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Konzept zur systematischen Bürgerbeteiligung in Karlsruhe Stadt Karlsruhe AG Bürgerbeteiligung Leitung: Amt für Stadtentwicklung Beteiligte Ämter, Dienststellen und Gesellschaften:  Dezernat 1  Dezernat 2  Gartenbauamt  Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft mbH (KASIG)  Kinderbüro  Medienbüro  Presse- und Informationsamt  Schul- und Sportamt  Stabsstelle Projektcontrolling  Stadtjugendausschuss  Stadtkämmerei  Stadtmarketing Karlsruhe GmbH  Stadtplanungsamt  Umweltamt Karlsruhe, April 2012 Inhalt 1 Bürgerbeteiligung im kommunalen Bereich mit repräsentativer Verantwortung................................................................................ 1 1.1 Einführung............................................................................................................. 1 1.2 Ziele von Beteiligungsverfahren............................................................................ 2 1.3 Grenzen von Bürgerbeteiligung............................................................................. 2 1.4 Empfehlungen zur Vorgehensweise...................................................................... 3 2 Instrumente und Verfahren zur Bürgerbeteiligung................................................. 5 2.1 Informelle Bürgerbeteiligungsinstrumente und -verfahren.................................... 5 2.1.1 Bisher in Karlsruhe eingesetzte Instrumente zur Bürgerbeteiligung...................................................................................... 5 2.1.1.1 Bürgerumfrage........................................................................... 6 2.1.1.2 Bürgermeistersprechstunde....................................................... 7 2.1.1.3 Forum, Versammlung, Konferenz.............................................. 8 2.1.1.4 Vor-Ort-Begehung, Spaziergang............................................... 10 2.1.1.5 Arbeitsgruppe, Workshop.......................................................... 11 2.1.1.6 Bürger-Ideenwettbewerb........................................................... 12 2.1.1.7 Mediation................................................................................... 13 2.1.1.8 Zukunftskonferenz..................................................................... 14 2.1.2 In Karlsruhe noch nicht erprobte Instrumente zur Bürgerbeteiligung..................................................................................... 15 2.1.2.1 Bürgerfragestunde.................................................................... 15 2.1.2.2 Bürgerhaushalt......................................................................... 16 2.1.2.3 Planungszelle / Bürgergutachten.............................................. 18 2.1.2.4 Open Space Konferenz............................................................ 20 2.1.2.5 Planning for Real...................................................................... 21 2.1.2.6 Konsensuskonferenz................................................................ 23 2.1.2.7 TRIPLEX-Partizipationsmodell................................................. 25 2.1.2.8 Bürgerrat................................................................................... 26 2.1.3 Bürgerbeteiligungsverfahren in Karlsruhe............................................... 29 2.1.3.1 City 2015................................................................................. 29 2.1.3.2 Karlsruhe Masterplan 2015..................................................... 30 2.1.3.3 Integriertes Stadtentwicklungskonzept Karlsruhe 2020.......... 31 2.1.3.4 Stadtteilentwicklungsprozesse................................................. 32 2.1.3.5 Spielleitplanung........................................................................ 33 2.1.3.6 Quartierbezogene Kinder- und Jugendbeteiligung................... 35 2.1.3.7 Objektbezogene Kinder- und Jugendbeteiligung..................... 36 2.1.3.8 Verkehrsentwicklungsplan....................................................... 37 2.1.3.9 Stadtteilprojekte zum Stadtjubiläum 2015................................ 39 2.2 Gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeteiligung.................................................. 41 2.2.1 Bürgerbegehren mit anschließendem Bürgerentscheid........................... 41 2.2.2 Bürgerentscheid durch Beschluss des Gemeinderats.............................. 41 2.2.3 Bürgerbeteiligung bei BPlan-Verfahren.................................................... 42 2.2.4 Flächennutzungsplan-Verfahren............................................................... 43 2.2.5 Sanierungsverfahren................................................................................ 44 3 Online-Bürgerbeteiligung, E-Partizipation.............................................................. 45 3.1 Grundlagen........................................................................................................... 45 3.2 Instrumente und Verfahren der Online-Bürgerbeteiligung / E-Partizipation........................................................... 47 3.3 Zwischenfazit Online- Bürgerbeteiligung / E-Partizipation.................................... 49 4 Checkliste zur Bürgerbeteiligung............................................................................. 51 4.1 Überlegungen zur Auswahl des Beteiligungsinstruments...................................... 51 4.2 Feinplanung zur Ausgestaltung des Beteiligungsinstruments................................ 52 4.3 Umgang mit den Ergebnissen aus dem Beteiligungsprozess................................ 54 1 1 Bürgerbeteiligung im kommunalen Bereich mit repräsen- tativer Verantwortung 1.1 Einführung In den vergangenen 20 Jahren hat sich das Vorfeld kommunaler Entscheidungen sehr stark gewandelt. In der Entscheidungsvorbereitung war eine direkte Einflussnahme der Bürgerinnen und Bürger kaum vorgesehen. Über die von Fall zu Fall stattfindende „Anhö- rung der Betroffenen“ dominierte die innere Sachlogik einer nach Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Bedarfsgerechtigkeit zu treffenden Entscheidung. Das „Mitreden“ der Bürgerschaft im Vorfeld einer Sachentscheidung war kein bzw. kein bedeutender Verfah- rensschritt. Dennoch kann die Stadt Karlsruhe mit dem fast 100-jährigen Wirken der Bür- gervereine auf eine lange Phase praktizierter Bürgermitwirkung zurückblicken. Die Karls- ruher Bürgervereine bringen für ihren jeweiligen lokalen Zuständigkeitsbereich kontinuier- lich Bürgerauffassungen zu kommunalen Fragestellungen in Entscheidungsprozesse ein und haben hierfür Rederecht in den gemeinderätlichen Ausschüssen. Kernaufgabe der Verwaltung dabei ist es, Entscheidungen für die politischen Gremien der Kommune vorzubereiten und mögliche Alternativen transparent zu machen. Im Vorder- grund steht weiterhin, dass mit der Wahl der Gemeinde- und Ortschaftsräte durch die Bür- gerinnen und Bürger alle Entscheidungsprozesse in Angelegenheiten der Gemeinde für die jeweilige Amtszeit in die Hände der gewählten Vertreterinnen und Vertreter und der von ihnen beauftragten Verwaltung übergegangen sind. Politische Basisbewegungen, Bürgerinitiativen, aber auch teilweise massive Widerstände in der Bevölkerung gegen bestimmte (auch kommunale) Projekte haben die formale Praxis der repräsentativen Demokratie deutlich verändert. In der Bevölkerung hat sich ein breiter Mitgestaltungswille und eine beachtliche Mitwirkungsbereitschaft in Sachfragen entwickelt. Es ist deutlich geworden, dass eine unterlassene rechtzeitige Einbeziehung der Bürgerin- nen und Bürger in eine Projektentscheidung zu schwerwiegenden Verwerfungen und Blo- ckaden im Projektablauf führen kann. Diese Erkenntnis schlägt sich nicht zuletzt auch in aktuellen Aktivitäten auf Ebene der Bundes- und Landesregierungen nieder. Beispielswei- se will die Bundesregierung bis zum Herbst 2012 mit einer Gesetzesänderung und einem „Handbuch Bürgerbeteiligung“ erreichen, dass die Öffentlichkeit schon vor den klassischen Verwaltungsakten in die Vorhaben eingebunden wird. Umgekehrt liegen in Karlsruhe mit dem Bürgerbeteiligungsprozess City 2015 im Vorfeld des Bürgerentscheids zur Kombi- Lösung sehr gute Erfahrungen vor, die zeigen, dass durch umfassende Bürgermitwirkung ein breiter Konsens in der Bevölkerung hinsichtlich einer komplexen und weit reichenden Projektentscheidung erreicht werden kann. Neben der erzeugten größeren Akzeptanz von Entscheidungen führen Bürgerbeteili- gungsprozesse auch zu einer höheren Transparenz von Prozessen sowie einer Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements. Um diesen Nutzen innerhalb der Bürgerschaft auf eine möglichst breite Basis zu stellen, ist es essentiell, bei der Durchführung von Partizipa- tionsprozessen die unterschiedlichen Möglichkeiten der Mitwirkung von z.B. Frauen und Männern, Migrantinnen und Migranten sowie von jungen und alten Menschen zu berück- sichtigen. Darüber hinaus eröffnen sich für Bürgerinnen und Bürger durch den zunehmenden Einsatz des Internets neue Wege, sich stärker in städtische Belange einzubringen, sich unterein- ander zu vernetzen, Informationen auszutauschen und sich zu organisieren. Vor diesem 2 Hintergrund ist dem Thema Online-Bürgerbeteiligung bzw. E-Partizipation ein eigenes Ka- pitel (Kapitel 3) gewidmet. 1.2 Ziele von Beteiligungsverfahren Wenn auch die öffentliche Aufmerksamkeit sich vorwiegend auf (erzwungene) Bürgerent- scheide richtet, wenn Bürgerbeteiligung als „erfolgreich“ herausgestellt wird, so liegt das Gewicht bei der großen Mehrheit der inzwischen überall ablaufenden Beteiligungsverfah- ren darin, im Vorfeld einer Entscheidung gewählter Gremien (z. B. des Gemeinderats) ein möglichst präzises Meinungsbild der Bevölkerung zu einem Thema einzuholen und in den Entscheidungsprozess der gewählten Vertreterinnen und Vertreter einzuspeisen. Bürger- beteiligung bedeutet deshalb vor allem, die Grundlagen einer Sachentscheidung durch das Wissen und die Beiträge der Bevölkerung zu verbreitern und alternativen Lösungsvor- schlägen im Entscheidungsvorfeld eine Chance auf Gehör zu verschaffen. In welchem Umfang und welcher Intensität die Bevölkerung zur Mitwirkung eingeladen wird und wel- ches Beteiligungsformat angemessen erscheint, muss auf den jeweiligen Einzelfall bezo- gen werden. Hierzu bedarf es im Vorfeld einer fundierten Methodenabwägung. Eine all- gemeine Richtschnur gibt es dafür nicht. Die insgesamt anwendbaren Beteiligungsformen sind in Kapitel 2 ausführlich dargestellt. Das Ziel von Beteiligungsverfahren ist nicht und kann auch nicht sein, Entscheidungen von der politischen Ebene auf andere Ebenen – z. B. den Souverän – zu übertragen. Vielmehr muss das repräsentative System unangetastet bleiben, die Grundlagen für die Entschei- dungsfindung sollen aber verbessert werden, indem von Fall zu Fall die dezidierte Auffas- sung der Bevölkerung (oder von Teilen davon) mit geeigneten Methoden erhoben und den übrigen sachbezogenen Entscheidungsgrundlagen hinzugefügt wird. Für die i. d. R. eh- renamtlich tätigen gewählten Vertreter und Vertreterinnen wird es dadurch eher leichter, ihr repräsentativ definiertes Amt auszuüben, da sie sich den durch ein Beteiligungsverfah- ren erzielbaren Erkenntnisgewinn aus Zeit- und Kostengründen kaum in eigenem Kennt- niserwerb verschaffen können. Die Entscheidungs- und Abwägungsfreiheit, z. B. nach § 32 (3) GemO, bleibt deshalb unberührt. Ein imperatives Mandat entsteht nicht. Diese Ü- berlegungen gelten analog für alle innerhalb der Verwaltung getroffenen Entscheidungen im Verhältnis zu einem durchgeführten Beteiligungsverfahren. 1.3 Grenzen von Bürgerbeteiligung Partizipationsprozesse können für alle Beteiligten einen großen Nutzen erbringen. Den- noch sind sie keine Allheilmittel, die immer und überall zur Problemlösung eingesetzt wer- den können. Die Wirkungsgrenzen von Bürgerbeteiligung liegen entsprechend darin, dass die gesetz- lich festgelegten Zuständigkeiten im föderalen System durch Bürgermitwirkungsprozesse nicht ausgehebelt werden können. Dies gilt einmal dahingehend, dass bestimmte Ent- scheidungen bestimmten Ebenen zugeordnet sind (z. B. kommunale Daseinsvorsorge: Gemeinde). Zum anderen muss in Beteiligungsverfahren das Rahmengerüst der überge- ordneten Gesetze und Verordnungen (Kommune, Land, Bund, Europa) als feste „Leitplan- ke“ kommuniziert werden, über die sich Meinungsbildungsprozesse in der Bürgerschaft oder erarbeitete Lösungsvorschläge nicht einfach hinwegsetzen können. Dies führt zwangsläufig zu einer verantwortungsvollen Rolle der Expertinnen und Experten aus den Fachdienststellen in Beteiligungsprozessen. Einerseits werden sie für die beschriebene Rahmensetzung gebraucht, andererseits dürfen sie Beteiligungsprozesse weder mit ihren 3 Ansichten dominieren, noch ein Klima genereller „Alternativlosigkeit“ erzeugen, das die Beteiligungsbereitschaft erlahmen lässt. Grenzen von durch Beteiligung ermittelten Lösungswegen sind auch dort zu sehen, wo durch Partikularinteressen jedweder Art Vorschläge formuliert werden, die das Gemein- wohlprinzip nicht einhalten und bei ihrer Umsetzung zu Ungerechtigkeiten zwischen ver- schiedenen Bevölkerungsgruppen oder städtischen Teilräumen führen würden. Gleichzei- tig besteht die Schwierigkeit, alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen anzusprechen, sie einzubeziehen und ihnen die Möglichkeit zur Teilhabe zu geben. Damit ist die selektive Wahrnehmung der Angebote in Abhängigkeit sozio-demografischer Eigenschaften eine der bedeutsamsten Grenzen der Bürgerbeteiligung. Hier ist die Gewissensentscheidung der gewählten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger bzw. die Gemeinwohlverpflichtung des Verwaltungshandelns als Korrektiv unabdingbar. 1.4 Empfehlungen zur Vorgehensweise Außer bei den gesetzlich festgelegten Beteiligungsformen, denen im vorliegenden Kon- zept ein eigenes Kapitel (Kapitel 2.2) gewidmet ist, gibt es keinen Ablauf, der die Beteili- gung von Bürgerinnen und Bürgern bei einer Projektentscheidung „automatisch“ auslöst. Jedes Einzelprojekt oder -vorhaben ist auf Relevanz und Tauglichkeit für die Einbeziehung der Bürgerschaft zu prüfen. Die städtischen Fachdienststellen wägen daher den Beteili- gungsbedarf eines Projekts frühzeitig ab. Sie schlagen ihrem zuständigen Fachdezernat dazu ein Beteiligungsformat (Kapitel 2.1) zur Ausführung vor. Das Fachdezernat entschei- det im Falle von Beteiligungsprojekten, die nicht extern moderiert werden und keine zu- sätzlichen personellen und finanziellen Ressourcen binden, hierüber direkt in Absprache mit dem Bürgermeisteramt. Umfangreiche Beteiligungsprozesse mit externer Moderation und zusätzlichen Sachaufwendungen werden einem gemeinderätlichen Gremium zur Be- schlussfassung vorgelegt. Bei allen Beteiligungsprojekten wird das Dezernat 2 informiert. Das Dezernat 2 führt als zuständiges Dezernat für Bürgerbeteiligung eine Liste der beschlossenen bzw. in der An- bahnung befindlichen Beteiligungsverfahren. Diese Liste wird im Ratsinformationssystem (RIS) veröffentlicht. Darüber hinaus werden zur Erhöhung der Transparenz und der direk- ten Zugänglichkeit von Beteiligungsprozessen für alle Bürgerinnen und Bürger auf der Startseite karlsruhe.de unter der Rubrik „Beteiligen Sie sich!“ die jeweils aktuellen Beteili- gungsverfahren zeitnah und übersichtlich abrufbar dargestellt. Durch die gute Kenntnis des jeweiligen Projektumfeldes, die bei den städtischen Fach- dienststellen vorliegt, kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass durch diese Verfahrensweise keine Beteiligungsbedarfe unbeachtet bleiben. Die Verwaltung schlägt deshalb vor, abzuwarten, ob die Notwendigkeit erwächst, zusätzlich Spielregeln für bür- gerinitiierte Beteiligungsverfahren zu entwickeln. Diese müssten sich an die Mechanismen des Bürgerbegehrens nach GemO anlehnen, aber wesentlich niedrigschwelliger und auch teilräumlich handhabbar ausgestaltet sein. Die Verwaltung schlägt vor, mit dem hier auf- gezeigten Verfahren zunächst Erfahrungen zu sammeln und die Erarbeitung von Regeln für (ausschließlich) bürgerseitig ausgelöste Beteiligung zurückzustellen. 4 2 Instrumente und Verfahren zur Bürgerbeteiligung Im Folgenden werden Instrumente und Verfahren zur Bürgerbeteiligung dargestellt, die bezogen auf ein Projekt oder einen Anlass einzusetzen sind. Nicht behandelt werden die für bestimmte kommunale Handlungsfelder zur dauerhaften Mitwirkung berufenen eh- renamtlich wirkenden Fachgremien wie z. B. Stadtseniorenrat, Behindertenbeirat, Migrati- onsbeirat, Forum Ehrenamt, Radlerforum, Naturschutzbeirat, Fahrgastbeirat des KVV oder sachkundige Bürgerinnen und Bürger in gemeinderätlichen Ausschüssen. Seit Jahrzehnten liefert darüber hinaus die Arbeit der Bürgervereine für ihren lokalen Be- reich einen kontinuierlichen Input an Bürgermeinung für kommunalpolitische Entscheidun- gen. Die Arbeit der Bürgervereine ist für die Kommunalpolitik eine wertvolle Bereicherung. Ihre Arbeitsweise ist jedoch in der nachfolgenden Klassifizierung nicht korrekt abzubilden. Deshalb werden sie nicht als Beteiligungsformat aufgeführt. 2.1 Informelle Bürgerbeteiligungsinstrumente und -verfahren Bei informellen Bürgerbeteiligungsinstrumenten handelt es sich um Instrumente und Ver- fahren, welche nicht gesetzlich vorgeschrieben sind. Im Folgenden wird unterschieden zwischen bisher in Karlsruhe eingesetzten Instrumenten zur Bürgerbeteiligung, bisher nicht in Karlsruhe erprobten Instrumenten zur Bürgerbeteiligung und den in Karlsruhe durchgeführten Bürgerbeteiligungsverfahren. Bei Bürgerbeteiligungsverfahren kommen i. d. R. mehrere Instrumente in Kombination zum Einsatz. 2.1.1 Bisher in Karlsruhe eingesetzte Instrumente zur Bürgerbeteiligung Die bisher in Karlsruhe eingesetzten Instrumente zur Bürgerbeteiligung werden im Fol- genden kurz anhand von Steckbriefen vorgestellt. Neben einer Beschreibung des jeweili- gen Instruments, sind den Steckbriefen auch Angaben zu Teilnehmenden, Repräsentativi- tät, Zielen und geschätztem Aufwand zu entnehmen. Darüber hinaus wird exemplarisch dargestellt, zu welchen Anlässen die Instrumente in Karlsruhe eingesetzt werden und wel- che Erfahrungen bis dato vorliegen. 5 2.1.1.1 Bürgerumfrage Beschreibung Einem verkleinerten Abbild der Karlsruher Bürgerschaft oder einer räumlichen bzw. demo- grafischen Teilgruppe (z. B. Stadtteil, Anwohnerinnen und Anwohner) werden Fragen zu einer stadtentwicklungspolitischen Problematik gestellt. Teilnehmende  Rekrutierung der Teilnehmenden durch Stichprobenziehung aus dem Einwohnerre- gister oder Vollerhebung  Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden direkt per Brief oder Telefon kontaktiert Repräsentativität  Die soziale Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommt der Heterogenität der Gesamtbevölkerung nahe.  Aufgrund der relativ hohen Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind die Ergebnisse i. d. R. repräsentativ. Ziel  Einholen eines belastbaren Meinungsbilds Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten eher gering (ca. 20 Minuten) Anwendung in Karlsruhe Erfahrungen / Evaluation 1. Jährliche Durchführung der Bürgerum- frage zu ver- schiedenen Themen  Ergebnisse repräsentativer Umfragen bilden die Auffassungen in der Bürger- schaft zutreffend ab und bieten ein verlässliches politisches Controlling. Das Ergebnis des Bürgerentscheids „Kombilösung“ (2002) wurde in der Bürgerum- frage 2001 exakt vorweggenommen.  Bürgerumfragen können auch teilräumlich bzw. zielgruppenorientiert eingesetzt werden.  Der Umfang des Fragebogens ist begrenzt, da bei „zu langen“ Fragebögen die Rücklaufquote sinkt. 6 2.1.1.2 Bürgermeistersprechstunde Beschreibung Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister hält eine Sprechstunde zu einem vorher defi- nierten Thema oder einer Problemstellung ab. Teilnehmende  Teilnahme an der Sprechstunde steht i. d. R. allen Interessierten offen Repräsentativität  nicht gegeben, da Teilnahme offen  Risiko, dass insbesondere „laute“ Stimmen Gehör finden Ziel  Einholen eines Meinungsbilds  Sammeln von Anregungen Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten eher gering (ca. 1 bis 2 Stunden) Anwendung in Karlsruhe Erfahrungen / Evaluation 1. Bürger- Sprechstunde des Oberbür- germeisters  Oberbürgermeister Fenrich hat mit Beginn seiner Amtszeit 1998 die Bürger- Sprechstunde eingerichtet. Anfangs fanden in etwa 6-wöchigem Rhythmus Bürger-Sprechstunden mit etwa 6 bis 8 Petenten statt.  Da die Nachfrage sukzessive nachgelassen hat, findet seit 2009 keine Bürger- Sprechstunde mehr statt.  Einzelanliegen nimmt sich der Oberbürgermeister nach wie vor an. 2. Im Rahmen der Beteiligung von Kindern  Der Sozialbürgermeister kommt vor Ort (z. B. Europabad) und die Kinder spre- chen über ihre ortsbezogenen Bedürfnisse oder die Kinder kommen ins Rat- haus.  Der Einsatz erfolgt auch im Rahmen von Stadtteilbeteiligungen als Ende eines Prozesses und zu aktuellen Anlässen wie z. B. dem Weltkindertag.  Die Bürgermeistersprechstunde eignet sich gut für Kinderbeteiligung, wenn sie gezielt mit z. B. Schulklassen vorbereitet wird. Zu einem öffentlich angekündig- ten Termin ist es schwierig, genügend Kinder zusammen zu bekommen. 7 2.1.1.3 Forum, Versammlung, Konferenz Beschreibung Eine Begriffsabgrenzung der Begriffe Forum, Versammlung und Konferenz ist nicht mög- lich. Häufig folgen diese Beteiligungsinstrumente folgendem Schema: 1. Fachvortrag von Verwaltung oder Politik, Darstellung eines Sachverhalts durch Fachleute oder Vorstellung gruppenspezifischer Aktivitäten 2. Diskussion, evtl. unter Hinzuziehung von Expertinnen und Experten, Sach- verständigen sowie Fachkundigen Insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendbeteiligung erfolgt eine zielgruppenspezi- fische Anpassung des Instruments mit Hilfe kind- bzw. jugendgerechter Methoden. Für die Teilnehmenden an einem Forum, einer Versammlung oder einer Konferenz besteht die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben, Wünsche und Ideen einzubringen sowie sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Als Ergebnis werden häufig Empfehlungen bzw. Forderungen an die Lokalpolitik formuliert. Teilnehmende  Das Instrument eignet sich insbesondere für größere Gruppen ab 20 Personen.  Mögliche Teilnehmergruppen: Vertreterinnen und Vertreter von Interessengruppen, der Politik, der Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger sowie Fachleute  Es besteht auch die Möglichkeit, bestimmte Zielgruppen, wie z. B. Kinder oder Ju- gendliche, einzuladen.  Die Teilnahme kann offen oder restriktiv (nur mit Einladung) erfolgen. Repräsentativität  nicht gegeben, wenn Teilnahme offen  Gegeben, falls die Einladung restriktiv auf Basis einer vorhergehenden Stichpro- benziehung erfolgt und die Anzahl der Teilnehmenden entsprechend hoch ist.  Risiko, dass insbesondere „laute“ Stimmen Gehör finden Ziel  Betroffene in der Stadt sollen zu einem bestimmten Zeitpunkt über Politikaspekte, Pläne und Programme informiert werden.  Meinungen und Vorschläge werden eingeholt und diskutiert.  Erarbeiten von Inhalten Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten variiert je nach Ausgestaltung Anwendung in Karlsruhe Erfahrungen / Evaluation 1. Bürgerver- sammlung nach §20a GemO  Bürgerversammlungen nach §20a GemO werden vom Gemeinderat anberaumt und vom Bürgermeister bzw. der Bürgermeisterin einberufen oder von der Bür- gerschaft beantragt (10 % der Einwohnerschaft). Vorsitz führt der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin. Eine Bürgerversammlung kann per Quorum von der Bürgerschaft beantragt werden. Die Bürgerversammlung ist als Präsentation der Verwaltung angelegt, in der die Verwaltungsspitze ihr Handeln darlegt. Die Kommunikationsstruktur ist vordefiniert.  Die begrenzte Rolle der Bürgerschaft ist deutlich: „Die Vorschläge und Anregun- gen der Bürgerversammlung sollen innerhalb einer Frist von drei Monaten von dem für die Angelegenheit zuständigen Organ der Gemeinde behandelt werden.“  In Karlsruhe gab es bisher relativ wenige Bürgerversammlungen nach §20a. Zu 8 nennen ist an dieser Stelle die Bürgerversammlung zum Neubau des Kongress- hotels am 19.04.2000. 2. Bürgerver- sammlung ge- mäß Überein- kunft zwischen der Stadt Karls- ruhe und den Karlsruher Bür- gervereinen (AKB)  Gemäß der Übereinkunft der Stadt Karlsruhe mit den Karlsruher Bürgervereinen liegt die Initiative zur Einberufung einer Bürgerversammlung beim Bürgerverein. Der Gemeinderat fasst demzufolge keinen Beschluss über die Durchführung ei- ner Bürgerversammlung.  Die Tagesordnungspunkte werden zwischen dem Bürgerverein und der Verwal- tung abgestimmt. Öffentliche Bekanntmachung, pressemäßige Verwertung sowie Koordination der Organisation und Abstimmung der Referenten erfolgen durch städtische Ämter (Presse- und Informationsamt bzw. Hauptamt).  Die Bürgerversammlung findet unter gemeinsamem Vorsitz des Bürgervereins und des (Ober-) Bürgermeisters bzw. der (Ober-) Bürgermeisterin statt. 3. Stadtteilkon- ferenz  Im Stadtteil anstehende oder ablaufende Projekte werden von den Fachdienst- stellen vor der versammelten Bürgerschaft dargestellt und können (begrenzt) dis- kutiert werden.  Stadtteilkonferenzen finden im Laufe von Beteiligungsprozessen statt.  Stadtteilkonferenzen machen das Verwaltungshandeln transparent. Die Bürger- schaft wird aus erster Hand informiert und in das Geschehen eingebunden. Der Verwaltung bietet sich die Möglichkeit, ihr Handeln plausibel darzustellen und die gewählte Vorgehensweise gegenüber anderen Handlungsoptionen zu qualifizie- ren. Der informelle Charakter der Stadtteilkonferenz gestattet große Freiheiten in der Gestaltung des Ablaufs. 4. Forum Kom- bilösung  Neben den aktuellen Sachstandsberichten werden aus diesem Forum auch An- regungen und Ideen mitgenommen und auf Umsetzung geprüft.  Beim Forum Kombilösung kommen neben der Öffentlichkeit auch Fachämter und Politik zusammen. Das Forum stellt somit ein interessensübergreifendes Medium dar. 5. Forum Stadt- jubiläum 2015  Dieses 2009 initiierte Forum trifft sich ein- bis zweimal jährlich. Es besteht aus vom Oberbürgermeister eingeladenen Multiplikatoren sowie ausgewählten Bür- gerinnen und Bürgern.  Im Forum Stadtjubiläum werden die Teilnehmenden über den Sachstand der Ju- biläumsplanungen informiert sowie Arbeitsgruppen und Diskussionen durchge- führt. Die wichtige Rolle der Stadtteile beim Stadtjubiläum 2015 wurde seit des- sen Gründung anerkannt. Das Forum kann dazu dienen, den Nerv der Stadtteile zu treffen und deren Unterschiedlichkeit zu berücksichtigen. 6. Im Rahmen der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen 6.1 Jugendkon- ferenz bzw. Stadtjugend- konferenz  Karlsruher Jugendliche bekommen die Gelegenheit, sich zu sie betreffenden Themen zu äußern, Forderungen an die Lokalpolitik aufzustellen und gleichzeitig darzulegen, was sie zur Umsetzung dieser Forderungen beitragen.  Die 1. Karlsruher Jugendkonferenz wurde am 12.11.2011 vom StJA e.V. veran- staltet; eine Weiterführung ist unter dem Titel „Stadtjugendkonferenz“ geplant.  Die Beteiligten waren von Form und Ergebnissen der Jugendkonferenz begeis- tert. 6.2 Jugendfo- rum bzw. Jugend- stadtteil- konferenz  Jugendforen sind ein Baustein des „Konzept zur Beteiligung von Kindern und Ju- gendlichen in Karlsruhe“ in den Stadtteilen. Meist werden Jugendliche in Pla- nungs- oder Problemlösungsfragen anlassbezogen eingebunden.  Der große Vorteil des Jugendforums ist, dass es für alle Jugendlichen, unabhän- gig ihrer Herkunft oder Bildung, zugänglich ist. Ebenso wichtig ist, dass sich Ju- gendliche spontan und auf vielfältige Weise beteiligen können. Durch Mitreden, kreative Mithilfe bei Präsentation und Gestaltung, aber auch durch ihre alleinige Anwesenheit können sie ihre Unterstützung des Vorhabens demonstrieren. 6.3 Kinderver- sammlung  Ziel ist es, nachhaltige kindgerechte Beteiligungsstrukturen im Stadtteil zu entwi- ckeln. Dazu soll in altersgerechter Umsetzung eine große Kinderversammlung zu verschiedenen Themenbereichen stattfinden.  In Durlach fanden am 14.7.2011 und am 17.11.2011 Kinderversammlungen der Klassenstufen 4 bis 6 statt.  Insgesamt 100 Kinder zwischen acht und zwölf Jahren der jeweiligen Schulen haben ihre Anliegen der örtlichen Politik und Verwaltung vorgetragen. Um das Thema zu vertiefen, fanden Streifzüge durch den Stadtteil statt. 7. Weitere Beispiele: Stadtbauforum, Kulturfrühstück, ... 9 2.1.1.4 Vor-Ort-Begehung, Spaziergang Beschreibung In Form eines Rundgangs durch einen Stadtteil / Wohngebiet / Nachbarschaft / Baustelle werden Punkte allgemeinen Interesses angelaufen und vor Ort von den Fachdienststellen mit der Bürgerschaft diskutiert. Teilnehmende  Teilnahme kann in einigen Fällen auf Nutzergruppe bzw. Betroffene (z. B. mobili- tätseingeschränkte Personen, Kinder, Jugendliche, Ältere, Anwohnerinnen und An- wohner) beschränkt werden oder für alle Interessierten möglich sein. Repräsentativität  abhängig von der konkreten Ausgestaltung  Risiko, dass insbesondere „laute“ Stimmen Gehör finden Ziel  Aufnahme von Anregungen  Informationsaustausch und gegenseitige Akzeptanz zwischen Betroffenen und pla- nender Verwaltung  Meinungsbild einholen  Inhalte erarbeiten Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten eher gering (ca. 1 bis 2 Stunden) Anwendung in Karlsruhe Erfahrungen / Evaluation 1. Stadtteilspa- ziergänge (Stadt- teile mit Entwick- lungsbedarf, Sa- nierungsgebiete)  Niedrigschwelliges Instrument, vor allem geeignet für Gestaltungsfragen des Verkehrs, des öffentlichen Raums und des Wohnumfelds. Dient zur (erstmali- gen) Aufnahme von Einschätzungen und Problemwahrnehmung der Bürger- schaft.  Die Durchführung von Stadtteilspaziergängen ist wetterabhängig. 2. Kinderbeteili- gung in Rintheim  Gemeinsam mit Kindern wird deren Stadtteil erkundet. Hierbei führen die Kinder die Erwachsenen an ‚ihre Plätze‘ und zeigen Problemlagen auf.  Da die Kinder den Spaziergang führen ist diese Methode sehr aufschlussreich um die Bewegungsräume der Kinder zu erschließen. Um ein valides Bild zu er- halten, ist die Einbindung der Schule(n) im Stadtteil sinnvoll. 3. Architektur- spaziergang  Bei dem „Kritischen Architekturspaziergang“ werden vor Ort mit den Teilneh- menden gebauter Bestand und Planungen eines Stadtteils bzw. Entwicklungs- bereiches diskutiert.  Das Ziel besteht darin, Interessierte zu informieren, Zusammenhänge darzu- stellen und vor Ort eine Diskussionsplattform zu bieten. I. d. R. werden Anre- gungen der Teilnehmenden nicht gezielt gesammelt, jedoch gelegentlich selbst erledigt, in die weitere Arbeit integriert oder weitergegeben.  Bisher trafen die Architekturspaziergänge auf sehr gute Resonanz. In der Pres- se wird regelmäßig und ausführlich berichtet. Architekturspaziergänge sind ein gutes Medium, um nicht nur die Fachöffentlichkeit anzusprechen. 4. Spielflächen- planung  Beim Neubau und der grundlegenden Sanierung von Spielflächen erfolgt eine zweistufige Beteiligung der interessierten Kinder, Eltern sowie der Anwohner- schaft. Im Einzugsbereich liegende Grundschulen und Kindertagesstätten wer- den gezielt einbezogen.  Ein bedarfsgerechtes Spielangebot lässt sich erkennen anhand der Nutzungsin- tensität, der Rückmeldungen von Anwohnerschaft, Kindertageseinrichtungen, Ortsverwaltungen, Bürgervereinen und Trendsportvereinen. 10 2.1.1.5 Arbeitsgruppe, Workshop Beschreibung Im Rahmen einer Arbeitsgruppe bearbeiten mehrere Personen in Form von Gruppenarbeit eine gemeinsame Aufgabe. Inhaltlich werden häufig Maßnahmenvorschläge zu relevanten Entwicklungsthemen eines Stadtteils / Wohngebiets / Sanierungsgebiets erarbeitet und der Verwaltung bzw. dem Gemeinderat zur Umsetzung vorgeschlagen. Bei einem Workshop handelt es sich um eine moderierte Arbeitsgruppe. In einigen Fällen wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an einem Workshop vor Beginn auch Wissen vermittelt. Teilnehmende  geeignet für kleinere Gruppen bis 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer  Akteure aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft  Die Berücksichtigung spezifischer Nutzergruppen ist möglich. Repräsentativität  i. d. R. nicht repräsentativ  Risiko, dass insbesondere „laute“ Stimmen Gehör finden Ziel  Erarbeitung von Konzepten  Lösung von Problemen Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten variiert je nach Ausgestaltung Anwendung in Karlsruhe Erfahrungen / Evaluation 1. Beteiligungs- prozesse in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbe- darf  Die Ergebnisse werden von den Beteiligten durchaus gewürdigt und führen zu einer stärkeren Identifikation mit dem Stadtteil.  Häufig wird neues bürgerschaftliches Engagement ausgelöst. Arbeitsweisen, Arbeitsgeschwindigkeit und Ergebnisorientierung von Bürgerarbeitsgruppen weichen jedoch von den Abläufen der Verwaltung deutlich ab. Hierdurch be- steht auf beiden Seiten Frustrationsgefahr.  Für den Erfolg bürgerschaftlicher Anliegen ist es i. d. R. notwendig, dass die Politik ein Thema aufgreift und vorantreibt. 11 2.1.1.6 Bürger-Ideenwettbewerb Beschreibung Ein Bürger-Ideenwettbewerb wird durchgeführt, um die Bürger und Bürgerinnen an der Ausgestaltung eines stadtrelevanten Themas zu beteiligen. Die Teilnehmenden können aus Einzel- oder Gruppenarbeit entstandene Ideen bzw. Projektskizzen einreichen. Die Ideenskizzen können in einem ein- oder zweistufigen Verfahren ausgewählt werden. Bei zweistufigen Verfahren werden in der ersten Stufe die bis zum definierten Einsende- schluss zugesandten Ideen gesichtet und katalogisiert. Eine unabhängige Jury aus Sach- verständigen trifft eine Auswahl. In der zweiten Stufe werden die Finalistinnen und Finalis- ten aufgefordert, ihre Projektskizzen weiter zu konkretisieren und inhaltliche Lücken zu füllen. Anschließend wählt die Jury aus den fortentwickelten Einsendungen den Sieger- entwurf. Im Anschluss daran können diese dann der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das tatsächliche Bekenntnis zur Umsetzung sollte von Stadtseite gegeben sein. Der Grad der vorherigen Festlegung der Inhalte variiert themenabhängig. Eine Prämierung bzw. eine vorbehaltliche Realisierungszusage sollte vorab mit publiziert werden, um den Anreiz einer Einreichung zu erhöhen. Die Zulassung von Einreichungen kommerzieller Anbieter sollte bei der Ausschreibung ggf. geklärt werden. Ferner bedarf es der Entschei- dung, ob und wie detailliert Budgetpläne hinzuzufügen sind. Teilnehmende  Beliebig viele Einsenderinnen und Einsender  Die Teilnahme kann offen oder restriktiv (Einladung bestimmter Zielgruppen; inhalt- liche Vorgaben) gestaltet sein. Repräsentativität  nicht gegeben  Es besteht die Gefahr, dass sich besonders ‚gestylte‘ Ideen von Agenturen gegen einfach dargelegte Skizzen normaler Bürgerinnen und Bürger durchsetzen. Ziel  themenbezogene Mitgestaltung der Bürgerschaft Aufwand  Finanzieller Aufwand für Vorbereitung und Durchführung, Preisgelder, Bewertung des Wettbewerbs  Dauer: mehrere Monate Ausschreibung, Auswertung, Absagenmanagement, Sie- gerbetreuung  Aufwand für Ideeneinreicherinnen und -einreicher individuell verschieden  Evtl. Realisierungsbudget, Realisierungsbetreuung Anwendung in Karlsruhe Erfahrungen / Evaluation 1. Ideenwettbe- werb „15 Ideen für KA2015“  Die Planung der Ausschreibung, Findung der Jury, Terminierung von Aus- wahlsitzungen, die öffentlichkeitswirksame Aufbereitung des Fortgangs, die Ausstellung der Siegerentwürfe und die anschließende Betreuung der Ideen- geber in der Umsetzung wurden vom Stadtmarketing geleistet.  Die Fülle der eingesandten Ideen (389 zulässige Einsendungen) illustriert den Gestaltungswillen und die Kreativität der Bürgerinnen und Bürger.  Viele Ideen, die es nicht unter die Finalisten schafften, wurden dennoch als umsetzungswürdig eingestuft. Ist dies im Rahmen des Stadtjubiläums nicht möglich, wurde die Weiterbearbeitung durch Dritte in Erwägung gezogen. 12 2.1.1.7 Mediation Beschreibung Mediation ist ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes. Die Konfliktparteien wollen mit Unterstützung einer dritten "allparteilichen" Per- son zu einem Interessensausgleich bzw. einer gemeinsamen Vereinbarung gelangen. Die Mediatorin bzw. der Mediator trifft dabei keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich. Mediation kommt bei konfliktären bzw. divergierenden Interessenlagen zum Einsatz. Teilnehmende  Konfliktparteien, Vertreterinnen und Vertreter der Konfliktparteien Repräsentativität  nicht repräsentativ  Risiko, dass insbesondere „laute“ Stimmen Gehör finden Ziel  Konflikt beenden  Kompromiss finden  objektivieren, versachlichen Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten variiert je nach Ausgestaltung Anwendung in Karlsruhe Erfahrungen / Evaluation 1. Bolzplatz Hil- dapromenade (Mühlburg), Kon- fliktmoderation Werderplatz  Mediation hat eine dämpfende Wirkung auf die Wahl der Mittel, mit denen der Konflikt ausgetragen wird und baut wechselseitiges Verständnis auf.  Die Lösung eines Konflikts in der Sache wurde bislang noch nicht erreicht. 2. Mediationsver- fahren des Kin- derbüros  Bei unterschiedlichen Nachbarschaftskonflikten in welche Kinder involviert sind, wird das Kinderbüro zur Mediation angefragt.  Insbesondere wenn es sich um ganze Viertel handelt, wie z. B. im „Baumeister- carrée“, werden alle Anwohnerinnen und Anwohner gemeinsam mit den Kin- dern zu einer Versammlung einberufen. Dort werden dann Lösungen für die zentralen Konflikte erarbeitet.  In vielen Fällen hat sich diese Vorgehensweise bewährt. 13 2.1.1.8 Zukunftskonferenz Beschreibung (Methode / standardisiertes Programm) Eine Zukunftskonferenz wird dann durchgeführt, wenn eine Gemeinde eine Neuorientie- rung bzw. einen Aufbruch – unter Beteiligung möglichst aller wichtigen Bereiche, Strö- mungen und Interessengruppen – plant. Die Teilnehmenden arbeiten in Arbeitsgruppen bestehend aus ca. acht Personen in einem großen Raum. In sechs Arbeitsschritten werden zu definierten Themen oder Handlungs- feldern die Vergangenheit und die externe und interne Realität untersucht, dann werden Zukunftsbilder entworfen und kreativ inszeniert, gemeinsame Ziele gefunden und schließ- lich Maßnahmen geplant. Teilnehmende  30 bis 80 Personen, ideal sind 64 Personen  neben Bürgerinnen und Bürgern können auch Vertreterinnen und Vertreter von In- stitutionen und aus der Verwaltung teilnehmen  Die Teilnahme kann offen oder restriktiv (nur mit Einladung) gestaltet sein. Repräsentativität  nicht gegeben  Gefahr, dass sich besonders „laute“ Stimmen durchsetzen Ziel  Entwicklung langfristiger Ziele und Maßnahmen Aufwand  Dauer: ca. drei Tage Anwendung in Karlsruhe Erfahrungen / Evaluation 1. Zukunftskon- ferenz im Rah- men der Erarbei- tung des „Karls- ruhe Masterplan 2015“  Zur Zukunftskonferenz wurden 5.000 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger sowie 150 Vertreterinnen und Vertreter von Institutionen, Vereinen und Verbänden eingeladen. Davon nahmen rund 400 an der Zukunftskonferenz teil.  Nach der Zukunftskonferenz hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, schrift- lich ein Feedback abzugeben. Insgesamt waren die meisten Teilnehmenden, die ein Feedback gaben, der Meinung, dass die Durchführung der Zukunftskon- ferenz eine sehr gute Idee war und sich ihre Teilnahme gelohnt hat. 2. Sanierungs- verfahren West- stadt  Die Bürgerbeteiligung im Rahmen des Landessanierungsprogramms (LSP) Weststadt war die erste dieser Art in einem städtischen Sanierungsgebiet. Sie wurde durch ein externes Büro moderiert und sollte seinerzeit, nach dem Willen des Gemeinderates, als Standard für informelle Sanierungsverfahren getestet werden.  Der Beteiligungsprozess erwies sich als ebenso dynamisch wie auch konstruk- tiv. Das endgültige Ergebnis hatte zwar nichts mit dem ursprünglich angedach- ten Lösungsweg gemein, erwies sich aber gerade deshalb als wertvoll und ziel- führend. 14 2.1.2 In Karlsruhe noch nicht erprobte Instrumente zur Bürgerbeteiligung Einige Instrumente zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern wurden in Karlsruhe bis- her nicht eingesetzt. Neben Bürgerfragestunden, die auf § 33 der GemO beruhen, und der Aufstellung eines Bürgerhaushalts kamen insbesondere standardisierte Programme bzw. Methoden wie beispielsweise Konsensuskonferenz sowie Planungszelle / Bürgergutachten in Karlsruhe noch nicht zur Anwendung. Neben einer Beschreibung des jeweiligen Instru- ments wird auch auf die Kriterien Teilnehmende, Repräsentativität, Ziel und Aufwand ein- gegangen. Darüber hinaus sind die Instrumente mit Anwendungsbeispielen aus anderen Städten hinterlegt und es wird eine Einschätzung zu deren Einsetzbarkeit in Karlsruhe ab- gegeben. 2.1.2.1 Bürgerfragestunde Beschreibung Die Rechtsgrundlage für Bürgerfragestunden (auch „Einwohnerfragestunde“) ergibt sich aus § 33 GemO. Der Gemeinderat kann bei öffentlichen Sitzungen Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit einräumen, Fragen zu Gemeindeangelegenheiten zu stellen oder Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten. Zu den Fragen nimmt der bzw. die Vor- sitzende Stellung. In einer Fragestunde kann keine Diskussion erfolgen. Teilnehmende  Frageberechtigt sind ausschließlich Einwohnerinnen und Einwohner Repräsentativität  nicht gegeben, da Fragestunde für alle Bürgerinnen und Bürger offen  keine Rückschlüsse auf ein „allgemeines Stimmungsbild“ in der Gemeinde möglich  Gefahr, dass insbesondere „laute“ Stimmen Gehör finden Ziel  Direkte Kommunikation zwischen Gemeinderat und Bevölkerung  Bürgerinnen und Bürger (Fragende) erhalten Informationen aus erster Hand Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten eher gering (ca. 1 Stunde) Beispiele  In kleineren Gemeinden gängige Praxis in jeder Gemeinderatssitzung; stets zeitbe- grenzt  In folgenden baden-württembergischen Städten werden Bürgerfragestunden regel- mäßig oder zu bestimmten Anlässen abgehalten: Konstanz, Villingen- Schwenningen, Tübingen, Ludwigsburg, Esslingen, Pforzheim, Heidelberg, ...  In Karlsruhe finden Bürgerfragestunden auf der Ebene der sieben Ortschaftsräte statt. Einschätzung / Empfehlung für Karlsruhe Das Instrument der Bürgerfragestunde als regelmäßiges Element in jeder Gemeinderats- sitzung ist für eine Großstadt wie Karlsruhe nicht zu empfehlen. Es eignet sich eher in kleineren Gemeinden. 15 2.1.2.2 Bürgerhaushalt Beschreibung Kerngedanke des Bürgerhaushalts ist es, größere Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger herzustellen. Das Partizipationsinstrument nimmt die Bürger als Adressaten der kommunalen Leistungen und zugleich als Mitgestalter des Gemeinwesens stärker in den Blick. Das Mitwirken an der kommunalen Haushaltswirtschaft soll die finanziellen Möglich- keiten und begrenzten Ressourcen der Kommune aufzeigen. Die Mitwirkung kann mittels Internet, Bürgerumfragen oder Versammlungen erfolgen. Die Ausgestaltung der Fragen ist sehr komplex, da diese in verständlicher Form für die Bürgerinnen und Bürger aufbereitet werden müssen. Sind die Fragen zu oberflächlich ge- staltet, leidet die Verwertbarkeit für Gemeinderat und Verwaltung. Im Ergebnis werden weitreichende Mehrausgaben häufig befürwortet wohingegen Einsparmöglichkeiten kaum genannt werden. Teilnehmende  Teilnahme ist i. d. R. für alle Interessierten offen Repräsentativität  nicht gegeben  Einfluss von mobilisierten Interessenvertretern manipuliert das Ergebnis. Somit sind gewisse Tendenzen ermittelbar, aber für eine Entscheidungshilfe wenig hilfreich.  Zum Teil relativ geringe Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern Ziel  Ziel ist es, einen Dialog zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung herzustellen und Entscheidungshilfen für die Politik zu schaffen. Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten variiert je nach Ausgestaltung  Verwaltungsintern hoher Ressourceneinsatz an Personal und Sachmitteln. Häufig hohe Anzahl nicht umsetzbarer Vorschläge, die aber alle geprüft, beschrieben und dokumentiert werden müssen. Beispiele  Bürgerhaushalt Rheinstetten (seit 2001) Die Bürgerschaft wird eingeladen, sich über die Haushaltsplanung zu informieren, an Workshops teilzunehmen, mitzudiskutieren und bei der Gewichtung von Themen mitzuwirken. Die Verwaltung lädt über das Amtsblatt zu den Aktivitäten ein.  Beteiligungshaushalt Freiburg (seit 2008) Auf Wunsch des Gemeinderats hat die Verwaltung ein mehrstufiges bürgerschaftli- ches Beteiligungsverfahren durchgeführt, bei dem die Bürgerinnen und Bürger bei Umfragen, Online-Foren und -Rechnern sowie der Stadtkonferenz ihre finanzpoliti- schen Schwerpunkte nennen konnten.  Bürgerhaushalt Stuttgart (erstmals 2011) Beteiligung der Bürgerschaft bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2012 / 2013. Bürgerinnen und Bürger konnten im Internet Vorschläge abgeben und diese mit ei- ner Stimmabgabe bewerten. 16 Einschätzung / Empfehlung für Karlsruhe Die Erfahrung in anderen Städten hat gezeigt, dass der erhebliche Aufwand zur Aufstel- lung eines Bürgerhaushalts zu den wirtschaftlich, rechtlich oder sachlich umsetzbaren Vorschlägen in keinem vertretbaren Verhältnis steht. Eine Beteiligung der Bürgerschaft in konkreten Projekten wird daher als zielführender angesehen. Zu nennen sind hier z. B. die umfangreichen Partizipationsmöglichkeiten bei der Fortschreibung des Karlsruher Master- plans zu einem „Integrierten Stadtentwicklungskonzept Karlsruhe 2020“. Zudem bestehen bereits Informations- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Karlsruher Bür- gerschaft bei der Entstehung des Haushalts. So werden stets alle Anregungen und Wün- sche, die direkt bei der Stadtverwaltung eingehen, im Verfahren dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt. Auch wird von der Möglichkeit, die Anliegen über die Stadträ- tinnen und Stadträte direkt in das gemeinderätliche Beratungsverfahren einzubringen, re- ger Gebrauch gemacht. Die Umsetzung eines Bürgerhaushalts sollte derzeit in Karlsruhe nicht weiter verfolgt werden. Der Gemeinderat hat am 17.11.2009 die Erstellung eines Bürgerhaushaltes abgelehnt. Am 20.09.2011 war das Thema Bürgerhaushalt Gegenstand einer Gemeinderats-Anfrage mit ablehnender Stellungnahme der Verwaltung. 2.1.2.3 Planungszelle / Bürgergutachten Beschreibung (Methode / standardisiertes Programm) Bei der Durchführung einer Planungszelle bzw. eines Bürgergutachtens wird eine konkrete Fragestellung anhand einer Programmstruktur durch Bürgergutachterinnen und Bürger- gutachter bearbeitet. Essentiell bei der Erstellung des Gutachtens ist die Unterstützung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch Fachleute aus Wissenschaft und Verwaltung. Bei der Arbeit der Teilnehmenden in Planungszellen werden intensiv Informationen ge- nutzt. Neben der Einbindung von Expertinnen und Experten können auch Ortsbesichti- gungen stattfinden. Auf Basis der gesammelten Informationen werden Einzel- und Grup- penstellungsnahmen erarbeitet. Die Ergebnisse bzw. Stellungnahmen werden daraufhin in einem Bürgergutachten zusammengefasst. Teilnehmende  bis zu 25 Personen pro Planungszelle  Auswahl durch Zufallsverfahren, Stichprobenziehung aus dem Einwohnerregister Repräsentativität  Die soziale Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollte der He- terogenität der Gesamtbevölkerung nahe kommen.  Aufgrund der relativ geringen Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist das Ergebnis einer einzelnen Planungszelle jedoch nicht repräsentativ. Ziel  Bearbeitung einer konkreten Fragestellung, z. B. eines vorgegebenen Planungs- problems  Erarbeitung von Lösungsvorschlägen Aufwand  Freistellung und Vergütung (Aufwandsentschädigung oder Erstattung für nachweis- baren Verdienstausfall) der Teilnahme  Zeitaufwand für die Beteiligten ca. eine Woche 17 Beispiele  Hannover: Bürgergutachten zum öffentlichen Personennahverkehr Themenschwerpunkte des Bürgergutachtens waren Fragen der Mobilität, des Rei- severhaltens, der subjektiven Sicherheit, der Reisezeiten und der künftigen Tarif- gestaltung. Das Ergebnis war ein 200 Seiten starkes Bürgergutachten mit mehreren hundert Verbesserungsvorschlägen. Die Schwerpunkte lagen dabei auf dem Tarif- system und der Erreichbarkeit des ÖPNV für Personen mit eingeschränkter Mobili- tät (z. B. Behinderte, ältere Menschen, Eltern mit Kinderwagen). Insgesamt beteilig- ten sich 300 Bürgerinnen und Bürger in 16 Planungszellen.  Aachen: Neue Verteilungsregelung für die Abfallwirtschaftssatzung Themenschwerpunkte des Bürgergutachtens waren Gerechtigkeit, ökologische As- pekte sowie Stabilität des Gebührensystems. Darüber hinaus sollten die Teilneh- menden die von den Stadtbetrieben Aachen vorgeschlagenen Gebührenmodelle beurteilen. Die Gesamtkosten des Bürgergutachtens unter Einbindung von 96 Bür- gerinnen und Bürgern in vier Planungszellen beliefen sich insgesamt auf ca. 150.000 Euro. Einschätzung / Empfehlung für Karlsruhe  relativ hoher externer und interner Arbeitsaufwand  Instrument ist in der Praxis umfangreich erprobt  Instrument eignet sich für komplexe Fragestellungen im Zusammenhang mit größe- ren Projekten bzw. Vorhaben 18 2.1.2.4 Open Space Konferenz Beschreibung (Methode / standardisiertes Programm) Eine Open Space Konferenz findet in der Regel zu einem übergeordneten Rahmenthema statt. Es existiert kein fester Themenkatalog. Zunächst wird im Plenum eine Themen- sammlung durchgeführt. Jede bzw. jeder Teilnehmende kann Themen äußern. Daraufhin erfolgt die Eröffnung eines „Ideenmarktplatzes“ bzw. eines „Themen-Marktplatzes“. Die Teilnehmenden können selbst entscheiden, zu welchen Themen bzw. Ideen sie in einer Arbeitsgruppe mitarbeiten möchten. Ein Wechsel zwischen den Arbeitsgruppen ist für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer jederzeit möglich. Zum Abschluss der Open Space Kon- ferenz wird im Plenum noch eine Schlussrunde durchgeführt. Hierbei werden üblicherwei- se die Ergebnisse aus den einzelnen Arbeitsgruppen kurz vorgestellt. Teilnehmende  geeignet für große Gruppen bis zu 2.000 Personen  Teilnahme ist für alle Interessierten offen Repräsentativität  nicht gegeben, da die Teilnahme für alle offen ist  Gefahr, dass insbesondere „laute“ Stimmen gehört werden Ziel  Sammlung neuer Ideen und Informationen zu einem Rahmenthema Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten ca. 1-3 Tage Beispiele  Nürnberg: „Zukunftskonferenz II Nürnberg Südstadt“ Die Südstadt ist ein Nürnberger Stadtteil mit hoher Bevölkerungsdichte und einem überdurchschnittlich hohen Migrantenanteil. Bei der Zukunftskonferenz II nahmen 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Südstadt an 22 im Rahmen eines Ideenmarktplatzes entstandenen Workshops teil. Zahlreiche konkrete Projektideen sind bei dem Treffen entstanden. Dabei reicht die Bandbreite von einem Bewer- bungsbüro über das Musical Southside bis zu einem Senioren-Kompetenz-Center.  Rostock: „Zu Hause in Groß Klein“ Groß Klein ist ein Stadtteil im Nordwesten Rostocks. Nach der Wende hatte sich die Einwohnerzahl der Arbeiter-Siedlung nahezu halbiert, weil viele Bewohnerinnen und Bewohner abwanderten. Daher wurde im November 2001 zu einem offenen Pla- nungstreffen eingeladen, bei dem besprochen werden sollte, wie das Wohnen in Groß Klein wieder attraktiver werden könnte. Bei der Eröffnung des Ideenmarktplat- zes kristallisierten sich mehrere Themen heraus, wie zum Beispiel „Gegen Gewalt“, „Begegnungszentrum – Wachstadt statt Schlafstadt“ oder „Identität“, die in Arbeits- gruppen diskutiert wurden. Einschätzung / Empfehlung für Karlsruhe  Das Instrument eignet sich vor allem bei offenen Fragestellungen zu einem Rah- menthema.  Eine Open Space Konferenz kann sowohl auf Stadtteilebene als auch auf gesamt- städtischer Ebene durchgeführt werden. 19 2.1.2.5 Planning for Real Beschreibung (Methode / standardisiertes Programm) Planning for Real ist ein gemeinwesenorientiertes und mobilisierendes Planungsverfahren. Mit Hilfe eines dreidimensionalen Pappmodells, das einen zu verändernden Stadtteil, Ort oder die Region im Ist-Zustand darstellt, wird eine Verständigung unter möglichst vielen der am Ort lebenden und arbeitenden Menschen über bestehende Mängel, aber auch über ihre Ideen und Vorschläge zur Veränderung angeregt. Die Initiierung eines Planning for Real-Prozesses kann sowohl durch die öffentliche Hand als auch durch Eigeninitiative der Nachbarschaft erfolgen. Zunächst wird aus einfachen Materialien ein Modell von Menschen aus der Nachbarschaft gebaut. Im nächsten Schritt wird das Modell an öffentlichen Orten (z. B. Schule, Freiraum, Haltestelle) ausgestellt. Pa- rallel zur Arbeit mit dem Modell werden Nachbarschaftshilfebögen verteilt. Mit diesen wird erfasst, wer in der Nachbarschaft welchen Beitrag zur Umgestaltung des Ortes leisten kann bzw. möchte. Daraufhin wird eine Ereignisveranstaltung durchgeführt. Bei dieser Veranstaltung wird un- ter Einbeziehung von Expertinnen und Experten am Modell gearbeitet. Nächste Schritte sind der Aufbau von Arbeitsgruppen, die Setzung von Prioritäten und eine konkrete Zeit- planung. Teilnehmende  Interessierte aus dem Stadtteil, Nutzerinnen und Nutzer des Ortes Repräsentativität  nicht gegeben, Prozess ist offen für alle Interessierten  Gefahr, dass sich besonders „laute“ Stimmen durchsetzen Ziel  Mobilisierung lokaler Potenziale: Veränderung eines Ortes / Stadtteils unter Beteili- gung der Nutzerinnen und Nutzer  Die Beteiligungsmöglichkeiten von Bewohnerinnen und Bewohnern bei der Entwick- lung und Verbesserung ihres Stadtteils oder ihrer Region werden erweitert und ge- fördert.  Das Verfahren zielt darauf ab, kurzfristige unaufwändige (bauliche) Lösungen her- beizuführen. Weiterführend können auch nichtbauliche Probleme angegangen wer- den. Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten Beispiele  Berlin Wedding: „Aktiv im Kiez“ Die Initiierung des Planning for Real Prozesses im Berliner Stadtteil Wedding erfolg- te durch die Stadt Berlin. An öffentlichen Bauterminen wurde von Einwohnerinnen und Einwohnern des Stadtteils ein Modell gebastelt, das darstellt, wie das Viertel zukünftig gestaltet sein soll. Das Modell wurde im U-Bahnhof ausgestellt und im Rahmen einer nachgelagerten öffentlichen Veranstaltung vorgestellt. Innerhalb von zwei Stunden kamen mehr als 80 Besucherinnen und Besucher, die am Modell wei- terbauen oder neue Vorschläge machen konnten. 20  Hamburg-Lurup: Neugestaltung der Grünanlage Franzosenkoppel Im Zentrum der Neugestaltung standen der Spielplatz und die Bolzfläche der Grün- anlage. Ein Grundmodell der Grünanlage wurde zunächst von den Moderatorinnen des Verfahrens gebaut und an verschiedenen Orten (z. B. in einer Kindertagesstät- te, vor Supermärkten, in einem Jugendtreff) ausgestellt. Dort konnte das Modell mit Zetteln, auf denen Wünsche und Vorschläge vermerkt waren, beklebt werden. Dar- aufhin fand eine zentrale Planungsveranstaltung statt. Einschätzung / Empfehlung für Karlsruhe  eignet sich für einen konkreten Ort, der verändert werden soll  durch die Verteilung der Nachbarschaftshilfebögen werden die Anwohnerinnen und Anwohner aktiviert 21 2.1.2.6 Konsensuskonferenz Beschreibung (Methode / standardisiertes Programm) Im Rahmen einer Konsensuskonferenz sollen Laien mit Unterstützung von Fachleuten eine vorgegebene Problemstellung bearbeiten. Die Teilnehmenden kommen bereits vor der eigentlichen Konsensuskonferenz an zwei Wochenenden zusammen. An diesen Wochenenden erhalten die Teilnehmenden Grund- informationen zum Thema und formulieren Fragen, die von Fachleuten während der Kon- ferenz beantwortet werden sollen. Ebenso erfolgt eine Auswahl von Fachleuten, die an der Konferenz teilnehmen sollen. Die eigentliche Konsensuskonferenz dauert ca. drei Tage. Zunächst beantworten Exper- tinnen und Experten die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern formulierten Fragen. Daraufhin werten die Teilnehmenden die Antworten gemeinsam aus und formulieren Zu- satzfragen an die Fachleute. Nach Abschluss der zweiten Fragerunde ziehen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zurück und formulieren ein Schlussdokument mit ihren Stellungnahmen. Dabei wird ein Konsens aller Beteiligten angestrebt. Teilnehmende  Zwei Möglichkeiten der Rekrutierung: o Interessierte melden sich auf Anzeigen und Bekanntmachungen, daraufhin findet eine Auswahl statt o Stichprobenziehung aus dem Einwohnerregister  12 bis 16 Personen Repräsentativität  Die soziale Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollte der He- terogenität der Gesamtbevölkerung nahe kommen.  Aufgrund der relativ geringen Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist das Ergebnis jedoch nicht repräsentativ. Ziel  konsensuale Lösung einer vorgegebenen Problem- bzw. Fragestellung Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  erheblicher zeitlicher Aufwand für die Beteiligten: zwei Vorbereitungswochenenden, drei Tage dauernde Konferenz 22 Beispiele  Ulmer Umweltdiskurs Im Zentrum des Umweltdiskurses standen drei Leitlinien zur Flächenschonung, zum Klimaschutz und zur weiteren Verkehrsplanung. Zu jeder dieser Leitlinien hatte die Verwaltung konkrete Umsetzungsmaßnahmen ausgearbeitet. Umfangreiche Fach- gutachten zu verschiedenen Maßnahmenblöcken lagen vor. Der Gemeinderat war sich in der Bewertung dieser Maßnahmen und der Leitlinien nicht einig. Um die Bürgerschaft bei der Entscheidungsfindung einzubinden, wurden in Ulm 2.000 zu- fällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger vom Oberbürgermeister angeschrieben und zur Teilnahme an einer Konsensuskonferenz aufgefordert. Gut 20 % sind der Aufforderung gefolgt. Aus dieser Gruppe wurden 20 Personen, geschichtet nach Stadtteil, Geschlecht und Alter, ausgewählt, die die Konsensusgruppe bildeten. Diese erarbeitete für den Gemeinderat eine Bürgerempfehlung. Einschätzung / Empfehlung für Karlsruhe  Die Konsensuskonferenz eignet sich für konkrete, komplexere Fragestellungen.  Eine Anwendung des Instruments ist in Karlsruhe – bei Vorliegen entsprechender Fragestellungen – denkbar. 23 2.1.2.7 TRIPLEX-Partizipationsmodell Beschreibung (Methode / standardisiertes Programm) Die TRIPLEX-Partizipation besteht aus einer Reihe fakultativer sowie fest vorgesehener Elemente. Die Vorbereitungsphase besteht aus zwei Elementen: 1. Vorbereitende Studie, die mittels Fragebögen und Interviews Meinungen sowie Hin- tergründe erhebt. Die erhobenen Daten dienen als Grundlage für die Feinplanung der Beteiligung. 2. Vorbereitender Film, der die Ist-Situation zeigt sowie Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen lässt. Darauf folgen mehrere Veranstaltungen: 1. Auftaktveranstaltung („Bürgerversammlung“) mit Erläuterung von Spielregeln und Rahmenbedingungen des Verfahrens; anschließend iterativ moderierte Diskussion, bis sich ein „kleinstes gemeinsames Vielfaches“ (KGV) herauskristallisiert. 2. Zweite Veranstaltung unter Einbeziehung von Fachleuten („Versammlung mit Ex- perten“), welche die Ideen der ersten Versammlung kommentieren. 3. Die dritte Versammlung ist den Stellungnahmen aus Politik und Verwaltung („Ver- sammlung mit Entscheidern“) gewidmet. Falls, was bei einfachen Fragen erwartbar ist, bereits Einvernehmen über ein Szenario vorherrscht, wird dies dokumentiert und den Entscheiderinnen und Entscheidern aus Verwaltung und Politik die Umset- zung überlassen. Teilnehmende  maximal 200 Personen Repräsentativität  Die soziale Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollte der He- terogenität der Gesamtbevölkerung nahe kommen. Ziel  Das Ziel ist das Finden eines „Kleinen Gemeinschaftlichen Vielfachen“ (KGV) und die Entwicklung von mehrheitsfähigen Handlungsoptionen. Aufwand  keine Vergütung der Teilnahme  Teilnahme der Beteiligten an mindestens drei Veranstaltungen Beispiele:  Stadtteilsanierung, Stadt Brandenburg – Hohenstücken  Dorferneuerungskonzept, Ebertsheim (Rheinland-Pfalz)  Lärmsanierung, Mannheim-Käfertal  Wohnumfeldverbesserung, Kassel Holländischer Platz Einschätzung / Empfehlung für Karlsruhe Für (energetische) Stadtteilsanierungen vorstellbar. 24 2.1.2.8 Bürgerrat Beschreibung (Methode / standardisiertes Programm) Die Einrichtung von Bürgerräten ist ein vom Sozialministerium Baden-Württemberg geför- dertes Projekt. Bürgerräte werden von der Kommunalveraltung einberufen. Die Themen- stellung eines Bürgerrats kann sowohl offen als auch vorgegeben sein. Die Durchführung eines Bürgerrats erfolgt in zwei Stufen: 1. Einmalig stattfindender, ein bis zwei Tage dauernder moderierter Workshop mit dem Ziel, eine gemeinsame Erklärung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu ver- fassen. Das vorgegebene Moderationsverfahren ist die „Dynamic Facilitation“ Me- thode. Hierbei werden die Beiträge der Teilnehmenden den Kategorien „Probleme“, „Lösungen“, „Bedenken“ und „Daten“ zugeordnet. 2. Gemeinderat und kommunale Verwaltung setzen sich mit den Ergebnissen in einer öffentlichen Diskussion auseinander. Anschließend muss der Gemeinderat ent- scheiden, in welcher Form er mit den Ergebnissen umgehen will. Teilnehmende  Auswahl von 12 bis 15 Bürgerinnen und Bürgern eines Ortes / einer Region / eines Stadtteils Repräsentativität  Die soziale Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollte der He- terogenität der Gesamtbevölkerung nahe kommen.  Aufgrund der relativ geringen Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist das Ergebnis jedoch nicht repräsentativ.  Gefahr, dass vor allem „laute Stimmen“ gehört werden Ziel  bei offener Themenstellung des Bürgerrats: Informationen sammeln, Probleme identifizieren, herausfinden was die Bürgerinnen und Bürger bewegt  bei vorgegebener Themenstellung bzw. Fragestellung: Meinungsbild abfragen, Handlungsoptionen bzw. Empfehlungen erarbeiten, Problemlösung bzw. Sammeln von Lösungsideen Aufwand  Ein Bürgerrat kostet schätzungsweise 8.000 Euro. In den kommenden beiden Jah- ren stehen aus Landesmitteln je 3.000 Euro für insgesamt 10 Bürgerräte, insgesamt also 30.000 Euro, zur Verfügung.  Dauer: ca. 1-2 Tage Beispiele Das Modell der Bürgerräte wurde nach dem Vorbild des Vorarlbergs konzipiert. Beispiele für den Einsatz von Bürgerräten in Baden-Württemberg sind noch nicht bekannt.  Bregenz: Bürgerrat zum Seestadtareal Bei der Planung des Bregenzer Seestadtareals wurden Bregenzer Bürgerinnen und Bürger in Form eines Bürgerrats beteiligt. Per Zufallsauswahl wurden 12 Bürgerin- nen und Bürger eingeladen. Der Bürgerrat trat dann zu einem zweitägigen Work- shop zusammen und erarbeitete konkrete Gestaltungsvorschläge für das Gebiet. Die Ideen des Bürgerrats sollen in die Planung des Gebiets mit einbezogen werden. 25 Einschätzung / Empfehlung für Karlsruhe  In Karlsruhe könnte das Instrument Bürgerrat in einigen Fällen in Konkurrenz zu Stadtteilkonferenzen stehen.  Die in einem Bürgerrat erarbeiteten Ergebnisse stehen evtl. im Widerspruch zu den Interessen der Bürgervereine.  Die Ergebnisse aus anderen Beteiligungsprozessen wie z. B. dem „Integrierten Stadtentwicklungskonzept Karlsruhe 2020“ könnten mit Hilfe eines Bürgerrats nochmals abgeglichen werden. 26 2.1.3 Bürgerbeteiligungsverfahren in Karlsruhe Bei den in Karlsruhe bisher durchgeführten Bürgerbeteiligungsverfahren kamen die unter Punkt 2.1.1 genannten Instrumente zur Bürgerbeteiligung zum Einsatz. Bürgerbeteili- gungsverfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Instrumente miteinander kombiniert werden. 2.1.3.1 City 2015 Beschreibung "City 2015" war ein im Jahr 2002 durchgeführtes Beteiligungsverfahren zur Neugestaltung der Karlsruher Innenstadt. Aus der offenen Diskussion entwickelte sich innerhalb eines halben Jahres eine mit der Bürgerschaft diskutierte und abgestimmte Vorlage für den Ge- meinderat. Diese war Grundlage für die weitere Beschlussfassung und die Zulassung ei- nes Bürgerentscheids am 22.09.2002. Bei diesem votierte eine Mehrheit von 55,55 % für den Bau der Kombilösung. Eingesetzte Instrumente  Arbeitsgruppen / Workshops Planerworkshop (30.11.2001 bis 4.12.2001) mit fünf Planungsbüros, die bisher noch nicht mit der Karlsruher Situation vertraut waren.  Zukunftskonferenz Bildung von 17 Arbeitsgruppen mit ca. 400 Teilnehmenden (Januar 2002 bis März 2002) zu den Themen Entwicklung der Fußgängerzone, Gestaltung von öffentlichen Räumen, Einkaufen in der City, Arbeiten in der City, Wohnen in der City, Entwick- lung des Nahverkehrsnetzes, Gestaltung und Lage von Haltestellen, Auto und Rad fahren in der City, Umgestaltung der Kriegsstraße.  Arbeitsgruppen / Workshops Von Februar 2002 bis April 2002 tagten die Facharbeitskreise "Kammern und Verbände" (fünf Sitzungen) sowie die Bürgervereine (vier Sitzungen). Teilnehmende  In Arbeitsgruppen und Facharbeitskreisen haben von Dezember 2001 bis Septem- ber 2002 über 800 Bürgerinnen und Bürger in über 50 Einzelveranstaltungen ge- meinsam mit Expertengremien die Zukunft der Karlsruher Innenstadt geplant. Repräsentativität  Im Beteiligungsprozess nicht gegeben, aber basisdemokratische Bestätigung durch den Bürgerentscheid. Ziel  Ziel des Beteiligungsprozesses war es, einen Konsens über die Gestaltung der In- nenstadt mit einem gut funktionierenden ÖPNV zu erreichen. Aufwand  Kosten für externe Moderation, Prozessbegleitung, Sachkosten, Bürgerentscheid, Öffentlichkeitsarbeit, Internet etc. Erfahrungen / Evaluation Der Beteiligungsprozess "City 2015" mündete in einen Bürgerentscheid, in dem sich die Mehrheit der Karlsruher Bevölkerung für den Bau der Kombilösung aussprach. Die Akzep- tanz für dieses für Karlsruhe große Verkehrsinfrastrukturprojekt konnte erhöht werden. Mit dem Bau der Kombilösung wurde im Januar 2010 begonnen. 27 2.1.3.2 Karlsruhe Masterplan 2015 Beschreibung Bürgerschaft, Politik, Verwaltung, Institutionen, Vereine und Verbände waren bei der Erar- beitung des „Karlsruhe Masterplan 2015“ beteiligt. Im Januar 2007 beschloss der Karlsru- her Gemeinderat den "Karlsruhe Masterplan 2015" als Orientierungsrahmen, um Perspek- tiven aufzuzeigen, wie sich Karlsruhe entwickeln kann. In 12 Handlungsfeldern wurden für das Jahr 2015 und darüber hinaus 47 Leitprojekte erarbeitet. Eingesetzte Instrumente  1. Phase: Umfragen – September 2005 bis Dezember 2005 o Passantenbefragungen an verschiedenen Standorten in der Innenstadt, In- ternetumfrage, Interviews mit Persönlichkeiten aus Stadt und Region  2. Phase: Forum, Versammlung, Konferenz – Januar 2006 bis Januar 2007 o Zukunftskonferenz: Ideensammlung o Bürgerkonferenz: Aus der Ideensammlung generierte Leitprojekte wurden bei der Bürgerkonferenz diskutiert und priorisiert. Teilnehmende  1. Phase: Umfragen – September 2005 bis Dezember 2005 o Passantenbefragung: 1.000 Beteiligte, Internetumfrage: 128 Beteiligte, Inter- views mit 42 Persönlichkeiten aus Stadt und Region  2. Phase: Forum, Versammlung, Konferenz – Januar 2006 bis Januar 2007 o Zukunftskonferenz: 400 Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreter von Institu- tionen, Vereinen und Verbänden o Bürgerkonferenz: 130 Teilnehmende aus der Zukunftskonferenz. Repräsentativität  Zukunftskonferenz: 5.000 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger sowie 150 Vertreterinnen und Vertreter von Institutionen, Vereinen und Verbänden wur- den eingeladen. Ziel  Gemeinsame Erarbeitung von Zielen und Leitprojekten, die bis zum Jubiläumsjahr 2015 umgesetzt werden sollen. Aufwand  Sowohl für die Zukunftskonferenz als auch für die Bürgerkonferenz mussten Räum- lichkeiten im Kongresszentrum am Festplatz angemietet werden.  Der Prozess dauerte von September 2005 bis Januar 2007. Für die Organisation des Prozesses und die Erarbeitung des "Karlsruhe Masterplan 2015" wurden ein dreiköpfiges Projektteam und ein verwaltungsinternes Innovationsteam bestehend aus 12 Führungskräften aus der Verwaltung und aus Beteiligungen aller Dezer- natsbereiche eingerichtet. Erfahrungen / Evaluation Beim "Karlsruhe Masterplan 2015" gab es vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten. Es wurde diszipliniert und engagiert gearbeitet. 89 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Bürgerkonferenz fanden ihre Ideen im damaligen Entwurf des "Karlsruhe Masterplan 2015" wieder. Viele Projekte werden bis 2015 fertig gestellt sein. Aus finanziellen Gründen konnten nicht alle Projekte mit gleicher Intensität vorangetrieben werden; ein kleiner Teil an Projekten wurde zurückgestellt oder nicht weiterverfolgt. 28 2.1.3.3 Integriertes Stadtentwicklungskonzept Karlsruhe 2020 Beschreibung Der „Karlsruhe Masterplan 2015“ (Kapitel 2.1.3.2) wird zu einem „Integrierten Stadtent- wicklungskonzept Karlsruhe 2020“ als ressortübergreifender Orientierungsrahmen für die zukünftige Entwicklung der Stadt Karlsruhe bis 2020 fortgeschrieben. Beim "1. Zukunftsfo- rum Karlsruhe 2020" wurde der Fortschreibungsprozess vorgestellt und ein Überblick über alle Handlungsfelder und Strategien gegeben. Anschließend folgten vier fachliche Zu- kunftsforen, an denen jeweils einige Handlungsfelder zusammengefasst thematisiert wur- den: "2. Zukunftsforum Karlsruhe 2020: Soziales, Bildung und Kultur“, "3. Zukunftsforum Karlsruhe 2020: Freizeit, Stadtgrün und Umwelt“, "4. Zukunftsforum Karlsruhe 2020: Städ- tebau, öffentlicher Raum und Verkehr“ sowie "5. Zukunftsforum Karlsruhe 2020: Image, Wissenschaft, Wirtschaft und regionale Kooperation“. Eingesetzte Instrumente  Forum, Versammlung, Konferenz / Arbeitsgruppe, Workshop: Beim "1. Zukunftsforum Karlsruhe 2020" hatten die Teilnehmenden an 12 Themen- tischen die Möglichkeit, mit Fachleuten über die geplanten Strategien und Leitpro- jekte zu diskutieren. Bei den fachlichen Zukunftsforen stellten städtische Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter im Plenum die strategischen Vorhaben der Stadt vor. An- schließend wurden diese in Arbeitsgruppen vertieft diskutiert. Teilnehmende  Die Zukunftsforen waren öffentlich. Bürgerinnen und Bürger aus dem Masterplanprozess, Institutionen und Verbände sowie 200 zufällig ausgewählte junge Erwachsene unter 30 Jahren erhielten eine persönliche Einladung.  An den fünf "Zukunftsforen Karlsruhe 2020" nahmen im Durchschnitt 50 Bürgerin- nen und Bürger sowie 30 Vertreterinnen und Vertreter von Institutionen teil. Die Stadtverwaltung war je mit ca. 15 Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern ver- treten. Repräsentativität  Die Zusammensetzung der Teilnehmenden war nicht repräsentativ. Ziel  Die Stadtverwaltung wollte die Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreterinnen und Vertreter von Institutionen über die strategischen Vorhaben der Stadt Karlsruhe in- formieren. Gleichzeitig sollte eine Rückmeldung erfolgen, ob sie mit ihren strategi- schen Vorhaben auf dem richtigen Weg ist. Aufwand  Für ein Forum muss mit rund 5.000 Euro für das Moderationsteam, die Anmietung von Räumen und die Bewirtung kalkuliert werden.  Dauer: fünf Abende á drei Stunden Erfahrungen / Evaluation Bei der Betrachtung des gesamten Prozesses ist festzustellen, dass gesamtstädtische strategische Themen die breite Öffentlichkeit oft weniger ansprechen als konkrete Projekte und Planungen vor Ort. Dennoch wurde in den Arbeitsgruppen konstruktiv diskutiert. Bei den Foren und über eine Kommentarfunktion im Internet wurden an die 300 Kommentare, Anregungen und Projektideen abgegeben. 29 2.1.3.4 Stadtteilentwicklungsprozesse Beschreibung Breite Beteiligungsprozesse im Rahmen der Stadtteilentwicklung wurden in der Oststadt, Südstadt, Innenstadt-West, Mühlburg und Rintheim durchgeführt. Angeleitet durch ein pro- fessionelles Stadtteilmanagement erarbeiten Bürgerinnen und Bürger Maßnahmenvor- schläge, die der Verwaltung bzw. dem Gemeinderat zur Umsetzung vorgelegt werden. Eingesetzte Instrumente  Umfrage Befragungen im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen  Forum, Versammlung, Konferenz Stadtteilkonferenz, Jugendforum  Arbeitsgruppe, Workshop Insbesondere konkrete soziale und städtebauliche Projekte  Vor-Ort-Begehung, Spaziergang Stadtteilspaziergang  Spielleitplanung Teilnehmende  Bei den Befragungen Zufallsstichprobe aus dem Einwohnermeldeverzeichnis bzw. Vollerhebung von Wohnungseigentümern und Gewerbetreibenden im Gebiet  Die Veranstaltungen sind i. d. R. öffentlich, zum Teil auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtet (Kinder, Jugendliche, Gewerbetreibende, soziale Einrichtungen etc.).  Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen erfolgt teilweise über Jugendeinrich- tungen oder Schulen. Repräsentativität  Nicht gegeben (außer bei Befragung)  Der Dominanz durchsetzungsstarker Bevölkerungsgruppen muss durch gezielte Ansprache durchsetzungsschwächerer Gruppen entgegengewirkt werden. Ziel  Abstimmung städtebaulicher Planungen mit der Bürgerschaft  Aktivierung von lokalem Erfahrungswissen und Ressourcen der Akteure vor Ort für städtebauliche, grünplanerische, soziale und kulturelle Maßnahmen. Aufwand  Kosten für externes Stadtteilmanagement über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren Erfahrungen / Evaluation Umfangreiche städtebauliche Maßnahmen im Rahmen von Sanierungsgebieten werden intensiv mit der Bürgerschaft abgestimmt. Die Beteiligung stärkt die Identifikation mit dem Stadtteil. Häufig gelingt es, bürgerschaftliches Engagement in erheblichem Umfang zu mobilisieren. Der zeitliche Abstand zwischen erster Beteiligung und der Realisierung erster baulicher Maßnahmen trifft vor Ort mitunter auf Unverständnis. 30 2.1.3.5 Spielleitplanung Beschreibung Spielleitplanung ist eine Entwicklungsplanung, die sich an den Bedürfnissen und Sichtwei- sen von Kindern und Jugendlichen orientiert. Sie kann helfen, die Problematik der „Stell- vertreterplanung“ (Erwachsene planen für Kinder) zu lösen. Zur Bewertung stehen alle Orte und Flächen eines definierten Gebietes an. Durch einen Beschluss wird der Spielleit- plan abwägungsrelevant für alle künftigen Planungen im Geltungsbereich, seien es Ver- kehrs-, Bebauungs- oder Grünflächenplanungen. Im Geltungsbereich „Soziale Stadt Mühl- burg“ sowie den angrenzenden Bereichen wurde erstmals in Karlsruhe eine Spielleitpla- nung durchgeführt. Eingesetzte Instrumente  Subjektive Landkarten (Mental Maps) Durch diese Methode wurden Alltagserfahrungen und Nutzungsmuster deutlich. Wichtig waren die Schulen als Kooperationspartner.  Vor-Ort-Begehung, Spaziergang Streifzüge: In Begleitung Erwachsener konnten Kinder selbst und unbeeinflusst Routen und Ziele bestimmen und Einblicke in ihre Lebenswelt gewähren.  Forum, Versammlung, Konferenz Jugendkonferenzen: Im Dialog mit den Jugendlichen wurden Probleme und Wün- sche formuliert. Zukunftswerkstatt: Aus den Ergebnissen der Bestandsanalyse sollten Ideen entwi- ckelt und Projekte abgeleitet werden. Teilnehmende  Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen erfolgte über Schulen und sonstige öffentliche Einrichtungen.  An der Zukunftswerkstatt konnten alle Interessengruppen teilnehmen. Repräsentativität  Mental Maps und Streifzüge wurden mit Schülerinnen und Schülern der 4. bis 6. Klassen durchgeführt.  An den Jugendkonferenzen konnten alle Jugendlichen teilnehmen.  Die Zukunftswerkstatt war eine öffentliche Veranstaltung. Ziel  Ziel der Spielleitplanung ist es, den öffentlichen Freiraum im Interesse von Kindern und Jugendlichen so zu entwickeln, dass die Qualität verbessert und Flächen gesi- chert werden.  Zur Sicherung der Ziele einer Spielleitplanung bedarf es eines gemeinderätlichen Beschlusses. Aufwand Der Zeitraum für die Spielleitplanung in Mühlburg dauerte von Januar 2008 bis Mai 2009. Rund 350 Kinder und Jugendliche waren daran beteiligt. Externe Unterstützung war bei der Durchführung der Streifzüge sowie bei der Auswertung der Kinderbeteiligungen erfor- derlich. Die Jugendkonferenz und die Zukunftswerkstatt wurden extern moderiert. 31 Erfahrungen / Evaluation Der Aufwand für die Grunddatenerhebung, Auswertung und Koordination war sehr hoch und stand nicht im Verhältnis zu den Informationen und Erkenntnissen, die durch diese Verfahren erbracht wurden. Das Verfahren erfordert einen abschließenden gemeinderätli- chen Beschluss. Die Evaluation des Verfahrens ergab, dass für die Stadt Karlsruhe die quartierbezogene Kinder- und Jugendbeteiligung (Kapitel 2.1.3.6) das effektivere Verfah- ren ist. 32 2.1.3.6 Quartierbezogene Kinder- und Jugendbeteiligung Beschreibung Streifzüge, Präsenszeiten der pädagogischen Fachkräfte vor Ort im Stadtteil und Jugend- konferenzen werden überwiegend für die quartiersbezogene Kinder- und Jugendbeteili- gung eingesetzt und dienen zur Aufnahme von Einschätzungen und Problemwahrneh- mung. Die Betrachtung und Wahrnehmung der Umwelt aus Sicht der Kinder ist entschei- dend. Eingesetzte Instrumente  Vor-Ort-Begehung, Spaziergang Streifzüge: Kinder und Jugendliche können selbst und unbeeinflusst Routen und Ziele bestimmen und Einblicke in ihre Lebenswelt gewähren.  Präsenszeiten der pädagogischen Fachkräfte vor Ort: Zu angekündigten Zeiten ist die Person, die den Kindern bereits bekannt ist, im jeweiligen Stadtteil und nimmt dort die Anregungen der Kinder, Jugendlichen und Familien entgegen.  Forum, Versammlung, Konferenz Jugendkonferenzen: Im Dialog mit den Jugendlichen werden Probleme und Wün- sche formuliert. Teilnehmende  Teilnehmen können alle Kinder und Jugendliche Repräsentativität  abhängig von der konkreten Ausgestaltung  Risiko, dass insbesondere „laute“ Stimmen Gehör finden Ziel  Aufnahme von Anregungen  Feststellung von Problemen  Kinder und Jugendliche in einen demokratischen Prozess einbeziehen Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten eher gering Die Streifzüge und Präsenszeiten werden vom Kinderbüro organisiert, durchgeführt und ausgewertet. Schulen und sonstige Einrichtungen sollten eingebunden werden. Die Er- gebnisse werden vom Kinderbüro zusammengefasst und an die Fachämter weitergeleitet. Erfahrungen / Evaluation Eine aufschlussreiche Methode, die in einem vertretbaren Aufwand steht, um die Bewe- gungsräume und Probleme der Kinder zu erfahren. Eine Einbindung der Schulen, Kindertagesstätten und sonstigen Einrichtungen ist für eine Rückkopplung wichtig. Diese Einrichtungen sind oftmals auch Ansprechpartner für die ob- jektbezogene Kinder- und Jugendbeteiligung. 33 2.1.3.7 Objektbezogene Kinder- und Jugendbeteiligung Beschreibung Beim Neubau und bei einer umfassenden Sanierung von Spielplätzen erfolgt eine zweistu- fige Beteiligung der Kinder- und Jugendlichen der Nachbarschaft. Die Organisation und Durchführung erfolgt durch das Gartenbauamt. Eingesetzte Instrumente  Anschauliche Präsentation eines ersten Entwurfs zur Spielflächengestaltung mit Plänen und Abbildungen (Skizzen, Fotos).  Diskussion der ersten Planungsüberlegungen vor Ort und Erfassung von Ände- rungs-, Verbesserungs- und Ergänzungswünschen. Hierbei können die Kinder auch mit selbst gewählten Medien (Zeichnungen, Modelle) ihre Vorstellungen einbringen.  Vorstellung der auf Grundlage der Anregungen überarbeiteten Planung und Kon- sensfindung in einem zweiten Vorort-Termin. Teilnehmende  Teilnehmen können alle Kinder und Jugendlichen (Nachbarschaft, Schulen und Kindertagesstätten im Umfeld werden gezielt eingeladen). Repräsentativität  Die Auswahl der Teilnehmenden ist zufällig. Das Ergebnis muss bei zu geringer Teilnahme am ersten Termin beim zweiten Termin verifiziert werden.  Risiko, dass insbesondere „laute“ Stimmen Gehör finden Ziel  Aufnahme von Anregungen und Erkennen von aktuellen Trends  Feststellung von eventuellen Problemen und Nutzungskonflikten  Kinder und Jugendliche in einen demokratischen Prozess einbeziehen Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten eher gering Erfahrungen / Evaluation Eine praxisnahe, bedarfsgerechte Methode, die zeitnah zur Umsetzung der Planung durchgeführt werden kann und damit die Erwartungen der Kinder und Jugendlichen erfüllt. Kinder und Jugendliche lernen auch die Wünsche anderer kennen und erfahren die Grün- de, warum nicht alle Wünsche realisierbar sind. 34 2.1.3.8 Verkehrsentwicklungsplan Beschreibung Der Verkehrsentwicklungsplan (VEP) soll Möglichkeiten aufzeigen, wie die Zielvorstellun- gen der Stadt im Sinne einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung unter Beachtung der wirt- schaftlichen Entwicklung umgesetzt werden können. Er ist auch als Strategie im Karlsru- her ISEK 2020 genannt. Als Rahmenplan wird er Aussagen zu den grundlegenden Netzen und Infrastruktureinrich- tungen im Fuß- und Radverkehr, im öffentlichen Personennahverkehr sowie im motorisier- ten Individualverkehr machen und Maßnahmen zur Umsetzung benennen. Zielhorizont ist das Jahr 2025. Die Erarbeitung des VEP ist als Prozess angelegt, d.h., die Inhalte der einzelnen Bearbei- tungsbausteine werden jeweils durch die Rückkopplung mit den städtischen Gremien, der Fachverwaltung, der Bürgerschaft sowie relevanten Interessensgruppen entwickelt. Eingesetzte Instrumente  Forum / Versammlung / Konferenz o Öffentliche Informationsveranstaltungen: Informationsveranstaltungen zu verschiedenen Phasen des VEP-Prozesses, im Rahmen der Stadtbauforen. Die Stadtbauforen sind eine Veranstaltungsreihe des Stadtplanungsamts, in der etwa viermal jährlich Themen der Stadtplanung und des Bauens vorge- stellt und diskutiert werden. o VEP-Forum: Mit der Bildung des Forums wurde ein Gremium geschaffen, das die Erarbeitung des Verkehrsentwicklungsplanes kontinuierlich begleitet und die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsschritte gemeinsam diskutiert. Die Anregungen aus dem Forum fließen in den Verkehrsentwicklungsplan ein. Insgesamt sind sechs Sitzungen mit einer Dauer von je vier Stunden vorge- sehen. o Forum für die Öffentlichkeit: Im Sommer 2012 wird der ausgearbeitete VEP Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt. Es ist eine Art „Produkttest“, bei dem Hinweise zur Akzeptanz des VEP und zur Priorisierung der Maßnahmen ge- wonnen werden sollen. Teilnehmende  Öffentliche Informationsveranstaltungen: Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger über Presse, Einladungsliste Fachpublikum des Stadtplanungsamtes  VEP-Forum: Das Forum gliedert sich in einen „Inneren Kreis“ und „Äußeren Kreis“. o Im Inneren Kreis sitzen ca. 40 Vertreterinnen und Vertreter von Institutionen, die entweder direkt mit dem Verkehrssektor beschäftigt sind, als große Ver- kehrserzeuger gelten oder bestimmte Interessensgruppen vertreten. Sie wurden sorgfältig ausgewählt und persönlich vom Oberbürgermeister einge- laden und benannt. o Der Äußere Kreis besteht aus Verwaltungsangehörigen sowie Politikerinnen und Politikern. Das Forum wird durch externe Moderation geleitet, die VEP- Gutachterinnen und Gutachter liefern den fachlichen Input. Dieser wird in aufbereiteter Form im Vorfeld an die Teilnehmenden verschickt. o Die Teilnehmenden des Inneren Kreises diskutieren an acht „Bänken“ mit- einander und halten die Ergebnisse an Stellwänden fest. Der Äußere Kreis beobachtet die Arbeit der Bänke und steht für Rückfragen und / oder zur Ab- schlussdiskussion zur Verfügung. 35  Forum für die Öffentlichkeit: Die Teilnehmenden werden aus dem Melderegister nach statistischen Gesichtspunkten gezogen (netto ca. 100). Darüber hinaus wer- den Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die Presse eingeladen (geschätzter Rücklauf 20 – 40 Personen). Auch die VEP-Forumsteilnehmenden werden gebeten, Personen aus ihren Bereichen zu entsenden (geschätzt ca. 50 Personen). Repräsentativität  Öffentliche Informationsveranstaltungen: Die Stadtbauforen sprechen eher Fach- publikum und höhere Bildungsschichten an, die Teilnehmenden sind nicht reprä- sentativ für die Bevölkerung.  VEP-Forum: Für das VEP-Forum wurde darauf geachtet, alle Gruppierun- gen/Interessensvertretungen abzudecken, jedoch nicht nach einem strengen Re- präsentativitätsschlüssel.  Forum für die Öffentlichkeit: Die Einzuladenden werden repräsentativ aus dem Mel- deregister gezogen, die Gruppe unter 35 wird etwas verstärkt, weil hier mit weniger Zusagen gerechnet wird. Ziel Öffentlichkeitsarbeit, Information, Aufklärung und die gemeinschaftliche Diskussion sind wichtige und unverzichtbare Instrumente einer erfolgreichen Arbeit in der Stadt- und Ver- kehrsplanung. Deshalb soll die Öffentlichkeit bei der Erarbeitung des VEP eingebunden werden. Ziel ist es, eine hohe Akzeptanz für die Maßnahmen und Projekte zu erreichen, sowie Verständnis für die Belange der anderen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Aufwand Es entstehen Kosten für externe Moderation, Raummiete, Vortragende, Verpflegung, Druck und Gestaltung der Flyer, Versand sowie Aufbereitung vorbereitender Unterlagen. Erfahrungen / Evaluation  Öffentliche Informationsveranstaltungen: Die Stadtbauforen zum Thema Verkehr sind gut besucht und es entstehen interessante Diskussionen.  VEP-Forum: Das VEP-Forum hat eine gewisse Fluktuation der Teilnehmenden zu verzeichnen, der Prozess läuft über mehrere Jahre. Insgesamt gibt es positive Rückmeldungen und die Anregungen werden durch die Gutachterinnen und Gut- achter in den VEP aufgenommen. Die Arbeit an den Bänken wird als interessant und zielführend gesehen. Die externe Moderation hat sich bewährt.  Forum für die Öffentlichkeit: Die Veranstaltung fand noch nicht statt. 36 2.1.3.9 Stadtteilprojekte zum Stadtjubiläum 2015 Beschreibung (Beteiligungsverfahren ist noch in Planung) Hinführend auf das 300-jährige Jubiläum werden vom Stadtmarketing Karlsruhe mögliche neue Formen des Austauschs mit und innerhalb der Bürgerschaft geprüft. Die Karlsruher Stadtteile sollen bereits beim Stadtgeburtstag 2013 mit Eigenprojekten vertreten sein. Dies soll für das Jubiläum 2015 noch ausgebaut werden. Eingesetzte Instrumente  noch nicht definiert Teilnehmende  offene Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern aus den Stadtteilen Repräsentativität  nicht gegeben, da die Teilnahme für alle offen ist Ziel  Ziel ist es, hierbei auch die Bewohnerinnen und Bewohner zu erreichen, die in den Bürgervereinen weniger engagiert sind. Zu diesen Zielgruppen zählen insbesonde- re junge Menschen, Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund sowie Stu- dierende.  Initiierung kleinerer Stadtteilprojekte, die aus konkreten Vorschlägen der Einwoh- nerschaft hervorgehen und möglichst zeitnah, kostengünstig und unter praktischer Einbeziehung der Stakeholder umgesetzt werden sollen. Aufwand  keine finanzielle Entschädigung der Beteiligten  Zeitaufwand für die Beteiligten ca. 1-3 Tage  Projektgelder müssen zeitnah zur Verfügung stehen und transparent kommuniziert werden. Erfahrungen / Evaluation Liegt noch nicht vor, da sich das Beteiligungsverfahren noch in Planung befindet. 37 2.2 Gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeteiligung Bei den gesetzlich festgelegten Beteiligungsformen gibt es einen Mechanismus, der die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei einer Projektentscheidung „automatisch“ auslöst. Im Folgenden werden gesetzlich festgelegte Beteiligungsformen und die mit ihnen in Karlsruhe gemachten Erfahrungen vorgestellt. 2.2.1 Bürgerbegehren mit anschließendem Bürgerentscheid Beschreibung Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Hierzu müssen Unterschriften nach Maßgabe § 21 (3) GemO gesammelt werden. Anwendungsbeispiele in Karlsruhe  Bürgerbegehren Kronenplatz 1988  Bürgerbegehren Stadtbahntunnel 1996 jeweils mit anschließendem Bürgerentscheid Erfahrungen / Evaluation Mit Aussicht auf Erfolg nur für Fragestellungen nutzbar,  ... die nach § 21 (2) GemO zulässig sind und  ... die eine hinreichende Mobilisierung der Abstimmenden im Hinblick auf das Quo- rum von 25% § 21 (6) GemO im anschließenden Bürgerentscheid erwarten lassen.  Beispiele für nicht zugelassene Bürgerbegehren sind die Bürgerbegehren zum Bo- tanischen Garten 2004 und zur Kombilösung 2010. 2.2.2 Bürgerentscheid durch Beschluss des Gemeinderats Beschreibung Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid nach § 21 (1) GemO). Dem kann ein Bürgerbegehren vorausgehen. Anwendungsbeispiele in Karlsruhe  Bürgerentscheid Kombilösung 2002 Erfahrungen / Evaluation Bürgerentscheide führen – trotz einer Bindungsfrist von nur drei Jahren – zur Befriedung des Konflikts, da das Ergebnis anerkannt wird. 38 2.2.3 Bürgerbeteiligung bei BPlan-Verfahren Beschreibung Das Baugesetzbuch sieht im Aufstellungsverfahren für Bauleitpläne eine Beteiligung der Öffentlichkeit grundsätzlich zwingend vor (§§ 3 und 13a Abs. 3 Nr. 2 BauGB). Diese ist zweistufig angelegt: 1. Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit (§ 3 Abs. 1, § 13a Abs. 3 Nr. 2 BauGB) Möglichst frühzeitig soll die Öffentlichkeit in den Planungsprozess zur Bauleitpla- nung mit einbezogen werden. Je nach erwartetem Interesse der Öffentlichkeit wird die Beteiligung als öffentliche Veranstaltung oder in Form einer Darlegung im Amtsblatt mit anschließender zweiwöchiger öffentlichen Auslegung durchgeführt. 2. Öffentliche Auslegung der Planung (§ 3 Abs. 2 BauGB) Hat der Bauleitplan einen in sich stimmigen Planungsstand erreicht, wird er dem Gemeinderat zur Entscheidung über die öffentliche Auslegung vorgelegt. Die öffent- liche Auslegung wird mindestens eine Woche vor Beginn bekannt gegeben. Der Plan liegt dann in der Regel für einen Monat zur Einsicht aus. In dieser Zeit können Stellungnahmen zum Bebauungsplan abgegeben werden. Diese müssen anschlie- ßend von der Verwaltung geprüft werden. Wer eine Stellungnahme abgegeben hat, hat ein Recht darauf, dass ihm das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt wird. Teilnehmende  Grundsätzlich stehen die Beteiligungsmöglichkeiten allen Interessierten offen. Repräsentativität  Nicht gegeben, da in der Regel nur Personen teilnehmen, die mit der Planung nicht einverstanden sind.  Die zustimmende oder nicht interessierte Mehrheit ist wenig vertreten und äußert sich nur selten. Erfahrungen / Evaluation  Positiv: Alle Anregungen werden dokumentiert und sind per Gesetz im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Auch wenn das Verfahren etwas sperrig erscheint, führt diese Verbindlichkeit dazu, dass sich die Bürgerinnen und Bürger gut aufge- hoben fühlen. Die Verwaltung erarbeitet sich durch dieses Verfahren eine gute Grundlage um Probleme vor Ort zu erkennen und diese in die Planung mit einzube- ziehen.  Negativ: Überzogene Erwartungen, dass das Vorgebrachte nun auch umzusetzen ist. „Gefühlte“ Mehrheiten pro oder contra Planungsentscheidung aufgrund einer Stimmung der Anwesenden bei einer solchen Veranstaltung. Ergänzung Über diese gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeteiligung hinaus werden noch weitere zu- sätzliche Beteiligungsmöglichkeiten auf freiwilliger Basis angeboten:  Beteiligung der Bürgervereine als Vertretung der Bürgerschaft im Rahmen der Be- hördenbeteiligung nach § 4 BauGB  Information der Öffentlichkeit auch über Internet mit der Möglichkeit zur Äußerung über Internet-Formular  zusätzliche Informationsveranstaltungen für spezielle Zielgruppen auch außerhalb der Vorschriften des BauGB 39 2.2.4 Flächennutzungsplan-Verfahren (Vorbereitende Bauleitplanung) Beschreibung Wie beim B-Plan Verfahren sind auch beim FNP-Verfahren die Kommunen dazu verpflich- tet, Bürgerinnen und Bürger sowie Verbände möglichst frühzeitig über allgemeine Ziele und Zwecke der Planung, sowie sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebietes in Betracht kommen, zu unterrichten. Die nach dem Baugesetzbuch vorgesehene Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgt in zwei Stu- fen. Der frühzeitigen Beteiligung, die im Stadium des Vorentwurfs angesiedelt ist, und der öffentlichen Auslegung, in der Entwurf, Begründung und aus der frühzeitigen Beteiligung bereits berücksichtigte Stellungnahmen einzusehen sind. Die frühzeitige Beteiligung wird im Falle des FNP, im Gegensatz zum B-Plan Verfahren, nur vereinzelt und projektbezogen als öffentliche Veranstaltung durchgeführt. Zumeist wird ein ähnliches Verfahren wie bei der öffentlichen Auslegung angewendet. Bei der öffentlichen Auslegung liegt der Plan nach öffentlicher Ankündigung im Rathaus zur Ansicht aus. Hier hat die Öffentlichkeit Ge- legenheit, sich zu den unterscheidenden Lösungen und deren voraussichtlichen Auswir- kungen zu äußern. Die eingereichten Stellungnahmen sind von der Verwaltung zu prüfen und mit anderen Interessen abzuwägen. Der FNP wird durch den Nachbarschaftsverband Karlsruhe aufgestellt, dem elf Gemeinden angehören. Die Verbandsversammlung des NVK entscheidet über Fortschreibungen und Änderungen des FNP. Hier stellt Karlsruhe 16 von 41 Vertretern, was gleichbedeutend mit 60 Prozent der Stimmen ist. Der Gemein- derat Karlsruhe hat nur einen mittelbaren Einfluss auf die Verbandsversammlung. Anwendungsbeispiele in Karlsruhe Vorgehensweise zur öffentlichen Auslegung einer geplanten Einzeländerung:  Nachdem Ort und Dauer der Offenlage in den BNN und der Stadtzeitung (gemäß BauGB) mindestens eine Woche vorher veröffentlicht werden, besteht die Möglich- keit, die geplanten Einzeländerungen samt Erläuterungsbericht und FNP für die Dauer eines Monats im Offenlageraum des Rathauses einzusehen.  