptop oder das persönliche Tablet ausleihen.
Die Vorteile der digitalen Transformation zeigen sich nicht zuletzt beim internationalen, fremdsprachigen Medienangebot der Stadtbibliothek. Der Bezug von E-Medien in anderen Sprachen ist einfacher geworden und diese können sofort zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere die Zeitungsdatenbank „Press Reader“, die tagesaktuelle Magazine und Zeitungen in Originalausgabe aus über hundert Ländern enthält, erwies sich als Favorit. Die Weltpresse in arabisch, ungarisch, türkisch, serbisch, chinesisch, italienisch, englisch, russisch – um nur
einige Beispiele zu nennen – stieß bei zahlreichen Nutzerinnen und Nutzern, die ursprünglich aus anderen Kulturkreisen kommen, auf höchstes Interesse. Gleichwohl steht diese Zeitungsdatenbank allen Sprachenlernenden sowie an Originalinformationen aus der Weltpresse Interessierten zur Verfügung.
5. TEACHING LIBRARY
Wie in den vorangegangenen Jahren fand das Angebot an Bibliotheksführungen und Recherchekursen für Schulklassen und andere Lerngruppen regen Zuspruch, ebenso spielerische Entdeckerkurse für Kindergartengruppen in der Bibliothek.
2014 2015
228 229
Aufgrund der starken Nachfrage wurden zahlreiche Workshops zum Gebrauch von E-Book- Readern sowie zum Einstieg in die „Onleihe“ durchgeführt. Mit der Möglichkeit zum selbstorganisierten Lernen waren die Multimedia-PCs im E-Lernstudio der Zentralbibliothek täglich nahezu ausgebucht und wurden kontinuierlich gut genutzt.
6. VERANSTALTUNGEN
Vorlesestunden, Lesungen und andere Leseaktionen für Kinder:
2014 2015
169 254
Wie immer fanden das ganze Jahr über regelmäßig in allen Stadtteilbibliotheken sowie in der Kinder- und Jugendbibliothek Vorlese- und Mitmachaktionen statt. Vorlesestunden zählen nach wie vor zum Kernprogramm der Leseförderung ebenso wie der stets beliebte Sommerleseclub für ältere Kinder, der jährlich in den großen Ferien in der Jugendbibliothek stattfi ndet.
Ein typisch amerikanisches Format wurde aufgrund des großen Erfolgs der Vorjahre mit dem Wettbewerb „Spelling Bee“ in der Amerikanischen Bibliothek durchgeführt, an dem Dutzende von Schülerinnen und Schülern aus Karlsruher Schulen und der Umgebung teilnahmen. Die Durchführung war wie immer mit einem hohen Aufwand verbunden und gelang durch viel Engagement von Ehrenamtlichen.
Das freundliche Sommerwetter lockte 2015 zahlreiche Kinder und Familien in die Freibäder, so dass die Leseförderungsaktionen rund um die Büchereicontainer in Rüppurr und Rappenwört großen Zuspruch fanden. In Rappenwört gab es außerdem ein Jubiläum zu feiern, da die Aktion „Leseratte trifft Wasserratte“ seit 2005 besteht und jetzt zum zehnten Mal in den großen Ferien stattfand.
Die Feier neben den Schwimmbecken fand Ende August bei strahlendem Sonnenschein statt und zog fast 300 junge Badegäste und begeisterte Eltern an.