Zusätzlich findet eine Veröffentlichung im Internet statt.  Anregungen der Öffentlichkeit werden dokumentiert und an die zuständigen Plane- rinnen und Planer weitergeleitet.  Diese prüfen die Anregungen und ändern gegebenenfalls den Vorentwurf. Alle Stel- lungnahmen werden abgewogen und in einer schriftlichen Beschlussempfehlung an das politisch entscheidende Gremium, d.h. der Verbandsversammlung des Nach- barschaftsverbandes Karlsruhe, zur Abstimmung vorgelegt.  Nach positivem Beschluss durch die Verbandsversammlung werden die Stellung- nahmen nochmals der höheren Verwaltungsbehörde, in diesem Fall dem Regie- rungspräsidium Karlsruhe, vorgelegt. Dieses entscheidet über die endgültige Ge- nehmigung der Einzeländerung. Erfahrungen / Evaluation Die Möglichkeiten der Beteiligung werden von Bürgerinnen und Bürgern nur selten wahr- genommen. Dies liegt jedoch nicht am Verfahren, sondern daran, dass der FNP „nur“ für Behörden und nicht für Bürgerinnen und Bürger rechtsverbindlich ist und dessen Vorga- ben nur selten mit Interessen einzelner kollidieren. Ist dies, wie z. B. im Zuge des Verfah- rens zur Genehmigung der Flächen des Fleischwerkes Rheinstetten, doch einmal der Fall, so ist dieses formelle Verfahren zwar ein umständliches, dafür aber auch ein sehr gründli- ches Werkzeug, das dafür sorgt, dass alle Bedenken und Einwände in einem Abwägungs- prozess Gehör finden und dokumentiert werden. 40 2.2.5 Sanierungsverfahren Beschreibung Das förmliche Verfahren für die Durchführung städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen (Aufstellung, Änderung, Ergänzung von Maßnahmen im förmlich festzusetzenden Sanie- rungsgebiet) umfasst u. a. die Beteiligung der „Öffentlichkeit“ (gem. § 137 BauGB) sowie der „Behörden und sonstigen Träger[n] öffentlicher Belange“ (gem. § 139 BauGB). Zwei Stufen:  frühzeitige Mitwirkung (Information über die vorab beabsichtigten Sanierungsmaß- nahmen, Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung)  Vertiefung des vorgesehenen Maßnahmenplanes in Stadtspaziergängen, Workshops, Arbeitskreisen etc. i. d. R. vor Ort im Sanierungsbüro moderiert durch nichtstädtische Personen; parallel: Lenkungsgruppe der Verwaltung als Schaltstelle zu den Anregungen aus der Bürgerbeteiligung Anwendungsbeispiele in Karlsruhe  Alle Sanierungsgebiete im Rahmen einer Anhörungsveranstaltung; im informellen Bereich verstärkt insbesondere seit dem Landessanierungsprogramm Weststadt (1997 bis 2007) Erfahrungen / Evaluation Alle Anregungen werden dokumentiert. Das Verfahren ist aufwändig, die Realisierung über mehrere Jahre oft nur schwer zu vermitteln. Dennoch kann dadurch eine i. d. R. höhere Aufmerksamkeit und Konstruktivität erreicht werden; die Bürgerinnen und Bürger fühlen sich durch die Anpassung von Planungen auf die Bedürfnisse vor Ort bestätigt. Auch die Förderung privater Sanierungsmaßnahmen unterstützt den Beteiligungsprozess und die Bereitschaft, sich einzubringen. 41 3 Online-Bürgerbeteiligung, E-Partizipation Durch den zunehmenden Einsatz des Internets eröffnen sich für Bürgerinnen und Bürger neue Wege, sich in städtische Belange einzubringen, sich untereinander zu vernetzen, Informationen auszutauschen und sich zu organisieren. Vor diesem Hintergrund werden im vorliegenden Kapitel grundlegende Überlegungen zur Online-Bürgerbeteiligung bzw. zu E-Partizipation dargelegt sowie Instrumente und Verfahren erläutert. 3.1 Grundlagen Die Verlagerung der Beteiligungsprozesse in das Internet wird verbreitet „E-Partizipation“ genannt. E-Partizipation ist logisch in der hier vorgenommenen Strukturierung weder als „Instrument“ noch als „Verfahren“, sondern eher als ein „Kanal“ zu verstehen, über den Kommunikation läuft. Die Wahl des Kanals „Internet“ hat erhebliche Auswirkungen hin- sichtlich Reichweite, Geschwindigkeit, mögliche Intensität und inhaltliche Tiefe – in allen diesen Dimensionen ist mit dem Internet ein erhebliches Steigerungspotential realisierbar. Die Anwendung des Internets in Beteiligungsprozessen erfolgt in der Regel begleitend und parallel, bislang eher selten substituierend. Praktisch jede Kommunikationsform kann auch im Internet abgebildet werden:  Einer mit Einem: z. B. E-Mail  Einer mit Vielen: z. B. Blog  Viele mit Vielen: z. B. Foren oder Soziale Netzwerke Die Kommunikation kann stark dialogisch gestaltet werden, z. B. im Chat, oder eher asyn- chron, z. B. Foren oder Kommentare. Es überwiegt die Textform, aber prinzipiell sind die Kommunikationsprozesse im Internet auch als Audio- oder Videodialog denkbar (z. B. Podcast oder Webinar). Die Fülle der medialen Möglichkeiten erlaubt zielgruppen- und gegenstandsgerechte Informationsformate. Internet ist ein Alltags-Medium geworden. Weder ist heute der Internetzugang in relevanter Weise sozial selektiv, noch ist die Nutzung des Internets bei der Einführung von Beteili- gungsmöglichkeiten als besonders innovativ oder imagefördernd anzusehen, sieht man von bestimmten Formaten ab, die aufgrund ganz anderer Kriterien derzeit starke Reso- nanz erfahren (z. B. Soziale Netzwerke). Beteiligungsprozesse können verwaltungsinitiiert oder bürgerinitiiert sein. Bürgerinitiiert sind beispielsweise:  Beobachtung von Politik und Verwaltung (z. B. mit „Watchblogs“ oder „Stadtwikis“),  Eingaben, Beschwerden, Petitionen (derzeit meist in Sozialen Netzwerken) und  Aktivismus, Kampagnen und Lobbying (ebenfalls meistens über dezidierte Websei- ten und Soziale Netzwerke). Bürgerinitiierte Beteiligungsformate nutzen heute ausnahmslos, intensiv und teilweise ausschließlich das Internet. Verwaltungsinitiiert sind:  Informations- und Transparenzangebote  Konsultationsverfahren (Dialog / Diskussion)  Kooperationsangebote (Aufgaben der Stadt werden von Bürgerinnen und Bürgern übernommen) 42 Im Folgenden steht die verwaltungsinitiierte Online-Konsultation im Mittelpunkt, also die dialogische und ergebnisorientierte Bürgerbeteiligung. Das Internet eröffnet dabei – bei entsprechender Ausgestaltung des Beteiligungsprozesses – die folgenden Vorteile:  Vereinfachung der gezielten Ansprache und direkte Einbindung der Adressaten, Verringerung der Hürden und Hemmschwellen für eine Mitwirkung  Vereinfachung der Bereitstellung und Abfrage von Informationen bei potentiell end- loser Informationstiefe und großer Vielfalt der Informationsformate  Möglichkeit der transparenten, gleichzeitigen oder zeitversetzten Diskussion unter den Beteiligten und mit der Stadt  Möglichkeit der Auswertung der Beiträge und Herausfilterung der zentralen Anlie- gen durch Kommentar- und Bewertungsfunktionen  Vereinfachte Bekanntmachung und Rückkopplung der Ergebnisse Zu beachten ist allerdings:  Obwohl die Zugangshürden abgebaut wurden, ist es oftmals schwierig, die Teil- nehmenden zur Mitwirkung zu motivieren, wenn die direkte persönliche Ansprache fehlt und der Beteiligungsprozess zeitversetzt abläuft.  Im internetgestützten Kommunikationsprozess sind in der Regel die Beteiligten ört- lich voneinander isoliert, es fehlen verbale und nonverbale wechselseitige Bezug- nahmen. Das kann die Steuerung der Diskussion erschweren und führt mitunter zu übersteigerter Tonlage. Auch deswegen ist es wichtig, ein klares Regelwerk vor- zugeben.  Klare Kommunikation der Regeln vorab: Wie lange wird kommuniziert, was ist er- laubt, wann greift ein Moderator ein, was passiert danach mit den Ergebnissen. Ei- ne aktive und sichtbare Moderation ist empfehlenswert.  Die Aufforderung zur Meinungsäußerung darf nicht überfordern. Je konkreter die Fragestellung, desto größer die Chance, Erfahrungswissen der Teilnehmenden zu gewinnen.  Teilnehmerregistrierung ist mittlerweile ein verstandener Vorgang. Registrierung und Anmeldung nicht mehr Beteiligungshindernis, dafür aber hochwirksamer Filter gegen unernste, beleidigende und dumme Äußerungen. Kein Klarnamenzwang! Ei- ne Registrierung mit Pseudonym sollte zulässig sein und wird vom Landesdaten- schutzbeauftragten empfohlen. 43 3.2 Instrumente und Verfahren der Online-Bürgerbeteiligung / E-Partizipation Wegen der Vielfalt der möglichen Einsatzarten sind Beteiligungsformate umsichtig auszu- wählen.  Soziale Netzwerke Das Potential Sozialer Netzwerke für bürgerinitiierte Beteiligungsprozesse ist hoch, für verwaltungsinitiierte entgegen landläufiger Meinung eher niedrig. Der Grund liegt in der fehlenden Möglichkeit, die Diskussion einer Frage zu strukturieren noch regi- onal einzugrenzen. Hinzu kommen die bekannten Datenschutzprobleme. Soziale Netzwerke sind nicht teilnehmeroffen. Auch ohne Initiative der Stadt findet soziale Diskussion in den sozialen Netzwerken statt. Zwar muss man sich um soziale Netzwerke kümmern, denn sie entwickeln sich zum Sprachrohr der Bürgerinnen und Bürger – als Format für die Bürgerbeteiligung empfiehlt sich eher Zurückhal- tung. Bewährt hat sich der Einsatz als Zuträger.  Chatformate Chatformate sind gut für Fragestunden, als Beteiligungsinstrument dagegen weni- ger geeignet. Mitschriften lesen sich im Nachhinein oft sehr banal, aber eine Doku- mentation ist ohnehin eher selten. Der Gedankenaustausch beschränkt sich auf wenige kurze Sätze, ein Gedanke entwickelt sich selten fort, sondern weicht nur dem nächsten. Chats fehlt die Nachhaltigkeit. Jugendliche sind chataffin – aber sie chatten mit Gleichaltrigen, nicht mit Politikern oder Behörden (Projekt Stadionbad Bremen).  Voting Voting ist beliebt. Voting erlaubt aber nur sehr einfache Fragestellungen. Problema- tisch sind fehlende Repräsentativität, ortferne Teilnahme und hohe Manipulations- gefahr (Bud-Spencer-Tunnel, Europabad). Mit technischen Vorkehrungen lässt sich einiges davon begrenzen. Diese können aber als Spaßbremse wirken. Erfahrungen mit Online-Voting in Karlsruhe liegen bereits vor. Im Rahmen des vom Stadtmarketing im Jahr 2011 ausgelobten Bürger-Ideenwettbewerbs „15 Ideen für KA2015“ bestand die Möglichkeit, die jeweiligen Ersteinreichungen vor der detail- lierten Ausarbeitung in einer dreimonatigen Online-Voting Phase zu bewerten. Auf Basis dieser Bewertungen wurde ein Publikumspreis vergeben. Der Einsatz von Online-Voting fand mit dem Ziel statt, junge, web-affine Zielgruppen zu mobilisieren.  Foren Foren haben gegenüber den Sozialen Netzwerken den Vorteil der Moderierbarkeit. „Out-Of-Topic“-Verbote lassen sich deshalb gut durchsetzen, was allen Beteiligten Zeit spart. Gleichwohl droht auch hier die Diskussion zu mäandern, weil jeder sei- nen eigenen Thread aufmachen kann. Man kann in Foren nichts zum Abschluss bringen, es sei denn man bricht ab. Für Beteiligungsprozesse daher eher mit Be- dacht einzusetzen. Sehr gut geeignet sind Foren im Bereich Kundenbindung und Kundensupport. Softwarehersteller setzen beispielsweise gerne Foren als Instru- ment für den Anwender-Support ein. 44  Weblogs (kurz Blogs) Weblogs sind Journale mit persönlichem oder korporativem Autor. Teilnehmeräuße- rungen sind auf das Kommentieren der einzelnen Journaleinträge beschränkt. Blogs sind gut als Ankermedium innerhalb eines Beteiligungsprozesses einsetzbar, über das der Fortgang des Verfahrens, erreichte Zwischenstände und externe Re- aktionen kommuniziert werden kann. Ein „ewiger“ Blog kann im Beteiligungskontext dazu beitragen, immer einen Kanal für bürgerschaftliche Äußerungen offen zu hal- ten.  Wikis Wikis werden in Beteiligungsprozessen bislang eher als Begleitformat eingesetzt. Ihr Einsatzgebiet ist das Wissensmanagement. Wikis eignen sich auch für das ko- operative Erstellen längerer Texte. Bekanntestes Wiki ist die Wikipedia. Der Erfolg eines Wikis steht und fällt mit der Organisation der Qualitätskontrolle.  Deliberations-Plattformen In letzter Zeit sind neue Softwareprodukte zum Einsatz gekommen, für die eine Gat- tungsbezeichnung noch fehlt. „Dialog Management Systems“, „soziale Software“, „Beteiligungstool“ sind Bezeichnungen, die verschiedentlich dafür im Gebrauch sind. Vorschlag: „Deliberations-Plattform“. Deliberations-Plattformen zeichnen sich durch einen Methodenmix (Wiki, Voting, Foren, Kooperative Textentwicklung, etc.) aus. Aber eine solche Plattform ist mehr als die Summe ihrer Funktionalitäten. Durch vielfältige Einstellungsmöglichkeiten kann beispielsweise der Diskurs durch das Nutzerverhalten selbst strukturiert wer- den und entlastet so die Moderation. Eine Deliberations-Plattform erlaubt die Struk- turierung der Thematik, die Regelung des Beteiligungsprozesses und managt die Lebenszyklen der Topoi. Anders als in Foren können die Diskurse zu Abstimmun- gen führen. Deliberations-Plattformen sind daher viel stärker ergebnisorientiert: die Instrumente zur kooperativen Textentwicklung und zur Beschlussfassung sind Kernelemente. Vorzeigebeispiel für Bürgerbeteiligung ist derzeit die Deliberations- Plattform der Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deut- schen Bundestages https://enquete-beteiligung.de/.  Bürgeranliegen Management Starke Verbreitung haben seit Aufkommen der Smartphones spezielle Anwendun- gen (so genannte „Apps“) gefunden, mit denen Bürgerinnen und Bürger vor Ort festgestellte Mängel verzugslos an die Stadtverwaltung melden können. Das Spek- trum umfasst zumeist die Themen Sauberkeit, Verkehrssicherheit und Häufung von Verkehrsverstößen. Entsprechende Anwendungen gibt es auch für stationäre PCs. In Karlsruhe wurde eine entsprechende App „KA-Feedback“ Mitte März 2012 veröf- fentlicht. Solche Mängelmelder zielen auf Beteiligung der Bevölkerung bei der Erle- digung kommunaler Aufgaben (Stichwort „Kooperation“), dagegen weniger auf Mit- wirkung bei der Entscheidungsfindung wie in den Konsultationsverfahren. In Karls- ruhe ist es für eine Evaluation noch zu früh, andernorts wird aber positiv berichtet. 45 3.3 Zwischenfazit Online- Bürgerbeteiligung / E-Partizipation Eine exklusive Nutzung des Internets ist auch bei expliziter Online-Bürgerbeteiligung nicht das Ziel. Vielmehr ist die Mischung von realweltlicher Kommunikation mit internetgestütz- ter eher vorteilhaft und im kleinräumigen Umfeld einer Stadtgesellschaft das Mittel der Wahl. Online-Beteiligungsprozesse skalieren gut. Eine Obergrenze der Zahl der Teilnehmer ist nicht feststellbar – in Online-Petitionen beträgt die Zahl der Petenten gelegentlich schon mehr als 100.000, bei internationalen Kampagnen auch Millionen (z. B. Greenpeace). Eine Untergrenze scheint es aber zu geben. Geht es um sehr kleinräumige lokale Verhältnisse, kann der Einsatz von Online-Instrumenten eher kontraproduktiv wirken. Ein Einwand, der viele Vorhaben zur Beteiligung via Internet schon von vornherein verei- telt hat, ist der Aufwand, der damit einher zu gehen droht. Befürchtet wird zumeist der Mo- derationsaufwand. Dieser verlagert sich von punktueller Veranstaltungsmoderation zu kon- tinuierlicher auf Lebenszeit des Beteiligungsprojekts und ist a priori nicht leicht abzuschät- zen. Die Brisanz der Thematik dürfte dabei die größte Rolle spielen. Während das Maß an Aufwand während einer Beteiligung im Internet nicht sicher vorher- sehbar ist, ist der Aufwand vor Eintritt in die Beteiligung deutlich höher:  Die Verfahrensschritte müssen vorab verbindlich festgelegt werden und sollten im Prozess nicht mehr geändert werden. Zurückliegende und nächste Schritte, Hand- lungsoptionen seitens der Teilnehmenden zum jeweiligen Zeitpunkt, Prozessieren der Ergebnisse etc. sind also genau zu planen und auch zu erläutern.  Das Verfahren muss zu jedem Zeitpunkt weitgehend kontextfrei verstehbar sein. Das elektronische Angebot muss absolut barrierefrei im Sinne der BITV (Barriere- freiheit hinsichtlich der Bedienung durch Personen mit Handikap) als auch hinsicht- lich Nutzerfreundlichkeit und intuitiver Bedienung sein, denn eine Online-Beteiligung ist kompliziert, nicht alltäglich, erfordert vielleicht auch Mut und ist deshalb stark ab- bruchgefährdet.  Elektronische Beteiligungsverfahren sind manipulationsgefährdet. Sie müssen ein hohes Maß an IT-Sicherheit aufweisen. Der Datenschutz ist strikt einzuhalten. Abzuraten ist von halbherzigen Versuchen. Ein bisschen Internetbeteiligung, Aufforderung zum Input ohne Response, generelle Beteiligungsklauseln ohne Einstiegshilfen wird nur enttäuschende Ergebnisse zeigen. 46 4 Checkliste zur Bürgerbeteiligung Die folgende Checkliste ist eine Arbeitshilfe bei der Durchführung von Beteiligungsprozes- sen. Sie zeigt auf, welche Aspekte bei der Auswahl und Ausgestaltung von Beteiligungsin- strumenten in Betracht gezogen werden sollten. Darüber hinaus wird der Umgang mit den Ergebnissen aus dem Beteiligungsprozess thematisiert. 4.1 Überlegungen zur Auswahl des Beteiligungsinstruments Die hier aufgelisteten Fragestellungen sollen als Basis für die Auswahl eines geeigneten Beteiligungsinstruments bzw. -verfahrens dienen.  Was ist der Anlass für die Bürgerbeteiligung? o Initiative der Verwaltung o Beteiligung gesetzlich vorgesehen o Beteiligung wird aus der Bürgerschaft eingefordert o Beteiligung wird vom Gemeinderat / politischen Gremien eingefordert  Welches Thema wird behandelt? o Benennung des Themas o Eingrenzung des Themas o evtl. Aufsplittung in verschiedene Themenblöcke  Wie hoch sind die Einflussmöglichkeiten der Beteiligten? / Was ist der Gestal- tungsspielraum für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer? o Gestaltungsspielraum definieren o Gestaltungsmöglichkeiten identifizieren  Welches Ziel wird mit der Beteiligung verfolgt? o Bürgerinnen und Bürger informieren o „Ventil“ bieten o Meinungsbild einholen o Informationsaustausch / Dialog o Ideen / Anregungen / Vorschläge sammeln o Probleme lösen / Konzepte und Inhalte erarbeiten o Konflikt beenden / Kompromiss finden o Partikularinteressen offen legen / vermeiden  Wer soll beteiligt werden? / Wer ist die Zielgruppe? / Wer ist betroffen? o regionale Begrenzung (Stadtteil, Anwohnerinnen und Anwohner, ...) o soziodemografische Kriterien (Kinder, Rentnerinnen und Rentner, ...) o evtl. verschiedene Zielgruppen für verschiedene Projektphasen o Anforderungen an die Repräsentativität der Ergebnisse Zwischenschritt: Auswahl des geeigneten Instruments/Verfahrens zur Beteiligung 47 4.2 Feinplanung zur Ausgestaltung des Beteiligungsinstruments Nach der Auswahl des Beteiligungsinstruments bzw. des -verfahrens erfolgt die Feinpla- nung zur Ausgestaltung des Beteiligungsinstruments. Folgende Checkliste bietet eine Ba- sis für die mit der Feinplanung einhergehenden Überlegungen und Entscheidungen.  Wenn das Instrument in Karlsruhe bereits erprobt ist: Welche Erfahrungen wurden gemacht? / Gibt es interne Expertise? o Rücksprache halten o Erfahrungen abfragen und berücksichtigen  Wenn das Instrument in Karlsruhe noch nicht zum Einsatz gekommen ist: Gibt es Best Practice Beispiele? / Kann auf Erfahrungen anderer zurückge- griffen werden? o Rücksprache halten o Erfahrungen abfragen und berücksichtigen  Findet eine Veranstaltung statt? Wenn ja: o Veranstaltungsort festlegen o benötigten Platz definieren o Dauer der Veranstaltung festlegen o Catering planen o Ablauf planen  Informationsvermittlung: Fachinformationen, Spielregeln, Gestaltungsspielraum / Verbindlich- keit der Ergebnisse, Rückkopplung der Ergebnisse  Abklärung Erwartungen und Möglichkeiten  „Arbeitsphasen“ der Teilnehmenden o Art der Ergebnisdokumentation o Einladen von Pressevertretern  Muss auf externe Ressourcen zurückgegriffen werden? o Beteiligungsberatung o Moderation  Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind erwünscht bzw. werden benö- tigt? o u. a. abhängig von gewähltem Instrument / Verfahren  Handelt es sich um einen offenen oder um einen exklusiven Beteiligungspro- zess? o u. a. abhängig von gewähltem Instrument / Verfahren 48  Wie sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktiviert / angesprochen wer- den? o bei offenem Prozess  Blitzumfrage / vertiefte Umfrage unter der betroffenen Bürgerschaft für ein erstes / differenziertes Stimmungsbild zum Sachverhalt  Nutzung von Multiplikatoren (Schulen, Vereine, ...)  Printmedien (Zeitungen, Stadtteilzeitschriften, Hauswurfsendungen, ...)  Internet (Soziale Medien, Website www.karlsruhe.de, ...)  Direktansprache per Brief nach Stichprobenziehung im Einwohnerre- gister  aktives Aufsuchen einzelner Gruppen (z.B. Migrantinnen und Migran- ten, Frauen) o bei „exklusiver“ Einladung  Blitzumfrage / vertiefte Umfrage unter der betroffenen Bürgerschaft für ein erstes / differenziertes Stimmungsbild zum Sachverhalt  repräsentative Auswahl der einzubeziehenden Bürgerschaft durch OB-Schreiben  Erfordert die Beteiligung die Einbindung von Expertinnen und Experten? o Fachleute aus der Verwaltung o externe Fachleute (z. B. aus Hochschulen)  Erfordert die Beteiligung die Einbindung von Akteuren aus der Politik?  Erfordert die Beteiligung die Einbindung von Interessengruppen? o Bürgerinitiativen o Bürgervereine o weitere Akteure  Gibt es Informationen, welche die Teilnehmenden (im Vorfeld) benötigen? o Aufbereitung von Fachinformationen o Information über Gestaltungsspielraum / Verbindlichkeit der erzielten Ergeb- nisse o Kommunikation / Übermittlung der Informationen im Vorfeld der Veranstal- tung oder während der Veranstaltung o Spielregeln des Verfahrens  Sollen Teile / Aspekte der Beteiligung im Internet abgebildet werden? Wenn ja, welche? o siehe Kapitel 3  Soll die Presse über die Beteiligung informiert werden? Wenn ja: wann und wie?  Welche internen Ressourcen (personell / finanziell) müssen bzw. sollten ein- gesetzt werden? o Gründung Projektteam / Arbeitsgruppe o Abschätzung finanzieller Aufwand  Welche internen finanziellen Ressourcen stehen zur Verfügung? o Budget www.karlsruhe.de 49 4.3 Umgang mit den Ergebnissen aus dem Beteiligungsprozess Beim Umgang mit den Ergebnissen aus dem Beteiligungsprozess ist die angemessene Information der Beteiligten über den Fortgang des Prozesses und die Verarbeitung der Ergebnisse in Politik und Verwaltung ein wesentlicher Aspekt. Die Ergebnisse von Beteili- gungsprozessen sollten für alle Beteiligten zugänglich sein und entsprechend dokumen- tiert werden. Anhaltspunkte für einen strukturierten Umgang mit den Ergebnissen finden sich in folgender Checkliste.  Wie werden die Ergebnisse an die Beteiligten rückgekoppelt? o Ergebnisprotokoll o Fotodokumentation  Wie werden die Beteiligten über den Fortlauf des Prozesses informiert? o Information durch individuelle Ansprache der Teilnehmenden (z. B. per Brief, Newsletter) o Information durch Veröffentlichungen (z. B. auf der Homepage der Stadt Karlsruhe oder in der Presse) o Durchführung von Informationsveranstaltungen zum Fortlauf des Prozesses  Wie werden die Ergebnisse weiter verarbeitet? o Weiterverarbeitung innerhalb der Verwaltung o Weiterverarbeitung durch die Politik
https://www.karlsruhe.de/securedl/sdl-eyJ0eXAiOiJKV1QiLCJhbGciOiJIUzI1NiJ9.eyJpYXQiOjE3MTM4OTMxNzQsImV4cCI6MzMyMTc2MjY0NTYsInVzZXIiOjAsImdyb3VwcyI6WzAsLTFdLCJmaWxlIjoiZmlsZWFkbWluL3VzZXJfdXBsb2FkLzAxX1N0YWR0X1JhdGhhdXMvMDE2X0JldGVpbGlndW5nX3VuZF9FbmdhZ2VtZW50L0JNRV9EYXRlaWVuL0tvbnplcHRfQnVlcmdlcmJldGVpbGlndW5nX2ZpbmFsLnBkZiIsInBhZ2UiOjk5OH0.sodQthj1cCnPy8dlb6yveLu7zepU6b7uFVsnF-BwUQQ/www.karlsruhe
Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt Sanierung Mühlburg 2007 bis 2021 2 | Sanierungsgebiet Mühlburg Impressum Stadt Karlsruhe Stadtplanungsamt Lammstraße 7 76133 Karlsruhe Postadresse: 76124 Karlsruhe stpla@karlsruhe.de Auflage: 80 Ansprechpersonen: Redaktion: Marcus Dischinger, Freier Journalist Andreas Lehn, Stadt Karlsruhe, Stadtplanungsamt Mitwirkung: Tiefbauamt, Gartenbauamt, Hochbauamt, Volkswohnung Layout: Cindy Streeck, Stadt Karlsruhe, Presse- und Informationsamt Titelbild: Stadt Karlsruhe, BN 1, Stadtplanungsamt Bilder: Seite 7: Presse- und Informationsamt Stadt Karlsruhe, Seite 10: Stadtarchiv Karlsruhe alle anderen Bilder: BN 1 Monika Müller-Gmelin, Stadtplanungsamt; BN 2 Roland Fränkle (auch Seite 4), Presseamt; BN 3, Stadtplanungsamt; BN 4 Tiefbauamt Druck: Rathausdruckerei auf 100 Prozent Recyclingpapier mailto:stpla@karlsruhe.de Stadtplanungsamt | 3 Sanierung Mühlburg 2007 bis 2021 4 | Sanierungsgebiet Mühlburg Stadtplanungsamt | 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................................................................................... 7 Plan Sanierungsgebiet ................................................................................................................................................ 8 Von Mulenberc zu Mühlburg: die wechselhafte Geschichte des heutigen westlichen Stadtteils ............................... 9 Mühlburger Privilegienbrief aus dem Jahr 1670 ist Vorläufer des Karlsruher Privilegienbriefs .......................... 9 Industrielle Entwicklung flankiert vom Bau der Maxau-Bahn vom Karlsruher Hauptbahnhof zum Rhein ......... 9 Mühlburg wird im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und im Anschluss wiederaufgebaut ........................... 10 Vorbereitende Untersuchung legt Defizite im Sanierungsgebiet offen .................................................................... 11 Sozialstruktur ............................................................................................................................................... 11 Eigentumsverhältnisse und städtebauliche Aspekte ...................................................................................... 11 Bausubstanz und Defizite ............................................................................................................................. 12 Nutzungen und Potenziale ........................................................................................................................... 12 Verkehr ........................................................................................................................................................ 12 Die Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner ............................................................................................... 13 Fazit der Vorbereitenden Untersuchung ....................................................................................................... 14 Sanierungskonzept und Ziele ....................................................................................................................... 14 Maßnahmen im Straßenbereich: Große Veränderungen mit viel Nutzen für alle Verkehrsteilnehmer ............ 15 Plätze im Sanierungsgebiet: Aufwertung an vielen Stellen im Stadtteil ......................................................... 22 Klettergerüst und Co: Spielen, Toben und Kicken auf neu gestalteten Arealen ........................................... 25 Runderneuerter und ausgebauter Kinder- und Jugendtreff in Mühlburg erweitert Angebotspalette ...................... 29 Das Bürgerzentrum Mühlburg: Neuer Mittelpunkt für alle Bürgerinnen und Bürger ..................................... 31 Private Sanierungen steigern Wohnstandards in vielen Mühlburger Gebäuden ...................................................... 33 Bürgerbeteiligung: Große Bereitschaft in Mühlburg, sich für den eigenen Stadtteil einzusetzen ............................ 36 Mehrere Förderprogramme – ein Ziel: Die Aufwertung des Sanierungsgebietes in Mühlburg................................ 39 Resümee ................................................................................................................................................................... 41 6 | Sanierungsgebiet Mühlburg Stadtplanungsamt | 7 Vorwort Die stadtnahe Lage, die hervorragende Verkehrsanbindung und die sehr guten Einkaufsmöglichkeiten zeichnen den Karlsruher Stadtteil Mühlburg aus. Insbesondere diese Einkaufsmöglichkeiten haben Bedeutung über den Stadtteil hinaus. In den Nullerjahren des Jahrhunderts wurden allerdings zunehmend städtebauliche und sozial-strukturelle Probleme wahrgenommen. Dies mündete im Gemeinderatsbeschluss vom Mai 2007, eine Sanierung Mühlburgs durchzuführen. Grundlage dafür bildete das Städtebauförderprogramm „Soziale Stadt“ von Bund und Land. Ziel war es, die Lebensqualität, das Wohnen und das Stadtbild zu verbessern. Diese Ziele sind in der Zeit zwischen 2008 und 2021 erreicht worden. Das B-Zentrum ist deutlich aufgewertet worden, etwa durch die umfassende Umgestaltung der Rheinstraße. Die modernisierte Einkaufsstraße hat nun mehr Platz für Fußgängerinnen und Fußgänger und ist dadurch deutlich attraktiver geworden. Mehrere Plätze und Freiräume konnten ebenfalls aufgewertet werden, darunter der Fliederplatz, der neugestaltet wurde. In Verbindung mit der umfassenden Sanierung des Kinder- und Jugendtreffs ist das Areal nun zu einem Treffpunkt für Kinder und Jugendliche ganz verschiedener Altersgruppen geworden. Außerdem wurden verschiedene Spielplätze und der Lindenplatz erneuert. Hinzu kamen bautechnische und energetische Sanierungen in mehr als 500 privaten Wohneinheiten, darunter auch die Hochhäuser der Volkswohnung GmbH in der Weinbrennerstraße. Das ist ein erfreulich hoher Wert. Große Bedeutung in Sanierungsgebieten haben auch immer die sozialen Projekte, die das Miteinander im Stadtteil stärken. Insgesamt konnten in all den Jahren mehr als 20 Projekte für verschiedene Zielgruppen umgesetzt werden. Sie haben viele Menschen nachhaltig zusammengeführt. Mit dem Bürgerzentrum Mühlburg und der dort ebenfalls etablierten neuen Stadtteilbibliothek wurde ein Leuchtturmprojekt umgesetzt. Es ist heute ein sozialer Mittelpunkt Mühlburgs. Gleichzeitig wurde im Außengelände ein neuer Quartiersspielplatz geschaffen. In diesem Sanierungsgebiet wurden im Bereich Bürgerbeteiligung und Partizipation neue Maßstäbe gesetzt. Zum ersten Mal wurde in Karlsruhe das Instrument der Spielleitplanung angewendet. Außerdem wurden Stadtteilspaziergänge und Konferenzen durchgeführt. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sowie Verbände und Institutionen beteiligten sich an verschiedenen Arbeitskreisen und –gruppen. Die Ergebnisse des Sanierungsprozesses haben den Stadtteil deutlich nach vorne gebracht und den Bewohnerinnen und Bewohnern eine hohe Aufenthaltsqualität beschert. Ich danke allen Beteiligten, insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern, dafür, dass sie sich in dieser umfassenden Art und Weise eingebracht haben. Dr. Frank Mentrup Oberbürgermeister 8 | Sanierungsgebiet Mühlburg Plan Sanierungsgebiet Plan Stadt Karlsruhe, Liegenschaftsamt Stadtplanungsamt | 9 Von Mulenberc zu Mühlburg: die wechselhafte Geschichte des heutigen westlichen Stadtteils Als Karlsruhe 1715 gegründet wird, ist der Abstand zwischen dem markgräflichen Schloss und den wenigen Gebäuden in Mühlburg noch sehr groß. Der Raum dazwischen ist unbebaut, aber die beiden Orte wachsen aufeinander zu. Mühlburg wird Ende des 19. Jahrhunderts eingemeindet, innerhalb weniger Jahre vervielfacht sich die Bevölkerungszahl. Im Zweiten Weltkrieg wird der Stadtteil schwer getroffen. Heute ist Mühlburg ein bedeutendes B-Zentrum von Karlsruhe. Ein Blick zurück in die Geschichte Mühlburgs. Mulenberc – diesen Namen trägt eine Mühle in der Mitte des 13. Jahrhunderts, die an der Alb liegt, an der Nahtstelle zwischen Hochgestade und Rheinniederung. Genau im Jahre 1248 taucht der Name Mulenberc urkundlich zum ersten Mal auf, vermutet wird aber, dass auf dem Gebiet nahe der Alb beim heutigen Mühlburg die Römer schon viel früher eine Albquerung nutzten und damit ebenfalls Spuren hinterlassen haben. Darauf deutet auch der Fund einer Sandstein-Statue am Albufer mit dem Namen Diana Abnoba hin. Der keltische Name meint in der Antike die Göttin des Schwarzwalds. Heute befindet sie sich im Eigentum des Badischen Landesmuseums. Mühlburger Privilegienbrief aus dem Jahr 1670 ist Vorläufer des Karlsruher Privilegienbriefs Zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert besteht Mühlburg im Wesentlichen aus einem Schloss, sowie wenigen Gebäuden und Bewohnerinnen und Bewohnern. Der Ort gehört zur Markgrafschaft Baden-Durlach, nur wenige hundert Einwohnerinnen und Einwohner leben hier. Das Schloss erlebt mehrere Besitzerwechsel und Zerstörungen. Ende des 17. Jahrhunderts wird es endgültig zerstört und nicht mehr aufgebaut. 1670 verleiht Markgraf Friedrich VI Mühlburg das Stadtrecht, verbunden mit einem Privilegienbrief, der Freiheit von Leibeigenschaft und Frondiensten verspricht, Gewerbe- und Religionsfreiheit zusichert und die Steuern für die kommenden drei Jahrzehnte erlässt. Die Zusicherungen sind quasi eine Vorwegnahme des Privilegienbriefs aus dem Jahr 1715 des Karlsruher Stadtgründers Karl III. Wilhelm. In Mühlburg bleibt der Vorstoß zunächst ohne Erfolg. Der Privilegienbrief wird 1699 von Markgraf Friedrich Magnus erneuert und hat nun mehr Durchschlagskraft. 1714, ein Jahr vor der Karlsruher Stadtgründung, hat Mühlburg immerhin 521 Bewohnerinnen und Bewohner. Allerdings lässt die Stadtgründung die weitere Entwicklung von Mühlburg und auch von Durlach stagnieren. Denn: beide Orte leiden unter der nun folgenden Konzentration der Herrschaft auf Karlsruhe. „Es war bezeichnend, dass die Steine des zerstörten Mühlburger Schlosses zum Neubau in Karlsruhe verwendet wurden“, stellt Heinz Schmitt1 fest. Auch während des ganzen 18. Jahrhunderts kommt Mühlburg kaum über 700 Einwohnerinnen und Einwohner hinaus. Industrielle Entwicklung flankiert vom Bau der Maxau-Bahn vom Karlsruher Hauptbahnhof zum Rhein Zaghaft entwickelt sich Mühlburg auch als Industriestandort, beispielsweise durch die Gründung der Seldeneck‘schen Brauerei im Jahr 1770 durch Prinz Wilhelm Ludwig, dem Bruder des damaligen Badischen Markgrafen Karl Friedrich. 1856 etabliert sich die Eisengießerei und Maschinenfabrik Seneca. Flankiert wird die Entwicklung auch vom Bau der Maxau-Bahn im Jahr 1862, die vom alten Hauptbahnhof am Ettlinger Tor über die Weststadt, die spätere Nordstadt, die Südliche Hildapromenade und dem heutigen Grünzug zum alten Bahnhof am heutigen Fliederplatz, weiter an Knielingen vorbei zum Hafen Maxau führt. Auch die soziale Infrastruktur entwickelt sich: beispielsweise durch den Bau der Evangelischen Kirche im Jahr 1786, die erst bei einer Erweiterung Anfang des 20. Jahrhunderts ihren heutigen Namen Karl-Friedrich-Gedächtniskirche erhält. Die Katholische Kirche St. Peter-und-Paul folgt 1882. Die Hardtschule entsteht 1874. Inzwischen wachsen beide Städte auch baulich rasant aufeinander zu – auch eine Entwicklung der Industrialisierung an anderer Stelle in der sich erweiternden Stadt. Die Eingemeindung Mühlburgs „ohne größere Probleme“2 am 1. Januar 1886 ist die folgerichtige Konsequenz dieser Entwicklung. Zu diesem Zeitpunkt leben in Mühlburg schon 4.110 Einwohnerinnen und Einwohner. Durch die Eingemeindung wächst Karlsruhe um 212 Hektar Fläche. Nur 15 Jahre später sind die baulichen Übergänge zwischen der Karlsruher Weststadt und Mühlburg fließend. Mit dem Rheinhafen und seiner Eröffnung im Jahr 1901 wächst die Bedeutung Mühlburgs als Wirtschaftsstandort weiter. 1 Heinz Schmitt: Der Raum Karlsruhe vor der Stadtgründung. In: Karlsruhe – die Stadtgeschichte, hg. von Stadt Karlsruhe, 1998, Seite 46. 2 Heinz Schmitt: Der Raum Karlsruhe vor der Stadtgründung. In: Karlsruhe – die Stadtgeschichte, hg. von Stadt Karlsruhe, 1998, Seite 59 10 | Sanierungsgebiet Mühlburg PBS_XVI_209 Stadtplan 1865 Mühlburg wird im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und im Anschluss wiederaufgebaut Der Zweite Weltkrieg ist für den Stadtteil ein massiver Einschnitt. In der Nacht vom 5. auf den 6. August 1941 gibt es erste schwere Luftangriffe, am 3. September 1942 werden der Rheinhafen und auch Teile von Mühlburg getroffen. Der schwerste Luftangriff folgt am 4. Dezember 1944 durch 900 englische Flugzeuge. Es gibt rund 100 Tote im eingestürzten Luftschutzkeller unter dem Lokal „Zu den drei Linden“ in der Rheinstraße. Mühlburg wird bei den Luftangriffen großflächig zerstört. Ein Wiederaufbau des Stadtteils ist nötig. Er folgt ab dem Jahr 1952, beispielsweise mit dem Mühlburger Feld als „zügig realisierte Wohnbaumaßnahme“3. Dafür wird das 19 Hektar große Areal zwischen Entenfang und westlicher Kriegsstraße entlang der Alb genutzt, auf dem sich bisher Kleingärten befanden. Umgesetzt wird das Projekt als aufgelockertes Wohngebiet für 4.000 Personen mit starker Durchgrünung. Insgesamt umfasst das Mühlburger Feld 1.325 Wohnungen. Es ist damit die letzte umfangreiche bauliche Erweiterung Mühlburgs nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Die Rheinstraße wird auf 39 Meter verbreitert und gleichzeitig zum Geschäftszentrum von Mühlburg. Auch eine umfassende Sanierung der zerstörten oder überalterten Häuser ist Teil der Planungen. Zwischen 1954 und 1969 entstehen am Entenfang, nahe des Mühlburger Felds, drei Hochhäuser. PBS_oXIIIb_68 Ecke Hardtstraße / Rheinstraße 1950 Alben3_Bd 4_XV_3 Blick von Westen Ende der 50er 3 Manfred Koch: Trümmerstadt. Residenz des Rechts. Zentrum der Technologieregion. Wechselvoller Weg in die Gegenwart. In: Karlsruhe – die Stadtgeschichte, hg. von Stadt Karlsruhe, 1998, Seite 574 Stadtplanungsamt | 11 Vorbereitende Untersuchung legt Defizite im Sanierungsgebiet offen Städtebauliche Mängel, eine große Verkehrsbelastung und die Notwendigkeit, etliche Straßen und Plätze neu zu ordnen: auf diesen kurzen Nenner kann man die Ergebnisse der Vorbereitenden Untersuchung durch das Büro Voegele + Gerhardt bringen. Gleichzeitig ergab die Vorab-Analyse aus dem Jahr 2006, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner zu einem hohen Grad mit ihrem Stadtteil identifizieren. Das Soziale Stadt-Programm (SSP) existiert seit 1999 und ist für Stadtteile gedacht, in denen sich Benachteiligungen und Belastungen häufen, die sich negativ auf ein Quartier auswirken. SSP soll Revitalisierungs- und Entwicklungsprozesse anstoßen. Mit Blick auf dieses Programm wurden im Januar 2005 auf Grundlage einer Strukturuntersuchung städtebauliche Missstände in Mühlburg festgestellt. Sie mündeten in den Beginn einer Vorbereitender Untersuchung (VU), die vom Gemeinderat der Stadt Karlsruhe am 24. Januar 2006 beschlossen wurde. Die VU ist Voraussetzung für die Aufnahme in das SSP. Die für die VU notwendigen Bestandsaufnahmen und Analysen wurden zwischen Februar und Mai 2006 vorgenommen. Bestandteil waren schriftliche Erhebungen bei den Haus- und Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern, eine Befragung von Betrieben, Handel- und Gewerbetreibenden sowie Bewohnerinnen und Bewohner. Ein beauftragtes externes Büro ermittelte durch eine Ortsbegehung die praktische Nutzung von Gebäuden und Flächen. Im April 2006 fand ein öffentlicher Stadtteilrundgang statt. Zusätzlich wurde eine große Menge sozialstatistischer Daten ausgewertet, was ergänzt wurde durch eine Gesprächsrunde mit vielen Trägern sozialer Einrichtungen im Stadtteil. Letztlich wurde am 22. Mai 2007 durch Gemeinderatsbeschluss auf Grundlage der VU-Ergebnisse folgende Begrenzung des Sanierungsgebiets mit dem offiziellen Namen „SSP Mühlburg“ festgelegt: Hardtstraße, Seldeneckstraße, Philippstraße, Bachstraße, Händelstraße, Herder- und Wichernstraße, Radweg entlang der Straßenbahnlinie 5, Am Entenfang, Südtangente und Starckstraße, nördliche Begrenzung des Grünzugs Hildapromenade, Feldstraße, Steubenstraße und Neugrabenstraße. Damit fiel das Sanierungsgebiet (76,2 Hektar Fläche) gegenüber dem ursprünglichen Untersuchungsgebiet 3,4 Hektar größer aus. Ein Teil des Gebietes war bereits länger zuvor im abgeschlossenen PES-Programm (Programm einfache Stadterneuerung) enthalten. Alle folgenden Angaben, Zahlen und Fakten beziehen sich entweder auf das Untersuchungsgebiet, das Gegenstand der VU war, oder treffen Aussagen über den ganzen Stadtteil, wenn dies nicht anders möglich war. Sozialstruktur Insgesamt lebten zum 31. Dezember 2005 knapp 11.000 wohnberechtigte Einwohnerinnen und Einwohner in rund 5.900 Wohnungen im Sanierungsgebiet. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren betrug 13,1 Prozent – etwas weniger als in der Gesamtstadt (15,8 Prozent). Demgegenüber lag der Anteil von Menschen von 65 Jahren und älter bei 22,1 Prozent und damit etwas höher als in der Gesamtstadt (19,3 Prozent). Das galt mit 19,3 Prozent auch für den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund (Gesamtstadt: 14,3 Prozent). Gekennzeichnet war das Gebiet durch einen überdurchschnittlichen Anteil von Einpersonenhaushalten und Alleinerziehenden, nämlich 59 Prozent (Karlsruhe: 51 Prozent). In der VU wurde festgestellt, dass Kita- und Kindergartenplätze fehlen. Bei den Sozialdaten zeichneten sich im Vergleich zur Gesamtstadt eine erhöhte Arbeitslosenquote und ein erhöhter Transfer von Sozialleistungen ab bei gleichzeitig großer Wohnungsfluktuation und vielen Räumungsklagen. Mit Blick auf die Situation in den Schulen kam die VU damals unter anderem zum Ergebnis, dass die Gewaltbereitschaft von Schülerinnen und Schüler in Mühlburg deutlich zugenommen habe. Eine massive Zunahme sei auch im Bereich des regelmäßigen unentschuldigten Fehlens in der Schule zu beobachten. Schon vor Beginn der Sanierung wurde deswegen ein „Runder Tisch des Sports“ oder das Projekt „Kinder in Bewegung“ der Sportjugend Karlsruhe gestartet. Die VU stellte aber auch fest, dass Schulsozialarbeit ausgebaut und Drogenprävention forciert werden müsse. Eigentumsverhältnisse und städtebauliche Aspekte Ein Großteil der Gebäude im späteren Sanierungsgebiet befand sich im Allein- und Gemeinschaftseigentum mehrerer Personen oder im Eigentum von Wohnungsunternehmen. Die großen Kriegsschäden Anfang der 1950er Jahre leiteten größere städtebauliche Maßnahmen ein. Die Rheinstraße wurde saniert, die Lameystraße und das Seldeneck’sche Feld neu bebaut, das Mühlburger Feld als neue Siedlung mit mehr als 1.300 Wohnungen in Zeilenhäusern errichtet, etliche Baulücken wurden geschlossen. Letzteres gilt auch für zahlreiche Stellen im Mühlburger Zentrum. Am Entenfang entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg drei Hochhäuser. Dennoch erschienen Straßenzüge in den Nullerjahren des neuen Jahrhunderts städtebaulich problematisch. Beispiele waren hier die Breite der Rheinstraße mit ihrer Funktion als Durchgangsstraße und einem fehlenden attraktiven Platz. In Alt-Mühlburg, also beispielsweise entlang der westlichen Rheinstraße und in der Hardtstraße entstanden schon im 19. Jahrhundert eingeschossige Häuschen, die 12 | Sanierungsgebiet Mühlburg durch mehrgeschossige Bauten aus dem vergangenen Jahrhundert ergänzt wurden. Der Grad der Überbauung betrug im untersuchten Gebiet 39,3 Prozent, in einzelnen Bereichen wie entlang der Rheinstraße, der Sedanstraße oder der Hardtstraße erreichte dieser Überbauungsgrad aber Werte von teilweise mehr als 80 Prozent. Insgesamt standen 37 Gebäude im untersuchten Gebiet unter Denkmalschutz. Bausubstanz und Defizite Eine Abfrage bei rund 700 Eigentümerinnen und Eigentümern im Gebiet ergab, dass in rund jedem zehnten Gebäude deutliche Mängel festzustellen waren. Für 58 Prozent der Gebäude gaben die Befragten an, es gebe geringe Mängel, bei 31 Prozent der Gebäude seien keine Mängel nachzuweisen. Darüber hinaus gab es Hinweise auf einen Sanierungsstau. Bei jedem fünften Gebäude lagen die letzten größeren Modernisierungen länger als zehn Jahre zurück. Für den Sanitärbereich galt das nur teilweise. So waren nur noch in etwa zwei Prozent der Fälle Toiletten außerhalb der eigentlichen Wohnung, also etwa auf einer Zwischenetage untergebracht. Das galt auch für Badezimmer, die sich lediglich in drei Prozent der Fälle nicht in der Wohnung befanden. Defizite gab es bei der Heizungsausstattung. So verfügten 61,5 Prozent der Wohnungen über eine Zentralheizung, 34 Prozent über Etagenheizungen und noch knapp 16 Prozent über Einzelöfen mit Kaminanschluss. Modernisierungspotenziale entdeckte die VU im Bereich der Wärmedämmung. Sie fehlte in 42 Prozent der Fälle. Mehr als die Hälfte der Hinterhöfe konnten von den Bewohnerinnen und Bewohnern nicht genutzt werden. Grund war entweder die Größe des Hofs oder die Belegung als Pkw-Stellplatz. Rund 45 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner selbst sahen Mängel an ihrem Gebäude. Gebäude in der Rheinstraße; wurde ersetzt durch Neubau (BN1) Nutzungen und Potenziale Im B-Zentrum Mühlburg wurden zum Zeitpunkt der VU 277 Gewerbebetriebe in einem Erdgeschoss gezählt – darunter 21 Lebensmittelgeschäfte, 29 Fachhändler oder 13 Bekleidungsgeschäfte. Insgesamt fanden sich in Mühlburg 162 Dienstleistungs- und 30 Gastronomiebetriebe sowie 21 Handwerksunternehmen. Es zeichnete sich eine hohe Zufriedenheit mit dem Standort ab: knapp zwei Drittel der Befragten Betriebe waren entweder „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“. Gründe für Unzufriedenheit waren ein „schlechtes soziales Umfeld“ oder die „abgelegene Lage mit geringer Frequenz“. Bei der offenen Frage nach Verbesserungen im Stadtteil gaben die befragten Gewerbetreibenden besonders häufig an, die Parksituation müsse verbessert werden. Insbesondere gab es damals den Wunsch, die so genannte Brötchentaste über den Versuchszeitraum hinaus zu verlängern. Angeregt wurden außerdem ein besserer Branchenmix und die vermehrte Ansiedlung von Cafés, Bistros oder Biergärten. Verkehr Die VU kam zum Ergebnis, dass große Teile von Mühlburg „in erheblichem Maße vom Verkehr, insbesondere dem Kfz-Verkehr belastet und geprägt“ seien. Als hoch frequentierte Hauptstraßen galten damals die Bundesstraße 36, Rhein-, Lamey- und Hardtstraße – mit Immissionsbelastung und hoher Trennwirkung. So fuhren allein auf der Rheinstraße mehr als 25.000 KfZ in 24 Stunden, was als sehr starke Belastung gilt. Gleichzeitig stellte die Rheinstraße eine bedeutsame zentrale Erschließungsstraße für Mühlburg selbst und die Weststadt dar. Im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs konnte in Mühlburg von einer sehr guten Erschließung gesprochen werden. Die Fußgänger hingegen hatten Schwierigkeiten, die Rheinstraße zu queren. Das war abseits der ampelgeregelten Übergänge kaum möglich. Der Radverkehr hatte zum damaligen Zeitpunkt keine eigenen Flächen zur Verfügung. Bedeutsam und problematisch zugleich war in diesem Zusammenhang der Entenfang mit seiner ganz besonderen Erschließungsfunktion und einer „extremen Konkurrenzsituation zwischen verschiedenen Nutzungen und Verkehrsträgern“. Dies begann beim motorisierten Individualverkehr: der (über)regionale Pkw- und Lkw-Verkehr verursachte eine hohe Frequenz mit Stadtplanungsamt | 13 teilweise langen Wartezeiten und Rückstaus. Zusätzlich erschwert wurde die Situation durch die Vielzahl von Straßenbahn- und Buslinien, die am Entenfang Station machen. Radwege existierten bis dahin nur bruchstückhaft, Fußgänger konnten diesen Bereich nicht in einem Stück überqueren. Wenig attraktiv für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmende waren auch die Bereiche Lameystraße und Lameyplatz sowie der Abschnitt der Rheinstraße bis zur Bundesstraße 36. Das umfangreiche Verkehrsaufkommen führte dazu, dass Mühlburg durch Schallimmissionen hoch belastet ist. Die Wohn- und Aufenthaltsqualität sei erheblich beeinträchtigt, lautet die Analyse in der VU. Vorgeschlagen wurde, ein noch zu definierendes Maßnahmenbündel umzusetzen, um die Situation zu verbessern. Weiter wurde ein Stellplatz-Problem identifiziert: davon ausgehend, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung pro Wohneinheit ein Stellplatz angenommen wurde, ergab sich ein Fehlbedarf von 3.450 Stellplätzen. Kleine Rheinstraße vor Sanierung (BN1) Große Rheinstraße vor der Sanierung (BN1) Die Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner Um die Einschätzungen der im Untersuchungsgebiet lebenden Menschen über ihren Stadtteil zu erfahren, wurde eine repräsentative Stichprobe unter 600 Bewohnerinnen und Bewohnern vorgenommen. 91 Prozent der Befragten lebten zum damaligen Zeitpunkt gerne in Mühlburg. Gelobt wurden vor allem die guten Einkaufsmöglichkeiten, die stadtnahe, zentrale Lage, die Verkehrsanbindung oder die Grünanlagen. Genannt wurden auch die Überschaubarkeit und die generelle Infrastruktur im Stadtteil. Kritisiert wurden die Verkehrs- und Lärmbelastungen sowie zu viel Dreck und Müll. Die generelle Wohnqualität wurde von 56 Prozent der Befragten für „sehr gut“ oder „gut“ befunden, 35 Prozent fanden sie noch befriedigend. Die Durchschnittsnote lag bei 2,5. Seit 1996 hatte dieser Wert um 0,2 Prozentpunkte abgenommen. Die Mühlburgerinnen und Mühlburger wünschten sich vor allem weniger Verkehrslärm, mehr Pkw-Stellplätze, mehr Grünflächen, Straßenbäume und Ruhezonen. In geringerem Umfang wurden auch mehr Kinderspielbereiche, mehr Sauberkeit und langsamerer Verkehr genannt. Festzustellen war außerdem, dass die sozialen Kontakte unter den Bewohnerinnen und Bewohnern eher unterdurchschnittlich entwickelt sind. Knapp ein Viertel hatte keine Bekannten oder Freunde im Stadtteil. Gegenüber einer Bürgerumfrage aus dem Jahr 2002 hatte sich die Anonymität im Stadtteil verstärkt. Auch das Zusammenleben der Menschen wurde unterdurchschnittlich bewertet: rund 56 Prozent hielten es für „befriedigend“ oder „ausreichend“. In den Vorbereitenden Untersuchungen wurde aber auch deutlich, dass sich eine überdurchschnittliche Zahl von Menschen aus dem Stadtteil eigenen Angaben zufolge in einen Sanierungsprozess einbringen würde. Zudem plante jeder dritte Eigentümer in den beiden darauffolgenden Jahren Investitionen am Gebäude oder auf dem Grundstück. Konkret ging es dabei um Wohnungssanierungen, Fassadenarbeiten und Arbeiten an Fenstern, Heizung, Wärmedämmung oder Balkon. Rund 56 Prozent bekundeten ein grundsätzliches Interesse, im Rahmen der Sanierung eine mögliche Förderung in Anspruch zu nehmen. Jeder fünfte Eigentümer konnte sich vorstellen in einem Bürgerarbeitskreis mitzuarbeiten. 14 | Sanierungsgebiet Mühlburg Fazit der Vorbereitenden Untersuchung Die VU hatte erhebliche strukturelle, städtebauliche und sozialstrukturelle Mängel im gesamten Untersuchungsgebiet aufgezeigt. Das Ergebnis rechtfertige für weite Teile des Gebiets die Ausweisung als Sanierungsgebiet. Die Missstände hatten folgende Schwerpunkte:  sozialstrukturell: hoher Anteil an sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen, Förderbedarf bei Kindern und Jugendlichen, Mangel an Betreuungsplätzen, Defizite im sozialen und kulturellen Miteinander  städtebaulich: viele Nutzungskonflikte, hohe Lärmbelastung durch Verkehr, bauliche Mängel vieler Straßen, Stellplatzmangel, unzureichende Radwegeverbindungen, mangelhafte Aufenthaltsqualität, veraltete Substanz der Wohnhäuser, ungeordnete Baustruktur, hoher Versiegelungsgrad Sanierungskonzept und Ziele Insgesamt hatten sich in der VU vier Handlungsfelder herauskristallisiert:  Soziale und kulturelle Integration: Stärkung des Wir-Gefühls, Sicherung und Stärkung des kulturellen Angebots, Förderung der Integration von Migrantengruppen, Verbesserung der Situation für benachteiligte Gruppen, Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in die Stadtteilentwicklung  Wohnen und Wohnumfeld: Sanierung von Wohngebäuden, Steuerung von Nachverdichtungsmöglichkeiten, Aufwertung des Wohnumfelds, stärkere Begrünung von Straßenzügen, Freiflächen für Spiel, Bewegung und Begegnung  Plätze, Grünflächen, Verkehr: übersichtliche Verkehrsflächen am Lameyplatz, Erneuerung Grün- und Spielfläche auf dem Lindenplatz, Straßenumgestaltung, Verkehrsberuhigung und Verbesserung für Fußgänger in der Rheinstraße, Verbesserungen für Radfahrer in der Kaiserallee und in der Rheinstraße, Verbesserung des Lärmschutzes im Bereich Hardtschule  Nahversorgung und lokales Gewerbe: Stabilisierung des Versorgungsangebots, Steigerung der Attraktivität von Geschäften, Imageverbesserung Stadtplanungsamt | 15 Maßnahmen im Straßenbereich: Große Veränderungen mit viel Nutzen für alle Verkehrsteilnehmer/-innen Umbau und Verbesserung, neue Zuschnitte, Neuordnung Parkierung, mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden und höhere Aufenthaltsqualität – auf diesen Nenner lassen sich die Straßenbaumaßnahmen im Rahmen der Sanierung Mühlburgs bringen. Über einen Zeitraum von insgesamt zehn Jahren wurde in insgesamt zwölf Straßen die Situation verbessert. Im Fokus waren dabei die Rhein- und die Lameystraße. Rheinstraße Die Rheinstraße hat im Sanierungsgebiet die größten Veränderungen mit Blick auf die Straßenbaumaßnahmen erfahren. Sie wurde in vier Teilbereichen und zu verschiedenen Zeitpunkten umgestaltet:  Abschnitt 1: zwischen Lameyplatz und Hardtstraße (Mai 2013 bis Oktober 2013) („Kleine Rheinstraße“)  Abschnitt 2: zwischen Am Entenfang und Hardtstraße (Juni 2014 bis November 2014) („Kleine Rheinstraße“)  Abschnitt 3: zwischen Lameyplatz und Neureuter Straße (April 2013 bis November 2013) („westliche Rheinstraße“)  Abschnitt 4: zwischen Philippstraße und Am Entenfang (März 2014 bis Oktober 2015) („Große Rheinstraße“) Dieser letzte Abschnitt war in der Umsetzung besonders anspruchsvoll, weil eine Vielzahl von Menschen beteiligt und betroffen waren. Hier waren die Anforderungen und Interessen des motorisierten Verkehrs, des Radverkehrs, des ÖPNV und der Gewerbetreibenden im B-Zentrum in Einklang zu bringen. Der gesamte Straßenquerschnitt ist neugestaltet worden, gleichzeitig sind der Parkraum neu geordnet und die Gehwege verbreitert worden. Auf der Südseite gliedern neue Bäume zusätzlich den Parkraum, der nicht reduziert wurde. Zusätzlich entstanden an drei Stellen zuvor nichtexistierende Anlieferzonen, neue Abstellplätze für Räder, ausreichend Parkplätze für Menschen mit Handicap sowie neue Grünflächen. Die Neuordnung führte auch dazu, dass Geschäfte und Gastronomie jetzt über mehr Freiflächen vor den Läden verfügen, was nicht zuletzt positive Auswirkungen auf die Aufenthaltsqualität für Fußgängerinnen und Fußgänger hat. Die Verkehrsbetriebe wechselten Gleise aus und verlegten durchgängig ein Rasengleis, was den durch Straßenbahnen entstehenden Lärm minimiert. Die Haltestelle Philippstraße ist nun barrierefrei, gleichzeitig erhielt die Haltestelle am westlichen Ende eine weitere Querungsmöglichkeit für Fußgängerinnen und Fußgänger. Zusätzlich wurden die bestehenden Überwege verbreitert. Speziell in der westlichen Rheinstraße bis zur Bundesstraße 36 wurden auf der westlichen Seite die Längsparkstände in senkrechten Parkraum umgewandelt. In diesem Zusammenhang wurde auch der Kreuzungsbereich Bundesstraße 36/ Neureuter Straße/ Starckstraße neu hergestellt – inklusive Erneuerung der Signalanlage. Für zu Fuß gehende Menschen wurden im Bereich der Dreiecksinseln Bedarfsampeln ergänzt. Gleichzeitig wurde die Radverkehrsführung vereinfacht. Die so genannte kleine Rheinstraße zwischen Hardtstraße und Lameyplatz wurde niveaugleich ausgebaut, so dass die parkenden Fahrzeuge näher an die Hauswände rückten. Zu Fuß gehende und mit dem Rad fahrende Menschen sowie Fahrzeuge teilen sich jetzt den verbleibenden Straßenraum in der Mitte. Es lässt sich festhalten, dass die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit die Verkehrssicherheit für die Verkehrsteilnehmenden erhöht haben. Parallel zur Neugestaltung der Fahrbahn-, Gleis- und Gehwegflächen erfolgten umfangreiche Kanal- und Leitungsverlegungen. Der bestehende Untergrund erwies sich dabei als besondere Herausforderung. Dies betrifft die frühere Bebauung entlang der Rheinstraße, die während der Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Teile der mit Bauschutt verfüllten Keller sind heute noch im Untergrund anzutreffen. Deswegen waren umfangreiche Sondierungen notwendig. Wie in vielen Sanierungsgebieten gibt es auch Maßnahmen, die am Ende nicht umgesetzt werden konnten. Für die Rheinstraße war ein Lichtdach als besondere Inszenierungsmöglichkeit des B-Zentrums angedacht. Es konnte aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden. 16 | Sanierungsgebiet Mühlburg Große Rheinstraße vor Umbau (BN 3) … und während des Umbaus (BN1) Stadtplanungsamt | 17 Große Rheinstraße nach Fertigstellung (BN1) Kleine Rheinstraße nach Umbau (BN3) 18 | Sanierungsgebiet Mühlburg Lameystraße Die Lameystraße wurde in zwei Abschnitten zwischen August 2013 und März 2015 umgebaut. Dabei wurde der gesamte Straßenquerschnitt neugestaltet. Dies umfasst etwa die Neuordnung der Parkierung für den ruhenden Verkehr und die Markierung von Radstreifen in beide Richtungen. Für den motorisierten Individualverkehr steht stadteinwärts ein Fahrstreifen zur Verfügung, stadtauswärts sind es zwei. Die Haltestelle „Lameyplatz“ wurde im Zuge der Maßnahmen barrierefrei umgebaut. Erst durch die Neugestaltung des Querschnitts konnte der Platz in seiner heutigen Form geschaffen werden. Der Verkehr auf der Lameystraße rollt jetzt zudem auf lärmoptimiertem Asphalt. Schon im Jahr 2010 hatten die Verkehrsbetriebe Karlsruhe im Bereich Entenfang/ Lameystraße die Gleise erneuert und ein Rasengleis eingebaut. Gleichzeitig wurde die zu kurze Haltestelle der Linie 5 südöstlich des Entenfangs nach Nordwesten in die Lameystraße verlegt und auf 80 Meter verlängert, so dass nun auch Züge in Doppeltraktion dort halten können. Lameystraße stadteinwärts (BN3) Hardtstraße Die Hardtstraße im Norden des Sanierungsgebiets wurde in zwei Abschnitten zwischen Herbst 2014 und Herbst 2015 sowie zwischen Juni 2016 und November 2016 umgebaut. Sie erhielt einen neuen Fahrbahnbelag und in jede Richtung einen Radstreifen. Gehwege und Parkplätze sind jetzt niveaugleich. Bei der Maßnahme musste besonders darauf geachtet werden, dass die zahlreichen mittelständischen Gewerbetriebe während der Bauzeit weiterhin zugänglich bleiben konnten. Auf der Hardtstraße verkehrt auch die Buslinie 70 zwischen dem Entenfang und dem Heidehof in der Nordstadt, die auch in der Bauphase aufrechterhalten wurde. In Höhe des Gasthauses „Ritter“ wurde schon im Jahr 2009 ein Fußgängerüberweg eingerichtet. Im Jahr 2010 folgte eine Querungshilfe auf Höhe des Lindenplatzes nach dessen Umgestaltung. Die Unterführung, die von der Hardtstraße abgehend die Südtangente quert, wurde neugestaltet und besser ausgeleuchtet. Hardtstraße (BN3) Stadtplanungsamt | 19 Wichernstraße Der Umbau der Wichernstraße inklusive des Neubaus eines Kreisverkehrs an der bisherigen Kreuzung Wichernstraße/Sophienstraße erfolgte zwischen Oktober 2014 und Dezember 2015. In einer gemeinsamen Ausschreibung zwischen Tiefbauamt und Stadtwerken wurden zum einen die Neugestaltung der Oberfläche und zum anderen umfangreiche Leitungsverlegungen im Gas- und Wassernetz ausgeführt. Während der Umbaumaßnahme musste die Erreichbarkeit eines Stützpunkts für Rettungsfahrzeuge gewährleistet werden. Wichernstraße während Umbau (BN3) Wichernstraße (Kreisel zur Sophienstraße) nach Umbau (BN3) Weinbrennerstraße Der Abschnitt der Weinbrennerstraße zwischen Rheinstraße und Staudingerstraße konnte wegen der Verlängerung des Förderzeitraums noch in den Maßnahmenkatalog aufgenommen und zwischen Juli 2019 und Mitte 2020 realisiert werden. Dort wurden die Verkehrsflächen vollständig neu geordnet. Die Fahrbahn in diesem Bereich ist nun auf 5,70 Meter reduziert worden. Der ruhende Verkehr findet nun auf Senkrechtparkplätzen seinen Raum. Wie bisher wird der Radverkehr in dieser Tempo-30-Zone auf der Straße abgewickelt. Im Zuge der Sanierung wurde allerdings der noch bestehende Radweg parallel zum Gehweg aufgegeben, so dass die Neuordnung der Straße vollzogen werden konnte. Es eröffnete die Möglichkeit, den Gehweg auf das heute übliche Breitenmaß von 3,5 bis 4 Metern auszubauen. Auch der vorhandene Baumbestand musste aufgrund der Verlagerung der Fahrbahnränder neu geordnet werden. Teilweise konnten die Bäume erhalten werden, andere mussten aber entfernt werden. Sie wurden durch Neupflanzungen ersetzt. Die Bauarbeiten wurden in vier Bauabschnitten jeweils unter Vollsperrung des Verkehrs vorgenommen. Weinbrennerstraße vorher/nachher (BN1) 20 | Sanierungsgebiet Mühlburg Gellertstraße und Klopstockstraße Die Gellertstraße wurde im Abschnitt zwischen Peter-und-Paul-Platz und Herderstraße, die Klopstockstraße zwischen Sophienstraße und Kaiserallee saniert. Die Maßnahmen wurden zwischen September 2019 und Juni 2020 umgesetzt. Ausgangspunkt war der insgesamt schlechte Zustand der Straßenabschnitte verbunden mit einer unübersichtlichen Parksituation, die Konflikte mit Fußgängerinnen und Fußgängern hervorrief. Der Umbau und die damit verbundene Neuaufteilung des Straßenraums führte zu einer klaren Zuordnung der Verkehrsflächen. In beiden Straßen wurde im Zuge der Maßnahme auch die Beleuchtung erneuert. Um die Bäume in diesem Bereich zu erhalten, wurden die Parkflächen mit Rasengittersteinen belegt, eine Abgrenzung der Baumquartiere durch Bordsteine gibt es nicht. Stattdessen kommen Baumschutzbügel zum Einsatz. Gellertstraße nach Umbau (BN1) Klopstockstraße nach Umbau (BN4) Herderstraße Ebenfalls wegen der Verlängerung des Förderzeitraums der Sanierung konnte auch die Herderstraße umgebaut werden. Die Maßnahmen wurden zwischen Juni 2020 und April 2021 umgesetzt. Auch hier erfolgte eine komplette Neuaufteilung des Straßenquerschnitts. Im Zuge des Umbaus durch das Tiefbauamt erneuerte auch die Netzservice GmbH der Stadtwerke Karlsruhe das Leitungsnetz und die dazugehörigen Hausanschlüsse. Herderstraße vorher und nachher (BN1 und BN4) Stadtplanungsamt | 21 Weitere Maßnahmen Sonnenstraße: In der Sonnenstraße zwischen Zietenstraße und Bundesstraße 36 waren parkende Lastkraftwagen auf der Südseite das Ausgangsproblem. Zwischen den Bäumen wurde im Jahr 2011 deshalb eine Längsparkierung für Pkw eingerichtet. Mit diesen Maßnahmen konnte der Parkplatzmangel für Friedhofsbesucherinnen und –besucher entschärft werden. Die Lkw sind auf die Nordseite verdrängt worden, wo sie von den Besucherinnen und Besuchern aber nicht mehr als so störend empfunden wurden. Ein Lkw-Parkverbot konnte aus rechtlichen Gründen nicht umgesetzt werden. Angepasst wurde auch der übergroße Einmündungs- bereich in die Bodelschwinghstraße. Zudem wurden die Gehwege in diesem Bereich erweitert und die Straßenentwässerung neu angelegt. Sonnenstraße (BN3) Südtangente/Vogesenbrücke: Als Lärmschutz für die Hardtschule wurden in einem ersten Schritt Lärmschutzwände zwischen den Fahrbahnen der direkt angrenzenden Südtangente realisiert. In einem zweiten Schritt folgten Lärmschutzwände auf der Vogesenbrücke in deren westlichem Teil. Diese Maßnahmen wurden allerdings nicht im Rahmen der Städtebauförderung bezuschusst. Lärmschutz Vogesenbrücke (BN3) 22 | Sanierungsgebiet Mühlburg Plätze im Sanierungsgebiet: Aufwertung an vielen Stellen im Stadtteil Plätze in einem Stadtteil haben große Bedeutung für die Aufenthaltsqualität der Bewohnerinnen und Bewohner. Im Sanierungsgebiet wurden der Lameyplatz, der Fliederplatz und der Lindenplatz umfassend neugestaltet. Die Ausgangssituationen waren zum Teil herausfordernd, weil verschiedene Interessen zu vereinbaren waren. In allen Fällen ist es gelungen, diese Interessen auszutarieren. Die Aufwertung der Plätze hat zu einem besseren Wohnumfeld für die Menschen im Sanierungsgebiet geführt. Lameyplatz Um den Lameyplatz städtebaulich aufzuwerten, wurde im Jahr 2009 zunächst ein Planerworkshop mit drei ausgewählten Stadtplanungsbüros durchgeführt. Die komplexe und schwierige Ausgangssituation hing mit der Verkehrsbelastung des Knotenpunkts zusammen. Der Platz bildet zum einen den Auftakt des Kerns des Stadtteils, zum anderen ist er Verbindung und Übergang in die Honsellstraße zum Rheinhafen. Die Bundesstraße 36 führt über den Lameyplatz stadteinwärts in Richtung Entenfang und weiter in Richtung Daxlanden und Rheinstetten. Die Herausforderung bestand darin, trotz des umfangreichen Verkehrs die Aufwertung des Platzes zu realisieren. Die Aufwertung gelang ab dem Jahr 2012 durch eine Neuordnung des Straßenraums (siehe Kapitel Straßen) und durch das Schaffen von zusammenhängenden Grünräumen insbesondere auf der Nordseite des Knotenpunkts. Zusätzlich wurden neue Bäume gepflanzt. Der bestehende Gehweg vor den Häusern mit den Nummern 62 bis 70 in der Rheinstraße wurde zu einer großzügigen grünen Vorfläche umgestaltet. Zugunsten dieser Vorfläche sind dort zwölf Parkplätze entfallen. Auf diesem Raum findet nun Außengastronomie statt. Zur Abschirmung des Verkehrs wurde zwischen Vorfläche und dem Knoten Lameyplatz/Rheinstraße ein grüner Erdwall geschaffen, der zusätzliche Aufenthaltsqualität bringt. Die entfallenen Parkplätze wurden im Zuge einer Neuordnung in den südlichen Bereich der Lerchenstraße verlagert. Es existieren nun drei Parkplätze mehr als zuvor. Neu geschaffen wurde im Zuge der Platzumgestaltung auch eine neue Linksabbiegemöglichkeit von der Honsellstraße in die westliche Rheinstraße für Verkehrsteilnehmende, die aus Richtung Rheinhafen kommen. Lameyplatz während der Umbaumaßnahmen und nach Fertigstellung (BN3, BN1) Fliederplatz Am Fliederplatz ergab sich ein Handlungsbedarf, die Situation für alle Verkehrsteilnehmenden und für Kinder sowie Jugendliche zu verbessern. Die dort verlaufende Glümerstraße war von ihrem Zuschnitt her so eng, dass sich Radfahrerinnen und Radfahrer auf der einen Seite und der Kfz-Verkehr auf der anderen Seite nicht ohne Gefahr begegnen konnten. In den Sommermonaten gab es zudem großen Fußgängerverkehr über die Glümerstraße zur Eisdiele, was wegen der Parksituation zu zusätzlichen Gefahrenmomenten führte. Der Fliederplatz selbst war durch die Fliederstraße in zwei Teile getrennt. In der Bürgerbeteiligung wurde der Wunsch geäußert, diese Trennung aufzuheben. Ein daraus entwickelter Verkehrsversuch brachte zunächst nicht die erhoffte Wirkung. Denn: Die Sperrung der Fliederstraße zwischen Geibelstraße und Ludwig-Marum-Straße für den Kfz-Verkehr führte zu einer weiteren Verlagerung des Verkehrs auf die Glümerstraße. In der Folge wurde die Glümerstraße noch einmal genauer betrachtet und die Planungen verbessert. Umgesetzt wurden sie ab dem Jahr 2012. Der Parkraum auf der Nordseite wurde weiter in Richtung Mauer verschoben, so dass zunächst ein gefahrloser Begegnungsverkehr zwischen Autos und Rad erfolgen konnte. Der Abschnitt ist verkehrsberuhigt und wurde mit einer zwölf Meter breiten roten Pflasterfläche ausgestattet, um den Bereich hervorzuheben. Die erwähnte Mauer gegenüber der Eisdiele wurde großzügig geöffnet, so dass ein Publikumsverkehr zwischen Spielplatz und Eisdiele stattfinden kann. Parken ist im Bereich des Übergangs nun nicht mehr möglich, so dass die Situation für alle Verkehrsteilnehmenden gut einsichtig und damit sicherer für querende Fußgängerinnen und Fußgänger ist. Sie dient gleichzeitig als Stadtplanungsamt | 23 Ausweichstelle für den Begegnungsverkehr zwischen Autos. Parallel dazu wurde ein Rückbau der Fliederstraße auf Höhe des Fliederplatzes umgesetzt. Damit endet die Straße an der Einmündung zur Geibelstraße. Dies schafft eine zusammenhängende Fläche zwischen dem neu gestalteten Kinder- und Jugendtreff (siehe Kapitel Kinder- und Jugendtreff) und der Eisdiele in der Glümerstraße. So gab es die Möglichkeit, den Platz zu einer großen Spielfläche für alle Generationen umzubauen (siehe Kapitel Spielplätze). Der Umbau des Fliederplatzes selbst und die Umbaumaßnahmen/Querung Glümerstraße konnte allerdings nicht mit Städtebaufördermitteln gefördert werden, da der Platzbereich bereits Gegenstand der ehemaligen Förderung im PES Programm des Landes war. Neu gestalteter Querungsbereich zum Fliederplatz an der Glümerstraße und anschließender Aufenthaltsbereich (BN3) Lindenplatz Im Herbst 2010 wurde die Umgestaltung des Lindenplatzes abgeschlossen. Er erfuhr auf Basis der Wünsche aus der Bürgerbeteiligung eine zeitgemäße Aufwertung mit dem platzprägenden Element der Karl-Friedrich-Gedächtniskirche. Ausgangspunkt war die Tatsache, dass am Boden die vorhandene Bepflanzung aus Bodendeckern und Sträuchern die Nutzungsmöglichkeiten und Sichtbeziehungen einschränkten. Vermisst wurden von den Bürgerinnen und Bürgern attraktive und sichere Aufenthaltsräume auf diesem Platz. Auch der vorhandene Kinderspielplatz bot in Größe und Ausstattung lediglich eingeschränkte Spielmöglichkeiten. Ziel der Umgestaltung war, den Lindenplatz wieder an sein ursprüngliches Erscheinungsbild anzunähern. Dies beinhaltete auch, den Platz wieder bis an die Hauskanten der umgebenden Bebauung heranzuführen. Im Zuge der Umgestaltung wurden deshalb zunächst die Sedanstraße, die Straße Am Lindenplatz und die Glümerstraße niveaugleich umgebaut. Die Stellplätze für Autos wurden im Belag gekennzeichnet und gegenüber der zentralen Platzfläche durch Hecken abgeschirmt. Der Platz selbst wurde mit einer wassergebundenen Decke ausgestattet. Die vorhandenen Pflanzbeete wurden entfernt und durch Staudenbeete mit blühenden Pflanzen ersetzt. Als zentrales Element ist eine große, attraktiv beleuchtete Rundbank installiert worden. Der Kinderspielbereich wurde durch „Spielpunkte“ ersetzt – auch deshalb, weil auf dem unmittelbar in der Nähe gelegenen Fliederplatz ein umfangreiches Angebot für jüngere Kinder bis sechs Jahre geschaffen wurde. Das „Dach“ aus Bäumen wurde zum Teil erhalten. Insgesamt wurden 17 Linden durch 13 Winterlinden ersetzt. Auch die Beleuchtung ist neugestaltet: installiert wurden etwa Strahlergruppen, die abwechslungsreich die Bäume durchleuchten – quasi in Form eines „Mondlichts“. Die Schinkelleuchten rund um den Platz ergeben einen orangefarbenen Lichtrahmen. Die bisherigen Quecksilberdampflampen dort wurden durch energieeffiziente Natriumdampflampen ersetzt. Die Sitzgruppe ist unterleuchtet, ebenso wie der obere Teil des Kirchturms, der nun illuminiert ist. Lindenplatz vor Umbau (BN1) 24 | Sanierungsgebiet Mühlburg … und nach dem Umbau (BN3) Platz bei der St. Peter und Paul Kirche Im Zuge des Umbaus der Rheinstraße wurde im dortigen Bereich auch der im Eigentum der katholischen Kirche stehende Platz neu geordnet und mit umgebaut. Er lädt heute ebenfalls zum kurzen Verweilen nahe den Stufen zu den Eingangsportalen der Kirche ein. Platz bei St. Peter und Paul vor der Umgestaltung (BN1) … während des Umbaus im Abschnitt der Rheinstraße (BN3) Stadtplanungsamt | 25 Klettergerüst und Co: Spielen, Toben und Kicken auf neu gestalteten Arealen Spielplätze und Bolzplätze sind ein wichtiger Bestandteil von Stadtteilen und Quartieren. Hier treffen sich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für gemeinsames Spiel und Aktivitäten. Im Mühlburger Sanierungsgebiet gab es großen Nachholbedarf, was Ausstattung und Zustand der Spielplätze angeht. Im Zuge der Sanierungen gab es deshalb etliche Erneuerungen. Ein Bolzplatz wurde auch neu eingerichtet. Spielplatz auf dem Fliederplatz Die neue Verkehrskonzeption rund um das Areal Fliederstraße, Glümerstraße und Kinder- und Jugendtreff (siehe Kapitel Plätze) ermöglichte erst die Schaffung eines Platzes, der seit 2014 zu einem wichtigen Anziehungspunkt für verschiedene Generationen in Mühlburg und darüber hinaus geworden ist. Die neu gewonnene Fläche durch den Rückbau der Fliederstraße auf Höhe des Kinder- und Jugendtreffs wird von dieser Einrichtung auch aktiv für dessen Zielgruppe bespielt (siehe auch Kapitel Kinder- und Jugendtreff). Hinzu kommen neue gestaltete Spielflächen für verschiedene Altersgruppen. Insgesamt umfasst der Platz eine Fläche von 6 100 Quadratmetern. Das Grundkonzept beinhaltet eine großzügige und offene Fläche, die multifunktional für alle Generationen nutzbar ist. Die Fläche ist mit einer wassergebundenen Decke ausgestattet, lediglich Bereiche mit besonderen Nutzungen, wie etwa der Kinderspielbereich oder die Basketballfläche weichen davon ab. Im neuen Zentrum des Platzes befindet sich eine kreisförmige Aktionsfläche in Form eines erhöhten Plateaus. Weitere Nutzungen finden sich an den jeweiligen Rändern. Im nördlichen Bereich gibt es Angebote für ältere Kinder und Jugendliche, im östlichen Bereich die schon erwähnte Basketballfläche. Sie sind räumlich dem Kinder- und Jugendtreff zugeordnet. Der Süden der Fläche gehört dann mit einer eigens abgetrennten Fläche den kleineren Kindern. Sie finden dort Sand- und Wasserspielbereiche vor. Dieser Kinderspielbereich wurde außerhalb der Sanierung realisiert – ausschließlich mit städtischen Mitteln. Die Voraussetzungen für eine Förderung lagen in diesem Fall nicht vor. Ergänzt wurden im südlichen und westlichen Platzbereich außerdem auf Betonflächen integrierte Holzbänke als Sitzmöglichkeiten. Spielplatz Fliederplatz (BN3 Fliederplatz, Spielplatz und Jugendtreff (BN3) 26 | Sanierungsgebiet Mühlburg Spielplatz südlich der Weinbrennerstraße Der Spielplatz befindet sich in der Grünverbindung zwischen Sophienstraße und der Alb. Er ist die Fortsetzung des Spielplatzes zwischen Sophien- und Weinbrennerstraße. Mit einer Größe von rund 3.500 Quadratmetern gehört er zu den großen Spielplätzen im Sanierungsgebiet. Ausgehend von den Ergebnissen der Spielleitplanung (siehe Kapitel Bürgerbeteiligung) wurde dieser Spielplatz mit Beteiligung aus der Bürgerschaft im Jahr 2009 grundlegend aufgewertet. Diese Runderneuerung wurde im Jahr 2010 abgeschlossen. Er verfügt nun über verschiedene Spielhäuser, Klettergerüste, Gerätekombinationen, Balanciergeräte, Hängematten, eine Korbschaukel und eine Wasserspielanlage. Spielplatz südlich Weinbrennerstraße (BN1) Außenanlagen beim Schülerhort Weinbrennerstraße 69 a Mit der Sanierung der Außenanlagen beim Schülerhort in der Weinbrennerstraße im Frühjahr 2011 wurde die Spielfläche nach Norden erweitert. Dort konnten neue Spielangebote ergänzt werden. Spielplatz (BN3) Spielplatz Sternstraße Im Februar 2011 konnte der Spielplatz, der neben der Hardtschule liegt, saniert und durch neue Spielgeräte ergänzt werden. Die Fläche mit einer Größe von insgesamt 620 Quadratmetern wird von den Schülerinnen und Schülern quasi als erweiterter Pausenhof genutzt. Die Maßnahme wurde zwischen November 2010 und Februar 2011 umgesetzt. Das Areal ist der einzige Spielplatz zwischen Lameystraße und Südtangente in diesem Quartier. Stadtplanungsamt | 27 Bolzplatz im Albgrün Im Rahmen der Sanierung gab es vor allem unter der jüngeren Bevölkerung den Wunsch nach einer Aufwertung des Bolzplatzes an der Draisschule. Aus rechtlichen Gründen war dies aber nicht möglich. Anwohnerinnen und Anwohner hatten sich deutlich gegen solche Schritte ausgesprochen. Als Ausgleich gelang es aber im Jahr 2010, einen neuen Bolzplatz im Albgrün in der Nähe des Vereinsgeländes des Karlsruher Eislauf- und Tennisvereins (KETV) einzurichten. Obwohl sich dieses Areal eigentlich außerhalb des offiziell festgelegten Sanierungsgebiets befindet, erhielt die Maßnahme aufgrund der hohen Relevanz und Bedeutung für den Stadtteil eine Förderung aus dem SSP. Dort wo der neue Bolzplatz in einer Größe von 22 mal 40 Metern entstand, war zuvor eine Grünfläche als Teil des Grünzugs entlang der Alb und auf Höhe des Mühlburger Felds. Die unmittelbare Nähe zu den Haltestellen Mühlburger Feld und Kühler Krug machen den Platz gut erreichbar. Ausgestattet ist er mit einem Kunstrasen und einem Metallgitterzaun. Der Bolzplatz entlang der Südlichen Hildapromenade wurde zu einer Ballspielfläche in der Größe 13 mal 24 Meter verkleinert. Neuer Bolzplatz im Albgrün (BN 3) 28 | Sanierungsgebiet Mühlburg Neuer Spielplatz beim Bürgerzentrum und der Stadtteilbibliothek Im Zuge des Neubaus des Bürgerzentrums (siehe Kapitel „Bürgerzentrum“) wurde in unmittelbarer Nachbarschaft ein neuer Quartiersspielplatz auf einer Fläche von rund 200 Quadratmetern errichtet, der insbesondere für die jüngeren Besucherinnen und Besucher des Zentrums und für das Quartier in Mühlburg eine schöne neue Spielplatzlandschaft bietet. Die Errichtung wurde im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramm des Bundes und Landes „Soziale Integration im Quartier“ und mit städtischen Zuschüssen gefördert. Neuer Quartiersspielplatz neben dem Bürgerzentrum (BN 1) Stadtplanungsamt | 29 Runderneuerter und ausgebauter Kinder- und Jugendtreff in Mühlburg erweitert Angebotspalette Der Kinder- und Jugendtreff Mühlburg am Fliederplatz ist mit seinen Angeboten ein wichtiger Anlaufpunkt für sehr viele junge Menschen im Stadtteil. Innerhalb der Sanierung wurde eine umfangreiche Innensanierung sowie ein Ausbau des Dachgeschosses vorgenommen. Das hat die Möglichkeiten des Jugendzentrums deutlich erweitert, was gut ankommt bei den Kindern und Jugendlichen. Der Kinder- und Jugendtreff in Mühlburg des Stadtjugendausschusses (stja) e. V. hat eine traditionsreiche Heimat. Er liegt an der früheren Bahnstrecke von Karlsruhe nach Maxau. Mehr noch: das Jugendzentrum befindet sich im ehemaligen Mühlburger Bahnhof, der bis 1913 in Betrieb war. Das Gebäude selbst stammt aus dem 19. Jahrhundert. Nachdem die Funktion als Bahnhofsgebäude aufgegeben worden war, zog in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts die „werkstatt 68“ ein, auch ein Motorradclub war hier untergebracht. Im Jahr 1979 zog schließlich der heutige Kinder- und Jugendtreff Mühlburg ein. Im Rahmen der Sanierung wurde das Gebäude nicht nur umfangreich erneuert, sondern auch ausgebaut. Dies eröffnete die Chance von weiteren Nutzungen, die bis dahin nicht durchführbar waren. Der komplette Umbau des Erdgeschosses ermöglichte beispielsweise das Einrichten eines selbst organisierten und barrierefrei zugänglichen Jugend- und Schülercafés. Durch den Ausbau des Dachgeschosses wird das Angebot des Jugendtreffs entschieden erweitert. Auch eine parallele Nutzung des Treffs für verschiedene Altersgruppen ist nun möglich geworden. Umgebaut und saniert wurden sämtliche Geschosse vom Keller bis zum Dachgeschoss. In diesem Zuge war es notwendig, den Wärme-, Brand- und Schallschutz sowie die sanitären Anlagen umfassend zu erneuern. Bei den Toiletten steht jetzt ein Behinderten-WC zur Verfügung. Erneuert wurde auch die baufällige Kellerdecke, die durch eine Stahlbetondecke ersetzt wurde. An der Nord- und Südseite des charakteristischen Gebäudes am Fliederplatz wurden jeweils drei große Fenster- und Türelemente eingebaut. Sie verleihen dem Jugendtreff große Transparenz und Helligkeit. Der Umbau an dieser Stelle lässt die frühere Nutzung als Bahnhofsgebäude wieder deutlicher erscheinen. Beheizt wird der Jugendtreff jetzt über einen neuen Fernwärmeanschluss. Abgestimmt werden musste die Planung auch mit der Denkmalschutzbehörde und der Branddirektion. Deren Auflagen waren bei Sanierung und Umbau ebenfalls zu berücksichtigen. Innerhalb der Sanierung Mühlburgs lohnt es sich besonders, den Kinder- und Jugendtreff Mühlburg zu betrachten. Ursprünglich waren der Umbau des Kellers und der Dachgeschossaufbau nicht geplant gewesen. Im Zuge einer Jugendkonferenz des stja im Jahr 2008 war aber ein dringender Bedarf für ein Jugendcafé nachgewiesen worden, so dass hier zusätzliche Planungsüberlegungen angestellt wurden. Sie wurden im Zuge der Sanierung dann eingebracht. Um die neuen Planungen umsetzen zu können, wurden konzeptionell Aktionsflächen in das Dachgeschoss verlegt. Außerdem befinden sich Abstell- und Lagerbereiche nun im Keller. Die Sanierung und Umbau des Kinder- und Jugendtreffs in der Übersicht:  Austausch der drei großen Fensterelemente auf der Nord- und Südseite  Neue Briefkastenanlage  Einbau einer Küche und eines Thekenbereichs  Neue Bodenbeläge im Erd- und Obergeschoss und im WC  Neuer Anstrich der Wände und der Türen  zum Teil neue Türen  abgehängte Decken sowie abgehängte Akustik- und Brandschutzdecke im Jugendcafé  Einbau einer neuen Treppe vom Unter- bis zum Dachgeschoss (zwischen Erdgeschoss und Obergeschoss nur neue Stufen und Geländer)  Neue Sanitäranlagen und Trennwände in den Toiletten  Neue Beleuchtung  Neue Einbaumöbel im Erd- und Dachgeschoss  Neue Elektro-, Sanitär- und Heizungsinstallation  Fernwärmeanschluss Der Umbau und die Modernisierung des Kinder- und Jugendtreffs konnte mit Mitteln aus dem Investitionsprogramm „Zukunftsinvestitionsplan ZIP“ mit Städtebaufördermitteln gefördert werden. 30 | Sanierungsgebiet Mühlburg Jugendzentrum Mühlburg beim Fliederplatz (BN1) Ausgebautes Dachgeschoss im Jugendzentrum Mühlburg (BN3) Einbau eines Teeküchenbereichs im Jugendzentrum (BN3) Stadtplanungsamt | 31 Das Bürgerzentrum Mühlburg: Neuer Mittelpunkt für alle Bürgerinnen und Bürger Das Bürgerzentrum Mühlburg ist eines der Kernelemente der Sanierung Mühlburgs. Erst nach intensiver Diskussion konnte eine Interimslösung auf dem Gelände der ehemaligen Seldeneck’schen Brauerei gefunden werden. Schließlich konnte das aus Sicht der Bürgerschaft so wichtige Projekt in ganz zentraler Lage in der Nähe des Entenfangs realisiert werden und, in Kombination mit der neuen Stadtteilbibliothek, gleich zwei, für Mühlburg wichtige Einrichtungen, an einem Standort vereint werden. Das neu errichtete Bürgerzentrum Mühlburgs in der Weinbrennerstraße 79a nahe des Entenfangs ist Ergebnis eines umfangreichen bürgerschaftlichen Engagements über viele Jahre hinweg, der von der Stadt mitbegleitet und nachhaltig unterstützt wurde. Ausgangspunkt waren Überlegungen aus der Bürgerschaft für ein Bürgerzentrum, das Anlaufstelle, Treffpunkt und Mittelpunkt für verschiedene Gruppen und Menschen werden sollte. In der Bürgerbeteiligung war herausgearbeitet worden, dass ein Bürgerzentrum ein Haus für alle Kulturen und Generationen sein soll, Raumangebote für Vereine und ehrenamtliches Engagement beinhalten soll, Erwachsenen- und Elternbildungs- und andere Beratungsangebote macht und eine neue Heimat für die Stadtbibliothek wird. Die bisherigen Räumlichkeiten der Stadtteilbibliothek, waren ehemals im Hochhaus nahe dem Lameyplatz, Rheinstraße 95, untergebracht. Diese Räumlichkeiten entsprachen baulich und energetisch und mit Blick auf die Barrierefreiheit nicht mehr dem heutigen Standard. Mit der jetzigen Kombination der beiden Einrichtungen in einem Gebäude wurde ein optimaler Standort an repräsentativer Stelle im Quartier gefunden In einem ersten Schritt konnte im Jahr 2010 zunächst für ein temporäres Bürgerzentrum eine Interimslösung in der Hardtstraße 37a, dem Bau 2 der ehemaligen Seldeneck‘schen Brauerei gefunden werden. Dafür wurde der Verein Bürgerzentrum Mühlburg e. V. gegründet. Darin hatten sich alle Interessengruppen zusammengefunden, die ein solches Zentrum inhaltlich tragen. Zur Verfügung standen darin unter anderem ein Mehrzweckraum, mehrere Räume für Besprechungen und Büroarbeit. Per Hublift wurde ein behindertengerechter Zugang geschaffen. Ab dem Jahr 2011 machten der Caritasverband Karlsruhe, der CJD Karlsruhe, die Familienheim Karlsruhe, das Projekt In Schwung, das Kulturnetzwerk Mühlburg, der Soziale Dienst der Stadt, Pro Familia und die Arche Noah Angebote im Bürgerzentrum. Bis Mai 2013 wurde das Bürgerzentrum an diesem Ort als Modellvorhaben im Rahmen des Programms Soziale Stadt gefördert. Die jährlichen Mietkosten wurden zu 60 Prozent über das Programm finanziert, 40 Prozent stammten aus städtischen Mitteln. In einer Standortuntersuchung wurden zunächst neun Orte in Mühlburg untersucht, die für ein Bürgerzentrum in Frage kommen könnten. Darunter waren etwa das ehemalige Fischer-Areal oder das Post-Areal am Entenfang, die Ecke Rheinstraße/Hardtstraße („Rheingold“), die Hardtstraße 13, das Jochen-Klepper-Heim oder ein Areal am Lameyplatz. Am Ende ließ sich aus ganz unterschiedlichen Gründen keine der Optionen umsetzen – unter anderem, weil nicht genügend Platz für das vorgesehene Raumprogramm zur Verfügung stand oder weil ein Areal generell nicht zur Verfügung stand. Eine Chance zur Realisierung ergab sich ganz in der Nähe des Entenfangs am westlichen Ende der Weinbrennerstraße. Die Volkswohnung Karlsruhe gab das zwischen den drei Hochhäusern gelegene Parkdeck aus den 1950er Jahren auf und errichtete dort in zweijähriger Bauzeit das neue eingeschossige Bürgerzentrum Mühlburg. Eröffnet wurde es im Juni 2019. Insgesamt hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft rund 5,3 Millionen Euro investiert. Der Standort war zwar bis dahin gar nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen. Mit der Aufgabe des Parkdecks wurde aber die Basis für das spätere Bürgerzentrum geschaffen. Die Volkswohnung fungierte als Bauherr und veräußerte das Gebäude nach Fertigstellung an die Stadt Karlsruhe. Vorgeschaltet war ein Architektenwettbewerb, aus dem das Karlsruher Büro Klinkott als Sieger hervorging. Das Bürgerzentrum beinhaltet heute auf insgesamt 850 Quadratmetern Räume verschiedener Größe, unter anderem auch einen Veranstaltungssaal und die Mühlburger Stadtteilbibliothek. Im neuen Stadtteilzentrum werden auch verschiedene Betreuungsangebote unterschiedlicher Träger durchgeführt. Um Bedenken von Anwohnenden auszuräumen, gab es Maßnahmen zum Schallschutz. Das Flachdach des Neubaus ist begrünt, es wurden neue Bäume gepflanzt, außerdem ist ein Quartiersspielplatz entstanden. Das Gebäude besitzt auch eine Tiefgarage mit 36 Plätzen. Zusätzlich stehen 30 Parkmöglichkeiten an der Weinbrennerstraße zur Verfügung. Hinzu kommen elf Stellplätze für Gäste des Bürgerzentrums auf einem städtischen Grundstück am Entenfang. Mit der Aufnahme in das 2017 aufgelegte Bund- und Länderprogramm zum Investitionspakt „Soziale Integration im Quartier“ konnte der Neubau des Bürgerzentrums mit Stadtteilbibliothek sowie anliegendem Quartiersspielplatz mit rund 1,1 Millionen Euro gefördert werden. 32 | Sanierungsgebiet Mühlburg Zu Beginn der Bauphase (2017) (BN1) … und während der Bauphase (BN1) Das 2019 fertiggestellte Gebäude des Bürgerzentrums und Stadtteilbibliothek (BN 1) Stadtplanungsamt | 33 Private Sanierungen steigern Wohnstandards in vielen Mühlburger Gebäuden Die Sanierung in Mühlburg zeichnete sich durch eine hohe Nachfrage an privaten Modernisierungen aus. In mehr als 500 Wohneinheiten wurde eine Maßnahme zur Verbesserung des bautechnischen oder energetischen Zustands umgesetzt. Besonders wichtig war in diesem Zusammenhang die vollständige Sanierung der drei Hochhäuser in der Weinbrennerstraße 77 bis 81 durch die Volkswohnung GmbH. Im Rahmen der Sanierung konnten zahlreiche private Maßnahmen umgesetzt werden. Die Nachfrage nach Modernisierungszuschüssen, gerade in den ersten Jahren des Sanierungszeitraums, war sehr hoch. Dies zeigt auch den zum Teil erheblichen Modernisierungsbedarf in Häusern und Wohnungen. Insgesamt konnte die hohe Anzahl von 518 Wohneinheiten im Rahmen der Förderung an die heutigen Anforderungen angepasst werden. Betrachtet man diese Anzahl im Kontext anderer Sanierungen der vergangenen Jahre in Karlsruhe, liegt Mühlburg damit an der Spitze. Der Schwerpunkt der Modernisierungen lag im Bereich der bautechnischen und energetischen Instandsetzungen – etwa der Austausch von Heizungen oder Maßnahmen zur Dämmung des Daches oder Fassaden. Festzustellen war, dass Heizanlagen oder zu erneuernde Fenster oft veraltet waren und die nach heutigen Gesichtspunkten gestellten Anforderung zur Energieeinsparung nicht mehr erfüllten. In einigen Fällen waren auch Speicherbereiche noch vollständig ohne Dämmung. Konkret wurden Einzelofenheizungen gegen Etagenheizungen oder zentrale Heizsysteme ausgetauscht. Alte Fenster wurden gegen wärmeschutzverglaste Fenster getauscht. Eher geringer ausgeprägt war der Bedarf an generellen Grundrissverbesserungen. Das ist dann der Fall, wenn beispielsweise die sanitären Einrichtungen einer Wohnung wie Bad oder WC noch außerhalb liegen, etwa auf einem Zwischengeschoss. Das war in Mühlburg seltener der Fall. Insgesamt war in Mühlburg zu beobachten, dass viele Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden und Wohnungen das Gesamtgebäude in den Blick genommen und weniger einzelne Modernisierungsmaßnahmen umgesetzt haben. Vor allem Eigentümerinnen und Eigentümer von Mehrfamilienhäusern haben Förderungen beantragt. Umfassende Maßnahmen wurden in vielen Fällen durchgeführt, in denen nach dem Verkauf eines Gebäudes die neuen Eigentümer oder Bauträger eine grundlegende Sanierung vornahmen. Sie beseitigten damit einen seit Jahrzehnten bestehenden Modernisierungsrückstand. Am Ende dieser Skala liegen üblicherweise Wohnungseigentümergemeinschaften, weil in solchen Gemeinschaften oftmals unterschiedliche Zielrichtungen zutage treten, was Sanierungen angeht. Zu Beginn des Sanierungszeitraums gab es für Antragstellerinnen und Antragsteller eine 25-prozentige Förderung. Der Anteil wurde auf 35 Prozent erhöht, wenn über die Gesamtmaßnahmen ein erhöhter energetischer Standard erreicht wurde. Insgesamt wurde ein Fördervolumen von 1,9 Millionen Euro erreicht. Hiervon wurden 60 Prozent aus Städtebaufördermitteln refinanziert. Untersuchungen zeigen, dass ein Euro an Sanierungszuschuss in der Folge sieben bis acht Euro an tatsächlichen Investitionen auslösen. Diese Investitionen fließen in den meisten Fällen in die regional ansässigen Handwerksbetriebe. Rein räumlich lässt sich feststellen, dass die Sanierungen gut und gleichmäßig über das Gebiet verteilt waren. Vermehrt wurden Anträge von Eigentümerinnen und Eigentümern in der Rheinstraße, der Sophienstraße und in der Glümerstraße gestellt. Schwerpunktmäßig wurden Häuser und Wohnungen aus den 1950er Jahren saniert. Eine Art Leuchtturmfunktion und Initialzündung für das Sanierungsgebiet hatte die bereits recht früh zu Beginn des Sanierungsgebietes erfolgte umfassende Sanierung zunächst der Hochhäuser in der Weinbrennerstraße 77 und 81 durch die Eigentümerin Volkswohnung GmbH. Die Gebäude stammen aus den 1950er Jahren. Sowohl die Hülle der Gebäude als auch die Wohnungen selbst waren in die Jahre gekommen. In den 17-stöckigen Hochhäusern wurden 64 Mietwohnungen – in der Regel Dreizimmerwohnungen mit einer Größe von 75 Quadratmetern – strangsaniert. Das bedeutet, dass sämtliche Wasser- und Abflussrohre erneuert wurden. Das Verfahren sieht vor, dass die Leitungen bis vor die einzelnen Wohnungen verlegt werden, so dass die Sanitäranlagen und Bäder innerhalb der Wohneinheiten an die Frisch- und Abwasserversorgung angeschlossen werden können. Außerdem wurden Heizungs- bzw. Trinkwasseranlagen sowie Fenster und Wärmedämmung erneuert. Die Hochhäuser erhielten eine neue Belüftungsanlage, die Treppenhäuser eine neue Verglasung. Zudem wurde die Sicherheitsbeleuchtung erneuert. Das oberste Geschoss ist mit einer Fassade aus Aluminiumpaneelen neugestaltet worden. In Folge der Erneuerungen wurden auch zahlreiche Brandschutzmaßnahmen umgesetzt. Die Wohnungen wurden komplett erneuert. Das gilt beispielsweise für die Bäder und die Bodenbeläge. Die Hochhaussanierung konnte mit Mitteln aus dem Förderprogramm Soziale Stadt finanziert werden. Außerdem wurden Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau für die energetische Sanierung eingesetzt. Im weiteren Verlauf des Sanierungsgebietes wurden danach auch das Hochhaus an der Weinbrennerstraße 79 (hinter dem jetzigen Bürgerzentrum) umfassend saniert. 34 | Sanierungsgebiet Mühlburg Beispiele für modernisierte Gebäude in der Geibelstraße (jeweils vorher/nachher) (BN 3) Stadtplanungsamt | 35 … und in der Herderstraße (nach Modernisierung) (BN3) Hochhäuser Weinbrennerstraße (Nr. 81, rechts bereits fertig) (BN1) Weinbrennerstraße 79 (während Modernisierung) (BN3) 36 | Sanierungsgebiet Mühlburg Bürgerbeteiligung: Große Bereitschaft in Mühlburg, sich für den eigenen Stadtteil einzusetzen Stadtteilkonferenzen oder Stadtteilspaziergänge gehören zum festen Bestandteil von Sanierungsprojekten. So auch in Mühlburg. Die Beteiligung der Bürgerschaft war über drei Jahre lang hoch – ein Zeichen dafür, wie sehr sich die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Stadtteil identifizieren. In zahlreichen Workshops und Arbeitsgruppen wurden wichtige Grundlagen für Sanierungsprojekte erarbeitet. Hinzu kam der Einsatz von Fördermitteln für Projekte im sozialen Bereich. In Mühlburg wurde eines der umfangreichsten Bürgerbeteiligungsprogramme im Rahmen einer Sanierung durchgeführt, das es in Karlsruhe bisher in diesem Bereich gegeben hat. Ziel des Beteiligungsverfahrens war es, langfristig tragfähige Beteiligungs- und Vernetzungsstrukturen in Mühlburg zu etablieren. Insgesamt über drei Jahre gab es viele verschiedene Formate – angeleitet und moderiert vom Büro GRiPS aus Ettlingen in Kooperation mit dem Büro Voegele & Gerhardt aus Karlsruhe. Die Büros übernahmen in der Phase ab 2007 auch das Stadtteilmanagement. In diesem Rahmen wurden im Sommer 2007 Interviews mit Schlüsselpersonen im Stadtteil durchgeführt. Ziel der Interviews war eine erste Kontaktaufnahme und die Identifikation von Themen, Problemlagen und Ansatzpunkten in der weiteren Arbeit. Schon im Spätsommer 2007 wurde im gemeinsamen Büro des Bürgervereins Mühlburg und der Interessengemeinschaft Attraktives Mühlburg ein Stadtteilbüro eingerichtet. Dort fanden auch die Treffen der später eingerichteten Arbeitskreise und Gruppen statt. Die erste von drei Stadtteilkonferenzen fand im Oktober 2007 in der Aula der Draisschule statt. Insgesamt nahmen an der Veranstaltung rund 300 Bürgerinnen und Bürger teil. Folgende vier Arbeitskreise bildeten sich heraus:  Kinder und Jugendliche (1)  Soziales und kulturelles Miteinander (2)  Einzelhandel, Gewerbe und Image (3)  Wohnen, Stadtgestaltung und Verkehr (4) Die etwa 30 bis 40 Personen, die jeweils Teil der Arbeitskreise waren, ermittelten für ihr Thema die Stärken und Schwächen des Stadtteils. Daraus folgten Verbesserungsvorschläge und konkrete Projekte, die nach Priorität geordnet wurden. Die Teilnehmenden an den Arbeitskreisen eins bis drei arbeiteten auch an der Umsetzung von Projekten mit. Im Arbeitskreis vier ging es vor allem darum, die Vorschläge der Stadtverwaltung zu diskutieren. An einer zweiten Stadtteilkonferenz im Juni 2009 beteiligten sich 70 Personen, am zuvor durchgeführten Stadtteilspaziergang nahmen rund 100 Bürgerinnen und Bürger teil. Ergänzt wurde das Beteiligungsprogramm durch zahlreiche weitere Aktivitäten, beispielsweise zwölf Projektgruppen, die sich aus den vier Arbeitskreisen gebildet hatten, unter anderem zu den Themen „Bürgerzentrum“ und „Leitbild“. Aus letzterer entwickelte sich das Kulturnetzwerk, das in der Folge unter anderem das Brahmsplatzfest organisierte. Mehrere Treffen und Planungsworkshops gab es zu verschiedenen Spielplätzen. Im Bereich Verkehr gab es einen „Runden Tisch“, der verschiedene Einzelvorschläge zur Verbesserung der Verkehrssituation diskutierte. Workshops wurden mit Beteiligung aus der Bürgerschaft auch zu den Themen Lameyplatz und Fliederplatz durchgeführt. Spielleitplanung Das Instrument der Spielleitplanung wurde im Jahr 2008 in Mühlburg zum ersten Mal in der Fächerstadt angewendet. Die Spielleitplanung richtete den Blick auf den Stadtteil als Spiel-, Erlebnis- und Erfahrungsraum für Kinder. Öffentliche Freiräume, in denen sich die Zielgruppe aufhält, wurden erfasst, bewertet und berücksichtigt. Einbezogen war das Gebiet zwischen Grünzügen der Hildapromenade im Norden und der Alb im Süden. Beide Grünbereiche verlaufen in Ost-West-Richtung. Im Westen wurde das Betrachtungsgebiet von der Südtangente, im Osten von der Händelstraße begrenzt. Zur Anwendung kamen zum einen Mental Maps und Streifzüge durch das Gebiet. Mental Maps beschreiben die Darstellung von individuellen Eindrücken einer Umgebung in subjektiven Landkarten. Beteiligt waren daran die damaligen Klassen 5 und 6 der Friedrich-Ebert-Schule und der Draisschule. Bei den Streifzügen nahmen Architekturstudierende mit Kindern aus dem Stadtteil deren „schönste“ und „schlimmste“ Plätze genauer unter die Lupe. Die begangenen Wege wurden in Karten eingetragen. Die Ergebnisse der Stadtteil-Analyse durch die Kinder boten Ansatzpunkte, diese in die Planungen einzubeziehen. ExWoSt Mühlburg Das Bundesförderprogramm „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ konnte zusätzlich zu den Städtebau-Fördermitteln akquiriert werden. Ziel des Programms war es, das Image des Quartiers aufzuwerten und ein einheitliches Vermarktungsdesign zu schaffen, Existenzgründungen zu fördern und ein Netzwerk aus Gewerbe, Kunst und Kultur sowie sozialen Einrichtungen Stadtplanungsamt | 37 aufzubauen. Entstanden sind daraus unter anderem das Portal www.muehlburg-live.de, das die Gewerbetreibenden vernetzte. Außerdem wurde ein gemeinsamer Gewerbestammtisch mit Unternehmen aus dem Rheinhafen und Mühlburg durchgeführt. STÄRKEN vor Ort Über das Förderprogramm STÄRKEN vor Ort des damaligen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend konnten in den Jahren 2009 bis 2011 insgesamt 20 soziale Projekte mit einem Volumen von 186.000 Euro finanziert werden. Rund 200 Jugendliche und 130 Frauen wurden über diese Projekte erreicht.  Jugendcafé im Kinder- und Jugendhaus Mühlburg  Schülernachhilfeprojekt für Jugendliche der damaligen Drais-Hauptschule  Quali-Café des Türkischen Elternvereins  Nähprojekt der Arbeiterwohlfahrt zur Qualifizierung von Frauen  JobFit für Jugendliche von Elke Vienken durch CJD Karlsruhe und Arbeitsförderungsbetriebe  Stadtteilmütter von Elke Vienken  Internetkurse für Seniorinnen und Senioren EU-Modellprojekt „Q-Ageing – mehr Lebensqualität in der zweiten Lebenshälfte“ Im Rahmen des EU-Projekts „Quality Ageing – mehr Lebensqualität in der zweiten Lebenshälfte“ wurden durch das Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung aus Freiburg etliche Angebote für ältere Menschen gemacht. Unter anderem wurde die Veranstaltungsreihe „Mühlburger Gespräche“ durchgeführt. Dabei ging es etwa um Themen wie Altersmanagement oder Älter werden in Mühlburg. Zum selben Thema gab es im Jahr 2011 in Mühlburg einen Fotowettbewerb mit Ausstellung. Höhepunkt des Projekts war ein „Marktplatz der guten Geschäfte“ im Oktober 2010 im Kulturzentrum Tempel. Dabei konnten Unternehmen und gemeinnützige Einrichtungen Partnerschaften zum beiderseitigen Nutzen ohne den Einsatz von Geld schließen. Insgesamt gab es zehn solcher „Engagement-Vereinbarungen“ über den Austausch fachlicher Kompetenzen oder personellen Leistungen. Nichtinvestive Städtebauförderung (NIS) Gewissermaßen als Teilneuauflage der vorangegangenen Programme, wie zum Beispiel „LOS“ (Lokales Kapital für Soziale Zwecke oder auch „STÄRKEN vor Ort“) wurde auf Landesebene das Programm zur Nichtinvestiven Städtebauförderung (NIS) etabliert. Ziel ist es zeitlich begrenzte Maßnahmen, die den sozialen Zusammenhalt in den entsprechenden Wohnquartieren stärken, zu fördern. Des Weiteren sollen das bürgerschaftliche Engagement und insbesondere auch Kooperationsprojekte im Quartier gefördert werden. Hierbei soll eine möglichst schnelle, unbürokratische Projektumsetzung erfolgen. Das Sanierungsquartier Mühlburg wurde ab 2019 in das Programm der Nichtinvestiven Städtebauförderung aufgenommen. Die Laufzeit endet im Jahr 2023. Die Fördermittel werden über einen so genannten Verfügungsfonds eingesetzt. Verwaltende Stelle ist hier die Stadtteilkoordination der Sozial- und Jugendbehörde. Über die Vergabe der jeweiligen Projektmittel aus dem Verfügungsfonds beschließt das Entscheidungsgremium aus Vertreterinnen und Vertretern aus dem Stadtteil und der Stadt. Bisher konnten insgesamt neun Projekte unterstützt werden. Die Projekte sind beispielsweise „Lesen im Grünen“ für Ältere, in Kooperation mit der Stadtbibliothek/Bürgerzentrum, oder ein Videosoundprojekt für Jugendliche im Kinder- und Jugendhaus Mühlburg aber auch ein Sprach- und Poesieprojekt für Menschen mit Migrationsgeschichte. Weitere sind: „Alt & Jung: Gemeinsam kochen hält gesund!“, Nachbarschaftswerkstatt Mühlburg, Sozialbörse Mühlburg oder ein Theaterprojekt mit Kindern und Jugendlichen im Kulturzentrum Tempel. http://www.muehlburg-live.de/ 38 | Sanierungsgebiet Mühlburg Stadtteilerkundung und Kinder- und Jugendbeteiligung im Rahmen der Spielleitplanung für Mühlburg (BN3) Lenkungsgruppensitzung „Sanierung“ in den Räumlichkeiten des Bürgervereins Mühlburg (BN 3); Infostand Sanierung (BN3) Stadtplanungsamt | 39 Mehrere Förderprogramme – ein Ziel: Die Aufwertung des Sanierungsgebietes in Mühlburg Bundes-/Landessanierungsprogramm „Soziale Stadt“ in Mühlburg Die förderfähigen städtischen Investitionen: Ausgaben Tausend Euro Vorbereitung der Sanierung (Vorbereitende Untersuchungen, Bürgerdialog/-beteiligung, Öffentlichkeitsarbeit und anderes) 218 Kostenerstattungsbeiträge für private Modernisierungen Ordnungsmaßnahmen 1.900 Spiel und Grünflächen (Lindenplatz, Spielplatz Sophien-/Weinbrennerstraße, Bolzplatz Albgrün, Spielweg südlich der Weinbrennerstraße, Spielplatz Sternstraße, Lameyplatz (siehe unten) Straßenumgestaltung (Sonnenstraße (Teil), Straßen um den Lindenplatz, westliche Rheinstraße (Teil), Hardtstraße (zwischen Lamey-/Neugrabenstraße und Teil bis Stösserstraße), Große Rheinstraße (zwischen Philippstraße/Am Entenfang) Kleine Rheinstraße (zwischen Lerchen- und Hardtstraße und Am Entenfang), Lameystraße/-platz (zwischen Am Entenfang und Rhein-/Honsellstraße), Wichernstraße/Kreisverkehr Sophien-/Herderstraße, Weinbrennerstraße (zwischen Entenfang und Nuitstraße und Einmündungsbereich Staudingerstraße, Umbau Klopstock-/Herder-/Gellertstraße) 10.390 Grunderwerb Weinbrennerstraße 79 a (Bodenanteil Bürgerzentrum/Stadtteilbibliothek) und Nebenkosten 607 Ergebnis 13.115 Einnahmen Tausend Euro Fördermittel Bund/Land 7.741 Zukunftsinvestitionsprogramms des Bundes Bereich Städtebau (ZIP) Die förderfähigen städtischen Investitionen: Modernisierung „Kinder- und Jugendtreff Mühlburg“ im SSP Gebiet Mühlburg Ausgaben Tausend Euro Anteilige Umbau-/Modernisierungskosten ZIP Vorhaben (85 Prozent) 602 Einnahmen Tausend Euro Fördermittel Bund 361 40 | Sanierungsgebiet Mühlburg Investitionspakt Soziale Integration im Quartier (SIQ) Die förderfähigen städtischen Investitionen: „Errichtung-/Erwerb des Bürgerzentrums mit Bibliothek und Errichtung Quartiersspielplatz“ im SSP Gebiet Mühlburg Ausgaben Tausend Euro Anteilige Erwerbskosten; Kosten der Errichtung 1.171 Herstellung Quartiersspielplatz 48 Einnahmen Tausend Euro Fördermittel Bund 1.098 NIS Nichtinvestive Städtebauförderung (als Verfügungsfond) (noch bis 2023 laufend) Einnahmen Tausend Euro Fördermittel Bund 27 Darüber hinaus wurden ebenfalls auch Fördermittel unter anderem im Rahmen des Modellvorhabens „Bürgerzentrum“ und weitere zum Beispiel im „ExWost Programm (Bund), „LOS“ und „Stärken vor Ort“ (beides ESF Programme) während der Laufzeit der Sanierung eingesetzt. Stadtplanungsamt | 41 Resümee Mit der Sanierung im Stadtteil Mühlburg ist eines der umfangreichsten Sanierungsprojekte in Karlsruhe durchgeführt worden. Über einen langen Zeitraum von 14 Jahren wurden zahlreiche Straßen neu geordnet, Plätze aufgewertet, Spielplätze neugestaltet und Modernisierungsmaßnahmen in Privathäusern durchgeführt. Hinzu kommen zwei Leuchttürme der Sanierung: der Bau des Bürgerzentrums Mühlburg und die grundlegende Sanierung des Kinder- und Jugendhauses Mühlburg. Mit Beschluss vom 22. Mai 2007 hatte der Gemeinderat die Entscheidung getroffen, den Sanierungsprozess in Mühlburg zu starten. Dem vorausgegangen war die Vorbereitende Untersuchung (VU), die zahlreiche städte-bauliche Mängel und sozialstrukturelle Defizite zutage gefördert hatte, so dass das Gebiet in das Bund-/Länderprogramm „Soziale Stadt“ aufgenommen werden konnte. Die Sanierung startete mit einem umfangreichen Bürgerbeteiligungsprogramm, das in über zwei Jahren mehrere hundert Personen einbezog. Unter anderem wurde zum ersten Mal in Karlsruhe die Spielleitplanung eingesetzt. Dafür wurden zahlreiche Kinder und Jugendliche im Stadtteil befragt. Aus der Bürgerbeteiligung entwickelten sich mehrere Arbeitskreise mit Bürgerinnen und Bürgern. Mit der Aufwertung von etlichen Straßenabschnitten konnten städtebauliche Modernisierungsakzente für den Stadtteil gesetzt, außerdem konnten die Abschnitte für heutige verkehrliche Anforderungen fit gemacht werden. Das gilt unter anderem für die Rheinstraße, die neu geordnet und erneuert wurde – sowohl für den motorisierten Individualverkehr als auch für Rad fahrende Menschen. Fußgängerinnen und Fußgänger haben nun deutlich mehr Platz als zuvor. Eine grundlegende Überarbeitung erfuhr auch der Lameyplatz – mit der Schaffung von mehr Grünflächen. Das gilt auch für die Straßenbahn, die nun in der Rheinstraße und in der Lameystraße auf einem Grüngleis unterwegs ist. Bei den Plätzen ist auch der Lindenplatz zu nennen, der modernisiert und zeitgemäß umgestaltet wurde. Mit der Erneuerung von Spielplätzen hat die Sanierung ganz intensiv Kinder und Jugendliche in den Blick genommen. Zu nennen ist hier unter anderem der neu geschaffene Bolzplatz am Albgrün. Vor allem der Fliederplatz ist nun zur Anlaufstelle von jungen Menschen aus dem Stadtteil und darüber hinaus geworden. Voraussetzung für die Umgestaltung des Fliederplatzes war der Rückbau eines Teils der Fliederstraße vor dem Kinder- und Jugendhaus und die Umgestaltung der Verkehrssituation in der Glümerstraße. Das Kinder- und Jugendhaus Mühlburg selbst ist im Zuge der Sanierung grundlegend erneuert, umgebaut und erweitert worden. Jetzt steht zum ersten Mal ein Dachgeschoss für weitere Angebote zur Verfügung. Im Erdgeschoss ist ein Jugendcafé entstanden, das moderne Kinder- und Jugendarbeit ermöglicht. Das Bürgerzentrum Mühlburg gehört unbestritten zu den Highlights der Sanierung. Erbaut wurde es zwischen den Hochhäusern der Volkswohnung in der Weinbrennerstraße in unmittelbarer Nähe des Entenfangs. Es beherbergt nun zahlreiche Angebote von und für Bürgerinnen und Bürger, etwa für Kinder, für Migrantinnen und Migranten und weitere Gruppen aus dem Stadtteil, die sich zum Teil aus dem Bürgerbeteiligungsprozess herausgebildet haben. Das Bürgerzentrum Mühlburg ist nun auch neue Heimat der Stadtteilbibliothek, die dort – in zentraler Lage – zeitgemäße Bibliotheksangebote machen kann. In ungewöhnlich hohem Maße haben Eigentümerinnen und Eigentümer auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Förderung für private Modernisierungen in ihren Häusern und Wohnungen zu erhalten. Über 60 Maßnahmen im Rahmen von Rest- und umfangreichen Modernisierungen wurden im Laufe der Sanierung bezuschusst. Damit hat dieses Instrument maßgeblich zum Erreichen des Ziels der Erneuerung im Sanierungsgebiet beigetragen. Schwerpunktmäßig ging es hier um die Verbesserung des bautechnischen und energetischen Zustands von Gebäuden. Hervorzuheben ist auch die umfassende Sanierung der drei Hochhäuser der Volkswohnung in der Weinbrennerstraße 79 bis 81. Mit dem Abschluss der Sanierung Mühlburg lässt sich erkennen, dass der Sanierungsprozess den Stadtteil städtebaulich und soziostrukturell fit gemacht hat für das 21. Jahrhundert. Straßen wurden saniert, erneuert und umgestaltet, Plätze wurden hergerichtet und Spielplätze neu- oder umgebaut und mit modernem Spielgerät ausgestattet. Mit dem erneuerten Kinder- und Jugendhaus am Fliederplatz ist auch die Kinder- und Jugendarbeit in Mühlburg deutlich attraktiver geworden. Das Bürgerzentrum mit der Stadtbibliothek als wichtigem „Anker“ ist zum Zentrum für die Bürgerschaft des Stadtteils geworden. 42 | Sanierungsgebiet Mühlburg Stadtplanungsamt | 43 44 | Sanierungsgebiet Mühlburg
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Stadt Karlsruhe Gartenbauamt Offene Pforte 2020 Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 6 18 Gartenbauamt | 32 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken Offene Pforte 2020 Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken Auch im siebten Jahr „Offene Pforte Karlsruhe“ ist die Begeisterung für die Garten- und Hofkultur bei Bürgerinnen und Bürgern ungebremst. So können dank des großen Engagements der diesjährigen Teilnehmer wieder rund 30 Gärten und Höfe im gesamten Stadtgebiet entdeckt werden. Dieses besondere Gartennetzwerk, dessen Anfänge im England des beginnenden 20. Jahrhunderts liegen, zieht seit Jahren viele Interessierte während der Frühlings- und Sommermonate in die privaten Gärten. Manchmal sind es mehr als 100 Gäste, die im Laufe eines Samstagnachmittags zu Besuch kommen. Dabei finden sie oft Anregungen und Inspiration bei einem Streifzug durch den Garten oder im Gespräch mit den gärtnernden Besitzerinnen und Besitzern. Die Bandbreite reicht von kleinen, intensiv gestalteten, auch prägenden Innenstadtgärten über verwunschene Innenhöfe bis zu weitläufigen, naturbelassenen Anlagen und Hanggärten. Neben Privatleuten nutzen auch Einrichtungen und Institutionen die Möglichkeit im Rahmen der offenen Pforte ihre teils in Gemeinschaft angelegten und gepflegten Gärten der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Stadt Karlsruhe dankt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihr Engagement und ihre Begeisterung für dieses besondere Projekt und wünscht allen Gästen viel Freude bei kommenden Gartenbesuchen! „Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer Gesellschaft am seltensten und kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum.“ Dieter Kienast 2 1 3 Gartenbauamt | 54 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 1 Gebrüder-Grimm-Straße 9 | Stadtgärtnerei mit Baumschule | Rüppurr Ansprechpersonen: Telefon: Führungen: Andreas Ehmer und Gerald Reinhardt 0721 133-6780 und 133-6783 Donnerstag, 23. April, jeweils um 10 und 13 Uhr (Dauer circa zwei Stunden) Ein Blick hinter die Kulissen, denn hier wird angezogen und gepflegt, was später auf öffentlichen Flächen im Stadtgebiet grünt und blüht. Auf rund 6500 Quadratmetern Anzuchtfläche werden rund 230 000 Pflanzen für die Wechselflorflächen im Stadtgebiet kultiviert, Kübelpflanzen überwintert und vermehrt, außerdem 1500 Jungbäume aufgeschult. Die Führungen finden in der heißen Phase der Auslieferung statt, wenn die Pflanzen die Gewächshäuser verlassen. 2 Holderweg 6 | Rüppurr Ansprechperson: Telefon: Besichtigung: Hildegard Zemsch 0721 891758 Donnerstag, 23. April, 11 bis 19 Uhr und ganzjährig nach telefonischer Vereinbarung Formschnittgehölze wie Buchsbaum und Eibe geben dem Garten seine dauerhafte und klare Struktur. Zu diesem gestalterischen Grundgerüst gesellt sich eine Fülle an Stauden, Sträuchern und Sommerblumen. In dem Zusammenspiel aus ordnenden Gehölzen und malerisch verspielten Pflanzenkombinationen wie Staudenmohn, Sonnenbraut, Phlox, Zinnien und Dahlien liegt der Reiz dieses Gartens. Besonderes Glanzlicht sind die vielen Rosen. Neben einigen Kletterrosen finden sich auch Strauch- und insbesondere verschiedene Edelrosen im Garten. Bildprägend ist zudem ein 40 Jahre alter großer Hänge- Schmetterlingsstrauch. 3 Jahnstraße 8 | Innenstadt-West Ansprechperson: Besichtigung: Hans Gerd Schlaile Samstag, 25. April, 14 bis 18 Uhr Ein verwunschener, leicht verwilderter naturnaher Vor- und Hausgarten, der sich über etwa 400 Quadratmeter erstreckt. Dominierend ist die große alte Eiche aus der Zeit der Stadtgründung. Die Mauern sind begrünt, die Straßenseite des Hauses schmückt eine Glyzinie. Vorgarten und Garten zeigen Frühjahrsblüher, einige Stauden und Ziergehölze wie Strauchpäonie, Forsythie, Scheinquitte und Rosen. 5 4 6 Gartenbauamt | 76 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 4 Fichtestraße 1 a | Innenstadt-West Ansprechpersonen: Besichtigung: Andrea Altenburg und Gerd Crocoll Sonntag, 10. Mai, 15 bis 18 Uhr Innerstädtische Biodiversität – der rund 550 Quadratmeter große Innenstadtgarten befindet sich in einer kleinen Reihenhaussiedlung aus den fünfziger Jahren. Deren Gärten liegen sich im Innern zweier Häuserreihen gegenüber. Alter Baumbestand, Heckenbepflanzung am Rand, extensiv gepflegte Rasenfläche sowie Nischen für Insekten und Vögel, darunter ein etwa sechs Meter hoher, bewachsener Totholzstamm, führen zu einer hohen Biodiversität mit mehr als 200 verschiedenen Arten von Insekten. Darunter 85 Wildbienen-, 60 Käferarten und allerlei Spinnentiere, Weichtiere, Vögel und Säugetiere. Aber auch die Flora setzt mit rund 100 Arten, etwa Rhododendren, Azaleen, Glyzinien und vielen Frühjahrsblumen, farbige Akzente. 5 Seboldstraße 16 | Durlach Ansprechperson: Besichtigung: Mina Gabele Dienstag, 12. Mai, 13 bis 19 Uhr Ein kleiner Hof in der Altstadt von Durlach. Die etwa 40 Quadratmeter große Fläche ist intensiv gestaltet mit Wasserbecken und Wandberankung. Auf der sonnigen Terrasse befindet sich eine bestechend artenreiche Pflanzenauswahl, und das ganze Jahr über blüht etwas. 6 Am Schloss Gottesaue | Oststadt Ansprechperson: Telefon: Besichtigung: Zufahrt | Zugang: Angelika Weißer Fächergärtner, BUZO Umweltzentrum, Kronenstraße 9 0721 380575 Samstag, 16. Mai, 15 bis 18 Uhr südlich des Marstallgebäudes, gegenüber der Haltestelle „Schloss Gottesaue“ Urban Gardening – seit Mai 2012 gibt es am Schloss Gottesaue einen Gemeinschaftsgarten der Fächergärtner, der von der Stadt Karlsruhe und dem Land Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt wurde. Die Weidenbeete wurden 2013 gemeinsam angelegt, weitere Hochbeete entstanden nach und nach. Diese werden größtenteils von einzelnen der circa 30 beteiligten Mitgärtnerinnen und -gärtner gepflegt. Auch wenn sich der Ertrag an dieser exponierten Stelle in Grenzen hält, ist der circa 750 Quadratmeter große Garten doch ein abwechslungsreicher Hingucker mit einer großen Vielfalt an Pflanzen. 9 Gartenbauamt | 98 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 7 August-Kutterer-Straße 25 | Daxlanden Ansprechpersonen: Telefon: Besichtigung: Monika und Sepp Henkel 0721 66546032 Samstag, 16. Mai, und Sonntag, 17. Mai, jeweils von 10 bis 18 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung Die rund 400 Quadratmeter große Anlage zieht sich als Skulpturengarten rings um das ganze Haus herum. Eingefügte menschliche Gestalten und Köpfe lassen sich in steinerner und tönerner Ruhe von interessierten Blicken sicher nicht beirren. Der Wohnbereich des Hauses öffnet sich über einen gläsernen, mannigfaltig bepflanzten Wintergarten zum Garten zum Außenraum. Eine Weinrebe verbindet ihn mit dem Haus und bringt im Sommer Schatten. Der Garten besticht, ja berauscht durch eine Vielzahl interessanter Pflanzen. Exemplarisch seien der schlitzblättrige japanische Ahorn, die Rosen, die Hortensien und der gesunde Buchs genannt. Der Garten schmückt das Haus als gleichsam wallende Zierde und bietet vom Wintergarten aus einen schönen, mit Hecken gefassten Raum wie eine natürliche Erweiterung der Wohnung. 8 Karolinenstraße 10 | Beiertheim Ansprechperson: Telefon: Besichtigung: Peter Wentz 0151 51340824 Sonntag, 17. Mai, und Samstag, 1. August, jeweils von 10 bis 17 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung Dieser etwa 150 Quadratmeter große Garten ist Teil eines Blockinnenhofs, den ein Mieter achtsam unterhält und pflegt. Die anderen Hausbewohner erfreuen sich so an einem grünen und blühenden Raum vor ihrem Zuhause, der Energie spendet. Während der Besichtigungszeit kann man direkt von der Haustür bis zum Hof durchgehen. Neben einem Sitzplatz ist dort ein Auslauf für die im kleinen Beiertheimer Idyll beheimateten Schildkröten und davor ein Beet mit mehreren Bonsaipflanzen. Ein Teil der Pflanzen in Kübeln oder Töpfen ist nicht winterfest und überwintert im Keller. Im Sommer werden einige Kräuter, Stauden und Gehölze sowie verschiedene Sommerblumen und Tomaten gepflanzt. Einen zweiten Teil des Hofes betreuen Mieter des Nachbarhauses. 9 Im Brühl 6 | Aussiedlerhöfe | Grötzingen Ansprechperson: Telefon: Besichtigung: Roland Schulz 0721 483518 Sonntag, 17. Mai, 11 bis 18 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung Wo die Aussiedlerhöfe Grötzingens enden, erwartet die Besucher eines rund 700 Quadratmeter großen Hausgartens ein ausladender Teich mit reichem Frosch- und Fischleben. Damit das erhalten bleibt, werden beispielsweise Kois und Goldfische mit einem dünnen Draht vor hungrigen Graureihern geschützt, die sich in der Hoffnung auf fette Beute auch gern sehen lassen. Zur Grundstücksgrenze hin erhält der Teich Halt durch eine Aufhügelung mit Mauern und Steinsetzungen. Von dort fließt malerisch ein kleiner Bach in den Teich. Japanische Steinleuchten setzen Akzente. Über eine Brücke kann man zu einem Sitzplatz auf der anderen Seite des Teiches gelangen, dessen Oberfläche Seerosen zieren. Eine prächtige immergrüne Magnolie, ein dominierender Essigbaum und verschiedene weitere Bäume bereichern und prägen. Hervorzuheben sind aber insbesondere bemerkenswert große Pfingstrosen, die zur bewusst gewählten Besichtigungszeit blühen sollten. Mehrere Stauden und Rosen sorgen für noch mehr Blütenglanz und beruhigende Grüntöne. Am Kinderspielgerät gibt es eine Naschecke mit verschiedenen verlockenden Beeren. Gartenbauamt | 1110 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 10 Weiherstraße | Stichweg zwischen den Häusern 12 und 13 | Durlach Ansprechperson: Besichtigung: Gisela von Birckhahn Mittwoch, 20. Mai, und Donnerstag, 21. Mai, sowie Samstag, 26. September, und Sonntag, 27. September, jeweils 11 bis 18 Uhr Das Atelier im Garten. Verborgen hinter den Grundstücken der Weiherstraße ist dieser circa 350 Quadratmeter große Garten über einen Fußweg erschlossen und vor einigen Jahren als Rückzugsort und Sommeratelier angelegt worden. Das schmale Grundstück ist eine Idylle, die zum Verweilen einlädt und Raum für Kunst bietet. Neben Obst und Kräutern steht die Farbe der Staudenblüten im Vordergrund. 11 Fischerstraße 8 | Rüppurr Ansprechperson: Besichtigung: Ulrich Singer Samstag, 23. Mai, 14 bis 17 Uhr Von dünnen Heckenwänden begrenzte Räume unterschiedlicher Dimensionen und Qualitäten verleihen dem rund 250 Quadratmeter großen Garten einer Doppelhaushälfte Charakter. Im Bereich der Einfriedungen dienen die Hainbuchenhecken als Gerüst für Efeu. Der zentrale Aufenthaltsbereich ist geprägt durch einen Zürgelbaum, der ein tragendes Element für eine Ramblerrose „Paul Noel“ darstellt. Die Blüte dieser Rose, die ihre Pracht meist Ende Mai entfacht, ist ein besonderer Höhepunkt dieses Gartens. Um diesen Mittelpunkt herum ordnen sich der Sonnenbereich, der Nutzgarten und eine mit niedrigen Querriegeln aus Buchsbaum gegliederte Zone. Die Zwischenräume sind mit Stauden bepflanzt. Nicht nur Beerensträucher, sondern auch ein Birnbaum und Kiwipflanzen wachsen in diesem Garten. 12 Pfistergund – gegenüber Hausnummer 17 | Durlach, Hanglage Ansprechperson: Besichtigung: Zufahrt | Zugang: Brigitte Dorner Sonntag, 24. Mai, 13 bis 17 Uhr von der Einmündung Bergwaldstraße links in den Pfistergrund, nach 170 Metern auf der rechten Seite Im Gartenhausgebiet Bergfeld, das an die Straße Pfistergrund angrenzt, befindet sich dieses Hanggrundstück. Durch einen weniger bewirtschafteten Teil gelangt man in den höher gelegenen Gartenbereich mit Gartenhäuschen, Blumenbeeten und verschiedenen Sitzplätzen, die je nach Sonnenstand genutzt werden. Ein idealer Rückzugsort, der nicht perfekt sein soll und auch gerade so gefallen kann. 13 Kirchhofstraße 11 | Neureut Ansprechperson: Besichtigung: Juliane Hoerner-Vetter Samstag, 30. Mai, 11 bis 17 Uhr Keramiken verschönern den frühsommerlichen Garten. Eine geschwungene Treppenanlage führt in den circa 500 Quadratmeter großen Garten, der durch einen Nussbaum geprägt wird. Der Teich mit angrenzendem Sitzplatz und Trockenmauer bildet ein eindrucksvolles Ensemble vor der mächtigen Koniferenkulisse. Pflanzbeete mit Stauden sowie Gräsern durchziehen den Garten und bieten vielen Keramiken Raum. Auch Nutzpflanzen wie Kiwis, Kräuter und Tomaten sind in die Anlage integriert. 11 10 16 15 14 Gartenbauamt | 1312 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 14 Rieslingstraße 16 | Stupferich Ansprechpersonen: Besichtigung: Karen und Gert Bührer Samstag, 30. Mai, 13 bis 17 Uhr Ein liebevoll naturnah gepflegter, rustikaler und etwa 500 Quadratmeter großer Garten am leicht ansteigenden Hang. Mit Sandsteinen wurde der Garten unterschiedlich terrassiert, wodurch es einige besondere Bereiche rund um das Wohnhaus zu entdecken gilt. Vielfältige Wildpflanzen, Rosen, Stauden, Kräuter und Gehölze blühen das ganze Jahr über. Ein kleiner Nutzgarten ist stimmig eingefügt, umrahmt von Rosen und Kräutern. Mehrere Sitzplätze und ein kleiner Teich laden zum Verweilen und Erforschen ein. Zur Straße hin wird der Garten durch eine Gehölzpflanzung abgeschirmt. 15 Amthausstraße 22 | Durlach Ansprechperson: Besichtigung: Dietmar Glaser Samstag, 6. Juni, 13 bis 18 Uhr Das Anwesen liegt mitten in der Altstadt von Durlach und hatte viele Besitzer, die dem markgräflichen Hof nahestanden. Es wurde nach dem großen Brand von 1689 im Jahr 1704 wieder aufgebaut. Eine Durchfahrt führt in den rund 280 Quadratmeter großen Hof, dessen Gebäude früher Scheune und Ställe waren. Heute sind es Wohnungen und Gewerbeeinheiten mit Terrassen und Grünflächen vor den Eingängen. Die Mauern sind mit Wein und Clematis begrünt. Bäume und Sträucher wie Zierapfel, Trompetenbaum und Holunder verleihen dem Hof ein schützendes Dach. Die Stauden tragen zu einer Idylle bei, die man so im dichtbebauten Zentrum von Durlach nicht vermuten würde. 16 Dürkheimer Straße 6 | Nordweststadt Ansprechperson: Besichtigung: Ingrid Eberhagen Sonntag, 7. Juni, 13 bis 17 Uhr Der Großteil des circa 400 Quadratmeter großen Hausgartens ist als Naturgarten mit Wildwiese und einem Trockenbeet entlang der Einfahrt sowie verschiedenen Wildrosen, Rankpflanzen, Stauden, Kräutern, Sträuchern und Obstbäumen angelegt. Die Wildwiese hat der Naturgartenidee entsprechend viele interessante Wildpflanzen. Durch die Blüten und die Wildwiesenstruktur werden im Laufe des Jahres viele Insekten, Bienen, Hummeln und Schmetterlinge angelockt. Ganz unterschiedliche heimische Kräuter haben sich an diesem trockenen Standort gut entwickelt, werden laufend weiter ergänzt und gezielt gepflegt. Mediterrane Arten wie der Mönchspfeffer mit seiner prächtigen Blüte runden die Artenvielfalt ab. 19 17 Gartenbauamt | 1514 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 17 Dreikönigstraße 22 | Knielingen Ansprechpersonen: Besichtigung: Claudia und Bernd Schwall Samstag, 27. Juni, 14 bis 18 Uhr Der rund 210 Quadratmeter große Innenhof, zwischen Scheune und Wohnhaus gelegen, wird durch das Ambiente der Gebäude, die Fassadenbegrünungen und eine Vielzahl von Töpfen mit Kübelpflanzen, Kräutern und Sommerblumen geprägt. Der offene Charakter lädt zu Begegnungen ein, was durch das Angebot der vielen Sitzgelegenheiten unterstützt wird. Im Herbst bilden die Weinreben ein Dach, deren Trauben ebenso verkostet werden können wie der selbstgepresste Apfelsaft. Zwischenzeitlich wurde der Garten noch erheblich vergrößert, und die ehemalige Scheune verbindet die Gartenteile. 18 Burgunderstraße 8 | Stupferich Ansprechpersonen: Besichtigung: Helga und Horst Schmidt Samstag, 27. Juni, 14 bis 18 Uhr Der circa 500 Quadratmeter große Hausgarten am leichten Hang gewährt einen Blick über den Kern Stupferichs hinaus auf die Ausläufer des Schwarzwalds. Terrasse und Sitzplatz mit kleinem Teich sind durch große Fenster optisch in die Wohnwelt einbezogen, die Hauswände differenziert begrünt. Zur Gartenseite wächst die Glyzinie, die dem Garten zur Blüte ein besonderes Flair verleiht. Kiefer, Ilex und Eibe haben einen japanischen Formschnitt (Karikomi) erhalten. Der vielfältig bepflanzte Garten bietet überdies Raum für Gemüsebeete, Obstbäume und einen Kompostplatz. 19 Im Brühl, Initial e. V. | Gewann in Wolfartsweier Ansprechpersonen: Telefon: Besichtigung: Zufahrt | Zugang: Birgit Horstmann und Daniel Schlager 0176 61702292 Samstag, 27. Juni und Samstag 1. August, jeweils von 13 bis 17:30 Uhr über Wettersteinstraße in Richtung Norden, auf der Höhe Talwiesenstraße links, 50 Meter Feldweg zum Garten Der „soziale Garten“ präsentiert einen Schaugarten auf einer Fläche von mehr als 6000 Quadratmetern mit vielen Blumen, einer Kräuterspirale, Heil- und auch ausgefallenen Kräutern sowie Gemüsepflanzen. Im großen Gewächshaus werden Blumen und Kräuter kultiviert. Ein besonderer Augen- und Gaumenschmaus sind die mehr als 60 Tomatensorten. Der „soziale Garten“ ist eine von der Stadt Karlsruhe mitfinanzierte soziale Einrichtung. Im Rahmen der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess arbeiten dort Beschäftigte mit Suchthintergrund und psychischen Erkrankungen. Es fällt überwiegend gärtnerische Handarbeit an. Die tägliche Ernte in Bioqualität wird mit Fahrrad und Anhänger an soziale Einrichtungen ausgeliefert. Der „soziale Garten“ ist Preisträger der UN-Dekade Biologische Vielfalt 2018 – und die Vielfalt wächst jährlich weiter. Gartenbauamt | 1716 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken Lageplan der Gärten und Höfe 21 22 20 Gartenbauamt | 1918 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 20 Siemensallee 59 | Mühlburg Ansprechperson: Besichtigung: Inge Banerjee Sonntag, 5. Juli, und Sonntag, 12. Juli, jeweils von 11 bis 17 Uhr Während der Sommermonate bietet der rund 350 Quadratmeter große Garten reiche Farbnuancen in Rosatönen. Das Glanzlicht stellt der üppig blühende Seidenbaum dar, der an zentraler Stelle eine schirmförmige Krone entwickelt hat. Gesäumt wird die Rasenfläche von Staudenbeeten, einigen Pflanzraritäten sowie einem Kräuterbeet und einem Fischteich als sich an die Terrasse anschließendes Potpourri. 21 Ökologischer Lerngarten der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe | Oststadt Ansprechperson: Besichtigung: Zufahrt | Zugang: Dr. Karlheinz Köhler Freitag, 10. Juli, 10 bis 16 Uhr Weitere Termine auf www.ph-karlsruhe.de/campus/ oekologischer-lerngarten Waldparkplatz KIT, Campus Süd | Adenauerring 20, Garten-Eingang befindet sich auf der Nordseite, an der Einfahrt zum KIT-Parkplatz Der ökologische Lerngarten ist eine Einrichtung der Pädagogischen Hochschule, über die und in der sich Studierende Erfahrungen aneignen können. Der Schulgarten umfasst auf einer Fläche, die mit enormen 9000 Quadratmetern größer ist als ein normales Fußballfeld, Teilbereiche zu den Themen Stadtnatur, Nutzgarten, Garten für die Sinne, Biotope aus zweiter Hand und Sukzessionsflächen mit einer großen Vielfalt typischer Pflanzen. 22 Durlacher Allee 10 | Oststadt Ansprechpersonen: Besichtigung: Rike Riegels-Winsauer und Burkhard Riegels Samstag, 11. Juli, und Sonntag, 12. Juli, jeweils von 12 bis 18 Uhr Aus einem grauen Hinterhof wurde ein blühender Garten – aus einem heruntergekommenen Werkstattgebäude eine lichtdurchflutete Kunstgalerie. Betritt man nun durch die einladende Toreinfahrt des Gründerzeit-Wohnhauses den Garten, verschwinden sofort alle Alltagsgeräusche der Durlacher Allee. Ein geschwungener Naturstein- Weg führt vorbei an blühenden Büschen, einer Mahonie und einem Gingkobaum zu den einladenden roten Toren des Rückgebäudes. Im Zentrum des sonnigen Gartens spendet ein feingliedriger Ahornbaum Schatten. Kletterrosen und Clematis ranken an den Ziegel-Mauern, eine große Glyzinie erklimmt bereits die dritte Etage des Hauptgebäudes. Wo früher rostige Autos vor sich hin dämmerten, lädt nun eine hölzerne Weinlaube zum Verweilen ein. Anlässlich der „Offenen Pforte“ ist in der neuen Galerie „Art Tempto“ auch eine Ausstellung mit Bildwerken und Goldschmiedekunst von Rike Riegels-Winsauer zu sehen. 26 24 Gartenbauamt | 2120 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 23 Tübinger Straße 2 | Grünwettersbach Ansprechperson: Besichtigung: Susanne Riedl Sonntag, 12. Juli, 12 bis 18 Uhr Ein Grundstück am Hang, dessen etwa 350 Quadratmeter großer Garten ein grünes Band entlang des Hauses bildet. Ein kleines Gewächshaus im viktorianischen Stil fügt sich in die von Hortensien, Stauden und Sommerblumen geprägte Pflanzung ein. 24 Zur Ziegelhütte 6 | Grünwettersbach Ansprechpersonen: Besichtigung: Eva und Philipp Klenert Sonntag,12. Juli, 11 bis 17 Uhr Hinter dem alten Scheunengebäude wurde eine ehemalige landwirtschaftliche Betriebsfläche in eine großzügige Gartenfläche umgewandelt. Es ist ein rund 550 Quadratmeter großer Freiraum entstanden. Die teilweise angrenzenden Sandsteingebäude, aber auch die Einbindung des Gemüsegartens mit Blumen und das Hühnerhaus mit Auslauffläche, tragen zum Erhalt des ländlichen Charmes bei. Spalierobst, Wein und Kletterrosen sorgen für lockere Akzente im Grenzbereich und bewahren so den Bewegungsraum mit attraktiven Spielangeboten. 25 Stupfericher Weg 13 | Durlach Ansprechperson: Besichtigung: Karin Dietrich Sonntag, 19. Juli, 13 bis 18 Uhr Anwesen mit besonderem Grundriss und Fernsicht. Am Scheitelpunkt zwischen Durlach und Stupferich (Thomashof) befindet sich dieses etwa 1200 Quadratmeter große Anwesen, das in verschiedene Bereiche gegliedert ist. Der hausnahe, mit einer Hainbuchenhecke eingefriedete Garten bietet viele Sitzgelegenheiten. Von der anschließenden Terrasse, die den Wohnbereich mit dem Garten verbindet, erhält man einen wunderbaren Ausblick auf die Landschaft. Zwischen Wohnhaus, Wirtschaftsgebäude und Weg befindet sich der Nutzgarten mit Obstbäumen und Hühnergehege. 26 Heideweg 14 a | Neureut Ansprechpersonen: Telefon: Besichtigung: Karin und Lothar Heß 0721 788855 Samstag, 15. August, 14 bis 18 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung Ein die ganze Vegetationszeit über blühender Hausgarten von etwa 210 Quadratmetern, der von Wohn- und Esszimmer aus gut im Blick liegt. In verschiedene Bereiche aufgeteilt, wird der Garten von einer Rotbuchenhecke eingefasst und weist auch schattige Böschungsteile auf, die mit Stauden bepflanzt sind. Hinter dem Carport gibt es einen Nutzgarten mit Gemüse und einer Feige, die meistens eine gute Ernte bietet. Rosen, Hortensien und Dahlien sind mit einer Vielzahl blühender Stauden und Gräser vergesellschaftet und erzeugen ein lebhaftes Bild. Den Ursprung allen Lebens, das Element Wasser, bringt ein Quellstein in den Garten. 2927 Gartenbauamt | 2322 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 27 Buntestraße 4 | Oststadt Ansprechpersonen: Besichtigung: Hansjürgen Kurz und Heidi Stober-Erhard Samstag, 22. August, 13 bis 18 Uhr, und Sonntag, 23. August, 15 bis 18 Uhr Auf dem ehemaligen Exerzierplatz errichtete der Mieter- und Bauverein Mitte des vorigen Jahrhunderts unter dem Motto „soziales Bauen – gesundes Wohnen“ eine Wohnanlage. Dem damaligen Zeitgeist entsprechend, wurde jeder Wohnung eine Gartenparzelle zugeordnet, die individuell angelegt, genutzt und gepflegt werden musste. Die Mauern des ehemaligen Exerzierplatzes begrenzten die Gärten und sind heute zu großen Teilen noch erhalten. Obwohl die Parzellenzuordnung weitgehend aufgehoben ist, blieb die Struktur deutlich erkennbar bestehen. Eine ganz besondere Individualität und somit Differenziertheit prägt die gesamte Anlage. Da wurden bereits auf einer Parzelle eine Herberge für Eidechsen gebaut, auf einer anderen Tomaten in üppiger Pracht für die Hausgemeinschaft kultiviert. Selbst der musischen und handwerklichen Entfaltung ist Raum gewidmet. 28 Friedrichstraße 23 | Grötzingen Ansprechperson: Telefon: Besichtigung: Susanne Dahm 0721 4705662 nach telefonischer Vereinbarung In einem ehemaligen Steinbruch erstreckt sich der rund 700 Quadratmeter große Garten auf zwei Ebenen und bietet verschiedene Standorte mit trocken-heißen bis schattig-feuchten Bedingungen, einen Waldsaum und einen circa 100 Quadratmeter großen Dachgarten. Die unterschiedlichen Bereiche sind teils durch Trockenmauern, Gabionen und Sandsteinelemente gegliedert, in denen Stauden, Sommerblumen, Rosen, Gemüse, Wein, Feigen und Obstbäume wachsen. 29 Max-Beckmann-Straße 7 a | Durlach Ansprechpersonen: Telefon: Besichtigung: Anke und Thomas Henz 0721 493683 nach telefonischer Vereinbarung Ein rund 400 Quadratmeter großer Hausgarten am Hang, der durch Gartenräume gegliedert ist, die ineinander übergehen. Unterschiedliche Sitzbereiche machen diese Räume und den Blick in die Umgebung besonders erlebbar. Die Laube aus geschnittenen Hainbuchen wirft einen leichten Schatten. Die Pergola ist ebenfalls ein Gestaltungselement. Das anschließende Wasserbecken nimmt den Platz des früheren Sandkastens ein und ist mit Wasserpflanzen belebt. Die gezielte Verwendung ganz verschiedener Pflanzen sorgt für saisonale Höhepunkte, zu denen die Glyzinienblüte im Frühsommer und die Asternblüte im Herbst gehören. 30 Schwetzinger Straße 119, Bezirksverband der Gartenfreunde e. V. | Hagsfeld Ansprechperson: Telefon: Besichtigung: Alfred Lüthin 0721 352880 Montag, Dienstag, Donnerstag 9 bis 16 Uhr, Mittwoch und Freitag 9 bis 12 Uhr Der Mustergarten der Bezirksstelle befindet sich auf einer Fläche von etwa 2900 Quadratmetern und zeigt anhand von Beispielen die traditionell vielfältige Nutzbarkeit auf sowie die Möglichkeiten, die Natur in den Garten einzubeziehen. Die kleine Streuobstwiese mit alten Obstbaumsorten, eine bunte Blumenwiese, Kräuterspirale, Hügel- und Hochbeet sind besondere Formen im Garten. Der Kompost ist wichtiger Bestandteil. Gartenteich, Trockenmauer, Totholzhaufen, Wildbienenhotel und weitere Biotopansätze verkörpern die Naturverbindung. 30 Gartenbauamt | 2524 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken Besichtigungstermine 2020 1 23. April Gebrüder-Grimm-Straße 9 | Rüppurr 2 23. April Holderweg 6 | Rüppurr 3 25. April Jahnstraße 8 | Innenstadt-West 4 10. Mai Fichtestraße 1 a | Innenstadt-West 5 12. Mai Seboldstraße 16 | Durlach 6 16. Mai Am Schloss Gottesaue | Oststadt 7 16. und 17. Mai und nach telefonischer Vereinbarung August-Kutterer-Straße 25 | Daxlanden 8 17. Mai und 1. August und nach telefonischer Vereinbarung Karolinenstraße 10 | Beiertheim 9 17. Mai und nach telefonischer Vereinbarung Im Brühl 6 | Aussiedlerhöfe | Grötzingen 10 20. und 21. Mai, 26. und 27. September Weiherstraße Stichweg zwischen Nr. 12 und 13 | Durlach 11 23. Mai Fischerstraße 8 | Rüppurr 12 24. Mai gegenüber Pfistergrund 17 | Durlach 13 30. Mai Kirchhofstraße 11 | Neureut 14 30. Mai Rieslingstraße 16 | Stupferich 15 6. Juni Amthausstraße 22 | Durlach 16 7. Juni Dürkheimer Straße 6 | Nordweststadt 17 27. Juni Dreikönigstraße 22 | Knielingen 18 27. Juni Burgunderstraße 8 | Stupferich 19 27. Juni und 1. August Im Brühl | Gewann in Wolfartsweier 20 5. und 12. Juli Siemensallee 59 | Mühlburg 21 10. Juli Ökologischer Lerngarten der PH Karlsruhe, Zufahrt Waldparkplatz KIT, Campus Süd | Adenauerring 20 | Innenstadt-Ost 22 11. und 12. Juli Durlacher Allee 10 | Oststadt 23 12. Juli Tübinger Straße 2 | Grünwettersbach 24 12. Juli Zur Ziegelhütte 6 | Grünwettersbach 25 19. Juli Stupfericher Weg 13 | Durlach 26 15. August und nach telefonischer Vereinbarung Heideweg 14 a | Neureut-Kirchfeld 27 22. und 23. August Buntestraße 4 | Oststadt 28 nach telefonischer Vereinbarung Friedrichstraße 23 | Grötzingen 29 nach telefonischer Vereinbarung Max-Beckmann-Straße 7 a | Durlach 30 Montag, Dienstag und Donnerstag 9 bis 16 Uhr, Mittwoch und Freitag 9 bis 12 Uhr Schwetzinger Straße 119 | Hagsfeld Wenn Ihnen das Angebot gefallen hat und Sie Ihren Garten oder Hof für 2021 zur Besichtigung anmelden möchten, schreiben Sie uns bitte oder rufen Sie uns an: Stadt Karlsruhe | Gartenbauamt 76124 Karlsruhe E-Mail: gartentraeume@gba.karlsruhe.de Telefon: 0721 133-6754 oder -6701 www.karlsruhe.de/gruener_wettbewerb Hinweise zum Datenschutz entnehmen Sie bitte: karlsruhe.de/ datenschutz, insbesondere Ziffer 1 f und 1 g. 87 25 13 Gartenbauamt | 2726 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 30 23 28 Gartenbauamt | 2928 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken Wettbewerb Gartenträume Der neue Wettbewerb des Gartenbauamtes „Gartenträume“ steht in diesem Jahr unter dem Motto „Bäume prägen Räume“. Dazu können markante, raumprägende Solitärbäume, aber auch sogenannte Clumps – Baumgruppen – auf privaten Flächen vor und hinter Gebäuden, sowie in Höfen und auf Dächern bis zum 31. Mai zum Wettbewerb angemeldet werden. Die Endbewertung und Vergabe der Preise erfolgt im Herbst 2020. Stadt Karlsruhe | Gartenbauamt 76124 Karlsruhe Telefon: 0721 133-6754 E-Mail: gartentraeume@gba.karlsruhe.de www.karlsruhe.de/gruener_wettbewerb Gartenträume Wettbewerb Wettbewerbsmotto 2020: Bäume prägen Räume Anmeldeschluss: 31. Mai 2020 Gartenbauamt | 3130 | Offene Pforte 2020 – Private Karlsruher Gärten und Höfe entdecken 11 © Stadt Karlsruhe, Gartenbauamt | Schirmherr: Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup | Redaktion: Marius Blume, Paul Kuhnert | Layout: Zimmermann | Titelfoto: PH-Lehrgarten (21) | Fotos: Monika Müller-Gmelin, Gartenbauamt, private Bildarchive | Druck: Rathausdruckerei, Recyclingpapier | Stand: Februar 2020 Broschürenbestellung: Telefon: 0721 133-6754, E-Mail: gartentraeume@gba.karlsruhe.de
https://presse.karlsruhe.de/db/meldungen/59696/2020_03_05_offene_pforte_2020.pdf
Liebe Besucher*innen, das Spektrum unserer Sonderausstellungen reichte 2019 von »Paris, Paris! Karlsruher Künstler an der Seine« mit Werken aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu neusten Arbeiten in der Schau »TOP_0019: Meisterschüler*innen und die Sammlung der Städtischen Galerie Karlsruhe im Dialog«. Das spektrenreiche Miteinander von aktueller und historischer Kunstproduktion bot den Be trach­ tenden vielfältige Anregungen. Einen weiteren Blick in die eigene Sammlung vermittelt die Aus­ stellung »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe«, die nur noch wenige Tage zu sehen sein wird – so auch am Tag der offenen Tür am 6. Januar. Überaus ansprechend finden die Besucher*in nen hier die Vielfalt der künstlerischen Ausdrucksformen. Das Kunstjahr 2020 beginnt bei uns Anfang Februar mit der Verleihung des Kunstpreises der Werner­Stober­Stiftung an Florian Köhler. Vier Wochen später eröffnen wir im Lichthof die Präsentation »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980«. Gleichermaßen irritierende wie faszinierende Kunstwerke regen uns zum Nachdenken an über Ressourcen und ihren bis in die jüngste Vergangenheit verschwenderischen Einsatz. Wir freuen uns auf Ihr Kommen! Ihre Brigitte Baumstark und das Team der Städtischen Galerie Karlsruhe W ill y Ki w it z, St ill le be n m it K ru g, 1 94 8– 50 , St äd ti sc he G al er ie K ar ls ru he Fl or ia n Kö hl er , O hn e Ti te l, 20 18 , Fo to : C hr is ti an E rt el B jö rn B ra un , U nt it le d (z eb ra fi nc h ne st ), 2 01 3, St äd ti sc he G al er ie K ar ls ru he Er w in G ro ss , O hn e Ti te l, 20 17 Tradition und Aufbruch Nachkriegskunst in Karlsruhe 20/07/2019 –19/01/2020 »Tradition als Verpflichtung« – unter diesem Motto stand nicht nur die Karlsruher Kunst- akademie, als sie nach schweren Kriegszerstörungen 1947 ihren Lehrbetrieb wieder aufnahm, diese Haltung kennzeichnet auch die gesamte Kunstszene der Nachkriegszeit in der Fächerstadt. Mit der Wiedereinsetzung ihrer 1933 entlassenen Professoren Karl Hubbuch und Wilhelm Schnarrenberger bzw. mit den Berufungen von Erich Heckel und Otto Laible knüpfte die Akademie an ihre eigenen Wurzeln und an anerkannte Richtungen der Klassischen Moderne an. Als vorbildhaft galten insbesondere die französische Kunst des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts und der deutsche Expressionismus. Auch das Schaffen der hier freiberuflich tätigen Künstler blieb größtenteils einer gegen- ständlich-figurativen Bildsprache verbunden. Erst mit HAP Grieshaber, der 1955 als Nachfolger Heckels nach Karlsruhe kam, wurden neue Impulse wirksam. Grieshaber be- geisterte seine Studierenden für die aktuellen Positionen der internationalen Avantgarde und förderte eine große Zahl junger Talente. Aus seiner Klasse ging die Neue Figuration hervor, zu deren bedeutendsten Vertretern u. a. Horst Antes und Walter Stöhrer zählen. Spannende Gegenüberstellungen individueller Positionen vermitteln einen facettenreichen Einblick in das Kunstgeschehen der Stadt zwischen Kriegsende und 1960. Gezeigt werden ca. 150 Gemälde, Grafiken und Plastiken, die bis auf wenige Ausnahmen zum Sammlungsbestand der Städtischen Galerie Karlsruhe gehören. Nur noch wenige Tage! Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung 2019 Florian Köhler Tschau Agip 06/02 – 03/05/2020 Der Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung für das Jahr 2019 wurde an Florian Köhler ver liehen. Die Auswahl für dieses Stipendium trafen die Mitglieder des Professoren - kollegiums an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Florian Köhler, 1973 geboren, studierte seit 2001 an der Karlsruher Kunstakademie und schloss 2007 sein Studium als Meisterschüler bei Professor Meuser ab. Nach einem Reise stipendium der Kunstakademie Karlsruhe (2007) und einem 6-monatigen Stipendium an der Cité Internatio- nale des Arts in Paris (2013) lebt und arbeitet der Künstler heute in Karlsruhe-Mühlburg. In schnellem Arbeitsprozess setzt Köhler seine Gussformen aus gefundenen Materialien zusammen, verbindet sie mit Bauschaum und Plastikfolie, lässt sie mitunter stehen und addiert später das letzte formgebende Element. Durch das Abgießen in Beton entstehen Skulpturen, die in ihrer Abstraktion eine allgemeingültige Form erzielen. Köhler weist den zuvor alltäglichen Bestandteilen, die er oft an der nahe gelegenen Tankstelle findet, eine neue Materialität und Funktionalität zu. Die reinen zusammengefügten Formen in ihrer ursprünglichen Materialität reizen den Künstler weniger als die Übersetzung der Alltags- gegenstände in eine neue, abstrakte Form. Das Resultat sind faszinierende Skulpturen, die erst bei genauerem Blick ihre Vielschichtigkeit offenbaren. (Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980 07/03 –13/09/2020 Die Auswirkungen der heutigen Konsumgesellschaft auf die Umwelt sind allgegenwärtig. Sei es, dass wir sie mit unseren eigenen Sinnen erfahren und darüber im Alltag diskutieren, sei es, dass wir entsprechende Berichterstattungen Tag für Tag in den Medien verfolgen können. Vom Klimawandel ist dort die Rede, von der Verknappung der Ressourcen oder der Vermüllung der Meere. Vor gesundheitlichen Folgen wird ebenso gewarnt wie vor wirtschaft- lichen und sozialen. Nicht zuletzt wird immer wieder der Ruf nach der Notwendigkeit eines Umdenkens laut. Ausgehend von ausgewählten Beispielen der letzten 40 Jahre stellt die Ausstellung zeit- genössische Künstler*innen vor, die sich mit den wechselseitigen Einflüssen zwischen der sich zunehmend globalisierenden Konsumgesellschaft und ihrer Umwelt beschäftigen. Diese aktuellen Positionen beobachten, dokumentieren und kommentieren die Veränderungen und Spuren, die Nutzung und Ausnutzung unserer Lebensgrundlagen hinterlassen. Das heutige Verhältnis zwischen Natur und Zivilisation wird ebenso in den Blick genommen wie das vielgestaltige Phänomen des Abfalls. Auch natürliche Rohstoffe wie Wasser oder fossile Ressourcen sind Gegenstand der künstlerischen Betrachtung. Künstler*innen Nándor Angstenberger, Bernd und Hilla Becher, Michael Beutler, Joseph Beuys, Björn Braun, Nina Canell, Julian Charrière, Tony Cragg, Tue Greenfort, Andreas Gursky, Georg Herold, Roni Horn, Markus Jäger / ONUK, Kristof Kintera, Susanne Kriemann, Alicja Kwade, Klara Lidén, Agnes Märkel, Marlie Mul, Sigmar Polke, Klaus Rinke, Lois Weinberger Erwin Gross Auf Papier 2017–2019 05/12/2019 –13/04/2020 Der Maler Erwin Gross, Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karls ruhe und von 2000 bis 2012 Rektor der angesehenen Kunsthochschule, trat in der Vergangenheit vor allem mit seinen großformatigen Leinwänden an die Öffentlichkeit. Diese waren u. a. vor zehn Jahren in der Städtischen Galerie Karlsruhe zu sehen. Parallel zu seinem um fangreichen malerischen Werk entstehen Gouachen und Collagen, die bislang wenig bekannt sind. Nun zeigt die Städtische Galerie Karlsruhe im zweiten Obergeschoss die erste Sonderausstellung, die allein seinen Kunstwerken auf Papier gewidmet ist. In einer repräsen tativen Auswahl werden Beispiele aus den letzten drei Jahren präsentiert. »Auf Papier«, der Ausstellungstitel, benennt das Trägermaterial, dessen Eigenschaften diese Werkgruppe wesentlich mit bestimmen: Es sind das eher kleine Format, das dem Künstler ein unmittelbareres Vorgehen und größere Freiheit ermöglicht, die unterschiedliche Haptik der Papiere und die verschiedenen Weißtönungen der Oberflächen. Was beide Werkgruppen, die Leinwände und die Papiere, verbindet, sind die Farben, Pigmente gebunden in Acryl, und die Werkzeuge, zu denen neben dem Pinsel auch Schwämme oder Stoffreste zählen. Die eher kleinen Kompositionen zeichnen sich durch eine stimmungsvolle, poetische Leichtig- keit aus. Sie assoziieren Erinnerungen an Themen wie Landschaft, Pflanzliches sowie ge - legentlich Architektur und entführen die Betrachter*innen in ihre eigene innere Welt. Mittwochs um 11 Mi11 Der besondere Termin am Vormittag mit Führungen in den aktuellen Sonderausstel - lungen oder der Sammlungspräsentation. Sitzgelegenheiten stehen zur Verfügung. Kosten: 2 € + Eintritt Mittwochs um 6 Mi6 Der besondere Abendtermin um 18 Uhr in der Städtischen Galerie Karlsruhe. Dabei wechseln sich Gespräche über Kunst mit Zeitzeugen und Führungen zu aus gewählten Themen der Dauer- und Sonder ausstel lungen ab. Kosten: 2 € + Eintritt Kinderwerkstatt – KW Offene Workshops Jeden Sonntag steht ein neues, spannendes Thema der Ausstellungen im Mittelpunkt. Angeregt durch die betrachteten Werke geht es dann an das eigene Gestalten. Für Kinder ab 6 Jahre, ohne Anmeldung, Kosten: 2 € Führungen für Gruppen und Schulklassen und weitere Kunstvermittlungsangebote entnehmen Sie bitte unserem gesonderten Flyer. Anmeldung und Auskunft unter Telefon (0721) 133-4411/-4401, Mo–Fr / 9–15 Uhr »Mit Kindern Ansehen« Interkultureller Eltern-Kind-Workshop In der Regel einmal im Monat laden wir frei- tags in Kooperation mit der vhs Karlsruhe zu einem interkulturellen Eltern-Kind-Work- shop ins Museum ein. Familien mit Kindern (3–12 Jahre) begegnen sich im Schauen, Sprechen und gemeinsamen Kreativsein. Für Eltern mit Migrationshintergrund sind Deutschkenntnisse ab B1-Niveau empfohlen. Anmeldung unter (0721) 3351 608 oder reich.kuk@mail.de. Der Eintritt ist frei. »Wortwechsel« Kreatives Schreiben Entdecken Sie Ihre kreativen Talente und lassen Sie sich von Bildern unserer Ausstel- lung inspirieren. Im gegenseitigen Gedanken- austausch nähern wir uns schreibend den Kunstwerken. Mit Carmen Beckenbach M.A. Anmeldung und Auskunft unter Telefon (0721) 133-4411/-4401, Mo–Fr / 9–15 Uhr, Kosten: 6 € Eintritt Ab 2. Januar 2020 ist der Besuch unserer Dauerausstellung und der darin integrierten Sonderschauen kostenfrei: → umgehängt 2019: Facetten der Malerei 1960–2010 → Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019 → Florian Köhler. Tschau Agip Sonderausstellungen → Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe Ab 2. Januar 2020 freier Eintritt → (Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980 8 € / 6 € ermäßigt Freitags ab 14 Uhr freier Eintritt! Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schulklassen in Begleitung einer Lehrkraft frei, Gruppen ab 10 Personen ermäßigter Eintritt, öffentliche Führungen und Kinder aktionen sowie Führungen für Schulklassen 2 € pro Person. Museums-PASS-Musées Freier Eintritt, auch in die Sonderausstellungen Do 02 12.15 Kurzführung Ulrich Steinberg M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« Fr 03 16.00 Führung Margit Fritz M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« So 05 15.00 Führung Dr. Claudia Pohl »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Silke Stimmler M.A. »Rumgepurzelt und stillgestanden – Stillleben in Bewegung« Mo 06 Tag der offenen Tür (11–18 Uhr) 11.30 Führung Thomas Angelou M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 12.00 Kurzführung Dr. Martina Wehlte »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 13.00 Führung Dr. Martina Wehlte »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 14.00 »Hilfe – Wilde Tiere in der Städtischen Galerie!« Interaktive Abenteuertour mit iPad durchs Museum mit Carmen Beckenbach M.A. für Erwachsene und für Kinder! (ab 8 J.) – begrenzte Teilnehmerzahl – 14.30 »50/50 – Die Kunst der 1950er Jahre zwischen Malerei und Neuen Medien« Ein Streifzug durch Städtische Galerie und ZKM mit Ulrich Steinberg M.A. 15.00 Führung Dr. Claudia Pohl »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 16.00 »Back to the fifties – eine verwegene Zeitreise« Aktionsführung mit Carmen Beckenbach M.A. – begrenzte Teilnehmerzahl – 17.00 Kurzführung Eric Schütt »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« Wir verschenken Kunstpostkarten, Plakate und Kataloge – solange der Vorrat reicht! Do 09 12.15 Kurzführung Sylvia Bieber M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« Fr 10 16.00 Führung Simone Maria Dietz M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« So 12 15.00 Führung Kiriakoula Damoulakis M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Eric Schütt »Es tanzt der Kreis, es hüpft das Quadrat - Formen und Farben entdecken« Mi 15 11.00 Mi11 Führung Sylvia Bieber M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« Do 16 12.15 Kurzführung Ulrich Steinberg M.A. »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« Fr 17 16.00 Führung Eric Schütt »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« So 19 15.00 Führung Dr. Claudia Pohl »Tradition und Aufbruch. Nachkriegskunst in Karlsruhe« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Ulrich Steinberg M.A. »Im Feuerwerk der Farben – Wenn Bilder explodieren« Do 23 12.15 Kurzführung Dr. Brigitte Baumstark »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« Fr 24 15.00–17.00 »Mit Kindern Ansehen« Interkultureller, kreativer Museumsnachmittag für Eltern und Kinder (3-12 Jahre) mit Eva Wittig (Anmeldung erforderlich, siehe Rückseite unten. Der Eintritt ist frei.) So 26 15.00 Führung Dr. Martina Wehlte »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Eric Schütt »Mit Haar und Borste – Bilder bunt gepinselt« Do 30 12.15 Kurzführung Ulrich Steinberg M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« So 02 15.00 Führung Margit Fritz M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Silke Stimmler M.A. »Willkommen in der Winterkreativwerkstatt« Do 06 12.15 Kurzführung Florentine Seifried M.A. »Florian Köhler. Tschau Agip« So 09 15.00 Führung Ulrich Steinberg M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Birgit Reich »Zauberwald und Kunstsumpf - Dreidimensionale Wandbilder« Do 13 12.15 Kurzführung Dr. Brigitte Baumstark »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« So 16 15.00 Führung Simone Maria Dietz M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Silke Stimmler M.A. »Bilder lügen wie gedruckt? Experimentelle Druckwerkstatt« Do 20 12.15 Kurzführung Simone Maria Dietz M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« Fr 21 15.00–17.00 »Mit Kindern Ansehen« Interkultureller, kreativer Museumsnachmittag für Eltern und Kinder (3-12 Jahre) mit Eva Wittig (Anmeldung erforderlich, siehe Rückseite unten. Der Eintritt ist frei.) Sa 22 16.00–18.00 »Wortwechsel« Kreative Schreibwerkstatt mit Carmen Beckenbach M.A. (Anmeldung erforderlich, siehe Rückseite unten. Kosten: 6 €) So 23 15.00 Führung Margit Fritz M.A. »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Birgit Reich »Maler Klecksel: Hinter den Fleck geblickt!« Do 27 12.15 Kurzführung Florentine Seifried M.A. »Florian Köhler. Tschau Agip« So 01 15.00 Führung Dr. Martina Wehlte »Erwin Gross. Auf Papier 2017–2019« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Ulrich Steinberg M.A. »Die Kunstpaparazzi sind los – Mit der Kamera durchs Museum« Do 05 12.15 Kurzführung Florentine Seifried M.A. »Florian Köhler. Tschau Agip« So 08 15.00 Führung Dr. Claudia Pohl »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Birgit Reich »Verwandlungskunst: Upcycling Workshop 1: Schönes« Mi 11 11.00 Mi11 Führung Christina Korzen M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Do 12 12.15 Kurzführung Thomas Angelou M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Fr 13 16.00 Führung Margit Fritz M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« So 15 15.00 Führung Kiriakoula Damoulakis M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Silke Stimmler M.A. »Kunterbunterland – Auf abenteuerlicher Reise durchs Museum« Mi 18 18.00 Mi6 Führung Christina Korzen M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Do 19 12.15 Kurzführung Florentine Seifried M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Fr 20 16.00 Führung Dr. Claudia Pohl »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« So 22 15.00 Führung Dr. Martina Wehlte »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Birgit Reich »Wiederwertig: Upcycling Workshop 2: Nützliches« Do 26 12.15 Kurzführung Thomas Angelou M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« Fr 27 15.00–17.00 »Mit Kindern Ansehen« Interkultureller, kreativer Museumsnachmittag für Eltern und Kinder (3-12 Jahre) mit Eva Wittig (Anmeldung erforderlich, siehe Rückseite unten. Der Eintritt ist frei.) 16.00 Führung Margit Fritz M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« So 29 15.00 Führung Kiriakoula Damoulakis M.A. »(Un)endliche Ressourcen? Künstlerische Positionen seit 1980« 15.00–16.30 KW Kinderwerkstatt mit Eric Schütt »Im Goldrausch der Kunst« Städtische Galerie Karlsruhe Lorenzstraße 27, 76135 Karlsruhe Telefon (0721) 133-4401/-4444 Fax (0721) 133-4409 staedtische-galerie@karlsruhe.de www.staedtische-galerie.de www.facebook.com/ StaedtischeGalerieKarlsruhe Öffnungszeiten Mi–Fr / 10–18 Uhr Sa, So / 11–18 Uhr Mo, Di / geschlossen Sonderöffnungszeiten zur art Karlsruhe 13/02 –16/02/2020 Do, Fr / 9.30 –18 Uhr Sa, So / 10 –18 Uhr Öffnungszeiten an Feiertagen 31/12/2019 / geschlossen 01/01/2020 / geschlossen 06/01/2020 / 11–18 Uhr Januar umgehängt 2019: Facetten der Malerei 1960–2010 bis Frühjahr 2020 Eintritt frei! Seit etwa zehn Jahren präsentiert die Städtische Galerie Karlsruhe ihre Dauerausstellung unter dem bildhaften Begriff »umgehängt«, um unmittelbar deutlich zu machen, dass dieser Bereich im ersten Obergeschoss regelmäßig neu konzipiert wird. Die reichen Bestände der Städtischen Kunstsammlung und der Sammlung von Ute und Eberhard Garnatz mit Werken aus den 1960er- bis in die 2010er-Jahre werden unter immer neuen Vorzeichen und in unterschiedlichsten Konstellationen vorgestellt, so dass die Besucher*innen auf ein breites Spektrum von eher selten gezeigten bis zu vertrauten Kunstwerken treffen. Im Mittelpunkt der aktuellen Schau »Facetten der Malerei« steht das traditionsreiche Medium und seine experimentelle Öffnung zu anderen Kunstgattungen. Vor dem Hintergrund der veränder - ten künstlerischen Haltungen in den 1960er-Jahren mussten sich die Maler neu orientieren. Sie begannen ihr Medium zu hinter fragen, erkundeten seine spezifischen Möglichkeiten und erweiterten diese auf unterschiedlichste Weise. Februar März Ja nu ar : W ill i M ül le r- H uf sc hm id , B ild m it r ot em D re ie ck , um 1 96 0, St äd ti sc he G al er ie K ar ls ru he Fe br ua r: F lo ri an K öh le r, O hn e Ti te l, 20 18 , Fo to : C hr is ti an E rt el M är z: N in a C an el l, M id S en te nc e, 2 01 8 (D et ai l) , in Z us am m en ar be it m it R ob in W at ki ns , C ou rt es y: G al er ie B ar ba ra W ie n, B er lin , Fo to : Le pk ow sk i S tu di os , B er lin Ti te l: E rw in G ro ss , O hn e Ti te l, 20 18 01– 03 Programm Januar Februar März 2020
https://www.karlsruhe.de/b1/kultur/kunst_ausstellungen/museen/staedtische_galerie/fuehrungen/HF_sections/content/ZZooNlJzCqwzMk/MoPro_Januar_%20Februar_%20M%C3%A4rz%202020_digital.pdf
Stadt Karlsruhe Forstamt | Waldpädagogik Stadt – Wald – Mensch Jahresprogramm 2019 von Waldpädagogik und Forstamt Karlsruhe Schülerinnen und Schüler können hier entsprechend dem Leitbild der Waldpädagogik Karlsruhe und dem Bildungsauftrag aktiv, selbstbestimmt und ganzheitlich lernen. Dabei werden die Angebote an den Bildungsplan angepasst und ermöglichen einen fächerübergreifenden und interdisziplinären Unterricht, der die Leitperspektive einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) aufgreift. An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen Projekt- und Kooperationspartnern, allen Sponsoren und allen Spenderinnen und Spendern, die unsere Waldpädagogik ermöglichen und tatkräftig unterstützen. Die intensive und konstruktive Zusammenarbeit trägt entscheidend dazu bei, dass die ständig steigende Nachfrage nach waldpädagogischen Veranstaltungen in gewohnt hochwertiger Form erfüllt werden kann. So kann die Waldpädagogik seit nunmehr 22 Jahren den Bildungsauftrag erfolgreich umsetzen, der im Landeswaldgesetz von Baden- Württemberg verankert ist. Ich wünsche der Waldpädagogik und dem gesamten Team weiterhin viel Erfolg und hoffe, dass sich trotz der zum 1. Januar 2020 geplanten Umsetzung der Forstneuorganisation unser Karlsruher Projekt weiter entwickelt und eine gute Zukunft vor sich hat. Klaus Stapf Bürgermeister (bis 31.01.2019) Liebe Freundinnen und Freunde des Waldes und der Waldpädagogik, im Jahr 2018 hat die Waldpädagogik Karlsruhe etwa 800 Veranstaltungen für die unterschiedlichsten Zielgruppen im Stadt- und Landkreis Karlsruhe konzipiert und durchgeführt. Damit hat der Wald wieder eindrücklich seine Rolle als bedeutsames außerschulisches Bildungszentrum unter Beweis gestellt. Das Projekt ist damit auch ein zentraler Baustein unseres Netzwerkes für Natur- und Umweltbildung. Neu im vielfältigen Angebot war 2018 das Thema Gesundheitsförderung, das auch im vorliegenden Jahresprogramm für 2019 wieder aufgegriffen wird. Ich freue mich sehr über die Wahl des Schwerpunktthemas „Stadt- Wald-Mensch“ für 2019, da sich dieses sehr gut einfügt in das Korridorthema „Meine Grüne Stadt Karlsruhe“ und Angebote zu den drei Handlungsfeldern Natur, Klima und Gesundheit umfasst. Das Jahresprogramm bietet dazu geführte Exkursionen in Wälder, die es Interessierten ermöglichen, den Wald vor der eigenen Haustür besser kennenzulernen. Die gesundheitsfördernde Wirkung des Waldes können auch die Teilnehmenden der Yoga und Qigong-Kurse auf dem parkartigen Gelände des Waldzentrums im Hardtwald erleben. Auch das Thema gesunde Ernährung wird aufgegriffen mit Angeboten wie beispielsweise „Backen im Holzbackofen“, „Wilde Waldküche“ und „Kulinarisches vom Waldesrand“. Wer dagegen kreativ mit Holz arbeiten will, kann die Angebote in der gut ausgebauten Holzwerkstatt nutzen. Während das Jahresprogramm die Programmangebote und Aktionen an festgelegten Terminen enthält, können Schulen und Kindergärten sowie Firmen und Vereine wie bisher individuelle Termine für eine waldpädagogische Veranstaltung buchen. Diese finden nach Möglichkeit in einem Waldstück nahe der nachfragenden Institution im Stadt- oder Landkreis statt. Alternativ können die Gruppen auch das Waldzentrum besuchen, das neben barrierefreien Räumlichkeiten ein spannendes Außengelände und das benachbarte Waldklassenzimmer zum Forschen, Experimentieren und freien Spielen bietet. 2 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 3 Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 54 | Stadt – Wald – Mensch Kontakt Waldpädagogik Karlsruhe Waldzentrum – Forstamt, Stadt Karlsruhe Linkenheimer Allee 10 76131 Karlsruhe Telefon: 0721 133-7354 Fax: 0721 75099086 E-Mail: waldpaedagogik@fa.karlsruhe.de Eine telefonische Sprechstunde findet immer montags von 9 bis 11 Uhr sowie dienstags und mittwochs von 14 bis 16 Uhr statt. Für genauere Informationen und aktuelle Ankündigungen zu unserem Programm besuchen Sie uns unter: www.waldpaedagogik-karlsruhe.de Grundsätzliches In unserem Jahresprogramm finden Sie ein umfangreiches Programm für Kinder, Familien und Erwachsene mit einem vorgegebenen Termin. Ab Seite 13 sind alle Angebote mit Angabe zu Zielgruppe, Inhalt, Kosten und so weiter aufgeführt. Schulen, Kindergärten und andere Institutionen haben die Möglichkeit mit uns einen individuellen Termin für eine waldpädagogische Veranstaltung abzusprechen. Sie erreichen uns für Absprachen per Telefon oder E-Mail. Sie können auch auf unserer Internetseite ein Formular mit Ihren Terminwünschen ausfüllen und uns per E-Mail zusenden. Bitte beachten Sie, dass wir wegen der Ausführung von Veranstaltungen nicht regelmäßig im Büro, sondern häufig im Wald unterwegs sind. Außerhalb unserer telefonischen Sprechzeiten sind wir daher nicht immer erreichbar. Wir versuchen aber, Ihre Anfragen schnellstmöglich zu beantworten. Es ist uns wichtig, gemeinsam mit Ihnen das Programm optimal an Ihre Gruppe anzupassen. Neben dreistündigen Aktionen sind auch ganztägige Projekte über einen oder mehrere Tage möglich. Diese können sowohl am Waldzentrum als auch in einem geeigneten Waldstück in der Nähe Ihrer Einrichtung durchgeführt werden. Die Aufsichtspflicht bei allen Veranstaltungen liegt ausschließlich bei der Lehrkraft oder der Erzieherin/dem Erzieher. Auf unserer Internetseite finden Sie unter der Rubrik „Veranstaltungen“ einen Themenkatalog unserer Programmangebote für verschiedene Zielgruppen mit Bezug zu den Bildungsstandards in Baden-Württemberg und den Kompetenzen, die im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) gefördert werden. Halbtägige Veranstaltungen (etwa drei Zeitstunden) kosten 3 Euro pro Teilnehmenden, jedoch mindestens 60 Euro. Für ganztägige Projekttage verdoppeln sich diese Kosten. Je nach Aufwand und Einsatz von Materialien können weitere Kosten entstehen. Für Veranstaltungen an Feiertagen sowie am Wochenende gelten andere Tarife nach Absprache. Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 76 | Stadt – Wald – Mensch Programme für Kindergärten und Schulklassen Veranstaltungen für Kindergärten Spielerisches Entdecken, Naturerfahrungen mit allen Sinnen und Förderung der motorischen Fähigkeiten im Sinne der BNE stehen bei unseren Angeboten für diese Zielgruppe im Vordergrund. Ein wichtiges Ziel ist der Aufbau einer persönlichen Beziehung zur Natur. Veranstaltungen für Grundschulen In dieser Altersstufe vermitteln wir spielerisch und handlungsorientiert Kenntnisse über den Lebensraum Wald. Ideal ist die Teilnahme an unserem Jahreszeiten-Programm, bei dem die Klasse „ihr“ Waldstück in allen vier Jahreszeiten besucht und so Veränderungen unmittelbar erleben kann. Einen Überblick über unser Angebot finden Sie auf unserer Internetseite. Bitte beachten Sie, dass dieser Themenkatalog lediglich Vorschlagscharakter hat. Wir können auch andere Themen rund um den Wald mit Ihnen absprechen und individuell an Ihre Klasse anpassen. Bei allen Veranstaltungen ist uns die Vermittlung von Kompetenzen nach dem im neuen Bildungsplan verankerten Leitprinzip der BNE wichtig. In der Regel sind unsere Veranstaltungen drei- bis vierstündig, aber auch ganz- oder mehrtägige Angebote sind möglich. Veranstaltungen für weiterführende Schulen Unser Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern Kenntnisse über den Lebens- und Wirtschaftsraum Wald zu vermitteln. Dabei halten wir es für wesentlich, Kompetenzen im Sinne der BNE aufzubauen, die eine Reflexion über die Auswirkungen des eigenen Handelns ermöglichen. Die Methodik wird an die Schulform, die Altersstufe und den Wissensstand der Klasse angepasst. Weiterhin wird berücksichtigt, ob es sich um den Einstieg, den Mittelpunkt oder den Abschluss einer Themeneinheit handelt. Einen Überblick über mögliche Themen, die sich im fächerverbindenden Unterricht umsetzen lassen und sich an den aktuellen Bildungsstandards von Baden- Württemberg orientieren, finden Sie auf unserer Internetseite. Weitere Themen sind nach Absprache möglich. Erlebnispädagogische Elemente zur Förderung der Sozialkompetenz ergänzen auf Wunsch das Programm. Sonderschulen und Inklusionsklassen Ganzheitliches und handlungsorientiertes Lernen ist gerade für Schülerinnen und Schüler mit Handicap von besonderer Relevanz. Für diese Gruppen bieten wir kein vorgefertigtes Programm an, sondern passen die einzelnen Aktionen individuell an das Leistungsvermögen der Teilnehmenden an. Der Zugang zu Waldzentrum, Waldklassenzimmer und Rätselwald ist barrierefrei; am Waldzentrum ist eine rollstuhlgerechte sanitäre Einrichtung vorhanden. Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 98 | Stadt – Wald – Mensch Gruppen mit Migrationshintergrund/ minderjährige Flüchtlinge Unsere praxis- und handlungsorientierten Angebote eignen sich ideal für Menschen, welche die deutsche Sprache (noch) nicht einwandfrei beherrschen. Ziele mit diesen oftmals sehr heterogenen Gruppen sind der Abbau von Ängsten und erlittenen Traumata, sowie der gemeinsame Zugang zur Natur. Das Handeln und Erleben in der Gruppe sowie der gegenseitige Respekt vor anderen Kulturen sind feste Bestandteile der Veranstaltungen. Berufsschulen/Berufsvorbereitungsjahr Für diese Zielgruppe stehen erlebnispädagogische Programme und praktische Einsätze im Wald sowie Projektarbeiten am Waldklassenzimmer oder in der Holzwerkstatt im Schwerpunkt unseres Angebotes. Ziele sind vor allem die Förderung von Sozialkompetenz und die Teambildung. Projekttage Durch ein- oder mehrtägige Projekttage kann erworbenes Wissen vertieft und praktisch umgesetzt werden. Projekttage finden in der Regel am Waldklassenzimmer statt. Hier ist auch die Nutzung der Holzwerkstatt möglich. Einen ausführlichen Überblick über mögliche Projekte finden Sie auf unserer Internetseite www.waldpaedagogik-karlsruhe.de. Weitere Programmangebote Kooperationen Seit 2017 sind wir Partner im Karlsruher Netzwerk für Umweltbildung. Hier haben sich verschiedene Akteure mit Angeboten in Bezug auf Natur und Nachhaltigkeit zusammengefunden, um Synergieeffekte zu nutzen. Am Freitag, 10. Mai präsentieren wir unser Netzwerk-Angebot zusammen mit den anderen Partnern auf dem Friedrichsplatz. Die Waldpädagogik Karlsruhe ist darüber hinaus auch Kooperationspartner bei dem Projekt „Wald 4.0 – Reale Natur verlinkt mit virtuellen Welten“ der Arbeitsgemeinschaft Wald Baden-Württemberg e.V.. Langjähriger Kooperationspartner ist das Europalehramt der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Hier erarbeiten wir gemeinsam mit Studierenden verschiedene bilinguale (englische und französische) Module für die Primär- und Sekundarstufe, die im Wald umsetzbar sind und durch einen Vor- und Nachbereitungsteil optimal in den Unterricht eingebunden werden können. Fortbildungen Hier können Sie sich informieren, wie eine waldpädagogische Outdoor-Veranstaltung aufgebaut wird und was im Wald zu beachten ist. Lernen Sie die verschiedenen Möglichkeiten kennen, eine waldpädagogische Veranstaltung in den Unterricht zu integrieren oder einen Waldausflug mit dem Kindergarten zu planen. Dieses Angebot richtet sich vor allem an Erzieherinnen und Erzieher in der Ausbildung sowie Lehramts-Studierende beziehungsweise Referendarinnen und Referendare. Es besteht aber auch die Möglichkeit, einen Einstieg in die Waldpädagogik mit einem Lehrerfortbildungstag oder auch einem Betriebsausflug zu verknüpfen. Ein weiterführendes Fortbildungsprogramm mit der Möglichkeit des Erwerbs des Waldpädagogikzertifikats bietet Forstverwaltung Baden-Württemberg an. Weiterführende Informationen finden Sie unter: www.forstbw.de Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1110 | Stadt – Wald – Mensch Praktika Wer das Zertifikat Waldpädagogik erhalten will, kann bei uns das dafür notwendige Praktikum absolvieren. Außerdem freuen wir uns über Praktikantinnen und Praktikanten von Lehramts- oder Forststudiengängen sowie verwandten Bereichen. Die Mindestdauer für ein Praktikum liegt bei zwei Wochen (Vollzeit). Plätze stehen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Hospitationen und Schnuppertage sind auf Anfrage möglich. Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) und Bundesfreiwilligendienst (BFD) Bei der Waldpädagogik besteht die Möglichkeit ein Freiwilliges Ökologisches Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren. Genauere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite. Jugendgruppen und Vereine Für diese Gruppen stellen wir ein individuelles Programm zusammen. Unser Angebot reicht vom Walderleben über eine Nachtwanderung bis hin zum Baumklettern. Kosten auf Anfrage. Familienausflüge Familiengruppen, die einen Ausflug zum Waldklassenzimmer oder in den Wald unternehmen wollen, stellen wir ein an das Alter der Kinder angepasstes Programm zusammen. Darüber hinaus haben wir natürlich auch unsere Familienangebote im Jahresprogramm. Waldspielgruppe Familien mit Kindern von null bis drei Jahren haben die Möglichkeit, sich wöchentlich einmal nachmittags im Wald zu treffen. Ältere Geschwisterkinder sind selbstverständlich auch willkommen. Genauere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung für dieses kostenlose Angebot finden Sie auf unserer Internetseite. Angebote für Senioren Ob gemütlicher Spaziergang im Wald oder kreatives Gestalten mit Naturmaterialien oder dem Werkstoff Holz – auch für Seniorengruppen halten wir ein reichhaltiges Programmangebot bereit. Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1312 | Stadt – Wald – Mensch Betriebsausflüge Sie wollen bei Ihrem Betriebsausflug etwas ganz Besonderes erleben? Mit uns können Sie beispielsweise eine Baumfällung durchführen oder gemeinsam einen Hochsitz bauen, Ihre Teamfähigkeit testen oder auch auf unterhaltsame Weise den heimischen Wald näher kennenlernen. Eine anschließende Nutzung des Waldklassenzimmers zum Grillen und gemütlichem Beisammensein ist möglich. Kosten und Dauer der Veranstaltung können Sie bei uns erfahren. Kindergeburtstage Wir stellen pädagogischen Fachkräften das Waldklassenzimmer zur Verfügung, die dort ein an die Jahreszeit und Witterung angepasstes Programm durchführen. Die Kosten für ein solches Programm liegen montags bis freitags bei 45 Euro/Stunde und am Wochenende bei 50 Euro/Stunde. Hinzu kommt eine Nutzungspauschale von: Bitte beachten Sie: die Organisation der Veranstaltung wird ausschließlich von den Pädagoginnen und Pädagogen durchgeführt, die auf unserer Internetseite unter der Rubrik „Weitere Angebote – Kindergeburtstage“ aufgeführt sind. Bitte nehmen Sie direkt mit den Anbieterinnen und Anbietern Kontakt auf! Nutzung von Außengelände und WC 20 Euro Nutzung einer Grillstelle 10 Euro Nutzung der Holzwerkstatt 10 Euro Nutzung des Waldklassenzimmers inklusive Gelände und Grillstelle 50 Euro Veranstaltungen im Jahresprogramm 2019 Auf den folgenden Seiten finden Sie alle Veranstaltungen, die wir in 2019 anbieten. Verschiedene Piktogramme zeigen die jeweilige Zielgruppe und den thematischen Schwerpunkt. Bitte beachten Sie: Sofern eine Anmeldung notwendig ist, benötigen wir von Ihnen die vollständige Adresse. Sie können sich telefonisch, per Formular über unsere Internetseite oder formlos per E-Mail anmelden. Wir schicken Ihnen dann eine Teilnahmebestätigung zu, aus der auch der jeweilige Treffpunkt hervorgeht. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben und nach der Veranstaltung wieder gelöscht. Erwachsene Familie Kinder Biologische Vielfalt Entschleunigung Kreatives Gestalten Kulinarisches Erlebnis Radtour Bitte beachten Sie folgende Fristen: Thematische Schwerpunkte Zielgruppen Absage bis 14 Tage vor Veranstaltungsbeginn keine Stornogebühr Absage bis 7 Tage vor Veranstaltungsbeginn 50 % der Teilnahmegebühr Absage weniger als 7 Tage vor Veranstaltungsbeginn 100 % der Teilnahmegebühr Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1514 | Stadt – Wald – Mensch März Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Sa 23.03. Kleine Knospe – große Wirkung Erwachsene 22 So 24.03. Entdeckertag am Waldklassenzimmer Familien 22 So 24.03. Kreativ in der Holzwerkstatt: Salatbesteck Erwachsene und Familien 23 Fr 29.03. Vortrag: wilde Tiere in der Stadt Erwachsene 23 Sa 30.03. Plogging im Wald Erwachsene und Familien 23 Sa 30.03. Kreativ in der Holzwerkstatt: Besteck Erwachsene und Familien 24 April Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Sa 06.04. Osterbasteln und Osterfeuer Erwachsene und Familien 24 25 Sa 06.04. Freie Holzwerkstatt Erwachsene und Familien 25 ab Mi 10.04. Kundalini-Yoga – 6 Termine, jeweils mittwochs Erwachsene 26 Fr 12.04. Wald vor unserer Haustür: Frühblüher im (Berg)Wald Erwachsene 26 Sa 13.04. Waldrallye: entdecke den Wald mit der App 4.0 Erwachsene und Familien 27 Sa 13.04. Essbare Wildpflanzen im Frühlingswald Erwachsene 27 Di – Fr 23.04. – 26.04. Ferienprogramm: Kuckuck ruft´s aus dem Wald Kinder 28 Fr 26.04. Maikäfer im Hardtwald Erwachsene 29 Fr 26.04. Familienausflug zu den Maikäfern Familien 30 So 28.04. Heia Walpurgisnacht Familien 31 ab Di 30.04. Hatha-Yoga – 10 Termine, jeweils dienstags Erwachsene 32 Veranstaltungskalender Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1716 | Stadt – Wald – Mensch Mai Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Sa 04.05. Kreativ in der Holzwerkstatt: Geschenkideen zum Muttertag Familien 32 So 05.05. Vogelstimmenspaziergang zum Frühstück Erwachsene und Familien 33 ab Do 09.05. QiGong am Morgen – 10 Termine, jeweils donnerstags Erwachsene 33 Fr 10.05. Radtour: Waldgeschichten rund um die Eiche Erwachsene 34 Sa 11.05. Wilde Waldküche Familien 34 So 12.05. Stunde der Gartenvögel Familien 35 So 12.05. Entdeckertag Familien 22 Fr 17.05. Exkursion: Wilde Tiere in der Stadt Erwachsene 35 So 19.05. Tag der offenen Tür am Waldzentrum und Waldklassenzimmer Erwachsene und Familien 36 So 19.05. Freie Holzwerkstatt Erwachsene und Familien 25 Fr 24.05. Wald vor unserer Haustür: Hardtwald Erwachsene 36 Mi 29.05. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag Erwachsene und Familien 22 Fr 31.05. Barfußspaziergang im Wald Erwachsene 37 Juni Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Sa 01.06. Kreativ in der Holzwerkstatt: Türstopper Erwachsene und Familien 37 Sa 01.06. Exkursion: Wald und Bäume in der Bibel Erwachsene 37 So 02.06. Entdeckertag am Waldklassenzimmer Familien 22 So 02.06. Märchenstunde im Rosenhain Familien 38 ab Mi 05.06. Qigong am Abend – 8 Termine, jeweils mittwochs Erwachsene 38 Di – Fr 11.06. – 14.06. Ferienprogramm: Abenteuer Wald Kinder 39 Sa – So 15.06. – 16.06. Survival im Wald Erwachsene 39 Mo – Mi, Fr 17.06. – 19.06. 21.06. Ferienprogramm: Kunst zwischen Bäumen Kinder 40 Mi 26.06. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag Erwachsene und Familien 22 Fr 28.06. Wald vor unserer Haustür: Neureut-Kirchfeld Erwachsene 40 Sa 29.06. Vater-Kind-Wildnistag Familien 41 Sa 29.06. Kreativ in der Holzwerkstatt: Garderobenhaken Erwachsene und Familien 41 So 30.06. Tiere und Pflanzen mit Migrationshintergrund Erwachsene 42 Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 1918 | Stadt – Wald – Mensch Juli Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Fr 05.07. Wald vor unserer Haustür: Baummonumente in Rüppurr (Radtour) Erwachsene 42 Sa 06.07. Wilde Tiere in der Stadt – auf Spurensuche Familien 42 Fr 12.07. Radtour: Waldgeschichten rund um die Buche Erwachsene 34 Fr 12.07. Musikalisch-literarischer Waldabend Erwachsene 43 Sa – So 13.07. – 14.07. Survival light Familien 43 So 14.07. Musikfrühstück Erwachsene und Familien 43 Do 18.07. Ein Nachmittag unter Eulen und Greifen Familien 44 Fr 19.07. Baumbestimmung Erwachsene 44 Sa 20.07. Blütenworkshop Erwachsene 45 So 21.07. Entdeckertag Familien 22 Sa 27.07. Märchen am Lagerfeuer Erwachsene 45 Mo – Fr 29.07. – 02.08. Ferienprogramm: Kelten Kinder 46 Mo – Fr 29.07. – 02.08. Ferienprogramm: Waldindianer Kinder 46 Mi 31.07. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag Erwachsene und Familien 22 August Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Mo – Fr 05.08. – 09.08. Ferienprogramm: Reise nach Australien Kinder 47 Mo – Fr 05.08. – 09.08. Ferienprogramm: Räuber 1 Kinder 47 Mi 07.08. Entdeckertag Familien 22 Fr 09.08. Wald vor unserer Haustür: Klimawandel im Wald Erwachsene 48 Mo – Fr 12.08. – 16.08. Ferienprogramm: Räuber 2 Kinder 47 Fr 16.08. Entdeckertag Familien 22 Fr 16.08. Fledermäuse und andere Tiere der Nacht Erwachsene 48 Fr 23.08. Entdeckertag Familien 22 Fr 23.08. Fledermausnacht Familien 49 Mo – Fr 26.08. – 30.08. Ferienprogramm: Steinzeit Kinder 49 Mi 28.08. Entdeckertag Familien 22 Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 2120 | Stadt – Wald – Mensch September Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Mo – Fr 02.09. – 06.09. Ferienprogramm: Waldwerkstatt Kinder 50 Mi 04.09. Entdeckertag Familien 22 Sa 14.09. Waldbaden Erwachsene 50 So 15.09. Entdeckertag Familien 22 Do 19.09. Ein Nachmittag unter Eulen und Greifen Familien 44 Mi 25.09. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag Erwachsene und Familien 22 Fr 27.09. Wald vor unserer Haustür: Waldstadt Erwachsene 51 Oktober Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Sa 05.10. Wald und Whisky Erwachsene 51 Fr 11.10. Wald vor unserer Haustür: Neureuter Auenwald Erwachsene 51 Fr 11.10. Musikalischer Mondspaziergang Erwachsene 52 Sa 12.10. Herbstbasteln Familien 52 Sa 12.10. Freie Holzwerkstatt Erwachsene und Familien 25 Sa 12.10. Kulinarischer Genuss vom Waldesrand Erwachsene 53 Fr 18.10. Schatzsuche im dunklen Wald Familien 53 Fr 18.10. Radtour: Waldgeschichten rund um die Kiefer Erwachsene 34 Sa 19.10. Kulinarische Schätze im Herbstwald Erwachsene 54 Sa 26.10. Backen im Holzbackofen und Entdeckertag Erwachsene und Familien 22 Mo – Do 28.10. – 31.10. Ferienprogramm: Herbstwald Kinder 54 Do 31.10. Halloween im Wald Familien 55 November Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Sa 09.11. Laternenbau aus Weidenruten Familien 55 So 10.11. Überwinterung der Tiere Familien 55 Sa 16.11. Holzernte im Wald Erwachsene 56 Fr 22.11. Adventsgestecke und Kränze selbst gemacht Erwachsene 57 Sa 23.11. Adventsbasteln Erwachsene und Familien 58 Sa 23.11. Freie Holzwerkstatt Erwachsene und Familien 25 Dezember Tag Datum Veranstaltung Zielgruppe Seite Sa 07.12. Weihnachtgeschenke für Waldtiere Familien 58 Di – Do 10.12. – 12.12. Lichterreise am Waldklassenzimmer Familien 59 Sa 14.12. Krippen und Krippenfiguren basteln Erwachsene und Familien 59 Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 2322 | Stadt – Wald – Mensch Samstag, 23. März | 14 bis 18 Uhr Kleine Knospe – große Wirkung? Knospen naturkundlich, kulinarisch und als heilkräftiges Mittel In den Knospen ist die höchste Lebenskraft der Pflanzen konzentriert. Erfahren Sie, was Knospen für die Bäume bedeuten und erkennen Sie Baumarten daran. Sie erleben, wie die Knospen und jungen Triebe als vitale Nahrung für uns und als heilkräftige Mittel verwendet werden können. Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin Anmeldung bis 15. März – Kosten: 20 Euro/Teilnehmenden zuzüglich 8 Euro Materialkosten Mittwoch, 29. Mai | 26. Juni | 31. Juli | 7. August | 28. August | 4. September | 25. September Freitag, 16. August | 23. August Samstag, 26. Oktober Sonntag, 24. März | 12. Mai | 2. Juni | 21. Juli | 15. September Entdeckertage am Waldklassenzimmer | jeweils von 14 bis 18 Uhr An diesen Tagen haben wir geöffnet, ohne ein spezielles Programm anzubieten. Gebäude und Außengelände des Waldklassenzimmers stehen zum Entdecken, Staunen und freien Spiel zur Verfügung. Diese Veranstaltungen sind ohne Anmeldung und kostenlos! Die Nutzung des Geländes erfolgt auf eigene Gefahr! Sonntag, 24. März | 14 bis 18 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Salatbesteck schnitzen Aus frischgeschlagenem Holz werden wir ein individuelles Salatbesteck schnitzen. Dabei benutzen wir Schnitzmesser und Säge. Referent: Thomas Katz, Erzieher und Grünholzschnitzer Anmeldung bis 15. März – Kosten: 15 Euro/Teilnehmenden beziehungsweise für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten Freitag, 29. März | 19 bis 21 Uhr Vortrag: wilde Tiere in der Stadt Immer mehr Wildtiere finden in der Stadt einen neuen Lebensraum. Dabei kann es zu Konflikten mit den Menschen kommen. Bei diesem Vortrag erhalten Sie Informationen über die sogenannten Kulturfolger, die sich im Karlsruher Stadtgebiet aufhalten. Referent: Stefan Lenhard, Wildtierbeauftragter Anmeldung bis 25. März – kostenlose Veranstaltung! Samstag, 30. März | 9 bis 11 Uhr Plogging im Wald – Aktion im Rahmen der Karlsruher DreckWegWochen Plogging steht für eine Natursportart, bei der Abfälle gesammelt und gleichzeitig gejoggt wird. Der Begriff setzt sich zusammen aus „plocka“ aus dem Schwedischen für „aufheben“ und Jogging. Nach einem kurzen Aufwärmtraining begeben wir uns in verschiedenen Leistungsklassen auf unterschiedliche Laufstrecken von einem, fünf oder zehn Kilometern und sammeln beim Laufen Abfälle im Wald. Referent: Bernd Struck, sportlicher Förster Anmeldung bis 25. März – kostenlose Veranstaltung Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 2524 | Stadt – Wald – Mensch Samstag, 30. März | 10 bis 14 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Besteck schnitzen Aus frischgeschlagenem Holz werden wir Holzmesser, Brieföffner oder Löffel schnitzen. Sie entscheiden selber, was Sie am besten gebrauchen können! Referent: Thomas Katz, Erzieher und Grünholzschnitzer Anmeldung bis 22. März – Kosten: 15 Euro/Teilnehmenden beziehungsweise für einen Erwachsenen und ein Kind, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten Samstag, 6. April | 11 bis 17 Uhr Osterbasteln am Waldklassenzimmer Unter der Anleitung einer Floristin ist die Fertigung von Osterdekorationen und -gestecken aus Naturmaterialien möglich. Für Kinder haben wir verschiedene Osterbastelaktionen vorbereitet. Auch die Holzwerkstatt ist zum Schnitzen geöffnet. Das Wald-Café lädt zu Kaffee, Kuchen und herzhaften Kleinigkeiten ein. Ohne Anmeldung – Kosten: Bastelbeitrag 5 Euro/Familie Samstag, 6. April | 17:15 bis 18 Uhr Osterfeuer am Waldklassenzimmer Im Anschluss an das Osterbasteln entzünden wir auf dem Gelände des Waldklassenzimmers ein Feuer, um damit den Winter zu vertreiben und den Frühling zu begrüßen. Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung! Samstag, 6. April | 12. Oktober | 23. November Sonntag, 19. Mai jeweils von 12:30 bis 16:30 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: freies Schnitzen An diesen Tagen stehen wir Ihnen für Fragen und Beratungen zum Thema Holzbearbeitung zur Verfügung. Sie können selbst entscheiden, was Sie mit Holz gestalten wollen. Referent: Thomas Katz, Schnitzer oder Nicolai Tschampel, Förster und Schreiner Ohne Anmeldung – um eine Spende wird gebeten 26 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 27 Mittwoch, 10. April | 17. April | 24. April | 8. Mai | 15. Mai | 22. Mai jeweils von 18 bis 19:30 Uhr Kundalini-Yoga am Waldzentrum – Im Einklang sein mit der Natur Kundalini-Yoga ist eine gleichzeitig dynamische und entspannende Yogaform mit speziellen Atemtechniken und Meditationen. Am Waldzentrum, in der freien Natur praktiziert, wird der Kurs zu einem ganz besonderen, gesundheitsfördernden Erlebnis. Bei Interesse der Teilnehmenden kann der Kurs fortgeführt werden. Kosten: 60 Euro/Teilnehmenden für sechs Termine, maximal 15 Teilnehmende Anmeldung bis 5. April bei Petra Kiefer, zertifizierte Kundalini-Yogalehrerin E-Mail: kiefer-petra@web.de | Telefon: 0171 9597351 Freitag, 12. April | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Frühblüher im (Berg-)Wald Im Frühling ist der Waldboden übersät von den Blüten verschiedener Pflanzen. Bei diesem Spaziergang im Bergwald am Thomashof lernen wir einige davon genauer kennen. Achtung: Witterungsbedingt kann es kurzfristig zu einer Verschiebung der Veranstaltung kommen. Referent: Ulrich Kienzler, Forstamtsleiter Anmeldung bis 5. April – kostenlose Veranstaltung! Samstag, 13. April | 11 bis 13 Uhr Waldrallye: Entdecke den Wald mit der App 4.0 Wald 4.0 ist eine kostenlose und offline einsetzbare App, die eine völlig neuartige Lernerfahrung rund um die Themen Wald und Naturschutz bietet. Die drei Touren, „Das Versteck“ (Kinder ab zehn Jahren), „Die Suche“ (Jugendliche ab 14 Jahren) und „Der Meister“ (Erwachsene), können einzeln oder in Gruppen bis vier Personen gespielt werden. Einfach die App Wald 4.0 auf das Android Smartphone herunterladen und eine Tour ausprobieren. Referentin: Jessica Meyer-Rachner, Försterin und Waldpädagogin Anmeldung bis 5. April – kostenlose Veranstaltung für Familien mit Kindern ab zehn Jahren, Jugendliche und Erwachsene! Samstag, 13. April | 11 bis 13 Uhr Essbare Wildpflanzen im Frühlingswald – kennenlernen und verkosten Im Vergleich mit unseren Kulturpflanzen sind die heimischen Wildpflanzen wahre Kraftpakete und strotzen nur so vor wertvollen Inhaltsstoffen. Sie erfahren, wie Sie die Pflanzen sicher bestimmen können und erleben, wie unsere heimischen „Superfoods“ schmackhaft zubereitet werden. Je nach Vegetationsstand probieren wir auch Blätter von Bäumen und Baumkeimlinge. Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin Anmeldung bis 5. April – Kosten: 20 Euro/Teilnehmenden zuzüglich 4 Euro Materialkosten Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 2928 | Stadt – Wald – Mensch Dienstag, 23. April bis Freitag, 26. April jeweils 9 bis 14 Uhr Osterferienprogamm: Kuckuck, ruft´s aus dem Wald Endlich ist wieder Zeit für Entdeckungen, Spiel und Abenteuer in der frisch erwachten Natur. Wir wollen diese Zeit ausgiebig genießen und uns überraschen lassen, was der frühlingshafte Wald alles zu bieten hat. Dabei erfahren wir viel über die Tiere und Pflanzen im Wald. Am Ende der Ferienwoche entfachen wir gemeinsam ein Lagerfeuer, an dem wir ein leckeres Mittagessen zubereiten. Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 14 Teilnehmende Kosten: 95 Euro/Kind inklusive Materialkosten ohne Verpflegung Anmeldung bei Regine Schirmer, Waldpädagogin E-Mail: mail@naturerlebnis-schirmer.de Telefon: 07236 7282 Freitag, 26. April | 19 bis 21 Uhr Die Massenvermehrung des Waldmaikäfers im Hardtwald Alle vier Jahre kann man im Hardtwald das Naturphänomen der Maikäfermassenvermehrung beobachten. In der Abenddämmerung starten die dicken Brummer zu ihren imposanten Flügen. Erfahren Sie interessante Details zu diesen Tieren, ihrem Einfluss auf das Ökosystem Wald und erleben Sie ein spannendes Naturschauspiel. Achtung: Witterungsbedingt kann es kurzfristig zu einer Verschiebung der Veranstaltung kommen! Referent: Andreas Ott, Förster und Waldpädagoge Anmeldung bis 18. April – kostenlose Veranstaltung! Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 3130 | Stadt – Wald – Mensch Freitag, 26. April | 19 bis 21 Uhr „... in den Bäumen hin und her, fliegt und kriecht und krabbelt er“ – Familienausflug zu den Maikäfern 2019 fliegen, kriechen und krabbeln sie wieder – die Maikäfer! Bei diesem Ausflug bekommen Sie spannende Infos und lernen Spiele und Aktionen rund um den sonst vor allem aus dem Süßigkeitenladen bekannten Käfer kennen. Achtung: Witterungsbedingt kann es kurzfristig zu einer Verschiebung der Veranstaltung kommen! Referent: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe Anmeldung bis 18. April – kostenlose Veranstaltung! Sonntag, 28. April | 15 bis 18 Uhr Heia Walpurgisnacht – Familienrallye im Wald und am Feuer In Anlehnung an die Geschichte der kleinen Hexe von Otfried Preußler lernen wir den Wald aus ihrer Sicht kennen und tanzen zum Schluss um das Walpurgisfeuer. Referentin: Ulrike Rümmele, Wald- und Naturpädagogin Anmeldung bis 23. April – Kosten: 12 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab fünf Jahren, jedes weitere Familienmitglied 6 Euro 32 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 33 Dienstag, 30. April | 7. Mai | 14. Mai | 21. Mai | 28. Mai | 4. Juni | 25. Juni | 2. Juli | 9. Juli | 16. Juli | jeweils von 17 bis 18:30 Uhr Hatha-Yoga am Waldzentrum – Entspannung in der Natur (Präventionskurs) Für Menschen, die mit Freude, Leichtigkeit und Gelassenheit beweglich und flexibel werden, Muskulatur systematisch aufbauen und über verschiedene Atemtechniken entspannen wollen. Kosten: 100 Euro/Teilnehmenden für zehn Termine, maximal 15 Teilnehmende. Ein Zuschuss der Krankenkasse ist möglich. Anmeldung bis 23. April bei Radka Svehlova, zertifizierte Yogalehrerin E-Mail: purnima-yoga@web.de Telefon: 0721 3297301 oder 0152 23416570 Samstag, 4. Mai | 10 bis 14 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Geschenkideen zum Muttertag An diesem Tag können Kinder zusammen mit ihren Vätern in der Holzwerkstatt aus frischem Lindenholz Geschenke, wie zum Beispiel eine Holzblume, zum Muttertag schnitzen. Referent: Thomas Katz, Erzieher und Grünholzschnitzer Anmeldung bis 26. April – Kosten: 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten Sonntag, 5. Mai | 7 bis 9 Uhr Vogelstimmenspaziergang mit anschließendem Frühstück im Waldzentrum bis etwa 11 Uhr Im Frühjahr singen die Vögel um ihre Reviere zu markieren und Weibchen anzulocken. Anfang Mai besteht noch eine gute Chance, häufige Stimmen kennenzulernen und so die einzelnen Gesänge zu unterscheiden. Der Ornithologe wird die Vogelstimmen rund um das Waldzentrum erklären und Tipps geben, wie man sich einzelne Stimmen merken kann. Die Verpflegung für das anschließende Frühstück muss mitgebracht werden. Referent: Oliver Harms, Diplom Geoökologe und Ornithologe Anmeldung bis 26. April – Kosten: 5 Euro/Teilnehmenden, 10 Euro/Familie mit Kindern ab zehn Jahren, ohne Verpflegung Donnerstag, 9. Mai | 16. Mai | 23. Mai | 6. Juni | 13. Juni | 27. Juni | 4. Juli | 11. Juli | 18. Juli | 25. Juli jeweils von 8 bis 9 Uhr Qigong – Kraft tanken am Morgen Mit Qigong in den Tag zu starten ist eine wundervolle Möglichkeit zur Entspannung und zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Wir erarbeiten draußen in der Natur energetisierende und dabei entspannende Bewegungsfolgen mit meditativen Elementen. Bei Interesse der Teilnehmenden kann der Kurs fortgeführt werden. Kosten: 60 Euro/Teilnehmenden für zehn Termine, maximal 15 Teilnehmende Anmeldung bis zum 3. Mai bei Beate Wolf, Osteopathin und Heilpraktikerin E-Mail: praxis@beatewolf.de Telefon: 0721 8305052 oder 0171 2690304 Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 3534 | Stadt – Wald – Mensch Freitag, 10. Mai | 12. Juli | 18. Oktober jeweils von 16:30 bis 18:30 Uhr Waldgeschichten rund um die Eiche, Buche und Kiefer Mit dem Fahrrad geht es durch den Hardtwald zu charakteristischen und besonderen Exemplaren der jeweiligen Baumart. Neben Informationen zur Biologie, Ökologie und forstlichen Nutzung hören Sie auch Gedichte und Geschichten rund um Eiche, Buche und Kiefer. Referent: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe Anmeldung bis 3. Mai (5. Juli, 11. Oktober) – kostenlose Veranstaltungen! Samstag, 11. Mai | 14:30 bis 18 Uhr Wilde Waldküche Bei einem Spaziergang durch den Frühlingswald sammeln wir essbare Wildpflanzen und kochen uns daraus zusammen mit anderen Zutaten am Lagerfeuer ein leckeres Waldmenü. Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer Anmeldung bis 4. Mai – Kosten: 20 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro inklusive Kosten für Essen und Getränke Sonntag, 12. Mai | 14 bis 17 Uhr Stunde der Gartenvögel am Waldklassenzimmer Heute beobachten wir die Vogelarten am Waldklassenzimmer, lernen Unterschiede im Aussehen und Verhalten kennen und zählen die Anzahl der vorkommenden Tiere. Dabei nehmen wir teil an dem bundesweiten Projekt vom Naturschutzbund NABU. Ferngläser bitte mitbringen, soweit vorhanden. Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung! Freitag, 17. Mai | 21 – 23 Uhr Wilde Tiere in der Stadt – auf Erkundungstour Bei einem Spaziergang in der Günther-Klotz-Anlage entdecken wir neu eingewanderte und schon lange in Karlsruhe vorkommende wilde Stadtbewohner. Wie die Wildtiere in der Stadt leben und wie wir mit ihnen umgehen sollten, erfahren Sie bei diesem nächtlichen Streifzug. Referent: Stefan Lenhard, Wildtierbeauftragter Anmeldung bis 10. Mai – kostenlose Veranstaltung! Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 3736 | Stadt – Wald – Mensch Freitag, 31. Mai | 17 bis 20 Uhr Barfußspaziergang auf Waldpfaden mit wildem Waldpicknick Erleben Sie hautnah die vielfältigen Vorteile des Barfußgehens gegenüber der normalen Fortbewegung mit Schuhen. Während der Veranstaltung wechseln sich Übungen und Informationseinheiten ab. Sie entscheiden selber, wie lange Sie sich barfuß fortbewegen wollen. Im Wald genießen Sie ein Picknick aus wilden Wald- und Wiesenköstlichkeiten. Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin Anmeldung bis 24. Mai – Kosten: 15 Euro/Teilnehmenden zuzüglich 5 Euro Materialkosten Samstag, 1. Juni | 10 bis 14 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Türstopper schnitzen Heute können lustige Türstopper mit Tierfiguren gestaltet werden, damit ab sofort keine Tür im Haus mehr mit lautem Knall zufällt! Referent: Thomas Katz, Erzieher und Grünholzschnitzer Anmeldung bis 24. Mai – Kosten: 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten Samstag, 1. Juni | 13 bis 17 Uhr Wald und Bäume in der Bibel Viele Bibelstellen beschäftigen sich mit Bäumen oder dem Wald. Wir lernen solche Zitate kennen und erfahren, wie der Wald in damaliger Zeit in Israel und Europa aussah. Nach dem historischen Einstieg begeben wir uns in den heutigen Wald bei Rüppurr. Durch bewusste Wahrnehmung der Schöpfung gehen wir auch auf unsere Verantwortung ihr gegenüber ein. Referenten: Bernd Struck, Förster und Angehörige des Stadtklosters St. Franziskus Anmeldung bis 24. Mai – kostenlose Veranstaltung! Sonntag, 19. Mai | 11 bis 17 Uhr Tag der offenen Tür an Waldzentrum und Waldklassenzimmer Unter dem Motto „Stadt – Wald – Mensch“ erwartet Sie im Hardtwald ein abwechslungsreiches Programm von Waldpädagogik und Forstamt Karlsruhe mit vielen Mitmachangeboten und Vorführungen. Verschiedene Stände von anderen Anbietern ergänzen das Angebot. Eine Kutsche fährt durch den Frühlingswald und auch die Holzwerkstatt ist geöffnet. Selbstverständlich ist für Essen und Trinken gesorgt. Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung! Freitag, 24. Mai | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Streifzug durch den Hardtwald Auf einem kleinen Rundgang mit dem Revierförster wollen wir den stadtnahen Hardtwald, seine Bedeutung für den Menschen und seine Bewohner besser kennen lernen. Referent: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe Anmeldung bis 17. Mai – kostenlose Veranstaltung! Mittwoch,29. Mai | 26. Juni | 31. Juli | 25. September Samstag, 26. Oktober | jeweils von 14 bis 18 Uhr Backen im Holzbackofen An diesen Tagen backen wir gemeinsam im Holzbackofen. Zu Beginn bis etwa 15:30 Uhr ist die Temperatur geeignet für Flammkuchen. Anschließend kann man Pizza, dann Brot, Brötchen oder Kuchen backen – zum Mitnehmen oder zum direkten Verzehr. Zutaten oder Teige müssen mitgebracht werden! Ohne Anmeldung – Kosten: 5 Euro als Beitrag für die Instandhaltung des Ofens und für Brennholz. 38 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 39 Sonntag, 2. Juni | 15 bis 16 Uhr Märchenstunde im Rosenhain Lasst euch an einem verwunschenen Ort von Dornröschen und anderen Märchen verzaubern! Als Andenken wird eine kleine Biene gebastelt. Referentin: Annette Volz, Märchenerzählerin Anmeldung bis 24. Mai – Kosten: 5 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind zwischen vier und sechs Jahren, für jedes weitere Familienmitglied wird um eine kleine Spende gebeten Mittwoch, 5. Juni | 12. Juni | 19. Juni | 26. Juni | 3. Juli | 10. Juli | 17. Juli | 24. Juli jeweils von 18 bis 19 Uhr Qigong – den Tag entspannt ausklingen lassen Mit Qigong den Abend zu beginnen, ist eine wundervolle Möglichkeit zur Entspannung und zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Wir erarbeiten draußen in der Natur energetisierende und dabei entspannende Bewegungsfolgen mit meditativen Elementen. Bei Interesse der Teilnehmenden kann der Kurs fortgeführt werden. Kosten: 50 Euro/Teilnehmenden für acht Termine, maximal 15 Teilnehmende Anmeldung bis zum 31. Mai bei Beate Wolf, Osteopathin und Heilpraktikerin E-Mail: praxis@beatewolf.de Telefon: 0721 8305052 oder 0171 2690304 Dienstag, 11. Juni bis Freitag, 14. Juni | jeweils 9 bis 14 Uhr Pfingstferienprogramm: Abenteuer Wald Wir erkunden den frühsommerlichen Wald. Bei gemeinsamen Entdeckungen und Spielen werden wir viel Spannendes über den Wald und seine Bewohner erfahren. Am Ende der Ferienwoche entzünden wir ein gemütliches Lagerfeuer. Das Programm findet zum Teil auf dem Gelände des Waldklassenzimmers statt. Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 18 Teilnehmende Kosten: 95 Euro/Kind, inklusive Materialkosten ohne Verpflegung Anmeldung bei Regine Schirmer, Waldpädagogin E-Mail: mail@naturerlebnis-schirmer.de Telefon: 07236 7282 Samstag, 15. Juni bis Sonntag, 16. Juni | jeweils 10 Uhr Wildnis erleben: Survival-Experience-Basiskurs – 24 Stunden im Wald Unsere Vorfahren lebten noch völlig mit und von der Natur! Viele dieser Fähigkeiten gingen in unserer modernen Lebensweise verloren, aber unsere Verbindung zu dieser natürlichen Welt bleibt, wie auch die Faszination für das Leben draußen! Für 24 Stunden werden wir uns in diese Welt wagen! Wir bauen im Wald einen Unterschlupf und verbringen darin die Nacht. Außerdem machen wir mit einfachen Mitteln Feuer, sammeln Einiges an Nahrung frisch aus dem Wald und bereiten es zu. Für dieses Erlebnis gilt es unter Umständen sich der einen oder anderen Angst zu stellen und eigene Erfahrungen zu erweitern. Seien Sie bereit für diese Herausforderung! Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer Anmeldung bis 7. Juni – Kosten: 60 Euro/Teilnehmenden 40 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 41 Montag, 17. Juni bis Mittwoch, 19. Juni und Freitag, 21. Juni jeweils 9 bis 14 Uhr Pfingstferienprogramm: Von Land-Art bis Woodknitting – Kunst zwischen Bäumen Wir verwandeln das Waldklassenzimmergelände und den angrenzenden Wald in einen Raum der Kunst: Waldgeister aus Ton und Filz, Land-Art- Projekte, bestrickte Bäume, Wegemarken aus verschiedensten Materialien – der Fantasie sind (fast) keine Grenzen gesetzt. Natürlich ist der Wald auch Spiel-, Bau- und Erkundungsort. Für Kinder zwischen acht und zehn Jahren, maximal 12 Teilnehmende Kosten: 105 Euro/Kind, inklusive Materialkosten ohne Verpflegung Anmeldung bei Arne Trautmann, Steinbildhauer, Archäologe und Kulturpädagoge E-Mail: ferienprogramm@kulturprojekte-trautmann.de Telefon: 0176 22870005 Freitag, 28. Juni | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Streifzug durch den Wald bei Kirchfeld Auf einem kleinen Rundgang mit dem Revierförster wollen wir den Hardtwald bei Neureut-Kirchfeld, seine Bedeutung für den Menschen und seine Bewohner besser kennen lernen. Referent: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe Anmeldung bis 21. Juni – kostenlose Veranstaltung! Samstag, 29. Juni | 14 bis 19 Uhr Vater-Kind-Wildnistag Kinder lieben abenteuerliche Wald-Aktionen, auch gerne mal mit dem Papa! Oft fehlt jedoch Zeit und Gelegenheit dafür – oder einfach die richtige Idee! Deshalb gibt es an diesem Tag die Möglichkeit für Väter mit ihren Kindern einen abenteuerlichen Nachmittag miteinander im Wald zu verbringen. Wir erkunden den Wald und werden bei einer spannenden Schatzrallye mit Geländespiel unsere Fähigkeiten als Abenteurer ausleben. Anschließend werden wir Feuer machen und gemeinsam am Lagerfeuer essen. Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer Anmeldung bis 21. Juni – Kosten: 20 Euro für einen Vater und ein Kind von mindestens sechs Jahren, jedes weitere Kind 5 Euro, inklusive Materialkosten Samstag, 29. Juni | 13:30 bis 17 Uhr Kreativ in der Holzwerkstatt: Garderobenhaken schnitzen Aus Astgabeln wollen wir individuelle Garderobenhaken schnitzen – Unikate für besondere Orte! Referent: Thomas Katz, Grünholzschnitzer und Erzieher Anmeldung bis 21. Juni – Kosten: 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 5 Euro, inklusive Materialkosten Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 4342 | Stadt – Wald – Mensch Sonntag, 30. Juni | 14:30 bis 17 Uhr Tiere und Pflanzen mit Migrationshintergrund Was haben Marderhund, Kermesbeere und Varroamilbe gemeinsam? Wie unterscheiden sich heimische von neueingewanderten Tier- und Pflanzenarten? Welche Konsequenzen hat die Neueinwanderung für das heimische Waldökosystem? Diesen Fragen gehen wir heute bei einem kurzen Vortrag mit anschließendem Spaziergang nach. Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin Anmeldung bis 21. Juni – kostenlose Veranstaltung! Freitag, 5. Juli | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Radtour zu den Baummonumenten im Oberwald Bei einer Radtour durch den Oberwald zwischen Dammerstock und Rüppurr lernen Sie markante Wuchsformen von Laub- und Nadelbäumen kennen. Referent: Jürgen Hartig, Förster Anmeldung bis 28. Juni – kostenlose Veranstaltung! Samstag, 6. Juli | 10 bis 12 Uhr Wilde Tiere in der Stadt – auf Spurensuche rund um das Wildgehege im Oberwald Von welchem Wildtier stammt die Spur? In welchen Häusern leben die Wildtiere? Und wie unterhalten sich Wildschweine und Rehe? Dies und noch vieles mehr erkunden wir bei einem spielerischen Streifzug durch den Wald. Referent: Stefan Lenhard, Wildtierbeauftragter Anmeldung bis 29. Juni – Kostenlose Veranstaltung für Familien mit Kindern ab fünf Jahren! Freitag, 12. Juli | 20:30 bis 22:30 Uhr Musikalisch-literarischer Waldabend Heute können Sie am Waldzentrum Geschichten und Gedichten über den Mond lauschen sowie sich bei Liedern und Schlagern über den Mond, die Nacht und die Romantik aus verschiedenen Epochen entspannen. Referent und Referentinnen: Martin Kurz, Förster und Projektleiter der Waldpädagogik Karlsruhe, Lotti Schrabnelli und Peggy Püschel (Gitarre und Gesang) Anmeldung bis 5. Juli – um eine Spende für die Künstlerinnen wird gebeten Samstag, 13. Juli | 14 Uhr bis Sonntag, 14. Juli | 10 Uhr Survival light – Into the Forest Wer träumt nicht davon, einmal in einer aus Stöcken erbauten Hütte die Nacht unter freiem Himmel zu verbringen? Beim Aufwachen können wir die Waldtiere begrüßen und abends am Lagerfeuer Stockbrot und in Ahornblättern gebackene Kekse verzehren und dabei spannenden Geschichten lauschen. Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer Anmeldung bis 6. Juli - Kosten: 50 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro Sonntag, 14. Juli | 10 bis 13:30 Uhr Musikfrühstück am Waldzentrum Heute kann auf dem Gelände des Waldzentrums gefrühstückt werden. Das Frühstück und die Picknickdecke sind mitzubringen. Für die musikalische Untermalung sorgen nicht nur die gefiederten Sänger ... Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung! Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 4544 | Stadt – Wald – Mensch Donnerstag,18. Juli | 19. September jeweils von 15:30 bis 18 Uhr Ein Nachmittag unter Greifvögeln und Eulen Bei einer Führung durch die Falknerei Karlsruhe lernen Sie verschiedene Greifvogel- und Eulenarten kennen. Danach erleben Sie die Vögel in ihrem natürlichen Element. Hierbei werden die Kinder und Sie uns tatkräftig unterstützen, denn unter Anleitung werden Sie selbst mit den Tieren arbeiten. Referentin und Referent: Martina und Pierre Kuhlmann, Falknerin und Falkner Anmeldung erforderlich bis 11. Juli (12. September) – Kosten: 30 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 15 Euro Freitag, 19. Juli | 15:30 bis 18 Uhr Welcher Baum ist das? Der Wald entspannt und erholt uns. Aber welche Baumarten kommen dort vor? Erfahren Sie heute Interessantes über die wichtigsten Laub- und Nadelbaumarten im Hardtwald und wie man sie unterscheiden kann. Für Einsteigerinnen und Einsteiger ohne Vorkenntnisse geeignet. Referent: Andreas Ott, Förster und Waldpädagoge Anmeldung bis 12. Juli – kostenlose Veranstaltung! Samstag, 20. Juli | 14 bis 18 Uhr Blütenworkshop: Kulinarisches und Naturkundliches zu essbaren Blüten Blüten sind nicht nur eine Augenweide und/oder ein Dufterlebnis, sondern können auch schmackhaft und sehr gesundheitsfördernd den Speiseplan erweitern. Im Workshop erfahren Sie vieles über den Facettenreichtum der Blüten und bereiten verschiedene Leckereien zu. Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin Anmeldung bis 5. Juli – Kosten: 20 Euro/Teilnehmenden, zuzüglich 4 Euro Materialkosten Samstag, 27. Juli | 20:30 bis 22 Uhr Wie das Feuer auf die Erde kam – Märchen rund um das Feuer Am knisternden, flackernden Lagerfeuer werden in traditioneller Weise Märchen aus aller Welt und Wissenswertes rund ums Feuer erzählt. Ein Erlebnis für alle Sinne! Referentin: Annette Volz, Märchenerzählerin Anmeldung bis 19. Juli – Kosten: 5 Euro/Teilnehmenden ab 16 Jahre Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 4746 | Stadt – Wald – Mensch Montag, 29. Juli bis Freitag, 2. August | jeweils 9 bis 15 Uhr Sommerferienprogramm: Zeitreise zu den Kelten Wir lernen das Leben der geheimnisvollen Kelten kennen, die vor mehr als 2.000 Jahren gelebt haben. Wir färben Wolle und verarbeiten diese auch weiter. Wir fertigen Schmuck oder ein Schutzamulett an und probieren die Kunst des Töpferns oder Korbflechtens aus. Auch ein Besuch bei der als magisch geltenden Eiche darf nicht fehlen. Sicherlich fallen uns eine Menge Geschichten dazu ein … Am letzten Tag probieren wir keltische Rezepte aus und backen auch Leckereien in unserem Lehmbackofen. Für Kinder zwischen acht und zwölf Jahren, maximal 15 Teilnehmende Kosten: 115 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung Anmeldung bei Gabi Tagscherer, Kunsthistorikerin und Museumspädagogin E-Mail: gtagscherer@yahoo.de Telefon: 06205 3096886 Montag, 29. Juli bis Freitag, 2. August jeweils 9 bis 15 Uhr Sommerferienprogramm: Waldindianer auf leisen Sohlen In dieser Ferienwoche werden aus „Großstadtindianern“ richtige Waldindianer. Wir schleichen durch den Wald, gehen auf Tierspurensuche und entdecken spielerisch die Geheimnisse des Waldes. Mitten im Wald errichten wir unser Indianerlager. Hier halten wir Indianerrat, geben uns Indianernamen und lernen indianische Rituale kennen. Gemeinsam stellen wir aus Naturmaterialien Farben her und bauen für unser Pow-Wow eigene Musikinstrumente. So kann das Abenteuer als Waldindianer richtig losgehen! Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 18 Teilnehmende Kosten: 130 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung Anmeldung bei Daniela Klüger, Biologin und Waldpädagogin sowie Christine Müller-Beblavy, Geoökologin und Waldpädagogin E-Mail: ferienprogramm@klueger.net Telefon: 0721 4999081 Montag, 5. August bis Freitag, 9. August jeweils 9 bis 14 Uhr Sommerferienprogramm: Didgeridoo und Känguru – Eine Reise nach Australien Komm mit auf eine Reise ans andere Ende der Welt! Wir spüren im Wald den Traumpfaden der australischen Ureinwohner nach, lernen deren Tierwelt kennen und lassen Kunstwerke im Stil des Dot-Painting entstehen. Außerdem fertigen wir ein Didgeridoo, einen Regenmacher und einen Bumerang an. Am letzten Tag backen wir Brot und Bananenkuchen nach alten Rezepten der Aborigines. Für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren, maximal 15 Teilnehmende Kosten: 115 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung Anmeldung bei Gabi Tagscherer, Kunsthistorikerin und Museumspädagogin E-Mail: gtagscherer@yahoo.de Telefon: 06205 3096886 Montag, 5. August bis Freitag, 9. August Montag, 12. August bis Freitag, 16. August jeweils 9 bis 14 Uhr Sommerferienprogramm: Im Wald da sind die Räuber 1 und 2 In dieser Ferienwoche wollen wir das Räuberleben ausführlich kennen lernen. Wir gründen eine Räuberbande, bauen uns ein geheimes Lager im Wald, erproben unsere neu erlernten Fähigkeiten und lernen einige Geheimnisse des Waldes kennen, denn richtige Räuber müssen sich im Wald gut zurecht finden. Am Ende der Ferienwoche bereiten wir ein richtiges Räubermahl am Lagerfeuer. Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 18 Teilnehmende Kosten: 115 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung Anmeldung bei Regine Schirmer, Waldpädagogin E-Mail: mail@naturerlebnis-schirmer.de Telefon: 07236 7282 Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 4948 | Stadt – Wald – Mensch Freitag, 9. August | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Wie wirkt sich der Klimawandel auf unseren Wald aus? Extremereignisse, Trockenheit und Hitze – unser Klima ändert sich. Doch was bedeutet dies langfristig für den Wald vor unserer Haustür? Bei einer Radtour durch den Wald informieren wir Sie über mögliche Änderungen und klimagerechten Waldumbau. Referent: Ulrich Kienzler, Forstamtleiter Anmeldung bis 2. August – kostenlose Veranstaltung! Freitag, 9. August | 16:30 bis 18:30 Uhr Freitag, 16. August | 19 bis 21:30 Uhr Abendspaziergang: Fledermäuse und andere Tiere der Nacht Der Hardtwald ist Lebensraum für mehr als zehn Fledermausarten. Bei unserem Spaziergang lernen Sie typische Waldstrukturen der einzelnen Arten kennen und erfahren einiges über die Biologie, Gefährdung und Schutzmöglichkeiten dieser bedrohten Tiergruppe. Außerdem gibt es Informationen zu anderen nachtaktiven Waldtieren. Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin, ehrenamtliche Fledermaus-Sachverständige Anmeldung bis 9. August – kostenlose Veranstaltung! Freitag, 23. August | 19 bis 21:30 Uhr Fledermausnacht Im Rahmen der europäischen Batnight lernen wir die geheimnisvollen Flattertiere genauer kennen und gehen mit einem Batdetektor „auf die Jagd“. Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin, ehrenamtliche Fledermaus-Sachverständige Anmeldung bis 15. August – Kosten: 10 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 5 Euro Montag, 26. August bis Freitag, 30. August jeweils von 9 bis 15 Uhr Sommerferienprogramm: Zeitreise in die Steinzeit Mit der Zeitmaschine begeben wir uns auf die Reise in lang vergangene Zeiten und spüren dem Leben in der Steinzeit nach. Wir werden töpfern, Speere schleudern, ein Feuersteinmesser nachbauen, mit selbst hergestellten Farben „Höhlenmalerei“ betreiben und vieles mehr. Für Kinder zwischen sieben und elf Jahren, maximal 13 Teilnehmende Kosten: 125 Euro/Kind, inklusive Materialkosten, ohne Verpflegung Anmeldung: bei Arne Trautmann, Steinbildhauer, Archäologe und Kulturpädagoge E-Mail: ferienprogramm@kulturprojekte-trautmann.de Telefon: 0176 22870005 Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 5150 | Stadt – Wald – Mensch Montag, 2. September bis Freitag, 6. September jeweils von 9 bis 14 Uhr Sommerferienprogramm: Waldwerkstatt Zum Abschluss der Sommerferien nutzen wir den Wald als Raum zum Spielen und zur kreativen Gestaltung. Vom Baumblattdruck und Betonguss über Kräuterseife und selbst gefärbter Wolle bis hin zu Klappermonstern und Zapfengeistern – wir werden schöne Dinge zum Aufhängen, Verschenken und Selbstbenutzen herstellen. Wir bilden zwei Gruppen für Kinder von sieben bis neun Jahren und für die Älteren. Beide Gruppen werden viel gemeinsam machen, aber auch unterschiedliche altersentsprechende Dinge unternehmen. Für Kinder zwischen sieben und elf Jahren, maximal 20 Teilnehmende Kosten: 115 Euro/Kind, inklusive Materialkosten ohne Verpflegung Anmeldung: bei Arne Trautmann, Steinbildhauer, Archäologe und Kulturpädagoge E-Mail: ferienprogramm@kulturprojekte-trautmann.de Telefon: 0176 22870005 Samstag, 14. September | 14 bis 18 Uhr Waldbaden - die gesundheitsfördernden Wirkungen der Waldatmosphäre Das sogenannte „Waldbaden“ hat in Japan schon lange Tradition und ist dort anerkannter Bestandteil der Gesundheitsvorsorge. Es wird Shinrin Yoku genannt, wörtlich übersetzt „Eintauchen in die Waldatmosphäre“ oder kurz „Waldbaden“. Dies wollen wir heute erleben. Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Erlebnispädagogin Anmeldung bis 7. September – Kosten: 20 Euro/Teilnehmenden Freitag, 27. September | 15:30 bis 17 Uhr Wald vor unserer Haustür: Streifzug durch die Waldstadt Heute sind wir in den Wäldern der Waldstadt unterwegs. Referent: Reinhard Huber, Förster Anmeldung bis 20. September – kostenlose Veranstaltung! Samstag, 5. Oktober | 14 bis 18 Uhr Flüssige Gerste trifft hartes Holz – Wald-Whisky-Wanderung Erst durch die mindestens dreijährige Reifung in einem Holzfass wird aus einem Getreidebrand ein Whisky. Bei unserer circa fünf Kilometer langen Wanderung durch den Grünwettersbacher Wald besuchen wir verschiedene Eichen, vom Sämling bis zum 200-jährigen Baum. Neben Wissenswertem über Eichen erfahren und schmecken wir bei der Verkostung von fünf Whiskys, wie sich die Auswahl der Eichen auf den Geschmack des Whiskys auswirkt. Ein kleines „waldtypisches“ Vesper sorgt unterwegs für die nötige Stärkung. Referenten: Bernd Struck, Förster und Rolf Dingler, Whiskyexperte (Chalet Dingler, Durlach) Anmeldung bis 27. September – Kosten: 60 Euro/Teilnehmenden Freitag, 11. Oktober | 16:30 bis 18:30 Uhr Wald vor unserer Haustür: Streifzug durch den Neureuter Auenwald Der Revierförster nimmt Sie mit auf einen Spaziergang zu charakteristischen Bäumen und Waldaspekten des Auenwaldes und berichtet über spannende Themen aus seinem Alltag. Referent: René Hotz, Förster Anmeldung bis 4. Oktober – kostenlose Veranstaltung! Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 5352 | Stadt – Wald – Mensch Freitag, 11. Oktober | 19 bis 21 Uhr Musikalischer Mondscheinspaziergang Lieder und Schlager über den Mond, die Nacht und die Romantik aus verschiedenen Epochen machen diese Vollmondwanderung durch den nächtlichen Hardtwald zu einem besonderen Erlebnis. Referentinnen: Lotti Schrabnelli und Peggy Püschel (Gitarre und Gesang) Anmeldung bis 4. Oktober – um eine Spende wird gebeten Samstag, 12. Oktober | 11 bis 17 Uhr Herbstbasteln am Waldklassenzimmer Naturmaterialien stellt uns der Wald in dieser Jahreszeit reichlich zur Verfügung. Familien können ihrer Kreativität und Bastelfreude freien Lauf lassen. Wer von der Anstrengung durstig wird, kann an der Apfelpresse einen frischen Saft trinken. Weitere kulinarische Köstlichkeiten gibt es im Wald-Café. Ohne Anmeldung – Kosten: Bastelbeitrag 5 Euro/Familie Samstag, 12. Oktober | 14 bis 16:30 Uhr Wie im Schlaraffenland – kulinarischer Genuss vom Waldesrand Im Herbst ist im Wald der Tisch gedeckt und das nicht nur für die Tiere. Wir entdecken Waldränder ganz neu von ihrer kulinarischen Seite. Gemeinsam bestimmen wir die Sträucher am Wegesrand und ihre Früchte, tauschen Rezepte aus und genießen verschiedene „Waldrandprodukte“. Referentin: Stephi Bauer, Försterin, Funktionsstelle Waldökologie Anmeldung bis 4. Oktober – es wird um eine Spende für die Lebensmittel gebeten Freitag, 18. Oktober | 18:30 bis 21:30 Uhr Schatzsuche im dunklen Wald Wir erleben eine spannende Nachtwanderung, bei der wir nicht nur im Wald unseren Weg finden, sondern auch auf die Suche nach einem Schatz gehen! In einer abschließenden Lagerfeuerrunde können wir uns dann mit Stockbrot und Tee stärken und den Tag stimmungsvoll beschließen! Referent: Oliver Bardon, Wald- und Wildnispädagoge, erlebnispädagogischer Trainer Anmeldung bis 11. Oktober – Kosten: 20 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 8 Euro Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 5554 | Stadt – Wald – Mensch Samstag, 19. Oktober | 14 bis 17 Uhr Kulinarische Schätze im Herbstwald Bei unserem Streifzug durch den Herbstwald warten einige kulinarische und gesundheitsfördernde Schätze auf Sie. Sie erfahren, wie zum Beispiel Eichelkaffee und andere herbstliche Waldspezialitäten zubereitet werden. Hören Sie Kurioses über die Lebenswelt der Bäume und erweitern Sie Ihr naturkundliches Waldwissen. Natürlich gibt es auch wilde Probiererle zum Verkosten vor Ort. Referentin: Daniela Schneider, Wald-, Natur- und Wildnispädagogin Anmeldung bis 11. Oktober – Kosten: 15 Euro/Teilnehmenden zuzüglich 4 Euro Materialkosten Montag, 28. Oktober bis Donnerstag, 31. Oktober jeweils 9 bis 14 Uhr Herbstferienprogramm: unterm bunten Blätterdach Der Herbst lädt uns ein, den Wald noch einmal mit allen Sinnen zu genießen bevor der Winter kommt. Wir erleben, wie sich die Tiere auf die kalte Jahreszeit vorbereiten, richten uns ein gemütliches Lager ein und halten uns bei wilden Waldspielen warm. Wir entdecken die vielen verschiedenen Farben des Herbstes und erschaffen daraus eigene Kunstwerke. Die gemeinsame Ferienwoche beschließen wir am wärmenden Feuer mit einem selbstgemachten Lagerfeueressen. Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren, maximal 18 Teilnehmende Kosten: 95 Euro/Kind, inklusive Materialkosten ohne Verpflegung Anmeldung bei Regine Schirmer, Waldpädagogin E-Mail: mail@naturerlebnis-schirmer.de Telefon: 07236 7282 Donnerstag, 31. Oktober | 17 bis 19:30 Uhr Halloween im Wald - Familienrallye Wir begeben uns im dunklen Wald auf Geisterjagd und stärken uns anschließend mit leckerem Stockbrot am gemütlichen Lagerfeuer. Referentin: Regine Schirmer, Waldpädagogin Anmeldung bis 25. Oktober – Kosten 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 7,50 Euro Samstag, 9. November | 13 bis 16 Uhr Licht in der dunklen Jahreszeit – Laternen und Lichtobjekte aus Weidenruten Wir gestalten eine Laterne aus Weidenruten mit farbigem Seidenpapier. Referentin: Christine Lutz, Wald-, Atelier- und Werkstattpädagogin Anmeldung bis 31. Oktober – Kosten: 15 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 7,50 Euro inklusive Materialkosten für eine Laterne Sonntag, 10. November | 14 bis 17 Uhr Überwinterung der Tiere Was brauchen Igel, Wildbienen, Schmetterlinge und Co. zum Überwintern und wie können wir ihnen helfen? Heute Nachmittag lernen wir unterschiedliche Überwinterungsstrategien kennen und basteln kleine Quartierhilfen, die am Waldklassenzimmer aufgestellt werden. Referentin: Heike Rösgen, Biologin und Waldpädagogin Anmeldung bis 31. Oktober – um eine kleine Spende für Materialkosten wird gebeten 56 | Stadt – Wald – Mensch Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 57 Samstag, 16. November | 9 bis 13 Uhr Holzernte erleben – mit den Forstwirten im Bergwald unterwegs Wenn im Herbst die Bäume ihre Blätter verlieren, beginnt im Wald die Holzernte. Erfahren Sie, nach welchen Kriterien die zu fällenden Bäume ausgewählt werden. Erleben Sie die Fällung und den bodenschonenden Transport. Außerdem zeigen wir, was aus dem gewonnenen Rohstoff alles entsteht. Referenten: Frank Weber, Forsttechniker und Forstwirte Anmeldung bis 8. November – kostenlose Veranstaltung! Freitag, 22. November | 14:30 bis 17 Uhr Adventskränze, -gestecke und Dekoration selbst gemacht Unter Anleitung einer erfahrenen Floristin können Adventskränze und Türschmuck für die Vorweihnachtszeit gebastelt werden. Referentin: Margit Kurz, Floristin Anmeldung bis 15. November – 22 Euro/Teilnehmenden, inklusive Reisig, zuzüglich Materialkosten Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 5958 | Stadt – Wald – Mensch Dienstag, 10. Dezember bis Donnerstag, 12. Dezember jeweils von 17 bis 19:30 Uhr Lichterreise Freuen Sie sich auf einen Adventsspaziergang im von Kerzen erleuchteten Wald. Weihnachtsgeschichten in Bildern, eine Krippe mit lebensgroßen Holzfiguren und Punsch am warmen Ofen erwarten Sie. Ohne Anmeldung – kostenlose Veranstaltung! Samstag, 14. Dezember | 11 bis 14 Uhr Weihnachtskrippen selbst gebaut/Weihnachtsfiguren selbst gemacht Mit Naturmaterialien und vielen kreativen Ideen bauen wir unsere eigene Weihnachtskrippe. Eine Weihnachtsidee für Eltern mit Kindern oder Großeltern mit Enkeln. Referentin: Ulrike Rümmele, Wald- und Naturpädagogin Anmeldung bis 6. Dezember – Kosten: 25 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab sechs Jahren, jedes weitere Familienmitglied 10 Euro, inklusive Materialkosten Samstag, 23. November | 11 bis 17 Uhr Adventsbasteln am Waldklassenzimmer Die Adventszeit rückt näher und es wird Zeit das Zuhause weihnachtlich zu dekorieren. Ob Sie unter Anleitung einer erfahrenen Floristin basteln oder selbst kreativ werden wollen, steht Ihnen frei. Auch die Schnitzwerkstatt ist geöffnet. Für Kinder haben wir uns ein spezielles Bastelprogramm ausgedacht. Im Wald-Café kann man sich diverse Kleinigkeiten schmecken lassen. Ohne Anmeldung – Kosten: Bastelbeitrag 5 Euro/Familie (inklusive Material für einen Kranz oder ein Gesteck) Samstag, 7. Dezember | 14 bis 17 Uhr Aktiv werden für den Artenschutz: Weihnachtsgeschenke für Waldtiere Der Winter ist für die Waldtiere eine entbehrungsreiche Zeit. Deshalb stellen wir heute für unterschiedliche Tiergruppen artgerechtes Futter her und schenken es den Tieren im eigenen Garten oder am Waldklassenzimmer. Referentin: Ulrike Rümmele, Wald- und Naturpädagogin Anmeldung erforderlich bis 30. November – Kosten: 10 Euro für einen Erwachsenen und ein Kind ab fünf Jahren, jedes weitere Familienmitglied 5 Euro, inklusive Materialkosten Forstamt | Waldpädagogik Karlsruhe | 6160 | Stadt – Wald – Mensch Impressum Waldpädagogik Karlsruhe Waldzentrum – Forstamt, Stadt Karlsruhe Linkenheimer Allee 10 76131 Karlsruhe Layout und Karte: Martina Hopp, Liegenschaftsamt Bilder: Titel: Sprung vom Baumhaus, Archiv Waldpädagogik Seite 6: Waldsofa, Christine Bürger Seite 7: Erlebnispädagogik im Wald, Archiv Waldpädagogik Seite 10: Pflanzaktion in Grünwinkel, Archiv Waldpädagogik Seite 11: Fortbildung am Waldzentrum, Archiv Waldpädagogik Seite 14: Entdeckertag am Waldklassenzimmer, Archiv Waldpädagogik Seite 15: Yoga am Waldzentrum, Archiv Waldpädagogik Seite 16: Barfuß im Wald, Daniela Schneider Seite 17: Backen im Holzbackofen, Archiv Waldpädagogik Seite 18: Musikalischer Spaziergang, Archiv Waldpädagogik Seite 19: Raus in den Wald, Christine Bürger Seite 24: Schnitzvorlagen Besteck, Archiv Waldpädagogik Seite 25: Holzwerkstatt, Archiv Waldpädagogik Seite 28: Land-Art im Wald, Regine Schirmer Seite 29: Frühlingswald, Archiv Waldpädagogik Seite 30: Maikäfer, Martin Kurz Seite 31: Walpurgisnacht, Archiv Waldpädagogik Seite 34: Essbares aus dem Wald, Daniela Schneider Seite 35: Haubenmeise, Oliver Harms Seite 44: Greifvogel, Archiv Waldpädagogik Seite 45: Essbare Blüten, Archiv Waldpädagogik Seite 48: Radtour durch den Hardtwald, Archiv Waldpädagogik Seite 49: Reise in die Steinzeit, Archiv Waldpädagogik Seite 52: Holzmännchen, Archiv Waldpädagogik Seite 53: Lagerfeuer, Archiv Waldpädagogik Seite 56: Holzernte, Bernd Struck Seite 57: Adventskranz, Archiv Waldpädagogik Seite 58: Weihnachtsdekoration Holz, Archiv Waldpädagogik Seite 59: Krippenbau, Archiv Waldpädagogik Druck: xxxxxxx, Recyclingpapier, Auflage 8000 Exemplare Stand: Januar 2019 Mitglied werden Möchten Sie die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. (Projektträger der Waldpädagogik Karlsruhe) unterstützen? Dann werden Sie Mitglied bei der Kreisgruppe Karlsruhe, der Arbeitsgemeinschaft Oberrheinische Waldfreunde e.V.! Das Anmeldeformular finden Sie auf der nächsten Seite. Werbung L-Bank  Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Kreisverband AG Oberrheinische Waldfreunde e.V. Andersenstr. 7 76199 Karlsruhe www.sdw-bw.de Tel. 0721 884 728 Fax 0721 882 563 E-Mail: robert.muerb@web.de Sparkasse Karlsruhe Ettlingen IBAN DE84 6605 0101 0009 6680 05 Beitrittsformular Ja, ich möchte die gemeinnützige Tätigkeit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Kreisverband Arbeitsgemeinschaft Oberrheinische Waldfreunde e.V. durch meine Mitgliedschaft unterstützen. Anrede: Ggf. Titel: Name: Vorname: Straße und Hausnummer: PLZ und Ort: E-Mail: Geburtsdatum: Telefon: Telefax: Weitere Familienmitglieder, ggf. Geburtsdatum: Hiermit ermächtige ich die AG Oberrheinische Waldfreunde e.V. widerruflich, die von mir zu entrichtende jährliche Beitragszahlung in Höhe von 15,00 € bei Fälligkeit zu Lasten des untenstehenden Girokontos abzubuchen. Kontoinhaber: BIC Kreditinstitut (Name): IBAN D E Ort: Datum: Unterschrift Kontoinhaber: Wald. Deine Natur. EINE GUTE FINAN- ZIERUNG IST DIE HALBE MIETE. @ Ganz gleich, ob Sie die eigenen vier Wände kaufen, renovieren oder um weitere Wände erweitern möchten – die L-Bank unterstützt Sie dabei. Planen Sie unsere zinsgünstigen Förderdarlehen also gleich mit ein. Erstes Ausbauwissen erhalten Sie hier: www.l-bank.de/wohnraumfoerderung Anfahrt zum Waldzentrum Das Waldzentrum befindet sich im stadtnahen Hardtwald in der Linkenheimer Allee 10. Sie erreichen es mit: „„ Fahrrad: durch den Schlossgarten bis zum Nordausgang am Teich, weiter die Linkenheimer Allee fahren bis eine Brücke über den Adenauerring führt. Von da aus noch etwa 500 Meter die Linkenheimer Allee entlang. Fahrradabstellplätze sind am Waldzentrum und Waldklassenzimmer vorhanden. „„ Bus Linie 73: ab Europaplatz Richtung „Kirchfeld Nord“ bis Haltestelle „Am Kanalweg“, von dort etwa ein Kilometer Fußweg. „„ Straßenbahn (Tram): ab Haltestelle Marktplatz etwa zweieinhalb Kilometer Fußweg durch den Schlosspark und die Linkenheimer Allee. „„ PKW: ab Durlacher Tor/Mühlburger Tor den Adenauerring entlang fahren. Zwischen Schützenhaus und Stadion bei der Fußgängerbrücke nach Norden in die Linkenheimer Allee abbiegen. Parkplätze befinden sich am Waldzentrum und nahe der Fußgängerbrücke (etwa 500 Meter Fußweg).
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/kinderbuero/kinderinteressen/die_natur_des_kindes/natur_des_kindes_veranstaltung/HF_sections/content/ZZnnuCZ2m6gqvt/ZZoZGWTJ3a8fDV/Jahresprogramm%202019%202%20Teil.pdf
KLEINER BEGINN Die Stadtverwaltung entwi ckelte sich stetig in Aufga ben und Größe. Seite 2 GEMEINDERAT Plenum und Ausschüsse geben vielfältige Impulse für die Zukunft. Seite 3 MODERNISIERUNG Die Stadt baut den Service aus und arbeitet künftig in IQ Prozessen. Seite 3 23. November 2018 | Sonderveröffentlichung der StadtZeitung | Amtsblatt der Stadt Karlsruhe Der Tag beginnt festlich, wenn historische Trompetenfanfaren vom großen Rathausbalkon in den Bürgersaal laden, in dem ab 10 Uhr bei der offiziellen Eröffnung an die Anfänge der Karlsruher Stadtver- waltung und des Gemeinderates im Jahr 1718 erinnert wird. Nach Musik des damaligen Hofkompo- nisten Johann Melchior Molter trifft Geschichte auf Gegenwart, wenn Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup in einen lockeren Dialog mit dem Zeitreisenden und ersten Karlsruher Bürgermeister Johannes Sembach tritt. Dieser er- zählt von den schwierigen Zeiten nach der Stadtgründung und sei- ner Tätigkeit als Bürgermeister in den Jahren 1718 bis 1720. Zugleich erfährt er Unglaubliches über die Stadt Karlsruhe im 21. Jahrhun- dert. Im Gespräch mit Dr. Susanne Asche, der Leiterin des Kulturamts, geben danach die jüngste Stadträ- tin Zoe Mayer und der dienstältes- te Stadtrat Dr. Klaus Heilgeist ei- nen spannenden Einblick in ihre Arbeit im Plenum. Später haben In- teressierte die Möglichkeit, bei Kaffee und Kuchen mit allen Rats- mitgliedern ins Gespräch zu kom- men und bei einer Ausstellung Wissenswertes zur Entstehung des Gremiums in Erfahrung zu brin- gen. Infos, Hintergründe und His- torisches finden sich zudem in die- ser Sonderveröffentlichung. Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele weitere spannende Ein- blicke und Ausblicke beim Tag der offenen Tür. In der neuen, voll- verglasten KarlsKantine oben im Technischen Rathaus warten nicht nur leckere Snacks, sondern auch faszinierende Rundumblicke über die Dächer der Stadt. Wer sogar noch höher hinaus möchte, nimmt bei einer Führung durch den his- torischen Rathausturm teil. Dieser war früher Gefängnis und Feuer- beobachtungsstelle. Alles Wissenswerte zu den ein- zelnen Stationen, den Standorten und besonderen Aktionen finden Interessierte im Programmheft und im Flyer. Beides ist abrufbar unter der Adresse www.karlsru- he.de/tag_der_offenen_tuer. -gem- Die Stadtverwaltung lädt zum Tag der offenen Tür und bietet am Samstag, 24. November, dem Tag des 300-jährigen Bestehens von Gemeinderat und Verwaltung, von 10 bis 17 Uhr ein umfangrei- ches und unterhaltsames Pro- gramm. Im Rathaus, auf dem Marktplatz und in der KarlsKanti- ne gibt es Einiges zu entdecken. Es begann im Wirtshaus… Entdeckungstour mit Erlebnischarakter Seit 300 Jahren Gemeinderat und Stadtverwaltung RATHAUS UND RIESENRAD: Am Tag der offenen Tür gibt es auch von den oberen Etagen aus jede Menge Einblicke. Fotos (4): Fränkle Nicht nur die einzelnen Ämter und Dienststellen öffnen ihre Tü- ren, sondern auch die Chefetage stellt sich vor. Bürgermeister Dr. Albert Käuflein steht Interessier- ten in seinem Dienstzimmer für Fragen und Gespräche bereit, auch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup kann in seinem Büro besucht werden. Hier wer- den zudem das goldene Buch der Stadt und die Amtskette ausge- stellt. Zu diesem Anlass bietet das Presse- und Informationsamt einen ganz besonderen Service. Besucherinnen und Besucher können sich in der Zeit von 12 bis 16 Uhr am Schreibtisch von OB Mentrup fotografieren lassen, bis 14 Uhr ist das Stadtoberhaupt so- gar selbst mit von der Partie. Das frisch geschossene Bild wird dann digital an der Stelle platziert, an der jetzt das Foto der offenen Rat- haustür zu sehen ist (siehe oben). Danach geht das Bild zur Rat- hausdruckerei, in der sich die Be- sucherinnen und Besucher dann ihre ganz persönliche Titelseite abholen können. -gem- Hineinspazieren und groß rauskommen Familien dazu ein, bei Spielstatio- nen und in Handwerksstätten ak- tiv zu werden. Für abwechslungs- reiche Unterhaltung für alle Gene- rationen ist also gesorgt. -gem- Schon als der Karlsruher Markt- platz zu Beginn des 19. Jahrhun- derts nach den Plänen des badi- schen Baumeisters Friedrich Weinbrenner entstand, war er ein zentraler Ort für das öffentliche Stadtgeschehen. Beim Tag der of- fenen Tür finden dort vielfältige Mitmachaktionen statt, die ihn aufs Neue mit Leben erfüllen. Die Feuerwehr präsentiert zum Bei- spiel ihre Hubrettungsbühne, die eine Höhe von bis zu 42 Metern erreichen kann. Hoch hinaus geht es auch in den Gondeln des Rie- senrades. Schwindelfreie haben somit gleich mehrfach die Mög- lichkeit, den Marktplatz aus der Vogelperspektive zu erleben. Wie am Müllfahrzeug die Ton- nen geleert werden, zeigt das Amt für Abfallwirtschaft und stellt zu- dem seine orangene Flotte vor. Auch das Ordnungs- und Bürger- amt bringt seinen Fuhrpark mit, und das KVV-Eventmobil lockt als moderner Infopoint in der Karos- serie eines alten Linienbusses. Streuobst unter freiem Himmel heißt es beim Liegenschaftsamt. Spannende Rätselaufgaben rund um Äpfel, Birnen und Co. erwar- ten Besucherinnen und Besucher ebenso wie eine Maschinenaus- stellung und frisch gepresster Bio- Apfelsaft. Der Stadtjugendaus- schuss lässt schließlich den Mobi- Bus vorfahren und lädt Kinder und Action und aufregende Aussichten Der Marktplatz verwandelt sich in eine interaktive Spielwiese für alle Altersklassen ANZIEHUNGSPUNKT: Buntes Treiben – wie beim Tag der offenen Tür 2012 – lockt immer wieder viele Menschen auf den Marktplatz. Mechanik trifft Zukunft Von historischen Büromaschinen bis zur Drohne Technik- und Nostalgiefreun- de werden beim Tag der offenen Tür gleich mehrfach fündig. His- torische Büromaschinen aus dem Stadtmuseum nehmen Interes- sierte mit auf eine kleine Zeitrei- se, bei der die Entwicklung von der mechanischen Schreib- und Rechenmaschine hin zu den ers- ten elektrischen Maschinen deutlich wird. Mehr Power bietet da schon der moderne Verkehrs- rechner, der unter anderem die Ampeln der Stadt steuert. Die Rathausdruckerei produ- ziert mit ihren vier digitalen Druckmaschinen jährlich sechs Millionen Drucke und verarbei- tet diese auch weiter. Interessier- te können die Druckerei kennen- lernen und sich Motivpostkarten oder den Handabdruck des Kin- des anfertigen lassen. Wozu mo- derne Technik bei der Stadt so eingesetzt wird, erklärt das Lie- genschaftsamt bei einer Ausstel- lung über moderne Vermes- sungsgeräte wie Laserscanner und Vermessungsdrohnen. Es entstehen etwa Fassadenpläne, die zur Restaurierung von alten Gebäuden eingesetzt werden. Die gewonnenen Daten können weiter dafür genutzt werden, um Gebäudemodelle eines digitalen 3D-Stadtmodells zu verfeinern und aktuell zu halten. -gem- NOSTALGISCHES FLAIR ver- strömen die alten Maschinen. Spielspaß für die ganze Familie Ein besonderes Highlight ist das umfangreiche Kinderprogramm. Kombi Karle und Tina Tunnel kommen zu Besuch und der Stja lädt Kinder und Familien dazu ein, sich bei Geschicklichkeits- und Balancespielen zu versuchen, mit Bambus Kugelbahnen zu konstru- ieren oder mit Ton und Schmuck zu experimentieren. Beim Forst- amt kann die ganze Familie mit Holz basteln, designte Karlsruher Motivpostkarten liegen beim Pres- seamt zum Ausmalen bereit. Jun- ge Gäste können auch hinter dem Steuer einer Kleinkehrmaschine Platz nehmen, Clown Carmensita bereichert das Geschehen mit tol- len Ballonfiguren. -bea-/-gem- Rathauskino und Schnäppchenjagd Die Empore des Bürgersaals steht bei Sitzungen des Gemeinde- rats allen Bürgerinnen und Bür- gern zur Verfügung, die sich poli- tisch informieren möchten. Beim Tag der offenen Tür gastiert dort das Rathauskino. Ab 12 Uhr laufen immer im Wechsel der Kurzfilm „Für die Menschen unserer Stadt: 300 Jahre Gemeinderat Karlsru- he“ und der „Imagefilm Karlsru- he“. Schnäppchenjägerinnen und Schnäppchenjäger kommen beim Flohmarkt des Hauptamtes auf ihre Kosten. Im Innenhof des Rat- hauses lässt es sich nach Herzens- lust wühlen und kruschteln, und die Einnahmen gehen als Spende an einen guten Zweck. -gem- Innovativ und quervernetzt Der IQ-Prozess steht bei der Karlsruher Stadtverwaltung für eine innovative und quervernetzte Arbeitsweise, die agiles und kreati- ves Vorgehen fördern soll und da- bei eine Vernetzung über Fach- und Hierarchiegrenzen hinweg zu- lässt. Mit sechs Korridorthemen und vielen dazugehörigen Leitpro- jekten soll der Fortschritt in der Fä- cherstadt vorangetrieben werden. Interessierte haben beim Tag der offenen Tür die Chance, sich Ein- druck von den vielfältigen Aufga- ben rund um die Themengebiete Zukunft Innenstadt, Moderne Ver- waltung, Soziale Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft, Grüne Stadt und Mobilität zu verschaffen. -gem- Was sonst noch los ist Nachhaltiges Bauen und Sa- nieren lässt sich bei einer Rad- tour des Amts für Hochbau und Gebäudewirtschaft zu Projekten erleben. Treffpunkt ist um 14 Uhr (Stand im 2. OG). Die AVG legte den Grundstein für die Verknüpfung von Stra- ßen- und Eisenbahn und damit das „Karlsruher Modell“. Wer die Leidenschaft für Mobilität teilt, kann sich über eine Aus- bildung zum Triebfahrzeug- führer informieren. Über die Arbeit für ein friedliches und buntes Miteinander berichtet das Büro für Integration. Ne- ben Sport, Erholung und Ge- sundheit erfüllt der Wald viele Schutzfunktionen und liefert den Rohstoff Holz. Wie alles „unter einen Hut“ passt, zeigt das Forstamt. Einen maßgebli- chen Beitrag zur Lebensquali- tät leistet das Gartenbauamt. Gerne gibt es Tipps zur Ver- besserung des Wohnumfelds. Karlsruhes Partnerstädte und Projektpartnerstädte und die Menschen dahinter lernt man am Stand des Hauptamts und der Freundeskreise kennen. Zuschüsse für die energetische Sanierung von Wohngebäu- den gewährt das städtische Bonusprogramm. Näheres dazu und zum Wohnraumför- derungsprogramm weiß das Liegenschaftsamt. In Karlsru- he gibt es viel zu entdecken – auch für Karlsruher. Die Karls- ruhe Tourismus GmbH berät über Erlebnistouren durch die Stadt und hält Werbematerial bereit. Wie sieht die fertige „Kombilösung“ aus? Einen Blick auf unterirdische Halte- stellen und in die Zukunft der Kriegsstraße ermöglicht die KASIG. Das Kulturamt prä- sentiert Archivalien aus dem Stadtarchiv und ein Modell des 1728 erbauten Rathauses. Erstmals zu sehen ist ein Ge- mälde, das Bürgermeister Jo- hann Cornelius Roman (1734 – 1744) zeigt. Über Servicean- gebote und Kontrollpflichten informiert das Ordnungs- und Bürgeramt. Ob in Verwaltung, Handwerk, Technik, Sozialem, Natur oder Umwelt – die Stadt bietet in über 20 Ausbildungs- berufen und Studiengängen einen Start ins Berufsleben – das Personal- und Organisati- onsamt informiert. Als Um- schlagsplatz für Briefe und Pa- kete der Stadtverwaltung prä- sentiert sich die Poststelle. Jährlich werden von dort zwei Millionen Poststücke versen- det. Rund um Alter und Altern informiert das Seniorenbüro/ Pflegestützpunkt. Ratsuchen- de erfahren hier etwa, welche Unterstützungsangebote im Pflegefall helfen. „Bleibendes schaffen für kommende Gene- rationen“ will die Stadtkäm- merei und stellt Projekte und Hilfen vor, die aus Nachlässen zugunsten der Stadt oder mit- hilfe kommunaler Stiftungen ermöglicht wurden. Ein Mo- dell der Stadt Karlsruhe aus der Bauwerkstatt des Stadt- planungsamts bietet in der Karlskantine Gelegenheit, die Stadt, ihre Quartiere, Grün- räume und Plätze im Maßstab 1:500 mit einem Blick zu erfas- sen. Die Mehrzahl der in städ- tischer Regie betriebenen 260 Ampeln ist mit dem Verkehrs- rechner verbunden. Wie das „Herz der Karlsruher Ver- kehrssteuerung“ aussieht und was es kann, zeigt das Tief- bauamt. Unterstützung für Un- ternehmen und Existenzgrün- der ist eine von vielen Aufga- ben der Wirtschaftsförderung. Was sie sonst so alles macht, erfährt man vor Ort. -maf- 23. November 2018 | Sonderveröffentlichung der StadtZeitung | Amtsblatt der Stadt Karlsruhe2 bleme in der stark zerstörten Stadt. Ein Teil der aktiven Natio- nalsozialisten wurde gleich entlas- sen, ein Teil, nachdem Ersatz für sie gefunden war. Bereits im April 1945 nahmen 16 Bezirksverwaltungsämter ihre Tä- tigkeit auf. Das Personal dieser de- zentralen Verwaltungseinheiten rekrutierte sich im Wesentlichen aus ehemaligen Hitlergegnern. Handeln und kontrollieren Die heutige Struktur der Stadt- verwaltung ist das Ergebnis eines längeren Prozesses seit 1945, an dessen Ende 35 Ämter mit insge- samt etwa 6500 Beschäftigten ohne die städtischen Gesellschaf- ten stehen. Die Erledigung der Verwaltungsaufgaben durch den Stadtrat wie zu Beginn der Stadt- geschichte ist natürlich schon lan- ge nicht mehr möglich. Dem Ge- meinderat mit heute 48 Mitglie- dern obliegt vor allem die Kontrol- le der Stadtverwaltung, er kann Satzungen erlassen, hat das Etat- recht und die Zuständigkeit für die Stadtplanung und die Einstellung des Personals. Der Oberbürger- meister als Leiter der Verwaltung ist Mitglied und Vorsitzender des Gemeinderats und vertritt die Stadt nach außen. Stadtrat und Stadtverwaltung erledigen gemeinsam die städti- schen Aufgaben, die in 300 Jahren in einem solchen Umfang gewach- sen sind, wie ihn sich Johannes Sembach und seine sechs Stadträ- te in ihren kühnsten Träumen nicht hätten vorstellen können. -br- PRIVILEGIEN: Mit diesem Brief sicherte der Stadtgründer Neuan- siedlern 1722 Rechte und Freihei- ten zu.Foto: StadtAK 8/StS 18/A4 BUNTES TREIBEN: Blick über den Marktplatz mit Marktgeschehen auf das Rathaus um das Jahr 1890. Foto: StadtAK 8/PBS oXIIIb 179 wählten Bürgermeister und den Oberbürgermeister setzten die neuen Machthaber ab. Sie entlie- ßen schon im ersten Jahr ihrer Herrschaft aufgrund des „Geset- zes zur Wiederherstellung des Be- rufsbeamtentums“ in Karlsruhe insgesamt 123 Personen aus dem städtischen Dienst. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm die Stadtverwal- tung rasch wieder ihre Tätigkeit auf und wurde so zu einem we- sentlichen Faktor bei der Bewälti- gung der drängenden Alltagspro- bar nach Kriegsende am 11. No- vember 1918 trug der extremen Wohnungsnot Rechnung. Dies steht für die wachsenden Aufga- ben im Sozialbereich in der Wei- marer Republik. Im Stadtrat gab es nun die ersten Stadträtinnen und auch eine erste Amtsleiterin, Elisabeth Großwendt. Sie war zu- ständig für das Jugendamt. Mit dem Aufstieg der National- sozialisten und der sogenannten Machtergreifung im Jahr 1933 be- gann die Gleichschaltung der Ver- waltung. Die demokratisch ge- In die Amtszeit des wohl bedeu- tendsten Karlsruher Oberbürger- meisters des Kaiserreichs Karl Schnetzler (1892 – 1906), der zuvor schon 17 Jahre erfolgreich als Bür- germeister tätig gewesen war, fie- len Reformen im Sozialbereich, des Gesundheitswesens und der Friedhofsverwaltung ebenso wie der Ausbau der Gas- und Wasser- versorgung und der Bau eines neuen Schlacht- und Viehhofes. Die Entwicklung neuer Industrie- gebiete, die Anlage des neuen, 1901 in Betrieb genommenen Rheinhafens, der Bau des neuen Städtischen Krankenhauses oder die Elektrifizierung der Straßen- bahn sind maßgeblich sein Ver- dienst. Zu diesem Zeitpunkt be- schäftigte die Karlsruher Stadtver- waltung rund 1000 Personen. Erste Amtsleiterin Einen Einschnitt in die Entwick- lung der Stadt und damit auch der Stadtverwaltung brachte der Erste Weltkrieg. Fast die Hälfte der Be- amten und über ein Drittel der städtischen Arbeiter wurden zum Kriegsdienst eingezogen und mussten zunehmend durch weib- liche Arbeitskräfte ersetzt werden. Außerdem kamen neue kriegsbe- dingte Aufgaben vor allem im Be- reich der Lebensmittelversorgung hinzu. Die Gründung eines städti- schen Wohnungsamtes unmittel- Mit sechs Stadträten und dem Bürgermeister Johannes Sembach fing im Jahr 1718 alles an. Ohne Probleme konnten sie ihre Verwal- tungsaufgaben erledigen. Kompe- tenzen und Zuständigkeiten wa- ren und blieben im 18. Jahrhun- dert bescheiden. Immerhin ver- doppelte sich 1730 die Zahl der Stadträte, die seit 1760 den stolzen Titel „Senator“ tragen durften. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stieg Karlsruhe zur großherzoglichen Haupt- und Residenzstadt auf, Wilhelm Christian Griesbach wur- de 1809 als Bürgermeister erst- mals seit 1718 wieder von der Bür- gerschaft gewählt. Da unter ande- rem mit der Eingemeindung von Klein-Karlsruhe die Verwaltungs- aufgaben in der wachsenden Stadt zunahmen, wurde ihm im Jahre 1812 der Titel Oberbürger- meister verliehen und ein zweiter Bürgermeister zur Seite gestellt. Zuständig für Daseinsvorsorge Bürgermeister und Stadtrat hat- ten nach wie vor aber nur geringe Kompetenzen. Dies änderte sich mit der Badischen Gemeindeord- nung vom 31. Dezember 1831, die in Baden den Beginn der Kommu- nalen Selbstverwaltung markiert. Doch erst mit dem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein- setzenden starken Wachstum der Stadt war eine deutliche Zunahme der Verwaltungstätigkeiten ver- bunden, die im Ehrenamt nicht mehr zu bewältigen waren. Es bildete sich die sogenannte Leistungsverwaltung heraus, die als Daseinsvorsorge in Bereichen wie der Wasserversorgung, der Bereitstellung von Energie, dem Verkehr oder auf dem Gebiet der Entsorgung tätig war. Aufgaben und Größe gewachsen 300 Jahre Stadtrat und Stadtverwaltung Karlsruhe / Streifzug durch die Entwicklung BLICK ZURÜCK: Eine Tagung der Stadträte unter Vorsitz von Oberbürgermeister Karl Schnetzler im Sitzungszimmer des Rathauses am Marktplatz im Jahre 1902. Foto: StadtAK 8/PBS IV 114 mer, das Rathausbaugeld sowie das Dielen- und Schragengeld be- zahlen. Außerdem waren sie zur Ableistung von Wachdiensten ver- pflichtet, für die sie Stellvertreter stellen konnten. Im Zuge der Aus- übung der niederen Gerichtsbar- keit durften Strafen bis zu zehn Gulden verhängt werden. Zu den Verstößen, die geahndet wurden, gehörte die Störung der Sonntags- ruhe. Bestraft wurden häufig Bä- cker, die ihr Brot zu leicht geba- cken hatten. Belegt ist auch die Ahndung von Unregelmäßigkei- ten von Wirten, deren Flaschen und Behälter nicht ordnungsge- mäß geeicht waren. Die Schlich- tung von Streitigkeiten zwischen den Einwohnern der Stadt war Alltagsgeschäft. Zu den Aufgaben des Rates gehörte schließlich auch die Festlegung der Gebühren für die Benutzung der Metzel- und der Brotbank im Rathaus sowie der Wochenmarktstandgebühren. Zuständig war der Stadtrat auch für die Festsetzung des Brot- und des Fleischpreises. Die Standgel- der auf dem Wochenmarkt und die Metzelbankzinsen legte der Rat ebenfalls fest. Von diesen – eher geringen – Einnahmen mussten unter anderem die Löhne der städ- tischen Bediensteten, die Geräte für den Feuerschutz und das städ- tische Bauwesen bezahlt werden. Zu letzterem gehörte die Unter- haltung städtischer Gebäude, zum Beispiel des Rathauses und der Stadttore. Reparaturen von Gerät- schaften, der Feuerspritzen oder die der Orgel in der Stadtkirche waren von der Stadt zu zahlen. Lange keine große Rolle Aufgaben und Befugnisse des Stadtmagistrats waren in der Frühzeit der Stadt also eng umris- sen. Dass der Stadtrat neben dem dominierenden Hof und den markgräflichen Behörden auch noch viele Jahre später keine allzu große Rolle spielte, bestätigte eine zwar durchaus fürstenfreundliche, aber nicht nur in diesem Punkte durchaus verlässliche Quelle. Der Lehrer Friedrich Leopold Brunn, der 1783 und 1784 als Privatlehrer in Karlsruhe tätig gewesen war und 1791 seine zuvor im Berlini- schen Journal sukzessive veröf- fentlichten „Briefe über Karlsru- he“ in Buchform herausbrachte, berichtete nämlich, dass unter dem Oberamt „auch noch ein be- sonderer Stadtmagistrat besteht, der aber nicht viel zu bedeuten hat.“ Dies sollte sich erst im 19. Jahrhundert ändern. Karlsruhe bekam 1825 ein von Friedrich Weinbrenner gebautes neues re- präsentatives Rathaus, das recht- zeitig fertig wurde, um die mit der badischen Gemeindeordnung vom 31. Dezember 1831 größer gewordene kommunale Selbst- ständigkeit auch nach außen zu dokumentieren. -br- Wo ist hier das Rathaus? Der Stadtrat tagte zunächst im Wirtshaus des ersten Bürgermeisters Die Frage nach dem Rathaus mussten sich alle Neuankömmlin- ge in der jungen baden-durlachs- chen Residenzstadt Karlsruhe noch viele Jahre nach der Stadt- gründung vergeblich stellen. Der am 24. September 1715 veröffent- lichte Gründungsaufruf enthielt zwar viele finanzielle und steuerli- che Vergünstigungen für die Bür- ger, ging aber nicht auf die rechtli- che Stellung der Stadt und die Ein- richtung eines Stadtrats ein. Auch ohne dass dies schon in ir- gendeiner Form verbindlich gere- gelt gewesen wäre, wählten 55 Bürger zu Beginn des Jahres 1718 einen Bürgermeister und sechs Ratsverwandte. Diese hielten ihre zunächst noch sehr unregelmäßi- gen Sitzungen in der Gaststube des ersten Bürgermeisters und Waldhornwirts Johannes Sem- bach ab. Das Waldhorn war bald ein gesellschaftlicher Treffpunkt der Stadt im Aufbau geworden. Den aus Straßburg über das be- nachbarte Durlach zugezogenen Wirt kannten alle, und es war wohl kein Zufall, dass die Wahl zum Bürgermeister auf ihn fiel. Erster Bau 1729 fertig Auch unter Sembachs Nachfol- ger, dem Bäcker Johannes Lud- wig, der das Bürgermeisteramt von 1720 an vier Jahre ausübte, blieb Karlsruhe eine Stadt ohne Rathaus. Immerhin konnte sich die Stadt seit dem 12. Februar 1722 auf ein urkundlich gewährtes Stadtprivileg berufen, das ihr die niederen Polizeiaufgaben und ei- nen Bürgermeister mit Gericht und Rat zubilligte. Erst in der Amtszeit des dritten Karlsruher Bürgermeisters, dem Glaser Georg Adam Ottmann, be- gannen dann im Jahre 1725 erste Planungen eines eigenen Rathau- ses, dessen Bau der Stadtrat im April 1728 beschloss und das ein Jahr später an der Ecke des Marktplatzes fertig gestellt wurde. Dieser erste städtische Bau kostete 2240 Gulden, die von den Bürgern aufgebracht wurden. Zuvor hatten diese über den Standort abge- stimmt und zugleich angegeben, wie viel sie zum Bau des Rathau- ses beitragen wollten. Brotwäger und Umgelder Aber auch wenn Neuankömm- linge nun eine Antwort auf ihre Frage nach dem Rathaus beka- men, konnten sie viele der Dinge, die heute selbstverständlich in ei- nem Rathaus geklärt werden, dort noch nicht erledigen. Die Kompe- tenzen des Stadtmagistrats waren nämlich sehr beschränkt. Neue Mitglieder wählte der Rat zwar je nach Bedarf selbst dazu, die Wahl musste aber vom markgräflichen Oberamt bestätigt werden. Aus ih- ren Reihen besetzten die Ratsher- ren die städtischen Ämter: Almo- senpfleger, Baumeister, Billetten- schreiber, Brotwäger, Feuerbe- schauer, Fleischschätzer, Ge- wicht- und Maßeicher, Kaufhaus- inspektor, Kirchenrüger (die wa- ren für die Kirchendisziplin zu- ständig), Marktmeister, Quartier- meister, Stadtleutnant, Umgelder (zog die indirekten Steuern auf al- koholische Getränke ein), Waisen- richter und Weinsiegler (siegelte die Weinfässer zur Sicherung des Umgeldes). Bürgermeister und Ratsverwandte erhielten keine Besoldung, bekamen aber einen Anteil von den verhängten Strafen und für besondere Tätigkeiten Entschädigungen. Zuständig war der Rat auch für die Besetzung der niederen städti- schen Dienste. Er setzte Bettelvög- te, Feldschützen, Mehlwieger, Nachtwächter, Organisten, Orgel- treter, Stadtknechte, Stadtmess- ner, Stadttamboure, Totengräber und die Viehhirten ein. Außerdem musste der Rat für Waisen die Pfle- ger bestimmen und die Gassen- meister bestellen, die im Brandfal- le die Löscharbeiten in ihren je- weiligen Bezirken leiteten. Großzügige Privilegien Im Gegensatz zu älteren Städten besaß Karlsruhe aber nicht das Recht, selbst Bürger anzunehmen. Der Stadtrat konnte erst nach 1750 eine Stellungnahme abgeben. Die relativ großzügigen Karlsruher Privilegien – unter anderem. steu- erliche Vorteile, unentgeltlicher Bauplatz und Baumaterial, Leib-, Abzugs- und Fronfreiheit – zogen in den ersten Jahren nach der Stadtgründung rasch viele An- siedlungswillige, darunter auch zahlreiche Juden an, die sich erst- mals in einer Residenzstadt nie- derlassen durften, aber als Schutz- bürger zunächst ebenfalls aus- schließlich von den markgräfli- chen Behörden angenommen wurden. Neubürger mussten au- ßer der Bürgertaxe einen Feuerei- Die Stadt Karlsruhe in ihren Anfangsjahren: ECKANSICHT: das 1728 erbaute, 1810 abgebrochene erste Rathaus. Foto: StadtAK 8/PBS XI-Va 296 GRÜNDERZEIT: Stadtplan von Heinrich Schwarz von 1721, mit der vor- gesehenen modellmäßigen Bebauung. Foto: StadtAK 8/PBS XVI 18 Wirt als Bürgermeister Johannes Sembach bei Bürgerschaft und Hof angesehen Der am 24. März 1718 von 55 Bürgern gewählte erste Karlsruher Bürgermeister Johannes Sembach stammte aus Straßburg. Der Sohn eines Kaufmanns heiratete noch in Straßburg Maria Barbara Sem- bach, 1693 kam dort ein Sohn zur Welt. Wohl zwischen 1703 und 1710 zog die vermögende Familie nach Mühlburg, wo Sembach mit seiner Frau zwei Wirtshäuser be- trieb. 1714/15 ließ sich Sembach in Durlach als Hintersasse nieder und wollte noch 1715 in Karlsruhe in der späteren Kronenstraße ein mo- dellmäßiges Haus bauen. Stattdes- sen übernahm er wenig später die Waldhornwirtschaft in der Löwen- kranz Gasse, heute Waldhornstra- ße, die bereits vor der Stadtgrün- dung bestanden hatte. Sembach erweiterte 1717 das Gasthaus um ein daran stoßendes Eckhaus an der Waldhornstraße zur Langen Straße. Die damals noch einzige Gaststätte in der jungen baden- durlachischen Residenz war ein Treffpunkt der Bürger. Die dadurch gewonnene Popularität Sembachs war sicher ein Grund, dass er 1718 der erste Bürgermeister wurde. In den Wirtshausräumen war in den Anfangsjahren der Stadt die Lateinische Schule zu Gast, hier wurden bis zur Fertigstellung eines eigenen Rathauses 1728 auch Rats- sitzungen abgehalten. Welches Ansehen Sembach bei Hof genoss, zeigt die Übernahme der Paten- schaft für seine Enkelin 1718 durch Markgraf Karl Wilhelm und dessen Gemahlin. Nach dem Tod Sem- bachs am 20. August wurde das Gasthaus zum Waldhorn von sei- nem Sohn und der Witwe fast vier Jahrzehnte weitergeführt. -br- Ausstellung zu den Anfängen Der Beginn der Stadtverwaltung Karlsruhe war bescheiden. Der im März 1718 von 55 Bürgern ge- wählte Bürgermeister Johannes Sembach sowie sechs Stadträte tagten erstmals am 24. November des Jahres. Sie übernahmen Ver- waltungsaufgaben wie die Füh- rung der Stadtrechnung oder die niedere Gerichtsbarkeit. Am Tag der offenen Tür (24. No- vember 2018) eröffnet das Kultur- amt im Foyer des Rathauses eine Ausstellung mit Archivalien des Stadtarchivs zu den Anfangsjah- ren Karlsruhes. Präsentiert wer- den dabei Originalamtsbücher, darunter der älteste Rechnungs- band und das älteste Ratsproto- koll, Stadtansichten und -pläne so- wie ein Modell des ersten Markt- platzes der Stadt mit dem 1728 er- bauten Rathaus. Zum ersten Mal zu sehen ist ein Gemälde, das den fünften Karlsruher Bürgermeister Johann Cornelius Roman (1734 – 1744) zeigt. Recherchieren kön- nen die Besucher nach allen Stadt- rätinnen und Stadträten seit 1718. Nach dem Tag der offenen Tür ist die Präsentation noch bis Freitag, 30. November, zu sehen. Sonderveröffentlichung der StadtZeitung vom 23. 11. 2018 Herausgeber: Presse- und Informati- onsamt der Stadt Karlsruhe Redaktion: Mathias Tröndle Mitarbeit: Dr. Ernst Otto Bräunche, Manuela Fretz, Gerrit Münster, Tabea Rueß, Cindy Streeck. Fotos: Roland Fränkle, Stadtarchiv Gestaltung: Ulrike Ochs Druck: Badendruck GmbH 3 23. November 2018 | Sonderveröffentlichung der StadtZeitung | Amtsblatt der Stadt Karlsruhe KREATIVE KÖPFE: Städtische Beschäftigte und Bürger entwickeln bei einem Workshop Visionen für die Verwaltung der Zukunft. bindung von Personen aus der Stadtgesellschaft in den Fortgang des jeweiligen Projekts. In einem offenen und lebendigen Diskussi- onsprozess unter Beteiligung des Gemeinderats entstand auf dieser Basis eine themenorientierte Quer- struktur. Diese baut auf sechs Kor- ridorthemen auf und bildet das Grundgerüst der IQ-Arbeitsweise. Für deren Einführung gab der Ge- meinderat im Juni 2017 mit seiner Zustimmung zur Einführung einer innovativen Querstruktur für wich- tige Themen grünes Licht. Die sechs Korridorthemen, die die priorisierten Anliegen bei der Entwicklung von Stadt und Ver- waltung bündeln, sind überschrie- ben mit „Zukunft Innenstadt“, „Moderne Verwaltung“, „Soziale Stadt“, „Wirtschafts- und Wissen- schaftsstadt“, „Grüne Stadt“ und „Mobilität“. Im Korridor „Moderne Verwaltung“ etwa beschäftigt sich ein IQ-Projekt damit, wie die städ- tische Administration die Bürger- schaft noch besser mitwirken las- sen kann. Neben den Bürgerforen vor Ort spielt dabei das im Frühjahr eingeführte online-Beteiligungs- portal eine wichtige Rolle. Auf die- sem können Interessierte via Inter- net zu unterschiedlichen Themen Ideen und Anregungen geben so- wie in einer eigenen Rubrik Fragen an den OB stellen. Ein weiteres Pro- jekt beschäftigt sich mit der Digita- lisierung der Verwaltung: ein unab- dingbarer Schritt auf dem Weg zum modernen, transparenten und bür- gerfreundlichen Service. -trö- Insgesamt an die 6500 Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter leisten in den 36 Ämtern, Dienststellen und Organisationseinheiten der Stadt- verwaltung ihren Beitrag dafür, dass sich die über 300000 Karlsru- herinnen und Karlsruher in ihrer Stadt wohlfühlen können. Das Auf- gabenspektrum der städtischen Beschäftigten ist vielfältig: Es reicht von der Brandbekämpfung der Feuerwehr und der Abfallent- sorgung über die Betreuung von Kindern in Horten und Tagestätten oder dem Ausstellen von Doku- menten jeder Art bis hin zum Bau und Unterhalt von Gebäuden und Straßen. Mit einer neuen Struktur will die Stadt jetzt erreichen, dass die einzelnen Räder noch besser ineinander greifen, der Service noch bürgerfreundlicher, die Ver- waltung noch transparenter wird – und die Bürgerschaft noch besser in das Geschehen einbindet. Auf Initiative von OB Dr. Frank Mentrup entwickelten Akteure von innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung eine so genannte IQ-Arbeitsweise. IQ steht für inno- vativ und quervernetzt im Sinne ei- nes agilen, kreativen und innovati- ven Arbeitens, zu dem sich Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter pro- jektbezogen über die Grenzen von Dezernaten und Ämtern hinweg zusammenfinden. Diese Vorge- hensweise beinhaltet auch die Ein- Service für Bürger ausbauen Die Stadt ist auf dem Weg zur modernen Verwaltung / Arbeiten in IQ-Prozessen Verwaltung hat sechs Dezernate Der von der Bevölkerung für acht Jahre direkt gewählte Ober- bürgermeister hat als stimmbe- rechtigter Vorsitzender des Ge- meinderats und Leiter der Verwal- tung eine hervorgehobene Stel- lung. Seit März 2013 hat Dr. Frank Mentrup dieses Amt inne. An der Spitze der Verwaltung stehen ihm fünf, vom Gemeinderat gewählte Beigeordnete oder Bürgermeister zur Seite, die jeweils Verantwor- tung für einen bestimmten Ge- schäftskreis übernehmen. OB Mentrup (SPD) verantwortet als Chef des Dezernats 1 Verwal- tungssteuerung und -entwick- lung, Außenbeziehungen, Reprä- sentation, Öffentlichkeitsarbeit, Marketing, Recht, Stadtteilver- waltungen und ÖPNV. Zu den Aufgabengebieten von Dr. Albert Käuflein (CDU) im Dezernat 2 ge- hören Kultur, Sicherheit und Ord- nung, Personal, Bürgerbeteiligung und Digitalisierung. Dr. Martin Lenz (SPD) verantwortet Jugend, Soziales, Schulen, Sport, Bäder und Migrationsfragen. Erste Bür- germeisterin Gabriele Luczak- Schwarz (CDU), die Vertreterin des OB, ist zuständig für Finanzen, Wirtschaft, Wissenschaft, Kon- gresse, Tourismus und Grund- stücksverkehr. Bürgermeister Klaus Stapf (GRÜNE) betreut im Dezernat 5 Umwelt, Natur, Ge- sundheit, Brandschutz, Abfallwirt- schaft, Forst und Grünflächen. Und Bürgermeister Daniel Fluhrer leitet im Dezernat 6 den Ge- schäftskreis Planen und Bauen, Immobilien und Zoo. -trö- Direkt Einfluss nehmen Wahlen zum Gemeinderat / Demokratie live und pur In Baden-Württemberg haben die Bürgerinnen und Bürger in kommunalpolitischen Entschei- dungen bedeutenden Einfluss. Sie fällen zum einen in einem Plebiszit unmittelbar „das Urteil“ darüber, wer Oberbürgermeister (in kleine- ren Gemeinden Bürgermeister) wird, bestimmen weiter durch die Möglichkeiten des Panaschierens und Kumulierens bei Kommunal- wahlen entscheidend mit, wer in den Gemeinderat einzieht. Pana- schieren bedeutet, Kandidaten von mehreren Listen zu wählen, Kumulieren, einem Bewerber bis zu drei Stimmen zu geben. Die derzeitige Amtsperiode des Gemeinderats neigt sich allmäh- lich ihrem Ende entgegen. Am 26. Mai 2019 sind die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, zeitgleich mit der Europawahl die 48 Sitze im Bürgersaal des Rathauses neu zu vergeben. In den sieben Karlsru- her Stadtteilen mit Ortschaftsver- fassungen stehen an diesem Tag darüber hinaus die Wahlen zum jeweiligen Ortschaftsrat ins Haus. Aus der letzten Kommunalwahl am 25. Mai 2014 ging die CDU mit 26,7 Prozent als stärkste Kraft her- vor. Sie gewann damit 13 Sitze im Gemeinderat. Platz zwei belegte die SPD mit 21,9 Prozent (zehn Sit- ze), dicht gefolgt von den Grünen mit 19,9 Prozent (neun Sitze). Die FDP kam auf 6,1 Prozent und da- mit ebenso auf drei Sitze wie die AfD mit 5,6 Prozent. Von dieser trennte sich jedoch Stadtrat Stefan Schmitt gleich nach der Wahl und sitzt seither als parteiloser Vertre- ter im Plenum. Die Karlsruhe Liste (4,2 Prozent, zwei Sitze), die Pira- ten (3,4 Prozent, zwei Sitze) und Die Partei (1,1 Prozent, ein Sitz) schlossen sich zur fünf Köpfe star- ken KULT-Fraktion zusammen. Weiter zogen DIE LINKE mit 5,1 Prozent (zwei Sitze), GfK (heute FÜR Karlsruhe) mit 3,2 Prozent und zwei Sitzen sowie die Freien Wähler mit 2,7 Prozent (ein Sitz) 2014 in den Bürgersaal des Rat- hauses ein. Damals konnten erst- mals in Baden-Württemberg auch die 16- und 17-Jährigen an den Kommunalwahlen teilnehmen. Die Wahlbeteiligung in Karlsruhe lag bei 45,2 Prozent. -trö- URNENGANG: Alle fünf Jahre ist die Wahl zum Gemeinderat. werke, Verkehrsbetriebe, die Karlsruher Messe- und Kongress- Gesellschaft oder auch das Städti- sche Klinikum Karlsruhe. Doch die Verantwortung der Fä- cherstadt als regionales Oberzen- trum endet nicht an den Gemar- kungsgrenzen. Und so wirken Stadträtinnen und Stadträte auch in der Arbeit über das Karlsruher Stadtgebiet hinaus mit und setzen sich für gemeinsame Interessen der gesamten Region zusammen mit Partnern aus dem Umland in zahlreichen Gremien ein, wie zum Beispiel im Nachbarschafts- oder im Regionalverband. -trö- tenden Gremien gibt es mit Bau-, Haupt-, Planungs-, Jugendhilfe- Bäder-, Personal- und Umlegungs- ausschuss sieben beschließende Ausschüsse. Vorsitzender der ein- zelnen Ausschüsse ist grundsätz- lich der Oberbürgermeister, der diese Funktion jedoch in den meisten Fällen auf den zuständi- gen Fachdezernenten unter den fünf Beigeordneten delegiert hat. Der Gemeinderat stellt weiter Mitglieder in Verwaltungsräten und Kommissionen, in Beiräten und in Aufsichtsräten von Gesell- schaften mit städtischer Beteili- gung. Dazu gehören etwa Stadt- der Ausschüsse haben sich FDP, FÜR Karlsruhe und Freie Wähler sowie der parteilose Stadtrat Stefan Schmitt zu einer Zählge- meinschaft zusammengeschlossen. Auch für die Region Verantwortung übernehmen Unterschieden wird zwischen – üblicherweise öffentlich tagenden – beschließenden Ausschüssen, die anstelle des Gemeinderats ent- scheiden und nichtöffentlich bera- tenden Ausschüssen, die Ent- scheidungen vorbereiten und durch fachkundige Einwohnerin- nen und Einwohner unterstützt werden können. Neben acht bera- bildet, deren Besetzung dem poli- tischen Kräfteverhältnis im Bür- gersaal entspricht. In der derzeit laufenden Amtsperiode gibt es insgesamt 15 gemeinderätliche Ausschüsse. Hinzu kommt der Äl- testenrat, in dem sich die Vertrete- rinnen und Vertreter der Fraktio- nen mit dem Oberbürgermeister über die Tagesordnung von Ge- meinderatssitzungen und den Gang der Beratungen verständi- gen. Grundsätzlich hat nur der Rathauschef als Vorsitzender das Recht, den Gemeinderat einzube- rufen und die Tagesordnung fest- zulegen, doch kann auch ein Vier- tel der Mitglieder des Plenums (wie auch der Ausschüsse) das Stadtparlament „zusammenru- fen“ und Anträge auf die Tages- ordnung der jeweils übernächsten Sitzung setzen. Zu Beginn dieser Amtsperiode legte der Gemeinderat die Zahl seiner Mitglieder in allen seinen Ausschüssen grundsätzlich auf je- weils 15 fest. Für die Besetzung Impulse geben für die Zukunft der Stadt Motor der Entwicklung / 48 Stadträtinnen und Stadträte Der Gemeinderat ist das Hauptor- gan einer Stadt oder Gemeinde und entscheidet als die direkt ge- wählte Vertretung der Bürgerin- nen und Bürger über die Grund- sätze der Kommunalpolitik. Da er die Verwaltung kontrol- liert, hat der landläufig auch Kom- munalparlament genannte Ge- meinderat zwar in der Praxis die Funktion eines Parlaments, ist je- doch rein rechtlich gesehen ein Verwaltungsorgan: Er erlässt kei- ne formellen Gesetze, sondern be- schließt für das Gebiet der Ge- meinde geltende Satzungen. Doch die Verfassung und der Gesetzge- ber garantieren den Gemeinden ein Recht auf Selbstverwaltung. Entscheiden in Grundsatz und Detail Beim Gemeinderat liegt in erster Linie das „Königsrecht“ – die Ver- fügung über die Finanzmittel im städtischen Haushalt. Dieses Recht setzt die Stadträtinnen und Stadträte in die Lage, die Richtung der Kommunalpolitik zu bestim- men, darüber zu befinden, was in der Stadt getan werden soll und was nicht. Der Gemeinderat kann aber auch in Einzelfragen Projekte vorschlagen, Initiativen ergreifen und durchsetzen. Weiter über- wacht er die Ausführung seiner Beschlüsse und legt die Grundsät- ze für die Verwaltung fest. Stimmberechtigter Vorsitzender des Gemeinderats und seiner Aus- schüsse ist der ebenfalls direkt von den Bürgerinnen und Bürgern ge- wählte Oberbürgermeister, kurz: OB, der gleichzeitig an der Spitze der Verwaltung steht und die Ge- meinde nach außen vertritt. Die Amtsperiode eines Oberbürger- meisters beträgt in der Regel acht Jahre, die der Stadträtinnen und Stadträte fünf Jahre. Die Mitglie- der des Gemeinderats wirken eh- renamtlich und erhalten für ihre verantwortungsvolle und umfang- reiche Tätigkeit in Plenum, Aus- schüssen, Aufsichts- wie Verwal- tungsräten und als Ansprechpart- ner für die Bürgerinnen und Bür- ger eine Aufwandsentschädigung. Die Anzahl der Mitglieder des Gemeinderats hängt von der Ein- wohnerzahl der Stadt oder Ge- meinde ab. Karlsruhe hat die Städ- ten seiner Größe entsprechende Zahl von 48 Stadträtinnen und Stadträten. Im aktuellen Gemein- derat, den die Karlsruherinnen und Karlsruher am 25. Mai 2014 wählten, verfügt die CDU als stärkste Fraktion über 13 Sitze, die SPD ist als zweitgrößte mit zehn Sitzen im Bürgersaal des Rathau- ses vertreten. Drittstärkste politi- sche Kraft sind die Grünen mit neun Sitzen im Plenum, die KULT- Fraktion hat fünf Sitze. Die FDP ist mit drei Mitgliedern die kleinste Fraktion. Die LINKE, FÜR Karlsru- he und AfD sind mit jeweils zwei Stadträten vertreten. Weiter ha- ben die Freien Wähler und der parteilose Stadtrat Stefan Schmitt jeweils einen Sitz im Bürgersaal. Ausschüsse entlasten die Arbeit im Plenum Für die Mindeststärke einer Fraktion im Gemeinderat sind wie in den drei Amtsperioden zuvor je- weils drei Sitze erforderlich. Als Vorsitzende an der Spitze der ins- gesamt fünf Fraktionen des der- zeitigen Gemeinderats stehen Til- man Pfannkuch (CDU), Parsa Marvi (SPD), Johannes Honné und Dr. Ute Leidig (GRÜNE), Erik Wohlfeil (KULT) und Tom Høyem (FDP). Zur Arbeitsentlastung des Plenums, zur eingehenden Erörte- rung von Sachfragen und zur Vor- beratung von Entscheidungen hat der Gemeinderat Ausschüsse ge- Gemeinderat stellt Weichen für Kommunalpolitik: GEMEINDERAT AKTUELL: Die 48 Stadträtinnen und Stadträte mit ihrem Vorsitzenden OB Dr. Frank Mentrup vor einer Plenarsitzung. BLICK IN DEN BÜRGERSAAL DES RATHAUSES: Der Karlsruher Gemeinderat stellt mit seinen Entscheidungen die Weichen für die Richtung der Kommunalpolitik in der Fächerstadt. Fotos (5): Fränkle LIVE AM BALL: Von der Empore aus verfolgen Zuhörerinnen und Zuhörer Beratungen und Abstimmungen im Plenarsaal. Sitzungen mitverfolgen Beratungen und Beschlüsse zu Stadion, Staatstheater oder Be- bauungsplänen: Interessierte können die Debatten der öffentli- chen Sitzungen des Gemeinde- rats im Bürgersaal des Rathauses am Marktplatz von der Empore aus mitverfolgen. Für Menschen mit Hörbehinderung steht dort eine Höranlage zur Verfügung. Die Vorlagen zu den Tagesord- nungspunkten sind im Internet auf www.karlsruhe.de/gemein- derat.de zu finden. Unter dieser Adresse informiert auch ein Live- ticker über Abstimmungsergeb- nisse und zeitlichen Verlauf der Beratungen. Der Liveticker bleibt bis zur nächsten Sitzung online und ist auf der elektronischen Anzeigetafel am Eingang des Rathauses zu sehen. Auch bei öf- fentlichen Ausschüssen sind Zu- hörer willkommen. -trö- 23. November 2018 | Sonderveröffentlichung der StadtZeitung | Amtsblatt der Stadt Karlsruhe4 (trö) Die 48 Stadträtinnen und Stadträte, die mit OB Dr. Frank Mentrup als Vorsitzendem den Gemeinderat bilden, setzen unter- schiedliche Akzente in ihrer politi- schen Arbeit. Wo die einzelnen Schwerpunkte liegen, schildern sie in ihren Antworten auf die von der StadtZeitung gestellten Frage: Was wollen Sie mit Ihrer Arbeit im Gemeinderat bewegen? Verena Anlauf (GRÜ- NE): „Mir ist es wich- tig, dass es wieder aus- reichend sozialen Wohnraum in Karlsru- he gibt. Und die Stadt sollte deut- lich mehr dafür tun, dass sich Bie- nen und andere gefährdete Insek- ten bei uns wohl fühlen.“ Marc Bernhard (AfD): „Ich setze mich beson- ders für eine spürbare Verbesserung der Si- cherheitslage in der Stadt, eine Willkommenskultur für Kinder, die Schaffung von bezahl- barem Wohnraum unter Berück- sichtigung der für unsere Stadt so wichtigen Grünflächen und die stärkere Einbindung der Bürger in die Entscheidungen der Stadt durch mehr direkte Demokratie (Bürgerentscheide) ein. Dabei sind mir sachorientierte Lösungen, un- abhängig von Parteipolitik, im Sin- ne der Bürger besonders wichtig.“ Michael Borner (GRÜ- NE): „Ich möchte eine solidarische Stadt, in der niemand zurückbleibt. Daher mache ich mich stark für die Teilhabe aller Men- schen am gesellschaftlichen Leben in Karlsruhe. Es ist mir zudem wich- tig, dass wir uns auch Tieren gegen- über verantwortungsvoll verhalten.“ Max Braun (KULT): „Politik im Sinne sozia- ler Verantwortung be- deutet, und davon soll- te man ausgehen, das ist doch, ohne darum herum zu re- den, in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden. Ich kann den Standpunkt meiner politischen Überzeugung in wenige Worte zu- sammenfassen: Erstens, das Selbst- verständnis unter der Vorausset- zung. Zweitens, und das ist es, was wir unseren Wählern schuldig sind. Drittens, die konzentrierte Beinhal- tung als Kernstück eines zukunft- weisenden Parteiprogramms.“ Hermann Brenk (CDU): „Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplät- zen, hierdurch hervor- gerufen Entwicklung von neuen Gewerbeflächen zur An- siedlung und Festigung von Unter- nehmen. Aktive Weiterentwicklung der Nachverdichtung und Höher- entwicklung der Stadt, um hier- durch eine bessere Wohnraumsitua- tion in Karlsruhe zu schaffen.“ Lüppo Cramer (KULT): „Ich sehe meine Auf- gabe darin, Dinge her- vorzuheben, die in der kommunalpolitischen Diskussion oftmals nicht die erste Dr. Klaus Heilgeist (CDU): „Auch nach 42 Jahren ist das Motiv für meine Tätigkeit im Gemeinderat noch im- mer, der Stadt Bestes zu suchen und umzusetzen. Ich sehe den Auftrag meiner Wähler darin, Karlsruhe auf kommende Heraus- forderungen vorzubereiten und fit für die Zukunft zu machen.“ David Hermanns (SPD): „Ich will mit meiner Arbeit im Ge- meinderat die Chancen für eine attraktive Stadtentwicklung mutig, zielge- richtet und vorausschauend gestal- ten. Hierbei sollen soziale, ökologi- sche und wirtschaftliche Aspekte zum Wohle der Menschen mitei- nander verbunden werden.“ Thomas H. Hock (FDP): „Badische Libe- ralität garantieren und unsere Stadt zukunfts- sicher machen zum Wohle aller Generationen.“ Ekkehard Hodapp (GRÜNE): „Ich möchte eine lebenswerte, viel- fältige und offenen Stadt Karlsruhe erhalten und mitgestalten. Besonders wichtig ist mir Bürgernähe; Politik auf kommu- naler Ebene muss ,greifbar’ sein.“ Detlef Hofmann (CDU): „Ich möchte mit meiner mittlerweile 14-jährigen Arbeit im Gemeinderat meine Erfahrungen und mein Wissen für die Karlsruher Bür- ger insbesondere in meinen Spezial- gebieten Bildung, Bäder und Sport einbringen. Als ehemaliger Leis- tungssportler und heutiger Bundes- trainer möchte ich weiter eine der prägenden Stimmen des Sports in der Karlsruher Kommunalpolitik sein.“ Johannes Honné (GRÜNE): „Ich möchte die bereits hohe Le- bensqualität in Karls- ruhe noch weiter ver- bessern, etwa durch mehr Grün und mehr Ruhe in der Stadt. Zusätzliche preisgünstige Woh- nungen möchte ich durch Innen- entwicklung erreichen.“ Tom Høyem (FDP): „Ich will den Dialog zwischen Karlsruhe lo- kal und Karlsruhe in- ternational stärken.“ Karl-Heinz Jooß (FDP): „weniger statt mehr Steuern für den Mittel- stand, der sonst zwi- schen den Fronten un- tergeht. Ferner weniger Büro- kratie und Regulierung.“ Friedemann Kalmbach (FÜR Karlsruhe): „Die Grundfrage für mich ist, was ist das Beste für unsere Stadt Karlsruhe, was hilft dem Gemeinwohl am Meisten, ohne den Einzelnen zu Die Entwicklung verantwortlich mitgestalten Stadträtinnen und Stadträte setzen unterschiedliche Akzente / Statements zu Zielen ihrer Arbeit im Gemeinderat Priorität haben. Das sind für mich als zentrale Themen das Stadtbild und die Stadtplanung. Darüber hinaus möchte ich der kulturellen Vielfalt der Stadt den Raum ge- ben, den sie braucht.“ Jan Döring (CDU): „Karlsruhe ist eine liberale, zukunftsgerich- tete und sichere Stadt. Mit meinem Engage- ment möchte ich dazu beitragen, dass es auch in Zukunft so bleibt.“ Dr. Rahsan Dogan (CDU): „Ich will eine positive Zukunft für meine Ge- burts- und Heimatstadt Karlsruhe mitgestalten. Damit die Bürgerinnen und Bürger gerne in unserer Stadt leben und ar- beiten, will ich mich einbringen!“ Thorsten Ehlgötz (CDU): „Karlsruhe mitgestalten, Sprachrohr der Bürger- schaft sein, Wirtschaft, Handel und Handwerk eine starke Stimme geben, Infra- strukturen nachhaltig ausbauen und den Innovationsstandort stärken“. Elke Ernemann (SPD): „Ich möchte die Inter- essen der Bürgerinnen und Bürger im Gemein- derat vertreten und im- mer ein offenes Ohr für ihre Anliegen haben. Der Austausch mit allen Ver- einen, Verbänden und Organisatio- nen ist mir besonders wichtig. Kultu- relle und soziale Teilhabe für alle Bür- gerinnen und Bürger ist mir ein gro- ßes Anliegen, unabhängig von sozia- ler Herkunft, Alter und Einkommen.“ Dr. Raphael Fechler (SPD): „Ich möchte für und mit den Menschen in Karlsruhe unsere Stadt mit all ihren Fa- cetten weiterentwickeln und zu- kunftsfähig gestalten. Es geht für mich darum, Verantwortung zu übernehmen, Probleme zu lösen und Gestaltungsspielräume zu nutzen im Ringen um die best- mögliche Lösung für Karlsruhe und seine Bürger*innen.“ Gisela Fischer (SPD): „Es macht mir Freude, in Mitverantwortung für unsere Stadt mein unmittelbares Lebens- umfeld aktiv mitzugestalten.“ Niko Fostiropoulos (DIE LINKE): „Kritik zu üben, ist unser Recht. Gerechte Lö- sungen für die gesam- te Stadtbevölkerung zu finden, ist unsere Pflicht.“ Michael Haug (KULT): „Mein Ziel ist es, die offene Gesellschaft in der wir leben, zu erhal- ten und weiterzuent- wickeln. Und das geht am Besten vor Ort, in der Stadt, im Gemein- derat, wo wir ganz nah an den Menschen sind und auf deren Be- dürfnisse eingehen können.“ vergessen. Zentral arbeite ich auch dafür, dass christliche Herzenshal- tungen und Werte ein gutes Mitei- nander fördern und Karlsruhe eine Stadt voller Perspektive und Zu- kunft für alle ist.“ Joschua Konrad (GRÜNE): „Karlsruhe soll eine lebenswerte Stadt sein – heute und morgen. Deshalb setze ich mich im Gemeinderat gute Lebensbedingungen für alle Men- schen in der Stadt ein – ohne dabei die Ressourcen von morgen zu zerstören.“ Johannes Krug (CDU): „Karlsruhe ist meine Heimat. Für sie und ihre Bürger will ich die Zukunft mitgestalten und gemeinsam Probleme lösen. Wenn ich mir dabei treu bleibe und zugleich anderen noch in die Augen sehen kann, dann ist Kom- munalpolitik für mich erfolg- reich.“ Uwe Lancier (KULT): „Grundsätzlich arbeite ich im Stadtrat mit dem Ziel, die Bedürfnisse aller Bewohner und Besucher Karlsruhes miteinander in Einklang zu bringen. Dafür möchte ich die Transparenz in der kommunalen Verwaltung verbes- sern. Besonderes Augenmerk hat für mich der Verkehr in der Stadt, wo private und gewerbliche Kfz, ÖPNV und Fuß- und Radverkehr abgestimmt und alle Orte barrie- refrei erreichbar sein sollen.“ Dr. Ute Leidig (GRÜ- NE): „Mir ist es wich- tig, dass alle Men- schen in Karlsruhe gut und gesund leben können. Besonders setze ich mich für Familienfreundlichkeit, ein vielfältiges Kulturangebot und die naturnahe ,Stadt im Grünen’ ein.“ Sven Maier (CDU): „Aus der Mitte der Bürgerschaft, gemein- sam mit der Zivilge- sellschaft und der Ver- waltung, unsere Heimatstadt wei- terentwickeln, das ist eine Faszi- nation und Herausforderung zu- gleich! Mit Elan und Freude unse- re junge Stadt, die erst vor etwas mehr als 300 Jahren entstand, auf ihrem weiteren Weg in eine ge- deihliche Zukunft eine gute Weg- strecke verantwortlich begleiten.“ Parsa Marvi (SPD): „Ich setze mich für ein lebenswertes Karlsru- he für alle Menschen in unserer Stadt ein, unabhängig von Herkunft, Ge- schlecht oder sozialem Status. Mehr bezahlbarer Wohnraum, eine gute Kita-Versorgung und eine nachhaltige Stadtentwick- lung sind dabei zentrale Anliegen, für die sich die SPD stark macht.“ Zoe Mayer (GRÜNE): „Mit meiner Arbeit im Gemeinderat will ich Karlsruhe zu einer grü- neren Stadt machen. Ich engagiere mich für eine gesunde Umwelt für Menschen und Tiere und für gute Lebensbe- dingungen für alle.“ Bettina Meier-Augen- stein (CDU): „Mir geht es bei der Arbeit im Gemeinderat um die Stadt und um die Men- schen, die hier leben. Ich möchte als Stadträtin mithelfen, dass Karlsruhe lebens- und liebenswert bleibt; ein Ort, den auch nachfol- gende Generationen so als Heimat lieben, wie ich es tue.“ Yvette Melchien (SPD): „Karlsruhe mitzuge- stalten und mit ande- ren Verantwortung für meine Stadt zu über- nehmen, deshalb bin ich im Gemeinderat tätig. Mein Ziel ist, dass in Karlsruhe jeder gut leben kann, und gerade Menschen, die Förderung und Hilfe benötigen, sollen auf eine starke Stadtgesell- schaft zählen können.“ Irene Moser (SPD): „Ich lebe gerne in Karlsruhe und freue mich die An- liegen der Mitbürgerin- nen und Mitbürgern im Gemeinderat vertreten zu dürfen. Der Weg zu beitragsfreien Kitas, gleiche Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen, bezahl- barer Wohnraum und als sport- politische Sprecherin natürlich der Sport und die Bäder liegen mir besonders am Herzen.“ Eduardo Mossuto (FÜR Karlsruhe): „Ver- ankert in den Stadttei- len möchte ich bei der Meinungsbildung in- nerhalb des Stadtrates mitwirken. Ich stehe für die Chancengleichheit für die Bürgerinnen und Bürger.“ Dirk Müller (CDU): „Mit meiner über 30- jährigen Berufserfah- rung bei der Karlsruher Polizei ist für mich die Sicherheit in unserer Stadt ein zen- trales Thema meiner kommunalpo- litischen Arbeit im Gemeinderat.“ Dr. Thomas Müller (CDU): „Für und mit den Bürgerinnen und Bürgern Karlsruhe als lebenswerte und sozia- le Stadt erhalten.“ Hans Pfalzgraf (SPD): „In meiner Funktion als Gemeinderat möchte ich als Binde- glied und Vermittler die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltung und Wei- terentwicklung unserer Stadt ein- binden und dabei im Interesse ei- nes ausgewogenen und sozialen Miteinanders einen möglichst breiten Konsens suchen. Ziel muss sein, dass sich alle in unserer Stadtgesellschaft wohlfühlen und gerne in Karlsruhe leben.“ Tilman Pfannkuch (CDU): „Karlsruhe ist Oberzentrum, wir sind Technologieregion, wir sind Eurodistrikt Pami- na! Wir schulden unserer Region einen pulsierenden Wirtschaftsmo- tor mit einer intakten Infrastruktur. Eine starke Stadt braucht starke Stadtteile. Dazu will ich mit meiner Arbeit im Stadtrat beitragen.“ Istvan Pinter (GRÜ- NE): „Mein Engage- ment soll dazu beitra- gen, dass sich eine zu- kunftsorientierte und nachhaltige Politik in Karlsruhe durchsetzt. Dazu gehören für mich Vermeidung von sozialer Not, eine intakte Umwelt, viel Stadtgrün, ausreichend Wohnraum, gute An- gebote des ÖPNV sowie attraktive Fahrrad- und Fußwege.“ Renate Rastätter (GRÜNE): „Für mich ist eine gute Lebens- qualität für Jung und Alt in unserer schönen Stadt ein wichtiges Ziel. Dazu ge- hören eine hervorragende Infra- struktur für Familien, zu der auch kostenfreie Kitas gehören, ein breites Kultur- und Sportangebot sowie ein Biotopverbund aus ar- tenreichen Natur- und Grünflä- chen mit hohem Erholungswert.“ Dr. Paul Schmidt (AfD): „Durch gezielte Fragen und Redebeiträge mit Sachverstand setze ich mich im Gemeinderat und in der öffentlichen Diskussion dafür ein, dass für uns Bürger und für unsere Stadt die bestmöglichen Entscheidungen getroffen werden. Das heißt: Entscheidungen für die jeweils beste Option nach unab- hängiger Abwägung aller Mög- lichkeiten und der dazugehörigen Chancen und Risiken.“ Stefan Schmitt (partei- los): „Als parteiloser Einzelstadtrat kann man nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Mein Ziel war, die Themen Sicher- heit, schuldenfreier Haushalt und die Nachteile einer hemmungslosen Nachverdichtung in den Fokus zu rücken und das ist mir gelungen.“ Sibel Uysal (SPD): „Stadträtin meiner Heimatstadt zu sein, ist für mich eine verant- wortungsvolle und eh- renvolle Aufgabe. Ich will mich der Herausforderung für eine lie- bens- und lebenswerte Stadt stel- len, bei der Stadtentwicklung mit- wirken und die Themen gute Bil- dung und Teilhabe an der Stadt- gesellschaft im Blick behalten.“ Jürgen Wenzel (FW): „Wir Freien Wähler sind keine Partei, aber eine starke politische Kraft, in Baden-Würt- temberg stellen wir die meisten lo- kalen Mandatsträger. Wir wollen sachorientierte Kommunalpolitik, sozusagen – von Bürgern für Bür- ger – ohne vorgegebene Partei- ideologie und -zwänge.“ Karin Wiedemann (CDU): „Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen. In die- sem Sinne engagiere ich mich für unser Miteinander, für unsere Stadtteile, für unsere Stadt. Wir haben eine Verantwortung für- einander und dieser Aspekt ist meine Leitlinie, an der sich meine Arbeit im Gemeinderat orientiert.“ Erik Wohlfeil (KULT): „Als jüngster Frakti- onsvorsitzender in Karlsruhes Geschichte liegen mir die Interes- sen der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders am Herzen: Beste Bildungsange- bote, vielfältige Freizeitangebote, vorbildliche Verkehrsmöglichkei- ten auch ohne Auto, also zu Fuß, per Rad oder mit dem ÖPNV, und natürlich Nachhaltigkeit durch Na- turschutz, Klimaschutz und gene- rationengerechtes Wirtschaften.“ Michael Zeh (SPD): „Karlsruhe will ich zur weltoffenen, wirtschaft- lich attraktiven, moder- nen und sozialen Stadt weiterentwickeln, in der alle Men- schen gleiche Chancen haben.“ Sabine Zürn (DIE LIN- KE): „Ich möchte Men- schen ermutigen, sich einzumischen und ihre Stadt zu gestalten. Es gibt so viele Möglichkeiten, etwas zu verändern! Und ich streite für die Anliegen derer, die keine Lobby haben.“ Grafik: Presse- und Informationsamt / Streeck Sonderseite1.pdf (p.1) Sonderseite2.pdf (p.2) Sonderseite3.pdf (p.3) Sonderseite4.pdf (p.4)