Veranstaltungen für Erwachsene:
2014 2015
79 77
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Für die Erwachsenen war der Durlacher Lesesommer erneut ein Besuchermagnet, ebenso wie die KAMUNA mit Poetry-Slam und musikalischem Kabarett im Neuen Ständehaus. Wie jedes Jahr beteiligte sich die Stadtbibliothek mit zahlreichen Lesungen und Vorträgen an Festivals und Aktionswochen, zum Beispiel: Karlsruher Wochen gegen Rassismus Faire Woche Französische Woche Karlsruher Literaturtage Bibliothekskampagne Netzwerk Bibliothek Karlsruher Krimitage Nachhaltigkeitstage
Viele Veranstaltungen wurden mit bewährten Kooperationspartnerinnen und -partnern durchgeführt. Eine der erfolgreichsten, kontinuierlichen Kooperationen war die gemeinsame Veranstaltungsreihe „Blickkontakt – Frau und Beruf“ mit der Kontaktstelle Frau und Beruf, die einmal im Monat am Samstag stattfi ndet. Regelmäßig nahmen zwischen 50 und 70 Frauen teil, um sich über Themen im Kontext von Familie und Beruf zu orientieren, kombiniert mit Informationen über ein selbst organisiertes Weiterlernen anhand der Bücher und Medien aus der Stadtbibliothek.
7. SPEZIELLE SCHWERPUNKTE
7.1 BIBLIOTHEKSANGEBOTE FÜR GEFLÜCHTETE UND EHRENAMTLICHE
Mit Blick auf die Situation in Karlsruhe wurde ein Informationsfl yer erstellt und verbreitet, der aus dem vorhandenen Gesamtangebot die Medien und Teilhabemöglichkeiten hervorhebt, die für Gefl üchtete sowie für die Arbeit der Ehrenamtlichen besonders geeignet sind. Im Sinne einer „Integration am Bücherregal“ wurden Einladungen in die Bibliothek von Einzelnen und kleineren betreuten Gruppen angenommen.
Die Stadtbibliothek eignet sich insofern gut für Menschen aus anderen Kulturen, als ihre Angebote überwiegend niederschwellig sind. Beispielhaft seien folgende Punkte genannt: Sie ist für alle Menschen während der Öffnungszeiten frei zugänglich. Es sind viele Bücher, Hörbücher und Zeitungen in Fremdsprachen vorhanden. In den Bibliotheksräumen können alle Medien auch ohne Ausweis genutzt werden. Arbeitstische und PCs stehen zum freien Lernen oder Lesen zur Verfügung. Gefl üchtete können Zeitungen aus ihrer Heimat lesen über „Press Reader“. Sie können Online-Services nutzen und ggf. E-Books auf ihrem Smartphone lesen. Zahlreiche Sprachkurse zum Deutschlernen stehen zur Verfügung.
7.2 AUFENTHALTSQUALITÄT
Die Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Zentralbibliothek ist angesichts von Hunderten von Besucherinnen und Besuchern täglich eine kontinuierliche Herausforderung. 2015 wurde der Zeitschriftenbereich im EG durch den notwendigen Austausch des zerschlissenen Mobiliars neu konzipiert. Unter starker Beteiligung der Bibliothekskunden und Bibliothekskundinnen wurde die Auswahl an Zeitschriften neu festgelegt und erweitert, so dass jetzt 192 Abonnements zur Verfügung stehen (circa 10.000 Hefte). Der bis dahin etwas schäbig anmutende Bereich wurde zusätzlich durch mehrere kleine Maßnahmen verschönert und verbessert, ebenso wie alle durchgesessenen Lesesessel neu gepolstert wurden. Unsere Besucherinnen und Besucher nahmen die Verbesserungen mit viel positiver Rückmeldung wahr.
7.3 MEDIENKOMPETENZ
Gemäß unserem Leben in der digitalen Gesellschaft baut die Stadtbibliothek den Sektor der konkreten Mediennutzung und Vermittlung von Medienkompetenz weiter aus. Folgende Formate wurden 2015 beispielhaft durchgeführt:
CryptoParty – eine gemeinsame Veranstaltung mit Entropia e. V. zum Thema „Digitale Privatsphäre besser schützen“
Multimediale Klassenführungen – in der Stadtteilbibliothek Durlach wurden Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 und 6 mit iPads auf eine Bibliotheksrallye geschickt, im Anschluss erhielten die Kinder die Aufgaben, in Gruppen Bibliotheksrelevante Videos an den iPads zu erstellen.