https://www.karlsruhe.de/b4/aktuell/offene_tuer/HF_sections/content/ZZnOeflRQLp2Od/ZZnRyVQN1nTlyG/Sonderausgabe_zum_Tag_der_offenen_Tuer.pdf
pbook_korrektur2a.indd INHALT Grußworte 2 Zum Geleit 18 Boris Groys: Postkommunistische Privatisierungen 26 Susanne Laugwitz: Von Katalonien nach Moskau Innere und äußere Wege eines Festivals 28 Programmteil des Badischen Staatstheaters 32 Programmteil der Stadt Karlsruhe 60 Bildende Kunst / Ausstellungen 64 Musik 86 Literatur / Vorträge & Lesungen 118 Wissenschaft / Symposion 140 Varieté / Lebensart / Mode 148 Film 154 Sponsoren 178 Veranstaltungsorte 180 Kartenvorverkauf 182 Bildnachweis Impressum 18. EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE 2006 1 > Grußwort Als die Europäischen Kulturtage Karlsruhe 1983 voller Optimismus, Wagemut und Neugier an den Start gingen, bewiesen die Initiatoren des Festivals fast visionären Weitblick. Wer konnte voraussehen, dass unser Kontinent einmal mit solcher Dynamik und Geschwindigkeit zusammen- wachsen würde: Eiserne Grenzen trennten Ost und West, die deutsche Teilung war noch längst nicht überwunden. Wer die heutigen politischen Verhältnisse mit denen der 80-er Jahre des vorigen Jahrhunderts ver- gleicht, spürt den atemberaubenden Hauch der Geschichte. Diese spannende Erfahrung war es auch, die den Geist der Europäischen Kulturtage in Karlsruhe von Anfang an beflügelte und durch die gemein- same Trägerschaft mit dem Badischen Staatstheater als hochgeschätz- tem Festivalpartner ihren beständig wachsenden Erfolg erklärt. Aktuell in ihrer Themenwahl und kreativ in ihrer Programmvielfalt haben die Kulturtage in über 20 Jahren den Gang der europäischen Entwicklung ideenreich mitverfolgt. So hat sich Karlsruhe als idealer Standort für ein Festival diesen Zuschnitts erwiesen, zumal das Stichwort Wachstum auch einen kultu- rellen Begriff in unserer Stadt markiert. Nicht zuletzt mit dem fabelhaf- ten Zentrum für Kunst und Medientechnologie verzeichnet Karlsruhe im Zeitraum seit Beginn der Europäischen Kulturtage einen signifikanten Zuwachs an leistungskräftigen Kulturträgern, die das geistige Profil des Zentrums am Oberrhein geschärft und bereichert haben. So kann das Festival buchstäblich aus dem Vollen schöpfen. Um das große Konzert der Institutionen, die sich am Programm beteiligen, dürfte Karlsruhe von vielen Städten beneidet werden. Auch der mustergültigen Unterstützung durch das Land Baden- Württemberg verdanken die Europäischen Kulturtage ihren sicheren Bestand. Die Zusage der neuen Landesregierung, das Festival auch in Zukunft ohne jedes Wenn und Aber zu fördern, löst in Karlsruhe große Freude aus und wird auch 2006 mit einem ebenso umfangreichen wie anspruchsvollen Angebot gerechtfertigt. Das Thema »Moskau« ver- spricht in Korrespondenz mit früheren Festspielthemen, die den Blick auf den Osten Europas richteten, ein innovatives Kulturerlebnis mit vielen Facetten, mit spannenden Gastspielen, einem weitreichenden Panorama mit Ausstellungen, Vorträgen, Konzerten und Symposien. Die 18. Auflage des florierenden Festivals untermauert Karlsruhes Ruf als Kulturstadt Ersten Ranges. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen dabei! Heinz Fenrich Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe Приветственное слово В 1983-ем году, когда с большим оптимизмом, со смелостью и с любопытсвом впервые были проведены Дни европейской культуры, их организаторы оказались довольно дальнозоркими. Кто тогда мог угадать, что наш континент может слиться с такой динамикой и скоростью: железный занавес разделял Запад и Восток, а воссоединение обеих немецких республик было еще далеко впереди. Тот, кто сравнивает сегодняшние политические отношения с ситуацией восьмидесятых годов прошлого века, чувствует захватывающее дыхание истории. Этот занимательный опыт с самого начала являлся духом Дней европейской культуры. А сотрудничество с Баденским государственным театром – нашим многоуважаемым партнером – принесло еще больший успех фестивалю. Актуальность в выборе тем, творческая многогранность программ, множество идей сопровождают более двадцати лет течение и развитие Дней европейской культуры. Город Карлсруэ оказался идеальным местом для проведения такого фестиваля, тем более что в понятии «развитие» в нашем городе подразумевают понятие «культура». Не последнюю роль сыграл заме- чательный Центр Искусства и Медиатехнологии Карлсруэ в значительном увеличении числа участников – различных культурных организаций, которые подчеркивают и обогащают дух нашего центра на Верхнем Рейне. Таким образом фестиваль может черпать из многих источников. Я уверен, что многие другие города завидуют городу Карлсруэ, а именно – тому множеству учреждений, которые участвуют в программе. Благодаря щедрой поддержке со стороны земли Баден-Вюртемберг, Дни европейской культуры имеют солидную базу. Обещание правительства земли способствовать фестивалю и в будущем без всяких ограничений, очень радует нас, что подтверждается богатой и отвечающей самым взыскательным требованиям программой. Тема «Москва» обещает нам в диалоге с предыдущими темами, которые направили наш взгляд на Восточную Европу, новые многогранные впечатления, с интересными гастролями, богатой панорамой выставок, докладов, концертов и симп- озиумов. 18-ые Дни европейской культуры подчеркивают имя города Карлсруэ как города культуры первого ранга. Я желаю Вам приятного пребывания на фестивале! Хейнц Фенрих Обербургомистр города Карлсруэ 3 >< 2 5 > Mot de bienvenue Lorsque les initiateurs des Journées européennes de la culture, rem- plis d’optimisme, d’audace et de curiosité, les lancèrent en 1983, ils firent preuve d’une clairvoyance quasiment visionnaire. Qui aurait alors pu prévoir que l’est et l’ouest se rapprocheraient avec une telle dynamique et une telle rapidité ? Un rideau de fer séparait notre continent et la division de l’Allemagne était loin d’être surmontée. Celui qui compare la donne politique d’aujourd’hui avec celle des années 1980 du siècle précédent sent le souffle de l’Histoire plein de suspense. C’est précisément cette expérience tout à fait passionnante qui, dès le début, a donné des ailes à l’esprit des Journées européennes de la culture de Karlsruhe et qui explique le succès grandissant sans cesse de ce fes- tival porté conjointement avec notre très estimé partenaire le Badisches Staatstheater. En plus de 20 ans, les Journées de la culture, au faîte de l’actualité dans leurs choix thématiques et faisant preuve d’une créativité exemplaire dans la variété de leur programme, ont accompagné l’évolution de l’Europe avec une grande richesse d’idées. Ainsi, Karlsruhe s’est avérée être idéale comme lieu pour organiser un festival de cette envergure puisque, dans notre ville, le mot-clé « crois- sance » peut aussi être consacré à la culture. En effet, depuis les débuts des Journées européennes de la culture, Karlsruhe a connu une augmentation notable du nombre d’institutions culturelles performantes, qui renforcent et enrichissent le rayonnement spirituel de ce centre du Rhin Supérieur, à commencer par le fabuleux Zentrum für Kunst und Medientechnologie. Nombre de villes doivent envier Karlsruhe au vu du grand nombre et de la qualité des institutions qui contribuent à cette programmation. Le soutien financier exemplaire du Land de Bade Wurtemberg garan- tit la pérennité des Journées européennes de la culture. La promesse du nouveau gouvernement du Land de poursuivre, sans hésitation aucune, le financement de ce festival a suscité une joie immense à Karlsruhe qui se montre cette fois encore digne de cet engagement avec une offre caracté- risée par une variété et une qualité remarquables. Le thème « Moscou » tisse un lien avec les thèmes de festivals précédents consacrés à l’est de l’Europe et promet une expérience culturelle sans pareille aux multiples facettes avec des spectacles passionnants par des troupes invitées, un large éventail d’expositions, de conférences, de concerts et de symposiums. La 18ème édition de ce festival au succès florissant consolide la répu- tation de Karlsruhe comme ville culturelle de premier ordre. Je vous souhaite d’agréables moments. Heinz Fenrich Maire de la Ville de Karlsruhe < 4 Words of welcome When the first European Culture Days was staged in Karlsruhe in 1983, illustrating a great deal of optimism, boldness and curiosity, the festival‘s initiators proved nearly visionary far-sightedness. Who could then have foreseen that at some point in the future our continent would grow together with such dynamics and speed: An Iron Curtain separated East and West, and the German division was not overcome by a long shot. Anyone comparing today‘s political situation to that of the 1980s certain- ly feels the breathtaking breeze of history blowing. It was precisely this exciting experience that has given wing to the spirit of the European Culture Days in Karlsruhe right from the start, its growing success certainly due to the effective cooperation with our esteemed festival partner, the Baden State Theater. In the twenty years of its existence, the European Culture Days in Karlsruhe has resourcefully paid tribute to recent European history with current topics and creative program diversity. Karlsruhe has proven to be the ideal venue for a festival of this cha- racter, as our city‘s cultural sector is ever expanding. And the magnificent Center for Art and Media (ZKM) is only one of a number of strong cultural entities that have sharpened and enriched the intellectual profile of this cultural center on the Upper Rhine. Thus, the festival literally draws on powerful resources. When looking at the concert of institutions involved in the program, Karlsruhe will certainly be the envy of many other cities. The reliable continuity of the European Culture Days is also due to the exemplary backing provided by the state of Baden-Württemberg. Our new state government’s promise to definitively continue to support the festival in the future was received in Karlsruhe with great joy and will also be validated in 2006 with an extensive and demanding program. This year’s topic, »Moscow«, compared to earlier festival topics with a focus also placed on Eastern Europe, again promises an innovative, multi-faceted cultural event with a myriad of guest performances and a far-reaching panorama of exhibitions, lectures, concerts, and symposia. The 18th edition of this flourishing festival confirms Karlsruhe’s repu- tation as a first-class cultural city. May you enjoy the festival! Heinz Fenrich Mayor of the City of Karlsruhe 7 > Приветственное слово Уважаемые участники и гости Дней европейской культуры в городе Карлсруэ! Позвольте поприветствовать Вас по случаю проведения Дней европейской культуры в городе Карлсруэ. Искренне рад тому что именно Москва стала в этом году центральной темой этого масштабного фестиваля. Программа Дней предусматривает множество театральных постановок, художественных выставок, кинопоказов, концертов, литературных чтений. Через призму произведений российских и московских авторов жители Карлсруэ и других европейских городов смогут познакомиться с прошлым и настоящим культурного облика Москвы. Москва – это город, который не стоит на месте, он постоянно изменяется, он растет по всем направлениям, приобретает новые черты, сохраняя при этом старинные традиции и присущие только ему своеобразие. Правительство Москвы уделяет большое внимание развитию и поддержке культуры, в нашем городе ежедневно проходит большое количество различных выставок, театральных премьер и концертов. Неотъемлимой частью современной культурной жизни города стали мероприятия, проводимые в рамках Дней городов мира в Москве. Ежедневно московские артисты и деятели искусства участвуют в международных выставках, фестивалях, семинарах. За последние годы при поддержке Правительства Москвы бвло отремонтировано и построено большое количество учреждений культуры, в том числе Московский междугародный дом музыки, новые театры и картинные галереи. Познакомиться с современным обликом столицы России и последить, как он менялся с течением времени, все интересующиеся смогут, посетив фотовыставку «Москва. Портрет столицы», которая включает в себя большое количество документальных фотографий из жизни города и его жителей. Пользуясь случаем, желаю всем участникам и гостям фестиваля получить удовольствие от этого культурного события, которое, по моему мнению, должно надолго остаться в памяти посетителей и подтолкнуть многих посетить Москву и увидеть воочию всю красоту и многообразие нашего города. Ю. М. Лужков МЭР МОСКВЫ < 6 Grußwort Sehr geehrte Teilnehmer und Gäste der Europäischen Kulturtage Karlsruhe, anlässlich der Europäischen Kulturtage Karlsruhe darf ich Sie herzlich begrüßen. Ich freue mich aufrichtig, dass in diesem Jahr gerade Moskau Hauptthema dieses bedeutenden Festivals geworden ist. Das Programm der Kulturtage sieht eine Vielzahl von Theaterauffüh- rungen, Kunstausstellungen, Filmvorführungen und literarischen Lesungen vor. Durch die Werke russischer und Moskauer Künstler und Schriftsteller können die Bürgerinnen und Bürger von Karlsruhe und anderen euro- päischen Städte die Vergangenheit und die Gegenwart des Kulturlebens Moskaus kennen lernen. Moskau ist eine Stadt, die nicht stehen bleibt, sie verändert sich ständig, wächst in jeder Hinsicht, nimmt neue Züge an und bewahrt dabei doch ihre alten Traditionen und ihre ureigenen Besonderheiten. Die Stadtverwaltung von Moskau widmet der Entwicklung und Förderung der Kultur große Aufmerksamkeit. In unserer Stadt findet jährlich eine große Anzahl ver- schiedenster Ausstellungen, Theateraufführungen und Konzerte statt. Die Veranstaltungen im Rahmen des Festivals »Die Städte der Welt zu Gast in Moskau« sind ein unverzichtbarer Teil des derzeitigen kulturellen Lebens der Stadt geworden. Und alljährlich nehmen Moskauer Kunstschaffende aller Art an internationalen Ausstellungen, Festivals und Seminaren teil. Im Lauf der letzten Jahre wurde mit Unterstützung der Stadt Moskau eine große Anzahl von Kultureinrichtungen renoviert oder neu erbaut, so z. B. das Moskauer Internationale Haus der Musik sowie mehrere neue Theater und Kunstgalerien. Alle, die daran interessiert sind, haben mit dem Besuch der Ausstellung »Moskau – Porträt einer Hauptstadt« Gelegenheit, das moderne Gesicht der russischen Hauptstadt kennen zu lernen und zu verfolgen, wie es sich im Lauf der Zeit verändert hat. Diese Ausstellung beinhaltet viele Dokumentarfotografien aus dem Leben der Stadt und ihrer Bewohner. Hiermit darf ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, allen Gästen des Festivals wünschen, dass sie dieses kulturelle Ereignis genießen kön- nen, das meines Erachtens den Besucherinnen und Besuchern lange im Gedächtnis bleiben wird und das vielen Anreiz sein wird, Moskau zu besu- chen, um mit eigenen Augen die ganze Schönheit und Mannigfaltigkeit unserer Stadt zu sehen. Ju. M. Luschkov Der Bürgermeister der Stadt Moskau 9 > Mot de bienvenue Chers participants et hôtes des Journées européennes de la culture de Karlsruhe, A l’occasion des Journées européennes de la culture, j’ai le plaisir de vous souhaiter à tous la bienvenue. Je suis vraiment très heureux que le thème choisi cette année pour ce festival d’envergure soit Moscou. Le programme de ces journées culturelles prévoit un grand nombre de représentations théâtrales, d’expositions artistiques, de projections de films et de lectures. Les citoyennes et citoyens de Karlsruhe et d’autres villes européennes auront ainsi, par le biais des œuvres d’artistes et d’écrivains russes et moscovites, l’opportunité de découvrir la vie culturel- le de Moscou d’hier et d’aujourd’hui. Moscou est une ville perpétuellement en mouvement, qui évolue sans cesse et croît à tous points de vue, et qui revêt une nouvelle apparence tout en conservant ses anciennes traditions et ses traits distinctifs. La munici- palité de Moscou accorde une grande attention au développement et à la promotion de la culture. Chaque année a lieu dans notre ville un nombre important d’expositions, de représentations théâtrales et de concerts d’une grande variété. Les manifestations organisées dans le cadre du festival « Les villes du monde invitées à Moscou » font partie intégrante de la vie culturelle actuelle de la ville. Et chaque année, les artistes, tous genres confondus, participent à des expositions, des festivals et des séminaires internationaux. Au cours des dernières années, grâce au soutien de la ville de Moscou, de nombreuses structures culturelles ont pu être rénovées, d’autres construites telles que la Maison Internationale de la Musique de Moscou ainsi que plusieurs nouveaux théâtres et galeries d’art. Toutes celles et tous ceux que cela intéresse auront la possibilité de découvrir le visage moderne de la capitale russe et de suivre son évolution au cours du temps en visitant l’exposition « Moscou – portrait d’une capi- tale ». Cette exposition, composée de nombreuses photographies, docu- mente la vie de la ville et de ses habitants. Ainsi, je souhaite à toutes les participantes et à tous les participants de ce festival et à tous les hôtes qu’ils puissent profiter pleinement de cet événement culturel dont les visiteurs garderont longtemps, selon moi, un excellent souvenir. J’espère également que cela suscitera le désir de nom- bre d’entre eux de venir découvrir de leurs propres yeux toute la beauté et la diversité de notre ville Moscou. Iouri M. Loujkov Le Maire de Moscou < 8 Words of welcome Dear Participants and Guests of Karlsruhe’s European Culture Days, I heartily welcome you to the European Culture Days in Karlsruhe. I am truly pleased that Moscow has become the main topic of this impor- tant festival this year. The Culture Days’ program includes numerous theater performances, art exhibitions, film presentations, and literary readings. The residents of Karlsruhe and other European cities will be able to get to know the past and present of Moscow’s cultural life through the works of Russian and Muscovite artists and authors. Moscow is a city that doesn’t stand still; it changes constantly, growing in every way, taking on new elements while continuing to retain its old traditions and its very own characteristics. Moscow’s city council dedica- tes a great deal of attention to the development and support of culture. Every year, a great number of the most diverse exhibitions, theater per- formances, and concerts take place in our city. The events that take place during the festival »The Cities of the World in Moscow« have become an indispensable part of the current cultural life of the city. And every year, all kinds of Moscow’s artists take part in international exhibitions, festi- vals, and seminars. During the last few years, a great number of cultural facilities were renovated or rebuilt with the support of the city of Moscow – Moscow’s International House of Music and several new theaters and art galleries to name a few. All those who are interested in getting to know and follow the modern face of the Russian capital city and how it has changed over the course of time now have the opportunity to do so by visiting the exhibition »Moscow – Portrait of a Capital City.« This exhibition contains much documentary photography from life in the city and its residents. I would like to wish all participants and guests of the festival much enjoyment at this cultural event, which in my opinion will remain in visitors’ memories for a long time, sparking an impulse for many to visit Moscow in order to see the entire beauty and diversity of our city with their own eyes. Ju. M. Luschkov The Mayor of Moscow 11 > Приветственное слово С 1983 года город Карлсруэ совместно с Государственным театром в Карлсруэ регулярно проводит Дни европейской культуры. В этом году центральной темой является Москва. По этому поводу я сердечно приветствую всех зарубежных гостей и наших соотечественников, посетивших фестиваль. Устроителям Дней европейской культуры каждый раз удается по- новому познакомить людей с богатой панорамой европейских культур. Значительное количество художественных произведений из области музыки, литературы, кинематографии и изобразительного искусства свидетельвуют в этом году о многосторонней культурной жизни в Москве. Как столица Москва является фокусом различных культурных влияний и одновременно местом зарождения новых художественных форм. Прошлое и традиции встречаются там с модерном и авангардом. Дни европейской культуры в Карлсруэ дают русским деятелям искусства и культуры возможность по-новому истолковать произведения старых русских художников, писателей и композиторов или представлять новые собственные формы искусства. В дискуссиях за круглым столом самые компетентные специалисты смогут общаться с компетентной публикой или просто с заинтересованными людьми. Земля Баден-Вюртемберг открыта для всех. Международные праздники и фестивали пользуются всегда большим успехом. Дружеская атмосфера и интернациональный колорит делают Дни европейской культуры выдающимся событием в богатой панораме культуры земли Баден-Вюртемберг. Я желаю всем нашим гостям приятного пребывания в земле Баден- Вюртемберг. Всем посетителям хочется пожелать интересных и наполненных впечатлениями моментов в сердце нашей земли. Гюнтер Х. Еттингер Премьер-министр земли Баден-Вюртемберг < 10 Grußwort Seit 1983 präsentieren die Stadt Karlsruhe und das Badische Staats- theater Karlsruhe regelmäßig die Europäischen Kulturtage Karlsruhe. In diesem Jahr steht Moskau im Mittelpunkt. Ich grüße dazu alle Gäste aus dem In- und Ausland sowie alle Besucherinnen und Besucher des Festivals sehr herzlich. Mit den Europäischen Kulturtagen gelingt es den Veranstaltern immer wieder aufs Neue, den Menschen die große Vielfalt der europäischen Kulturen nahe zu bringen. Eine bedeutsame Zahl musikalischer, literari- scher, cineastischer und malerischer Kunst zeigt in diesem Jahr das viel- seitige kulturelle Leben in Moskau. Als Metropole ist sie Brennpunkt ver- schiedener kultureller Einflüsse und gleichzeitig Geburtsort neuer Kunst. Vergangenheit und Tradition treffen dort auf Moderne und Avantgarde. Mit dem Karlsruher Festival bietet sich russischen Kunstschaffenden und Kulturleuten ein Forum, auf dem sie die Werke alter russischer Maler, Schriftsteller oder Komponisten neu interpretieren oder neue, eigene Kunst präsentieren werden. In Diskussionsrunden werden sich ausgewie- sene Fachleute mit dem Fachpublikum sowie interessierten Laien austau- schen können. Baden-Württemberg ist ein weltoffenes Land. Internationale Feste und Festivals finden immer wieder einen breiten Anklang. Die freundli- che Atmosphäre und das internationale Flair machen die Europäischen Kulturtage zu einem besonderen Ereignis der Kulturlandschaft Baden- Württembergs. Ich wünsche allen unseren Gästen eine schöne Zeit in Baden- Württemberg. Allen Besucherinnen und Besuchern wünsche ich interes- sante und kulturreiche Stunden in der badischen Residenzstadt. Günther H. Oettinger Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg. 13 > Mot de bienvenue Depuis 1983, la Ville de Karlsruhe et le Badisches Staatstheater Karlsruhe proposent régulièrement les Journées européennes de la culture. Cette année, Moscou est à l’honneur. Pour cet événement, je souhaite la bienvenue à tous nos hôtes venus d’Allemagne et de l’étranger ainsi qu’à toutes celles et à tous ceux qui vont assister au festival. Grâce aux Journées Européennes de la culture, les organisateurs parvi- ennent, à chaque nouvelle édition, à faire connaître aux hommes la grande diversité des cultures européennes. Un nombre considérable d’œuvres d’art musicales, littéraires, cinématographiques et picturales révèle cette année les multiples facettes de la vie culturelle à Moscou. Cette métropole est le carrefour passionnant d’influences culturelles différentes et en même temps le berceau d’un art nouveau. Le passé et la tradition y rencontrent la modernité et l’avant-garde. Le festival de Karlsruhe offre aux acteurs de la vie culturelle et aux artistes russes un forum où ils vont proposer de nouvelles interprétations d’œuvres créées par des peintres, des écrivains ou des compositeurs du passé ou présenter un art nouveau qui leur est propre. Lors de tables ron- des, des spécialistes reconnus pourront échanger leurs idées avec un public d’experts et avec des amateurs de culture avertis. Le Bade Wurtemberg est un Land ouvert sur le monde. Les manifes- tations et les festivals internationaux y rencontrent toujours une large audience. L’ambiance amicale et la dimension internationale font des Journées européennes de la culture un événement particulier du paysage culturel en Bade Wurtemberg. Je souhaite à tous nos hôtes un séjour agréable en Bade Wurtemberg. À toutes celles et à tous ceux qui vont suivre le Festival, je souhaite des moments intéressants et riches en culture dans la ville de résidence bado- ise. Günther H. Oettinger Ministre-Président du Land de Bade Wurtemberg < 12 Words of welcome The city of Karlsruhe and the Baden State Theater Karlsruhe have been staging the European Culture Days on a regular basis since 1983. This year, our center of attention is Moscow. I would like to extend a heartfelt welcome to all Festival visitors from near and far. Our festival coordinators have once again accomplished the task of conveying the great variety of European cultures to visitors within the framework of the European Culture Days. This year, a significant number of musical, literary, cinematic and artistic events will portray the multi- faceted cultural life found in Moscow. A metropolis, Moscow is the focus of various cultural influences, while simultaneously the birthplace of new art. It is here that tradition and the past join modern and avant-garde elements. This Karlsruhe Festival offers Russian artists in various fields and those active in the cultural sector a forum for reinterpreting the works of old Russian masters, authors, and composers as well as for presenting their own new art. Discussions will give interested laypersons the opportu- nity to exchange thoughts with recognized experts. Baden-Württemberg is a cosmopolitan state in which international festivals have found great favor time and again. A friendly atmosphere and international flair make the European Culture Days a very special event within Baden-Württemberg’s cultural makeup. I hope you enjoy your time in Baden-Württemberg and that you are able to participate in interesting and culturally enriching hours in Baden’s residence city. Günther H. Oettinger Prime Minister of the State of Baden-Württemberg 15 > Приветственное слово В этом году в г. Карлсруэ проводятся 18-ые Дни европейской культуры. Богатая панорама культурных событий представлена на этом фестивале, где деятели искусства, организаторы и гости могут общаться и дискутировать на исторические, общественные и политические темы. Множество тематических рубрик предыдущих Дней европейской культуры расширяется сегодняшним кульминационным пунктом форума, темой которого будет русский мегаполис Москва, город, занимающий именно на Востоке особое место в бурной истории Европы и в эпохальных изменениях на всем континенте. Чтобы освещать значение этого центра культуры, промышленности, финансов и научных исследований, организаторы фестиваля составили разностороннюю программу, в числе которой гастроли известных театров, красочные панорамы искусств, выдающиеся концерты, доклады самых компетентных референтов и интересные встречи с литераторами. Научный симпозиум, который затронет различные общественно-политические темы современности и культурно-исторические процессы прошлого, даст нам возможность общаться на международном уровне. Дни европейской культуры стали неотъемлемой частью культурных событий земли Баден-Вюртемберг. Тщательно подобранное сочетание актуальности, историзма, тематическое разнообразие сделали прочным и плодотворным проект, который пользуется большим уважением и за пределами нашей Земли. Кроме того, Дни – результат тесного и творческого сотрудничества между землей Баден-Вюртемберг в лице Баденского государственного театра, который дополняет фестиваль, как всегда, важной собственной программой, и муниципалитетом города Карлсруэ. Поэтому Дни заслуживают финансовую поддержку правительства Земли. Этими словами я приветствую всех гостей 18-ых Дней европейской культуры и желаю им множества глубоких впечатлений! Проф. д-р Петер Франкенберг Министр наук, исследований и искусств земли Баден-Вюртемберг < 14 Grußwort Zum 18. Mal finden in Karlsruhe die Europäischen Kulturtage statt. Charakteristisch für dieses hochkarätige Festival ist die enorme Bandbreite der künstlerischen Gattungen, mit denen sich Kunstschaffende, Veranstalter sowie die Besucherinnen und Besucher mit historischen, gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen auseinandersetzen. Der große Kreis der bisherigen Kulturtagethemen wird nun um einen Höhepunkt erweitert. Thema wird die russische Metropole Moskau sein, eine Stadt, die im Osten in ganz besonderer Weise für die wechselvolle Geschichte Europas und den epochalen Wandel des Kontinents steht. Um den Stellenwert dieses großen Kultur-, Industrie-, Finanz- und Forschungszent- rums zu beleuchten, haben die Festival-Verantwortlichen wieder ein vielfäl- tiges Programm zusammengestellt, darunter profilierte Theatergastspiele, farbige Panoramen der Kunst, erstklassige Konzerte, Vorträge mit hoch- rangigen Referenten und anregende Literaturbegegnungen. Das wissen- schaftliche Symposium, das verschiedene gesellschaftspolitische Themen der Gegenwart mit kulturgeschichtlichen Abläufen der Vergangenheit in Beziehung zu setzen versucht, bietet eine weitere Plattform für den inter- nationalen Diskurs. Mit ihrem unverwechselbaren Profil sind die Europäischen Kulturtage zu einem wichtigen Eckpfeiler der Kulturlandschaft Baden-Württemberg geworden. Ihre pointierte Mischung aus gezielter Aktualität, historischer Betrachtung und thematischer Vielfalt hat sich als höchst tragfähiges und ertragreiches Konzept bewährt und genießt über die Landesgrenzen hinweg großes Ansehen. Die Kulturtage sind außerdem das Ergebnis reibungs- loser Zusammenarbeit des Landes Baden-Württemberg – und zwar in Gestalt des Badischen Staatstheaters, das traditionell wesentliche eigene Programmpunkte beisteuert – mit der Stadt Karlsruhe. Darum verdienen sie auch die Unterstützung der Landesregierung. In diesem Sinne wünsche ich den Besucherinnen und Besuchern der 18. Europäischen Kulturtage in Karlsruhe viele nachhaltige Kulturerlebnisse! Professor Dr. Peter Frankenberg Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg < 16 17 > Words of welcome The European Culture Days in Karlsruhe is being staged for the eigh- teenth time this year. One main feature of this high-profile festival is the enormous breadth of artistic genres with which the artists, organizers, and festival visitors are approaching historical, social, and political questions. The broad range of previous topics is now to be topped by yet another highlight. This year‘s main topic will be the Russian metropolis Moscow, a city that, especially in the East, is a symbol of Europe‘s turbulent his- tory and the momentous changes occurring on this continent. In order to illustrate the significance of this great cultural, industrial, financial and research center, the festival organizers have once again put together a multifarious program, including distinguished guest performances by theater companies, colorful art panoramas, first-class concerts, lectures by high-ranking speakers, and inspiring literary encounters. The scientific symposium seeking to relate various sociopolitical topics of the present to cultural-historical developments of the past offers yet another platform for international discourse. Thanks to its distinctive profile, the European Culture Days has become an important cornerstone in Baden-Württemberg’s cultural landscape. Its carefully selected mixture of deliberate topicality, historical considerati- on, and thematic variety has proven to be a highly sustainable and fruit- ful concept, enjoying high standing near and far. The European Culture Days owes its success to the smooth cooperation between the State of Baden-Württemberg – represented by the Baden State Theater, which traditionally contributes a considerable number of its own productions to the program – and the city of Karlsruhe. Therefore, backing by the state government is well deserved. I wish all visitors to the 18th European Culture Days in Karlsruhe many lasting cultural experiences! Prof. Dr. Peter Frankenberg Minister for Science, Research and Art of the State of Baden-Württemberg Mot de bienvenue C’est la dix-huitième fois que les Journées Européennes de la culture ont lieu à Karlsruhe. La marque distinctive de ce festival exceptionnel est l’impressionnante variété de formes d’expression artistique, grâce aux- quelles les créateurs, les organisateurs ainsi que celles et ceux qui assis- tent aux manifestations s’interrogent sur des questions de société et des problèmes historiques et politiques. La large palette de thèmes abordés jusqu’à présent s’enrichit d’un nou- veau point d’orgue. Moscou est à l’honneur, cette métropole russe qui est, à l’est, le symbole tout particulier de l’histoire agitée de l’Europe et du changement d’époque qu’a connu le continent. Pour éclairer l’importance de ce grand centre culturel, industriel, financier et scientifique, les respon- sables du festival ont une fois encore prévu un programme diversifié, qui comprend des représentations théâtrales originales par des troupes invi- tées, des aperçus tout en couleurs de l’évolution artistique, d’excellents concerts, des conférences données par des spécialistes prestigieux et des rencontres littéraires passionnantes. Le colloque scientifique, qui tente de mettre en relation des sujets de société actuels avec des problématiques culturelles empruntées au passé, offre un forum supplémentaire pour les échanges internationaux. Par leur caractère incomparable, les Journées Européennes de la cul- ture sont devenues un élément important du paysage culturel du Bade- Wurtemberg. La synthèse judicieuse entre actualité ciblée, perspective his- torique et diversité thématique s’est imposée comme un concept pertinent et fructueux et connaît une renommée qui dépasse les frontières du Land. Les Journées de la culture sont en outre le résultat d’une parfaite coo- pération entre le Land de Bade-Wurtemberg – par le biais du Badisches Staatstheater, qui, respectant ainsi la tradition, apporte ses contributions propres au programme – et la ville de Karlsruhe. C’est pourquoi ces Journées méritent aussi le soutien du gouvernement du Land. C’est dans cet esprit que je souhaite à celles et ceux qui assistent aux 18èmes Journées Européennes de la culture beaucoup de moments inou- bliables! Professor Dr. Peter Frankenberg Ministre chargé de la promotion des sciences, de la recherche et des arts du Land de Bade-Wurtemberg 19 >< 18 Zum Geleit »Jeder russische Mensch fühlt, wenn er auf Moskau blickt, dass es seine Mutter ist«, sagte der große russische Schriftsteller Lew Tolstoi. Diese Stadt hat denn auch viel mit Herz zu tun, sie ist das Herz eines großen Landes, sie präsentiert sich herzlicher denn je – kein Wunder, dass uns der Musiker und Schriftsteller Misha Feigin »Moscow by heart« im Jazzclub näher bringen möchte. Auch wir haben uns der alten russischen Kapitale mit Herzblut gewidmet, denn sie hat sich uns bei den Besuchen zur Vorbereitung der Europäischen Kulturtage Karlsruhe von ihrer faszi- nierenden Seite dargeboten, als pulsierende, lebendige, florierende Stadt, hungrig nach Veränderung, nach Kultur, nach Neuem. Moskau wandelt sich: keine Spur mehr vom Einheitsgrau der sowjetischen Vergangenheit. Selbst der Kreml scheint jetzt zu lächeln. Moskau ist eine Stadt, die ihre eigene Neugier unmittelbar auf den Besucher überträgt. Zum Beispiel Neugier auf das Thema Oper. Statt der staubigen Bolschoi-Tradition von einst setzen die Moskauer jetzt auf jugendliches, experimentierfreundliches Musiktheater. Mit dem Ensemble der »Novaja Opera« Moskau kommt eine Truppe nach Karlsruhe, die zu den vielversprechendsten Häusern ihrer Art in Russland zählt und mit der fantastischen Oper »Der Dämon« von Anton Rubinstein eine gera- dezu sensationelle Wiederentdeckung in einer ambitionierten, dynami- schen und musikalisch hochrangigen Inszenierung verspricht. Sie bietet zugleich die Gelegenheit zur spannenden Korrespondenz mit einer nicht minder anspruchsvollen Eigenproduktion des Badischen Staatstheaters: »Mazeppa« von Peter Tschaikowski bildet den glanzvollen Auftakt des Festivals und zugleich die überfällige Würdigung eines leider vernachläs- sigten Werks. Überhaupt: Prallvoll ist das russische Theaterangebot. Das Gastspiel des Moskauer Theaterstudios Pjotr Fomenko mit »Ein absolut glückliches Dorf« von Boris Wachtin und Lew Tolstois »Krieg und Frieden« setzt ebenso spannende Akzente wie die Uraufführung von Terence Kohlers Ballettnovität »Anna Karenina« als weitere Frucht der höchst erfolgreichen Karlsruher Compagnie unter Birgit Keil. Gefolgt von Anton Tschechows »Platonow«, ebenfalls ein Karlsruher Eigengewächs wie der bereits im Repertoire befindliche »Eugen Onegin«, der nunmehr aufschlussreiche Vergleiche mit »Mazeppa« erlaubt. Auch die russischen »NachtKlänge« mit Neuer Musik, das Filmspektakel »Panzerkreuzer Potemkin« mit der Filmmusik Schostakowitschs und der Badischen Staatskapelle sowie ein von kräftigen russischen Klangfarben getöntes Sinfoniekonzert der Gäste der »Novaja Opera« markieren einen entdeckenswerten Streifzug durch russische Musik und Opernkunst. Wie in den Vorjahren fügt sich das Theaterprogramm wieder nahtlos in das von städtischer Seite konzipierte Angebot der anderen Sparten. Auch hier locken attraktive und einzigartige Projekte wie etwa die Sonderausstellung »Bilder eines Reiches« im Zentrum für Kunst und Medientechnologie, wo das Leben im vorrevolutionären Russland in einer faszinierenden Bilderserie dokumentiert wird. Zusammen mit der ersten internationalen Einzelausstellung Victor Alimpievs, des großen Moskauers und Meisters eindrucksvoller Inszenierungen, im Badischen Kunstverein und einer ganzen Reihe weiterer Expositionen russischer Bilderwelten. Mit der führenden Pianistin und Klavierpädagogin Professor Elena Kuznetsova vom berühmten Moskauer Tschaikowski-Konservatorium als Gast der Musikhochschule, dem Jazz-Pendant Simon Nabatov im Jazzclub, dem Landesjugendorchester Baden-Württemberg mit einem philharmo- nischen Exkurs zu Mussorgski und Tschaikowski über Rachmaninows »Ganznächtliche Vigil« bis hin zur 3. Karlsruher Komponistennacht im Zeichen von Schostakowitsch: Das Festival bietet Ihnen ein breitgefächer- tes musikalisches Panorama im Zeichen russischer Klangkunst! Viel Gewicht hat erneut die Literatur als weiterer Schwerpunkt. Le- sungen z.B. mit Wladimir Kaminer, Vorträge aller couleur und schließlich das Internationale wissenschaftliche Symposium, das mit dem zentralen Thema »Moskau – das Dritte Rom« den historischen Kern des Festivals trifft. Erneut wurden namhafte und kompetente Teilnehmer aus Kunst und Wissenschaft dazu eingeladen, um einen ausgesprochen komplexen Themenkreis zu diskutieren. Das deutsch-russische Verhältnis bildet dabei nur eine von vielen spannenden Fragestellungen. Die Filmstadt Moskau soll reflektiert werden, bei der Volkshochschule reichen die Beiträge vom Ikonen-Mal-Workshop bis zum Literaturcafé, Varieté der Weltklasse im Tollhaus und eine Designer-Modenschau im Modehaus Schöpf setzen schillernde Facetten. Die Europäischen Kulturtage gehen tatenfroh, ideenreich und opti- mistisch in ihre 18. Runde. Allen Beteiligten, sowohl unseren zahlreichen russischen Gästen, den Künstlern und Wissenschaftlern aus Karlsruhe und allen Besucherinnen und Besuchern wünschen wir unvergesssliche Fest- spielerlebnisse! Dr. Michael Heck Achim Thorwald Kulturreferent Generalintendant des der Stadt Karlsruhe Badischen Staatstheaters Karlsruhe 21 >< 20 К содержанию фестиваля «Глядя на Москву каждый русский человек чувствует, что она его мать» сказал великий русский писатель Л. Н. Толстой. В самом деле этот город – сердце огромной страны, он проявляется нам со всей сердечностью. Нас поэтому не поражает, что музыканту и писателю Михаилу Фейгину хочется познакомить нас в джазовом клубе с «Moskow by heart». И мы посвящаем себя с большой страстью старой русской столице так как во время нашего пребывания при подготовке к Дням европейской культуры мы имели возможность познакомиться с этим бурным, живым, цветущим городом, который жаждет изменений, культуры, нового. Москва изменяется: полностью исчезла монотонность советского прошлого. Кажется, что даже Кремль улыбается. Москва это город чье любопытство отражается в его гостях. Например, любопытство на тему «опера». Вместо старых традиций Большого театра москвичи предпочитают молодой музыкальный театр, открытый для экспериментов. Московский ансамбль «Новая опера», который приедет в Карлсруэ, считается одним из самых многообещающих трупп своего рода в России. Он продемонстрирует нам настоящую сенсационную находку в амбициозной, динамичной и чрезвычайно музыкальной постановке фантастической оперы Антона Рубинштейна «Демон». Одновременно это даст возможность сравнения с одной не менее замечательной постановкой Баденского государственного театра, «Мазепа». Эта опера Чайковского является блестящим открытием фестиваля и одновременно заслуженным поздним признанием этого за долгое время забытого произведения. В самом деле, панорама театральных постановок очень богата. Гастроли московского театра Петра Фоменко, который познакомит нас с пьесами «Одна абсолютно счастливая деревня» Бориса Вахтина и «Война и мир» Льва Толстого, будут кульминационными пунктами Дней наряду с премьерой балета Теренса Колера «Анна Каренина» результатом работы успешного балетного ансамбля под руководством Биргит Кайл. Дальше исполняется опера «Платонов» которая как и «Евгений Онегин» является собственной постановкой Баденского государсвенного театра Карлсруэ. «Евгений Онегин» уже находится в нашем репертуаре и позволяет интересные сравнения с постановкой «Мазепы». Русские «Ночные звоны» т. н. Новой музыки, показ фильма «Броненосец Потемкин» с музыкой Шостаковича в исполнении Баденского государственного оркестра, симфонический концерт с выразительными русскими звуковыми оттенками в исполнении гостей «Новой оперы» подарят нам интересные моменты при посещении русских опер и концертов. Как и в прошлые годы театральная программа гармонично сочетается с организованной муниципалитетом Карлсруэ программой в других областях. Есть увлекательные и уникальные проекты, как напр., специальная выставка «Картины империи» в Центре Искусства и Медиатехнологии, где изображается в захватывающих картинах «Жизнь в дореволюционной России». В Баденском объединении искусств показывается первая персональная выставка Виктора Алимпиева, великого московского автора выразительных инсценировок вместе с некоторыми выставками русского быта. Фестиавль предлагает Вам крайне богатую панораму русского музыкального искусства: выдающегося педагога по фортепьяно, профессора Елену Кузнецову из знаменитой московской консерватории им. Чайковского; Симона Набатова в джазовом клубе; молодежный оркестр земли Баден-Вюртемберг с филармоническим экскурсом по Мусоргскому и Чайковскому о «Всенощном бдении» Рахманинова; «Третью ночь композиторов», посвященную Шостаковичу. Литература по-новому является важной программой Дней. Чтения Владимира Каминера, разные доклады и в конце концов международный научный симпозиум на центральную историческую тему: «Москва – Третий Рим». Опять приглашены известные компетентные участники из областей искусств и наук чтобы общаться на эту крайне сложную тему. Русско-немецкие отношения обсуждаются здесь лишь как один из многих интересных вопросов. Отражена и роль Москвы как центра кинематографии. Народный университет города Карлсруэ предоставляет разные проекты, от курса «Как писать иконы» до «Литератуного кафе». Дальше театр-варьете мирового ранга в Толлхаузе и показ моделей в Доме мод Шепф. Устроители фестиваля со смелостью, с большим энтузиазмом и со многими новыми идеями осуществляют реализацию Дней европейской культуры. Всем участникам, всем нашим многочисленным русским гостям, всем художникам, артистам и ученым из Карлсруэ, всем нашим посетителям желаем мы незабываемых моментов. Д-р Михаил Хек Ахим Торвальд Заведующий отделом Главный управляющий культуры государственным театром земли Баден-Вюртемберг 23 >< 22 Foreword «When looking at Moscow, every Russian person feels that it is his or her mother,« the great Russian author Leo Tolstoy once said. It is obvious that this city thus has much to do with the heart; it is the heart of a large country, presenting itself more wholeheartedly than ever – no wonder then that musician and author Misha Feigin would like to introduce us to «Moscow by Heart« at Jazzclub. We have also heartily dedicated oursel- ves to this old Russian capital, a city that showed itself from its most fascinating side during our visits to it in preparation for the European Culture Days in Karlsruhe – as a pulsating, lively, flourishing city, hungry for change, for culture, and for that which is new. Moscow is changing: There is no longer any trace of the uniform grey of its Soviet past. Even the Kremlin seems to be smiling these days. Moscow is a city that relays its own curiosity directly to the visi- tor. A good example is its curiosity with regard to opera. Instead of the dusty Bolshoi tradition of yore, Moscow now puts its money on youthful, experimental musical theater. The Novaja Opera Moscow is an ensemble coming to Karlsruhe that is one of the most promising of its kind in Russia, and with Anton Rubinstein’s fantastic opera The Demon, it promises the absolutely sensational rediscovery of an ambitioned, dynamic, and musi- cally high-quality production. At the same time, it offers the opportunity of exciting correspondence with a no less demanding production of the Baden State Theater: »Mazeppa« by Peter Tchaikovsky fervently marks the festival’s opening, at the same time doing long overdue honor to an unfortunately overlooked work. And in general, our Russian theater offerings are absolutely bursting at the seams. The guest performance of the Moscow theater studio Piotr Fomenko with »An Absolutely Happy Village« by Boris Vachtin and Leo Tolstoy’s »War and Peace« are just as exciting as the premiere of Terence Kohler’s new ballet »Anna Karenina«, another of the highly successful Karlsruhe Compagnie’s performances under Birgit Keil. Followed by Anton Chekhov’s »Platonov«, another of Karlsruhe’s own productions, as is »Eugen Onegin«, already found in the repertoire, a work that allows instructive comparisons with »Mazeppa«. Russian »night sounds« fea- turing new and modern music, the film spectacle »Battleship Potemkin« with film music by Shostakovich and the Badische Staatskapelle as well as a symphony concert full of strong Russian tone coloring by Novaja Opera comprise an expedition through Russian music and opera well worth discovering. As in previous years, the theater program fits in seamlessly with the festival’s other sections as conceived by the city. Here, as well, one will find attractive and unique projects such as the special exhibition «Pictures of an Empire« at the ZKM Center for Art and Media, where life in pre-revo- lution Russia is documented in a fascinating series of pictures. Together with the first international individual exhibition of Victor Alimpiev, that great Muscovite master of impressive productions, at the Badische Kunst- verein (Baden Art Society) and a whole row of other expositions featuring Russian photographic worlds. Leading pianist and piano pedagogue Professor Elena Kuznetsova of the famed Tchaikovsky Conservatory in Moscow performs as a guest of the college of music, jazz counterpart Simon Nabatov plays at Jazzclub, the State Youth Orchestra Baden-Württemberg features a philharmonic excurse to Mussorgski and Tchaikovsky via Rachmaninoff’s «All-Night Vigil,« and the third Karlsruhe Composer Night falls under the sign of Shostakovich. You see that the festival offers a wide musical panorama under the sign of Russia’s art of melody-making! Literature is once again a weighty topic with readings such as that of Vladimir Kaminer, lectures of every shape and size, and finally the International Scientific Symposium, which hits the historical core of the festival with its central topic «Moscow – the Third Rome.« Once again, reputable and competent participants from the worlds of art and sci- ence were invited to discuss a pronouncedly complex circle of topics. The German-Russian relationship is only one of the many exciting topics to be parleyed here. Moscow as a city of film will also be reflected upon; the adult education center’s contributions extend from an icon painting workshop to a litera- ture café; Tollhaus will show world-class variety theater; and Modehaus Schöpf will hold a designer fashion show, each adding interesting facets to the whole. The European Culture Days go actively, full of ideas, and optimistically into its eighteenth edition. We hope for an unforgettable festival experi- ence for all participants, our numerous Russian guests, Karlsruhe’s artists and scientists, and all visitors! Dr. Michael Heck Achim Thorwald Head of Culture Director of the Badisches Staatstheater Karlsruhe 25 > ment l’intérêt, comme par exemple l’exposition temporaire »Images de l’Empire« au Zentrum für Kunst und Medientechnologie, où la vie dans la Russie pré-révolutionnaire est représentée dans une série fascinante de projets photographiques. En même temps que la première exposition inter- nationale consacrée à Victor Alimpiev, le grand artiste moscovite passé maître pour les installations impressionnantes, au Badischer Kunstverein et parallèlement à beaucoup d’autres expositions dédiées aux mondes russes des images. Avec l’éminente pianiste et professeure de musique Elena Kuznetsova, du célèbre conservatoire moscovite Tchaïkovski, invitée par le conserva- toire supérieur de musique, avec son pendant en jazz, Simon Nabatov, au Jazzclub, avec l’orchestre de jeunes talents du Land de Bade-Wurtemberg avec un itinéraire philharmonique qui mène à Moussorgski et Tchaïkovski en passant par les »Vêpres« de Rachmaninov et, enfin, avec la Troisième nuit des compositeurs de Karlsruhe, placée sous le signe de Chostakovitch: Le festival vous propose un panorama musical aux multiples facettes pour découvrir la virtuosité sonore russe ! Une fois encore, la littérature occupe une place de choix. Des lectures, comme par exemple celle de Vladimir Kaminer, des conférences innom- brables et enfin le congrès scientifique international qui est consacré au thème central »Moscou – La troisième Rome« et qui traite du noyau historique du festival. Une nouvelle fois, on a pu inviter des participants réputés et compétents, venus du domaine artistique et scientifique, pour discuter d’un ensemble de thèmes particulièrement complexes. Les rela- tions germano-russes ne seront qu’une des nombreuses problématiques passionnantes qu’on y abordera. Moscou, ville du film, fera l’objet de manifestations ; à la Volkshoch- schule, les activités iront de l’atelier de peinture consacré aux icônes jusqu’au café littéraire ; un spectacle de music-hall de grande classe au Tollhaus et un défilé de mode de grands couturiers au Modehaus Schöpf constitueront d’autres événements exceptionnels. Les Journées européennes de la culture sont en route pour leur 18e édi- tion, avec enthousiasme, d’innombrables idées et beaucoup d’optimisme. À tous les participants, aussi bien à nos nombreux hôtes russes, aux artistes et aux scientifiques de Karlsruhe et à toutes celles et ceux qui assisteront aux manifestations, nous souhaitons des moments inoubliables lors de ce festival ! Dr. Michael Heck Achim Thorwald Directeur du service Directeur du culturel de la ville de Badisches Staatstheater Karlsruhe de Karlsruhe < 24 Avant-propos »En regardant Moscou, chaque Russe sent au fond de lui-même que la ville est sa mère«, disait le célèbre écrivain russe Léon Tolstoï. D’ailleurs, la ville est vraiment une affaire de cœur, puisqu’elle constitue le cœur d’un pays immense et qu’elle ne s’est jamais présentée sous un visage aussi cordial qu’aujourd’hui. Il n’est donc pas surprenant que le musicien et écrivain Misha Feigin veuille nous faire découvrir »Moscow by heart« au Jazzclub. Nous aussi, nous nous sommes consacrés de tout cœur à la capitale russe, dans la mesure où, lors de chacun de nos déplacements en vue de préparer les Journées européennes de la culture de Karlsruhe, elle s’est présentée sous ses atours les plus fascinants – une ville trépidante, vivante, florissante, assoiffée de changements, de culture, de nouveauté. Moscou est en pleine mutation : il ne reste plus aucune trace de la grisaille uniforme de son passé soviétique. Même le Kremlin semble sourire. Moscou est une ville qui partage sa propre curiosité avec le spectateur. La curiosité que suscite l’opéra, par exemple. Laissant derrière eux la tradition poussiéreuse du Bolchoï en vigueur jadis, les Moscovites misent sur un théâtre musical jeune et expérimental. Ainsi, en invitant la troupe du Novaïa Opera de Moscou, Karlsruhe accueille l’un des ensembles russes les plus prometteurs, qui propose, avec l’opéra fantastique »Le Démon« d’Anton Rubinstein, une redécouverte tout simplement sensationnelle dans une mise en scène ambitieuse, dynamique et d’une qualité musicale remar- quable. Cette représentation sera l’occasion d’établir des correspondances passionnantes avec une production tout aussi exigeante du Badisches Staatstheater : »Mazeppa« de Piotr Tchaïkovski constitue la somptueuse ouverture du festival qui permettra en outre de rendre hommage à une œuvre trop longtemps négligée. De manière générale, la sélection de spectacles théâtraux est très riche : la production du studio théâtral Piotr Fomenko »Un village abso- lument heureux« d’après Boris Vakhtine et »Guerre et paix« de Léon Tolstoï sont aussi passionnants que la création d’»Anna Karénine«, un ballet novateur de Terence Kohler, qui est une nouvelle fois le fruit du travail fourni par la compagnie de Karlsruhe sous la direction de Birgit Keil. Suivis de »Platonov« d’Anton Tchékov, également une production locale au même titre qu’ »Eugène Onéguine«, qui est déjà au répertoire, qui permet désormais des comparaisons éclairantes avec »Mazeppa«. De même, le cycle »NachtKlänge« avec de la musique contemporaine russe, le spectacle cinématographique »Le Cuirassé Potemkine« avec la musique de Chostakovitch et de l’orchestre Badische Staatskapelle ainsi qu’un concert symphonique aux puissantes sonorités russes donné par les hôtes du Novaïa Opera présentent un bel aperçu pour partir à la découverte de la musique et de l’opéra russes. Tout comme lors des éditions précédentes, le programme théâtral s’intègre à nouveau parfaitement dans l’offre culturelle génerale, conçue par la Ville. D’autres projets séduisants et originaux suscitent égale- 27 >< 26 BORIS GROYS Postkommunistische Privatisierungen Die heutige russische Kunst operiert weitgehend mittels der indivi- duellen Appropriierung des kollektiven seelischen und symbolischen Erbes der sowjetischen Kultur. Dadurch ist sie freilich der westlichen Kunst der Postmoderne nicht unähnlich. Denn die Appropriation, oder Aneignung oder, wenn man will, Privatisierung fungiert ohnehin als lei- tendes Kunstverfahren im Kontext der internationalen Gegenwartskunst. Die meisten Künstler appropiriieren heute unterschiedliche historische Stile, religiöse oder ideologische Symbole, massenproduzierte Wahren, weitverbreitete Werbung, aber auch die Arbeiten der einzelnen berühmten Künstler. Die Kunst der Appropriation versteht sich dabei als Kunst nach dem Ende der Geschichte: Es handelt sich nicht mehr um die individu- elle Produktion des Neuen, sondern um die Verteilungskämpfe, um den Streit über die Eigentumsrechte, um die Chance des Individuums auf die Akkumulation des privaten symbolischen Kapitals. Alle von der heuti- gen Kunst appropriierten Bilder, Objekte, Zeichen und Stile zirkulieren nämlich ursprünglich als Wahren innerhalb eines Marktes, der von pri- vaten Interessen immer schon dominiert wird. So wirkt die künstlerische Appropriation in diesem Kontext aggressiv und subversiv – als eine Art symbolischer Piraterie, die sich an der Grenze zwischen Erlaubtem und Verbotenem bewegt und die Umverteilung wenn nicht des realen, dann zumindest des symbolischen Kapitals erprobt. Die russische post-kommunistische Kunst appropriiert dagegen aus dem riesigen Fundus der Bilder, Zeichen und Texte, die eigentlich nie- mandem mehr gehören – und als kollektives Erbe aus den Zeiten des Kommunismus ganz ruhig auf dem Müllhaufen der Geschichte liegen, statt in kommerziellen Informationsnetzen heftig zu zirkulieren. Die postkom- munistische Kunst hat nämlich ebenfalls ein Ende der Geschichte hinter sich aber es handelt sich nicht um das liberal-kapitalistische, sondern um das sozialistische Ende der Geschichte. Die eigentliche Zumutung des realen Sozialismus stalinistischer Prägung bestand doch gerade in der Behauptung, dass in der Sowjetunion der Klassenkampf, die Revolution und sogar jede Art gesellschaftlicher Kritik an ihr historisches Ende ange- langt sind dass die Erlösung aus der Hölle der Ausbeutung und des Krieges immer schon stattgefunden hat. Die realen Zustände in der Sowjetunion wurden als identische mit den idealen Zuständen nach dem Endsieg des Guten über das Böse proklamiert. Der reale Ort, an dem sich der sozi- alistische Lager etabliert hat, wurde zum Ort der realisierten Utopie ausgerufen. Man braucht und brauchte schon damals keine besondere Anstrengung oder Einsicht, um zu beweisen, dass diese Behauptung eine kontrafaktische ist, dass die offizielle Idylle staatlich manipuliert ist, dass der Kampf weiter geht, sei es der Kampf für das eigene Überleben, sei es der Kampf gegen die Repression und Manipulation, sei es die permanente Revolution. Und trotzdem: Die berühmte Behauptung »Es ist vollbracht« ist genau- so unmöglich mit dem bloßen Verweis auf die faktischen Ungerechtigkeiten und Unzulänglichkeiten aus der Welt zu schaffen, wie die nicht weniger berühmten Lehrsätze »Athman ist Brahman« und »Sansara ist Nirvana«. Nun ist die postkommunistische Kunst eine solche, die aus dem einen Zu- stand nach dem Ende der Geschichte in den anderen Zustand nach dem Ende der Geschichte geraten ist – aus dem realen Sozialismus in den postmoder- nen Kapitalismus. Oder: Aus der Idylle der universalen Enteignung nach dem Ende des Klassenkampfes in die endgültige Resignation hinsichtlich der schlechten Unendlichkeit, in der sich die immer gleichen Verteilungs-, Appropriations- und Privatisierungskämpfe permanent wiederholen. Die westliche künstlerische Postmoderne, die diese schlechte Unendlichkeit reflektiert und zugleich genießt, will sich manchmal kämpferisch, manch- mal zynisch – aber auf jeden Fall kritisch zeigen. Die postkommunistische Kunst erweist sich dagegen als immer noch in der kommunistischen Idylle tief verankert – sie privatisiert und erweitet diese Idylle, statt ihr zu ent- sagen. Deswegen scheint die postkommunistische Kunst oft zu harmlos, zu wenig kritisch und radikal zu sein. Und in der Tat: Sie folgt der uto- pischen Logik der Inklusion, nicht der realistischen Logik der Exklusion, des Kampfes, der Kritik. Es handelt sich hier um die erweiterte Logik der kommunistischen Ideologie, die international sein wollte und eine dialek- tische Einheit aller Gegensätze angestrebt hat – aber letztendlich doch in den Konfrontationen des Kalten Krieges steckengeblieben ist, indem sie sich gegen alle Zeichen des westlichen Kapitalismus gewehrt hat. So wollte schon die unabhängige, inoffizielle Kunst des späten Sozialismus das Ende der Geschichte noch konsequenter denken und die Utopie der friedlichen Koexistenz aller Völker, Kulturen und Ideologien sowohl auf den kapitalistischen Westen, wie auch auf die vergangene, vorkommunis- tische Geschichte ausdehnen. Solche russischen Künstler der 60er-70er Jahre, wie Ilya Kabakov oder Vitali Komar und Alexander Melamid, ver- folgten immer schon die Strategie einer solchen konsequenten Inklusion: Sie schufen Räume einer künstlichen Idylle, in denen Zeichen, Bilder und Texte friedlich koexistieren konnten, die in der politischen Realität des Kalten Krieges als unvereinbare empfunden wurden. Die künstlerischen Strategien der ideologischen Versöhnung jenseits der Gräber des Kalten Krieges haben damals eine erweiterte und radikalisierte Utopie angekün- digt, die auch ihre Feinde in sich miteinschliessen wollte. Diese Politik der Inklusion haben viele russische und osteuropäische Künstler auch nach der Auflösung der kommunistischen Regime weiterverfolgt. Diese Art radika- lisierter utopischer Inklusivität wurde oft als Ironie missverstanden – es handelte sich aber vielmehr um eine posthistorische Idylle, die nicht nach den Differenzen, sondern nach den Analogien suchte. < 28 29 > SUSANNE LAUGWITZ Von Katalonien nach Moskau Innere und äußere Wege eines Festivals Bis in unwegsames Gelände führten sechs Wochen Kulturprogramm. Entlegene Pyrenäentäler öffneten sich für mystische Entdeckungen, Sprache entpuppte sich als linguistisches Abenteuer, Politik als Folge tragischer Wechselfälle, Konflikte und Zuspitzungen, Kunst und Musik als vitaler Spiegel eines spannenden Kapitels unseres Kontinents. Das außergewöhnliche Thema »Katalonien« 1983 als Programm an sich: keine ausgetretenen Pfade, keine vordergründigen Effekte, kein Starrummel, kein kultureller Massenkonsum, keine organisatorische Bequemlichkeit – stattdessen Lust auf Neuland, beflügelnde Neugier, Offenheit für alles Fremde, thematische Vielfalt mit kritischem Weitblick. Ein Anfang war gemacht, ein Festival geboren: die Europäischen Kul- turtage Karlsruhe. Das Wagnis des Jahres 1983 hat sich im Rückblick mehr als gelohnt, auch strukturelle Täler und wirtschaftliche Prüfstände wurden bewältigt in all den Jahren bis heute. Es gab ein erstes Emblem: Ein bunter Leuchtpfeil vor offenem Him- mel, zuversichtlich und selbstbewusst. Er prägte sich ein und stand für Kreativität, Kontinuität, Kompetenz, Kooperation. Nur diesen Konstanten verdankt die Reihe ihre beständige Präsenz im kulturellen Spektrum von Karlsruhe. Kreativität: Die Europäischen Kulturtage stecken geistige Räume ab. Der Wechsel zwischen örtlich definierten Themen und übergeordneten Größen europäischer Geschichte ermöglicht mehrdimensionale Perspektiven. Und damit auch Programme, die viele Menschen, jung und alt, aus nah und fern ansprechen. Die wachsenden Besucherzahlen belegen, dass die Europäischen Kulturtage von Jahr zu Jahr auf größeres Interesse stoßen. Im breiten Panorama zwischen Klassik und Jazz, alter und neuer Kunst, wissenschaftlichen Symposien und zeitgenössischem Theater findet ein bunt gemischtes Publikum jeglicher Herkunft spezifische Anregungen. Das Spektrum soll allen zugänglich sein. Und so ergeben sich im Konzert der Künste immer neue, anregende und herausfordernde Festspielfixpunkte. Und neue Formen der Vermittlung, die seit dem Start des Großevents hinzu gekommen sind. Modernes Stadtmarketing hat längst erkannt, dass die Kultur zu den wesentlichen Faktoren florierender Stadtentwicklung gehört. Die Europäischen Kulturtage haben in dieser Hinsicht Pionierarbeit geleis- tet, von der Kinowerbung bis zum Internetauftritt erstreckt sich ein detail- lierter Werbeplan, der die interessierte Öffentlichkeit frühzeitigst infor- miert und die eher Kultur-Abstinenten mit neuen Präsentationsangeboten auf unbekanntes Terrain lockt. Kultur ist der Motor der Zukunft, erst recht im Image-Profil dieser Stadt und im reichen Panorama des Landes Baden-Württemberg. Kontinuität: Der Weitblick der Initiatoren der frühen achtziger Jahre, die Europäischen Kulturtage Karlsruhe als Gegenmuster zu flüchtigen Event-Konzepten als dynamische Kulturplattform im Reigen des Karlsruher Kulturpanoramas zu verankern und sie damit zu einem entwicklungs- und ausbaufähigen Kernelement städtischer Kulturpolitik zu machen, wurde mit reicher Ernte belohnt. Im Rückblick ergibt sich ein komplexer the- matischer Zusammenhang europäischer Geschichte und Gegenwart, der dank nachhaltiger Strukturen im Lauf nahezu eines Vierteljahrhunderts zusehends an Dynamik gewonnen hat. Erst im Kontext früherer Festivals schärft sich das Profil des aktuellen Programms: »Moskau«, Mittelpunkt der Europäischen Kulturtage 2006, gerät vor dem Hintergrund früherer thematischer Schwerpunkte wie etwa »Gegenwart« (1988), »Widerstand« (1994), »St. Petersburg« (1996) und auch den gleichsam synoptischen Zyklen um das »KunstStück Zukunft« (2000) und »Mythos Europa?« in ein noch brisanteres Schlaglicht. Aber Kontinuität bedeutet nicht bloß die Wiederholung erfolgreicher pro- grammatischer Grundmuster, sondern auch Zuwachs und Wandel. Gerade aus dem Prinzip der Verzahnung städtischer Kulturressourcen beziehen die Kulturtage nunmehr seit mehreren Jahrzehnten fließende Quellen. Der Versuch, auf aktuelle Prozesse der Stadtentwicklung und der Kulturszene einzugehen, auch neue Partner für die gemeinsame Anstrengung höchster Vielfalt zu gewinnen, machen Flexibilität zur Grundvoraussetzung. Ein zentrales Beispiel hierfür ist das in wenigen Jahren zur Weltspitze aufge- stiegene Zentrum für Kunst und Medientechnologie, das sich dem Festival immer bereitwillig öffnete, Gastgeber und Gast zugleich war. Das ZKM, in einem sowohl funktional wie architektonisch vorbildlich wiederbelebten Industriedenkmal und in einem Stadtteil angesiedelt, der dadurch erheb- lich an Bedeutung gewonnen hat, markiert zugleich eine ideelle urbane Kulturlandschaft. Somit berühren die Europäischen Kulturtage nicht nur die historisch-politischen Koordinaten Europas, sondern auch den dynami- schen städtischen Kulturraum. Kompetenz und Kooperation: Der vorzügliche Ruf und die führende Position vieler Karlsruher Kulturinstitutionen gehören zum Fundament des Festivals, das durch den Beteiligten-Kreis aus städtischen und landeseige- nen Institutionen das vom Deutschen Städtetag formulierte Ideal der Ver- netzung städtischer Kulturkräfte kongruent erfüllt. An erster Stelle steht hierbei ein außergewöhnliches Trägerschaftsmodell des Gesamtereignisses: Die Stadt Karlsruhe und das Badische Staatstheater präsentieren die Kul- turwochen als gemeinsam Verantwortliche für Programminhalt wie Ma- nagement. Jahrelange vertrauenschaffende Zusammenarbeit haben zur Potenzierung dieser partnerschaftlichen Kräfte geführt. Ein empfehlens- wertes Modell für viele Bereiche! In ihren Themenstellungen reflektieren die Europäischen Kulturtage auch die Brüche, Widersprüche und Kontraste des Kontinents Europa. Es bieten sich nicht nur Podien zur geistigen Auseinandersetzung, son- < 30 31 > dern auch Orte der menschlichen Begegnung. Die Weltoffenheit einer Stadt spiegelt sich auch in der Vielfalt der Völker und Nationen, die sie bereits als Gäste empfangen hat. Katalonien war das erste von vielen Beispielen, zu denen auch die Slowakei, die Türkei und Russland gleich mehrfach gehören. Ebenso Estland, 1992 Thema des Festivals. Aus der Begegnung mit dem kleinen baltischen Staat, der damals ums politische Überleben kämpfte, entwickelte sich ein dauerhafter, fruchtbarer und freundschaftlicher Austausch: Die damaligen Europäischen Kulturtage führten zur Gründung der Deutsch-Estnischen Gesellschaft in Karlsruhe, die bis heute die internationalen menschlichen Kontakte pflegt – und nütz- liche, in Form von Stipendien für junge Esten, die in Deutschland studie- ren. Nachhaltigkeit in Reinform. In den Programmzyklen spiegelt sich auch ein »gehen mit der Zeit«. Dafür steht beispielhaft St. Petersburg, Modellfall für einen thematischen roten Faden. 1990, als es um das Themendoppel »Städtegründungen – Gründungs- städte« ging, gehörte die faszinierende Zarenstadt an der Newa schon ein- mal zum Gegenstand des Programms, hieß damals aber noch Leningrad. In den Programmbüchern, die ein kleines und aufschlussreiches Kompen- dium geraffter Europäischer Kulturgeschichte bieten, lässt sich die Spur der stürmischen Entwicklung dieses Knotenpunkts jüngster kontinenta- ler Zeitgeschichte verfolgen. Wie eine geseufzte Liebeserklärung klang 1990 die poetische Huldigung des Schriftstellers und Wissenschaftlers Lev Uspenskij an seine Heimatstadt, die mit der Erfahrung des chao- tischen Revolutionsjahrs 1917 und der katastrophalen Blockade wäh- rend des Zweiten Weltkriegs wie kaum eine andere Metropole noch heute die Narben der Welthistorie trägt. Sechs Jahre später schon fügte Karl Schlögel in seinem ausführlichen Aufsatz »Ach, Sankt Petersburg« dem melancholisch-verzaubernden Porträt dieser Stadt einen weiteren Stoßseufzer hinzu, nunmehr im Lichte der plötzlich und radikal veränder- ten Verhältnisse. Mit dem Wechsel ins neue Jahrtausend betraten auch die Europäischen Kulturtage Neuland. Das äußere Erscheinungsbild, nunmehr im Zeichen von Rottönen im Baukastensystem von Überschneidung und Verflechtung, deutete den Willen, die Dynamik veränderter Zeitströmungen und immer neue Formen der Kulturvermittlung aufzugreifen. Das Stichwort »KunstStück Zukunft« markierte im Jahr 2000 zugleich auch die Neuori- entierung des Festivals, das seinen Fokus verstärkt auf »Künftige Optionen und Konditionen der Kunst« (so ein Aufsatz von ZKM-Vorstand Peter Weibel) richtet. Mit dem Schwerpunkt »Mythos Europa?« trat 2002 die Herausforderung des Generalthemas auf den Plan. Mehr denn je geht es dabei um den Dialog der Künste. Das Badische Staatstheater, das seit je die interessantesten Blüten der zeitgenössischen europäischen Theaterszene sondierte und nach Karlsruhe brachte, berei- chert damit künstlerische Tiefe und Internationalität der Reihe. Bleibenden Eindruck hinterließen spektakuläre Uraufführungen wie etwa die Oper »Graf Mirabeau« von Siegfried Matthus zum Thema »Französische Re- volution« 1989. So ermöglichten die vielfältigen Kontakte des Badischen Staatstheaters, aber auch der Musikhochschule und zahlreicher ambi- tionierter Ensembles der Stadt Querschnitte durch die Musikpflege der Zeit und des Kontinents. Singuläre Größen wie Wolfgang Rihm haben das Klang-Gesicht des Festivals ebenso mitgeprägt wie die zahllosen zeit- genössischen Komponisten aus aller Herren Länder, die unmittelbares Erleben Neuer Musik ermöglichten. Hort der Konzentration war und ist der Brückenschlag von West nach Ost. Nach dem beziehungsreich im Tableau europäischer Zentralpunkte beleuchteten Thema »Istanbul« vor zwei Jahren ergibt sich nun, zu dem vor über 20 Jahren begonnenen Prozess europäischer Erkundungen im Osten, mit »Moskau« die konzentrische Zuspitzung dieser Programmlinie und zugleich die Öffnung der Perspektive auf eine machtvolle »Trilogie der europäischen Geistesgeschichte« (Michael Heck), die später mit dem Thema »Rom« gekrönt werden soll. Moskau nun selbst, der Leuchtturm des Festivals 2006, ist die größte Stadt Europas. Sie hat 11 Millionen Einwohner, 15 Millionen mit den Randbezirken, der Autobahnring um die Stadt ist 109 km lang, es gibt dort 7 Kopfbahnhöfe und 4 Internationale Flughäfen. Als Kulturmetropole wartet die russische Hauptstadt z.B. mit 600 Theatern auf, darunter sieben Opernhäusern. Ein unüberschaubares Geflecht aus kunstvollen Strömungen und kreativen Gedankenflüssen, an dessen Ufer wir uns 23 Jahre nach »Katalonien« gemeinsam stellen wollen, um im Banne des vermittelnden Mediums der Kunstsparten diesen irisierenden Geist aufzu- nehmen, und einer prägenden Sprache europäischer Kultur und Identität zu lauschen, die sich mit unseren eigenen inneren Stimmen mischt. < 32 33 > BADISCHES STAATSTHEATER KARLSRUHE < 34 35 > THEATER Badisches Staatstheater Karlsruhe 18. Europäische Kulturtage Karlsruhe 2006 »Moskau« 22. April - 13. Mai 2006 Badisches Staatstheater Karlsruhe Generalintendant Achim Thorwald Verwaltungsdirektor Wolfgang Sieber Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Organisation: Dr. Jörg Rieker Simone Voggenreiter Petra Clemens Ingeborg Falke Gastspielkoordination: Sabine Bergmann M.A. Wolfgang Hilsenbek In Zusammenarbeit mit: < 36 37 > Eröffnung der Foto-Ausstellung Das neue Moskau Новая Москва Die Fotografien dieser Ausstellung vermitteln einen einzigartigen Eindruck, in welch kurzer Zeit sich das Erscheinungsbild Moskaus gewan- delt hat. Dabei hat sich der moderne Städtebau immer am Erhalt der architektonischen Besonderheiten und der Natur Moskaus orientiert. Musikalische Umrahmung: Balalaika-Orchester Iwuschka Mazeppa Мазепа Oper in drei Akten von Peter I. Tschaikowski – in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln Text von Wiktor Burenin nach dem Poem »Poltawa« von Alexander Puschkin, überarbeitet vom Komponisten Musikalische Leitung: Uwe Sandner Regie: Dominik Neuner Bühne: Roland Aeschlimann Kostüme: Ute Frühling Choreografie: James Sutherland Chor: Carl Robert Helg Mit: Mazeppa (Walter Donati / Edward Gauntt), Wassilij Leóntjewitsch Kotschubéj (Konstantin Gorny / Luiz Molz), Ljubóff, dessen Frau (Wilja Ernst-Mosuraitis), Maria Wassiljewna, seine Tochter (Barbara Dobrzanska / Rosita Kekyte), Andrej (Ks. Klaus Schneider / Mauro Nicoletti), Filipp Orlik, Vertrauter und Geheimagent Mazeppas (Mika Kares / Ulrich Schneider), Iskra, Oberster von Poltáwa (Ks. Hans-Jörg Weinschenk / John Pickering), Ein betrunkener Kosak (Michael Berner) Eintritt: 13,50 D bis 46,50 D (Premiere A) 8,50 D bis 30 D Die Handlung dieser selten aufgeführten Tschaikowski-Oper spielt zu Anfang des 18. Jahrhunderts in der Ukraine. Maria, die junge und schöne Tochter Kotschubejs, hat ein Liebesverhältnis mit dem wesentlich älte- ren Hetman Mazeppa. Der junge Andrej hingegen stößt bei Maria auf keine Gegenliebe. Mazeppa wirbt bei seinem Freund Kotschubej um die Hand der Tochter, wird jedoch auf Grund seines hohen Alters abgewiesen. Maria verlässt daraufhin mit Mazeppa gegen den Willen der Eltern ihr Zuhause. Jetzt will Kotschubej nur noch eines: Mazeppa vernichten. Als Hetmans langjähriger Freund und Vertrauter besinnt er sich auf dessen Wunsch, Alleinherrscher der Kosaken zu werden, was eine Lossagung vom Moskowiter-Zaren bedeuten würde sowie einen Anschluss an dessen Feind, den Schwedenkönig. Der von Maria zurückgewiesene Andrej ist es nun, der Zar Peter I. von Mazeppas geplantem Verrat unterrichten will. Doch Mazeppa kommt ihnen zuvor und verleumdet Kotschubej bei Peter I., was Marias Vater den Kopf kostet. Nachdem in der Schlacht von Poltawa die Schweden von Peter I. vernichtend geschlagen wurden, erscheint zum verhängnisvollen Schluss die wahnsinnig gewordene Maria, die in dem > Sa, 22. April 2006 18 Uhr Foyer THEATER > Eröffnung der 18. Europäischen Kulturtage Karlsruhe 2006 > Premiere A: Sa, 22. April 2006 18.30 Uhr Großes Haus Premiere B: Di, 25. April 2006 20 Uhr Großes Haus Weitere Vorstellungen: 27. April, 20 Uhr 29. April, 15 Uhr 3. Mai, 20 Uhr 5. Mai, 20 Uhr M AZ EP PA < 38 39 > lebens müden Mazeppa ihren Geliebten nicht mehr erkennt und dem sterbenden Andrej ein Wiegenlied singt. »Puschkins “Poltawa” wirft die Frage auf nach dem Verhältnis des Individuums – mit seinen Wünschen und Vorstellungen – zum unaufhalt- samen Lauf der Geschichte. Bei Tschaikowskis Aneignung von Puschkins Poem verlagerte der Komponist allerdings die Gewichte zugunsten der Figur der Maria, deren unbedingte, die Grenzen der gesellschaftlichen Konvention sprengende Liebe zu Mazeppa in den Mittelpunkt rückt. Am Ende, in Marias Wahnsinnsszene, wenn sie sich über ihre Mutter beklagt und das abgeschlagene Haupt ihres Vaters für sie zu einem Wolfskopf mutiert, wird deutlich, dass es die Strenge und der Starrsinn der Eltern waren, vor deren Druck die Tochter im Wahnsinn Schutz sucht.« (Sigrid Neef) Tschaikowski hat in »Mazeppa« (Uraufführung: 15. Februar 1884, Bolschoi Theater Moskau) mehrfach originale russische und ukrainische Volkslieder verarbeitet, jedoch ging es ihm nicht in erster Linie um eine realistische Schilderung der Lebensumstände des Volkes. Tschaikowskis motivisch-thematische Arbeit hebt die den Volksliedern verpflichteten Szenen aus der Sphäre des rein Realistischen heraus und verleiht ihnen so eine allgemeingültigere, tiefere Dimension. Die Geschichte der Menschheit ist immer auch eine Geschichte der Unmenschlichkeit. THEATER < 40 41 > ANTON TSCHECHOW Wilder Honig / (Platonow) Дикий мед/Платонов Anton Tschechows erstes Stück in einer Neufassung von Michael Frayn Deutsch von Ursula Lyn und Andreas Pegler Regie: Albert Lang Ausstattung: Peter Schubert Eintritt: 8 D bis 23 D Ein südrussisches Gut um 1875: Vor wenigen Jahren noch war Platonow ein lebenshungriger, zuversichtlicher junger Mann, übervoll mit Ideen für eine bessere Welt. Jetzt ist er ein desillusionierter und zynischer Dorfschullehrer, der sich zusammen mit seiner ungeliebten Frau Sascha in die Provinz zurückgezogen hat. Auf einem Sommerfest im Haus der rei- chen Witwe Anna Petrowna lässt er die Nachbarn, die ebenso wie er ori- entierungslos durch ihr Leben stolpern, seine intellektuelle Überlegenheit spüren: Er gibt den sarkastischen Hofnarren und spielt den charman- ten Verführer. Und hat damit auch noch Erfolg. Sein melancholischer Lebensekel weckt Begehrlichkeiten bei den Frauen. Die selbstbewusste Anna Petrowna will ihn zum Geliebten und seine ehemalige Jugendliebe Sofia möchte ihren Mann verlassen, um mit ihm anderswo neu anzu- fangen. Doch Platonow, der auch von einem wahren, sinnvollen Leben träumt, kann sich nicht entscheiden. Hin- und hergerissen zwischen Liebe und Langeweile, Eitelkeit und Selbstekel scheut er vor den Konsequenzen zurück, bis sie ihm aus der Hand genommen werden... Tschechows Jugendwerk, zwischen 1877 und 1881 entstanden, ist erst in seinem Nachlass als »Werk ohne Titel« entdeckt worden. Meist unter dem Namen seiner Hauptfigur »Platonow«, aber auch unter dem Titel »Die Vaterlosen« gespielt, hat Michael Frayn 1985 das Stück ent- schlackt und es unter dem Titel »Wilder Honig« für die Bühne neu bear- beitet. In einem tragikomischen Zeitportrait beschreibt Tschechows frühes Stück Figuren ohne Ideale, zeigt ihren Fatalismus und ihre unerfüllte Sehnsucht nach Liebe und einem erfüllten Leben. Tschechows lakonische Wirklichkeitsdarstellung der überlebten russischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts liest sich heute wie eine prophetische Diagnose der zeitgenös- sischen Orientierungslosigkeit. Denn die Frage Platonows »Warum leben wir nicht so, wie wir leben könnten?« droht in medialer Oberflächlichkeit, öffentlicher Lethargie und allgemeiner Resignation unterzugehen. Anton Pawlowitsch Tschechow, 1860 in Tanganrog geboren, revolu- tioniert als »Dramatiker der vertanen Chancen, der Stagnation und der Lebenslügen« die dramatische Dichtung des 20. Jahrhunderts. Er stirbt 1904 in Badenweiler an einem jahrelangen Lungenleiden. THEATER > Premiere: So, 23. April 2006 19 Uhr Kleines Haus Weitere Vorstellungen: 30. April, 19 Uhr 4. Mai, 20 Uhr 7. Mai, 19 Uhr 10. Mai, 20 Uhr < 42 43 > THEATERSTUDIO PJOTR FOMENKO, MOSKAU Ein absolut glückliches Dorf Одна абсолютно счастливая деревня von Boris Wachtin – in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln Regie: Pjotr Fomenko Eintritt: 8 D bis 23 D Das Theaterstudio Pjotr Fomenko setzt sich erstmals mit der wenig bekannten Prosa des St. Petersburger Schriftstellers Boris Wachtin ausein- ander. In der Inszenierung von Pjotr Fomenko geht es um Krieg, Frieden, Geburt, Tod und Liebe. Um viel Liebe und wenig Hass. Um die Liebe zum Dorf aus der Vorkriegszeit und zu seinen wunderlichen Bewohnern, um die Liebe zu einem Flüßchen, um die Liebe zu Feldern, die von Dorfmädchen gemäht werden, um die Liebe der Lebenden zu den Toten, um die Liebe der Toten zu den Lebenden und letztendlich um die Liebe der Haupthelden der Aufführung, die so gewaltig ist, dass sie die Grenzen des Lebens und des Todes, des Raumes und der Zeit überwindet. Und um Hass – aber höchs- tens auf die Dummheit der Menschen, die nun schon viele Jahre schreiben und schreiben, sich immer neue Dinge ausdenken und sich dennoch nichts ausgedacht haben, damit kein Blut mehr fließt und die Kriege aufhören. Die Inszenierung hat den Internationalen Stanislawski-Theater-Preis in der Kategorie »Beste Inszenierung der Saison« und den Preis der »Gol- denen Maske« für die Beste Kammertheaterinszenierung erhalten. Das Moskauer Theater Theaterstudio Pjotr Fomenko ist 1993 aus dem Studio von Pjotr Naumowitsch Fomenko an der Russischen Akademie für Theaterkunst hervorgegangen. Das Moskauer Theater »Theaterstudio P. Fomenko«, zu dessen Repertoire neue Autoren und russische Klassiker gehören, arbeitet eng mit dem Kulturkomitee der Regierung Moskaus zusammen. Das jetzige Theater ist quasi ein Kulturzentrum, wo die The- ateraufführungen nicht nur entstehen und aufgeführt werden, sondern wo auch die Studenten unterrichtet werden. Das Theater ist auf mehreren internationalen Festivals aufgetreten, u.a. bei den Berliner Festwochen, dem Festival in Avignon und der Bonner Biennale. Zahlreiche Gastspiele führten das Theater u.a. nach Italien, England, Israel, Frankreich, Öster- reich, in die Schweiz, nach Brasilien, nach Serbien, Belgien, in die Ukra- ine, sowie nach Spanien und Japan. THEATER > Mi, 26. April 2006 20 Uhr Kleines Haus Weitere Vorstellung: Do, 27. April 20 Uhr GAST SPIEL > EIN ABSOLUT GLÜCKLICHES DORF, Szenenfoto < 44 45 > NachtKlänge 2. Konzert Звуки ночи 2.концерт Neue Klänge aus Russland Werke von Boris Yoffe, Edison Denissow und Sofia Gubaidulina Sofia Gubaidulina: Quasi Hoquetus (1984) und Concordanza für Kammerensemble (1971) Edison Denissow: Hommage à Pierre (1985) Boris Yoffe: Kirchenfenster bei Nacht (2005) – Deutsche Erstaufführung – und Variationen (1998) – Uraufführung Mit Mitgliedern der Badischen Staatskapelle Musikalische Leitung und Moderation: Ulrich Wagner Eintritt: 9,50 D Für die Neue Musik der ehemaligen Sowjetunion gelten neben dem 1996 verstorbenen Edison Denissow die heute in Deutschland lebende Sofia Gubaidulina als mit die profiliertesten Vertreter. Sofia Gubaidulina wurde für kompositorisches Schaffen sowohl mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland als auch mit dem französischen Orden »Pour le mérite« ausgezeichnet. Dmitri Schostakowitsch prägte zu Sowjetzeiten entscheidend ihre kompositori- sche Haltung: Expressivität und Innerlichkeit sind in ihrer Musik kein Widerspruch. Das mag auch an der Einbeziehung zahlreicher literarischer, philosophischer und religiöser Inspirationsquellen liegen. Auch der ausgebildete Mathematiker Denissow betonte in seinem Schaffen den Einfluss der Intuition und den Reichtum atmosphärischer Klangfarben. Einst von Schostakowitsch entscheidend gefördert, löste er sich in seinem Werk zunehmend von seinem Lehrmeister wie von folklo- ristischen Einflüssen und wandte sich schließlich westlichen kompositori- schen Vorbildern zu. Im spannenden Vergleich zu diesen beiden international etablierten Künstlern präsentiert das Konzert der Nachtklänge auch ein Werk der jungen russischen Generation: Boris Yoffe wurde 1968 in St. Petersburg geboren, studierte Violine und Komposition u.a. in Tel Aviv und besuchte ab 1997 die Kompositionsklasse von Prof. Wolfgang Rihm – er ist also mittlerweile ein echter Karlsruher. Die kritische Auseinandersetzung mit musikalischer Intuition, literarischer Dichtung und traditioneller Mystik sind jedoch auch bei ihm Grundlage seines kompositorischen Universums. THEATER > Fr, 28. April 2006 21 Uhr INSEL > SOFIA GUBAIDULINA < 46 47 > THEATERSTUDIO PJOTR FOMENKO, MOSKAU Krieg und Frieden Teil I Война и мир.1.часть nach Lew Tolstoj – in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln Regie: Pjotr Fomenko Bühne: Wladimir Maksimow Kostüme: Maria Danilowa Eintritt: 8 D bis 23 D Der Aufführung des Moskauer Fomenko-Theaters liegt eine Drama- tisierung von Everett Christopher Dixon des ersten Teils des Tolstoj- Romans zugrunde. In ausgewählten Szenen spiegeln sich all die Momente wider, die den ganzen Roman prägen: das Zusammenspiel der persönlichen Erlebnisse der Protagonisten vor einem komplexen politischen Hinter- grund. Die Inszenierung, die 2002 auf dem Festival »Goldene Maske« in den Kategorien »Beste Kammertheater-Inszenierung«, »Beste Regie« und »Beste weibliche Rolle« ausgezeichnet wurde, gliedert sich je nach Ort des Geschehens in drei Teile: St. Petersburg, Moskau und Lyssyje Gory. Der Krieg hat noch nicht begonnen, doch die Welt ist bereits voller dunkler Vorahnungen. THEATER > Sa, 29. April 2006 19.30 Uhr Kleines Haus GAST SPIEL > KRIEG UND FRIEDEN TEIL I, Szenenfotos < 48 49 > OPERNGALA Eugen Onegin Евгений Онегин Lyrische Szenen in drei Akten von Peter I. Tschaikowski Text von Peter I. Tschaikowski und Konstantin S. Schilowski, nach einem Versroman von Alexander Puschkin (1830) – in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln Musikalische Leitung: Oleg Caetani (als Gast) Regie: Robert Tannenbaum Bühne: Peter Werner Kostüme: Ute Frühling Choreografie: Rosemary Helliwell Chor: Carl Robert Helg Gäste: Maria Fontosh (Tatjana), Dalibor Jenis (Onegin), Evgeny Akimov (Lenskij) Badischer Staatsopernchor, Badische Staatskapelle, Extra-Chor, Extra-Ballett Eintritt: 21 D bis 84,50 D Bewusst verzichtete Tschaikowski 1878 mit seiner Vertonung lyri- scher Szenen auf eine verzweigte Handlung, auf Exotik und pathetischen Ausdruck sowie auf alle sonst so üblichen Opern-Ingredienzien wie Gift, Intrige und Mord. »Ich suche ein intimes, aber starkes Drama, das auf Konflikten beruht, die ich selber erfahren oder gesehen habe, die mich im Innersten berühren können.« Die Librettisten gingen mit der strengen Auswahl einiger weniger Passagen aus der Versvorlage sogar noch einen Schritt weiter als Puschkin: widmete sich jener allein dem Ablauf des Denkens und Fühlens seines Titelhelden, entstanden bei Tschaikowski und Schilowski emotionale Momentaufnahmen dreier Protagonisten – die Oper vereint in drei Akten gleich drei in sich abgeschlossene Tragödien. Die starke innere Anteilnahme des Komponisten und sein eigenes Zerbrechen am bürgerlichen Moralanspruch machen »Eugen Onegin« zu einem seiner persönlichsten Zeugnisse. THEATER > Galavorstellung So, 30. April 2006 19 Uhr Großes Haus > EUGEN ONEGIN, Szenenfoto , < 50 51 > TIMNA BRAUER & ELIAS MEIRI ENSEMBLE »Der jüdische Liederschatz Osteuropas« Сокровищница еврейской песни восточной Европы Eintritt: 8 D bis 19,50 D Die ersten Pioniere des Staates Israel waren russische Einwanderer. Bis heute sind die beliebtesten Volkslieder dieses Landes ins Hebräisch übersetzte russische Lieder. Das Ostjudentum hat aber auch Westeuropa sehr stark geprägt. Jiddische Lieder und Klezmermusik erleben derzeit eine Blüte. Herausgerissen aus ihrem ursprünglichen Kontext, Hochzeiten und andere jüdische Feste zu begleiten, werden sie immer mehr fixe Bestandteile diverser Festivals und Konzertreihen. Sie finden einen Ehrenplatz in der Europäischen Kultur der Jahrtausendwende. Timna Brauer, Österreich-Israelin mit jemenitischer und russischer Herkunft präsentiert diese Tradition im Wandel der Zeit in dem sie etliche neue Klänge einfließen lässt, ob nun aus dem Jazz oder dem Orient, ohne dabei die ursprüngliche Essenz zu verlieren. »Jiddisch singen ist ein Bekennen zu seinen osteuropäischen Wurzeln«, meint Timna Brauer. > Di, 2. Mai 2006 20 Uhr Kleines Haus Weitere Vorstellung: Mi, 3. Mai 20 Uhr THEATER > TIMNA BRAUER < 52 53 > Anna Karenina Анна Каренина Ballett nach dem Roman von Lew N. Tolstoj, erschienen 1875–1877 Musik: Dmitri Schostakowitsch, Sergei Rachmaninow, Aram I. Chatschaturjan Choreografie: Terence Kohler Bühne und Kostüme: Michael Scott Klavier: Inna Martushkevich Es tanzt das Ballettensemble des Badischen Staatstheaters Karlsruhe Eintritt: 11 D bis 34 D »Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich«. So der berühmte Eingangssatz zu Tolstojs großem Roman der Liebe »Anna Karenina«, der die Geschichte der leidenschaftlichen Beziehung zwischen einer verheirateten Frau und einem jungen Offizier im zaristischen Russland erzählt. Eingebunden in die Engherzigkeit einer in ihren Normen erstarrten aristokratischen Gesellschaft findet nach längerem Sträuben die sensible Anna Karenina in der aufrichtigen Zuneigung des jungen Grafen Wronskij die Erfüllung ihrer Sehnsucht nach rückhaltloser Liebe. Die schöne junge Mutter eines Sohnes, mit einem Mann verheiratet, den sie nicht liebt, aber achtet, ist Mittelpunkt der höchsten Moskauer und St. Petersburger Hofgesellschaft, der ihre »liaison fatale« nicht verborgen bleibt. Hin und her gerissen zwischen Lüge und Wahrheit verkehrt sich ihre Liebe zu Wronskij in Eifersucht und Hass. Lösung aus diesem Dilemma findet sie nur in der Selbstauslöschung. Wie in vielen seiner Werke hat auch hier Tolstoj Menschen und Be- gebenheiten seiner unmittelbaren Umgebung und nicht zuletzt seiner eigenen weitverzweigten aristokratischen Familie literarisch verdichtet. Mit Lewin, dem Gutsbesitzer, der das tätige Leben auf dem Lande und die nicht krisenfreie, doch stetig wachsende Liebe zu seiner Frau Kitty dem oberflächlichen Müßiggang der Großstädte vorzieht, hat Tolstoj sei- nem Ideal eines sozial handelnden Menschen ein überzeugendes Denkmal gesetzt. In diesem Spannungsfeld eines ruhigen, verantwortungsvollen Daseins und dem zum Scheitern verurteilten Versuch eines Paares, gegen alle vorherrschenden Konventionen persönliches Glück zu erringen, ent- wirft Tolstoj seine Dichtung, die auch 130 Jahre nach ihrem Erscheinen nichts an Eindringlichkeit verloren hat. THEATER > Uraufführung / Premiere: Sa, 6. Mai 2006 19.30 Uhr Großes Haus Einführung: Sonntag vor der Premiere, 30. April 2006 11 Uhr Kleines Haus Weitere Vorstellungen: 21. Mai, 19 Uhr 15. Juni, 19 Uhr 2. Juli, 19 Uhr 20. Juli, 20 Uhr > ANNA KARENINA, Probenfotos < 54 55 > FILMKONZERT 4. Sonderkonzert 4. Специалный концерт Filmvorführung »Panzerkreuzer Potemkin« Regie: Sergei Eisenstein mit der Filmmusik von Dmitri Schostakowitsch Badische Staatskapelle Dirigent: Jochem Hochstenbach Eintritt: 11 D bis 34 D Sergei Eisensteins »Panzerkreuzer Potemkin« von 1925 ist für Filmhistoriker und Kritiker unterschiedlichster ästhetischer wie ideolo- gischer Überzeugungen noch immer der »beste Film aller Zeiten«. Das Werk entstand als Auftragsarbeit für die Jubiläumsfeiern der ersten russischen Revolution von 1905, die ein Matrosenaufstand auf einem Kriegsschiff ausgelöst hatte. Der Stummfilm ging nicht nur wegen der berühmten »Treppenszene von Odessa« in die Filmgeschichte ein: Eisensteins ungewöhnliche Bildeinstellungen und sein virtuoser, theore- tisch fundierter Einsatz damals möglicher Montagetechniken zeichnen eine neue Filmästhetik aus. Auch der kulturelle Austausch mit der auf internationale Anerkennung hoffenden Sowjetunion wurde Ende der zwan- ziger Jahre vom Erfolg dieses Films geprägt: Eisensteins Ästhetik wurde zum Modell des sowjetischen Films erklärt, »Panzerkreuzer Potemkin« zu einer modernen Ikone des Sowjetstaates stilisiert. Das Badische Staatstheater zeigt die erst im Jahr 2005 von der Kulturstiftung des Bundes fertiggestellte rekonstruierte Urfassung des Filmes. Die Filmmusik, eine Kompilation aus Schostakowitschs Sinfonien, ist eine Hommage zum 100. Geburtstag des Komponisten und wurde von der Presse mit ihren klingenden Episoden und kraftvoll-plastischen Gebärden »als kongeniale Ergänzung« bejubelt. THEATER > So, 7. Mai 2006 20 Uhr Großes Haus > Sergei EISENSTEIN, Panzerkreuzer Potemkin < 56 57 > NOVAJA OPERA MOSKAU Der Dämon Демон Phantastische Oper in drei Akten von Anton Grigorjewitsch Rubinstein Libretto von Pawel Wiskowatow (und Apollon Maikow) nach dem gleichnamigen Poem von Michael Lermontow – in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln Dirigent: Valery Kritskov Regie: Mikhail Efremor Bühne und Kostüme: Victor Gerasimenko Eintritt: 8,50 D bis 30 D Von Rubinsteins 20 Bühnenwerken scheint einzig seine neunte Oper »Der Dämon« (1875 in St. Petersburg uraufgeführt) im Bewusstsein der Opernwelt geblieben zu sein. Das Stück nach einem Gedicht von Michael Lermontow verbindet in der Gestalt des Titelhelden die Tragödie des Faust und die Luzifer-Legende: Der Dämon, gefallener Engel, liebt die Jungfrau Tamara, doch er bringt ihr Unheil und Tod. Während sie aber erlöst wird, sieht der Dämon sich zur ewigen Einsamkeit verdammt. Die Moskauer Novaja Opera wurde 1991 auf Initiative des Moskauer Bürgermeisters Yuri Luzhkov sowie des Künstlerischen Leiters Evgeny Kolobov gegründet. Mit seinem zeitgenössischen Auftrag gehört das Theater seit den Anfängen zu den führenden Häusern Russlands. Das variations- reiche Repertoire reicht von der Interpretation klassischer bis moderner Meisterwerke der russischen wie der internationalen Oper. In ihrer künst- lerischen Zielsetzung hat sich die Novaja Opera vor allem der Innovation und Interpretation verschrieben. Mehrfach wurden Inszenierungen mit nationalen Preisen ausgezeichnet und konnten sich bei Gastspielen inter- national etablieren. Die Moskauer Regierung verlieh der Novaja Opera 1996/97 für Tschaikowskis »Eugen Onegin« den Theaterpreis »Goldene Maske« für besondere künstlerische Leistungen. > Di, 9. Mai 2006 20 Uhr Großes Haus Weitere Vorstellung: Mi, 10. Mai 20 Uhr GAST SPIEL THEATER > DER DÄMON, Szenenfoto < 58 59 > NOVAJA OPERA MOSKAU Sinfoniekonzert Симфонический концерт »Bilder einer Ausstellung« von Modest Mussorgski »Frühlingskantate« von Sergei Rachmaninow »Kantate Moskau« von Peter I. Tschaikowski Dirigent: Evgeny Samoilov Mit: Solisten, Chor und Orchester der Novaja Opera, Moskau Eintritt: 11 D bis 34 D Einen ganzen Bilderbogen russischer Kunst, russischen Lebensgefühls und russischer Geschichte fächert das Konzert der Moskauer Novaja Opera auf. Mussorgskis »Bilder einer Ausstellung« gilt als eines der populärsten Stücke der Konzertliteratur überhaupt. Die musikalischen Tableaus sind von den Bildern des Malers Viktor Hartmann angeregt und verewigen Eindrücke russischer Architektur, possierlicher Märchenfiguren und eigentümlicher Begegnungen. Als ein ganz persönliches Zeugnis des Komponisten schildert Sergei Rachmaninows »Frühlingskantate« basie- rend auf dem Gedicht »Das grüne Rauschen« von Nekrassov die mannig- faltigen Naturerscheinungen und die bewusstseinsverändernde Kraft des beginnenden Frühlings. Bei Peter I. Tschaikowski wurde anlässlich der Krönung Zar Alexander III. ein ganzes Konvolut von Werken in Auftrag gegeben, als dessen gelungenstes die Kantate »Moskau« gilt. In epischer Prachtentfaltung präsentiert sie die Geschichte Moskaus als des Dritten Roms. 23. Opernball im Badischen Staatstheater 23 Оперный бал Zum Abschluss der Europäischen Kulturtage findet unter dem Motto »Ball im Bolschoi« der 23. Opernball statt. Von 20 Uhr bis morgens um 4 Uhr verwandelt sich das Staatstheater in einen Tanztempel. Dafür sorgen auf der Großen Bühne Solisten, Chor, Ballett und die Badische Staats- kapelle sowie die Mozartband aus Wien und Andrej Hermlin mit dem Swing Dance Orchestra aus Berlin. In der Tretjakow-Galerie (Kleines Haus) wird die »Scheherazade des musikalischen Kabaretts«, Annette Postel und das SalonOrchester Schwanen, »Für eine Nacht voller Seeligkeit« sorgen. Im Dostojewski-Salon (Probebühne) spielt Peter Wassiljewski & Das Leschenko-Orchester und einer der zahlreichen Clous des Abends wird das »Duo Flügzüg« sein, wenn es um Mitternacht auf dem Roten Platz landet. > Do, 11. Mai 2006 20 Uhr Konzerthaus GASTSPIEL > Sa, 13. Mai 2006 19 Uhr Einlass 20 Uhr Beginn THEATER 61 >< 60 STADT KARLSRUHE < 62 63 > Stadt Karlsruhe 18. Europäische Kulturtage Karlsruhe 2006 „Moskau“ 22. April – 13. Mai 2006 Stadt Karlsruhe Kulturamt Kulturreferent Dr. Michael Heck Festivalleitung und Programmgestaltung: Susanne Laugwitz M.A. Öffentlichkeitsarbeit, Marketing, Organisation: Claudia Lahn M.A. Gabi Glutsch Anna-Renate Sörgel Martha Banasch B.A. Monika Haidt-Nass Internet: Claudia Lahn M.A. Mitwirkung bei der Programmkonzeption der Stadt Karlsruhe: Martina Bartsch Bernd Belschner Dr. Melitta Büchner-Schöpf Prof. Dipl.-Ing. Alex Dill Renate Effern Prof. Vitaly Gorokhov Prof. Boris Groys Dr. Françoise Hammer Dr. Christa Hartnigk-Kümmel Alexander Kaschin Alfred Knecht Alfred Meyer Prof. Wolfgang Meyer Hildegard Müller-Jensen Werner Pfaff PD Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha Lothar Rumold Prof. Dr. Hansgeorg Schmidt-Bergmann Dr. Dieter Splinter Angelika Stepken Prof. Saule Tatubaeva Robert Walter Prof. Peter Weibel Elke Wiedemann Peter M. Wolko Christof Wyneken In Zusammenarbeit mit: Amt für Internationale Beziehungen der Stadt Moskau Stadtregierung Moskau Russisch-Deutsche Philharmonische Gesellschaft Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau Goethe-Institut Moskau Turgenev-Gesellschaft Deutschland Badische Bibliotheksgesellschaft Karlsruhe Badischer Kunstverein Karlsruhe e.V. BBK/Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler in Karlsruhe Centre Culturel Franco-Allemand Hochschule für Musik Karlsruhe Evangelische Stadtkirchengemeinde Fakultät für Architektur der Universität Karlsruhe (TH) Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaft der Universität Karlsruhe (TH) Galerie Alfred Knecht Galerie Rottloff GEDOK-Künstlerinnenforum e.V. Internationale Akademie für Nachhaltige Entwicklungen und Technologien (IANET) an der Universität Karlsruhe (TH) = Gorbachov-Akademie Jazzclub Karlsruhe Kinemathek Karlsruhe e.V. Kulturzentrum Tollhaus Literarische Gesellschaft Karlsruhe e.V. Modehaus Schöpf Richard-Wagner-Verband Karlsruhe Südwestrundfunk, Studio Karlsruhe Volkshochschule Karlsruhe ZAK/Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale der Universität Karlsruhe (TH) ZKM/Zentrum für Kunst und Medientechnologie 65 > BILDENDE KUNST / AUSSTELLUNGEN > Ausstellung: Bilder eines Reiches (ZKM), M. BURKAR, Sartianka, 1972, aus dem Album Ansichten und Men- schen der Orenburg-Region, Fotografie, Albuminpapier, Aquarell (21,4 x 17,6 cm), Sammlung Khoroshilv, Moskau 67 >< 66 Bilder eines Reiches. Das Leben im vorrevolutionären Russland Картины империи Жизнь в дореволюционной России Kuratoren: Prof. Dr. Boris Groys und Anastasia Koroshilova Mit Unterstützung der KARLSRUHER VERSICHERUNGEN Öffnungszeiten: Mo und Di geschlossen Mi - Fr 10 - 18 Uhr Sa und So 11 - 18 Uhr Eintritt: 5 D / 3 D ermäßigt Kinder/Schüler (7 - 18 Jahre): 2 D Familie (max. 2 Erwachsene + 3 Kinder): 10 D In den 60er-70er Jahren des 19. Jahrhunderts haben einige russische Fotografen versucht, das für die damalige Zeit neue Medium Fotografie dazu zu benutzen, um auf eine systematische Weise das Leben im rus- sischen Reich darzustellen: verschiedene Bevölkerungsschichten, unter- schiedliche Völker, Landschaften, Städte, industrielle Projekte, traditio- nelle Bräuche, Kriegsereignisse und Gefängnisse. In der Zeit, in der die Fotografie meistens im engen privaten und kommerziellen Rahmen ver- wendet wurde, bilden diese Fotoprojekte einen interessanten Sonderfall, da sie das Ziel hatten, nicht nur private Personen, sondern das ganze Land zu porträtieren. In gewisser Weise fungieren diese Projekte als visuelle Fortschreibungen der russischen realistischen Literatur damaliger Zeit, wie sie von Autoren wie Tolstoi, Turgenev, Gontscharow repräsentiert wurde. Obwohl diese Projekte von verschiedenen offiziellen Stellen unterstützt und gefördert waren, praktizieren sie einen illusionslosen, objektivierenden, realistischen Blick auf das vorrevolutionäre Russland – den Blick, der ein rein beschrei- bender, wissenschaftlicher Blick sein will. Die Ausstellung stellt einige dieser Foto-Projekte vor, die gleichzeitig eine hohe ästhetische Qualität haben. Damit will die Ausstellung nicht nur einen Einblick ins russische Leben im 19. Jahrhundert gewähren, son- dern auch und vor allem eine immer noch wenig bekannte Epoche in der Entwicklung des Mediums Fotografie erschließen. > So, 23. April - So, 6. August 2006 Vernissage und Eröffnung des städtischen Festival- programmes: So, 23. April 2006 11 Uhr ZKM|Zentrum für Kunst und Medientech- nologie Lorenzstr. 19 Info-Tel. (0721)8100-1200 BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN > MIGURSKIJ KARL IOSIFOWITSCH, Triumphbogen mit der Inschrift »Ty owejal ljubowju zarskojo wsech pod- dannych swoich« (»Du hast all deine Untertanen mit Zarenliebe umgeben«), 1869 aus dem Album »Ansichten der Stadt Akkerman«, Fotografie, Albuminpapier, 25,5 x 25,5 cm, © The National Liberary of Russia, St. Petersburg < 68 69 > Der Architekt Konstantin Stepanovic Mel’nikov Архитектор Константин Степанович Мельников Projekte und Bauten, Architekturmodelle / Rekonstruktionen Öffnungszeiten: Mo - Fr 9 - 18 Uhr Führungen nach Vereinbarung Eintritt frei Die Fakultät für Architektur beteiligt sich im Rahmen ihrer Forschungs- initiative zum architektonischen Erbe in Ost- u. West-Europa, insbesondere den Bauten der Avantgarde in Russland, an den Europäischen Kulturtagen in Karlsruhe 2006 mit folgendem Projekt: Der Architekt Konstantin Stepanovic Mel’nikov, 1890 – 1974, gilt als der individualistischste, innovativste und international am meisten beach- tete Architekt des postrevolutionären Russlands. Er war einer der herausragendsten und meistbeschäftigsten Architekten in dem kurzen Zeitraum des russischen Konstruktivismus in Moskau. Konstantin Mel’nikov hat die Entwicklung innovativer Projekte in Kunst und Kultur entscheidend mitgeprägt in einer Zeit der »Moderne« im Westen und der »Avantgarde« im Osten, die zu den interessantesten Peri- oden der Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts zählt. Nach Erfolgen in Architekturwettbewerben in Moskau 1922-1925, Pro- jekten zu Arbeiterquartieren, zum »Palast der Arbeit«, dem Ausstellungs- pavillon zur »allrussischen Landwirtschaftsausstellung« gelang ihm erste internationale Anerkennung mit seinem innovativen Wettbewerbsprojekt für den russischen Pavillon für die »Exposition internationale des arts décoratifs et industriels modernes« in Paris 1925. Sein eigenes Haus in Moskau (1927) bestehend aus zwei sich über- schneidenden Zylindern unter Anwendung völlig neuer baukonstruktiver Techniken und die 1927-1929 entstandenen fünf berühmten Moskauer Arbeiterclubs stehen beispielhaft für seine große künstlerische Ambition und seine herausragende architektonische Leistung. Seine Entwurfsprinzipien mit Raumfolgen, Durchdringungen von geo- metrischen Grundformen, großen Auskragungen der Volumen, mit Reihung von Grundformen, mit Symmetrie und Asymmetrie eine Dynamik von Raum und Form und einen unverwechselbaren Ausdruck zu erzielen, geht soweit, dass sich Räume flexibel erweitern oder kombinieren lassen wie z.B. im »Rusakov Club«. > Mo, 24. April - Do, 11. Mai 2006 Eröffnung Mo, 24. April 2006 18 Uhr Fakultät für Architektur der Universität Karlsruhe E 6 des Kollegien- gebäudes am Ehrenhof Info-Tel. (0721)608-2188 In seinem Entwurf der »Leningradskaja Prawda« sind schließlich sich unabhängig voneinander bewegende, rotierende Geschosse übereinander geschichtet als rotierendes Presse-Hochhaus, ein ähnlich dem Tatlin-Turm für die Internationale entworfenes, seiner Zeit weit vorauseilendes, nicht realisiertes Projekt. Kuratoren der Ausstellung: Otakar Máel (Delft), Maurizio Meriggi (Mailand), Dietrich Schmidt (Stuttgart) BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN > RUSAKOV CLUB, Historisches Foto, Architekt: Konstantin Mel’nikov > GRUNDRISSE DES RUSAKOV CLUB, Moskau, Archivbild > RUSAKOV CLUB MOSKAU, 2003/2004, Foto: A. Dill < 70 71 > Russische Emigration in Fotografien 1917 - 1947 Русская эмиграция в фотографиях 1917 - 1947 aus dem Fonds Andrei Korliakov Öffnungszeiten: Mo - Fr 10 - 12.30 Uhr Mo - Do 14 - 18 Uhr Eintritt frei Mit Vortrag des Historikers Andrei Korliakov (in französischer Sprache) Andrei Korliakov hat es sich zum Ziel gesetzt das Leben der Russen im französischen Exil nach der bolschewistischen Revolution 1917 oder nach dem anschließenden Bürgerkrieg zu dokumentieren, konservieren und bekannt zu machen. Die Ausstellung zeigt Fotografien von Unbekannten (russischen Ar- beitern bei Renault, Taxifahrern, Kosaken...) aber auch von bekann- ten Leuten (dem Maler Poliakov, dem Schriftsteller Bounine, Tänzern, Wissenschaftlern). Doch gezeigt werden nicht nur Porträts, sondern auch Orte wie die »russischen Dörfer« (Rives bei Grenoble oder Colombel in der Normandie), Internate, Schulen... Seit Jahrhunderten pflegen Russland und Frankreich intensive Kontakte unter anderem im kulturellen und intellektuellen Bereich. Schon im 18. Jahrhundert verwendete die von französischen Hauslehrern ausgebildete russische Aristokratie Französisch als zweite, beizeiten auch als erste li- terarische und mondäne Sprache. Nach der Revolution 1789 wurde Frankreich zum unumgänglichen geis- tigen Vorbild aller russischen Oppositionsbewegungen – von den Liberalen bis hin zu den Bolschewiken. Während die kaiserliche Verwaltung sich aus deutschen Elementen zusammensetzte, zogen es die Intellektuellen vor, sich an der französischen Kultur zu orientieren. So zum Beispiel Puschkin, der von seinen Schulkollegen als »der Franzose« bezeichnet wurde oder auch der Roman »Krieg und Frieden« von Tolstoi, der mit zwei Seiten französischer Konversation in einem aristokratischen russischen Salon beginnt. Nicht zuletzt haben die größten Namen des kulturellen Lebens im Russland des beginnenden 20. Jahrhunderts, die 1917 von der kommunis- tischen Revolution vertrieben wurden, in Paris Zuflucht gefunden, genau so wie die Dissidenten der 60er und 70er Jahre. > Di, 25. April - Fr, 26. Mai 2006 Eröffnung: Di, 25. April 2006 18 Uhr Centre Culturel Franco-Allemand, Kaiserstr. 160-162 Info-Tel. (0721) 16 03 80 BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN < 72 73 > »High Culture« und »warZeichen« »Хай калчер« и достопримечательности Fotografien von Uta Süße-Krause Öffnungszeiten: Mi, Do, Fr 17 - 19 Uhr Sa 14 - 16 Uhr Eintritt frei Das Projekt »High Culture« spielt mit der Möglichkeit der Mehrdeu- tigkeit. Zum einen evoziert der Titel die Direktübersetzung von Hochkultur, zum anderen (phonetisch) eine typisch englische Begrüßungsfloskel oder in der bildlichen Übertragung: Die hochgeworfene Kultur. Der rote Cellokasten: Aktiv wird er hochgeworfen vor den Wahrzeichen der jewei- ligen Metropole: High Culture! Der rote Cellokasten symbolisiert auch die weltumspannende Sprache der Musik. Sie ist unabhängig von der Nationalität, von gesproche- nen Sprachen – eine Verständigungsebene für sich..... ein Appell gegen Abgrenzung, für Toleranz und Verständigung. Aber es gibt noch weitere Betrachtungsaspekte: Passiv steht er da, als stummer Beobachter, als das Fremde an sich, als Außenseiter, als Zeuge im Geschehen. Er wartet, was passiert. Meist wird er nicht beachtet. Die Menschen ziehen vorbei, sie befinden sich im Fluss. Er aber steht, ist rot und eigentlich nicht zu übersehen, - aber so recht mag sich keiner mit ihm beschäftigen, sei es in Moskau, Paris, Berlin oder London (mit je einer Fotografie aus Berlin, Paris und London wird Moskau in die Reihe der europäischen Metropolen gestellt). Er steht vor Putins Palast, vor Lenin einsam auf dem Roten Platz, er mischt mit im Verkehr, beim einsamen morgendlichen Straßenfegen und im Kaufhaus GUM auf der Rolltreppe, im Untergrund oder im feinen Moskauer Ambiente. Das Fremde, was immer es ist, ist eben doch mitten unter uns. Auch die Farbe hat eine eigene Sprache. Rot steht in allen Kulturen als Metapher für Liebe, Sinnlichkeit und Lebensfreude, aber auch für Aggression und Kampfeslust. Keine Farbe in der Farbenskala hat diese extreme Ambivalenz. Das Projekt »warZeichen«, das zuletzt in Berlin im Museum für Kommunikation (2004) und in der Südwest Bank Stuttgart (2005) aus- gestellt wurde, zeigt eine Auswahl von großformatigen fotografischen Abstraktionen, die mit der Symbolkraft signifikanter Gebäude spielen. Sinnzusammenhänge verändern sich, die Zeichen lösen sich auf und aus Wahrzeichen werden »warZeichen«. Ohne digitale Veränderung gelingt es Uta Süße-Krause, eine neue Abstraktionsebene zu erreichen an der Schnittstelle zwischen Malerei und Fotografie. > Di, 25. April - Fr, 26. Mai 2006 Eröffnung: Di, 25. April 2006 17 Uhr GEDOK- Künstlerinnen- forum Markgrafenstr. 14 Info-Tel. (0721) 37 41 37 Uta Süße-Krause transportiert viele »offene« Botschaften. Der Be- trachter muss selber hinschauen, wird dabei sowohl von der Ästhetik als auch vom Inhalt der Arbeiten zu weiteren Gedanken angeregt. Hinweis: Ergänzend zu dieser Ausstellung wird Uta Süße-Krause weitere fotografische Arbeiten in der Galerie Schrade & Blashofer, Markgrafenstr. 25, zeigen. Informationen dazu unter (0721) 3 54 85 70 BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN > Foto: UTA SÜßE-KRAUSE < 74 75 > Russisch Brot Русский хлеб Installation von Bernhard Garbert Öffnungszeiten: Di - Fr 14.30 - 19 Uhr Eintritt frei Mit dem Titel »Russisch Brot« konzipiert Bernhard Garbert (geb.1957) eine Installation mit Wortkombinationen in lateinischen und kyrillischen Buchstaben für die Räume der Galerie in der Sophienstraße, wobei die Er- scheinungsform des gleichnamigen Keks-Gebäckes unter Verwendung von Karlsruher Majolika beabsichtigt ist. Dabei geht er von dem modulen Material seiner ROTKREUZGEDICHTE aus, wie der in Berlin wohnende Künstler seine Zweierkombinationen von Dreibuchstabenwörtern ursprünglich nennt. So z.B. überzog er die 32 weißen Werbeflächen des Berliner U-Bahn- hofes der Linie 2 am Alexanderplatz mit einer Vielzahl dieser kreuzförmi- gen roten Wortmodule, in verschiedener Größe und aus unterschiedlichen Sprachen. (PUR-PUR, 2002/03). Sprachliche Kurzformeln, die er als visuell-begriffliches Kontrastmittel in wechselnder Form und an ganz unterschiedlichen Orten – vor allem auch des öffentlichen Raumes – einsetzt. Bernhard Garbert 1957 geb. in Vardingholt/Westfalen, lebt in Berlin 1978/85 Studium an der Hochschule der Künste/Berlin 1988 Arbeitsstipendium des Kultursenats/Berlin 1989/90 Stipendium für das P.S.I, New York 1990 Förderpreis des Deutschen Künstlerbundes 1994 Arbeitsstipendium des Kultursenats/Berlin 1996 Kunstpreis der Grundkreditbank/Berlin 1997 Arbeitsstipendium des Kunstfonds/Bonn 2003 »Torreao«, Artist-in-Residence, Porto Alegre/Brasilien »Onufri 2003«, Nationalgalerie Tirana, 2. Preis seit 2002 Professur für Plastik, Fachhochschule Hannover, Fachbereich Bildende Kunst Ausstellungen (seit 2000) 2000 »Wortstücke«,Robert-Koch-Hörsaal /Berlin; »Grosse Schleife«, Galerie Inga Kondeyne, Berlin > Fr, 28. April - Mi, 24. Mai 2006 Eröffnung: Fr, 28. April 2006 18 Uhr Galerie Rottloff Sophienstr. 105 Info-Tel. (0721) 84 32 25 2002 »Kommen und Gehen«, HO-Galerie/Berlin-Hellersdorf »PUR-PUR«,Wettbewerb Berlin-Alexanderplatz, Bahnhof der U-Linie 2; (bis Juni 03) 2003 »small«, Torreao, Porto Alegre /Brasilien »Ordentliche Kunst«, Art Acker /Berlin 2004 »Öffentliche Lesung«, Kunstverein Schwerin in der Turmhalle des Schweriner Doms; »Ordentliche Kunst«; Kunsthalle Rostock BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN > BERNHARD GARBERT, Russisch Brot < 76 77 > In die Puppenkiste gegriffen Из мира кукол Fotografie und Malerei von Irina Polin Öffnungszeiten: Mi - Fr 16 - 19 Uhr Sa 11 - 13 Uhr und n.V. Eintritt frei Die Russin Irina Polin, die 1971 in Moskau geboren wurde, lebt seit 1995 in der Schweiz, hat jedoch den Kontakt zu ihrer Heimatstadt nie abreißen lassen und besucht mehrmals jährlich Moskau, wo sie ihre künst- lerische Ausbildung bekam. Als Fotografin wird Irina Polin meist bezeichnet. Sie selbst will sich keinem künstlerischen Medium zuordnen lassen. Die Ausstellung in der Galerie Alfred Knecht trägt dem Rechnung. Großformatige Fotografien werden zusammen mit Ölbildern gezeigt. «Private Things» lautete der Titel einer Ausstellung im Kunstraum Kreuzlingen (CH) 2004. Dieser Titel ist eine klare Leseanweisung und wird auch in der Karlsruher Aus- stellung der Tenor sein. Zum Werk: Irina Polin greift tief in die Puppenkiste und entdeckt das Benutzte, das Abgelebte mit seiner eigenen verborgenen Geschichte. Diese Objekte arrangiert sie zu oft aberwitzigen Bildern, die sie fotografisch festhält - absurd, grotesk, detailreich, mondän, provokant, sinnlich. Dies sieht aus wie eigene Mikrowelten, voll von Spiel und Lust. Das Bekannte ist immer Bestandteil der Spielwelten von Irina Polin, rückt das Spiel in seinen richtigen Maßstab zurecht und konfrontiert nicht selten das Provokante mit dem Biederen des Alltags. Alltag und Spiel, Realität und Traum balancieren gemeinsam zu opulent ausgestatteten Erzählungen, in denen Grenzen keine Rolle mehr spielen. In ihren großformatigen Gemälden (ent)wirft Irina Polin Blicke auf eine reale Welt, die sie mit verführerisch leichtem Pinselstrich in Öl auf kühlem Alu festhält, es sind lasziv-kühle Huldigungen der Schönheit. Irina Polin geboren in Moskau, lebt seit 1995 in der Schweiz 1986 –1991 Studium an der Kunstakademie »After The Memory Of Year 1905«, Moskau 1996 –1999 Schule für Gestaltung, Luzern, (HFG) CH 2004 Edition für die KunstKöln D > Fr, 28. April - Sa, 27. Mai 2006 Eröffnung: Fr, 28. April 2006 19 Uhr Galerie Alfred Knecht Baumeisterstr. 4 Info-Tel. (0721) 9 37 49 10 BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN > IRINA POLIN, Meerestiere, Foto, 60x40 cm > IRINA POLIN, ohne Titel, 2003, Öl auf Alu, 125 x 83 < 78 79 > Ausstellungen (Auswahl) 2005 »private things« Kunstraum Kreuzungen, CH Ausstellungsprojekt »Europäische Künstler Baden- Württembergischer Galerien« im Kunstverein Karlsruhe für Galerie Vayhinger 2004 Auswahlausstellung Fotopreis 2004 des Kantons Bern Musée Jurassien des Arts, Moutier, CH (Einkauf Kunstkommission Bern) »Love« GA u.a. mit Basquiat, Lichtenstein, Warhol, Indiana Rudolf Budja Galerie, Salzburg, A KunstKöln 2004, D 2003 Galerie Rigassi, GA,Bern, CH KunstKöln 2003, D 2002 Galerie NN-Fabrik, GA, Wien, A »Begegnungen-Beziehungen«, Galerie Vayhinger, Radolfzell KunstKoeln 2002, Art Bodensee, A 2001 »Transitit« GA mit der Kunstakademie Düsseldorf in der Ausstellungshalle des Hafens von Nagoya, Japan »Künstlerpaare«, Artforum Rubigen, CH Galerie Rigassi, EA.Bern, CH ART Frankfurt D Art Innsbruck, Österreich, A 2000 Galerie Kabinett, EA, Bern, CH Galerie der Gegenwart, EA. Wiesbaden, D Parade Gallery, Amsterdam, Holland Ausstellung u.a. mit Yoko Ono, Rauschenberg, Warhol, One artist show mit Projects United Kunst 2000, Kunstmesse Zürich, »Tasty«, Art Frankfurt 2000, D »Mi-Art«, Kunstmesse Mailand, Italien Kunst-Rai, Kunstmesse Amsterdam, Holland 1999 »Prlvacy« mit Projects United Kreuzlingen, CH Kunst 99, Kunstmesse Zürich, CH 1998 »life is sweet« Galerie Kai Hiigemann, EA, Berlin, D Ausstellung der Aeschlimann-Corti Stipendiaten, Kunsthaus Thun, CH Galerie Contempo, Grenchen CH 1997 Ausstellung der Aeschlimann-Corti Stipendiaten, Kunsthaus Langenthal, CH 14. Internationale Graphik-Trienale, Grenchen, CH 1996 Maison Item Galerie, EA, Biel, CH, 1995 Contre Pasquart, Biel, CH 1994 Galerie Contempo, EA, Grenchen, CH Contre Pasquart, Biel, CH > So, 30. April - Mo, 5. Juni 2006 Krypta der Evangelischen Stadtkirche am Marktplatz Eröffnungs- gottesdienst: So, 30. April 2006 10.30 Uhr Evangelische Stadtkirche Info-Tel. (0721) 2 83 42 Himmel auf Erden – Russische Ikonen Земной рай – Русские иконы Öffnungszeiten: Täglich von 12 - 18 Uhr Eintritt frei Im Rahmen der im Frühjahr stattfindenden Europäischen Kulturtage Karlsruhe, die sich dieses Mal dem Thema »Moskau« widmen, führen die evangelischen Stadtkirchengemeinden in der Krypta der Stadtkirche eine Ikonenausstellung durch. Gezeigt werden Ikonen aus der Romanowzeit. Das Zentrum russischen Lebens war zur Romanowzeit (1613-1917), das durch Iwan III. (1440-1505) und Iwan IV. (1533-1584) aus kleinen Teilfürstentümern und durch Eroberung von Kasan und Astrachan zusam- mengefaßte Zarenreich mit der Hauptstadt Moskau. Es ist im wesentli- chen der Teil der heutigen GUS, der bis zum Ural reicht und allgemein als »europäisches Russland« bezeichnet wird. Dieses Gebiet hatte von ca. 1600 bis 1917 ca. 40 eigenständige Ikonenmalschulen, von denen die Moskauer Zarenwerkstätten, die Stroganow-, die Jaroslawer- und die Uschakowschule die wichtigsten sind. Ferner sind Sondergruppierungen wie die Altgläubigenateliers (seit ca. 1670), die Petersburgerschule (seit ca. 1700) und die relativ kleinen Künstlerbünde um 1900 erwähnens- wert. Gezeigt werden in der Ausstellung ca. 100 Ikonen, die hauptsächlich aus den Arbeiten aus den Moskauer Zarenwerkstätten, aber auch aus den Arbeiten der genannten Sondergruppierungen bestehen. Es handelt sich dabei teilweise um großflächige Ikonen, aber auch um kleinere Arbeiten. Der Leihgeber ist das Ikonenmuseum Schloß Autenried (bei Günzburg/ Donau). Dieses Ikonenmuseum ist das größte seiner Art außerhalb der slawischen Welt und Griechenland. Den Leihgebern, insbesondere Bischof Boris Rothemund, sei für das freundliche Überlassen der teilweise sehr wertvollen Ikonen gedankt. Die Ausstellung wird am 30. April mit einem Gottesdienst, der um 10.30 Uhr in der Stadtkirche beginnt, eröffnet. An den Gottesdienst schließt sich die Vernissage (mit Empfang) in der Krypta der Stadtkirche an. BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN < 80 81 > Irina Nakhova – Moskau-Installation Ирина Нахова – инсталлация «Москва» Öffnungszeiten: Di - Fr 16 - 18.30 Uhr Sa, So und Feiertag 11 - 14 Uhr Eintritt frei Die vom BBK eingeladene Moskauer Künstlerin Irina Nakhova wird während des Festivals im Laufe von 2 Wochen eine Installation erarbeiten, die Bezug zum Thema Moskau nimmt. Irina Nakhova wurde 1955 in Moskau geboren. Sie studierte am Moskauer Polygraphischen Institut und gehörte zur jüngeren Generation russischer Nonkonformisten, bekannt geworden unter dem Namen Moskauer Konzeptuelle Schule. Ihre erste Einzelausstellung außerhalb Russlands hatte sie 1989 mit »Partial Triumph I« in der Vanessa Devereux Gallery in London. 1990 folgte »Momentum Mortis« in der Phillis Kind Gallery, New York. Unter ihren jüngsten Projekten sind »Artificial Shrubbery« in der Staatlichen Tretyakov Galerie in Moskau (2005), »Alert: Code Orange« im Nationalen Zentrum für Zeitgenössische Kunst, Moskau (2004), »Silence« in der Galerie im Trakelhaus in Salzburg (2004) und »Moskau-Berlin« im Martin-Gropius-Bau, Berlin (2004). Irina Nakhova lebt und arbeitet in Moskau und New York. »Zwischenspiel« – ein musikalisch unterstrichenes Gesprächsangebot Am Sonntag, dem 7. Mai 2006 um 16 Uhr, steht die Künstlerin Irina Nakhova in entspannter Atmosphäre in der Künstlerhaus-Galerie für Gespräche zur Verfügung. Musikalisch begleitet wird der Nachmittag von Dimitri Dichtiar (Violoncello) und Cornelia Menke-Gengenbach (Klavier). Für die Überwindung sprachlicher Verständigungsschwierigkeiten sorgt Irmtraut Gengenbach. Der Eintritt ist frei. > So, 30. April - Fr, 12. Mai 2006 Eröffnung: So, 30. April 2006 11 Uhr Finissage: Fr, 12. Mai 2006 19 Uhr BBK / Berufsver- band Bildender Künstlerinnen und Künstler Am Künstler- haus 47 Info-Tel. (0721) 3 84 84 80 Victor Alimpiev Виктор Алимпиев Öffnungszeiten: Di - Fr 11 - 19 Uhr Sa, So und Feiertag 11 - 17 Uhr Eintritt: 3 D / 1,50 D ermäßigt Für Mitglieder des Badischen Kunstvereins frei Der Badische Kunstverein widmet dem Moskauer Künstler Victor Alimpiev (geb. 1973) eine erste internationale Einzelausstellung. Alimpiev nahm mit Filmbeiträgen an den Kurzfilmtagen in Oberhausen (2001, 2003 - 2005) und dem Filmfestival Hannover (2001) teil, jedoch nicht an den deutschen Überblicksausstellungen zur jungen russischen Kunstszene der letzten Jahre. Einzelne Arbeiten von ihm wurden auf der Manifesta 5 in San Sebastian (2004) und auf der Biennale in Venedig (2003) gezeigt. Alimpiev arbeitet im Medium Video wie Malerei und Installation. Seine Filme thematisieren das Verhältnis von individuellem und sozialem Körper sowie dessen skulpturale und performative Qualitäten in eindrucksvollen Inszenierungen, die nicht zuletzt auch die Macht der (filmischen) Regie reflektieren. In seinen Malereien beschäftigt er sich mit Schlachtfeldern der Gegenwart, angesiedelt zwischen romantischen Horizontperspektiven und einer »panischen Geografie«: »It´s a purely dream image. These are clouds at war.« (V. Alimpiev) > Do, 4. Mai - So, 2. Juli 2006 Eröffnung: Do, 4. Mai 2006 19 Uhr Badischer Kunstverein Waldstr. 3 Info-Tel. (0721) 2 82 26 BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN < IRINA NAKHOVA > VICTOR ALIMPIEV, »Sweet nightingale« 2005, one channel video, loop, 6'36'' < 82 83 > Victor Alimpiev 1973 in Moskau geboren, lebt dort Studium an der »Art School of Memory of 1905«, Pädagogische Universität Moskau V. I. Lenin (Kunst und Grafik Fakultät), anschl. »New Strategies in Contemporary Art« des »Open Society Institute« der Soros Foundation in Moskau und an der Valand High School of Arts in Goteborg, Schweden (im Rahmen des Programms »New Art Strategy for International Partnership«) Ausstellungen (Auswahl): 2004 Manifesta 5, Donostia – San Sebastian, Spanien »Seven sins«, Ljubljana »The far off fight« (EA), Guelman Gallery, Moskau 2003 »Individual systems«, Biennale di Venezia »Body display«, Secession, Wien »Born to be a star«, Künstlerhaus, Wien »Russian video art«, Chelsea Art Museum, New York »To Oleg« (EA), Guelman Gallery, Moskau »Horizon of reality«, MUHKA, Antwerpen 2002 »The Urgent reporting« (»Aktualny reportazh«), mobile Ausstellung in verschiedenen russischen Städten »SON UN ARTISTA ITALIANO - IT IS VERY PLEASANT! THE RUSSIAN ARTIST - PIACERE!«, NCCA, Moskau; The centre of contemporary art Spazio Umano, Mailand »Ode« (gemeinsam mit Marian Zhunin), V Gallery, Moskau »Pavilion ‘Solar’«, Festival of Contemporary Art in the Bay of Pleasure, »Klyazma Reservoir«, Moskau 2001, Internationales Kurzfilmfestival 2003, 2004 Oberhausen 2001 »SuperVision« Yugnosakhalinsk - Moskau »Out/in the cold«, Art Moscow, Zentrales Künstlerhaus, Moskau »Up-and-coming«, Film Festival Hannover Week of Russian Cinema, Forum Stadtpark, Graz New York Festival of Russian Films, New York, USA 1999 »Last generation«, Spider & Mouse Gallery, Moskau »Oleg, videoversion« (gemeinsam mit Sergey Vishnevsky), Spider & Mouse Gallery, Moskau BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN > VICTOR ALIMPIEV, »Deer« (with Sergey Vishnevsky), 2002, two channel video, loop, 3'40'' < 84 85 > Moskau - New York Double Exposure Express Ein lomographisches Doppelbelichtungsprojekt Eine Ausstellung der Lomographischen Botschaft Deutschland, Böblingen Öffnungszeiten: Di, Fr, So 10 - 18 Uhr Do 10 - 19 Uhr Sa 14 - 18 Uhr Mo und Mi geschlossen Eintritt frei 2005 startet die Lomographische Botschaft Deutschland mit einer kleinen, feinen, ausgewählten Crew zu einem binationalen Doppelbelich- tungsprojekt gen Moskau und New York. Newskij Prospekt hinter 42nd street? Christos Gates auf dem Roten Platz? Coca Cola über Stolichnaja? Blinis mit Teenies? MOMA meets Matrjoschka? Gesucht wird der farb- explosive Mix aus Kreml und Freiheitsstatue. 2 Städte auf einen Blick, 2 Länder auf 1 Print. Erinnern wir uns zurück: Berlin. Sommer 1995. Lothar Schmidt arbeitet mit einem Bulgaren namens Christo Yavacheff am Projekt »Wrapped Reichstag« und nimmt dort erste Kontakte zur noch jungen Lomographischen Bewegung auf. Ein Jahr zuvor hatte ein Team um die heutigen lomographischen Weltpräsidenten Fiegl und Stranzinger eine wagemutige Doppelausstellung namens »Moscow – New York« ausge- richtet. In beiden Städten wurden riesige Lomowände präsentiert, die jeweils Bilder der anderen Stadt zeigten. International, genial, ein Ausstellungsevent, das allerorten für Furore sorgte. Winter 2005. Längst als Lomographische Botschafter für Deutschland aktiv, reisen Lothar Schmidt und Ingeborg Jaiser nach New York. Direkt zu Christo, zurück zu den Anfängen. Kiloweise Filme und tolle Stories im Gepäck. Stets einen Finger am lomographischen Auslöser. Nun zischt der Express weiter ins frostklirrende Moskau, um dort bei Wodka und Soljanka das aus New York mitgebrachte Filmmaterial ein zweites Mal zu belichten. Künstler des Projektes »Moskau – New York Double Exposure Express« sind die beiden Lomographischen Botschafter Deutschlands, Lothar Schmidt und Ingeborg Jaiser, sowie die Lomographen Udo Meixner, Charlotte Sachter und Neil Davidson. > Mi, 10. Mai - Mo, 29. Mai 2006 Eröffnung Mi, 10. Mai 2006 17 Uhr PrinzMaxPalais Literaturhaus Karlstr. 10 Info-Tel. (0721)133-4087 BILDENDE KUNST/ AUSSTEL- LUNGEN 87 > MUSIK < LANDESJUGENDORCHESTER BADEN-WÜRTTEMBERG MUSIK 89 > Mazeppa, der Dämon und Lady Macbeth… Мазепа – Демон – Леди Макбет ... SWR-Treff im Sendesaal Mit kleinem Begrüßungsumtrunk ab 16.15 Uhr Eintritt: 10 D, Vorverkauf 8 D, SWR2-Club 5 D Dr. Michael Heck, Kulturreferent der Stadt Karlsruhe und Dr. h.c. Hans C. Hachmann, SWR-Musikredakteur, unterhalten sich über die rus- sische Oper und ihre Stellung in der europäischen Musikgeschichte – mit klingenden Beispielen! > So, 23. April 2006 17 Uhr SWR Studio Karlsruhe Sendesaal Kriegsstr. 166 - 170 Info-Tel. (0721) 176 - 0 < 88 Klavier-Meisterkurs mit Professor Elena Kuznetsova Фортепьянный мастеркласс у профессора Елены Кузнецовой Leiterin der Klavier-Fakultät des Moskauer Tschaikowski-Konservatoriums Öffentliche Meisterklasse an der Hochschule für Musik Karlsruhe Seit ihrem ersten Preis beim Internationalen Klavierwettbewerb in Belgrad 1972 gehört die Pianistin Elena Kuznetsova zu den herausra- genden russischen Pianisten ihrer Generation. Ihre Ausbildung erhielt sie am Tschaikowski-Konservatorium ihrer Heimatstadt Moskau. Neben ihrer internationalen Karriere als Pianistin widmet sich Elena Kuznetsova inten- siv ihrer Lehrtätigkeit als Professorin und Leiterin der Klavierabteilung am Tschaikowski-Konservatorium in Moskau. Aus ihrer Klasse gingen zahlreiche herausragende Pianisten hervor, die regelmäßig bei renom- mierten internationalen Klavierwettbewerben als Preisträger reüssierten. Abschlusskonzert des Meisterkurses Eintritt frei > Di, 18. April - Sa, 22. April 2006 Schloss Gottesaue Am Schloss Gottesaue 7 Velte-Saal Info-Tel. (0721)6629-253 > So, 23. April 2006 19.30 Uhr Velte-Saal > ELENA KUZNETSOVA < 90 91 > Klavierabend Anna Zassimova Фортепьянный концерт – исполнитель: Анна Засинова In Zusammenarbeit mit dem Richard-Wagner-Verband Karlsruhe Eintritt frei »Zerbrochene Zeiten« Russische Musik vor und nach der Revolution 1917 Nicolai Medtner Aus: Vergessene Weisen op. 38 (1880-1951) Sonata reminiscenza Komponiert: 1918-20 George Catoire Aus: Quatre Morceaux op. 12 (1861-1926) Nr. 1 Chant du Soir Nr. 2 Meditation Aus: Quatre Morceaux op. 34 Nr. 1, Nr. 2 Poemen, Nr. 3 Prelude. (komponiert 1924-26) Nicolai Roslawez Aus: Drei Etüden (komponiert 1914) (1880-1944) Pianissimo - Con Dolce Maniera, Burlando Pause Nicolai Mjaskowski Aus: Vergilbte Blätter op. 31 (1881-1950) (Komponiert 1928) Ivan Wyschnegradsky Étude sur le »Carre Magique Sonore« op. 40 (1893-1979) Sergei Prokofjew Sonata c-moll op. 29 (komponiert 1917) (1891-1953) > Mo, 24. April 2006 20 Uhr Wohnstift am Rüppurrer Schloss Josef-Keilberth- saal Erlenweg 2 Info-Tel. (0721) 9 09 54 19 Anna Zassimova wurde 1976 in Moskau geboren. Nachdem sie als 15- jährige bereits eine Ehrenurkunde beim 1. Frederik-Chopin-Wettbewerb für Junge Pianisten in Moskau erhalten hatte, studierte sie von 1994 bis 2002 Klavier und Klavierkammermusik an der Gnessin-Akademie für Musik in Moskau bei Vladimir Tropp, wo sie ihre Abschlussprüfungen mit Auszeichnung absolvierte. 1996 war sie »die beste Studentin des Jahres« an der Gnessin Akademie und erhielt dort ein Diplom der Russischen Gesellschaft der Institutionen. Ab 2002 studierte sie als Stipendiatin des DAAD Klavierkammermusik und Klavier Solo an der Musikhochschule Karlsruhe in der Klasse von Prof. Michael Uhde und Markus Stange und erhielt ihr Konzertexamen mit Auszeichnung. Zusätzlich besuchte sie Meisterkurse bei Vitalij Margulis, Dimitri Bashkirov, Natalia Trull, Nahum Shtarkmann, Sedmara Zakarjan- Rutstein und Eduardo Hubert in Russland, Italien, Deutschland und USA. Neben ihrer Ausbildung als Pianistin studierte sie Kunstgeschichte an der Russischen Akademie für Malerei, Bildhauerei und Baukunst, Moskau, wo sie 2002 ebenfalls mit Auszeichnung abschloss. 2004 gewann sie den ersten Preis im Karlsruher Kammermusikwett- bewerb und im Freundeskreis-Wettbewerb der Karlsruher Musikhochschule im Fach Klaviertrio. Als Solistin der Staatlichen Moskauer Philharmonischen Gesellschaft gab sie Konzerte in renommierten Konzertsälen von Moskau, (u.a. Rachmaninow Saal, Großer Saal des Moskauer Konservatoriums), Sankt Petersburg, Minsk, London und Warschau. Sie hat an verschiedenen Musikfesten teilgenommen, u.a. am 15. Internationalen Festival Roslavez und Gabo für zeitgenössische Kunst in Brjansk (Russland), am Festival »Grenzen der Zeit« in Moskau, an der Konzertreihe »Brücken« in St. Petersburg, am Festival »Summer Music in Italy« in Casalmaggiorre, am Festival für Neue Musik »Klangriffe« in Karlsruhe und am Projekt »Nouvelles Aventures« in Stuttgart. Im Jahr 2004 war sie Teilnehmerin an dem internationalen Projekt der Stiftung Villa Musica und gab mehrere Trio-Abende zum 100. Todesjahr Anton Dvoraks in dessen Geburtshaus in der Tschechischen Republik. Sie konzertierte als Solistin mit Orchestern wie dem Moskauer Bach Zentrum Orchestra, dem Gnessin-Virtuosen Orchestra. 2005 spielte sie als Pianistin im Radio-Sinfonieorchester Stuttgart auf dem Festival für neue Musik ECLAT. Mit demselben Orchester gastierte sie im gleichen Jahr bei den Salzburger Festspielen. Seit Oktober 2004 ist sie Doktorandin an der Musikhochschule Karlsruhe. MUSIK > ANNA ZASSIMOVA < 92 93 > Moscow by heart Проект о московском Ein Projekt um den Moskauer Musiker und Schriftsteller Misha Feigin Misha Feigin: Gitarre, Balalaika, Stimme und Texte Helmut Bieler-Wendt: Geige, Elektronik Johannes Frisch: Kontrabass, Elektronik Eintritt: 11 D / 9 D ermäßigt / 7,50 D Mitglieder > Mi, 26. April 2006 20.30 Uhr Jazzclub Kronenplatz 1 Info-Tel. (0721) 61 14 93 Ein Laboratorium, in dem Musik und Literatur, Improvisation und Konzept, Biographie und Fiktion, Sprache und Klang, Hören und Sehen, akustische und elektronische Momente ineinandergreifen, verspricht »Moscow by Heart«. Das speziell für die Europäischen Kulturtage »Moskau« erarbeitete Projekt des aus Moskau stammenden, mittler- weile in den USA lebenden Musikers und Schriftstellers Misha Feigin knüpft an die Zusammenarbeit mit den Musikern Helmut Bieler-Wendt und Johannes Frisch an, die in wechselnden, literarisch-musikalischen Kontexten seit den späten 90er Jahren in Deutschland besteht. Die Materialien von »Moscow by Heart« sind Dichtungen von Daniil Charms, Fragmente von Paul Celan und Osip Mandelstam, Gedichte und Prosatexte von Misha Feigin, Erinnerungen und Mutmaßungen, Geige, Balaleika, Gitarre, Kontrabass und Stimme, vom Experiment bis hin zur russischen Zigeunermusik, Schreibgeräusche, die deutsche, russische und hebräische Sprache, das Schreiben und die Musikalität der Feder und ihre akustische Mikroskopierung. Misha Feigin ist geboren und aufgewachsen in Moskau. Dort genoss er in der Kunstszene großes Renomee, als er 1990 in die Vereinigten Staaten auswanderte. Vier Schallplatten waren bereits auf dem staatli- chen »Melodia«-Label erschienen, Radio und Fernsehen hatten ihn mehr- fach porträtiert. Außerdem hatte er erfolgreiche nationale und internati- onale Tourneen hinter sich. Seit er im Westen lebt, spielte Misha Feigin in den USA, Kanada, England, Schottland, Israel, Deutschland, Schweden, der Schweiz, Norwegen und Dänemark. 2003 wurde sein Ruf als vielseitig talentierter Künstler mit dem Erscheinen des Buches »Auf der Suche nach Irina« bestätigt, einer kraftvollen und eindrücklichen Erzählung aus der Zeit, als die politischen Prozesse den Blick auf Stalins Schrecken freigaben, während Sex, Drogen und Rock'n'Roll durch den eisernen Vor- hang drangen und mit dem scheinbar undurchdringlichen System zusam- menstießen. Nach dem Erfolg des nach kurzer Zeit vergriffenen Buches hat Fleur Publishing mit »Das letzte Wort der Astronomie« Misha Feigins Gedichtesammlung veröffentlicht, die Werke aus den vergangenen bei- den Jahrzehnten umfasst. Im Jahre 2000 war Misha Feigin Träger des Thomas Merton Prize for Poetry. MUSIK > MISHA FEIGIN < 94 95 > Das Goldene und Silberne Jahrhundert Золотой и серебрянный век Musikalische Welt, russische Poesie und deren Begegnungen mit Deutschland Mit Musik von Sergei Rachmaninow und Peter Tschaikowski sowie Lyrik von Iwan Bunin und Alexander Puschkin Stephan Skiba, Violine Alexander Kaschin, Violoncello Anna Zassimova, Klavier Sprecherinnen: Simone Petri und Anne-Kathrin Bartholomäus In Koproduktion mit dem Schauspiel des Badischen Staatstheaters Karlsruhe Eintritt: 15 D / 10 D ermäßigt Programmabfolge: Iwan Bunin (1870-1953) als Vertreter des Silbernen Jahrhunderts der russischen Poesie. Seine Zeitgenossen. Sein Lebensweg und Begegnungen zu Deutschland. Gedichte: »...Nur die Trauer tröstet ganz!« »Es wurde kahl der Wald und arm,...«, »Im Weinberg«, »Hoffnungslosigkeit«, »Der Ruf«, »Bretagne« und andere. Sergei Rachmaninow (1873-1943) Sonate für Klavier und Violoncello g-Moll, Op. 19 Zeitgenosse von Bunin. Ihre Begegnungen. Die Bedeutung von Rachmaninow für die russische Musik und die Bedeutung von Bunin für die russische Literatur. Pause Alexander Puschkin (1799-1837) als Vertreter des Goldenen Jahrhunderts der russischen Poesie. Seine Zeitgenossen, Lebensweg und Begegnungen zu Deutschland. Dramatisches Werk: Szene aus »Faust« Peter Iljitsch Tschaikowski (1840-1893) und seine Begegnungen mit Puschkin. Trio »A la memoire d‘un grand artiste« für Klavier, Geige und Violoncello Op. 50, a-Moll. Das literarisch-musikalische Programm rund um Bunin, Puschkin, Rachmaninow und Tschaikowski beleuchtet bedeutende Kapitel russischer Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und deren Berührungspunkte mit der deutschen Literatur. Iwan Alexejewitsch Bunin, der 1870 in Woronesch geborene Schriftsteller, Lyriker und Übersetzer, erhielt 1933 als erster Russe den Nobelpreis für Literatur. Er entstammte einer ver- armten Adelsfamilie, studierte in Moskau, arbeitete als Zeitungsredakteur und wurde später für seine Übersetzungen aus dem Englischen (darun- ter Henry Wadsworth Longfellow und Lord Byron) mit dem Puschkin- Preis der russischen Akademie ausgezeichnet. Reisen führten den Freund Tschechows und Gorkis quer durch Europa, nach Nordafrika und bis nach Indien. Nach der Oktoberrevolution lebte Bunin zunächst zwei Jahre im Süden Russlands, bevor er 1920 nach Frankreich floh. Erst nach seinem Tod 1956 wurde der entschiedene Gegner des Bolsche-wismus von den Sowjets rehabilitiert und durfte wieder erschei- nen. Sein Name steht für das sog. Silberne Zeitalter der russischen Poesie: Bunin prägte mit seinem Stil maßgeblich die russische Literatursprache. Er interessierte sich intensiv für Schopenhauer und wurde von Thomas Mann hoch geschätzt. Mit seinem Zeitgenossen Sergei Rachmaninow tei- lte er das Schicksal des Lebens in der Fremde, das sowohl in seiner Lyrik wie auch in der Musik Rachmaninows – hier in seiner Sonate für Violoncello und Klavier – ein zentrales Schaffensmotiv mit dem Unterton der Sehnsucht bildet. Als Begründer der modernen russischen Literatur schlechthin und als eine ihrer schillerndsten Gestalten gilt Alexander Sergeiewitsch Puschkin, der 1799 in Moskau geboren wurde. Große Ereignisse der russischen Geschichte wie der Krieg gegen Napoleon (1812) hinterlassen in sei- nem Werk ebenso tiefe Spuren wie nachhaltige Theatererlebnisse. Seine Spottgedichte bringen ihn in Konflikt mit dem Zarenregime, das ihn zwi- schenzeitlich zu einem Aufenthalt auf der Krim zwingt. Puschkin, der einen russischen »Faust« dichtete, duelliert sich häufig, auch aus trivialen Gründen. Ein Duell gehört auch zu seinem bedeutendsten Versepos, dem Peter Tschaikowski, der mit Puschkin einen anregenden Austausch pflegte, mit seiner großen Oper ein Denkmal setzt: Eugen Onegin. Tschaikowskis großes Klaviertrio op. 50 steht in seiner selbstbewussten Virtuosität und Reife für den beflügelnden Geist jener Zeit. Der Abend, der Leben und Werk der genannten Dichter und Komponisten nachzeichnet, möchte das Goldene und Silberne Jahrhundert in der russi- schen Poesie mit Musik und Rezitationen lebendig machen. > Do, 27. April 2006 20 Uhr Stephanssaal Ständehausstr. 4 Ticket-Tel. (0721) 93 33 33 MUSIK < 96 97 > Stephan Skiba Stephan Skiba, 1956 in Berlin geboren, erhielt seine musikalische Grundausbildung am Musikgymnasium der Regensburger Domspatzen. Danach studierte er an der Musikhochschule München beim Professor Otto Büchner und schloß seine Studien bei Arthur Grumiaux in Brüssel ab. Während seiner Münchner Zeit war er Mitglied des Münchner Bachorchesters unter Karl Richter. Als Erster Konzertmeister gehörte er 1977-1984 dem Philharmonischen Orchester der Stadt Freiburg an. Seit 1984 ist Stephan Skiba Erster Konzertmeister der Badischen Staatskapelle Karlsruhe. Konzertreisen führten ihn durch Europa, nach Japan und Russland, wobei er sich neben dem klassischem Konzertrepertoire selten aufgeführten Werken, wie z.B. den Violinkonzerten von P. Hindemith, B. Britten, Rudi Stephan u.a. widmet. Neben zahlreichen Produktionen mit dem Süddeutschen Rundfunk hat er das Violinkonzert von Mendelssohn, sowie das Klaviertrio von P. Tschaikowski auf CD aufgenommen. Alexander Kaschin Alexander Kaschin wurde 1972 in Moskau geboren. Von 1990 bis 1995 studierte er am Moskauer Staatlichen Konservatorium bei Prof. W. Fejgin. Von 1995 bis 1998 setzte er seine Ausbildung (Diplom-Studiengang) an der Hochschule für Musik in Hamburg bei Prof. Wolfgang Meh fort und erhielt sein Diplom mit Auszeichnung. Von 1996 bis 1998 besucht er mehrere Meisterkurse bei Prof. David Geringas, Prof. Wolfgang Boettcher und Prof. Boris Pergamenschikow. Von 1998 bis 2001 studierte er im Aufbaustudium (Konzertexamen) bei Prof. B. Gmelin an der Hochschule für Musik in Hamburg. Er ging aus zahlreichen Wettbewerben als Preisträger hervor: 1987 2. Preis beim Internationalen Wettbewerb »Concertino Praga« (Tschechien). 1988 Diplom beim Nationalen Cellowettbewerb in Russland. 1996 2. Preis beim Internationalen Elise-Meyer Wettbewerb in Hamburg. 1997 4. Preis beim Internationalen Kammermusikwettbewerb »Sonaten« in Vierzon (Frankreich). 1999 Auszeichnung in Form einer Instrumentenleihe für 5 Jahre von der SINFONIMA – Stiftung der Mannheimer Versicherung AG. 2004 Auszeichnung in Form Instrumen- tenleihe von der Stiftung des Landes Baden-Württemberg. Seit 1987 trat Alexander Kaschin in vielen Konzerten in Russland, der Ukraine, Armenien, Tschechien, der Slowakei, Bulgarien, Deutschland, Italien und Frankreich auf. Er konzertierte als Solist mit Orchestern wie den Hamburger Symphonikern, dem Mozart-Orchester Hamburg, dem Landessinfonieorchester Flensburg, dem Orchester Lu (Ukraine), dem Odessa Kammerorchester und dem Kammerorchester des Moskauer Konservatoriums. Er war zu Gast bei Festivals wie dem P. Casals Cello Festival in Kronberg/Taunus dem Schleswig-Holstein-Musik-Festival und dem Musikfestival »Hanns Eisler und seine Schüler« (NDR Hamburg). Das Repertoire von Alexander Kashin umfasst Werke vom Barock bis zur Gegenwart und ist auf mehreren Schallplatten- und CD-Produktionen dokumentiert. Seit 2003 ist er Stellvertretender Solo-Cellist der Badischen Staatskapelle Karlsruhe. Simone Petri Simone Petri wurde 1976 in Zürich geboren, wo sie (unterbrochen von einem einjährigen Sprachaufenthalt in Moskau 93/94) bis zur Matura lebte und zur Schule ging. Nach einem sechsmonatigen Sprachaufenthalt in Kuba und einem abgebrochenen Geschichtsstudium in Genf, Jobs als Altenpflegerin und Übersetzerin, besuchte sie von 1997 bis 2001 die Hochschule für Musik und Theater in Bern. 2001 ging sie ins Festengagement ans Landestheater Tübingen und wechselte 2002 ans Badische Staatstheater Karlsruhe, wo sie immer noch Ensemblemitglied ist. Daneben war sie ein Jahr lang als Kolumnistin für das Schweizer Reisemagazin »via« tätig, leitete den Theater-Jugendclub des Badischen Staatstheaters und spielte in verschiedenen Fernseh- und Kinospielfilmen mit. 2003 erhielt sie den Schweizer Filmpreis als beste Darstellerin und war european shooting-star an der Berlinale. Simone Petri ist verheiratet und hat eine Tochter (geb. 2004). Anne-Kathrin Bartholomäus 1962 in Köthen/Anhalt geboren. Nach der Polytechnischen Oberschule der DDR eine zweijährige Ausbildung zur Bibliothekarin abgeschlossen. Beruflich tätig als Bibliothekarin und Museumsvolontärin in Dessau An- halt. 1983-87 Studium an der Hochschule für Schauspielkunst, Rostock. Erstes Engagement als Schauspielerin am Theater Stralsund. Weitere Engagements an den Theatern Celle, Gera, Altenburg, Aachen. In Gastrollen an den Theatern Detmold, Oldenburg und ein Jahr Tourneetheater in der Rolle der Krimhild von Hebbels »Nibelungen«. Verschiedene Rollen bei Funk und Fernsehen. Tätigkeiten als Lehr- beauftragte für Schauspiel an den Theaterhochschulen in Rostock und Leipzig. Seit 2002 festes Ensemblemitglied am Badischen Staatstheater Karlsruhe. MUSIK < 98 Studio Vocale Karlsruhe Хор «Студио Вокале» Карлсруэ Leitung: Werner Pfaff Eintritt: 10 D / 7 D ermäßigt Sergei Rachmaninow (1873 – 1943): Ganznächtliche Vigil op. 37 »Ich bin ein russischer Komponist, und meine Heimat hat mein Temperament und meine Anschauungen geprägt. Meine Musik ist Ausdruck meines Temperaments, und also ist sie russische Musik.« Sergei Rachmaninow Am 7. Mai 1933, seinem 60. Geburtstag, wurde Sergei Rachmaninow in Paris in einem öffentlichen Festakt geehrt. Die russischen Exilanten rühmten ihn in einem Grußwort, das unter anderen auch Komponisten wie Alexander Glasunow und Nicolai Medtner unterzeichnet hatten, ausdrück- lich dafür, dass er auch im Exil seine russische Vergangenheit nie geleug- net hatte. Dieses Grußwort endete mit dem Satz: »Was wir Ihnen und auch uns noch wünschen: dereinst in Moskau Rachmaninows »Ganznächtliche Vigil« in Anwesenheit des Komponisten zu hören.« Dieser Wunsch war Ausdruck einer tiefen Sehnsucht der Unterzeichner nach einer – allerdings unmöglichen - Rückkehr in eine nicht nur geogra- phische, sondern auch kulturelle und religiöse Heimat. Damals war in der Sowjetunion die Aufführung religiöser Musik strikt verboten; außerdem war Rachmaninow seit 1931 »persona non grata«, da er in der »New York Times« einen Artikel mitunterzeichnet hatte, der den ideologischen Terror der Kommunisten anklagte. Als er im Januar/Februar 1915 seine »Ganznächtliche Vigil« kompo- nierte, war er allerdings noch einer der populärsten Komponisten Russlands. Schon während seiner Studienzeit hatte er sich für die ursprüngliche Musik der orthodoxen Kirche interessiert, ohne allerdings im eigentlichen Sinne religiös zu sein. Die im Gottesdienst verwendete Musik orientierte sich damals an westeuropäischen Vorbildern; es waren italienische und auch deutsche Musiker an den Zarenhof geholt worden, deren Einfluss noch lange spürbar gewesen war und die eigenständige Entwicklung der russischen Musik lähmte. Die Petersburger Hofkapelle und ihre strikte Zensur trug zur Ermutigung der Komponisten nicht viel bei, und erst der Rechtsstreit um ein geistliches Werk Tschaikowskis (Die Liturgie op.41) – der zugunsten des Komponisten ausging - brach den Bann. Eine neue »Russische Schule des Kirchengesangs« konnte beginnen. Diese »Neue Schule« besann sich auf die alte orthodoxe Kirchenmusik, die teilweise dem Volksgesang sehr nahestand. Schon mit seiner > So, 30. April 2006 19 Uhr Christuskirche Riefstahlstr. 2 am Mühlburger Tor Info-Tel. (0721) 69 42 18 »Liturgie des Johannes Chrysostomos« op.31 aus dem Jahre 1910 hatte sich Rachmaninow dieser Musik genähert. Ihn reizte das Archaisch- Ursprüngliche, das dem Kirchengesang im Laufe des 18. Jahrhunderts zunehmend abhanden gekommen war und durch die »verwestlichten« Hörgewohnheiten ganz verloren zu gehen drohte. Der ehemals einstimmi- ge Kirchengesang war zum mehrstimmigen Choralsatz geworden; die alten liturgischen Melodien waren teilweise als tragende Stimmen beibehalten worden, aber die Musik hatte ihre Eigenart verloren. Im 19. Jahrhundert kam die Rückwendung; dabei spalteten sich die Musiker in zwei Lager. Die einen wollten an der reinen liturgi- schen Funktion festhalten und lehnte jeden individuellen künstlerischen Einfluss ab; führend in dieser Gruppe waren Kreise der russischen Or- thodoxie. Die andere Gruppe, hauptsächlich vertreten durch junge Mu- siker und Komponisten, forderte künstlerische Freiräume und hoff- te, die Liturgie werde sich den Erneuerungsbestrebungen öffnen. Dies war jedoch zunächst nicht der Fall: geistliche Kreise bekämpften jeg- liche Modernisierungsversuche, man untersagte außerdem das Singen liturgischer Texte außerhalb des Gottesdienstes. Lange vermochte die orthodoxe Kirche diese Verweigerungshaltung nicht durchzuhalten, und ausgerechnet eine ihrer eigenen Institutionen, die »Moskauer Schule für Kirchengesang« und der ihr angeschlossene Synodalchor öffneten sich der neuen Musikbewegung. Am Anfang dieser Erneuerungsbewegung standen Peter Iljitsch Tschaikowskis »Liturgie« (1878) und »Nachtvigilie« (1881), die beiden gleichnamigen Werke von Sergei Rachmaninow bilden Höhepunkt und Schluß einer musikalischen Bewegung, die durch die Oktoberrevolution jäh beendet wurde. Die orthodoxe Kirche kennt ebenso wie die römische das Stundengebet; an Vorabenden von Sonn- und Feiertagen werden die Abend- und Morgen- gebete zu einer rituellen Einheit zusammengefaßt (Vigil und Matutin). Anders als die römische Kirche hat die orthodoxe Kirche wechselnde Kom- binationen fester und beweglicher liturgischer Texte und Melodien, darü- ber hinaus muss noch ein Achtwochenzyklus von Kirchentonarten beach- tet werden, der das gewöhnliche Kirchenjahr überlagert. Tschaikowski hatte sich bitter beklagt, daß die Geistlichen ihm keine Auskunft über die Liturgiefolge geben könnten, da sie selber die Regeln nicht verstünden und willkürlich Gesänge auswählten. Rachmaninow suchte und fand Hilfe bei Alexander Kastalskij, der an der Moskauer Schule für Kirchengesang tätig war. Aus der verwirrenden Vielfalt von Details, die bei einer so komplexen Komposition wie der Vigil zu beachten wäre, vertonte Rachmaninow nur ein »Grundgerüst«; die den jeweiligen liturgischen Gegebenheiten ent- sprechenden Ergänzungen überließ er den Geistlichen und Kirchenchören. Diese Beschränkung erleichtert die konzertante Aufführung der Vigil – sie ist nach ihrer Uraufführung am 10. März 1915 in Moskau auch nur sehr selten im Gottesdienst erklungen. Es sind nicht nur die liturgisch-musikalischen Elemente beziehungs- MUSIK 99 > < 100 weise deren Fehlen, die eine Aufführung so schwierig machen; auch die Ansprüche an die Sänger sind für einen einfachen kleinen Kirchenchor nur schwer zu bewältigen. Rachmaninow komponierte für den Moskauer Synodalchor und hatte somit eines der besten Ensembles überhaupt zur Verfügung – für manche Partien holte er sich auch Sänger der Moskauer Oper. Er verwendete die alten liturgischen Texte von Vesper (Abendgebete, Nr. 2 - 6) und Matutin (Morgengebete, 7 -15). In zehn der fünfzehn Sätze griff er auch auf die alten Kirchengesänge zurück, allerdings erklingen sie hier nicht in der Originalgestalt. Rachmaninow veränderte Details: er kürz- te, transponierte, und er bereicherte die Sätze um harmonische Varianten. Die fünf Sätze aus seiner eigenen Feder (die Nummern 1,3,6,10 und 11) unterscheiden sich stilistisch nicht von den »Zitaten«, Rachmaninow nann- te sie mit einem Augenzwinkern »Stilfälschungen«. Die Vielfalt seiner Stilmittel reicht vom archaischen Unisono bis zu individuellen Klangmalereien, z.B. der Evokation von Glockenklängen in Nr. 7 und 8 (Beginn der Matutin). Der Text wird nicht in ein starres Me- trum gezwängt, sondern kann frei fließen – so kann auch die Melodie dem Text nachgeben, jedes Wort wird sinngemäß betont. Er erfand eine reiche Klangfarbenpalette: vom Solo und Unisono über kleine Chorgruppen und homophonen Satz spannt sich der Bogen bis zum achtstimmig aufgefä- cherten Chor in der Großen Doxologie (Ehre sei Gott in der Höhe, Nr. 12). Die Harmonik verbindet Wendungen aus der Volksmusik (Terz- und Sextklänge) mit modalen Klängen; Rachmaninow vermied aber weitge- hend »moderne« Chromatik, da er alte diatonische Melodiestrukturen benutzte. Der erste Teil, die »Nachtwache«, ist eher lyrisch geprägt, die Gebets- texte sind betrachtend und meditierend. Im zweiten Teil kommen erzäh- lende Elemente zum Tragen (vgl. Nr. 9, Gelobt bist Du, o Herr – eine Schilderung aus der Oster- und Auferstehungsgeschichte). Höhepunkt des zweiten Teils ist die Große Doxologie, die danach folgenden Stücke bil- den quasi das Finale. Sie sind weniger konzertant angelegt, sie bauen die zuvor aufgestaute Spannung langsam wieder ab und lassen die Matutin ausklingen. Die Uraufführung der Vigil fand am 10. März 1915 als Benefizkonzert für die Kriegsopfer statt. Der Moskauer Synodalchor sang unter der Leitung von Nicolai Danilin. Nicht zuletzt durch die hervorragende Leistung des Chores war die Vigil zunächst sehr erfolgreich, duch das Verbot aller Kirchenmusik nach der Revolution geriet sie in Vergessenheit. »Das große Abend- und Morgenlob« war eines der beiden Lieblingswerke Rachmaninows (das zweite war die Sinfonie »Die Glocken« nach einer Dichtung von Edgar Allan Poe). Am meisten liebte er die Nr. 5, Nunc dimittis (Herr, nun läßt du deinen Diener in Frieden fahren), von dem er wünschte, daß es auf seiner Beerdigung gespielt werde. Eigentlich hatte er auf dem Moskauer Nowodewitschi-Friedhof begraben sein wollen, dort, wo auch Alexander Skrjabin zur letzten Ruhe gebettet worden war. Nachdem er über zwanzig Jahre lang ein Emigrantendasein geführt hatte, wollte er wenigstens im Tode wieder in die Heimat zurückkehren, doch dieser Wunsch blieb unerfüllt. Im Frühjahr 1943 starb er, wenige Tage vor seinem siebzigsten Geburtstag, in Kalifornien und wurde in Westchester County/ New York beerdigt. »Ich fühlte mich wie ein Geist, der in einer Welt herumirrte, die ihm fremd geworden war. Ich kann die alte Art zu schreiben nicht ablegen und mir die neue nicht zu eigen machen.« Sergei Rachmaninow Werner Pfaff studierte Klavier und Komposition in Trossingen, Dirigieren und Ge- sang in Karlsruhe sowie Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie in Freiburg. Sein wichtigster Lehrer war Hans Michael Beuerle (Chorlei- tung). Andere wichtige künstlerische Erfahrungen sammelte er bei der Zusammenarbeit mit u.a. Solti, Sinopoli, Chailly, Inbal, Harnoncourt, Gielen, Marriner, Rostropowitsch, Penderecki und Ericson. 1980 gründete er den Kammerchor Studio Vocale Karlsruhe, mit dem er mehrere internationale 1. Preise gewann. Einladungen zu Festivals in Europa, Amerika und Asien sowie zahlreiche Fernseh- und Rundfunk- und CD-Produktionen folgten. 2003 wurde Werner Pfaff beim Internationalen Chorwettbewerb »Habaneras y Polifonia¡« in Torrevieja/ Spanien mit dem Sonderpreis als bester Dirigent ausgezeichnet. Von 1989-1996 hatte Werner Pfaff einen Lehrauftrag für Dirigieren an der Musikhochschule Frankfurt am Main, von 1992-1995 zusätzlich an der Hochschule für Musik »Franz Liszt« in Weimar inne. Er arbeitet regelmäßig mit Orchestern aus Deutschland, Frankreich, Polen und der Tsche-choslowakei sowie Barockorchestern zusammen. Häufige Einladungen als Gastdirigent ermöglichen Werner Pfaff die Zusammenarbeit mit Rundfunkchören im In- und Ausland (Stuttgart, Köln, Leipzig, Krakau) und anderen professionellen Chören weltweit. Werner Pfaff ist ein gesuchter Leiter von internationalen Chorateliers, er gibt regelmäßig Dirigierkurse und Meisterklassen in der ganzen Welt. Seit 1991 gehört er zusammen mit Jan Szyrocki zu den ständigen Diri- genten der Deutsch-Polnischen Chor-Akademie »In terra pax«. Berufungen in die Jury bei internationalen Chorwettbewerben führten Werner Pfaff u.a. nach Tours, Tolosa, Riva del Garda, Argentinien, Israel, Polen, Belgien und Slowenien. MUSIK 101 > < 102 103 > Studio Vocale Karlsruhe wurde 1980 von Werner Pfaff gegründet und besteht aus ca. 32 aus- gebildeten SängerInnen. Bereits nach wenigen Jahren gewann der Chor einige der bedeutendsten internationalen Chorwettbewerbe, u.a. in Gorizia (Gesamtsieger 1987), Tolosa (1. Preisträger 1988, 2. Preisträger 1999) Marktoberdorf (1. Preisträger 1989), und hat sich seitdem kontinuierlich weiter entwickelt. 2003 errang das Studio Vocale Karlsruhe einen 1. und 2. Preis beim Internationalen Chorwettbewerb »Habaneras y Polifonia« in Torrevieja/ Spanien. Aufgrund dieser Erfolge hat sich der Chor nicht nur im europäischen Raum einen bedeutenden Ruf erworben und erhält regelmäßig Einladun- gen zu Gastkonzerten und Festivals in aller Welt, so unter anderem nach St. Petersburg, Seoul, Riga, San Sebastian, Buenos Aires, Legnano, Va- lencia und Manila. In Deutschland gastierte der Chor u.a. im Jahr 2000 beim Schwarzwaldmusikfestival (H-Moll-Messe unter Mark Mast) und beim Rheingau Musikfestival (Messias unter L. Güttler). Der Schwerpunkt der musikalischen Arbeit von Studio Vocale Karls- ruhe liegt auf der Gestaltung anspruchsvoller A-Cappella-Programme, deren stilistische Bandbreite von der Renaissance bis zur zeitgenössischen Musik reicht. Neben der Auswahl besonders lohnender, oft wenig bekann- ter Literatur stellt Werner Pfaff dabei stets einen musikalisch-dramaturgi- schen Zusammenhang der Werke in den Vordergrund. Regelmäßig widmet sich der Chor auch der Interpretation oratorischer Werke. Rundfunk-, Fernseh- und CD-Produktionen dokumentieren die Arbeit von Studio Vocale Karlsruhe. In den letzten Jahren fand in Zusammen- arbeit mit dem SWR und dem Renner Ensemble Regensburg eine CD- Gesamteinspielung der Chorwerke von Robert Schumann statt. Simon Nabatov Симон Набатов Solopiano Eintritt: 11 D / 9 D ermäßigt / 7,50 D Mitglieder Der in Moskau geborene Simon Nabatov gilt als eines der bedeutends- ten Talente der aktuellen Jazz-Szene. Seine erste Ausbildung erhielt er am Konservatorium in Moskau; später wechselte er in die Vereinigten Staaten und studierte u.a. an der Julliard School of Music in New York. Seit 1984 gewinnt Nabatov regelmäßig Preise in seinem Fach. Neben seinen zahlrei- chen Zusammenarbeiten mit Jazzgrößen wie Paul Motian, Ray Anderson, Chet Baker und Barry Altschul profilierte sich Nabatov als virtuoser und phantasievoller Pianist. In seinem aktuellen Programm verbindet Simon Nabatov Improvisation mit der europäischen Klassik und bezieht Komponisten wie Bach, Brahms oder Chopin in seine Ausflüge mit ein, auf deren Grundlage er sich zu lustvollen Soloritten aufmacht. Gleichzeitig schafft er in der Verbindung von Klassik und Gegenwart eine klangvolle Brücke zwischen gestern und heute. > Mi, 3. Mai 2006 20.30 Uhr Jazzclub Kronenplatz 1 Info-Tel. (0721) 61 14 93 MUSIK > STUDIO VOCALE KARLSRUHE > SIMON NABATOV < 104 Musik und Mysterium Музыка и мистерия Der russische Komponist Alexander Skrjabin in Deutschland, sein Leben und sein Zeitgenosse Boris Pasternak in Musik und Texten Solist: Juri Bogdanow am Flügel Sprecherin: Teresa Trauth In Koproduktion mit dem Schauspiel des Badischen Staatstheaters Karlsruhe Eintritt: 15 D / 10 D ermäßigt Programmabfolge: Alexander Skrjabin (1872-1915): Besonderheiten seines Schaffens. Sein Leben in Deutschland. Sonate-Fantasie, Op. 19, gis-Moll. Vierundzwanzig Präludien, Op. 11. Pause Drei Masurkas aus Op. 3: Nr.5, es-Moll; Nr. 6, cis-Moll; Nr.7, e-Moll. Fantasie Op. 28, h-Moll. Zwei Tondichtungen Op. 32: Fis-Dur und D-Dur Tondichtung »K Plameni« (»Zu Flamme«) Op.72 Zwei Etuden: Op. 42 Nr. 5 cis-Moll und Op. 8 Nr. 12 dis-Moll Alexander Nikolajewitsch Skrjabin gilt als der große Mystiker der rus- sischen Musik. 1872 in Moskau geboren, schloss der Pianist 1892 seine Studien am Moskauer Konservatorium mit der »Kleinen« Goldmedaille an (die »Große« erhielt sein Kommilitone Rachmaninow). Ausgedehnte Konzertreisen machten den großen Tastenkünstler in Europa und inter- national bekannt. Skrjabin pflegte bei seinen Auftritten ausschließlich eigene Kompositionen zu spielen. Ausgehend von der Romantik Chopins und Liszts fand er über die Chromatik von Wagners Tristan-Musik zu einem eigenen harmonischen System, das den Moll-Dur-Bezirk verlässt und auf dem aus Quartschichtungen konstruierten »Mystischen Akkord« oder »Prometheus-Akkord« aufbaut. Aus diesem System heraus und durch den Kontakt mit den Schriften > Do, 4. Mai 2006 20 Uhr Stephanssaal Ständehausstr. 4 Ticket-Tel. (0721) 93 33 33 der Theosophischen Gesellschaft reifte Skrjabins Vision eines beson- deren Gesamtkunstwerks, das in Indien als »Mysterium« unter einer Halbkugel mit 2000 Mitwirkenden das Publikum zu kollektiver Ekstase führen sollte. Bevor er dieses kühne Projekt in Angriff nehmen konnte, starb er jedoch 1915 an den Folgen einer Blutvergiftung. Auch das von Skrjabin angestrebte Klangfarbenklavier ist bezeichnend für die esoteri- sche Klangästhetik des Komponisten, der zu den großen Erneuerern der russischen Tonkunst zählt. Mit Deutschland verband Skrjabin eine besondere Beziehung. Es war das erste Land, das Skrjabin besuchte. 1895 kam er nach Berlin und besuchte Mendelssohn, dort betrachtete er staunend ein Beethoven-Autograph aus dessen Besitz. In Deutschland begegnete er dem großen Pianisten Emil Sauer und lernte er den bedeutenden Bariton Karl Scheidemantel kennen. In Heidelberg suchte er bei dem Neuropathologen Wilhelm Erb Rat wegen seiner überanstrengten rechten Hand. Die gegenseitige Sympathie der bei- den Männer und die gemeinsame Liebe zur Musik führte zum anregenden Austausch. Heidelberg inspirierte Skrjabin zu vielen Klavierstücken. Teile seiner Préludes op. 13 und 15 entstanden in einem Kölner Hotel. In seiner Jugend spielte der begabte Pianist gerne Schumann, auch schätzte er den Pianisten Carl Reinecke. Die Verbindung zum Leipziger Verlag Beljaev, und die Firmen L. Hupfeld und Welte-Mignon, die Skrjabin zu Aufnahmen u. a. für die so genannten Phonola-Rollen einluden, markieren ebenfalls die intensive Verbindung des Komponisten zu Deutschland. Das Programm »Musik und Mysterium« folgt diesem spannenden Verhältniss in einer Koproduktion mit dem Schauspiel des Badischen Staatstheaters Karlsruhe in Texten und Klaviermusik. Juri Bogdanow Juri Bogdanow wurde 1972 geboren. Er bekam seinen ersten Klavier- unterricht bei Frau Artobolewskaja als er vier war. Seine musikalische Ausbildung bekam er bei der Zentralen Musikschule des Moskauer Konser- vatoriums (bei Frau Artobolewskaja, bei Herrn Mdojanz und beim Herrn Prof. Nasedkin) und beim Moskauer Konservatorium (bei Frau Prof. Nikolaewa und Herrn Prof. Woskresenski). Juri Bogdanow hat u. a. fol- gende Auszeichnungen bei Internationalen Musikwettbewerben erhalten: 3. Preis beim Internationalen J.S.Bach Musikwettbewerb in Leipzig 1992 2. Preis beim Internationalen F. Schubert Musikwettbewerb in Dortmund 1993 3. Preis beim Internationalen F. Mendelssohn Musikwettbewerb in Hamburg 1994 1. Preis beim Internationalen F. Schubert Musikwettbewerb in Wien 1995 Konzertreisen führen ihn durch Russland, Österreich, Australien, Deutschland, Canada, Holland, Norwegen, Nord Korea, Frankreich, MUSIK 105 > < 106 107 > Schweiz und Japan. Auch bei zahlreichen Musikfestivals, wie z.B. »April Frühling« in Pjöngjang oder Skrjabin-Festival in Moskau hat er gespielt. Seit 1997 ist J. Bogdanow Solist der Moskauer Staatlichen Philharmonie. Als Solist hat er unter folgenden Dirigenten wie W. Ponkin, P. Sorokin, W. Dudarowa, S. Skripka, E. Serow, I. Goritski, M. Bernardi, A. Politkow und mit folgenden Orchestern gespielt: Moskauer Rundfunkorchester, Moskauer Philharmonisches Orchester, Deutsche Kammerakademie, Calgary Philharmonic und Moskauer Staatliches Sinfonieorchester. Seine CD mit Werken von F. Schubert wurde vom Schubert-Institut in Wien als die beste Schubert-Aufnahme 1996 ausgezeichnet. Der Pianist hat auch eine aktive pädagogische Tätigkeit inne – z.B. einen Lehrauftrag bei dem Musikinstitut Ippolitow-Iwanow in Moskau. J. Bogdanow hat als Jury-Mitglied bei mehreren Internationalen Musikwettbewerben mitge- wirkt. Er unterrichtete Meisterkurse in Russland und im Ausland. Er ist ein Mit-Gründer und Vizepräsident vom Musikfonds »Artobolewskaja«. Teresa Trauth Geboren 1975 in Altenburg (Sachsen), aufgewachsen in Berlin, besuchte sie dort die Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch«. Ihr erstes Engagement hatte sie am Landestheater Tübingen von 1999 bis 2OO1, dann wechselte sie für eine Spielzeit ans Staatstheater Kassel und von dort zum Badischen Staatstheater Karlsruhe. Rockkonzert рок-концерт Va-Bank Alexander F. Sklyar (Gitarre, Gesang), Alik Ismagilov (Bass, Gesang), Egor Nikonov (Gitarre, Gesang), Andrei Belizov (Schlagzeug) Eintritt: 15 D VVK zuzügl. Gebühr, an der Abendkasse 18 D Vor 20 Jahren vom Gitarristen und Sänger Alexander F. Sklyar ge- gründet, ist Va-Bank eine der führenden und interessantesten Bands der Moskauer Alternative-Szene. Die Band hat viele verschiedene Stilistiken durchexerziert, die auch heute noch alle in ihrer stets aktuell gebliebenen Musik durchhörbar sind. In der jüngsten Zeit ist jedoch die betont harte und aggressive, zeitweise punkige Spielweise früherer Tage einem eher akustischen und melodischen Gewand gewichen. Zwischen Hardrock, New Folk und einem osteuropäischen Romanti- zismus ignorieren Va-Bank die klassischen Grenzen des Rock-Genres, sind so für unterschiedliche Geschmäcker interessant, immer für eine Überraschung gut und niemals langweilig. In ihrer Heimat füllen Va- Bank Stadien, Hallen und Clubs, aber auch im europäischen Ausland wie Skandinavien, Deutschland oder Frankreich tourte das Quartett in den vergangenen Jahren mit großem Erfolg, gelegentlich auf Tour mit Bands wie The Stray Cats, der Rollins Band, Biohazard oder Rage Against the Machine. > Do, 4. Mai 2006 20.30 Uhr Kulturzentrum Tollhaus Schlachthausstr. 1 Info-Tel. (0721) 96 40 50 MUSIK > VA-BANK < 108 Streichquartettabend Струнный квартет – концерт Mit Werken deutscher Komponisten für russische Auftraggeber Josef Haydn Quartett für 2 Violinen, Viola und Violoncello (1732 - 1809) op. 33 Nr. 5 G-Dur (dem Großfürsten Pawel Petrowitsch gewidmet) Sergei Prokofjew Quartett für 2 Violinen, Viola und Violoncello (1891 - 1953) op. 50 h-Moll Pause Ludwig van Beethoven Quartett für 2 Violinen, Viola und Violoncello (1770 - 1827) op. 59 Nr. 3 C-Dur (dem Fürst Andrej Rasumowski gewidmet) Janos Ecseghy, 1. Violine Diana Drechsler, 2. Violine Michael Fenton, Viola Alexander Kaschin, Violoncello Eintritt: 15 D / 10 D ermäßigt Das Interesse russischer Adliger für die deutsche Musik führte nament- lich in der Zeit der Klassik zu bedeutenden Auftragswerken, darunter die berühmten »Russischen Streichquartette« von Joseph Haydn, und die so genannten Rasumowsky-Quartette op. 59 von Ludwig van Beethoven. Haydn schrieb seine Quartette op. 33 für den 1781 in Wien weilenden Großfürsten Pawel Petrowitsch. Mit diesen Stücken schuf der Komponist Streichquartette eines völlig neuen Typs (»...auf eine ganz neue beson- dere Art...«): Die Kopfsätze haben eine Durchführung und folgen der Sonatenhauptsatzform. Das zuvor übliche Menuett ersetzte Haydn durch ein Scherzo. Die »Russischen Quartette« erregten großes Aufsehen. Mozart schrieb nach Haydns Vorbild sechs Quartette, darunter das so genannte »Dissonanzen-Quartett«. Beethovens Quartette op. 59 sind dem Grafen Andreas Kyrillowitsch Rasumowsky gewidmet, dem russischen Gesandten am österreichi- schen Hof, der als Freund und großzügiger Förderer Beethovens in die Musikgeschichte einging. Der Graf, selbst ein nicht unbegabter Geiger, hatte Mozart noch persönlich gekannt und war von Haydn in das Quartettspiel eingeweiht worden. 1808 richtete er in seinem Palais ein ständiges Streichquartett ein, in dem er selbst die zweite Geige spielte und dessen Primarius der berühmte Ignaz Schuppanzigh war. Gleichsam > Sa, 6. Mai 2006 19 Uhr ZKM|Zentrum für Kunst und Medientech- nologie Lorenzstr. 19 Musik-Kubus Ticket-Tel. (0721) 93 33 33 als Verbeugung vor seinem Auftraggeber verwendete Beethoven russische Motive. Die beiden ersten Quartette der Reihe stießen bei der Presse auf Kritik: Sie seien »Sehr lang«, schrieb die Allgemeine musikalische Zeitung 1807, »und schwierig, tiefgedacht und trefflich gearbeitet, aber nicht allgemein fasslich«. Dagegen genoss das dritte Rasumowsky-Quartett von Anfang an größere Beliebtheit, die bis heute andauert – die Fuge des letzten Satzes diente lange Zeit im Fernsehen als Erkennungsmelodie des »Literarischen Quartetts«. Auch im russischen Musikleben des 19. Jahrhunderts, das sich vorwie- gend in wohlhabenden Bürgerhäusern abspielte, bildete das Quartettspiel einen Hauptbestandteil ambitionierter Übungen und Aufführungen. So berichtet Nikolai Rimsky-Korsakow über die häuslichen Kunstabende bei dem Verleger Belaev, der selbst ein mittelmäßiger Pianist war, über konsequent gestaltete Programme: »Meist wurde mit einem Quartett von Haydn begonnen, dann folgten Mozart, Beethoven und endlich ein Quartett der nachbeethovenischen Periode. Wenn an einem gegebenen Freitage mit dem ersten Quartett von Haydn begonnen worden war, kam am nächsten das zweite an die Reihe usw., bis man beim letzten angelangt war, dann begann man wieder von vorne«. Die ausgiebigen Musikabende endeten zumeist in nicht minder ausgiebigen Zechgelagen, bisweilen floss der Champagner in Strömen, um ein neues Werk zu begießen. Diana Drechsler Diana Drechsler, geboren 1972, erhielt ihren ersten Violinunterricht mit 8 Jahren an der Hoyerswerdaer Musikschule. Später studierte sie an der HfM »Franz Liszt« Weimar bei Prof. Ute Suckow sowie in Würzburg bei Prof. Klaus Lieb und erhielt dort im Jahr 2000 ihr Meisterklassendiplom. Während Ihres Studiums war sie bereits Praktikantin der Violinen bei den Nürnberger Symphonikern und am Staatstheater Kassel. Darüber hinaus bekam die Geigerin als Mitglied diverser Kammerensembles wich- tige musikalische Impulse durch Henry Meyer (La Salle Quartett) sowie in Meisterkursen beim Rosamunde-Quartett und dem Voces-Quartett. Diana Drechsler ist seit 1998 2. Geigerin in der Badischen Staatskapelle Karlsruhe. Seither widmet sie sich in vielseitigen Ensembles der Kammermusik, so ist sie Mitbegründerin des Düsseldorfer Trio Tanguero und Mitglied im Ensemble Sorpresa Karlsruhe. MUSIK 109 > < 110 Michael Fenton Michael Fenton, geboren in Hong Kong, aufgewachsen in Oakland, Kalifornien, spielte zunächst Klavier und Geige, bevor er zur Bratsche wechselte. Er studierte an der University of California, Berkeley und am Oberlin Conservatory in Ohio. Darauf folgten zwei Jahre Aufbaustudium bei Prof. Kim Kashkashian am New England Conservatory in Boston. 2002 erhielt er ein Fulbright-Stipendium und kam nach Deutschland, um sich bei Prof. Wolfram Christ in Freiburg weiterzubilden. Er nahm an zahlreichen Meisterkursen in Europa und Amerika teil und hat von der Lehre erfahrener Künstler(innen) wie Nobuko Imai, Karen Tuttle und Hartmut Rhode viel gelernt. Sommerakademien besuchte er auch regelmäßig, wie z.B. das Interlochen Arts Camp, die Schleswig-Holstein Orchesterakademie und das Tanglewood Music Center. Als Kammermusiker ist er aktiv im In- und Ausland. Er spielt oft in der Kammermusikreihe am Badischen Staatstheater und machte im Herbst 2005 eine Konzertreise durch Chile mit den Heidelberger Kammersolisten. Als Bratschist des Quadriga-Quartetts war er bei Aufnahmen für den SWR sowie für den CD-Verlag Hänssler Classic beteiligt. Auch beim Label Naxos ist er mit der Holst-Sinfonietta und der Musik Joseph Schwantners zu hören. Seit 2003 ist er stellvertretender Solo-Bratscher bei der Badischen Staatskapelle Karlsruhe. Janos Ecseghy Janos Ecseghy, geb. 1972 in Ludwigshafen a. Rh., erhielt mit 6 Jahren seinen ersten Violinunterricht beim Vater. 12-jährig debütierte er mit Orchestern in Deutschland und Spanien. Nach einem Vorstudium bei Prof. Roman Nodel an der Hochschule in Mannheim trat er das Studium in Freiburg an. Seine Lehrer dort waren Prof. Wolfgang Marschner und Prof. Nicolas Chumachenco. Nachdem er sein Studium mit dem Künstler- ischen Examen abschloss, wurde er im März 1998 an die Staatskapelle Dresden engagiert. Seit Sept. 2002 ist er 1. Konzertmeister am Badischen Staatstheater Karlsruhe. Er besuchte Meisterkurse bei den Professoren Menahem Pressler, Franco Gulli, Thomas Brandis, Siegmund Nissel (Amadeus Quartett) und Herman Krebbers. Janos Ecseghy tritt regelmä- ßig international als Solist und Kammermusiker auf. Landesjugendorchester Baden-Württemberg Молодежный оркестр земли Баден- Вюртемберг Michail Glinka Ouverture zu »Russlan und Ludmilla« (1804 - 1857) Peter Tschaikowski Valse Scherzo für Violine und Orchester (1840 - 1893) op. 34 und Konzertfantasie »Romeo und Julia« Modest Moussorgski »Die Nacht auf dem kahlen Berge« (1839 - 1881) Alexander Arutunian Konzert für Trompete und Orchester (* 1920) Alexander Jussow, Violine Andre Schoch, Trompete Leitung: Christoph Wyneken Eintritt: 15 D / 10 D ermäßigt Für Mitglieder des Fördervereins LJO 50 % Ermäßigung Alexander Jussow wurde 1988 als Sohn einer Musikerfamilie in Kiew (Ukraine) gebo- ren. Mit fünf Jahren erhielt er seinen ersten Geigen-unterricht vom Vater. Von 1997 bis 2000 war er Schüler der Begabten Klasse in der Stuttgarter Musikschule. Mit elf Jahren hatte er die Aufnahmeprüfung an der Staatlichen Hochschule für Musik Karlsruhe bestanden und wurde in die Violinklasse von Prof. J. Rissin aufgenommen. Er ist mehrfacher Preisträger beim Wettbewerb »Jugend Musiziert«. In den Jahren 2001 und 2004 gewann er auf Regional-, Landes- und Bundesebene in der Wertung Violine solo den 1. Preis mit Höchstpunktzahl. Für die herausragenden Leistungen bekam er jeweils einen Sonderpreis der Deutschen Stiftung Musikleben. Ebenfalls bekam er Preise bei mehreren internationalen Wettbewerben verliehen, u.a. beim 42. Kocian-Wettbewerb 2000 in Tschechien, beim »Rovere d’Oro Giovanni Talenti« 2003 in Italien sowie beim Louise-Hen- riette-Wettbewerb 2004 in Berlin. > So, 7. Mai 2006 11.30 Uhr Konzerthaus am Festplatz Info-Tel. (0711) 2 18 51 15 MUSIK > CHRISTOPH WYNEKEN 111 > < 112 Der junge Künstler wirkte mit großem Erfolg als Solist mit verschie- denen Orchestern, darunter mit dem Süddeutschen Kammerorchester, dem Jugendkammerorchester Stuttgart, dem Sinfonieorchester des Konservatoriums Nancy (Frankreich) und dem Philharmonischen Orchester der Stadt Kielce (Polen). Ebenso erfolgreich waren seine Auftritte im Duo mit seinem Bruder André am Klavier. Er wurde zu Rundfunk- und Fernsehaufnahmen beim SWR eingeladen und wirkte bei verschiedenen CD-Produktionen mit. Seit Herbst 2001 ist er Mitglied im Landesjugendorchester Baden-Württemberg. Don Kosaken Chor Wanja Hlibka Хор Донских казаков Вани Хлибки Leitung: Wanja Hlibka Eintritt: 24 D im Vorverkauf Unter der Leitung von Wanja Hlibka gibt der Solistenchor ein Kon- zert mit liturgischen Gesängen und sakralen Werken der russisch-ortho- doxen Kirche, mit weltberühmten russischen Volksweisen und klassischen Chorwerken, unter anderem von Bach-Gounod, Bortnijanskij, Tschaikowskij, Rachmaninoff, Glinka, Rimskij-Korsakow u.v.m. Ein Leckerbissen für Freunde einfühlsamen Chorgesangs und atemberaubender Klangkulisse. Ursprung Der Don Kosaken Chor Wanja Hlibka ist aus dem weltberühmten Original Don Kosaken Chor Serge Jaroff entstanden und ist legitimer Nachfolger des weltberühmten Original-Chores. Serge Jaroff gründete den Chor 1921 und verstarb 1985 in seiner Wahlheimat USA. In dieser Zeit waren es mehr als 10.000 Auftritte, mit denen der Chor sein Publikum weltweit begeisterte. Als Schüler Jaroffs hat Wanja Hlibka 1991 den Chor neu formiert und um weitere Spitzensolisten erweitert. Er sang von 1967 bis zur Chorauflösung 1979 als jüngster Solist im Original-Chor von Serge Jaroff und prägte diesen Chor bis zum letzten Konzert entscheidend mit. Hlibka fühlt sich daher der Tradition des Ensembles besonders ver- pflichtet und führt das musikalische Erbe seines Lehrmeisters in dessen Sinne fort. Impulse In dieser Zeit bekam er von Serge Jaroff die wichtigsten künstlerischen Impulse vermittelt, einen Chor in seinem Sinn zu leiten und den beson- deren, unvergleichlichen Sound dieses damaligen Chores zu erhalten. So gewann er u.a. Juri Shur, Anatoli Babykine, Oleg Kulyeshov, und Gen- nadiy Bryginets von den Staatsopern Moskau, Kiew, Lvov und Odessa. Diese Formation besteht aus bis zu 16 hochkarätigen Spitzensolisten, die einen fulminanten Chorklang und brillante Solovorträge garantieren. Das Repertoire ist fast identisch mit dem des Original-Chores, die Chorsätze sind ausschließlich handgeschriebene Partituren Serge Jaroffs, aus dessen privater Musikbibliothek, und wurden von Wanja Hlibka für seinen Chor bearbeitet. Klangfarben Unnachahmlich ist das einzigartige Spektrum von Klangfarben, begin- nend mit der spielerischen instrumental klingenden Untermalung eines Soloparts, bis hin zu einem stimmgewaltigen orchestralen Gesamtklang, der einem den Eindruck vermittelt, einen weitaus größeren Chor vor sich zu haben. Das Solistenensemble gastiert regelmäßig in allen großen Konzerthäusern und Kathedralen Europas. MUSIK > ANDRE SCHOCH > Mi, 10. Mai 2006 20 Uhr Evangelische Stadtkirche am Marktplatz Info-Tel. (0721) 2 83 42 > DON KOSAKEN CHOR WANJA HLIBKA > WANJA HLIBKA 113 > > ALEXANDER JUSSOW < 114 Komponistenportrait Dmitri Schostakowitsch Портрет композитора: Дмитрий Жостакович III. Karlsruher Komponistennacht Kinderkonzert Werke von Dmitri Schostakowitsch gespielt von Jungen Karlsruher Instrumentalisten Suite Nr. 1 op. 38 für Jazzorchester (1934) Eintritt frei Vortrag von Dr. Michael Heck, Kulturreferent der Stadt Karlsruhe Orchesterkonzert mit Moderation »Vorwort« op. 123 für Bass und Klavier (1966), Konzert Nr. 1 op. 35 c-moll für Klavier, Trompete und Streichorchester (1933), Kammersinfonie op. 110a für Streichorchester (nach dem Streichquartett Nr. 8) Eintritt: 15 D / 8 D ermäßigt Kammermusikkonzert mit Werkeinführung Sieben Romanzen op. 127 (1967) für Sopran und Klaviertrio, Klaviertrio Nr. 2 op. 67 e-moll (1944), Sonate für Viola und Klavier op. 147, C-Dur (1975) Kalle Randalu, Klavier Laura Vukobratovic, Trompete Sopran, N.N. Bass, N.N. Solisten der Kammerphilharmonie Kammerphilharmonie Karlsruhe (Konzertmeisterin Martina Bartsch) Carsten Wiebusch, Dirigent Junge Karlsruher Instrumentalisten Meinhard Saremba, Moderation Eintritt: 10 D / 6 D ermäßigt Kombikarte für Orchester- und Kammermusikkonzert 20 D / 12 D ermäßigt Dmitri Schostakowitsch Die Bratschensonate Film Regie: Semjon Aranovitsch und Alexander Sokurov Eintritt: 5,50 D / für Besucher des Orchester- und Kammermusikkonzerts Eintritt frei > Fr, 12. Mai 2006 18 Uhr Albert-Schweitzer- Saal Reinhold-Frank- Str. 48 a Info-Tel. (0721) 9 20 35 18 19 Uhr Christuskirche Riefstahlstr. 2 am Mühlburger Tor 21.30 Uhr Christuskirche 23.15 Uhr Das Kino im PrinzMaxPalais Karlstr. 10 Garteneingang Akademiestr. MUSIK > KAMMERPHILHARMONIE KARLSRUHE 115 > < 116 MUSIK > DMITRI SCHOSTAKOWITSCH Komponistenportrait Dmitri Schostakowitsch Die dritte Karlsruher Komponistennacht in der Christuskirche am Freitag, dem 12. Mai 2006, ist Dmitri Schostakowitsch gewidmet, dessen 100. Geburtstag in diesem Jahr gedacht wird. In vier Programmblöcken werden charakteristische Werke des russischen Musikers vorgestellt, dem es gelang, trotz zahlreicher Widerstände durch den Terror der Stalinzeit, die Repressalien der nachfolgenden sowjetischen Machthaber und die see- lischen Krisen der inneren Emigration seine künstlerische Integrität zu wahren. Zum Auftakt bietet das Kinderkonzert (um 18.00 Uhr im Albert- Schweitzer-Saal) frühe Werke von Schostakowitsch u.a. für Jazzorchester. Ein Vortrag des Kulturreferenten der Stadt Karlsruhe Dr. Michael Heck, leitet das Orchesterkonzert ein (19.00 Uhr in der Christuskirche). Carsten Wiebusch, Kantor und Organist der Christuskirche Karlsruhe und die Kammerphilharmonie Karlsruhe machen sich Schostakowitschs Bekenntnis »Die Melodie ist die Seele der Musik« zu Eigen und präsen- tieren die Kammersinfonie op. 110 a für Streichorchester, die nach dem autobiographisch geprägten 8. Streichquartett von Schostakowitsch ent- stand; ferner dessen selbstironisches »Vorwort zu meinem Gesamtoeuvre und einige kurze Gedanken hinsichtlich dieses Vorworts« sowie das popu- läre Konzert Nr. 1 op. 35 für Klavier, Trompete und Streichorchester mit der renommierten Trompetensolistin Laura Vukobratovic und dem inter- national gefragten Pianisten Kalle Randalu. Durch die Repressalien des Sowjetstaates sah sich Schostakowitsch gezwungen, durch raffiniert eingesetzte musikalische Chiffrierungen seine künstlerischen Ideale zu verwirklichen. Dies dokumentiert das Kammermusikkonzert (21.30 Uhr in der Christuskirche), in dem Solisten der Kammerphilharmonie und Gäste das Klaviertrio Nr. 2 op. 67, den Zyklus von sieben Romanzen nach Versen von Aleksander Blok op. 127 sowie die Sonate für Viola und Klavier op. 147 interpretieren. Anschließend ist im Kino des Prinz-Max-Palais der Film die Bratschensonate (23.15 Uhr) zu sehen. Schostakowitschs letzte Komposition ist Ausgangspunkt für dieses 80-minütige Filmportrait, das 1980 entstand und bis 1986 in der UdSSR verboten war. Alexander Sokurov vollendete das von Semion Aranovitsch begonnene Projekt in dem Dokumentaraufnahmen verknüpft werden mit Schostakowitschs Lebensweg und seiner entlarvenden Musik. Durch das Programm des Abends führt der Musikschriftsteller Meinhard Saremba. Während der Besuch des Kinderkonzertes kostenlos ist, können für die anderen Programmteile Einzelkarten oder eine Kombikarte erwor- ben werden. Für Besucher des Orchester- oder Kammerkonzertes ist der Eintritt zum Film frei. Weitere Informationen unter www.europaeische-kulturtage.de 117 > < 118 LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN < WLADIMIR KAMINER 119 > < 120 Moskau: Der Exerzierplatz des neuen Menschen Москва – учебный плац нового человека Die Künstler als Avantgarde der Gesellschaft 1917 – 1936 Vortrag von Dr. Eckhart Gillen, Museumsdienst Berlin Eintritt frei Eckhart Gillen, geboren 1947 in Karlsruhe. Studium der Kunstgeschich- te, Germanistik, Anglistik und Soziologie in Heidelberg und Berlin. 1966- 1972, Promotion in Kunstgeschichte. Ausstellungen und Publikationen zur Kunst des 20. Jahrhunderts, u.a. »Zwischen Revolutionskunst und Sozialistischem Realismus. Kunstdebatten in der Sowjetunion von 1917 bis 1934« (zusammen mit Hubertus Gaßner); »Deutschlandbilder – Kunst aus einem geteilten Land«; »Wahnzimmer Deutschland« und »Das Kunstkombinat DDR. Zäsuren einer gescheiterten Kunstpolitik« (Köln 2005). Mitglied der Internationalen Assoziation der Kunstkritiker (AICA); Bürgerpreis zur deutschen Einheit in der Kategorie »Vielfalt in der Einheit« für Kulturelle Initiativen (Oktober 2003). Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Museumsdienst Berlin (MD Berlin). Moskauanhänger und Moskaufeinde im Kalten Krieg Мосв любящие Мосв ненавидящие Vortrag von Vladimir Fisera Eintritt frei Seit Oktober 1917 wurde die neue russische Hauptstadt Moskau als »der Kreml« mit seinen Türmen, die nun von Granaten in Form von roten Sternen und nicht mehr von orthodoxen Kreuzen dominiert wurden, dargestellt. Abwechselnd haben jeweils die Pazifisten, die Schöpfer der Moderne, die Anhänger des Plans, die Antifaschisten, die Slawen, die von Rassenvernichtung bedrohten Juden und die jungen Stalinisten der Nach- widerstandszeit in den 30er die Stadt als »Licht im Osten« (Jules Romain) bezeichnet. Vladimir Claude Fisera Historiker, Politologe, Übersetzer von Gedichten aus slawischer und englischer Sprache. Als Dichter unter dem Namen Claude Vancaux be- kannt. Lange Zeit war er Redakteur bei der Lettre Internationale, bei den Diagonales Est Ouest, und beim Journal of Area Studies; zur Zeit koordi- niert er die Zeitschrift Histoire et Anthropologie/Le détour. > Mo, 24. April 2006 20 Uhr PrinzMaxPalais Literaturhaus Karlstr. 10 Info-Tel. (0721)133-4087 > Do, 27. April 2006 19 Uhr Centre Culturel Franco-Allemand Kaiserstr. 160 - 162 Info-Tel. (0721) 16 03 80 Moskau – Napoleon – Europa Москва – Наполеон – Европа eine literarisch-musikalische Collage Idee, Konzeption und Sprecherinnen: Rita Fromm und Dr. Françoise Hammer Musikalische Gestaltung und Interpretation: Prof. Sontraud Speidel Kooperationspartner: Literarische Gesellschaft Karlsruhe, Badische Bibliotheksgesellschaft Karlsruhe Eintritt: 8 D / 5 D ermäßigt Moskau 1812, ein Wendepunkt in der europäischen Geschichte! Davon berichtet die TextMusikCollage. Sie erzählt vom Leben in der »Wunderstadt«, schildert den spannungsreichen Aufstieg der Stadt »zum Dritten Rom« und ihre europäische Bedeutung. »Beim Anblick dieser goldenen Stadt, dieses Diamantenknotens zwischen Asien und Europa, dieses glanzvollen Zusammentreffens von Luxus, Kunst und Sitten der zwei schönsten Teile der Welt, blieben wir ste- hen, wie von einer stolzen Bewunderung benommen.« (Augenzeuge der Grande Armée in Moskau, 14.Sept. 1812) »Ich habe die Wunderstadt nur zwei Tage gesehen. Mir deuchte ich sah Asien: Armut und Pracht,... der Kreml mit seinen goldenen Toren, Türmen und Zinnen. Dazu das ungewöhnliche Wimmeln der Menschen in jener außerordentlichen, wild bewegten Zeit. Ich konnte nichts sehen in zwei Tagen, ich konnte nur staunen.« (Ernst Moritz Arndt) »Denn das Alte Rom ist gefallen durch die apollinarische Häresie. Das zweite Rom, das ist Konstantinopel, ist von den Hagarsöhnen, den gottlosen Türken, unterjocht. Dein großes Reich, o frommer Herrscher, das Dritte Rom, überragt sie alle an Frömmigkeit, und alle frommen Reiche sind allein in deinem vereint, und du allein wirst unter dem Himmel christlicher Car genannt in der ganzen Welt bei allen Christen.