Gaming – im Prinz-Max-Palais wurden regelmäßig Wii-Turniere auf der Kinoleinwand im U-Max durchgeführt. Dabei wird Mario Kart Wii (FSK 0) gespielt. Teilnahmealter: 8 bis 12 Jahre, maximal 15 Kinder. Die Sieger erhielten Preise.
8. BIBLIOTHEKEN IN DEN STADTTEILEN UND KINDER- UND JUGENDBIBLIOTHEK
Für die Kinder- und Jugendbibliothek war das Jahr 2015 außerordentlich erfolgreich. Die Zahl der Entleihungen hat gegenüber dem Rekordergebnis im Vorjahr nochmals zugenommen und betrug 339.487 ME (+ 1,6 Prozent). Bei der Evaluierung des Ergebnisses wurde deutlich, dass insbesondere die Kinderhörbücher wiederentdeckt und deutlich stärker als in den Vorjahren ausgeliehen wurden. Somit begeisterte ein traditionelles Medium auch die heutige Generation von Kindern. Die erhöhte Nachfrage nach Hörspielen bestätigte sich auch in der Arbeit der Stadtteilbibliotheken.
Zusammenfassend sind in den Stadtteilbibliotheken und in der Amerikanischen Bibliothek Nutzung und Medienausleihe im Vergleich zum Vorjahr in etwa gleich geblieben. Ähnlich wie in der Zentrale hat die Zahl der Menschen, die die Bibliotheken besuchten, zugenommen bei einer zeitlichen Ausweitung des individuellen Aufenthalts.
Anzahl Besuche
Jugendbibliothek 86.769
Durlach 49.820
Medienbus 16.471
Mühlburg 17.194
Grötzingen 13.924
Neureut 25.929
Waldstadt 55.366
Amerikanische Bibliothek 15.448
Medienbus: Sowohl das Team als auch die Bevölkerung in den Stadtteilen hatten eine Häufung von technischen Ausfällen des Bücherbusses zu verkraften. An dreißig von insgesamt 226 Tagen konnten die regulären Haltestationen nicht angefahren werden (circa 13 Prozent Ausfallzeit). Obwohl die Enttäuschung auf Seiten der Kinder immer wieder groß war, blieb der Zuspruch an den normalen Tagen hoch, so dass der Bus von Nutzerinnen und Nutzern fast überrannt wurde und der Rückgang der Medienausleihe gegenüber dem Vorjahr marginal ist (-2,2 Prozent).
Die Jahresergebnisse der einzelnen Bibliotheken in den Stadtteilen sind den beigefügten Grafi ken Teil 1 und Teil 2 zu entnehmen.
32 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 33
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ANLAGE: TABELLEN
ENTWICKLUNG DER MEDIENAUSLEIHE IM GESAMTSYSTEM 1993 BIS 2015
AUSLEIHENTWICKLUNG DER ZENTRAL- UND JUGENDBIBLIOTHEK 2000 BIS 2015
AUSLEIHENTWICKLUNG DER STADTTEILBIBLIOTHEKEN 2000 BIS 2015, TEIL 1
AUSLEIHENTWICKLUNG DER STADTTEILBIBLIOTHEKEN 2000 BIS 2015, TEIL 2
34 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 35
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AUSLEIHENTWICKLUNG DER ONLINE ANGEBOTE 2008 BIS 2015
IMPRESSUM
Herausgegeben von: Stadt Karlsruhe | Kulturamt
Redaktion: Dr. Susanne Asche, Claus Temps, Claudia Lahn
Bilder: Kulturamt; Monika Müller-Gmelin; Roland Fränkle; Peter Bastian; MicialMedia; ZKM, Globale 2015, Ikeda Wagenhan
Layout: Presse- und Informationsamt, Zimmermann
Druck: Rathausdruckerei | 100 Prozent Recyclingpapier.
Stand: Juli 2016
https://www.karlsruhe.de/b1/kultur/kulturfoerderung/kulturamt/HF_sections/rightColumn/1385637368833/ZZmHLFvoBorYQ0/Karlsruhe-Jahresbericht-Kulturamt2015.pdf