« (Urkunde von 1589) Mit dem Einmarsch Napoleons kam 1812 die schreckliche Vernichtung: »Die Stadt stand in Flammen. Kein Wasser, keine Pumpen in der ganzen Stadt. Bei Tagesanbruch des 17. September lagen nur noch Trümmer und Asche, wo einst eine prachtvolle Stadt stand.« (Albrecht Adam) > Fr, 28. April 2006 20 Uhr PrinzMaxPalais Literaturhaus Karlstr. 10 Weiterer Termin am 19. Mai 2006 20 Uhr Info-Tel. (0721)133-4087 LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN 121 > < 122 LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN »Trotz aller Poesie erreichen alle Darstellungen des Brandes von Troja niemals die Wirklichkeit des Brandes von Moskau.« (Napoleon) »Der Einzug Napoleons in Moskau mit all seinen Folgen bildet einen Abschnitt in der Weltgeschichte.« (Herzog Eugen von Württemberg, 1812 Offizier im russischen Militärdienst gegen Napoleon) Napoleons Rückzug aus dem zerstörten Moskau und seine Niederlagen führen durch den Wiener Kongreß zu einer Neuordnung Europas. Moskau erstarkt wieder und steigt wie ein Phönix aus der Asche. Die TextMusikCollage enthält Augenzeugenberichte, Briefe und Tagebücher von russischen, deutschen und französischen Autoren. Zu Worte kommen u.a. der Gouverneur von Moskau Graf Rostopschin, der Dichter Kotzebue, die Schriftstellerin Germaine de Staël, der Berater des Zaren Freiherr vom Stein sowie Zar Alexander I., Napoleon, einfa- che Beobachter und sogar ein »Sonntagsdichter«. Kompositionen von Peter Tschaikowski (1840-1893) 1812 (Ouverture solennelle) op. 49. Für Klavier zu zwei Händen gesetzt von Stefan Esipoff Aus den »Jahreszeiten«: »Oktober« (Herbstlied) Michail Glinka (1804-1857) Variationen a-moll über ein russisches Lied Ludwig van Beethoven (1770-1827) Auszug aus dem letzten Satz der 9. Sinfonie d-moll op. 125 in der Transkription für Klavier von Franz Liszt (1811-1886) Maria Szymanowska (1789-1831) Polonaise f-moll Louise Farrenc (1804-1875) Air russe varié op. 17 verwandeln die vorgetragenen Schilderungen zu einem bildhaften Hören. Die literarisch-musikalische Lesung bietet Raritäten aus Literatur und Musik. Dauer: ca. 90 Minuten ohne Pause Rita Fromm seit 1985 als freiberufliche Seminarleiterin und Dozentin in der Erwachsenenbildung tätig, konzipiert und leitet Seminare und Workshops zur Frauengeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie zur Gesell- schaftspolitik. Seit 1989 schreibt sie Textbücher für literarisch-musikali- sche und szenische Lesungen; darin porträtiert sie bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten der Frauengeschichte und integriert Musik von Komponistinnen. Von Musik untermalt und begleitet, gewinnen die gespro- chenen Worte eine enorme Intensität. Bettina von Arnim – ein Leben zwischen Romantik und Revolution; Louise Otto-Peters – ein Leben für Frauenrechte; »Flammend stieg die junge Morgensonne empor, himmlisch die junge Freiheit« – ein literarisch-musikalisches Porträt über Mathilde Franziska Anneke; »Wir wollen unser Theil verdienen...« – zur Geschichte der Frauenerwerbsarbeit; »Aus dem Salon auf die Barrikade« – freche Frauen einst und jetzt; »Wenn die Zeiten gewaltsam laut werden ...« – von Bürgerinnen, republi- kanischen Weibern und Freischärlerinnen in der Revolution von 1848/49; »Mein Geist macht sich Luft in Worten ... und mein Herz in Tönen« – unangepaßte Frauen im Biedermeier und der Gründerzeit; »Der Geist weht, wo er will...« – gesprochene und musikalische Fragmente zur Malerei und Literatur der 1960er und 1970er Jahre; Dem Dichterfürsten entgegnen ... Frauenstimmen aus der Goethezeit; »Fesseln will man mich am eignen Herde, unsre Sehnsucht nennt man Wahn und Traum! – Frauenstimmen SCHILLERn in Literatur und Musik. Seit Dezember 2002 trifft sie gemeinsam mit Ana Maria Campistrús die Musikauswahl. Einige dieser Collagen haben beide als CDs produzieren lassen. Seit 1999 erarbeitet Rita Fromm mit Dr. Françoise Hammer Collagen, z.B. »Freiheit als Skandal« - aus dem Leben der Louise Aston und George Sand; »Über Weiber, die da Herren im Hause sind...« – Frauenalltag im Spätmittelalter; »Mit der Hutschachtel auf den Spuren der Europa« – Reiseerfahrungen deutscher und französischer Frauen im 19. Jahrhundert; Die Grenzen überwinden ... neue Begegnungen mit Annette Kolb, René Schickele, Elly Heuss-Knapp, Louise Weiss; Istanbul - Sonne, Mond und Sterne. Multimedial inszenierte Begegnungen am Bosporus. Ihr Lebensmotto: Aus der Geschichte für die Zukunft lernen ... Neues wagen! 123 > < 124 125 > LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN Dr. Françoise Hammer in Frankreich (Bretagne) geboren, hat die französische und deutsche Staatsangehörigkeit und ist heute in Karlsruhe zu Hause. Nach einem Studium der Sprachwissenschaft, Germanistik und Romanistik promovier- te sie in Deutschland zum Dr. phil. Ihre vielseitige berufliche Erfahrung umfaßt Universitätslehre, Unterricht in der Übersetzer- und Erwachsenen- Ausbildung in der Lehre (z.B. im Programm »Lerne die Sprache des Nach- barn«), eigene Tätigkeit als Übersetzerin und Dolmetscherin wie auch wissenschaftliche Publikationen über deutsch-französische Sprach- und Kulturvergleiche. Ihr Ziel ist es, Brücken zu einem besseren Miteinander zu schlagen, so in ihrer interkulturellen Arbeit als Vorstandsmitglied der Deutsch-Französischen Gesellschaft und im Beirat der Literarischen Ge- sellschaft Karlsruhe. Ihr besonderes Interesse für die Situation der Frau in Deutschland und Frankreich hat zur Beschäftigung mit George Sand und Louise Aston geführt sowie zur ersten Zusammenarbeit mit Rita Fromm. Ihr Grundsatz im beruflichen und privaten Leben: Gegensätze aufde- cken und verstehen helfen. Sontraud Speidel studierte bei Irene Slavin und Yvonne Loriod-Messiaen in Karlsruhe, Branka Musulin in Frankfurt, Stefan Askenase in Brüssel und Géza Anda in Luzern. Sie ist Preisträgerin nationaler und internationaler Wettbewerbe (u.a. 1. Preis Internationaler Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb Washington/ USA, Jackson Prize des Boston Symphony Orchestra für Neue Musik). Fernsehauftritte, Konzerte und Meisterklassen führten sie durch Europa, in die USA, nach Kanada, Israel, Japan, Korea, Taiwan und Brasilien. Sie ist Professorin für Klavier, Leiterin der Klavierabteilung sowie der Studienkommission »Künstlerische Ausbildung« an der Hochschule für Musik Karlsruhe. Sie war Gastprofessorin u.a. an der Rubin Academy of Music in Tel Aviv, an der Université de Montréal in Canada, am Concervatorio di Bologna/Italien, an der Yehudi Menuhin School in England, an der Royal Academy of Music in London, an der Janácek-Musikakademie in Brno/ CSR, an mehreren Universitäten in Japan und Korea sowie »Distinguished Visiting Professor« an der California State University. Regelmäßig gibt sie Meisterkurse in Deutschland, Wien, Israel und Korea. Sie leitet das »PIANO-PODIUM Karlsruhe e.V.«, eine Vereinigung von fast 700 Mitgliedern, die junge Pianisten fördert und sich der Erfor- schung der Klaviermethodik widmet. Sie ist regelmäßig Jurymitglied bei nationalen und internationalen Wettbewerben. Mehrere zeitgenössische Komponisten haben ihr Werke gewidmet und Uraufführungen anvertraut. Im März 2000 wurde ihr von der Wiener Landesregierung das »Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien« verliehen. Seit 2001 ist sie Musikdirektorin des neugegründeten Festivals »Clavissimo« in Seoul/Korea und seit 2002 Direktorin des International Piano Festival Taipeh/Taiwan. 2003 wurde ihr im Rathaus Wien die Goldene Josef-Dichler-Medaille ver- liehen. 2005 wurde Sontraud Speidel mit dem Bundesverdienstkreuz aus- gezeichnet. Die Kinder vom Arbat Дети Арбата Szenische Collagen von Peter M. Wolko mit Ausschnitten aus dem gleichnamigen Roman von Anatoli Rybakow und Live-Musik (Uraufführung) Aus dem Russischen von Juri Elperin Szenische Einrichtung und Bühne: Peter M. Wolko Musik: Judith Hafner Kostüme: Ulrike Wolko Es lesen und spielen: Ulrike Wolko, Selçuk Yurtsever-Kneer, Patrick Burkart (Sascha Pankratow) und Michael Müller Musik: Judith Hafner (Saxophon). Eintritt: 9,50 D / 7 D erm. / 6 D (Gruppen ab 15 Personen) > Sa, 29. April 2006 19 Uhr Theater »Die Spur« im Jubez am Kronenplatz Weitere Vorstellung am 30. April 2006 19 Uhr Info-Tel. (0721) 86 55 44 > THEATER »DIE SPUR«, Szenenphoto < 126 Theater »Die Spur« Das Theater »Die Spur« wurde im November 1961 von Peter M. Wolko als freie Gruppe gegründet. Das älteste, noch bestehende Amateur-Theater in Karlsruhe ist ein geschätzter Bestandteil der Kulturszene dieser Stadt sowie der von Baden-Württemberg. Es zählt zu den semiprofessionellen Bühnen dieses Bundeslandes. Es bringt pro Spielzeit zwei Inszenierungen sowie bis drei Wiederaufnahmen heraus und zeigt über 50 Aufführungen. Der Bühne gehören derzeit 17 Theaterleute an, die ihre kulturelle Arbeit neben der beruflichen Tätigkeit oder dem Studium ausüben. Sie verste- hen ihr künstlerisches Schaffen als Gegengewicht zum Alltag und leisten damit einen besonderen Beitrag zur Erreichung der Schlüsselkompetenz Kultur. »Die Spur« ist eine innovative Kleinbühne unter professioneller Leitung, deren Kompetenz und künstlerischer Anspruch sich nicht nur im Niveau des Spielplans, sondern auch in dessen breiter Palette mani- festieren. Der Spielplan spannte sich in den vergangenen 44 Jahren von Hans Sachs bis Heinrich Böll und enthält Stücke von Fernando Arrabal bis Thornton Wilder. Ein besonderes Augenmerk galt der Pflege des dra- matischen Schaffens von Günther Weisenborn, Anton Tschechow und Jean Tardieu. Als Grundtendenz des Spielplans hat sich eine Mischung aus absurden und zeitkritischen Stücken sowie anspruchsvoller Unterhaltung heraus kristallisiert. Daneben sind die Pflege des zeitgenössischen Kinder- und Jugendtheaters sowie des literarischen Kabaretts Spielplan- Schwerpunkte. Bei nationalen und internationalen Festivals vertrat »Die Spur« bis- her 56 mal die Kulturszene der Stadt Karlsruhe, des Landes Baden- Württemberg bzw. Deutschlands und wurde mehrfach ausgezeichnet. Das Theater hat in 44 Spielzeiten insgesamt 163 Inszenierungen herausge- bracht, davon 23 als Uraufführungen, 48 als Karlsruher Erstaufführungen und 40 im Kinder- und Jugendtheater. Die bisher 2200 Aufführungen sahen über 153 000 Zuschauer in sieben Staaten. Zu den Autoren: Anatoli Rybakow wurde am 14. 1. 1911 in Tschernigow (Ukraine) geboren. Er arbeitete als Transportingenieur, nahm am 2. Weltkrieg teil und zog mit der Roten Armee in Berlin ein. 1948 veröffentlichte er seinen ersten Roman und arbeitete danach als Schriftsteller. Er begann mit Abenteuergeschichten für Kinder, Produktionsromanen und gehörte zu den entschiedensten Befürwortern von Gorbatschows Reformpolitik der Perestroika. Weltbekannt wurde er mit dem Roman »Die Kinder vom Arbat« (1987, dt. 1988) und der Fortsetzung »Jahre des Terrors« (1989). Um die Veröffentlichung dieser Werke hatte er sich seit den sech- ziger Jahren mehrfach vergeblich bemüht. Sein späteres Schaffen ist durch die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen gekennzeichnet. Charakteristisch für sein Werk ist die Einbettung von erfundenen Figuren in historische Ereignisse; teilweise begegnen diese Figuren realistischen Persönlichkeiten (z. B. J. Stalin). 1989 wurde Rybakow zum ersten Prä- sidenten des russischen PEN-Zentrums gewählt. Er starb 1998 und hin- terließ ein umfangreiches erzählerisches Werk, das in viele Sprachen übersetzt wurde. Peter M. Wolko, Diplom-Verwaltungswirt, Journalist, Pressereferent, Publizist, Re- feratsleiter sowie Theaterleiter, Autor, Regisseur, Schauspieler und Theater- pädagoge wurde am 11. 9. 1940 in Breslau geboren. Nach Schulbesuch in Halle/Saale, Berlin, Karlsruhe und Immenstaad gründete er 1961 in Karlsruhe das Theater »Die Spur«. Im Rahmen seiner beruflichen Tätig- keit in leitenden Führungsfunktionen veröffentlichte er als Autor bzw. Mit-Herausgeber 34 Publikationen und 80 Artikel in Fachzeitschriften. Daneben schuf er als Theatermacher 34 unveröffentlichte Bühnenfassungen und Bearbeitungen von Dramen, dramatisierte literarische Werke und ver- fasste Theaterpublikationen, auch zu theaterwissenschaftlichen Themen, war fast zehn Jahre Schriftleiter der Zeitschrift »Spiel & Bühne« und edierte im Eigenverlag von ihm verfasste Biografien und Fachbücher in Kleinauflagen. Zum Stück: Der Roman »Die Kinder vom Arbat« wurde in Moskau zu dem lite- rarischen Ereignis: Zum ersten Mal in der sowjetischen Literatur wird Stalin in Episoden dargestellt, die sein wirkliches Wesen offenbaren – ein kleinlicher, intriganter Machthaber, der unter Verfolgungswahn leidet und Andersdenkenden brutal nachstellt. Die szenischen Collagen von Peter M. Wolko handeln in den Jahren 1933 und 1934 und haben das Leben Sascha Alexander Pawlowitsch Pankratows in Moskau, sein »Vergehen« an der Hochschule für Verkehr, das Verfahren vor den Gremien der Hochschule sowie der Partei, seine Untersuchungshaft in Moskau und den Beginn der dreijährigen Verbannung in Sibirien zum Inhalt. Stalin und die anderen damaligen Parteibonzen erscheinen nur als Randfiguren. Wie im Roman beginnt die Handlung im traditionsreichen Moskauer Arbat-Viertel, wo der Protagonist und seine Freunde leben. Sie sind jung, verliebt und lebensfroh, Arbeiter und Studenten, die sich begeistert beim Aufbau des Sozialismus engagieren. Dann wird Sascha überraschend aus dem Komsomol ausgeschlossen, verhaftet und für drei Jahre nach Sibirien verbannt. Rybakow weiß sehr genau, wovon er redet; wie sein Held Sascha war er in Sibirien und kennt das Grauen jener Jahre. Er schrieb das Buch bereits während des Tauwetters der Chruschtschow-Ära. Es mussten jedoch mehr als 20 Jahre vergehen, bis Gorbatschows Reformpolitik die Sowjetunion zu verändern begann und der Roman erscheinen konnte. Das Buch ist eine mitreißende und bewegende Schilderung einer dunk- len Epoche der sowjetischen Geschichte. LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN 127 > < 128 Lesung mit Musik Чтение и музыка Kooperations-Veranstaltung der GEDOK Karlsruhe mit dem BBK Karlsruhe e.V. Eintritt frei Die Berliner Schauspielerin Johanna Krumstroh liest Texte der Schriftstellerin Marina Zwetajewa. Die aus Russland stammende Pianistin Angela Yoffe spielt u.a. Stücke von Galina Ustwolskaja Moskau als Exil В изгнании в Москве Vortrag von Prof. Wolfgang Leonhard Einer der letzten Zeitzeugen berichtet aus seiner Moskauer Exilzeit 1935 – 1945. Eintritt: 6 D / 4 D ermäßigt Wolfgang Leonhard Geboren am 16. April 1921 in Wien, lebte von 1935 bis 1945 in der Sowjetunion: 1940-41 Studium an der Moskauer Pädagogischen Hochschule für Fremdsprachen Herbst 1941 Zwangsumsiedlung in das Karaganda-Gebiet (Nordkasachstan) 1942-43 Ausbildung an der Kominternschule, der wichtigsten ideologisch-politischen Ausbildungsstätte für ausländische Kommunisten in der Sowjetunion ab 1943 Mitarbeiter des Nationalkomitees Freies Deutschland, Moskau Anfang Mai Rückkehr nach Berlin als Mitglied der Gruppe Ulbricht 1945 Juli 1945 bis Mitarbeiter der Abteilung Agitation und Propaganda des September Zentralkomitees der KPD (ab April 1946 SED) 1947 und Verfasser der Schulungsmaterialien 1947 bis Lehrer an der SED-Parteihochschule Karl Marx, Fakultät 1949 Geschichte. > So, 30. April 2006 17 Uhr BBK / Berufsver- band Bildender Künstlerinnen und Künstler Am Künstlerhaus 47 Info-Tel. (0721) 3 84 84 80 > Mi, 3. Mai 2006 20 Uhr PrinzMaxPalais Literaturhaus Karlstr. 10 Info-Tel. (0721)133-4087 Aus Opposition gegen die Sowjetunion floh Leonhard im März 1949 aus der Sowjetzone Deutschlands nach Jugoslawien. Er lebt seit Ende 1950 in der Bundesrepublik Deutschland als Kommentator für Fragen der Sowjetunion und des internationalen Kommunismus. Seit der Phase der Perestroika Gorbatschows besucht er regelmä- ßig die Sowjetunion, nach deren Zusammenbruch im Dezember 1991 Russland und andere GUS-Länder. Im Auftrag der OSZE war er mehr- fach als Wahlbeobachter in Nachfolgestaaten der Sowjetunion tätig. Orden und Ehrungen: Phi Beta Kappa, Yale University (1982), Bundesverdienstkreuz I. Klasse (1987), Ehrendoktorwürde der Universität Chemnitz (1998), Österreichischer Wissenschaftsorden I. Klasse (2002), Europäischer Wissenschafts-Kulturpreis (2004) Akademische Laufbahn und Tätigkeit: 1956 bis 1958 Post Graduate Studies am St. Antony`s College der Oxford University. 1963 bis 1964 Forschungstätigkeit als Senior Research Fellow am Institut für Russlandforschung der Columbia University, New York. 21 Jahre, von 1966 bis 1987, Lehrtätigkeit an der Historischen Fakultät der Yale University mit den Schwerpunktthemen: Geschichte der UdSSR seit 1917 und Geschichte der kommunistischen Weltbewegung außerhalb der Sowjetunion. Graduiertenseminare zu zahlreichen Themen aus den Bereichen Sowjetunion, sowjetische Außenpolitik und kommunistische Weltbewegung. Wolfgang Leonhard hatte Gastprofessuren an den Universitäten von Michigan (USA), Mainz, Trier, Kiel, Chemnitz und Erfurt. Veröffentlichungen: Exemplarisch seien hier genannt: - Die Revolution entläßt ihre Kinder, Köln 1955 ff. - Die Dreispaltung des Marxismus, Düsseldorf 1970 - Was ist Kommunismus? Wandlung einer Ideologie, München 1976 - Eurokommunismus, München 1978 - Spurensuche-40 Jahre nach Die Revolution entlässt ihre Kinder, Köln 1992 - Spiel mit dem Feuer. Russlands schmerzhafter Weg zur Demokratie, B.-Gladbach 1998 LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN 129 > < 130 Rund um den Roten Platz Вокруг Красной площади Ein literarischer Spaziergang durch Moskau mit Harald Schwiers Eintritt: 9,50 D mit Getränken Moskau ist in vielerlei Hinsicht eine der faszinierendsten Metropolen der Welt. Und es gibt eine Vielzahl literarischer Zeugnisse, die ein leben- diges Bild der Stadt über die Jahrzehnte und Jahrhunderte geben. Harald Schwiers kennt Moskau von einigen Theatergastspielen und hat eine per- sönliche Auswahl der schönsten Geschichten um Moskau und den Arbat zusammengestellt. Harald Schwiers Der Karlsruher Schauspieler, Moderator und Publizist hat sich als Badischer Geschichtenerzähler und Rezitator eine herausragende Stellung geschaffen. Der Fundus seiner Geschichten reicht vom ausgehenden Mittelalter bis in die Gegenwart, von Poesie bis Prosa, mit und ohne Mundart und erzählt vom Leben und den Menschen auf beiden Seiten und entlang des Rheins. Hier, wo man gerne gut ißt und trinkt, prägt die Freude am Leben auch einen sym-badischen Menschenschlag. Mit kabarettistischem Augenzwinkern schildert Harald Schwiers liebenswerte Typen, denen Weinstein näher steht als Nierenstein und die mit gleicher Kennerschaft und Genuss sich ein himmlisches Bier gönnen können... André Cabaret: ce qu´on entend sur la place rouge Андре Кабарэ: Что можно слышать на Красной площади Was einem auf dem Roten Platz zu Ohren kommt Lesung mit musikalischer Untermalung in französischer Sprache Dieser historische Roman ist ein Versuch, ein etwas weniger stereoty- pes Bild von Russland zu geben, als das der Fensehreportagen und das Gesamtbild eines Volkes zu zeichnen, dessen Lebens- und Denkweise nicht immer leicht zu verstehen ist. Die Lesung wird begleitet von russischer Gitarren- und Balalaika-Musik mit Youra, einem Musiker aus Paris. Eintritt frei Die russische Geschichte birgt eine Menge ungelöster Rätsel, so spricht man unter anderem von einem mysteriösen Apparat, der bereits Puschkin bekannt gewesen sein soll und augenscheinlich von ihm auch genutzt wurde. Dieses Buch zeichnet dessen verschlungene Pfade von Leningrad bis Stalingrad nach, schlägt zugleich einen Bogen von Alexander Puschkin bis Wladimir Putin. Im Dezember 1999 kommt am Ende einer langen im Verborgenen verlaufenden Entwicklung mitten in Moskau die Existenz dieses Apparats ans Tageslicht und sorgt für eine Sensation. Bedeutet dies für Russland das Ende eines historischen Kapitels – der Beginn einer neuen Ära – oder handelt es sich nur um einen politischen Coup? André Cabaret André Cabaret, geboren 1948 in Paris als Sohn eines französischen Vaters und einer russischen Mutter, arbeitete lange Zeit als Russischlehrer. Dieser Beruf erlaubte es ihm, parallel dazu seiner Leidenschaft für das Schreiben nachzugehen. Mit dreißig entstand sein erster Roman. Sein zweisprachiger Hintergrund prädestinierte ihn für Übersetzungsarbeit in Literatur, Film und Fernsehen. André Cabaret fühlt sich in verschiedenen Literaturgattungen wohl und veröffentlichte zwei Romane. Sein Roman »Ce qu’on entend sur la Place Rouge« (Was einem auf dem Roten Platz zu Ohren kommt) erschien 2004 bei Harmattan. > Fr, 5. Mai 2006 19 Uhr Centre Culturel Franco-Allemand Kaiserstr. 160 - 162 Info-Tel. (0721) 16 03 80 > Do, 4. Mai 2006 20.30 Uhr marotte- Figurentheater Kaiserallee 11 Info-Tel. (0721) 84 34 75 LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN > HARALD SCHWIERS 131 > < 132 133 > Georges Cabaret Georges Cabaret, Bruder des Autors, hat eine Ausbildung zum Konzertpianisten am Conservatoire supérieur in Paris absolviert. Er hält Vorträge zur Musikgeschichte und arbeitet mit Schulen zusammen. Es entstanden bereits zwei Kinderstücke. »Youra«, so sein Künstlername, hat sich auf russische Musik spezialisiert, spielt auch Gitarre und Balalaïka. Seine vierköpfige Band Russki Kabak hat bisher zwei CDs aufgenommen. Dmitrij Prigow: »Lebt in Moskau!« Дмитрий Прогов »В Москве можно жить!« Literaturcafé der vhs Eintritt: 5 D Dmitrij Prigow, Avangardist, Sprachperformer, Postmodernist und einer der wichtigsten Vertreter des Moskauer Underground, erzählt seine frühesten Kindheitserinnerungen. ? Schmitz »in Moskau Pädagogik, Englisch und Deutsch studiert und mit Diplom als Lehrerin für Englisch und Deutsch abgeschlossen« »auch schwedische und serbokroatische Sprache erlernt« »in der Hauptsache als Übersetzerin und Dolmetscherin in den Sprachen Russisch, Englisch und Deutsch tätig« > So, 7. Mai 2006 11 Uhr Kaffeehaus Schmidt Kaiserallee 69 Info-Tel. (0721) 9 85 75 24 LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN > ANDRÈ CABARET > GEORGES CABARET (YOURA) < 134 Russische Avantgarde-Architektur und die aktuelle, zeitgenössische Architekturszene in Moskau Русская авангардная архитектура и новейшие современные движения в московской архитектуре Vortrag von Prof. Dipl.Ing. Alex Dill, Gastprofessor an der Archi- tekturschule in Moskau und Initiator eines internationalen Workshops von europäischen Architekturschulen in der russischen Hauptstadt im Frühjahr 2006. Eintritt frei Alex Dill akad. Oberrat Dipl.-Ing. Alex Dill Architekt in Darmstadt Akad. Oberrat am Institut für Baugestaltung, Universität Karlsruhe lehrt »Entwerfen und Baukonstruktion« am Institut für Baugestaltung II. Schwerpunkte sind u.a. deutsch-französischer Vergleich zeitgenössischer Architektur u. Bauen mit Glas / Technologie und Materialanwendung im Konstruktiven Glasbau seit 1996 Mitglied des Atelier Europeen-Technologie de l’Architecture 2002 Gastprofessor an der Universität Bologna, Fakultät für Architektur / Cesena seit 2002 Forschungsreisen, Ausstellungen und Symposien zum Umgang mit den Bauten der Moderne in Ost- u. West-Europa Schwerpunkt »russ. Avantgarde Architektur« im Vergleich seit 2004 Mitglied von docomomo – international 2006 stellvertr. Vorstand docomomo-deutschland 2006 Gastprofessor am Moskau Institute of Architecture (MARCHI) Moskau als Zentrum der orthodoxen Kirche Москва как центр православной веры Vortrag von Prof. Dr. Rudolf Grulich, Leiter des Königsteiner Instituts für Kirchengeschichte von Böhmen – Mähren – Schlesien Mit anschließender Diskussion Eintritt: 4 D Als Kaiser Konstantin im Jahre 330 die Hauptstadt des Römischen Reiches an den Bosporus verlegte, bekam das alte Byzanz den Namen des Kaisers Konstantinopel. Die neue Hauptstadt sollte auch ein zweites Rom werden. Das führte dazu, dass der bis dahin unbedeutende Bischofssitz von Byzanz zu einem Patriarchat aufgewertet und in der Ehrenfolge der Patriarchate vor Alexandrien den zweiten Platz erhielt. Bis heute hat der in Istanbul residierende Ökumenische Patriarch den Titel eines Patriarchen des Neuen Rom. Die Reichsteilung unter Kaiser Theodosius, der Untergang des Weströmischen Reiches und seine Wiederbelebung unter Karl dem Großen verstärkten ebenso wie kulturelle und theologische Sonderentwicklungen in Ost und West die Entfremdung, sodass es zur Kirchenspaltung vom Jahre 1054 kam. Nach der Eroberung Konstantino- pels durch die Türken, war der Zar in Moskau der einzge Herrscher eines unabhängigen orthodoxen Staates. So wurde 1589 mit Zustimmung der übrigen morgenländischen Patriarchen der bisherige Bischofssitz Moskau zum Patriarchat erhoben. Ein Mönch in Pleskau schrieb damals: »Das erste Rom fiel wegen seiner Häresie, das zweite Rom unter den Beilen der Türken. Das dritte Rom wird bestehen, denn ein anderes wird es nicht geben.« Der Zar als orthodoxer Herrscher sah sich als Schutzherr aller orthodoxen Christen. Das wurde auch im Krimkrieg deutlich, der vor 150 Jahren mit dem Frieden von Paris 1856 beendet wurde. Der Referent wird diese Zusammenhänge vorstellen und aufzeigen, welche Auswirkungen die- ses kirchliche Selbsbewusstsein Moskaus bis heute auf die Ökumene hat. Prof. Dr. Rudolf Grulich hat 1998 den Preis für Völkerverständigung und grenzüberschreitende Kulturarbeit des Bukowina-Instituts und der Deutschen Jugend in Europa erhalten. > Mo, 8. Mai 2006 20 Uhr Roncalli-Forum Karlstr. 115 (Kolpinghaus) Info-Tel. (0721)9 32 83 30 > Mo, 8. Mai 2006 19 Uhr Fakultät für Architektur der Universität Karlsruhe Englerstr. 7 Info-Tel. (0721)608-2188 LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN > PROF. DR. RUDOLF GRULICH 135 > < 136 Wladimir Kaminer Владимир Каминер Eine Text-Collage aus eigenen Werken u.a. »Die Russendisko«, »Küche Totalitär« und »Karaoke« In Verbindung mit der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe Eintritt: 6 D / 4 D ermäßigt Wladimir Kaminer Der Autor wurde 1967 in Moskau geboren und lebt seit 1990 in Ber- lin. Er veröffentlicht regelmäßig Texte in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften, hat eine Sendung namens »Russendisko Club« beim RBB Radio MultiKulti sowie eine Rubrik im ZDF-Morgenmagazin und orga- nisiert Veranstaltungen wie seine mittlerweile international berühmte »Russendisko«. Mit der gleichnamigen Erzählsammlung sowie zahlrei- chen weiteren Büchern avancierte das kreative Multitalent zu einem der beliebtesten und gefragtesten Autoren in Deutschland. > Di, 9. Mai 2006 20.30 Uhr Jubez am Kronenplatz Info-Tel. (0721)133-4087 Russland heute: Die Erfahrung des Austausches zwischen dem Elsass und Russland im wirt- schaftlichen, wissenschaftlichen, universitären und kulturellen Bereich Россия сегодня: Обмен опытом между Россией и Эльзасом в областях экономики, науки, университетов и культуры Vortrag von Paul Tschaen, der die politische und wirtschaftliche Situation des heutigen Russlands beleuchten sowie an konkreten Projektbeispielen die Kooperation von Einrichtungen im Elsass und in Russland darstellen wird. Vortrag in französischer Sprache Eintritt frei Anhand von konkreten Beispielen wird Paul Tschaen, Projektleiter für den Bereich Wirtschaftskooperation bei der Agence de Développement de l’Alsace (Agentur für die Entwicklung des Elsass), auf 15 Jahre Partnerschaft zwischen der Region Elsass und Russland eingehen und ins- besondere folgende Themen behandeln: - Russland in Zahlen - Aufbau und Organisation des russischen Staates - Trümpfe und Herausforderungen Russlands - Russland: das Bestehen eines Marktes - Elsass und Russland Über die Darstellung der Beziehungen zwischen der Nachbarregion und dem russischen Staat hinaus wird er einen tiefen Einblick in die wirt- schaftliche Entwicklung Russlands in den letzten 15 Jahren geben. > Mi, 10. Mai 2006 19 Uhr Centre Culturel Franco-Allemand Kaiserstr. 160 - 162 Info-Tel. (0721) 16 03 80 LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN 137 > < 138 139 > Moskau und Baden-Baden Москва и Баден-Баден Die Europäischen Kulturtage Karlsruhe zu Gast in der Region In Verbindung mit der Turgenev-Gesellschaft Deutschland e.V. Anmeldung und Information über das Hotel Steigenberger Europäischer Hof unter Tel. (07221)933-700 Eintritt: 42 D inkl. 3-Gänge-Menu Mit Ausschnitten aus der literarisch-musikalischen Collage »Moskau- Napoleon-Europa« von Dr. Françoise Hammer und Rita Fromm und dem Vortrag »Glücksspiele und Dichterschicksale: Baden-Baden und die rus- sische Kultur« von Prof. Dr. Rolf-Dieter Kluge, Universität Tübingen und Warschau Rolf-Dieter Kluge Dr. phil. habil., o. Prof. (Slavische Philologie); geb. 1937 in Pirna/ Elbe, Studium der Geographie, Germanistik, Philosophie und Slavistik, 1961 Staatsexamen, 1965 Promotion, 1975 Habilitation, 1975 Prof- essor an der Universität Freiburg, 1982-2002 Inhaber des Lehrstuhls für Slavische Literaturwissenschaft an der Universität Tübingen, Ver- anstalter dreier internationaler Cµechov-Symposien (1985, 1994, 2004) und eines Dostoevskij-Symposiums (2001), 1997 Verleihung des Bundes- verdienstkreuzes 1. Klasse, 2002-2005 Stiftungsprofessur für Russische Literaturgeschichte und deutsch-slavische Kulturbeziehungen an der Universität Warschau, seit Oktober 2005 o. Professur für Russische Literaturgeschichte und deutsch-slavische Kulturbeziehungen ebenda. Hinweis: Stadtführungen mit Renate Effern, Vorsitzende der Turgenev- Gesellschaft Deutschland, durch das »Russische Baden-Baden« finden wäh- rend der Festivallaufzeit jeweils mittwochs um 15 Uhr statt; Treffpunkt vor dem Theater Baden-Baden. Auf Anfrage auch in russischer Sprache; Preis p.P. 6 D. Anmeldung unter Tel. (07221) 79 79. > Mi, 10. Mai 2006 19.30 Uhr Hotel Steigenberger Europäischer Hof in Baden-Baden Salon Kaiserallee Kaiserallee 2 Russisches Tagebuch Русский дневник Vortrag von Thomas Roth, Leiter des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin Eintritt: 6 D / 4 D ermäßigt Thomas Roth 1951 in Heilbronn geboren, Studium der Anglistik und Germanistik in Heidelberg. 1980 Volontariat beim SDR. 1981-1984 Redakteur und Moderator der Jugendfunksendung POINT (Hörfunk) des SDR. Bis 1986 landespolitischer Redakteur und Reporter (Fernsehen) des SDR. 1987 wechselte Roth in die SDR-Redaktion »Weltspiegel« und in das ARD-Studio Kairo. 1988 und 1991 arbeitete er als ARD-Korrespondent und Studioleiter des ARD-Büros Südliches Afrika in Johannesburg, 1991 wechselte er als ARD-Korrespondent in das ARD-Studio Moskau. 1992 übernahm Roth die stellvertretende Leitung des Programmbereichs Ausland im WDR Fernsehen. 1993 ging Roth erneut als ARD-Korrespondent und späterer Leiter des Studios nach Moskau. 1995 - 1998 Hörfunkdirektor des WDR. Zum 1. April 1998 zog es Thomas Roth als ARD-Korrespondent und Leiter des ARD-Studios nach Moskau. Seit Mai 2002 ist Thomas Roth Leiter des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin und Chefredakteur der Gemeinschaftsredaktion Fernsehen. > Do, 11. Mai 2006 20 Uhr PrinzMaxPalais Literaturhaus Karlstr. 10 Info-Tel. (0721)133-4087 LITERATUR / VORTRÄGE & LESUNGEN > THOMAS ROTH < 140 WISSENSCHAFT / SYMPOSION < LOMONOSSOW UNIVERSITÄT, Moskau 141 > < 142 Praxiswissen trifft universitäre Wissenschaft Столкновение примененного на практике знания с университетской наукой Studenten der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaft der Universität Karlsruhe entwickeln eine Homepage rund um Moskau, Russland und Karlsruhe Die Europäischen Kulturtage 2006 sind der Anlass für das Projekt- seminar »Europäische Kulturtage« des Studienzentrums für Angewandte Kulturwissenschaft (SZK). Ziel des Seminars ist die Veröffentlichung einer selbst programmierten Internetseite mit bildlichen Darstellungen und erläuternden, informativen Texten zur Kultur- und Landesgeschichte Russlands, Moskaus und auch Karlsruhes. Mit Unterstützung der Stadt Karlsruhe werden im Verlauf des Winter- Semesters viele spannende Themenbereiche erarbeitet, wobei die teilneh- menden Studierenden ihre Kreativität in Form eigener gestalterischer Ideen einbringen können. Die studentischen Teilnehmer können sich je nach individueller Fähigkeit und Interesse innerhalb des Projektseminars zwischen zwei Arbeitsgruppen entscheiden, wovon die eine sich mit der inhaltlichen Gestaltung, die ande- re mit der multimedialen Umsetzung befasst. Die inhaltliche Betreuung übernimmt Professor Burkhardt Krause, Leiter des SZK. In den die praktische Arbeit begleitenden Vorlesungen wird Prof. Krause auch mit Unterstützung externer Referenten die Studentinnen und Studenten in das Thema einführen und sie bei der Erarbeitung der Inhalte unterstützen. Darüber hinaus besteht für die Teilnehmer auch die Möglichkeit, Inter- views und kurze Filmbeiträge für die Website zu erstellen. Professor Jürgen Walter von der Hochschule für Wirtschaft und Technik wird inte- ressierte Studierende in die Kamera- und Schnittechnik einführen sowie ihnen bei der Erstellung von Film- und Audiobeiträgen hilfreich zur Seite stehen. In verschiedenen Arbeitsbereichen wie Design und Layout, Program- mierung oder Bildbearbeitung, können die Seminarteilnehmer je nach Interesse die Homepage entwickeln und gestalten. Gemeinsam mit dem Lehrbeauftragten für die multimediale Umsetzung, Dominique Steppeler, werden die Studierenden für die Internetseite ein ansprechendes und the- menverbundenes Design gestalten. > Wintersemester 2005 / 2006 Universität Karlsruhe (TH) Perspektiven der internationalen Kooperation in Forschung und Lehre zwischen Deutschland und Russland Перспективы международного сотрудничества в исследовании и обучении между Россией и Германией Veranstalter: Internationale Akademie für Nachhaltige Entwicklungen und Technologien (IANET) an der Universität Karlsruhe = Gorbachov- Akademie Wissenschaftliche Konferenz Di, 2. Mai 2006 »Probleme und Lösungen in der Kommunalwirtschaft in Russland und in Deutschland – Aus- und Weiterbildung« Leitung: Prof. Dr. Vitaly Gorokhov Vorträge: - Nachhaltige Entwicklung der russischen Immobilienwirtschaft in deutsch-russischer Kooperation - Aus- und Weiterbildung als Aktionsfeld - Wissenschaftsstädte in der Umgebung Moskau – ein neues Konzept für Forschen und Wohnen in Russland - Abfallmanagement und Abfallbeseitigung - Wasserzubereitung und Abwasserreinigung - City-Logistik - Anforderungen an die nachhaltige Entwicklung in der Wohnungswirtschaft und Ableitung von Anforderungen an die Weiterbildung von russischen Führungskräften - Nachhaltiges Bauen und Wohnen – Konzepte und Perspektiven Diskussionsrunde: »Probleme und Lösungen in der Kommunalwirtschaft in Russland und in Deutschland - ein Vergleich« mit der Teilnahme des Vertreters der Stadtverwaltung der Stadt Dubna1 des Moskauer Bezirks und Vertretern der Stadtverwaltung Karlsruhe, Universität Karlsruhe, Universität Bremen, Forschungszentrum Karlsruhe u.a. > Di, 2. Mai und Mi, 3. Mai 2006 10 Uhr Universität Karlsruhe (TH) Zentrum für Ost- und Mitteleuropa (ZOM) Straße am Forum 3 Geb. 30.96 Info-Tel: (07244) 15 73 WISSEN- SCHAFT / SYMPOSION 143 > < 144 Mi, 3. Mai 2006 »Internationale Kooperation in Forschung und Lehre – Probleme und Aufgaben« - Roundtable Moderation: Dr. Gotthard Bechmann, Forschungszentrum Karlsruhe / Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse, Vorstand der IANET, Prof. Dr. Vitaly Gorokhov - wissenschaftlicher Koordinator des Deutsch- Russischen Kollegs und der IANET an der Universität Karlsruhe (TH) Teilnehmer: Vertreter der Universität Karlsruhe, des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Forschungszentrums Karlsruhe, der Moskauer Lomonossow Universität, der Russischen Akademie der Wissenschaften u.a. 1 Die Stadt Dubna liegt 100 Km nördlich Moskau am Volga Fluss, gehört zum Moskauer Bezirk, hat ein Int. Kernforschungszentrum und eine Universität. Dubna hat den Status einer Wissenschaftsstadt Russlands erhalten. Moskau – das Dritte Rom Москва – Третий Рим Internationales wissenschaftliches Symposion Leitung: PD Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, ZAK|Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale der Universität Karlsruhe (TH); Prof. Peter Weibel, ZKM|Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe; Generalintendant Achim Thorwald, Badisches Staatstheater Karlsruhe Organisation: Katrin Gebhardt M.A., ZAK|Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale der Universität Karlsruhe (TH); Thomas Thiel, ZKM|Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe; Tilmann Neuffer, Badisches Staatstheater Karlsruhe Der Eintritt für das gesamte Symposion ist frei Das ZAK|Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale veranstaltet gemeinsam mit dem ZKM|Zentrum für Kunst und Medientechnologie, dem Badischen Staatstheater und mit Unterstützung der Internationalen Akademie für Nachhaltige Entwicklungen und Technologie der Universität Karlsruhe (TH) das Internationale wissen- schaftliche Symposion im Rahmen der Europäischen Kulturtage 2006 unter dem Titel »Moskau – das Dritte Rom«. In Anlehnung an den Titel des Symposions wird sich die Veranstaltung vor dem Hintergrund der kulturgeschichtlichen Bedeutung Moskaus der Entwicklung des heutigen Russlands mit Fragestellungen aus Politik, Gesellschaft und Kultur wid- men. Die Kernthemen der Vortragsreihen betreffen die Rechtskultur und Zivilgesellschaft in Russland, die deutsch-russische Freundschaft sowie die Beziehungen Russlands zu seinen Randgesellschaften. Ergänzt wer- den die Vortragsreihen von zwei Podiumsdiskussionen, die zur aktuellen Presse- und Meinungsfreiheit und zur wirtschafts- und sozialpolitischen Entwicklung in Russland unterschiedliche Sichtweisen erörtern. Eröffnet wird das Symposion mit einem Vortrag des ehemaligen Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Moskau Dr. Ernst Jörg von Studnitz. 19 Uhr Begrüßung Prof. Peter Weibel, Vorstand des ZKM Ullrich Eidenmüller, Kulturbürgermeister der Stadt Karlsruhe PD Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, Direktorin des ZAK, Universität Karlsruhe (TH) > Fr, 5. Mai - So, 7. Mai 2006 ZKM|Zentrum für Kunst und Medientech- nologie Lorenzstr. 19 und Badisches Staatstheater Baumeisterstr. 11 (am 7. Mai 2006) Info-Tel. (0721)608-4384 > Fr, 5. Mai 2006 ZKM|Zentrum für Kunst und Medientech- nologie Medientheater WISSEN- SCHAFT / SYMPOSION > PROF. DR. VITALY GOROKHOV 145 > < 146 Festvortrag: Dr. Ernst-Jörg von Studnitz, Vorstandsvorsitzender des Deutsch- Russischen Forums e.V., ehem. Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Moskau 21 - 22.30 Uhr Podium: Pressefreiheit im Zeichen neuer politischer Zensur? Prof. Dr. Galina Woronenkowa, Direktorin des Freien Russisch-Deutschen Instituts für Publizistik der Lomonossow-Universität, Moskau Dr. Marina Schishkinka, Leiterin der Fakultät Journalistik, Universität St. Petersburg Hermann Krause, ARD/WDR-Auslandskorrespondent, Moskau Jelena Fjodorowa, ehem. Chefredakteurin des Moskauer TV-Senders Ren Moderation: Johannes Voswinkel, Moskauer Redaktion DIE ZEIT 10 Uhr Themenblock 1: Rechtskultur und Zivilgesellschaft in Russland Prof. Margarita M. Balmaceda, PhD, Harvard Ukrainian Research Institute, Harvard University, Mass. Prof. Dr. Angelika Nußberger, Direktorin des Instituts für Ostrecht, Universität Köln Prof. Dr. Gennady D. Yanovsky, St. Petersburg State University of Telecommunications, St. Petersburg Gesprächsrunde zum Thema: Wissenschaftsentwicklung, Innovationspolitik und Öffentlichkeit – zivilgesellschaftliche Perspektiven Russlands Prof. Dr. Viatcheslav Stjopin, Direktor des Instituts für Philosophie der Russischen Akademie der Wissenschaften, Ehrendoktor der Universität Karlsruhe (TH) Prof. Dr. Vladimir Mironov, Dekan der Fakultät für Philosophie und Prorektor der Lomonossow Universität, Moskau Dr. Gotthard Bechmann, Forschungszentrum Karlsruhe / Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse, IANET-Vorstand Prof. Dr. Vitaly Gorokhov, wissenschaftl. Koordinator des Deutsch- Russischen Kollegs und der IANET an der Universität Karlsruhe (TH) 12.45 Uhr Mittagspause 14 Uhr Themenblock 2: Deutschland-Russland: eine besondere Freundschaft? Dr. Peter Danylow, Otto-Wolff-Institut für Wirtschaftsordnung, Köln Dr. Matthes Buhbe, Leiter der Friedrich Ebert Stiftung, Moskau Ottilie Bälz, Robert Bosch Stiftung, Stuttgart Dr. Thomas Kunze, Leiter der Außenstelle der Konrad Adenauer Stiftung in Russland, Moskau 15.30 Uhr Kaffeepause 16 Uhr Themenblock 3: Russland und seine Ränder Vadim V. Danilin, stellvertr. Leiter des Amtes für internationale Beziehungen der Stadt Moskau Michael Thumann, Außenpolitik DIE ZEIT Hamburg 17 Uhr Podium: Wirtschafts- und Sozialpolitik in Russland Oliver Wieck, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Berlin Prof. Dr. Hans-Henning Schröder, Forschungsstelle Osteuropa, Universität Bremen 21 Uhr Film »Out of the Present« Regie: Andrei Ujica anschließendes Gespräch mit Prof. Dr. Peter Sloterdijk, Rektor der Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe Prof. Dr. Boris Groys, Professor für Kunstwissenschaft, Philosophie und Medientheorie, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe Prof. Dr. Andrei Ujica, Professor an der Hochschule für Gestaltung, Leiter des Filminstituts am ZKM| Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe Themenblock 4: Subkulturen und Gegenkulturen Performance und Videos aus Moskau Olga Chemyschowa, Dmitri Gutov, Anatoli Osmolovski, Dmitri Prigov und Viktor Misiano > Sa, 6. Mai 2006 ZKM|Zentrum für Kunst und Medientech- nologie Medientheater Lorenzstr. 19 Info-Tel. (0721)608-4384 > So, 7. Mai 2006 11 - 15 Uhr Badisches Staatstheater Karlsruhe Baumeisterstr. 11 WISSEN- SCHAFT / SYMPOSION 147 > < 148 VARIETÉ / LEBENSART / MODE < DESIGN: NINA KULIKOWA 149 > < 150 La Saison Russe Ла Сэзон рюс Varieté mit den Stars der russischen Akrobaten-Szene Moderation: Karl-Heinz Helmschrot Eintritt: 15 D + VVG / 18 D an der Abendkasse »La Saison Russe« vereinigt mit der Luftakrobatin Olena Yakimenko, dem Handstandequilibristen Maxim Bondarenko, dem exzentrischen Akrobatenduo Novruzov, dem Jongleur Semen Krachinov, Oktay Novruzov als Maestro auf dem Schlappseil sowie der Partnerakrobatentruppe Atlantis einige der derzeit führenden russischen Varieté-Attraktionen. Für einen Abend kommen sie in Karlsruhe zusammen, um eine Symbiose zwi- schen Klassik und Avantgarde, Ballett und Akrobatik, Schatten und Licht, Schweigen und Musik zu suchen, die nicht zufällig an den unvergesslichen und legendären Ballettimpressario Serge Diaghilev und seine »Ballets Russe« erinnert. Moderiert wird der Abend vom Artisten, Komiker, Bauchredner, Schauspieler und Entertainer Karl-Heinz Helmschrot. Tatort Gärkeller Что случается в пивоваренном подвале Ein genussvoller Abend rund um die russische Küche und den Gerstensaft Monika Hausvalter, Gesang Natalia Zagalskaia, Klavier Die Veranstaltung findet im Rahmen der Initiative LebensART statt. Um Tischreservierung wird gebeten unter Tel. (0721) 61 83-0. Eintritt: 16,90 D incl. russischem Menu und korrespondierenden Bierspezialitäten. Wer kennt sie nicht, die leckeren Gerichte aus der üppigen rus- sischen Küche wie Borschtsch, Soljanka, Boeuf Stroganoff und Blinis. Sprichwörtlich ist auch die Freude Russlands am Feiern und Gäste bewir- ten. Der Burghofwirt Waldemar Fretz und sein russischer Koch Eugen Streifel präsentieren an diesem Abend besondere Spezialitäten. Dr. Friedrich Georg Hoepfner stellt zu dem exklusiven Menu einige der besten russischen Biere im Vergleich mit den Spezialitäten der Privatbrauerei Hoepfner vor und verkostet sie zusammen mit dem Publikum. Der Abend wird musikalisch begleitet durch ein russisches Studierenden-Ensemble der Musikhochschule Karlsruhe. Natalia Zagalskaia Natalia Zagalskaia wurde 1978 in Moskau geboren. Sie begann 1984 ihre musikalische Ausbildung bei Ludmila Lyacker. Von 1990 bis 1996 studierte sie an der »Central Music School« am Moskauer Conservatorium bei Alexander Mndoyant und anschließend an der Staatlichen Hochschule für Musik Karlsruhe, zunächst bei Prof. Hauer und seit 2001 bei Prof. Kalle Randalu. Sie trat viel solistisch auf und war Preisträgerin bei inter- nationalen Musikwettbewerben. > Mi, 26. April 2006 19.30 Uhr (Einlass 19 Uhr) Schalander in der Privatbrauerei Hoepfner Haid-und-Neu- Str. 18, Eingang durch den Biergarten > Mo, 24. April 2006 20.30 Uhr Kulturzentrum Tollhaus Schlachthausstr. 1 Info-Tel. (0721) 96 40 50 VARIETÉ LEBENSART / MODE > MAXIM BONDARENKO > DUO NOVRUZOV 151 > < 152 Modeträume aus Moskau Модные мечты из Москвы Modenschau der bekannten und vielfach ausgezeichneten russischen Designerin Nina Kulikowa. Mit Balletteinlagen und anschließendem Empfang. Anmeldung erbeten unter Tel. (0721) 38 00 06 > Di, 9. Mai 2006 19 Uhr Modehaus Schöpf am Marktplatz Gorodki-Jugendturnier Молодежное соревнование по городкам Mit Teams aus Deutschland, Russland und Weißrussland. Gorodki ist ein uraltes Spiel, besonders populär in der ehem. Sowjetunion, Schweden, Finnland und der Türkei. Berühmte Gorodkispieler waren Tolstoi und Schaljapin. > Fr, 21. April - So, 23. April 2006 Gorodki-Anlage in Karlsruhe-Oberreut Joachim-Kurzaj- Weg 5 Info-Tel. (0177) 5 82 15 34 VARIETÉ LEBENSART / MODE > MANIZER, »Gorodoschnik«, Gips, 1927, Staatliches Russisches Museum > Nobelpreisträger IWAN PAWLOW, Mediziner und Physiologe 153 > < 154 FILM < MARINA RASBEZHKINA, Erntezeit 155 > < 156 157 > Filmstadt Moskau Москва как центр кинематографии Neues Kino aus Moskau Essay von Julia Kuniß Russisches Kino im Aufbruch Spätestens seit dem »Goldenen Löwen« für Andrej Zvjaginzevs »Die Rückkehr« (Vosvrascenije, 2003) in Venedig macht der russische Film wie schon lange nicht mehr von sich reden. Das Regiedebüt eines aus- gebildeten Theaterschauspielers, von einem unabhängigen Moskauer TV-Studio mit einem kleinen Budget produziert, war der Hit am Lido und wurde erfolgreich in die ganze Welt verkauft. Das Jahr 2003 war für den russischen Film ein Jahr des Umbruchs, der Debüts, der neuen Namen, die von sich hören lassen sollten. Dabei wurden große Hoffnungen an einen Generationswechsel und damit an die neuen Talente geknüpft. Diese Hoffnungen sollten nicht enttäuscht werden, wie die jüngsten Festivalerfolge russischer Filme bewiesen. Das einst lebendigste Filmland der Welt meldete sich zurück und überraschte mit neuen Namen und Filmen, von denen auch der interessierte deutsche Kinozuschauer einige zu sehen bekam – neben dem Film »Die Rückkehr« waren noch weitere inter- national beachtete Debüts wie »Koktebel« (2003) von Boris Chlebnikov und Alexej Popogrebskij im regulären Verleih in Deutschland zu sehen. Auch kommerziell ist das neue russische Kino mittlerweile außerhalb der Landesgrenzen erfolgreich. Der erste russische Blockbuster, das High- Tech-Fantasy-Märchen »Wächter der Nacht« (Nochnoy dozor) von Timur Bekmambetov, seine erste selbständige Regie-Arbeit nach mehreren Jahren in der Werbung, machte bereits in den USA Furore. Auch hierzulande sorgte der Fantasy-Thriller während der Berlinale für Aufmerksamkeit. Im Herbst 2005 kam er in die deutschen Kinos und erreichte bereits nach einer Woche ein Einspielergebnis von 1,3 Mio. Euro. Die Resonanz in der Presse war für einen osteuropäischen Film enorm groß. Aber auch über die Festivalerfolge und die künstlerischen Spitzen- leistungen hinaus verdient die aktuelle Situation im russischen Film genauer unter die Lupe genommen zu werden. Nach einem Jahrzehnt des Niedergangs kommt das russische Filmwesen wieder in Schwung und ist gemessen an der Zahl der Produktionen wieder führend im gesamten ost- europäischen Raum. 139 Spielfilme wurden 2005 in Russland produziert, 715 Dokumentarfilme und 100 Animationsfilme. Dies ist viel mehr als in den besten Jahren während der sowjetischen Ära. Auch das russische Verleihsystem entwickelt sich rasant. 2005 starteten 26 russische Filme im GUS-weiten Verleih, die insgesamt über 53 Mio. $ einspielten, dies entspricht ca. einem Drittel der Gesamteinspielergebnisse dieser Saison. > Di, 25. April – So, 30. April 2006 Das Kino im PrinzMaxPalais Karlstr. 10 Garteneingang Akademiestr. Info-Tel. (0721) 9 37 47 14 Nach einer langen Pause kehrt der Zuschauer in die Kinos zurück. Der Bau von Filmtheatern boomt. Neue Multiplexe schießen wie Pilze aus dem Boden und alte Kinos werden mit dem neuesten Stand der Technik ausgerüstet. Und das bei Durchschnittspreisen von zweieinhalb Dollar pro Kinokarte. In Moskau sind es bei manchen Vorführungen in moder- neren Kinosälen 7 Dollar, bei Premieren bis zu 20 Dollar. Die Metropolen Moskau und St. Petersburg nehmen dabei einen besonderen Platz ein. Im Gegensatz zu den Regionen haben dort nicht nur Mainstream-Filme, ein- schließlich einheimischer Produktionen, sondern auch verstärkt russische Art-House-Filme eine Chance. Deren Verleih ist zwar sehr begrenzt, aber immerhin finden diese Filme, die oft im Westen besser bekannt sind, wie- der ihren Weg zum einheimischen Publikum. In der jüngsten Zeit erwiesen sich die Filme der namhaften Altmeister weder im internationalen Festivalbetrieb noch in der kommerziellen Auswertung als wettbewerbsfähig, ausgenommen vielleicht Alexander Sokurovs »Russische Arche« (Russki Kovtscheg, 2002) und Andrej Kontschalovskijs »Das Irrenhaus« (Dom Durakov, 2002). Diese Tatsache zog eine einschneidende Umorientierung der staatlichen Finanzierung nach sich. Der Schwerpunkt der Förderung verlagerte sich auf die Filme junger Regisseure, vorzugsweise Debüts. Immer mehr Augenmerk gilt dabei dem Filmmarketing. Bisher war in Russland für die staatliche Finanzierung ei- nes Filmprojektes einzig der Name des Regisseurs entscheidend. Nunmehr gewinnt das weltweit verbreitete Modell der Produzentenfinanzierung im- FILM > Marina Rasbezhkina, Erntezeit < 158 mer mehr an Bedeutung. Die jungen, am Geldrückfluss ihrer Filme orien- tierten Produzenten, werden in der staatlichen Förderung priorisiert. Hohe Ziele sind bereits gesteckt. Im Jahr 2006 sollen mindestens 150 Filme produziert werden. Weiterhin ist geplant, alle Filmstudios zu privatisieren. Mit der Entscheidung, dem europäischen Coproduktionsfond Eurimages beizutreten, will Russland seine nationale Filmproduktion möglichst rasch in die internationale Kinoindustrie integrieren. Künstlerisch wie wirtschaftlich kann nach der schwierigen postsow- jetischen Zeit von einer regelrechten Wiedergeburt des russischen Films gesprochen werden. Das aktuelle russische Kino überrascht mit neuen Bildern, innovativer Ästhetik und einer Vielfalt an formalen und sti- listischen Experimenten und thematischen Schwerpunkten. Nach einer schwierigen Übergangszeit und der Neuorientierung scheint das russische Kino neue Wege gefunden zu haben, die radikal veränderte Realität des sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Lebens im heutigen Russland mit adäquaten künstlerischen und technischen Mitteln auf der Leinwand zu reflektieren. Dabei wird die allgemein zu verzeichnende Aufbruchstimmung größ- tenteils von den ambitionierten Filmemachern und Produzenten der jun- gen Generation getragen, die ein breites Spektrum an aktuellen Trends repräsentieren. Der Bogen reicht vom patriotischen Film über modernes Art-House-Kino bis hin zum amerikanisch geprägten Genrekino. Jedoch schimmert durch den kosmopolitischen Genrekanon im jungen russischen Kino immer mehr die ästhetische Tradition des sowjetischen Films durch. Ob es sich dabei um die Metaphysik von Tarkovskij handelt, der sich der Regisseur des Films »Die Rückkehr« verpflichtet fühlt, oder um die stilisierten Dorffilme wie »Erntezeit« (Vremja Zatvy, 2004) von Marina Rasbezkina und »Alte Frauen« (Staruchi, 2003) von Gennadij Sidorov. Der neuen Generation gelingt es auf eine überzeugende Weise, die Traditionen des sowjetischen Films wiederzubeleben, nachdem sie sie vom Diktat der Ideologie befreit hat. »Dies ist der Anfang einer ganz neuen nationalen Filmmythologie«, wie der international renommierteste russi- sche Kritiker Andrej Plachov bemerkt. Filmstadt Moskau In den Moskauer Studios konzentriert sich der Großteil der russischen Filmproduktion. Das russische Zentrum der Macht und des Kapitals, von Rekonstruktions- und Bauboom beherrscht, ist nicht nur als Filmkulisse interessant. Die Metropole Moskau zieht aus dem ganzen Land die Krea- tiven an. Diese suchen nach neuen ästhetischen und formalen Wegen, die sich in der jüngsten Zeit so rasch verändernde Realität in Russland und in Moskau adäquat zu reflektieren. Die Moskauer Filmszene überrascht mit einer unglaublichen Vielfalt und Vitalität. Neue modern ausgerüste- te Filmstudios entstehen, die dem weltberühmten 85-jährigen Mosfilm- Studio Konkurrenz machen. Auch das alljährlich stattfindende Moskauer Internationale Filmfestival, das in der letzten Zeit auch international wieder an Bedeutung gewinnt, partizipiert an dieser Entwicklung. Als eines der elf «A-Festivals» wird das MIFF immer noch in einem Atemzug mit den Festivals in Cannes, Venedig und Berlin genannt. Doch das traditionsreiche, seit 1975 statt- findende Festival und einst wichtigste Filmereignis Osteuropas hatte nach dem Zerfall der Sowjetunion mit immensen organisatorischen und finan- ziellen Problemen zu kämpfen. Den Veranstaltern gelang es jedoch, sich gegen ihre Konkurrenz in Karlovy Vary, die nicht nur in terminlicher Rivalität zum Moskauer Fest steht, zu behaupten und ein neues Image in der internationalen Festivalszene zu etablieren. Seit einigen Jahren legt die Festivalleitung besonderen Wert auf die Präsentation und Förderung des einheimischen Kinos. Mehrere Programme zeigen das aktuelle Kino Russlands in seiner ganzen Vielfalt. Die aktuellen Entwicklungen in der jungen Moskauer Filmszene, die einerseits nach neuen Ansätzen sucht und sich vom europäischen und amerikanischen Kino inspirieren lässt, sich andererseits jedoch zu den reichen Traditionen des weltberühmten sowjetischen Films bekennt und sich Themen aus der bewegten Geschichte ihres Landes sucht, schaffen ein Spannungsfeld, welches durch das vorliegende Filmprogramm anlässlich der Europäischen Kulturtage Karlsruhe 2006 »Moskau« näher beleuchtet werden soll. Präsentiert werden acht abendfüllende Spielfilme und zwei Kurzfilm- programme, die einen Einblick in die ganze Vielfalt von Film- und Videoproduktionen »Made in Moskau« gewähren. Die Palette reicht von Video-Artund Popkultur über den anspruchsvollen künstlerischen Autorenfilm bis zum jungen innovativen Kino, auf das bei dieser Retro- spektive besonderer Wert gelegt wird. Das Programm berücksichtigt die neuesten Entwicklungen in der Moskauer Filmszene und präsentiert ausge- wählte Produktionen aus den letzten vier Jahren, vor allem Debüts. Diese Filme spiegeln das facettenreiche Bild des aktuellen russischen Kinos im Allgemeinen wider und stellen die jungen aufstrebenden Filmemacher vor, die das Bild des aktuellen russischen Kinos prägen. Die Zuschauer erwar- tet ein thematisch und ästhetisch buntes und vielfältiges Programm. Mit einem bemerkenswerten Regiedebüt sorgte Gennadij Sidorov, Schauspieler, Produzent und Drehbuchautor, der in den 1990er Jahren nach seinem VGIK-Studium zum Film kam, für Aufmerksamkeit. Sein Film »Alte Frauen« (Staruchi, 2003) ist einer der wenigen Filme, der die seit Jahren im multinationalen Staat Russland hoch aktuelle Nationalfrage zum Thema macht. Schonungslos zeigt der Regisseur die harte Realität des alltäglichen Zusammenlebens in der russischen Provinz, bei der sich ein zunächst feindseliges, mit vielen Vorurteilen belastetes Verhältnis erst angesichts der menschlichen Tragödie in ein friedliches Miteinander umkehrt. Der Film sorgte in Russland für viel Diskussion und wurde beim nationalen Filmfestival in Sotschi mehrfach ausgezeichnet. Nahezu ausnahmslos mit Laiendarsteller gedreht, vermittelt der Film fast dokumentarisch Eindrücke vom ländlichen Leben in Russland. FILM 159 > < 160 Auf eine überzeugende Weise verbindet Sidorov dabei die Tradition des herausragenden russischen Regisseurs Vassilij Schukschin – einer der Gründerväter der sowjetischen »Dorfprosa« der 1970er Jahre – mit der Ästhetik eines Emir Kusturica. Der Krieg in Tschetschenien prägt nach wie vor das aktuelle russi- sche Kino, auch wenn das Thema in der letzten Zeit eher latent vertre- ten ist. Mit seinem jüngsten Film »Mein Stiefbruder Frankenstein« (Moj svodnyj brat Frankenstein, 2004) gelang Valerij Todorovskij, einem der interessantesten Regisseure der jungen Generation, eine einfühlsame und beängstigende gesellschaftliche Studie, in der das Wort »Tschetschenien« kein einziges Mal fällt und doch der Bezug zu diesem Thema eindeutig zu erkennen ist. In seinem sozial-psychologischen Drama konfrontiert Todorovskij den Zuschauer mit einer Welt, die die harte Realität außerhalb der Business- Metropole Moskau verdrängt und die von Ignoranz und Gefühllosigkeit gegenüber fremdem Leid geprägt ist. Dabei bricht er ein Tabu, indem er den fernen Kaukasus-Krieg in die gutbürgerliche Moskauer Wohnstube transferiert. In einer seltenen Art und Weise gelingt es dem Regisseur, das alltägliche Leben lyrisch und trotzdem sehr realistisch zu zeigen. Damit setzt er die Linie seines Vaters, Pjotr Todorovskij, des ungekürten Lyrikers des sowjetischen Films, fort. Valerij Todorovskij, der erfolgreiche Filmregisseur, Drehbuchautor und TV-Produzent – seit 2002 Leiter der Spielfilmproduktion des zweit- größten russischen Senders »Rossija« – ist ein typischer Vertreter der neuen Moskauer Filmelite. Diese junge und ambitionierte Generation der Filmregisseure, viele von ihnen aus Familien sowjetischer Kino-Prominenz stammend, alle etwa Mitte bis Ende 30, tragen zum wesentlichen Teil den Aufbruch im neuen russischen Kino. Todorovskij kam bereits in den 90ern zum Film und landete mit seinem Spielfilmdebüt »Ljubov« (Liebe, 1991) den ersten Postperestroika-Hit. Mittlerweile zählt er zu den aktivsten Filmschaffenden Russlands und hat neben fünf Regiearbeiten über 20 Filme und sechs Fernsehserien produziert. Ständig auf der Suche nach neuen Talenten und unentdeckten Namen ist die Moskauer Produzentin Elena Jatzura. Die ausgebilde- te Theaterwissenschaftlerin ist seit 1993 im Filmgeschäft und startete zunächst als Redakteurin bei Mosfilm. Mit ihren beiden Produktionsfirmen »Slovo« und »Non Stop Production« realisierte sie bereits etwa zehn beachtete Spielfilmprojekte. Die Philosophie der ambitionierten Jungproduzentin ist die bewuss- te Förderung des jungen, radikalen und alternativen Kinos. Sie riskiert gerne, junge Regisseure zu engagieren, die experimentierfreudig und auf der Suche nach einer neuen Filmsprache, nach neuen Formen und Genres sind. Viele der bemerkenswerten russischen Filmedebüts der letzten Jahre, die auf den Festivals in Berlin, Venedig, Rotterdam und Toronto liefen, wurden von ihr produziert, so u.a. die Filme »Aprel« (2001) von Konstantin Mursenko, »Glatteis « (Gololjod, 2002) von Michail Broschinskij, »You I Love« (Ja lublju tebja, 2003) von Dmitry Troitsky und Olga Stolpovskaja. Sie unterstützt Berufsanfänger und Quereinsteiger und dies mit Erfolg. Überhaupt gibt es unter den Debütanten der letzten Jahre enorm viele Quereinsteiger. Die meisten haben ihre ersten Erfahrungen in der Werbung, im Journalismus, im Fernsehen und im Theater gesammelt und versuchen sich nun in der Spielfilmregie. Diese junge Generation der Filmregisseure bringt die ihren Medien eigene Ästhetik und Sichtweise in den Spielfilm ein, was zu einem inhaltlich und formal radikal veränderten Kino führt. Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang das Regiedebüt des prominenten Moskauer Filmkritikers Michail Braschinskij, »Glatteis«. Diese glänzende Charakterstudie, die einen unorthodoxen Blick auf das neue Moskau eröffnet, sorgte bereits 2003 bei den Berliner Filmfestspielen für Aufmerksamkeit, wo der Film im Programm des Internationalen Forum des jungen Films lief. Seine radikale Ästhetik und technologische Machart macht den Film zu einem interessanten Experiment, dem ersten seiner Art im neuen russischen Kino. »Glatteis« hat gemessen an der Zahl der Schnitte pro Zeiteinheit alle Rekorde im russischen Kino gebrochen. Während 600 Schnitte pro 90 Filmminuten als dynamisch angesehen werden, haben die 70 Minuten von »Glatteis« ganze 1011 Schnitte. Die Frequenz der wechselnden Bilder unterstreicht die rasante Dynamik einer 10 Millionen Stadt mitten im Wirtschaftsboom. Der Film wurde auf DV gedreht, um dann mit großem Aufwand auf 35mm überspielt zu wer- den. »Die digitale Technologie schafft eine Illusion der Kurzlebigkeit der Ereignisse, eine Illusion des unmittelbaren Blicks, der nicht durch die Linse der Kamera getrübt wird«, so der Regisseur, »Moskau fehlt die Zeit, ihre Versprechungen zu halten. Im Winter bringen Schneeverwehungen und Eisglätte den Straßenverkehr zum Erliegen. Die Menschen schaffen es nicht, Geplantes zu erledigen. Der Stress verleitet dazu, die Spannung durch Alkohol und Psychopharmaka zu betäuben«. Bei der Realisierung des Projektes stieß die Produzentin Elena Jatzura auf große Schwierigkeiten, was allerdings nicht nur auf die radikale Ästhetik des Films sondern viel mehr noch auf sein Thema zurückzuführen FILM > Gennadij Sidorov, Alte Frauen 161 > < 162 Melodram in die heutige Zeit versetzt; geschrieben und gespielt von der Diva des neuen russischen Films, Renata Litvinova. Der Film war in Russland ein großer Erfolg, was nicht zuletzt auf die Mitwirkung von Renata Litvinova zurückzuführen ist. Hierzu muss man erwähnen, dass Litvinova eine besondere Stellung im neuen russi- schen Film einnimmt. Nach ihrem Studium an der VGIK erregte sie mit ihren ersten Drehbucharbeiten schon bald Aufmerksamkeit in der Branche und wurde von Kira Muratova entdeckt. Mittlerweile ist sie erfolgrei- che Regisseurin, Produzentin, Drehbuchautorin und auch Schauspielerin, die sich selbst gerne zur modernen russischen Ikone der Weiblichkeit stilisiert. Ihre entrückte Art wirkt auf manche aufgesetzt, jede Geste ist mit grenzenlos übertriebener Weiblichkeit aufgeladen. Die heute 38- jährige ist die erste und bisweilen wohl einzige Diva des neuen russischen Films. Sie erfand für sich die Divenrolle und schrieb sie sich selber auf den Leib. Spätestens in Vera Storozevas Film perfektionierte sie diese Rolle. Unnachahmlich mimt Litvinova hier eine überkandidelte, traum- tänzerische Stewardess. Ein fast ätherisches Wesen, durch die strenge Stewardessen-Uniform nur noch vage im Diesseits verankert. Mittlerweile macht Litvinova auch international von sich reden. 2002 war sie in der Jury der Berliner Filmfestspiele und präsentierte dort im Programm des Internationalen Forum ihren Dokumentarfilm »Für mich gibt es keinen Tod« (Net smerti dlja menja, 2000). Der 60. Jahrestag des Kriegsendes war in jüngster Zeit ein großes Thema im russischen Kino. Die Regisseure nehmen sich dieses Themas sehr unterschiedlich an, viele Filme sind dazu seit 2002 entstanden. Neben dem Bestreben, das in der ehemaligen Sowjetunion sehr beliebte Genre des patriotischen Kriegsfilm wiederzubeleben, mehren sich die Versuche, die menschlichen Tragödien aus der Perspektive Einzelner zu beleuch- ten, egal auf welcher Seite man im Krieg stand. Besonders die Motive der Völkerverständigung und Toleranz trotz der Grausamkeit des Krieges gewinnen an Bedeutung. Bemerkenswert ist, dass gerade junge Leute sich verstärkt dem Kriegsthema zuwenden und neue Ansätze entwickeln, um sich auf unkonventionelle Weise damit auseinander zu setzen. In diesem Programm sind zwei Filme zu sehen, die auf unterschied- liche Weise diese neue Herangehensweise repräsentieren. Zum einen das bemerkenswerte Filmdebüt »Der letzte Zug« (Poslednij poezd, 2003) von Aleksej German jr. Der Sohn des bekannten russischen Autorenfilmers Alexej German schloss 2001 sein Regie-Studium an der VGIK in Moskau ab. Das Drehbuch zu seinem ersten Film schrieb er selbst und verarbei- tete darin die Kriegserlebnisse aus seiner Familie. Er hat einen radika- len, pazifistischen Film in Schwarz-Weiß gedreht, der die Hilflosigkeit der in der Vernichtungsmaschinerie des Krieges eingespannten Menschen zum Ausdruck bringt. Ähnlich wie sein berühmter Vater Alexej German (Straßensperre/Proverka na Dorogach, 1985; Chrustalev, das Auto!/ Chrustalev, Maschinu!, 1998) und Alexander Sokurov gestaltete er eine völlig andere Art von Geschichtsfilm – experimentell, mit Elementen des war. »Glatteis« ist der erste russische Film, der unverhohlen über das Thema Homosexualität spricht. Ursprünglich war das Drehbuch mit staat- licher Förderung als Teil des TV-Mehrteilers »Das russische Dekameron« entwickelt worden. Jedoch wurde das Exposé vom Auftraggeber mit der Begründung abgelehnt, es entspräche nicht den ethisch-moralischen Normen des russischen Fernsehens, so dass der Film unabhängig finan- ziert werden musste. Auch nach Fertigstellung fand sich kein Verleih in Russland. Der Regisseur, Drehbuchautor und Cutter Michail Braschinskij ist der erste Filmkritiker in Russland, der die Seiten wechselte. Er ist Autor von mehr als 800 Texten über das Kino und schrieb für führende rus- sische und internationale Publikationen. Von 1994 bis 2002 war er Russlandkorrespondent des Variety International Film Guide. Ein weiter bemerkenswerter Trend, der sich im jüngsten russischen Film beobachten lässt, ist die Wiederbelebung des in den 1960er und 70er Jahren in der ehemaligen Sowjetunion außerordentlich beliebten Genres des Frauen-Melodrams. Wen wundert es, dass es meistens Regisseurinnen sind, die sich von dieser Tradition inspirieren lassen. Der international wohl bekannteste Film dieses Genres ist Larissa Sadilovas »In Liebe, Lilja« (S ljubovju Lilja, 2002), der bereits auf vielen internationalen Festivals zu sehen war. Ein weiteres Beispiel ist das Regiedebüt von Vera Storozeva »Himmel, Flugzeug, Mädchen« (Nebo Samoljot Devuschka, 2002), ein Remake des Klassikers aus den 60ern, als hochstilisiertes FILM > Valeri Todorovski, Mein Stiefbruder Frankenstein 163 > < 164 Autorenfilms, die Katastrophen des 20. Jahrhunderts erforschend. Im Kontrast dazu ist der Film »Die Unsrigen« (Svoi, 2004) von Dmitrij Meshiev dem traditionellen Erzählkino verpflichtet. Er ist einer der her- ausragenden russischen Filme des Jahres 2004. Der Regisseur beleuchtet hier die Ereignisse des zweiten Weltkrieges aus einem für das russische Kino neuen Blickwinkel, indem er einen von der sowjetischen Ideologie zum Volksfeind Gestempelten zum Hauptprotagonisten und den drama- tischen Konflikt zwischen Antikommunismus und Vaterlandsliebe zum Hauptthema macht. »Die Unsrigen« ist großes Kino, einer der wenigen Filme über den Großen Vaterländischen Krieg, der ohne übertriebenes Pathos einerseits und Schwarz-Weiß-Malerei andererseits auskommt und zudem exzel- lent inszeniert, gespielt, fotographiert und geschnitten ist. Der 1963 in Leningrad geborene Dmitrij Meshiev lebt seit Anfang 1990 in Moskau und ist als ausgesprochen produktiver und vielseitiger Filmemacher bekannt, der seither bereits acht Filme realisiert hat. Der Umgang mit der Geschichte des Landes, die Verarbeitung der histo- rischen Erfahrungen auch über den Krieg hinaus ist ein wichtiges Thema, womit sich das russische Kino in der letzten Zeit sehr stark beschäftigt. Dazu gab es in den letzten Jahren zahlreiche Filme. Einen besonderen Platz nimmt das Spielfilmdebüt der Dokumentarfilmerin Marina Rasbezhkina, »Erntezeit« (Vremja Zatvy, 2003) ein. Eine beeindruckend fotografierte tragikomische Parabel, die rückblickend eine Geschichte aus den 1940ern erzählt, die die Tragik der bewegten Vergangenheit Russlands treffend zum Ausdruck bringt. Mit einer Prise bitterer Ironie, aber voll Poesie und Liebe öffnet Marina Rasbezhkina mit Hilfe von Irina Uralskaja, deren wunderbare Kameraarbeit diesen lakonisch-schweren Film auch zu einem ästhetischen Genuss macht, einen ungewohnten Blick auf das dörfliche Leben der 40er Jahre. Es ist dies der Blick des Sohnes auf die Mutter und auf sich selbst als Kind, der eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart versucht und Fragen an die Zukunft aufwirft. Marina Rasbezhkina drehte zahlreiche, zum Teil preisgekrönte Dokumentarfilme, bevor sie mit »Erntezeit«, der im In- und Ausland von den Kritikern mit Lob überhäuft wurde, ihr Spielfilmdebüt gab. Sie steht damit stellvertretend für einen bemerkenswerten Trend. Gerade in den letz- ten zwei bis drei Jahren wechselten viele Dokumentarfilmer ihr Fach und versuchten sich – nicht ohne Erfolg – in der Spielfilmregie. Unweigerlich wurde dabei die Ästhetik des Dokumentarfilms in den Spielfilm einge- bracht. Interessanterweise suchen sich die »Dokumentaristen« ihre Themen oft in der Vergangenheit und der Zeitgeschichte, so auch dieses unglaubliche, ja absurde Geschehen um eine rote Fahne, das sich in den 40er Jahren tatsächlich zugetragen haben soll. Die alternative Moskauer Filmszene von heute blickt nicht nach Westen. Im krassen Gegensatz zur Spaßgesellschaft westlicher Prägung, die sowie- so nur für eine hauchdünne Schicht der »neuen« Russen Wirklichkeit ist, bringt diese neue Kunstszene, hervorgegangen aus der Video-Art- Bewegung der 90er Jahre, ästhetisch radikale Strategien in den neuen rus- sischen Film hinein. Stellvertretend für diese Entwicklung steht der Film »Staub« (Pyl´, 2005). Dieses unabhängige Projekt wurde zum Geheimtipp des Moskauer Filmfestivals des vergangenen Jahres. Trotz seiner relativ simplen und schnörkellosen Machart ist der Film sehr interessant und vielschichtig, wenn man ihn als eine bitterböse, aber aktuelle und treffende Karikatur der gesellschaftlichen Realität in Russland sieht. Inhaltlich anspruchsvoll und stilistisch eigene Wege beschreitend über- zeugt das Projekt vor allem durch seine Ästhetik. Es wurde von einer unabhängigen Künstlergruppe ohne jegliche staatliche Finanzierung rea- lisiert. Diese bemerkenswerte Low-Budget-Underground-Produktion, auf- genommen mit Digicam und Darstellern, die keine Profis jedoch durchweg Kultfiguren der alternativen Szene sind, fand auch international viele Anhänger und wurde von der Kritik sehr gelobt. Die jungen Moskauer Sergei Loban, Dmitrij Model und Marina Pota- pova, die die experimentelle künstlerische Vereinigung »Svoi2000« bil- den, beschäftigen sich seit einigen Jahren mit Video-Art und Film und sind Ende der 90er aus der berühmten russischen Video-Art-Bewegung »Für anonyme und kostenlose Kunst« hervorgegangen, die die Ästhetik des Proletkults und der sowjetischen Avantgarde kultivierte und spontane, uneigennützige künstlerische Aktionen durchführte. Sie erkannte jedem das Recht zu, Kunst zu machen und zu präsentieren. Das Symbol der Gruppe war das durchgestrichene Copyright-Zeichen. Der Regisseur des Films, Sergei Loban, absolvierte das Moskauer Institut für Elektronik und Mathematik bevor er sich in der alternativen Jugendkulturszene engagierte. Über die experimentelle Videokunst kam er zum Jugendfernsehen, wo er bei der Sendereihe »Ab 16 und älter« Regie führte – die turbulente Zeit machte es möglich. Im Russland der 90er Jahre, als die moderne Kunst aus dem Underground kam, begann eine regelrechte Invasion des massenmedialen Raums durch die Videokünstler. Gerade das Fernsehen eröffnete ihnen exzellente Möglichkeiten, ein brei- tes Publikum zu erreichen und ihre soziokulturellen und ästhetischen Positionen zu präsentieren. Mehrere Kunst-Projekte sind im Zuge der Demokratisierung des Mediums Fernsehen entstanden. So auch dieses Fernseh-Projekt der Künstlergruppe. Jedoch führten provokante Beiträge und Sujet-Sketche immer öfter zu Konflikten mit der Sendeleitung. Daraufhin beendete die Gruppe ihr Engagement in diesem Medium und wechselte zum Aktionismus, drehte Kurzfilme, organisierte die ersten rus- sischen Street-Parties und inszenierte im Theater. 2005 folgte mit »Staub« der erste abendfüllende Film, für Sergei Loban sein Spielfilmdebüt als Regisseur. Traditionell gilt Moskau als filmische Nachwuchsschmiede Russlands – zwei der führenden Filmhochschulen des Landes sind hier ansässig. Einen Eindruck von dem hohen Niveau der Ausbildung geben zwei Kurzfilmprogramme mit aktuellen Arbeiten von Moskauer Filmstudenten. FILM 165 > < 166 167 > Das erste Programm widmet sich der ältesten Filmschule der Welt, der 1919 gegründeten Staatlichen Filmhochschule für Kinematografie »Sergei Gerassimov« (VGIK). Viele herausragende sowjetisch-russi- sche und osteuropäische Regisseure haben ihre ersten Filme in den Moskauer VGIK-Studios gedreht. Ganze Generationen sowjetischer Filmschaffender, viele international anerkannte und zurzeit noch aktive Filmemacher absolvierten diese renommierteste russische Filmhochschule. Die VGIK bildet Studenten in den Fachbereichen Schauspiel, Regie, Tonregie, Filmgeschichte, Drehbuch, Kamera, Ausstattung, Animation, Computergrafik und Produktion für Film und Fernsehen aus. Es gibt kaum ein internationales Kurzfilmfestival, auf dem Studenten dieser Hochschule mit ihren Arbeiten nicht vertreten sind. Seit 1961 veranstaltet die VGIK ein internationales Studentenfilmfestival. Fünf Kurzspielfilme werden vorgestellt, Studien- und Abschlussarbeiten. Die Auswahl zeigt einen repräsentativen Querschnitt von studentischen Kurzfilmen aus den letzten drei Jahren, die stilistisch und thematisch zum Teil sehr unterschiedlich sind. Einige von ihnen wurden bereits auf natio- nalen und internationalen Festivals ausgezeichnet. Das zweite Programm widmet sich der Höheren Schule für Drehbuch und Regie. Sie gehört zu den ältesten Filmausbildungsstätten Russlands und feierte 2004 ihr 40-jähriges Jubiläum. Anders als im VGIK ist die Ausbildung hier als Aufbaustudium zu begreifen. Es setzt eine abgeschlos- sene Hochschulbildung voraus und die Studenten dieser Kurse verfügen meist über größere Lebenserfahrung und konkret gesteckte Ziele. Die zwei Jahre des intensiven Studiums sind sehr praxisorientiert und viele der Absolventen dieser Kurse gestalten heute das aktuelle russische Kino maßgeblich mit. Vier Arbeiten aus den letzten beiden Jahren vermitteln einen Eindruck von der hohen Ausbildungsqualität dieser Filmschule. Das Programm zu den diesjährigen Europäischen Kulturtagen lädt ein zu einer spannenden Entdeckungsreise durch den neuen russischen Film »Made in Moskau«. Gespräche mit den Regisseuren Aleksej German jr. und Sergei Loban, die zur Eröffnung anwesend sein werden, bieten über die Filme hinaus Gelegenheit, ästhetische und ökonomische Bedingungen des aktuellen russischen Kinos näher kennen zu lernen. Julia Kuniß (Kuratorin der Filmreihe) FILM > Sergei Loban, Staub < 168 Staub (Pyl‘) 2005, Regie: Sergei Loban mit Aleksej Podolskij, Pjotr Mamonov, Psoi Korolenko, Dimitrij Pimenov DVD, 107 Minuten, englische Untertitel Lesha Sergeiev ist 24, dicklich, kurzsichtig und ziemlich infantil. Dies ist auch kein Wunder, denn er wird noch immer von der ihn liebenden Oma rundum versorgt. Als ihn eines Tages zwei Geheimdienstler ansprechen und ihn auffordern, an einem mysteriösen Experiment‚ im Dienste der rus- sischen Wissenschaft teilzunehmen, stimmt er zu. Weder Zweck noch Art des Experiments werden deutlich, doch seine Nebenwirkungen verändern Lesha vollkommen. Für einen Moment sieht er sich verwandelt in einen schlanken, muskulösen Supermann – von nun an ist er besessen davon, diesen Glücksmoment noch einmal zu erleben, egal um welchen Preis. »Wir sind nichts: Staub, Atome«, sagt der Arzt, als Lesha ihn bittet, das Experiment zu wiederholen, und »je tiefer wir in einen Menschen eindrin- gen, desto weniger existiert er.« »Staub« ist eine Low-Budget-Produktion, die von Mitgliedern der experimentellen Künstlergruppe »Svoi2000« für knapp 3000 $ reali- siert wurde. Beim letzten Moskauer Filmfestival wurde Sergei Lobans Spielfilmdebut von der Kritik gefeiert nicht nur als ein innovatives künst- lerisches Experiment, sondern als wegweisendes Werk des jungen, unab- hängigen russischen Kinos. Der letzte Zug (Poslednij poezd) 2003, Regie: Aleksej German jr. mit Aleksei Devotchenko, Natalya Lvova, Aleksei Merkuryev, Pyotr Merkuryev 35mm, 82 Minuten, englische Untertitel Russland, deutsche Ostfront, Winter. Der Arzt Paul Fischbach kommt mit dem letzten Zug an der Front an – doch niemand weiß hier, wo die eigentlich noch verläuft. Alles ist in Auflösung begriffen, von einer mili- tärischen Ordnung kann keine Rede mehr sein. Fischbach trifft nur noch desolate Soldaten, die ihre Haut zu retten versuchen. Einzig ein altge- dienter Unteroffizier bleibt, mit ihm irrt Fischbach orientierungslos durch > Di, 25. April 2006 19 Uhr Sa, 29. April 2006 23.15 Uhr > Mi, 26. April 2006 19 Uhr > Do, 27. April 2006 17 Uhr So, 30. April 2006 19 Uhr FILM Schnee Schnee und Sturm, ständig in der Gefahr, von Partisanen erschossen zu werden. Schonungslos werden beide Seiten beim sinnlosen Töten wie beim grausamen Sterben gezeigt. Dabei ist der Arzt, wie aus den Gesprächen mit seinem Kameraden hervorgeht, von der Sinnlosigkeit des Krieges und dessen, was er hier tun soll, überzeugt. Das rettet ihn nicht vor der abso- luten Verlorenheit, die schließlich bewirkt, dass er in der weißen Hölle verschwindet. Der junge russische Regisseur Aleksej German jr. hat die Geschichte aus Erzählungen seiner Familie entwickelt: Verwandte von ihm sind von den Nationalsozialisten ermordet, andere aber auch gerettet worden. Bereits sein berühmter Vater bekam für seine ungewöhnliche – und lange Zeit von offizieller Seite nicht gebilligte – Sicht des Krieges (Straßensperre/ Proverka na Dorogach) große Aufmerksamkeit. Der Sohn hat seinen radi- kalen Antikriegsfilm in Schwarz-Weiß gedreht. Seine Darstellung des Krieges ist für russische Verhältnisse brisant, da er die Verteidigung des Vaterlandes nicht wie üblich als heldenhaft feiert, sondern die Hilflosigkeit der in die Mechanik der Vernichtung eingespannten Menschen zeigt. (nach: Deutsches Filminstitut) Mein Stiefbruder Frankenstein (Moi Svodnyi Brat Frankenstein) 2004, Regie: Valeri Todorovski mit Leonid Iarmol‘nik, Elena Iakovleva, Daniil Spivakovskii, Sergei Garmash 35mm, 111 Minuten, englische Untertitel In »Mein Stiefbruder Frankenstein« lässt der Regisseur den an Körper und Seele versehrten Soldaten Pavlik von der Front zurückkehren. Als er behauptet, der Sohn des Familienvaters Julik zu sein – ein Unfall aus Studententagen – gewährt eine bürgerliche Moskauer Familie dem Fremden Asyl. Eine Weile lebt es sich gut unter einem Dach. Dann aber wird immer deutlicher, wie nachhaltig sich der Krieg dieses Heimkehrers bemächtigt hat: ein Auge hat er verloren, mit dem anderen zu viel gese- hen, weshalb Pavlik den Gedanken an den allgegenwärtigen Feind auch in der Normalität des Moskauer Alltags nicht los wird. Als seine verwüstete Psyche zunehmend das Familienleben der Krymovs belastet, versucht sich die Familie verzweifelt des Außenseiters zu entledigen – vergeblich. > Sergei Loban, Staub > Valeri Todorovski, Mein Stiefbruder Frankenstein > Aleksej German jr., Der letzte Zug > Sergei Loban, Staub 169 > < 170 1950 in einer kleinen Kolchose. Die Mähdrescherfahrerin Tosja, die ihren kriegsinvaliden Mann und zwei Kinder zu versorgen hat, wird zur Heldin der sozialistischen Arbeit gekürt. Als Preis erhält sie die rote Wanderfahne, doch wird diese zu Hause von Mäusen angeknabbert. Um nicht vor Gericht zu kommen wegen unsorgsamen Aufbewahrens der Trophäe, muss die Fahne für immer bei ihr bleiben. Ab sofort kennt sie nichts anderes als nur die Arbeit. Mit einer Prise bitterer Ironie, aber voll Poesie wirft Marina Rasbezhkina einen ungewohnten Blick auf das dörfliche Leben der 40er Jahre. Die Geschichte wird aus der Sicht des Sohnes erzählt, und es ist der Blick auf die Mutter und auf sich selbst als Kind, der eine Brücke zwi- schen Vergangenheit und Gegenwart versucht und Fragen an die Zukunft aufwirft. Himmel, Flugzeug, Mädchen (Nebo Samoljot Devuschka) 2002, Regie: Vera Storozeva mit Renata Litvinova, Inga Strelkova-Oboldina, Dmitrij Orlov, Michail Jefremov 35mm, 90 Minuten, englische Untertitel Lara arbeitet als Stewardess bei einer russischen Fluggesellschaft. Ihr halbes Leben verbringt die junge, hübsche Frau auf Reisen, in anonymen Hotels und auf trostlosen Flughäfen. Die Rastlosigkeit ihres Berufslebens findet eine Entsprechung in Laras Beziehungen. Zwar wird sie von zahl- reichen Männern verehrt, doch für eine dauerhafte Bindung war Lara bis- lang noch nicht bereit. Sie glaubt an die »große Liebe«. Ihre emotionale Verletzlichkeit verbirgt sie hinter einer Aura der Unnahbarkeit. Das ändert sich, als sie Gregory kennen lernt, einen bekannten Fernsehjournalisten mit Aussicht auf eine große Karriere. Schon nach der ersten gemeinsamen Nacht weiß sie, dass er der Mann ihres Lebens ist. Aber ihre Gefühle ängstigen ihn. Erst als sie droht, ihn zu verlassen, wird Gregory sich seiner Gefühle für Lara bewusst. Doch es ist zu spät... "»Himmel, Flugzeug, Mädchen« ist ein von Vera Litvinova geschriebe- ner, produzierter und gespielter Aufbruch in eine neue Kinoform, bei der die Narrativstruktur des herkömmlichen Films einer inneren Dramaturgie > Do, 27. April 2006 19 Uhr > Do, 27. April 2006 21.15 Uhr Sa, 29. April 2006 17 Uhr > Fr, 28. April 2006 17 Uhr So, 30. April 2006 21.15 Uhr Die Unsrigen (Svoi) 2004, Regie: Dmitrij Meskhiev mit Konstantin Khabensky, Sergei Garmash, Mikhail Evlanov, Natalya Surkova 35mm, 100 Minuten, englische Untertitel August 1941: Die deutschen Truppen dringen immer weiter nach Osten vor. Drei russischen Gefangenen gelingt es, während des Marsches zum Gefangenenlager zu entkommen: Tolja, ein KGB-Mann, Lifshits, ein jüdi- scher Politoffizier und Mitja, ein Scharfschütze. Mitja kommt aus der Gegend, die die Deutschen besetzt halten – und so sind die drei gleichzei- tig im eigenen wie in Feindesland. Sie suchen Zuflucht bei Mitjas Vater Ivan, der, aus einem Arbeitslager zurückgekehrt, als Dorfältester mit den Deutschen kollaboriert und aus seinen antisowjetischen Ansichten keinen Hehl macht. Doch er versteckt die drei, weil sie zu »uns« gehö- ren. Ein großer Druck lastet auf den Männern, denn auch die örtliche Polizei, Marionetten in der Hand der Deutschen, sucht sie und nimmt Ivans Töchter gefangen, um die Soldaten zur Aufgabe zu zwingen. Im Zweiten Weltkrieg spielende Filme waren ein etabliertes Genre im sowjetischen Kino, mit durchaus nationalistischen Untertönen und klaren Fronten. »Die Unsrigen«, der beim Moskauer Filmfestival mit dem Großen Preis ausgezeichnet wurde, geht andere Wege: Die drei Entkommenen sind, ganz unheroisch, nur darauf bedacht, von Tag zu Tag ihr Überleben zu sichern. »Die Unsrigen« konzentriert sich darauf, die Auswirkungen des Krieges auf Menschen zu zeigen, die Entscheidungen treffen und Kompromisse machen müssen. Der grobkörnig und mit ausgewaschenen Farben fotografierte Film zeichnet ein komplexes Bild der Sowjetunion unter der Okkupation, in der sich die Grenzen von Freund und Feind und Gut und Böse verschoben haben. (nach: Deutsches Filminstitut) Erntezeit (Vremja Zatvy) 2004, Regie: Marina Rasbezhkina mit Vjacheslav Batrakov, Dima Ermakov, Ljudmila Motornaja, Dmitrij Dima Jakovljev 35mm, 67 Minuten, englische Untertitel FILM > Marina Rasbezhkina, Erntezeit > Dmitrij Meskhiev, Die Unsrigen > Vera Storozeva, Himmel, Flugzeug, Mädchen 171 > < 172 weicht, die, zuerst unscheinbar, aber dann immer dramatischer, den Abstieg einer jungen Frau in den Selbstmord beschreibt." (EIKK) Alte Frauen (Staruchi) 2003, Regie: Gennadij Sidorov mit Valentina Beresuzkaya, Galina Smirnova, Zoya Norkina 35mm, 100 Minuten, englische Untertitel In einem kleinen Dorf in der Nähe von Kostroma, aus dem alle jüngeren Menschen weggegangen sind, weil es keine Arbeit gibt, wohnen nur noch ein Dutzend alte Frauen. Sie warten meist umsonst auf ihre schmale Rente und müssen sich irgendwie ernähren. Der Tauschhandel blüht, es gibt einen engen Zusammenhalt. Als eine von ihnen stirbt, heben die anderen das Grab aus. Mit den Frauen lebt auch Mikolka, der am Downsyndrom leidet. Ab und zu kommt Major Fyodor mit einigen Soldaten von der nahe gelegenen Kaserne vorbei und bringt Leben in den Ort. Fast ausschließlich mit Laiendarstellerinnen gedreht, mutet der Film streckenweise dokumentarisch an. Eine Spielhandlung entwickelt sich, als sich eine Flüchtlingsfamilie aus Usbekistan im Ort niederlässt (von Tadschiken gespielt und in den Untertiteln nicht übersetzt). Die Frauen beobachten das zunächst mit großer Skepsis. Mikolka, der ihr fremden- feindliches Gerede über »diese Asiaten« für bare Münze nimmt, steckt schließlich das Haus an, in dem die Familie sich gerade eingerichtet hat. Von der menschlichen Tragödie bekehrt, entwickeln die Dorfbewohner doch noch ein freundschaftliches Verhältnis. Das Regiedebüt von Gennadij Sidorov sorgte beim größten russi- schen Filmfestival in Sotschi für viele Diskussionen und wurde mit vier Hauptpreisen ausgezeichnet. Nahezu ausnahmslos mit Laiendarstellern und ohne Drehbuchvorlage entstanden, vermittelt der Film fast dokumen- tarische Eindrücke vom ländlichen Leben in Russland. Filme der Staatlichen Filmhochschule VGIK Fleisch (Mjaso) 2002, Regie: Slawa Ross 35 mm, schwarzweiß, 15 Minuten Das Leben ist grausam und hart und lässt für Liebe keinen Platz. Ein kleiner Junge muss erleben, wie seine Mutter für ein Stück Fleisch mit einem Fremden ins Bett geht. In der beliebten Retroästhetik gedreht, kehrt der Film in die schwere Nachkriegszeit zurück. Der Feigen Reisebegleiter (Poputschiki ingira) 2003, Regie: Jegor Anaschkin BetaSP, schwarzweiß, 10 Minuten Eine Reiseskizze als beeindruckende Charakterstudie. Ein Kadett kehrt aus dem Urlaub mit dem Schnellzug nach Moskau zurück. Auf einem Provinzbahnhof steigt eine Frau mit einem Kind und einer großen Kiste in sein Abteil zu... Für Mama (Mame) 2002, Regie: Dusan Gligorov miniDV, 13 Minuten Roter Platz und Tretjakov-Galerie, die erste Liebe, Zukunftspläne – ein Tag im winterlichen Moskau, wie ihn ein junger Soldat auf Urlaub erlebt. Sein erstes Video sendet er der Mutter als Geburtstagsgruß. Spaziergang (Progulka) 2002, Regie: Julija Kolesnik miniDV Ljoschka und Katherina wohnten einst in derselben Straße und waren seit ihrer Kindheit befreundet. Dann musste Ljoschka zur Armee. Ein Tag vor Katherinas Hochzeit taucht er plötzlich auf und sie machen einen Spaziergang… > Fr, 28. April 2006 19 Uhr So, 30. April 2006 17 Uhr > Fr, 28. April 2006 21.15 Uhr FILM > Gennadij Sidorov, Alte Frauen > Slawa Ross, Fleisch > Jegor Anaschkin, Der Feigen Reisebegleiter > Dusan Gligorov, Für Mama 173 > < 174 Angst (Strach) 2004, Regie: German Djukarev BetaSP, Farbe, 14 Minuten, englische Untertitel An einem dunklen und verregneten Abend versucht ein Reisender auf einer kleinen Bahnstation irgendwo in den Weiten Russlands ein Taxi zu bekommen um ins nächste Dorf zu gelangen. Endlich findet er einen Mann, der bereit ist, ihn mitzunehmen. Doch irgendwie kommt ihm der Fahrer unheimlich vor und das Auto droht schon beim Starten auseinander zu fallen. Die nächtliche Fahrt führt durch einen dunklen Wald. Um sich Mut zu machen, erzählt der total verängstigte Reisende dem Fahrer von einer Pistole in seiner Tasche und von seinen Freunden, mit denen nicht zu spaßen sei. Nunmehr bekommt es der Fahrer mit der Angst zu tun… Nach der gleichnamigen Erzählung von Anton Tschechov, urkomisch und sehr gut inszeniert. Glatteis (Gololed) 2003, Regie: Michail Braschinskij mit Viktoria Tolstoganova, Ilja Schakunov, Konstantin Juschkevitsch 35mm, 70 Minuten, englische Untertitel "»Sie« ist eine junge erfolgreiche Anwältin. Wie gewöhnlich wird sie auch diesen Fall gewinnen. Ihr jetziger Klient ist prominent. Während er bereits seinen Sieg feiert, gelangt sie in den Besitz einer Audiocassette, die seine Schuld beweist. Die gleiche Leidenschaft, die sie in die Arme fremder Männer treibt, bringt sie dazu, ihren Fund gleichzeitig der Staatsanwaltschaft und den Vertretern des Klienten zu übergeben. Sie will niemanden erpressen; ihr geht es um das Spiel mit dem Zufall. Dann wird sie von allen Seiten bedroht. »Er« ist selbstsicher, arrogant, schwul. Er glaubt, alles über sich zu wissen und will eigentlich nur in Ruhe gelas- sen werden. Noch sind beide sich nicht begegnet und keiner kennt die möglichen Konsequenzen ihres Zusammentreffens. Es herrscht Glatteis auf Moskaus Straßen. > Fr, 28. April 2006 23.15 Uhr Sa, 29. April 2006 21.15 Uhr »Glatteis« wurde auf DV gedreht und dann mit großem Aufwand auf 35mm überspielt. Die digitale Technologie schafft eine Illusion der Dring- lichkeit der Ereignisse, eine Illusion des unmittelbaren Blicks, der nicht durch die Linse der Kamera getrübt wird. Diese visuelle Komponente ist von großer Wichtigkeit für die Geschichte, in der zwei Paar Kontaktlinsen eine entscheidende Rolle spielen. Der Schriftsteller Vladimir Sorokin hat wohl die treffendste Bemerkung über diesen Film gemacht. Er sagte, »Glatteis« sei ein Film über einen Virus, der durch Blickkontakt übertragen wird. Eine ziemlich erschöpfen- de Inhaltsangabe. Ich würde mir wünschen, dass der Zuschauer sich nach dem Film nicht die Frage stellt, ob der Film ihm gefallen hat, sondern sich fragt, was das überhaupt war; dass er den Film wie einen Verkehrsunfall erlebt, bei dem der Schuldige, der Film, Fahrerflucht begeht und man – vielleicht – blutend zurückbleibt." (Michail Braschinskij) FILM > Julija Kolesnik, Spaziergang > German Djukarev, Angst > Michail Braschinskij, Glatteis 175 > < 176 177 > Filme der Höheren Schule für Drehbuch und Regie Der Fischer (Balyksyt) 2005, Regie: Vjatscheslav Semenov miniDV, 24 Minuten Ein alter Fischer rettet einen jungen Mann aus dem Wasser und pflegt ihn gesund. Nach einiger Zeit kehrt der junge Mann zurück, doch den Alten findet er nicht mehr... Sehr schön fotographiert. Der Regisseur lässt sich viel Zeit, um Visuelles zu zelebrieren und benutzt dabei viele ethnographische Motive. Die Tür (Dver) 2004, Regie: Vladimir Kott DVD, schwarzweiß, 20 Minuten, ohne Dialoge Ein Mann ist einen Tag lang mit einer Tür unterwegs... Stilistisch und dramaturgisch erinnert der Film sehr an Polanskis »Zwei Männer und ein Schrank«. Initiation (Posvjaschenije) 2004, Regie: Roman Filippov BetaSP, 14 Minuten Auf dem Weg zur Musikschule begegnet ein fünfjähriger Junge einer Bande von Straßenkindern. Den ganzen morgigen Tag (Ves zavtraschnij den´) 2004, Regie: Tatjana Jankevitsch BetaSP, 33 Minuten Sie sind beide verheiratet, aber nicht miteinander. Er trifft sie am Bahnhof, sie sind leidenschaftlich verliebt. Sie fahren weg aus Moskau in eine kleine Provinzstadt. Dort kennt sie keiner, der ganze morgige Tag gehört ihnen. Doch ihre Liebe wird auf eine harte Probe gestellt. > Sa, 29. April 2006 19 Uhr FILM > Vjatscheslav Semenov, Der Fischer (oben) > Roman Filippov, Initiation (unten) > Vladimir Kott, Die Tür > Tatjana Jankevitsch, Den ganzen morgigen Tag < 178 Müssen sich die Beziehungen eines Unternehmens zur Kunst auf die Bilder beschränken, die an den Wänden hängen? Beweist ein Unternehmen bereits Kultur, wenn es diese sponsort? Ein Kulturschaffender und Ausstellungsmacher muss über ausgeprägte und unternehmerische Fähigkeiten verfügen und ein Unternehmer sollte starke kulturelle und kreative Seiten zeigen. So sehr eine kulturell fruchtbare Tätigkeit den schöpferischen Elan benö- tigt, so sehr benötigt ihn auch die Wirtschaft. So ist aus meiner Sicht ein umfassendes kulturelles Engagement unternehmerisch notwendig. Die 18. Europäischen Kulturtage Karlsruhe 2006 bieten erneut mit Kunst, Film, Theater, Musik und Literatur eine breite Vielfalt. Vor diesem Hintergrund fördert die Karlsruher Versicherungsgruppe die Europäischen Kulturtage Karlsruhe. Ich freue mich auf die kommenden Begegnungen im Rahmen der geplan- ten kulturmedialen Veranstaltungen und wünsche den Organisatoren und allen Mitwirkenden viel Erfolg und wie in den Vorjahren ein aufgeschlos- senes und hochinteressiertes Publikum. Dr. Bernhard Schareck Vorstandssprecher der KARLSRUHER VERSICHERUNGEN Seit vielen Jahren ist die Privatbrauerei Hoepfner Partner und Förderer der Europäischen Kulturtage. Mit positivem Denken und Handeln haben wir in den vergangenen Jahren frischen Wind in die alten Mauern der Hoepfner Burg gebracht. Unsere Strategie heißt dabei Qualität, Kontinuität und Partnerschaft, um auch im künftigen Wettbewerb beste- hen zu können. Vielleicht passen die Europäischen Kulturtage ja auch deshalb so gut zu uns, weil dieses hochkarätige kulturelle Ereignis ebenfalls für eine solche Strategie steht: Kunst auf höchstem Niveau und ein innovativer Geist in einem Klima der Partnerschaft. Für die Qualität bei der Privatbrauerei Hoepfner stehen die Brauer, die Biere mit besonderem Geschmack brauen. Für die Qualität der 18. Europäischen Kulturtage 2006 Moskau in Karlsruhe einmal mehr die außergewöhnlichen Macher und Künstler. Das Sponsoring für ein solch bedeutendes Projekt lässt sich nicht nur in Zahlen messen, es muss auch Spaß machen – genau so sehen wir das Engagement der Privatbrauerei Hoepfner bei den Europäischen Kulturtagen – ein Engagement, das von Herzen kommt. Dr. Friedrich Georg Hoepfner Die Stadt Karlsruhe bedankt sich bei den folgenden Firmen für die Unterstützung des Festivals: Privatbrauerei Hoepfner Karlsruher Versicherungen Sparkasse Knappe 1a Productions Das Festival ist Partner im Projekt 179 > < 180 8 > Fakultät für Architektur der Universität Karlsruhe E 6 des Kolleggebäudes am Ehrenhof 1-5 S1/S11, S2, S4, S5 Kronenplatz/Universität Parkleitsystem: Zentrum Nord Kronenplatz 9 > Galerie Alfred Knecht Baumeisterstr. 4 2, 5 S1/S11, S4 Ettlinger Tor / Staatstheater Parkleitsystem: Kongresszentrum Staatstheater 10 > Galerie Rottloff Sophienstr. 105 1 Sophienstraße 11 > GEDOK Künstlerinnenforum Markgrafenstr. 14 1- 5 S1/S11, S2, S4, S5 Mendelssohn- od. Kronenplatz Parkleitsystem: Zentrum Nord Kronenplatz 30 10 28 20 23 9 24 15 1 225 2117 11 8 2 25 7 4 3 6 18 16 26 27 29 12 19 13Kriegsstraße B10 Durlacher Allee Kaiserallee S tr aß e K ar ls tr aß e Ad en au er rin g Schlachthausstr. Br au er st ra ße Zirkel Kaiserstraße Yo rck str aß e R ei nh ol d- Fr an k- S tr aß e Ka pel len str . Schloss Kriegsstraße B10 E tt lin ge r Mathystraße B10 Haid-und-Neu-Str. Hbf Am Rüp purrer S chloss R üp pu rr er S tr aß e Stu ttg art er Str aß e Baumeisterstr. E rl en w eg Pulverhausstraße Joachim-Kurzaj-Weg Sc hw im m sc hu lw eg Lo re nz st ra ß e 1 > Albert-Schweitzer-Saal Reinhold-Frank-Str. 48 a 1- 3, 6 S1/S11, S2, S5 Mühlburger Tor 2 > Badischer Kunstverein Waldstr. 3 1, 3, 4, 6 S1/S11, S2, S5 Europaplatz od. Herrenstr. Parkleitsystem: Zentrum Nord Karstadt am Zirkel 3 > Badisches Staatstheater Baumeisterstr. 11 2, 5 S1/S11, S4 Ettlinger Tor / Staatstheater Parkleitsystem: Kongresszentrum Staatstheater 4 > Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Am Künstlerhaus 47 3 Mendelssohnplatz Parkleitsystem: Zentrum Nord Kronenplatz A t s y t y b t s y b A t s y b N K N 5 > Centre Culturel Franco-Allemand Kaiserstr. 160 - 162 1- 4, 6 S1/S11, S2, S5 Europaplatz Parkleitsystem: Zentrum West Breuninger 6 > Christuskirche Riefstahlstr. 2, am Mühlburger Tor 1- 3, 6 S1/S11, S2, S5 Mühlburger Tor Magdeburger Haus / Kaiserallee 11 7 > Ev. Stadtkirche am Marktplatz 1- 5 S1/S11, S2, S4, S5 Marktplatz Parkleitsystem: Zentrum Süd Marktplatz A t s y b A t s y b t s y b s t s y b K t y N 14 Kaiserallee Luisenstraße Leopoldsplatz Lichtentaler Lichtentaler Str. Allee Baden-Baden 12 > Gorodki-Anlage Oberreut Joachim-Kurzaj-Weg 5 1 50, 62 Hardecksiedlung 13 > Hochschule für Musik Am Schloss Gottesaue 7 1, 2 S4, S5 Gottesauer Platz 14 > Hotel Steigenberger Europäischer Hof Kaiserallee 2, Baden-Baden 201, 204-208, 214-216, 218, 243-245 Baden-Baden, Leopoldsplatz 15 > INSEL (Badisches Staatstheater) Karlstraße 49b 2, 4, 6 Karlstor 16 > Jubez Jazzclub u. Theater »Die Spur« Kronenplatz 1 1- 5 S1/S11, S2, S4, S5 Mendelssohn- od. Kronenplatz Parkleitsystem: Zentrum Nord Kronenplatz 17 > Kaffeehaus Schmidt Kaiserallee 69 2, 3 S1/S11, S2, S5 Yorckstraße 18 > Konzerthaus Festplatz 9 2, 5 S1/S11, S4 Kongresszentrum od. Konzerthaus Parkleitsystem: Kongresszentrum Kongresszentrum 19 > Kulturzentrum Tollhaus Schlachthausstr. 1 1, 2 S4, S5 Tullastraße 20 > marotte Figurentheater Kaiserallee 11 1- 3, 6 S1/S11, S2, S5 Mühlburger Tor Magdeburger Haus 21 > Modehaus Schöpf am Marktplatz 1- 5 S1/S11, S2, S4, S5 Marktplatz Parkleitsystem: Zentrum Süd Marktplatz 22 > PrinzMaxPalais Literaturhaus und Das Kino im PrinzMaxPalais Karlstr. 10 1- 4, 6 S1/S11, S2, S5 Europaplatz Parkleitsystem: Zentrum West Breuninger 23 > Privatbrauerei Hoepfner Schalander Haid-und-Neu-Str. 18 4 Hauptfriedhof 24 > Roncalli-Forum Karlstr. 115 (Kolpinghaus) 2, 4 Kolpingplatz 25 > Stephanssaal Ständehausstr. 4 1, 3, 4 S1/S11, S2, S5 Herrenstraße Parkleitsystem: Zentrum Süd Karstadt od. Friedrichsplatz 26 > SWR Studio Karlsruhe Sendesaal Kriegstr. 166-172 2, 4, 6 Karlstor Parkleitsystem: Zentrum West 27 > Universität Karlsruhe (TH) Kaiserstr. 12 1-5 S1/S11, S2, S4, S5 Kronenplatz/Universität Parkleitsystem: Zentrum Nord Kronenplatz 28 > Volkshochschule Kaiserallee 12 e 2, 3 S1/S11, S2, S5 Yorckstraße 29 > Wohnstift am Rüppurrer Schloss Erlenweg 2 S1/S11 Schloss Rüppurr 30 > ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Lorenzstr. 19 6 ZKM ZKM A t s y b A t s y A t y A t s y A s y A t y b A t s y b W A t s y b s t y W A t s y b s t s y b N A t y W t s y b t s y b N A t b y A t s y A b y A t y A t s y b N t s y A t s y b K info A t s b y b s W Bildlegende behindertengerechter Zugang Tram S-Bahn Bus Haltestelle Parkleitsystem Parkhaus N K 181 > < 182 Kartenvorverkauf Der Vorverkauf beginnt am 15. Februar 2006. Für Veranstaltungen, die mit gekennzeichnet sind, erhalten Sie Karten an allen CTS-Eventim-Vorverkaufsstellen (s.u.). oder bei www.eventim.de CTS-Eventim Hotline (01805) 57 00 00 (0,12 D / Min.) Für alle anderen Veranstaltungen erhal- ten Sie Informationen und Karten unter den im Programmteil angegebenen Telefonnummern. Ermäßigte Preise gelten gegen Vorlage eines gültigen Ausweises an der Abendkasse für Schüler, Studenten, Schwerbehinderte, Rentner, Helfer im freiwilligen sozialen Jahr, Arbeitslose, Wehr- und Zivildienstleistende. Die Abendkasse öffnet jeweils 1 Stunde vor Beginn der Veranstaltung. Vorverkaufsstellen Badisches Staatstheater Karlsruhe Baumeisterstr. 11, 76137 Karlsruhe Kassenöffnungszeiten: Mo bis Fr: 10 – 13 Uhr u. 16 – 18.30 Uhr Sa: 10 – 13 Uhr Telefonischer Vorverkauf: Mo bis Fr: 10 – 18.30 Uhr bzw. bis zum Beginn der Abendveranstaltung Sa: 10 – 13 Uhr Telefon: (0721) 93 33 33 Telefax: (0721) 3 55 73 46 E-Mail: kartenverkauf@bstaatstheater.de Karlsruhe Karlsruhe Stadtinformation Karl-Friedrich-Str. 9, Tel. (0721) 37 20 21 79 Musikhaus Schlaile Kaiserstr. 175, Tel. (0721) 2 30 00 Ticketoffice im Hauptbahnhof Tel. (0721) 3 84 87 72 Touristinformation Bahnhofsplatz 6, Tel. (0721) 37 20 53 83 Ticketforum Postgalerie Kaiserstr. 217, Tel. (0721) 16 11 22 Baden-Baden Ticket-Service im i-Punkt Kaiserallee 3, Tel. (07221) 93 27 03 Bretten Stadtinformation Marktplatz 12, Tel. (07252) 95 76 20 Bruchsal Bruchsal Tourismus Am Alten Schloss 22, Tel. (07251) 5 05 94 60 Bühl Bürgerhaus Neuer Markt Europaplatz, Tel. (07223) 93 16 11 Ettlingen TUI ReiseCenter der Sparkasse Marktplatz 1, Tel. (07243) 701-701 Frankfurt Frankfurt Ticket Hanauer Landstr. 417, Tel. (069) 1 34 04 00 Heidelberg Rhein-Neckar-Zeitung Hauptstr. 23, Tel. (06221) 16 30 83 Zigarren Grimm am Bismarckplatz Sofienstr. 11, Tel. (06221) 2 09 09 Heilbronn Heilbronn Marketing Kaiserstr. 17, Tel. (07131) 56 41 01 Heilbronner Stimme Allee 2, Tel. (07131) 61 57 01 info 183 > < 184 Impressum Herausgeber: Stadt Karlsruhe, Kulturamt und Badisches Staatstheater Karlsruhe Stadt Karlsruhe, Kulturamt Kulturreferent Dr. Michael Heck Festivalleitung und Programmgestaltung: Susanne Laugwitz M.A. Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Organisation: Claudia Lahn M.A. Gabi Glutsch Anna-Renate Sörgel Martha Banasch B.A. Info-Telefon: (0721)133-4033 Telefax: (0721)133-4009 E-Mail: susanne.laugwitz@kultur.karlsruhe.de claudia.lahn@kultur.karlsruhe.de gabriele.glutsch@kultur.karlsruhe.de anna-renate.soergel@kultur.karlsruhe.de Badisches Staatstheater Karlsruhe Generalintendant Achim Thorwald Verwaltungsdirektor Wolfgang Sieber Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Organisation: Dr. Jörg Rieker Simone Voggenreiter Petra Clemens Ingeborg Falke Gastspielkoordination: Sabine Bergmann M.A. Wolfgang Hilsenbek Info-Telefon: (0721)3557-122 oder -232 Telefax: (0721)373223 E-Mail: pressestelle@bstaatstheater.de Gestaltung: Susanne Saenger, Karlsruhe Druck: Engelhardt & Bauer, Karlsruhe Kaiserslautern Tourist Information Willy-Brandt-Platz 1, Tel. (0631) 3 65 23 16 Landau/Pfalz Fish´n´Jam Ticket-Center Ostbahnstr. 26, Tel. (06341) 8 58 34 Ludwigshafen Tourist-Information am Berliner Platz Ludwigstr. 6, Tel. (0621) 51 20 35 Mannheim Capitol Waldhofstr. 2, Tel. (0621) 4 01 71 40 Mannheimer Morgen Kapuzinerplanken O6 1, Tel. (0621) 17 85 88 30 SAP Arena Xaver-Fuhr-Str. 150, Tel. (0621) 18 19 03 28 Pforzheim Sparkasse Pforzheim Poststr. 3, Tel. (07231) 1 44 24 42 Rastatt Ticket- und Konzertservice Kapellenstr. 20-22, Tel. (07222) 78 98 00 Schwetzingen Schwetzinger Zeitung Carl-Theodor-Str. 1, Tel. (06202) 20 57 21 Stuttgart Millennium Hotel and Resort SI-Centrum Plieninger Str. 100, Tel. (0711) 7 21 21 07 Ticket Center im Breuninger, Marktstr. 1-3, Tel. (0711) 2 11 15 40 Touristinformation Königstr. 1a, Tel. (0711) 2 22 82 39 Welcome Center Flughafen Terminal 3, Eb.2, Tel. (0711) 2 22 82 39 185 >
https://web3.karlsruhe.de/Kultur/EKT/EKT2018/media/docs/programme/2006_programm%20.pdf
Broschüre_Der Grüne Fächer.indd DER GRÜNE FÄCHER PARKS UND GRÜNANLAGEN IN KARLSRUHE Stadt Karlsruhe Gartenbauamt 2 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 3 VORWORT Es ist kein Geheimnis, dass Karlsruhe viel Grün zu bieten hat, im Gegenteil, dies ist fester Bestandteil des Images unserer Stadt. Mit über 1.000 Hektar öffentlichen Parks, Grünanlagen und grünen Plätzen – darin sind Sportanlagen, Kleingärten und Friedhöfe noch nicht einmal enthalten – fi ndet jede Bürgerin und jeder Bürger in Wohnungsnähe ein Stück Freiraum für den täglichen Spaziergang oder die Wochenendfreizeit. Rund 400 Spielplätze ergänzen dieses Angebot für die junge Generation. Unser Stadtgrün hat viele Gesichter: Da sind gärtnerisch anspruchsvoll gestaltete Parks wie die Gärten am Schloss, der Schlossplatz, der Zoologische Stadtgarten, die zum Spazieren und Verweilen einladen oder die Günther-Klotz-Anlage und der Otto-Dullenkopf-Park mit viel Raum für Spiel und sportliche Aktivitäten. Dazu gehören aber auch die vielen kleinen Plätze, von denen aus sich gut das rege städtische Treiben betrachten lässt, das Albgrün von Rüppurr bis zur Mündung in den Rhein, das zu mehr Bewegung anregt und der Zugang zum Rheinufer über den Landschaftspark Rhein. Nicht zu vergessen sind die vielen feineren Verzweigungen unseres Grünfl ächensystems, die die Siedlungsfl ächen gliedern, den „grünen Fächer“ ergänzen und Verbindungen zwischen dem wohnungsnahen Grün sowie den umgebenden Wäldern und Fluren schaffen. Dekorative Arrangements mit Sommerblumen bis hin zu den naturnahen Uferzonen von Alb und Pfi nz und den Obstwiesen im Siedlungsgrün der ländlichen Stadtteile zeigen das weite Spektrum der vielfältigen Gestaltung und Pfl ege unserer Karlsruher Grünfl ächen. Die Broschüre beschreibt Geschichtliches, Eigenart und Ausstattung einer weit gestreuten Auswahl Karlsruher Parks und Anlagen. Sie soll ermuntern, neben der gut bekannten Grünfl äche vor der eigenen Haustür auch einmal interessante Freiräume anderer Stadtteile kennenzulernen. Bei dieser Erkundung des Stadtgrüns wünsche ich den Leserinnen und Lesern recht viel Vergnügen. Dr. Frank Mentrup Oberbürgermeister GARTENBAUAMT | 3 INHALTSVERZEICHNIS Karlsruhe, die grüne Stadt 6 Gärten am Schloss 8 Schlossplatz und Schlossgarten 10 Fasanengarten 11 Botanischer Garten 11 Gelände des Erbprinzengartens 12 Friedrichsplatz 12 Nymphengarten 13 Zoologischer Stadtgarten 14 Beiertheimer Wäldchen 18 Festplatz 19 Schlossgarten Durlach 20 Alter Friedhof 22 Theaterplatz 23 Südstadt-Grünzug 24 Hildapromenade 25 Lina-Sommer-Anlage 26 Haydnplatz 26 Ehemalige Dragonerkaserne 27 Fliederplatz 27 Lindenplatz in Mühlburg 28 Sonntagplatz 29 Nottingham-Anlage 30 ZKM-Grünzug 31 Otto-Dullenkopf-Park 32 Stadtpark Südost 34 Schmallen 35 Günther-Klotz-Anlage 36 Albgrün 38 Kirchfeld Nord mit Siegfried-Buback-Platz 40 Grünzug Knielingen 41 Landschaftspark Rhein 42 Turmbergterrasse 43 Stadtplan 45 Impressum 48 4 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 5 www.karlsruhe.de 6 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 7 KARLSRUHE, DIE GRÜNE STADT DIE GRÜNE STADT Kaum ein Besucher unserer Stadt, ob in einer Gruppe, einer Delegation aus Ost oder West, als Geschäftsmann oder einfach als Freund aus einer anderen Stadt, der nicht spontan über das schöne Grün ins Schwärmen geriete. DIE GRÜNEN ACHSEN Sie wollen Karlsruhe durchqueren, ohne „die Stadt“ zu berühren, auf „grünen Wegen“ sozusagen? Von ein paar „Schrittsteinen“ abgesehen schaffen Sie das auf zwei Achsen: Von Süden nach Norden: Durch den Oberwald, das Beiertheimer Wäldchen, den Stadtgarten und Festplatz, dann einen kleinen Sprung über den Marktplatz, und weiter geht`s mit Schlossplatz, Schlossgarten, Fasanengarten, Hardtwald bis nach Graben-Neudorf, wenn Sie soweit wollen. Von Süden nach Westen durch das Albgrün: Von den Rüppurrer Wiesen an Weiherfeld vorbei, über die Bahn, an Bulach und der unter Grün versteckten Südtangente entlang, durch die Günther-Klotz-Anlage nach Mühlburg und Grünwinkel, zur Albsiedlung bis Daxlanden und weiter am Rheinhafenbad vorbei, Knielingen rechts liegen lassend bis an den Knielinger See und zum Rhein. DIE GRÜNE GESCHICHTE Jeder unserer Gärten hat seine Geschichte, aber einen klassisch geschichtlichen Garten – unverändert in seiner ursprünglichen Gestalt – besitzen wir nicht. Doch Entstehungs- zeit, Nutzung und Gestalt spiegeln durchaus die Geschichte: von den fürstlichen Gärten (bis in die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts waren diese dem Volk kaum zugänglich) für Botanik, Vergnügen und Jagd über die „Flaniergärten“ der Bürger bis zu den Freizeitanlagen unserer Tage. Auch die Gestaltung der Anlagen spiegelt die Zeit: von ornamentalen Bepfl anzungen zum landschaftsnahen „Englischen Garten“ bis zum „Erlebnisgrün“. DIE DEMOKRATISIERUNG DER GÄRTEN 1897 schrieb Stadtgartenverwalter Ries: „Städtische öffentliche Anlagen waren (zirka bis 1870) so gut wie unbekannt. Seither ist aber die ästhetische und gesundheitliche Notwendigkeit eingesehen, eine möglichst große Anzahl im ganzen Stadtgebiet verteilter gärtnerischer Anlagen und Schmuckplätze zur jederzeitigen unentgeltlichen Benützung der Bevölkerung zu stellen. Die städtische Verwaltung hat in richtiger Erkenntnis, dass gärtnerische Anlage kein Luxus, sondern ein Bedürfnis für das Allgemeinwohl sind, in den letzten Dezennien keine Mittel gescheut, diesem Bedürfnis Rechnung zu tragen.“ Bis die Vision von Friedrich Ries überall Wirklichkeit wurde, dauerte es noch Jahrzehnte. Erst vor wenigen Jahren wurden Rasenfl ächen in der Stadt und im Schlossgarten zum Begehen, Beliegen und Bespielen freigegeben: „Betreten verboten, die Obrigkeit“ gehört nun der Vergangenheit an. NICHT NUR ÄSTHETIK Unsere Parks und Gärten haben über die „ästhetische und gesundheitliche Notwendigkeit“ hinaus noch mehrere unsichtbare Vorteile, deren Wichtigkeit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: Sie spenden Schatten, sie kühlen die Umgebung an heißen Tagen um bis zu acht Grad Celsius, sie befeuchten die Luft durch Verdunstung, sie binden Staub und produzieren Sauerstoff, sie verarbeiten das Treibhausgas Kohlendioxid, sie schlucken Schall und speichern Regenwasser. Unsere Stadt ohne Parks und Gärten wäre eine hässliche, unwohnliche und ungesunde Steinwüste ... NICHT NUR GESUNDHEIT Ein gesunder Mensch ist nicht nur „nicht krank“: ein gesunder Mensch befi ndet sich in möglichst großer Harmonie mit sich, seinen Mitmenschen, seiner Arbeit, seiner Umwelt und der Natur. Doch wie kommt der Stadtmensch in Harmonie mit der Natur? Indem die Natur in die Stadt kommt. Zugegeben, die „naturnahe Stadt“ gibt es nicht: Stadt ist immer Gegenteil von Natur. Doch wir können diese „Betonier- und Bebauungswüste“ mit Natur menschlicher gestalten. Wer im Sommer bei Sonnenaufgang von einem Fest nach Hause geht, hört das köstlichste Frühkonzert unserer Singvögel. Man sitzt auf einer Bank beim alten Friedhof und ein neugieriges Eichhörnchen versucht herauszufi nden, ob wir Erdnüsschen in der Tasche haben, Hunderte von Tieren aller Art können wir nur beobachten, weil wir unsere Parks und Gärten haben. Wer kann schon in der Mittagspause schnell ins Umland fahren, um einem Schwalbenschwanz oder einer Elster, einer Spitzmaus oder einem großen Käfer zu begegnen? Und unsere Kinder in der Stadt haben ihre ersten Naturbegegnungen und -erfahrungen im städtischen Grün. Wer erinnert sich nicht an das fröhliche Quietschen bei der Jagd nach dem Schmetterling? DIE PFLANZEN IN DER STADT In der Stadt haben alle Lebewesen ihre Probleme: Die Luft ist durch Abgase belastet, die Temperatur ist höher als im Umland, Lärm und Staub kommen hinzu. Menschen und Tiere können, zumindest zeitweilig, ausweichen – die Pfl anzen müssen bleiben. So verwundert es nicht, dass einige Bäume, Sträucher, Stauden, Blumen die Stadt verlassen haben. Andere, besonders robuste Arten, fi nden wir deshalb in der Stadt häufi g: Das „Biotop Stadt“ bietet nur einer begrenzten Anzahl von Pfl anzenarten Überlebensbedingungen, was die Anzahl der Tierarten ebenso begrenzt. DAS GRÜN UND DAS GELD Sinkende Einnahmen der Städte verlangen Sparmaßnahmen. Doch es wären die Städte schlecht beraten, die an der imageträchtigen Grünsubstanz zu stark sparten. Grün ja oder nein ist die falsche Frage, das differenziert zu pfl egende Grün ist die intelligente Antwort. Die Stadt, die ihre Atmosphäre, ihren Freizeitwert und ihre Behaglichkeit aufgibt, gibt sich selbst auf. So reduziert Karlsruhe pfl egeintensives Grün wie „englischen Rasen“ und überführt es, soweit sinnvoll, in einfacher zu pfl egende Flächen, zum Beispiel Blumenwiesen, die nur wenige Male im Jahr gemäht werden müssen. So schön jedoch eine Wiese zum Anschauen ist: Wird sehr viel auf ihr gelaufen, gelegen, Ball gespielt, ist sie schnell am Ende. Diese Belastungen hält nur der intensiv gepfl egte Rasen aus, der oft geschnitten wird. Mit der wachsenden Stadt muss auch ihre grüne Infrastruktur wachsen. Das ausgewogene Verhältnis von Stein zu Grün bestimmt den Lebenswert einer Stadt und damit ganz wesentlich ihr Image. 8 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 9 GÄRTEN AM SCHLOSS Von der Fußgängerzone her nähert man sich über den Schlossplatz dem Ursprung Karlsruhes: Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach gründete 1715 mitten in seinem Jagdrevier das Schloss und damit die neue Residenzstadt. Südlich vor dem Hauptgebäude des Schlosses schob sich anstatt des damals üblichen Ehrenhofes der Privatgarten des Markgrafen zwischen Residenz und Siedlung. Seither hat dieses Areal, dessen Umriss annähernd einen Viertelkreis beschreibt, viele Wandlungen erfahren. Die heute existierenden vierfachen Lindenreihen um die Seitenbereiche wurden erstmals 1813 gepfl anzt. Ab 1870 entstand auf dem weitgehend leeren Paradeplatz in der Mitte eine repräsentative Schmuckanlage. Diese Funktion erfüllt der Platz nach diversen Veränderungen im Prinzip heute noch, wenn auch mit deutlich schlichteren Mitteln als im 19. Jahrhundert. Seit 2012 spiegeln sich die „Mythologischen Figuren“ des Barock-Bildhauers Ignaz Lengelacher in erhöhten Wasserstreifen. Die Rasenfl ächen dazwischen nutzen viele Erholungssuchende, darunter auch zahlreiche Studierende des nahegelegenen „Karlsruher Instituts für Technologie“. Die Schlossachse wird von zwei parallelen Staudenstreifen betont. In den heckenumschlossenen Seitenteilen kann man ruhiger und schattiger auf Bänken sitzen und dem Plätschern der Najadenbrunnen zuhören. Wer sich auf der Hauptachse bewegt und den Schlossgarten besuchen möchte, muss dem Hauptgebäude des Schlosses links oder rechts ausweichen. Etwas versteckt gewähren zwei Torbögen Zugang zur Parkanlage, die sich nördlich der Gebäude erstreckt. Ihr Grundgerüst stammt vom Ende des 18. Jahrhunderts, als sie von Hofgärtner Johann Michael Schweyckert dem damaligen Zeitgeschmack im Stil eines Landschaftsgartens angepasst wurde. Nach einer Periode der Vernachlässigung bot die Bundesgartenschau 1967 einen willkommenen Anlass, das Gelände komplett zu überarbeiten. Sichtachsen wurden freigeschlagen, ein neues Wegesystem geschaffen und die Bodenmodellierung entsprechend der Gesamtkonzeption überformt. Aus dieser Zeit sind Kunstwerke, Themenbereiche, Staudenpfl anzungen und der See in seiner jetzigen Form erhalten. Das beliebteste Überbleibsel der Gartenschau dürfte jedoch das „Bähnle“ sein. Von der rückwärtigen Schlossterrasse überblickt man die bei gutem Wetter reich bevölkerte zentrale Rasenfl äche. Jongleure üben, es wird Volleyball, Federball und Frisbee gespielt oder gepicknickt. Wenn man in Verlängerung dieser Rasenfl äche und des Sees den Schlossgarten nach Norden verlässt, bewegt man sich direkt von der Stadtmitte etwa13 Kilometer weit bis zur Gemeinde Graben-Neudorf durch geschlossenen Wald. Einen besseren Anschluss an die Landschaft haben nur wenige Städte zu bieten. Schon vor der Gründung der Stadt Karlsruhe hatte Markgraf Karl Wilhelm einen Wildpark an der Waldlichtung Bocksblöße, den späteren Fasanengarten, einzäunen lassen. Zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung reichte der Fasanengarten im Süden bis zur Kaiserstraße/Karl-Wilhelm- Straße, im Osten bis zum Klosterweg, im Norden bis zur Hagsfelder Allee/ Lärchenallee und kam auf stolze 75 ha. Aber die Stadt und die Universität fraßen sich mit der Zeit immer weiter in ihn hinein. Dennoch erlebt man ihn heute als großes innerstädtisches Waldstück mit einer Hauptachse, die eine wichtige Ost-West-Verbindung für Radfahrer und Fußgänger bildet. An dieser Achse liegt der Baukomplex des Fasanenschlösschens mit seinem exotischen Dekor des 18. Jahrhunderts. Ursprünglich wurde hier das Federvieh gezüchtet, das diesem Parkbereich zu seinem Namen verholfen hat. Nach diversen Nutzungen, zum Beispiel als Prinzenschule, beherbergt die geschichtsträchtige Baulichkeit heute das Forstliche Bildungszentrum. Auf einer Waldlichtung nordwestlich des Schlösschens erstreckt sich einer der größten Spielplätze der Stadt. Er enthält vielfältige Kletter- und Bewegungsangebote und diverse Wasserspielanlagen. Beim weiteren Erkunden des Fasanengartens wundert sich vielleicht der eine oder andere über die seltsamen Mulden und Hügel am Ende der Blickachse des Schlösschens. Die Mulden waren einst Tümpel, in denen die Markgrafen sogar Biber züchten ließen. Wenn man die Ost-West-Achse des Fasanengartens nach Westen weiter verfolgt und sich kurz hinter dem Schloss nach links wendet, gelangt man durch ein Backsteingebäude in den ehemals markgräfl ich-großherzoglichen Botanischen Garten. Dieser Bereich wurde im Rahmen der Gartenschau von 1967 wenig verändert. Sowohl die Wegeführung als auch die Bauten an der Nord- und Westseite entsprechen dem Zustand der Vorkriegszeit. Nur die botanischen Staudenpfl anzungen, das Kaphaus, die Gewächshäuser in der halbrunden Senke und die Gläser des Wintergartens fehlen heute. Stattdessen hängen von seinen freiliegenden gusseisernen Trägern im Herbst leuchtend rote Schleier aus wildem Wein herab. Der intensiv gepfl egte Botanische Garten mit seinen Wasserbecken, bunten Beeten, exotischen Bäumen und Kübelgewächsen bildet einen schmucken Vordergrund für die runderneuerten Gebäude des Bundesverfassungsgerichts an seinem Südrand. Gleichzeitig bietet er in umgekehrter Blickrichtung den Beschäftigten dieses Wahrzeichens der Bundesrepublik einen optischen Ruhepunkt. Schlossplatz Schlossplatz Fasanengarten Botanischer GartenDie Schlossgartenbahn 10 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 11 FASANENGARTEN 1714 – 1715 Errichtung eines einstöckigen, hölzernen Fasaneriehauses an der Stelle des heutigen Fasanenschlösschens und Einzäunung von 75 ha Wald für den Fasanengarten. 1764 Bau des heutigen Fasanenschlösschens (Architekt: Albert Friedrich von Keßlau) mit den beiden Pavillons: im Obergeschoss Wohnung des Fasanenmeisters, im Erdgeschoss Fasanenaufzucht. ab 1787 Umgestaltung des Fasanengartens im englischen Landschaftsstil durch Hofgärtner Johann Michael Schweyckert. Anlage des Biberparks nördlich des Fasanenschlösschens (Reste als Hügel und Mulden vorhanden). 1918 Öffnung des Fasanengartens für die Bürger nach der Flucht und Abdankung des Großherzogs. 1967 Bundesgartenschau in Karlsruhe: Umgestaltung des Fasanengartens und Neubau des „Spielzentrums“ durch die Landschaftsarchitekten Rombusch und de la Chevallerie | neuer Hirschbrunnen von Gartenarchitekt Wolfgang Miller. 2016 Generalsanierung und umfassende Neugestaltung des Spielbereichs. Hinweise zur Ausstattung des Spielplatzes: Rutschen, Seilbahn, Kletter- und Spielkombinationen, Wasserspielanlagen, Schaukeln, Fußball, Tischtennis SCHLOSSPLATZ UND SCHLOSSGARTEN Schlossplatz 1715 Stadtgründung durch Markgraf Karl Wilhelm von Baden- Durlach, Baubeginn des Karlsruher Schlosses (Architekt: Jacob Friedrich von Batzendorff, ab 1752 Albrecht Friedrich von Keßlau) mit drei Orangerien an der Achse des westlichen Schlossfl ügels. ab 1717 Der Lustgarten wird von den Gärtnern Berceon und Sievert angelegt. Ende 18. Jh. Umgestaltung des Schlossgartens im englischen Landschaftsstil durch Hofgärtner Johann Michael Schweyckert. 1856 – 1873 Überarbeitung des Schlossgartens und Anlage des Sees unter der Leitung von Garteninspektor Karl Mayer. 1901 Einweihung des Prinz-Wilhelm-Denkmals am westlichen Rand des Schlossgartens. seit 1919 Nutzung des Schlosses als Badisches Landesmuseum. 1944 Zerstörung des Schlosses bei einem Luftangriff. Im Krieg und in der Nachkriegszeit Nutzung des Schlossplatzes und Schlossgartens für den Anbau von Nahrungsmitteln. 1955 – 1966 Wiederaufbau des Schlosses. 1967 Bundesgartenschau in Karlsruhe: Unterführung des inneren Zirkels unter der Hauptachse | Neugestaltung des Schlossplatzes durch Jacques Sgard und Gilbert Samel (teilweise auf einer neu errichteten Tiefgarage) | Neugestaltung des Schlossgartens durch Johannes P. Hölzinger (Architekt), Herbert W. Dirks und Gottfried Kühn (Landschaftsarchitekten): Freilegung von Blickachsen, überarbeitete Bodenmodellierung, neues Wegesystem, Schlossgartenbahn, zahlreiche Wasserspiele und Kunstwerke. 1988 Neugestaltung des Schlossplatzes durch Bauer und Partner Landschaftsarchitekten. 2001 Majolika-Strahl aus blauen Keramikplatten zwischen Schlossturm und der Staatlichen Majolika-Manufaktur. 2012 Neugestaltung des Schlossplatzes durch Agence Ter. Schlossgarten Fläche des Schlossplatzes: 8,9 Hektar Ausstattung des Schlossplatzes: „Mythologische Figuren“ des Bildhauers Ignaz Lengelacher, entstanden 1760 – 1764 (mit zwei Ergänzungen von Emil Sutor 1966), 1782 aufgestellt, 1814 von Weinbrenner entfernt, 1967 wieder aufgestellt | Najadenbrunnen, entworfen von Joseph Kayser, ausgeführt von Aloys Raufer 1813 – 1817 | Großherzog-Karl- Friedrich-Denkmal, geschaffen 1840 – 1844 von Ludwig Michael Schwanthaler, ursprünglich in der Mitte des Schlossplatzes, seit 1967 an seiner heutigen Stelle | zwei Brunnen vor dem Schloss 1864 – 1865 von Karl Philipp Dyckerhoff | Taubenhaus | seit 2012 Spiegel- Wasserbecken, Staudenstreifen. Fläche des Schlossgartens: 21,9 Hektar Ausstattung des Schlossgartens: Seepferd-Brunnen, von Gabriel Grupello 1709 – 1716 (Kopie), versetzt 1824 | Hirschtor 1759 von Melchior Hugnest | Johann-Peter- Hebel-Denkmal von Friedolin Fechtig und Joseph Berckmüller 1835, versetzt 1967 | Hermann- und Dorothea-Gruppe von Carl Johann Steinhäuser 1863 – 1866 | Prinz-Wilhelm-Denkmal von Hermann Volz 1901 | Wassersäulen von Hermann Goepfert und Johannes P. Hölzinger 1967 | Keramik-Eulen von Eva Fritz-Lindner 1967 | See mit Wassergarten und Seeterrassen 1967 | „Schlossgartenbähnle“ 2,7 km lang | Kleinkinderspielplatz BOTANISCHER GARTEN 1808 Anlage des Botanischen Gartens an seinem heutigen Platz durch den Botaniker Carl Christian Gmelin. 1808 – 1819 Bau der ursprünglichen Gewächshäuser und des ersten Wasserbeckens. 1853 – 1857 Errichtung der heute erhaltenen Gebäude des Botanischen Gartens nach Plänen von Heinrich Hübsch: Orangerie, Glashäuser, Torbau und Bogen-Galerie. Ab 1868 Umbau der Gewächshäuser durch Karl Philipp Dyckerhoff und Joseph Berckmüller. Die Orangerie (heute von der Kunsthalle genutzt) hatte ursprünglich ein Glasdach. Der Wintergarten (heute gastronomisch genutzt) wurde jedes Frühjahr ausgeglast und jeden Herbst wieder eingeglast. 1944 Zerstörung der Glasfl ächen der Gewächshäuser. ab 1950 Anlegen von Rasenfl ächen anstatt der beschädigten botanischen Pfl anzungen. 1951 – 1956 Wiederaufbau einiger Gewächshäuser. 1965 – 1969 Bau des Bundesverfassungsgerichts (Architekt: Paul Baumgarten) an der Stelle des kriegsbeschädigten und schließlich abgerissenen Theaters von Heinrich Hübsch. 1967 Bundesgartenschau in Karlsruhe: Bestehende Anlage wird restauriert, das ehemalige Mühlburger Tor von 1817 wird am Nordrand aufgebaut. 2007 Erweiterungsbau des Bundesverfassungsgerichts (Schoelkamp Architektur). ab 2013 Sanierung der Gewächshäuser und des Torbaus durch Ruser+Partner Architekten, Helleckes Landschaftsarchitektur. Fläche: 2,4 Hektar Hinweise zur Ausstattung: Gewächshäuser, zwei Wasserbecken, Heckenrondell, Solitär-Exemplare exotischer Baumarten, Schmuckpfl anzungen, exotische Kübelpfl anzen, Gastronomie Ausstattung mit Kunstwerken: „Orest und Pylades“ von Carl Johann Steinhäuser 1863 – 1874 (aufgestellt 1914) | Plastik „Große Badende“ Christoph Voll um 1930 | Figurengruppe „Kinder mit Karpfen“ Wilhelm Kollmar 1939 12 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 13 NYMPHENGARTEN Der südlich des Naturkundemuseums gelegene Nymphengarten ist beschaulicher als der Friedrichsplatz. Das kommt allen zugute, die sich eine Pause abseits des Einkaufstrubels gönnen möchten. Alte Bäume und Rasenfl ächen, einige Sitzbänke und Steinblöcke prägen das Bild. Das Plätschern des Nymphenbrunnens übertönt angenehm alle störenden Geräusche. Die meisten, die hier sitzen, können sich sicher kaum vorstellen, dass die nackten Schönheiten aus Bronze im prüden 19. Jahrhundert bei einigen braven Bürgern Empörung hervorgerufen haben. Ein älteres Relikt ist die neben dem Sockel des Amalienschlösschens fast versteckte Sandsteintafel, in die Elisabeth Alexejewna, Tochter der badischen Erbprinzessin Amalie von Hessen-Darmstadt und Gemahlin von Zar Alexander I, 1814 das folgende melancholische Gedicht meißeln ließ: „Du kleiner Ort, wo ich das erste Licht gesogen, Den ersten Schmerz, die erste Lust empfand, Sei immerhin unscheinbar unbekannt, Mein Herz bleibt ewig doch vor allem dir gewogen, Fühlt überall nach dir sich heimlich hingezogen, Fühlt selbst im Paradies sich noch aus dir verbannt.“ Wer diese Zeilen liest, mag sich freuen, nicht von diesem schönen Ort verbannt zu sein. Durch seine Lage an einem großen Einkaufszentrum und an der Haupt-Fußgängerverbindung zwischen Stadtmitte und Südweststadt ist der Nymphengarten trotz seiner relativen Abgeschiedenheit im Bewusstsein der Karlsruher sehr präsent. GELÄNDE DES ERBPRINZENGARTENS FRIEDRICHSPLATZ Heute liegt der gesamte Bereich des ehemaligen Erbprinzengartens inmitten der Karlsruher City. Seine beiden Teile, die durch den Bau des Naturkundemuseums getrennt wurden, unterscheiden sich deutlich in ihrem Charakter. Trotz seiner bewegten Geschichte und einiger Umgestaltungen hat der Friedrichsplatz im Wesentlichen den Charakter eines repräsentativen Schmuckplatzes des 19. Jahrhunderts beibehalten. Das ist nicht nur der zeittypischen Architektur mit zurückhaltenden Nachkriegs-Ergänzungen und der vom ursprünglichen Konzept inspirierten Platzgestaltung, sondern auch der intensiven Pfl ege zu verdanken. Wechselnde Blumenarrangements in den rechteckigen Beeten ergänzen die Wirkung der historischen Fontäne mit Sandsteineinfassung. Zum Glück konnten beim Neubau der Tiefgarage viele der alten Bäume in den Randbereichen erhalten werden. Sie spenden Schatten und geben dem Platz eine räumliche Fassung. Kein Wunder also, dass sich hier sehr viele Menschen gerne aufhalten. Die Beliebtheit des Platzes ist durch die Erweiterung der Einkaufszone nach Süden noch weiter gestiegen. Hinzu kommen viele Veranstaltungen, die hier beispielsweise im Rahmen der Karlsruher Museumsnacht, der Weihnachtsstadt oder der Folkloria abgehalten werden. circa 1730 Anlage eines Gartens im französischen Stil zwischen Landgraben und der künftigen Erbprinzenstraße für den Erbprinzen Friedrich von Baden-Durlach mit einem Gartenhaus nach Plänen von Jeremias Müller. ab 1787 Umgestaltung des Gartens im englischen Stil durch Hofgärtner Johann Michael Schweyckert im Auftrag von Erbprinz Karl Ludwig. 1790 – 1801 Erweiterung des Gartens über die Erbprinzenstraße bis zur heutigen Kriegsstraße, Verbindung der beiden Gartenteile durch eine unterirdische Grotte nach Plänen von Friedrich Weinbrenner. 1801 Bau des Amalienschlösschens (im 2. Weltkrieg zerstört mit Ausnahme des Sockelgeschosses) für Amalie von Hessen- Darmstadt, die Witwe von Karl Ludwig, ebenfalls nach Plänen von Weinbrenner. ab 1865 Bau des „Naturalienkabinetts“ (heute staatliches Museum für Naturkunde) für die Großherzoglichen Sammlungen, geplant vom Großherzoglichen Hofbaumeister Karl Josef Berckmüller; dadurch Teilung des Erbprinzengartens in Nymphengarten und Friedrichsplatz. Der Friedrichsplatz ist nach dem Bauherrn des „Naturalienkabinetts“, Großherzog Friedrich I. von Baden (1826 – 1907) benannt. 1865 – 1869 Bebauung der Nord- und Ostseite des Friedrichsplatzes nach dem Vorbild eines Musterhauses (heute Baden- Württembergische Bank an der Nordwest-Ecke des Platzes mit Fassade von Berckmüller). Gleichzeitig Gestaltung des Friedrichsplatzes als repräsentative Schmuckanlage mit Fontänenbecken und Umzäunung der beiden durch die Erbprinzenstraße getrennten Hälften gemäß den Plänen von Berckmüller. 1891 – 1892 Anpassung des Nymphengartens an die neue Situation durch den städtischen Gartenbaudirektor Friedrich Ries. Errichtung des Nymphenbrunnens. 1957 Bau des Gebäudes der Handwerkskammer an der Nordseite des Friedrichsplatzes, entworfen von Erich Schelling, mit Weiterführung der Arkade des historischen Musterhauses. ab 1961 Bau eines Pavillons für die Badische Landesbibliothek durch das staatliche Hochbauamt Karlsruhe hinter dem Naturkundemuseum. 1965 – 1967 Umgestaltung des Friedrichsplatzes und des Nymphengartens durch Walter Rossow im Zuge der Bundesgartenschau, Versetzung des Nymphenbrunnens. 1975 Bau einer Tiefgarage unter dem Friedrichsplatz. 1976 Neugestaltung des Platzes nach einem Entwurf des Stadtplanungsamtes und Gartenbauamtes unter Wiederverwendung des historischen Fontänenbeckens. Aufhebung der Fahrbahn am nördlichen Platzrand. Hinweise zur Ausstattung: Auf dem Friedrichsplatz: Schmuckpfl anzungen | Fontänenbecken von Karl Mayer 1874 | Figur „springende Panther“ von Andreas Helmling Im Nymphengarten: Alte Solitärbäume | erhaltener Sockel des Amalienschlösschens, entworfen von Friedrich Weinbrenner | Gedenktafel 1814, ebenfalls von Weinbrenner entworfen | Nymphenbrunnen mit der Figurengruppe des Bildhauers Heinrich Weltring 1891 – 1992, 1965 versetzt. Friedrichsplatz Nymphengarten Nymphengarten 14 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 15 ZOOLOGISCHER STADTGARTEN Der Karlsruher Zoologische Stadtgarten wurde unter Denkmalschutz gestellt, weil er sich trotz seiner langen und wechselvollen Geschichte als hervorragend erhaltenes Zeugnis der Freiraumgestaltung der späten 1960er Jahre präsentiert. Anlässlich der Bundesgartenschau 1967 hat man den damaligen Bestand grundlegend überformt. Diese Prägung verleiht dem Park heute einen homogenen Gesamteindruck. Wenn man den Zoologischen Stadtgarten von Norden betritt, wo bis zum Bahnhofsneubau der historische Haupteingang lag, öffnet sich zunächst der Blick auf den Stadtgartensee. Gleich zur Linken könnte man in ein Bötchen der Gondoletta- Bahn steigen, aber wer etwas mehr vom Park erleben will, geht natürlich zu Fuß. Rechts, am westlichen Seeufer, betritt man zunächst den Rosengarten. An der Stelle einer früheren Jugendstilanlage wurde er zur Bundesgartenschau 1967 eingerichtet. Die Ausgestaltung des Grundrisses und der Gerüste für die Kletterrosen sind typisch für diese Epoche: Polygonale und fl ießende Formen, leichte Konstruktionen, offene Räume, schwingende Wege. Am Außenrand versteckt sich ein kleiner Spielplatz unter Bäumen. Manchmal hat man auch Gelegenheit, auf der benachbarten Seebühne ein Konzert mitzuerleben oder einer Märchenerzählerin zuzuhören. Im Übergang vom Rosengarten zum Japangarten entstand 2016 ein neuer Duft- und Tastgarten. Der Karlsruher Japangarten ist einer der ältesten in Deutschland. Nach der Öffnung Japans für Ausländer 1868 hatte ein reges Interesse für das fernöstliche Land eingesetzt. Viele deutsche Wissenschaftler bereisten es, darunter ein Karlsruher Arzt, der 1913 eine Steinlaterne und Samen mit nach Hause brachte. Gartenbaudirektor Ries entwickelte daraus die Anlage an der heutigen Stelle. Der nächste aus Japan zurückkehrende Arzt, Professor Gräff, organisierte Kontakte zur Stadt Nagoya, die 1927 Karlsruhe einen Shintô- Schrein mit zwei Löwenfi guren schenkte.1938 folgte ein weiteres Geschenk, eine dreizehnstöckige Pagode. Die roten Tore, japanisch „Torii“ genannt, baute man nach Plänen aus Nagoya. Für die Gartenschau wurde der renommierte japanische Landschaftsarchitekt Keiji Uyehara engagiert, dessen Trockengarten aus Kies und Felsblöcken (eine symbolische Landschaft) sich am Ufer des Stadtgartensees erstreckt. Ein weiterer Arzt, Professor Choei Ishibashi, dessen Name „Steinbrücke“ bedeutet, spendete eine solche. Diese Beiträge sorgen dafür, dass der Karlsruher Japangarten seinen Original-Vorbildern sehr nahe kommt. An der Wand des Aufl agers der Stadtgartenbrücke kann man das Keramik-Relief „Bremer Stadtmusikanten“ von Emil Sutor besichtigen, das ursprünglich den Tunnel unter der Tiergartenstraße zierte. Die Trennung durch den KFZ- Verkehr aufzuheben und stattdessen den Park unter einer großzügigen Fußgängerbrücke hindurchfl ießen zu lassen war ein Hauptverdienst der Bundesgartenschau. Jenseits der Brücke liegt das am besten erhaltene Relikt des „alten“ Stadtgartens: Die Wolff-Anlage von 1920. Ihr symmetrischer Grundriss und die Umgrenzung durch geschnittene Hecken sind noch erlebbar, wenn auch einseitig nach Osten geöffnet. Die früher vorhandenen üppigen Staudenbordüren, Formbäumchen und weißlackierten Treillagen sucht man allerdings heute vergeblich. Nur die Stele mit dem knienden Jüngling im Heckenrondell entspricht in etwa der Originalsituation. Von der Kaller-Anlage aus der gleichen Epoche blieb allein der Pavillon erhalten. Hinter dem Südeingang liegt gleich rechter Hand der Garten Baden-Baden, von der gleichnamigen Kurstadt anlässlich der Bundesgartenschau 1967 gestiftet. Sein wohl spektakulärstes Element ist die Glas-Kaskade, eine bis heute ungewöhnliche Materialverwendung. Von diesem Garten aus empfi ehlt sich die Besteigung des Lauterbergs, benannt nach Bürgermeister Wilhelm Florentin Lauter, der 1889 seinen Aufbau veranlasste. Der Zweck der massiven Erdbewegungen war die Unterbringung eines gigantischen halbkugelförmigen Wasserreservoirs, das 1977 aus Sicherheitsgründen verfüllt werden musste. Vom Gipfel hat man eine Panorama-Aussicht auf die ansonsten eher ebene Stadt. Der Lauterberg gehört zum Zoologischen Garten, dessen Tiergehege sich im Norden anschließen. Eine neue gärtnerische Errungenschaft in diesem Bereich, ein „vertikaler Garten“, ist an der Nordwand des Dickhäuter- Hauses zu bestaunen. Noch weiter nördlich sind tagsüber immer begeisterte Kinderstimmen vom großen Spielplatz mit der beliebten „Kinder-Autobahn“ zu hören, wo schnittige Sportwagen genauso gemächlich vor sich hin rollen wie Miniatur-Oldtimer. Den Streichelzoo erreicht man ganz in der Nähe des Nordeingangs, nachdem man den Waldstauden- und den Pergolengarten von 1967 passiert hat. Stadtgartensee Luftbild Zoologischer Stadtgarten Stadtgarten mit Gondoletta Elefantengehege Kaller Anlage Vertikaler Garten 16 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 17 1823 Das Sallenwäldchen wird von Garteninspektor Andreas Hartweg als Parkanlage ausgebaut; die „Sauschwemme“, eine gefl utete Kiesgrube, wird zum „Ludwigsee“ umgestaltet, zunächst Nutzung für Bootsfahrten, später für Gefl ügelzucht. Die benachbarte Schießwiese fl utet man im Winter zum Schlittschuhlaufen. 1824 Das Sallenwäldchen geht durch Grundstückstausch mit der Gemeinde Beiertheim in staatliches Eigentum über. ab 1865 Tiergarten in einem Teil des Sallenwäldchens. 1872 Die Stadt Karlsruhe pachtet das Sallenwäldchen und die Schießwiese vom Staat. Umgestaltung durch Garteninspektor Karl Mayer, Galatea-Brunnen aus Zementguss, Milchwirtschaft. 1875 – 1877 Bau der Festhalle (Architekt Josef Durm). Durch den Aushub für die Aufschüttung des Festhallen-Geländes entsteht der Stadtgartensee. 1877 Die Stadt übernimmt den Tiergarten vom privaten Trägerverein. Eingliederung der Stadthallen-Grünanlage, Benennung „Stadtgarten“, Erhebung von Eintrittsgeld. 1889 – 1893 Aufschüttung des Lauterbergs als Standort eines halbkugelförmigen Hochreservoirs für 3,2 Mio Liter Wasser, benannt nach Oberbürgermeister (von 1870 bis 1892) Wilhelm Florentin Lauter. Durch den Aushub entsteht der „Rennbahnsee“ mit einer umlaufenden Fahrradrennbahn (1896 abgerissen), später zu „Schwanensee“ umbenannt. 1894 Erweiterung des Stadtgartens nach Westen bis zur Bahnstrecke an der Beiertheimer Allee. 1899 Erstes Rosarium. 1905 Bau der von Stadtbaurat Strieder entworfenen Gartendirektion an der Ettlinger Straße (heute Zooverwaltung). 1913 – 1915 Flächengewinn durch die Bahnhofsverlegung und Abbau alter Gleisanlagen. Auf diesen Flächen werden der Japangarten nach Ideen von Gartendirektor Friedrich Ries und der Rosengarten angelegt. Der Architekt Wilhelm Vittali baut den Südeingang mit Kolonnaden sowie die westliche und östliche Grenzmauer. 1913 – 1915 Bau des Konzerthauses (Architekten Curjel und Moser). 1919 Die Kaller-Anlage wird vom Großkaufmann Julius Kaller gestiftet, gebaut nach Plänen von Architekt Friedrich Beichel und Gartendirektor Friedrich Scherer (heute nur Pavillon erhalten). 1920 Die Wolff-Anlage wird vom Fabrikbesitzer Friedrich Wolff gestiftet, Planung ebenfalls Friedrich Scherer. 1927 Der Shintô-Schrein (von Jutsujiro Yamada) mit Löwenfi guren (vonYasuke Araki), Geschenke der Stadt Nagoya, sowie die Torii-Pforten nach Bauplänen aus Nagoya werden im Japangarten errichtet. 1938 Pagode im Japangarten, ebenfalls ein Geschenk der Stadt Nagoya. 1952 – 1953 Abriss der kriegsbeschädigten Festhalle, Neubau der Schwarzwaldhalle (Architekten Erich Schelling und Ulrich Finsterwalder). 1952 – 1955 Bau des Tullabades im Sallenwäldchen, ebenfalls nach Plänen von Erich Schelling. 1966 Eröffnung der Nancyhalle, ebenfalls von Architekt Erich Schelling. 1967 Bundesgartenschau (Gesamtleitung: Robert Mürb und Walter Rossow). Einzelplanungen: Jürgen Klahn, Helmut Gerneth, Dietrich Heckel, Helmut Kirsch. Umwandlung der Tiergartenstraße in eine Fußgängerbrücke über den Park, Verbindung und Umformung der beiden Seen, Gondoletta, Umgestaltung und Erweiterung des Japangartens durch Prof. Keiji Uyehara, Abriss und Neubau des Rosengartens (Robert Mürb und Jürgen Klahn), Abriss und Neubau der Kaller-Anlage (außer Pavillon), Öffnung und Vereinfachung der Wolff-Anlage, Garten Baden-Baden, entworfen von Walter Rieger, Seebühne, geplant von Gernot Kramer, Christoph Blomeier und Hans-Georg Böhler, Spielplätze, „Kinderautobahn“, Modernisierung der Zoo-Gehege, Streichelzoo. 1977 Verfüllung des Hochreservoirs auf dem Lauterberg. 1980 Prof. Choei Ishibashi schenkt dem Japangarten eine Steinbrücke. 1990 Bau der Gartenhalle (Architekt B. Meyer). Neugestaltung des Spielplatzes am Sallenwäldchen. 2007 Wettbewerb Zooerweiterung. 2010 Brand im Streichelzoo, Neuanlage neben dem Nordeingang. 2012 – 2015 Realisierung des Umbaus des Tullabades zum Exotenhaus. 2014 Vertikaler Garten an der Erweiterung des Dickhäuterhauses. Fläche: 20,2 Hektar, davon 8,1 Hektar Zoo Hinweise zur Ausstattung: Themengärten, zahlreiche Aufenthaltsbereiche, Lauterberg als Aussichtshügel, Gondoletta, Seebühne, Gastronomie, Tiergehege, Spielplatz „Rosengarten“, Spielplatz „Sallenwäldchen“, „Kinderautobahn“ Ausstattung mit Kunstwerken: „Stier“ von Isidore-Jules Bonheur 1865, seit 1986 am heutigen Standort | Denkmal für Wilhelm Lauter von Hermann Volz 1892 – 1895 | „Hirtenmädchen“ (Hadumoth), Heinrich Weltring 1902 | „Flötenspieler“ (Audifax), Christian Elsässer 1906 – 1908 | „Der Steinwerfer“, Konrad Taucher 1909, 1944 im Stadtgarten aufgestellt | Kindergruppe mit Ziegenbock, Wilhelm Sauer 1916 | Kindergruppe mit Schwan (ursprünglich Kaller-Anlage), Otto Feist 1917 – 1919 | „liegende Flora“, Georg Schreyögg 1918 – 1919 | Keramikrelief „Bremer Stadtmusikanten“ von Emil Sutor 1921 – 1923 | „Kauernde“, Hermann Föry 1922, seit 1930 in der Wolff-Anlage | Brunnenstele von Robert Ittermann 1927 (in der Wolff-Anlage) | Friedrich-Ries-Denkmal, Heinrich Bauser 1927, aufgestellt 1967 | „Eva“, Christoph Voll 1931 – 1934 | „Jüngling“, Christoph Voll 1933 | „Sitzendes Mädchen“, Carl Egler um 1955 | Sonnenuhr als Weltzeituhr von Ernst Kibler 1967 Besonderheiten: Gartendenkmal, eintrittspfl ichtig Duft- und Tastgarten Rosengarten Stadtgarten Gondoletta Japangarten 18 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 19 BEIERTHEIMER WÄLDCHEN Entlang der Landstraße nach Beiertheim richtete die Obrigkeit schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts für die Bürgerinnen und Bürger Karlsruhes die erste öffentliche Promenade in dem dort vorhandenen Waldstreifen ein. Obwohl ringsherum nach und nach immer mehr Flächen bebaut wurden, blieb dieser Grünzug bis heute erhalten. Seine langgestreckte Form eignet sich hervorragend für Joggen, Nordic Walking, Spaziergänge mit Hund (ein Teil ist als Hunde-Freilauffl äche ausgewiesen) und natürlich mit Kinderwagen, unterbrochen von einem Stopp auf dem mittig gelegenen Spielplatz. Trotz der geringen Breite und des auf ganzer Länge parallel verlaufenden KFZ-Verkehrs schaffen die Sträucher, die den Rand abschirmen, und die Ausmuldung des Geländes einen Eindruck von Geborgenheit. Die natürliche Senke ist ein Relikt der nacheiszeitlichen Kinzig-Murg-Rinne. Vorwiegend im schmäleren Teil der Anlage westlich der Beiertheimer Allee reihen sich Denkmäler bedeutender Karlsruher Persönlichkeiten aus Kunst, Politik und Wissenschaft. Spielerisch geht es auf dem Minigolfplatz am nördlichen Ende des Beiertheimer Wäldchens zu. 1805 Ein Streifen beiderseits der Beiertheimer Allee geht in staatliches Eigentum über und wird unter der Leitung von Hofgärtner Hartweg zu einer Promenade ausgebaut. 1844 Die Hauptbahnstrecke nach Rastatt entlang der Beiertheimer Allee wird eröffnet. um 1870 Der Teil nördlich der heutigen Hermann-Billing-Straße fällt Rangiergleisen zum Opfer. 1896 Das Beiertheimer Wäldchen geht in städtischen Besitz über. 1913 Verlegung des Hauptbahnhofs, Aufl ösung der Bahnstrecke, dadurch Verbreiterung der Promenade. 1966 Bau eines Spielplatzes. Hinweise zur Ausstattung: Minigolf-Anlage, Spielplatz für verschiedene Altersstufen. Ausstattung mit Denkmälern: Georg-Ludwig-Winter- Denkmal, 1845 – 1855 von Franz Xaver Reich (Figur), Friedrich Theodor Fischer (Sockel) | Franz-Grashof-Denkmal, 1896 von Friedrich Moest | Carl-Drais-Denkmal, 1892 –1893 von Theodor Haf | Carl-Benz-Denkmal, 1934 – 1935 von Ottmar Schrott- Vorst | Robert-Haass-Denkmal, 1908, Relief 1955 von August Meyerhuber. FESTPLATZ Bevor die neue Messe nach Rheinstetten zog, fanden auf dem Festplatz nördlich des Zoologischen Stadtgartens große Ausstellungen statt. Diese Nutzung hat sein Aussehen geprägt. Teile, die davon nicht berührt wurden, sind die Anlagen westlich der Stadthalle und östlich des Kongress- Hotels und der Vorbereich des Vierordtbades. Dieser Vorplatz mit seinem Pfl asterrondell, in dessen Mitte sich die fi gurengeschmückte Bronze-Schale des Hygieia-Brunnens erhebt, hat seit der Verlegung des Haupteingangs zu der traditionsreichen Badeanstalt seine ursprüngliche Funktion verloren. Der kurzzeitig als Cafégarten genutzte Bereich westlich der Stadthalle kontrastiert durch seine dichte, kleinräumige Bepfl anzung und die verschiedenen Niveaus mit dem ebenen, offenen Festplatz. Seine Formen und Materialien sind ein typisches Zeugnis der Gartengestaltung der 1980er Jahre. Freiraumgestaltung jüngeren Datums manifestiert sich im Vorbereich des Kongress-Hotels: Heckenstreifen wechseln mit Streifen aus Schmuckbepfl anzung, rhythmisiert durch quer stehende Betonbänke. Von der erhöhten Hotel-Terrasse überblickt man die zum Schloss führende Ettlinger Straße (Via Triumphalis). 1871 – 1873 Bau des Vierordtbades (Architekt Josef Durm), gestiftet von Bankier Heinrich Vierordt. 1913 – 1915 Bau des Konzerthauses (Architekten Curjel und Moser). 1915 Vollendung der Stadthalle , ebenfalls von Curjel und Moser. Einrichtung des Festplatzes in seiner heutigen Form anlässlich des 200-jährigen Stadtgeburtstags, der aber kriegsbedingt nicht gefeiert wurde. 1952 – 1953 Abriss der kriegsbeschädigten, 1877 von Josef Durm gebauten Festhalle, Neubau der Schwarzwaldhalle (Architekten Erich Schelling und Ulrich Finsterwalder) an gleicher Stelle. 1955 Wasserspiele und Grünanlagen entlang der Ettlinger Straße. 1966 Eröffnung der Nancyhalle (ebenfalls Architekt Erich Schelling) anlässlich der kommenden Bundesgartenschau. 1967 Ausstellungsfl äche „Arzneipfl anzengarten“ auf dem Festplatz. 1979 – 1980 Tiefgarage unter weiten Teilen des Festplatzes. 1983 – 1985 Abriss der alten Stadthalle mit Ausnahme der Kolonnade, Neubau mit alter Kolonnade nach Plänen von Herman Rotermund und Christine Rotermund- Lehmbruck. Neugestaltung des Umfeldes durch die städtische Projektgruppe Endisch, Jeuter, Pankow und Stock. 1993 – 1994 Wiederaufbau des Portikus des Konzerthauses. 2000 – 2002 Kongress-Hotel der Architekten Schweger & Partner (Sieger des vorangegangenen Wettbewerbs). 2000 Mehrfachbeauftragung zur Neugestaltung des Festplatzes. 1. Preis Agence Ter: (Konzept mit Heckenstreifen vor dem Hotel wurde realisiert.) Ausstattung mit Denkmälern: Hygieia-Brunnen (Johannes Hirt 1905-09, gestiftet von Wilhelm Klose); Steinsetzung mit dem japanischen Schriftzug „Ein glückliches langes Leben“ (gestiftet von Prof. Choei Ishibashi 1988). Freiherr Carl von Drais 20 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 21 SCHLOSSGARTEN DURLACH Ebenso wie die Stadt Durlach um einiges älter ist als Karlsruhe, blickt auch der Durlacher Schlossgarten auf eine längere Geschichte zurück als die Karlsruher Schlossanlagen. Mitte des 16. Jahrhunderts verlegte Markgraf Karl II. seine Residenz von Pforzheim nach Durlach. Aus diesem Anlass ließ er nicht nur ein kleines Jagdschloss zu der repräsentativen „Karlsburg“ ausbauen, sondern dazu auch einen standesgemäßen Lustgarten anlegen. Nordöstlich gliederte sich ein ausgedehnter Küchengarten an, dahinter ein Gartengelände mit Turnierbahn. Diese beiden Teile der Anlage sowie der Teil des Lustgartens nördlich der historischen Kastanienallee sind seit dem 19. Jahrhundert überbaut. Lange Zeit blieb das Wegesystem aus der Phase der barocken Überarbeitung des Gartens fast unverändert. Was heute an die typische Formensprache eines klassischen Landschaftsgartens mit seinen geschwungenen Wegen und seiner freien Baumstellung erinnert, wurde erst 1904 nach der hier abgehaltenen Gewerbe- und Industrieausstellung geschaffen. Heute profi tiert der umfriedete Garten von eindrucksvollen alten Bäumen, weiten Rasenfl ächen und gepfl egten Beeten, die eine entspannte Atmosphäre schaffen. Die heckenumgrenzten Spielplätze sind besonders an heißen Sommertagen beliebt, weil sie im kühlen Schatten der Baumkronen liegen. Einen Anziehungspunkt bildet der Rosengarten, der um den Nibelungenbrunnen herum angelegt wurde. Dieser Jugendstilbrunnen hatte vor seiner Verlegung die Rosenanlage des Stadtgartens geschmückt. Seit 2008 wird nach und nach durch behutsame Maßnahmen wie das Öffnen von Sichtbeziehungen oder die Pfl anzung von Hecken der Raumeindruck des verschwundenen Barockgartens wieder erlebbar gemacht. Beim Betreten oder Verlassen des Schlossgartens kann man am westlichen Zugang antike römische Skulpturen betrachten. Sie sind im Lapidarium, dem ehemaligen Toilettenhäuschen, untergebracht, das durch einen geschickten Umbau zu unerwarteten Ehren gekommen ist. ab 1565 Fertigstellung der Karlsburg in Durlach (als Ausbau eines bestehenden Jagdschlosses), Errichtung eines Renaissance-Lustgartens mit einem feuerspeienden Herkules aus Bronze. Nordöstlich der heutigen Karlsburgstraße entsteht ein Küchengarten, anschließend der „Bauhofgarten“ mit Turnierbahn (Teile der heutigen Karl-Weysser-Straße). 1689 Zerstörung Durlachs und der Karlsburg im Pfälzer Erbfolgekrieg durch die Truppen von Ludwig XIV. 1698 – 1702 Wiederaufbau der Karlsburg, wegen Geldmangels und politischer Schwierigkeiten vorzeitig eingestellt. Nur der heute erhaltene „Prinzessenbau“, die Kapelle und der Marstall werden erneuert. Der „Kavaliersbau“ (nach Plänen von Domenico Egidio Rossi und Giovanni Mazza) ist der einzige ausgeführte Teil des geplanten großen Schlosses. vermutlich Barocke Umgestaltung des Gartens Kastanienallee (eine der ersten in Deutschland), Fischteich, Gartentheater, Parterres. 1880 Der Durlacher Schlossgarten wird eine öffentliche Anlage. 1903 Die Gewerbe- und Industrieausstellung Durlach wird im Schlossgarten abgehalten. Ein rundes Fontänenbecken wird angelegt. Das barocke Wegesystem existiert noch fast unverändert. 1964 – 1965 Abbruch des Rosengartens im Stadtgarten im Zuge der Bauarbeiten für die Bundesgartenschau, Versetzung des Nibelungenbrunnens nach Durlach. 1985 Das Gartenbauamt erarbeitet ein Entwicklungs- und Pfl egekonzept für den Schlossgarten Durlach. 1992 Umgestaltung der Vorfl ächen der Karlsburg. ab 2008 Behutsame Erneuerung, Herausarbeitung der alten Strukturen. 2011 Eröffnung des Lapidariums mit römischen Skulpturen. 2015 Umgestaltung des Beckens von 1903 mit Umgebung als Abschluss der behutsamen Erneuerung. Fläche: 3 Hektar Hinweise zur Ausstattung: Kleinkinderspielplatz, Spielplatz für verschiedene Altersstufen mit zahlreichen Bewegungsgeräten, Wasserbecken, Brunnen, Rosengarten Ausstattung mit Denkmälern: Lapidarium; „Pulverturm“, rundes Steinhaus mit Kegeldach, wohl 18. Jahrhundert; „Nibelungenbrunnen“ aus dem Rosengarten im Karlsruher Stadtgarten, 1914 – 1915 von Otto Feist entworfen, ausgeführt durch Bildhauer Dominik Schoch, 1965 hierher versetzt | Figur einer weiblichen Schlittschuhläuferin, Zementguss, Ende 19. Jahrhundert, als Allegorie des Winters ursprünglich im Karlsruher Stadtgarten | „Karthagerin“ (weitere Figur aus dem Stadtgarten) | Engelfi gur, vermutlich vom Durlacher Friedhof | Kompositkapitelle von den Säulen am Portal der alten Karlsburg, um 1565 | Sandstein-Stele mit Fingerlabyrinth, 2011 von Oliver Stefani um 1700 22 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 23 ALTER FRIEDHOF Begräbnisstätten, die nicht mehr genutzt werden, entwickeln sich je nach ihrer speziellen Situation in unterschiedliche Richtungen. Vielerorts sind aufgelassene Friedhöfe als Stätten der Erinnerung weitgehend unverändert erhalten geblieben. An der Stelle des ältesten Karlsruher Gottesackers befi ndet sich hingegen heute der Marktplatz. Auch der zweitälteste, in der östlichen Innenstadt gelegene Friedhof konnte nicht unverändert bleiben. Wenn ein so dringender Bedarf an nutzbarer Grünfl äche besteht wie in diesem Stadtviertel, dann muss sich der ehemalige Begräbnisplatz anpassen. Den neuen Bedürfnissen wurde durch die Einrichtung von Spielplätzen, Bolzplatz und Basketballplatz Rechnung getragen. Es entstand ein spannungsvoller Kontrast zu den ruhigen, baumbestandenen Grasfl ächen mit den Zeugnissen einer stilleren Vergangenheit. Einige davon sind besonders markant: Die neugotische ehemalige Friedhofskapelle, die romantische Gruftenhalle aus der gleichen Epoche, das aufwändige Monument für die preußischen Soldaten, die im Kampf gegen die badischen Revolutionäre gefallen waren, sowie das majestätische Grabmal des wortgewaltigen Hofpredigers Walz, dessen Standort durch die Verlängerung der Waldhornstraße noch an Prominenz gewonnen hat. Diese neue Achse verbindet den Alten Friedhof mit dem Stadtpark Südost und bettet ihn noch besser als früher in das Grünsystem Karlsruhes ein. 1781 Erste Bestattungen auf dem Gewann Lohfeld. 1784 Der Friedhof wird von einer Mauer umgeben. 1804 Offi zielle Eröffnung des Friedhofs auf dem Gewann Lohfeld als städtischer Friedhof. 1818 Erste Erweiterung des Friedhofs auf dem Gewann Lohfeld. 1837 Bau der Friedhofskapelle nach Plänen von Friedrich Eisenlohr. 1841 – 1842 Bau der Gruftenhalle nach Plänen von Karl Küntzle. 1848 Errichtung des Denkmals für die Opfer des Theaterbrandes von 1847. um 1850 Zweite Erweiterung. 1874 Eröffnung des neuen Hauptfriedhofs und Schließung des Friedhofs auf dem Gewann Lohfeld. 1882 Letzte Bestattungen auf dem alten Friedhof. Allmähliche Überführung in eine Parkanlage, Umbenennung des Westteils in „Lutherplatz“. Die Südwest-Ecke wird vom Bahnhof der Lokalbahn und Nebengebäuden eingenommen. 1903 – 1905 Bau der Schillerschule am Nordrand des ehemaligen Friedhofs. 1937 – 1938 Bau des heutigen Landesvermessungsamtes (Planung Stadtbaurat Robert Amann) südlich der Kapelle. 1950er Umgestaltung mit Spielplätzen, Neubau der Sporthalle der Schillerschule im Friedhofsgelände. 1982 – 1983 Neuordnung des Alten Friedhofs: Zusammenfassung der Denkmäler in drei Bereichen, dazu Umsetzung vieler Grabmale, Hinweistafel aus Bronze, neue Ausstattung der vorhandenen Spiel- und Sportplätze. 2002 – 2003 Friedrich-List-Schule, entworfen vom Architekturbüro Rossmann+Partner, entsteht am Südrand des alten Friedhofs | Verlängerung der Achse Waldhornstraße. Hinweise zur Ausstattung: Bolzplatz, Basketballplatz, Kinderspielplätze mit Kletter-, Bewegungs- und Wasserspielmöglichkeiten. Ausstattung mit Denkmälern: Friedhofskapelle; Gruftenhalle; Denkmal für die Opfer des Theaterbrandes 1847 von Franz Xaver Reich 1848 | Denkmal für die 1849 gefallenen preußische Soldaten, gestaltet von Friedrich August Stüler und Friedrich Eisenlohr 1852 | Denkmal für 1870 – 1871 gefallene deutsche und französische Soldaten; zahlreiche historische Grabmale. THEATERPLATZ Auf dem Gelände, das heute vom Badischen Staatstheater und dessen Vorplatz ausgefüllt wird, befanden sich zuvor andere prominente Gebäude: Der alte Karlsruher Hauptbahnhof von1843 bis 1913 und die Markthalle von 1934 bis 1970. Die heutige Nutzung ergab sich, als nach dem zweiten Weltkrieg das Theater von Heinrich Hübsch am Schloss beschädigt war. Damals wurden unterschiedliche Überlegungen zu einem Neubau angestellt. Die Wahl fi el schließlich auf den Standort Markthalle. Der Entwurf des Theater-Neubaus vom Architekturbüro Bätzner ließ Raum für einen großzügigen Vorplatz. Dieser wurde nach einem Künstler-Wettbewerb durch den Bildhauer Erich Hauser in den Formen des Violin- und Bass-Notenschlüssels gestaltet. Ein weiterer Bildhauer sorgte etwas später für angeregte Diskussionen: Jürgen Goertz, der Schöpfer des „Musengauls“. Diese Plastik wurde 1981 vor dem Gebäude aufgestellt. Wegen der geplanten Erweiterung des Staatstheaters wird sich die Gestaltung des Theaterplatzes wesentlich verändern. 1934 Eröffnung der Markthalle an der Stelle des ehemaligen Hauptbahnhofs und des heutigen Staatstheaters. Teile des früheren Bahnhofsgebäudes werden als „kleine Markthalle“ mitgenutzt. 1963 Wettbewerb zum Neubau des Badisches Staatstheaters auf dem Gelände der Markthalle. Drei Planungsteams werden zur Weiterentwicklung ihrer Entwürfe aufgefordert. Die Gutachterkommission empfi ehlt den Entwurf des Büros Bätzner zur Ausführung. Beteiligter Landschaftsarchitekt ist Walter Rossow. 1975 Einweihung des Badischen Staatstheaters. Bau der Tiefgarage (Planung Büro Anselment). Auslobung eines Künstler-Wettbewerbs für die Gestaltung des Bereichs auf der Tiefgarage. Sieger: Bildhauer Erich Hauser. Sein Entwurf zeichnet mit zwei Wasserbecken, Mauern und Pfl anzungen die Formen des Violin- und des Bass-Notenschlüssels nach. Die ursprünglich von Walter Rossow vorgesehene Randbepfl anzung wird an Hausers Entwurf angepasst. 1977 Fertigstellung und Übergabe des Theaterplatzes. 1981 Aufstellung der Plastik „Musengaul“ von Jürgen Goertz als Leihgabe des Landes vor dem Theatereingang. Ursprünglich war die Plastik 1974 für den Innenraum des Theaters entworfen aber abgelehnt worden. 1990 Skulpturenausstellung auf dem Theaterplatz. 2010 Errichtung des Informationspavillons „K-Punkt“ ( Kränzle + Fischer-Wasels Architekten) mit Café für die Zeit der Bauarbeiten der Kombilösung zur Weiterentwicklung des Straßenbahnnetzes. 2014 Wettbewerb „Sanierung und Erweiterung des Badischen Staatstheaters“. Mit der weiteren Planung wird das Büro Delugan-Meissl mit Wenzel und Wenzel beauftragt. Hinweise zur Ausstattung: Informationspavillon „K-Punkt“ mit Café (temporär), Wasserspiele, Skulptur „Musengaul“ von Jürgen Goertz. 24 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 25 SÜDSTADT-GRÜNZUG Die Karlsruher Südstadt entstand als typisches Arbeiterviertel des 19. Jahrhunderts hinter dem damaligen Hauptbahnhof: Extrem dicht bebaut und ursprünglich ganz ohne öffentliche Grünanlagen. Bis zum Zweiten Weltkrieg diente nur das benachbarte Sallenwäldchen den Bewohnerinnen und Bewohnern der „Eisenbahnervorstadt“ als Erholungsfl äche. Durch die Kriegszerstörung bot sich die Chance einen Teil der zerbombten Fläche zur Schaffung eines Grünzugs zu nutzen. Die grüne Schneise führt durch das Innere der Häuserblöcke und bietet Gelegenheiten zu Bewegung, Spiel und Erholung für jedermann. Der langgestreckte Park hat schon mehrere Umgestaltungen erfahren. Die Bäume, die in der ersten Bauphase der 1970er Jahre gepfl anzt wurden, sind groß geworden und spenden wohltuenden Schatten in dem ansonsten kaum durchgrünten Quartier. In jüngerer Zeit ist der Indianerspielplatz aus Robinienholz hinzugekommen, dessen Tipis auf den Spitznamen der Südstädter Bezug nehmen: Sie werden „Indianer“ genannt, seit hier 1891 die berühmte Buffalo-Bill-Show gastierte. 1857 Bebauungsplan für die Südstadt. 1951 Festlegung eines Grünzugs auf ehemals bebautem, kriegszerstörten Gelände im Rahmen des „Aufbauplans Südstadt“. 1975 Herstellung des Grünzugs. 1975 Einweihung der Anlage. 1981 – 1986 Neuordnung des Grünzugs durch das Gartenbauamt. 1989 – 1990 Sanierungssatzung und Bebauungsplan für den betreffenden Teil der Südstadt. 1994 Bau einer Tiefgarage unter dem Grünzug westlich der Wilhelmstraße. Neugestaltung des Bereichs: Karl Bauer. 2004 Eröffnung des Indianerspielplatzes am 24. Juli unter Mitwirkung einer Freizeit-Indianergruppe. Hinweise zur Ausstattung: Spielplätze für jüngere und ältere Kinder, Ruhebereiche, Bolzplatz mit Kunstrasen, Hartplatz, Basketball HILDAPROMENADE Die Spaziergänger in der Hildapromenade bewegen sich heute sehr viel gemächlicher als ihr erster Nutzer, die Eisenbahn. Die Gleise entfi elen durch die Umleitung der Strecke nach dem Bau des neuen Hauptbahnhofs 1913. Was blieb, war ein 2,3 Kilometer langer und durchschnittlich 50 Meter breiter Grünstreifen, der an die dicht besiedelten Quartiere Weststadt und Mühlburg angrenzt und entsprechend intensiv genutzt wird. Anlässlich des 1986 ausgeschriebenen Wettbewerbs, dem die Hildapromenade einschließlich ihrer westlichen Fortsetzung Ludwig-Marum-, Seldeneck- und Sonnenstraße ihr heutiges Aussehen verdankt, gab es Überlegungen, sie durch Baumgruppen zu untergliedern. Man beschloss jedoch, die besondere räumliche Qualität der außerordentlichen Länge beizubehalten. Trotz der einheitlichen Gestaltung mit seitlichen Baumreihen und Rasen in der Mitte mangelt es der Hildapromenade nicht an besonderen Akzenten, die im Folgenden nacheinander erwähnt werden sollen. Beginnend bei der Christuskirche am Mühlburger Tor stößt der Spaziergänger schon nach wenigen Schritten auf die Lina-Sommer-Anlage. Es wäre möglich, dass sich ihre Gestalter am Vorbild des verloren gegangenen Rosengartens im Stadtgarten orientiert haben, denn sie scheint dessen kleinere und einfachere „Schwester“ zu sein. Mit ihrer hohen Umrandung bildet sie ein ruhiges „grünes Wohnzimmer“ für Erholungssuchende aus der Umgebung. Man fühlt sich hier fast ins frühe zwanzigste Jahrhundert zurückversetzt. Der Haydnplatz, der sich weiter westlich an die Hildapromenade angliedert, entstand in einer der vornehmsten Gegenden Karlsruhes: Im Musikerviertel. Entlang der Straßen, die nach berühmten Komponisten benannt sind, wohnten von Anfang an Rechtsanwälte, Fabrikanten und Bankiers unter Ihresgleichen. Inspiriert wurde die Anlage durch die eleganten englischen „crescents“, bogenförmige Häuserzeilen mit grüner Mitte. Die Platzgestaltung ist zwar etwas bescheidener ausgefallen als es sich der Planer des Ensembles Heinrich Sexauer vorgestellt hatte; der erste Weltkrieg kam dazwischen und nach dem zweiten Weltkrieg waren die Mittel ebenfalls beschränkt. Dennoch ist das großbürgerliche Flair bis heute erhalten geblieben. Passend zu den Straßennamen der Umgebung nahmen 1973 die Figuren „Orpheus“ und „Eurydike“ den leeren Platz der zwei nie gegossenen Rosse- Statuen ein, deren Bronze für Kanonen statt für Kunstwerke gebraucht worden war. Auch wenn vielleicht nicht jedem Besucher spontan die Namen der Figuren einfallen, stellt doch die Harfe des Orpheus den richtigen Bezug zum Stadtviertel her. Vom Plätschern des Brunnens kann man sich in eine entspannte Stimmung versetzen lassen. Nach dem Passieren eines schattigen Kleinkinderspielplatzes im Mittelstreifen der Hildapromenade und eines sonnigen Sandbereichs an der ehemaligen Reithalle öffnet sich nach Süden eine größere Freifl äche auf dem Gelände der früheren Dragonerkaserne. Wer im Frühjahr kommt, erreicht auf einem diagonalen Weg unter Toren aus blühenden Glyzinien eine Gruppe von Wassersäulen, die einen Bezug zu dem sehr ähnlichen Brunnen im Schlossgarten erahnen lassen. Links davon toben sich ältere Kinder auf Spielgeräten aus, die echte Herausforderungen bieten. Rechts nutzen fast immer sportbegeisterte Menschen den Bolzplatz. Wer dann immer noch nicht müde ist, kann nebenan noch eine Runde Tischtennis spielen. Das Geschehen im Park betrachtet man am besten von den ruhigeren Bereichen mit Staudenpfl anzungen an den beiden Sporthallen aus. 26 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 27 1862 Bau des Bahnhofs Mühlburg (am heutigen Fliederplatz), Eröffnung der Maxaubahn (Pfalzbahn). 1913 Einrichtung der Hildapromenade als Grünstreifen nach Wegfall der Maxaubahn. 1926 Gestaltung des Fliederplatzes nach Plänen des Karlsruher Gartendirektors Friedrich Scherer. 1986 Städtebaulicher Ideenwettbewerb Hildapromenade vom Mühlburger Tor bis zur Neureuter Straße, 1. Preis: Klahn+Singer Landschaftsarchitekten. 1990 Neugestaltung des Zugangs zur Christuskirche (außerhalb des Wettbewerbsgebiets). 1998 Fertigstellung des Wettbewerbsprojekts. 2010 Neugestaltung des Fliederplatzes durch das Büro Klahn+Singer+Partner, was zur Aufhebung der Fliederstraße vor dem Kinder- und Jugendtreff führte. Hinweise zur Ausstattung: Kleinkinderspielplatz auf Höhe der Virchowstraße, Spielplatz mit Kletterlandschaft, Bolzplatz mit Fangnetzen auf Höhe der Draisschule. LINA-SOMMER-ANLAGE 1930 Einrichtung eines Rosengartens zwischen Stabelstraße und Kochstraße. 1933 Der Rosengarten wird nach der pfälzischen Mund- artdichterin Lina Sommer (1862 – 1932) benannt. Hinweise zur Ausstattung: Historische Rankgerüste und Stufen, Lina-Sommer-Büste von Wilhelm Kollmar (aufgestellt 1935). HAYDNPLATZ 1894 Baufl uchtenplan mit einem halbkreisförmigen Platz. 1913 Baubeginn der Platzgestaltung. Die zwei monumentalen Ross-Figuren des Münchner Bildhauers Bernhard Bleeker für den Brunnen, die nach der ursprünglichen Planung vorgesehen waren, wurden jedoch nie aufgestellt. 1913 Einrichtung der Hildapromenade nach Wegfall der Maxaubahn am Südrand des Platzes. 1955 Umgestaltung des Platzes. 1973 Aufstellung von zwei Plastiken des Bildhauers Emil Sutor „Orpheus“ und „Eurydike“ auf den bisher leeren Sockeln. Dem Bewegungsdrang der Kinder wird ein Stück weiter entlang der Hildapromenade wiederum einiges geboten. Neben einem reich ausgestatteten Spielbereich für jede Altersstufe befi ndet sich ein von Fangnetzen umgebener Ballplatz. Die Laubengänge und Heckenstreifen, die Beginn und Ende dieser Aktivzone markieren, stellen den Zusammenhang zum Pergolen umgrenzten Fliederplatz her, der sich drei Häuserblöcke weiter westlich in die Hildapromenade schiebt. Noch vor nicht allzu langer Zeit durchtrennte eine Straße den ehemaligen Standort des Bahnhofs Mühlburg und dessen Vorplatz. Heute ist der Bereich frei vom Autoverkehr. Kinder dürfen gefahrlos herumrennen und das vielfältige Angebot nutzen. Vor dem ehemaligen Bahnhofsgebäude, in dem heute der Kinder- und Jugendtreff untergebracht ist, bietet ein erhöhter und farblich betonter Kreis in der Platzmitte Raum für diverse Veranstaltungen. Stadtauswärts reicht die Hildapromenade jenseits des Fliederplatzes noch ein ganzes Stück weiter und endet erst an der Neureuter Straße. Sie stellt eine der wichtigsten Grünverbindungen im Karlsruher Stadtkörper dar. EHEMALIGE DRAGONERKASERNE 1843 Die Dragonerkaserne wird für das 1803 gegründete 1. Badische Leib-Dragoner-Regiment Nr. 20 errichtet. 1973 Die Stadt Karlsruhe erwirbt das Kasernengelände vom Bund unter der Bedingung, es einer öffentlichen Nutzung zuzuführen. 1982 Städtebaulicher Ideenwettbewerb Dragonerkaserne, 1. Preis: Architekt Rainer Henning. 1990 Einweihung der Dragoner-Sporthalle (Rossmann + Partner Architekten) an der Blücherstraße und der für den Budo-Club umgebauten Dragoner-Reithalle. 1991 Fertigstellung der Grünanlage (Planung Gartenbauamt). Hinweise zur Ausstattung: Brunnen mit Wassersäulen aus Sandstein, Rankbögen entlang des Hauptweges, Fußball, Tischtennis, Kleinkinderspielplatz, Kletternetz und Bewegungsgeräte für größere Kinder und Jugendliche, Heckenräume FLIEDERPLATZ Hinweise zur Ausstattung: Pergolen, erhöhte Platzmitte, Tischtennis, Basketball, Wasserstelle, Trampolin, Kleinkinderspielplatz Fliederplatz Dragonerkaserne 28 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 29 LINDENPLATZ IN MÜHLBURG Heute liegt der Mühlburger Lindenplatz ein bisschen verschlafen jenseits der großen Verkehrsströme, ganz im Westen Karlsruhes. Es ist kaum zu glauben, dass er einst den Mittelpunkt des Lebens in Mühlburg bildete. Kirche, Markt, Rathaus, alles war hier versammelt. Die Kirche ist als prägendes Element geblieben. Vor ihr liegt ein ruhiger Platz mit grünem Rand, wassergebundener Decke, einem Sandsteindenkmal und einem Baumdach. Das neue Linden- Geviert muss sich allerdings noch etwas entfalten, um dem Platznamen Ehre zu machen. Ergänzt wird das Bild durch einige schlichte Sitzgelegenheiten und Kleinkinder-Spielgeräte. Mehr war nicht nötig, denn ein großer Spielbereich für alle Altersstufen ist auf dem Fliederplatz in unmittelbarer Nähe vorhanden. Manchmal bringen Veranstaltungen in der Kirche oder im benachbarten Kulturzentrum „Tempel“ etwas Trubel auf den Platz, doch wer Ruhe sucht, ist hier meistens richtig. 1786 Bau der evangelischen Pfarrkirche nach den Plänen von Johann Friedrich Weyhing an der Stelle des früheren Kirchen- und Rathauses. 1844 Carl Benz wird in der evangelischen Pfarrkirche getauft. 1886 Eingemeindung Mühlburgs in die Stadt Karlsruhe, Umbenennung des Marktplatzes in „Lindenplatz“. 1965 Umgestaltung des Lindenplatzes, Entfernung des Wasserbeckens, Versetzung des Kriegerdenkmals, Spielplatz. 1983 Neugestaltung mit rundem Spielbereich. 2006 Mühlburg wird Sanierungsgebiet. Bürgerbeteiligungsverfahren. Der Lindenplatz ist der erste Platz, der im Rahmen des Programms „soziale Stadt Mühlburg“ saniert wird. ab 2010 Neugestaltung durch das Gartenbauamt. Hinweise zur Ausstattung: Kriegerdenkmal 1887 von Friedrich Wilhelm Volke, Spielgeräte für Kleinkinder SONNTAGPLATZ Ähnlich wie die Südstadt ist auch die Karlsruher Südweststadt ein dicht bebautes Stadtviertel, das sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts aus Industrieansiedlungen südlich der Kriegsstraße entwickelte. Grünfl ächen waren ursprünglich nicht vorgesehen. Was übrig blieb, war eine Restfl äche zwischen zwei Bahntrassen. Der Zwickel eignete sich nicht zur Bebauung, also entstand hier eine Grünanlage. Zunächst eher als Schmuck gedacht, wurden die Bedürfnisse der Anwohner mit jeder Umgestaltung des Platzes wichtiger. Die neueste Modernisierung ist ein Ergebnis des intensiven Gesprächs mit den Bürgern. Für jede Lebensphase soll auf kleinem Raum etwas geboten sein: Sand für Kleinkinder, Sport- und Klettergeräte für die Älteren, Boule und Sitzgelegenheiten für Erwachsene. Diese vielen verschiedenen Elemente gruppieren sich überraschend harmonisch unter großen Bäumen und der beeindruckenden Hirschbrücke von 1891. 1862 Eröffnung der Maxaubahn und 1870 Eröffnung der Rheinbahn (beide fuhren über die Mathystraße) 1891 Bau der Hirschbrücke nach den Plänen von Stadtbaumeister Hermann Schück. 1896 Benennung „Sonntagplatz“ nach Karoline Auguste Sonntag, einer Karlsruher Wohltäterin, die sich besonders für Witwen und verwaiste Mädchen einsetzte. 1899 Projekt zur Gestaltung als städtischer Schmuckplatz im landschaftlichen Stil. 1913 Stilllegung der Bahnen nach der Verlegung des Hauptbahnhofs. ab 1921 Straßenbahnlinie entlang des Sonntagplatzes. 1930 Errichtung des Zwerg-Nase-Brunnens. 1955 Der Bürgerverein Südweststadt verhindert den Abriss der Hirschbrücke. 1967 Anlage von Spielgelegenheiten. 1981 Umgestaltung des Geländes mit Spielplatz. ab 2015 Erneuerung. Hinweise zur Ausstattung: Zwerg-Nase-Brunnen von Karl Wahl 1930, Sandspielbereich, Bewegungs-Spielgeräte, Tischtennis, Bouleplatz 30 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 31 NOTTINGHAM-ANLAGE Mitten in einem Teil der Karlsruher Weststadt mit sehr hoher Einwohnerdichte wurde 1977 durch den Wegzug der Stadtwerke ein ausgedehntes Gelände frei. Da hier ein akuter Mangel an nutzbarem Außenraum und Spielgelegenheiten bestand, war schnell klar, dass ein Grünzug entstehen sollte. Heute teilt eine Wellenlinie aus Sitzmauern eine ruhige, grüne Fläche von einem intensiv bespielten Bereich für alle Altersgruppen ab. Von Wipptieren und Kletterburgen über ein Wasserlabyrinth bis hin zu Basketballkorb und Bolzplatz ist alles vorhanden, damit sich Kinder und Jugendliche voll entfalten können. Die Menge der Besucherinnen und Besucher nicht nur im Sommer, sondern auch an sonnigen Wintertagen gibt dem Planungskonzept Recht. Doch auch bei schlechtem Wetter bietet eine geräumige Überdachung aus der Stadtwerke- Epoche die Gelegenheit, sich in der Anlage aufzuhalten. Hier fi nden häufi g Spielaktionen des Stadtjugendausschusses statt. Weiter südlich wird der Grünzug durch den Innenhof des Moninger-Blocks mit einer etwas privateren Atmosphäre fortgesetzt. Kulturelle Einrichtungen wie die drei Theater im ehemaligen Ofenhaus mit angrenzendem Café oder Räumlichkeiten des Badischen Konservatoriums beleben die Grünanlage zusätzlich. Wer Ruhe sucht, fi ndet ein zurückgezogenes Plätzchen zwischen Schmuckpfl anzungen und Springbrunnen mit Blick auf die 8,5 Meter hohe Plastik „Lebensfahne“. 1994 trafen sich der Lord Mayor Vernon Gapper von Nottingham und der damalige Karlsruher Oberbürgermeister Gerhard Seiler aus Anlass des 25-jährigen Partnerschafts- Jubiläums in der Anlage und gaben ihr den heutigen Namen. 1844 Einrichtung der „Gasanstalt“ (erstes Karlsruher Gaswerk). 1977 Wegzug der Stadtwerke vom Gasanstalt-Gelände. 1985 – 1988 Bau einer Parkanlage nach den Plänen des Landschaftsarchitekturbüros Karl Bauer. Einzug des Jakobus-Theaters, des Figurentheaters Marotte und des Sandkorn-Theaters in das Ofenhaus des ehemaligen Gaswerks. 1992 Aufstellung des Brunnens „Lebensfahne“ von Horst Egon Kalinowski. 1994 Benennung der Parkanlage nach der britischen Partnerstadt von Karlsruhe. Hinweise zur Ausstattung: Zahlreiche Bewegungs-Spielgeräte für verschiedene Altersstufen, Wasserspielanlage, Basketball, Bolzplatz, Fontänen, Brunnen mit Kunstwerk, Staudenanlage mit Pergolen, überdachte Spielfl äche ZKM-GRÜNZUG Die Einrichtung des Zentrums für Kunst und Medientechnologie im denkmalgeschützten Gebäude einer ehemaligen Munitionsfabrik in der Südweststadt 1997 war ein Meilenstein des Karlsruher Kulturlebens. Schon im Vorfeld stellte sich die Frage, wie der Grünzug vor dem über 300 Meter langen Bau angemessen gestaltet werden soll. Das Landschaftsarchitekturbüro Kienast, Vogt und Partner fand die passende Antwort. Die unter der Anlage durchgehende Tiefgaragendecke bildete dabei eine besondere Herausforderung. Tropfenförmige, erhöhte, durch rostenden Stahl und geschnittene Hecken eingefasste Bauminseln, von den Planern als „grüne Dschunken“ bezeichnet, bieten intime Rückzugsräume in der offenen Freiraum-Achse aus Rasen und Belag. Unter alten Bäumen in der nördlichsten „Dschunke“ befi ndet sich ein kleiner Spielplatz. Aufgereihte Tafeln mit einer Lichtinstallation des Künstlers Jeffrey Shaw führen auf den Haupteingang des ZKM zu. Dem hochkarätigen Inhalt des Kulturgebäudes adäquat wurde der Grünzug mit hohen Ansprüchen an künstlerisches Design realisiert. Trotzdem fühlen sich hier nicht nur diejenigen wohl, die avantgardistische Gestaltung ausdrücklich schätzen, sondern auch diejenigen, die sich nur eine Weile von den Menschenmengen des benachbarten Filmpalastes zurückziehen möchten, ebenso wie die Beschäftigten der angrenzenden Bürogebäude. 1914 – 1918 Errichtung des Baus A der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken AG (DWM) nach den Plänen von Philipp Jakob Manz. 1979 Umzug der Firma IWK Verpackungstechnik (Nachfolge- Unternehmen der DWM) nach Stutensee. 1992 – 1997 Umbau des Gebäudes für das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) durch die Architekten Schweger+Partner, Bau einer Tiefgarage unter dem gesamten Vorbereich. 1995 Wettbewerb zu den Außenanlagen des ZKM, 1. Preis Büro Kienast, Vogt und Partner, anschließend Umsetzung des Wettbewerbsentwurfs. 1997 Eröffnung des (1989 gegründeten) ZKM im Bau A. Einzug der Städtischen Galerie und der Staatlichen Hochschule für Gestaltung. 2000 Bau des Filmpalastes am ZKM (Architekt Till Sattler). 2015 Fertigstellung des Grünzuges Richtung Gartenstraße. Hinweise zur Ausstattung: Erhöhte Bauminseln mit Sitzgelegenheiten, Spielbereich, Kunstinstallationen 32 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 33 OTTO-DULLENKOPF-PARK Anlass für diesen Park war der Wunsch für die dicht besiedelte Karlsruher Oststadt eine große Grünfl äche ähnlich wie die Günther-Klotz-Anlage für den Westen oder der Schlossgarten für das Zentrum bereitzustellen. Die nötige Fläche musste allerdings erst von diversen gewerblichen Nutzungen, Gaswerk und Altlasten befreit werden. Heute sieht man dem ruhigen, grünen Raum diese Mühe gar nicht an. Alles wirkt ganz selbstverständlich: Alte Bäume, die vor nicht allzu langer Zeit zwischen Baracken standen, weitläufi ge naturnahe Wiesenfl ächen, neu gepfl anzte Gehölzgruppen, die noch an Volumen gewinnen werden, und der Wall zum Ostring. Es ist eine funktionale, schlicht gehaltene Parkanlage, die den Bewohnern der kompakten Gründerzeit-Quartiere ein Aufatmen ermöglicht. Zu ihrer Beliebtheit tragen die Nähe zum Kulturbetrieb im ehemaligen Schlachthof und in der Musikhochschule bei sowie ein gut besuchtes Restaurant, bei dessen Neubau ein historisches Gebäude integriert wurde. Direkt daneben können sich Kinder auf einem Spielplatz austoben, während die Erwachsenen Espresso oder italienischen Wein genießen. Ein besonderes Highlight ist die Skateanlage mit ihren Plaza- und Bowl-Komponenten. Angegliedert sind ein Basketballplatz und ein Bolzplatz mit Kunstrasen, der bei jedem Wetter genutzt werden kann. Der Park entwickelt sich weiter. Beispielsweise wurde zum 150-jährigen Bestehen des deutsch-japanischen Freundschaftsvertrages 2011 auf Initiative der Deutsch- Japanischen Gesellschaft Karlsruhe am Hauptweg ein elliptischer Kirschbaumhain gepfl anzt. Eine beträchtliche Erweiterung bringt der zweite Bauabschnitt, der einen Schwerpunkt für unterschiedliche Bewegungskünste bietet. vor 1982 Nutzung des Geländes vorwiegend als Gewerbegebiet, Gleisfl ächen, Polizeibehörde und Gaswerk. 1982 – 1989 Wiederaufbau des kriegszerstörten Gottesauer Schlosses durch das Hochbauamt Karlsruhe (Barbara Jakubeit), Nutzung als staatliche Hochschule für Musik, seit 2013 ergänzt durch den Multimediakomplex (Architekten 3P). 1999 Im November Einweihung des Bolz- und Skaterplatzes. 2001 Einweihung des ersten Bauabschnitts. seit 2006 Umnutzung des Alten Schlachthofs als Kreativpark. 2011 Pfl anzung des Kirschbaumhains auf Initiative der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Karlsruhe. 2012 Umbenennung des bisherigen Ostaueparks in „Otto-Dullenkopf-Park“ nach dem Karlsruher Oberbürgermeister von1970 bis 1986. 2016 Eröffnung der neuen Skate-Anlage am 8. April 2016 Fläche: Bisher 10,8 Hektar (ohne den letzten Bauabschnitt) Hinweise zur Ausstattung: Skaterplatz, Bolzplatz, Basketballplatz, Spielplatz, Kirschbaumhain, Restaurant 34 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 35 STADTPARK SÜDOST Nicht oft hat eine Stadt die Gelegenheit, einen neuen Park in unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums zu bekommen. Für Karlsruhe bot sich diese Möglichkeit durch die Schließung des Bundesbahn-Ausbesserungswerks, das sich einst entlang der Gleise vom alten Bahnhof nach Durlach entwickelt hatte. Auf diesem Gelände entstand ab 2002 ein neues Stadtviertel mit einer etwa zehn Hektar großen Grünanlage. Der erste Bauabschnitt wurde schon 2007 fertiggestellt. Ein Teil dieser Fläche trägt heute den Namen der rumänischen Partnerstadt von Karlsruhe: Temeswar-Platz. Hier blieben einige stattliche alte Bäume erhalten. Neu hinzu kamen eine Rasenfl äche und ein großzügiger Kinderspielplatz. Am Südrand schließt die ehemalige Kantine des Ausbesserungswerks, die heute unter der Bezeichnung „Südwerk“ als Bürgerzentrum dient, den Temeswar-Platz ab. Entlang dieses Gebäudes und weiter Richtung Süden führt eine grüne Verbindung zu den anschließenden dicht besiedelten Stadtvierteln. Der Hauptteil des Stadtparks Südost erstreckt sich von Westen nach Osten. Er beginnt an der Rüppurrer Straße mit einer Wassertreppen-Anlage. Wenn man zu ihrer Quelle emporsteigt, erreicht man die „Esplanade“, einen um sechs Meter angehobenen, breiten Spazierweg, der die gesamte Grünanlage entlang der Bebauung an der Ludwig-Erhard-Allee begleitet. Von hier bietet sich die Aussicht über den Park und die angrenzenden Stadtviertel. Die Böschung, die die Esplanade mit dem fl achen Parkgelände verbindet, kaschiert geschickt die unter ihr angeordneten Parkhäuser und Nebenräume. Auf dem ebenerdigen Niveau befi nden sich Wasserspiele, schattige und sonnige Aufenthaltsbereiche, ein weiterer Kinderspielplatz, ein Bolzplatz, sowie der runde „Garten der Religionen“. Er verweist auf den Privilegienbrief von 1715, in dem der Stadtgründer Markgraf Karl Wilhelm von Baden- Durlach der Bürgerschaft die Religionsfreiheit zugesichert hatte. Der Stadtpark bildet gemeinsam mit dem Otto-Dullenkopf- Park eine Grünverbindung, die vom Stadtzentrum weit bis in den Osten reicht. 1849 Einrichtung des Bahn-Ausbesserungswerks östlich des damaligen Hauptbahnhofs entlang der Bahnstrecke Richtung Durlach. 1993 Städtebaulicher und landschaftsplanerischer Ideenwettbewerb Karlsruhe-Südost-Gottesaue (im gleichen Jahr Umwandlung der Deutschen Bundesbahn in die Deutsche Bahn AG). 1. Preis: Rossmann+Partner (Architekten), Karl Bauer (Landschaftsarchitekt). 2002 Abriss des Ausbesserungswerks mit Ausnahme eines Wasserturms und der ehemaligen Kantine, Baubeginn (im gleichen Jahr Gründung der Aurelis Real Estate GmbH & Co. KG zwecks Vermarktung der nicht betriebsnotwendigen Immobilien der Deutschen Bahn AG). 2007 Fertigstellung des Temeswar-Platzes und des ersten Bauabschnitts des Stadtparks Südost westlich der Henriette-Obermüller-Straße. 2012 Fertigstellung des großen Spielplatzes. Eröffnung der Straßenbahnlinie für das neue Wohngebiet. 2014 Etwa 60 Prozent der 9,5 Hektar großen Grünfl äche sind realisiert. 2015 Bau des „Gartens der Religionen“ anlässlich des dreihundertsten Stadtgeburtstags. 2016 Wegen großer Nachfrage Fertigstellung des Stadtviertels mit Park fünf Jahre vor dem ursprünglich vorgesehenen Termin. Hinweise zur Ausstattung: Spielplätze mit zahlreichen Bewegungsgeräten, Sportfeld, Wasseranlagen, Garten der Religionen, durch Treppen und Rampen erreichbare Esplanade mit Aussichtsplattform SCHMALLEN Ursprünglich war der Schmallen, ein Ausläufer der eiszeitlichen Kinzig-Murg-Rinne, eine langgestreckte Senke in den Feldern der Gemarkung Bulach. Auf die Idee, links und rechts dieser Senke zu bauen, kam man schon 1926, aber das Vorhaben konkretisierte sich erst zwischen den 1960er und 1990er Jahren. Heute ist der 1,5 Kilometer lange und durchschnittlich 90 Meter breite Grünzug von Wohngebieten umgeben. Eine Kastanienallee durchzieht ihn wie ein Rückgrat, auf der gegenüberliegenden Seite begleitet von Gruppen aus Zierkirschen. An einer markanten Stelle stehen alte Linden mit einem Feldkreuz, das an die ländliche Vergangenheit des Gebiets erinnert. Der leicht abgesenkte Rasenstreifen in der Mitte des Parks ist im südlichen Teilstück zu einem Regenwasser-Auffang-Becken vertieft. Bei trockenem Wetter dient das Becken als Fußballplatz. Am Rand des Schmallens reihen sich Spielbereiche, die bei gutem Wetter von einer bunt gemischten Kinderschar bevölkert sind. 1926 Der Generalbebauungsplan enthält ein neues Stadtviertel auf dem Gebiet von Oberreut. Auf dem Schmallen sind Sportplätze vorgesehen. 1963 Baubeginn in Oberreut-Waldlage, ein Jahr später Bezug der ersten Häuser. 1985 – 1987 Pfl anzung des ersten Teils der Kastanienallee (110 Bäume), Anlage der Rasenfl ächen. 1990 Bebauungsplan „Oberreut-Feldlage III“. 1996 Bau des Wasserrückhaltebeckens als Teil des südlichen Schmallens. Hinweise zur Ausstattung: Historisches Feldkreuz aus dem Jahre 1878, 1926 in den Schmallen versetzt. Zahlreiche Spielplätze und Sportmöglichkeiten, Kastanienallee. Garten der Religionen Wasserachse 36 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 37 GÜNTHER-KLOTZ-ANLAGE Die Rolle, die der Otto-Dullenkopf-Park für die Oststadt spielt, kommt im Fall der Weststadt der Günther-Klotz- Anlage zu. Sie wird von weiten Wiesenfl ächen und der „Seenplatte“ geprägt. Gleich drei Wasserfl ächen hat man hier angelegt: Den Freizeitsee mit Ruderbooten und einer historischen Brücke, den Landschaftssee mit Feuchtbiotop und den Modellbootsee eine Ebene tiefer an der Alb. Die beiden Ebenen werden durch eine eindrucksvolle Kaskade miteinander verbunden. Ein „herausragendes“ Merkmal ist der 15 Meter hohe Hügel, im ebenen Karlsruhe eine Seltenheit. Während des weithin bekannten Open-Air- Festivals „Das Fest“ drängen sich an den Hängen Tausende von Zuschauern. In ruhigeren Zeiten hört man vor allem Kinder, die sich am Kletternetz, der Riesenrutsche und auf dem Aktivspielplatz vergnügen. Die Älteren nehmen Angebote wie Beachvolleyball, Basketball und Skaten wahr. Am gegenüberliegenden Ende des Parks, neben dem Lokal „Kühler Krug“, befi ndet sich der bei jungen Familien sehr beliebte Kleinkinderspielplatz. 1968 Ausrichtung der Bundesgartenschau 1975 auf dem Gelände wird durch den Gemeinderat abgelehnt. Trotzdem wird das Parkprojekt weiter verfolgt. 1971 Wettbewerb für den neuen Park auf dem bisherigen Acker- und Grabeland. 1.Preis: Büro Heinz Jakubeit. 1973 Der Park bekommt seinen Namen nach dem Initiator des Projekts, dem Karlsruher Oberbürgermeister (von 1952 bis 1970) Günther Klotz. Der Hauptweg ist nach Karl Johann Friedrich Wolf, einem erfolgreichen Hammerwerfer und Karlsruher Bäckermeister benannt. 1975 Erster Spatenstich. 1976 Einbau einer Alb-Brücke von 1905 am Freizeitsee. 1981 – 1983 Bau der Europahalle, Architekten Schmitt, Kasimir + Partner. 1985 Einweihung des letzten Bauabschnitts. 1988 Einweihung des Aktivspielplatzes. 1989 Labyrinth der Künstlerin Lieselotte Anschütz- Russwurm. 2004 – 2008 Bau des Europabades, Geier + Geier Architekten. Fläche: 19,7 Hektar Hinweise zur Ausstattung: Spielplatz am Kühlen Krug mit zahlreichen Bewegungsgeräten, Spiellandschaft am 15 Meter hohen Rodelhügel mit Kletternetz, Riesenrutsche, Hängebrücke, Bewegungs- und Klettergeräten, Wasserspielanlage, Wegelabyrinth, Beachvolleyballfeld, Basketballfeld, Rollschuhmulde, Skateplatz, Modellbootsee, Landschaftssee mit Feuchtbiotop, Freizeitsee mit Bootsverleih und historischer gedeckter Brücke, Kaskade, „Freundschaftsrondell“ des Freundeskreises Karlsruhe-Halle e. V., Kleingartenanlage. Ausstattung mit Kunstwerken: Labyrinth der Künstlerin Lieselotte Anschütz-Russwurm, Summsteine, Gedenktafel für Günther Klotz (auf dem Gipfel des Hügels) In direkter Nachbarschaft: Betreuter Aktivspielplatz, Sportareal Europahalle, Europabad Besonderheiten: In der Günther-Klotz-Anlage wird jedes Jahr die überregional bekannte Kulturveranstaltung „Das Fest“ abgehalten. 38 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 39 ALBGRÜN Das Flüsschen Alb durchquert das gesamte Karlsruher Stadtgebiet von Südosten nach Nordwesten. Bis zum Ersten Weltkrieg fl oss die Alb südlich an der Stadt vorbei und tangierte nur einige Dörfer wie Rüppurr, Bulach, Beiertheim, Mühlburg und Daxlanden. Erst durch die Errichtung der Siedlungen Weiherfeld und Dammerstock in den 1920er Jahren wurde ein Teil der Flussaue zum stadtnahen Park. Der Bau der Karlsruher Südtangente, der in den 1960er Jahren begonnen und 1988 abgeschlossen wurde, veränderte den Flusslauf stark. In Teilstücken musste die Alb verlegt werden. Man nutzte die Baumaßnahmen, um den Fluss mit seinen Ufern zu renaturieren und einen durchgängigen begleitenden Weg für Fußgänger und Radfahrer anzulegen. Von Ettlingen kommend beschränkt sich der Grünstreifen zunächst auf die unmittelbaren Ufer. Erst südlich der Dammerstock-Siedlung weitet er sich zu einem Park auf. Neben der St. Franziskus-Kirche lockt ein großer Spielplatz mit Holzschiff Familien aus der weiten Umgebung an. Die verbesserte Wasserqualität macht es möglich, dass Kinder am fl achen Ufer in der Alb planschen. Weiter nördlich trennt sich der Fußweg vom Wasser, um die Südtangente zu über- und dann die Bahn zu unterqueren. Hinter den Gleisen wird man geradewegs auf das klassizistische Gebäude des Stephanienbades geführt. Bevor man es erreicht hat biegt man nach links in eine großzügige, naturnahe Grünanlage ab. Darunter braust der Verkehr der Südtangente durch den 600 m langen Edeltrudtunnel. Der Weg führt an den Felsblöcken der spektakulären Kaskade vorüber, die mit Albwasser gespeist wird. Ein Stück weiter am Fluss entlang erreicht man schließlich die Günther-Klotz-Anlage. An deren Ende wendet sich die Alb hinter der Gaststätte „Kühler Krug“ zu einer Schleife nach Süden. Hier liegt das Lokal „Beim Schupi“ mit seinem beliebten Biergarten und Volkstheater. An der Stelle, wo die Alb wieder nach Westen biegt, weitet sich das Flusstälchen auf. Über einer gebogenen Stützmauer thront die Albkapelle aus dem 18. Jahrhundert. Etwas weiter fl ussabwärts produzieren die Stadtwerke in der Appenmühle mithilfe der Wasserkraft umweltfreundlich Strom. Passanten werden durch Informationstafeln über das Kraftwerk, die Wehranlagen und die Fischtreppe am Thomaswehr aufgeklärt. Hinter Daxlanden fl ießt die Alb etwas weniger attraktiv aber dennoch mit grünem Begleitweg am Rheinhafen, an der Raffi nerie und am Ölhafen entlang, bevor sie in den Rhein mündet. 1396 Erste urkundliche Erwähnung der Appenmühle in Daxlanden. 1811 – 1814 Bau des Stephanienbades als Tanz- und Veranstaltungssaal mit einem Badeareal an der Alb nach den Plänen von Friedrich Weinbrenner. Das Haus ist nach der Großherzogin von Baden Stéphanie de Beauharnais, der Adoptivtochter Napoleons, benannt. 1905 Einstellung des Badebetriebs im Stephanienbad wegen Gleisbau zum neuen Hauptbahnhof. Die Alb wird verlegt. Für die Gleisanlagen wird die Badepark- Anlage zerstört. 1913 Umsetzung der Maria-Hilf-Kapelle an die Alb, fi nanziert durch die Brauerfamilie Sinner. 1925 Erste Wasserturbine zur Stromerzeugung in der Appenmühle. 1988 Einweihung des 609 Meter langen Edeltrudtunnels. Der Tunnel ist nach der Ehefrau von Oberbürgermeister Otto Dullenkopf benannt, die Patin des Bauvorhabens war. 1988 Pfl anzung des „Sparkassenwäldchens“ aus 175 Bäumen am Tunnel, gestiftet von der Sparkasse Karlsruhe anlässlich ihres 175-jährigen Bestehens. 1988 – 1989 Bau der Grünanlage auf dem Edeltrudtunnel. Die Biotope Tümpel, Obstwiese, Totholzhaufen und Steinlesewall werden mithilfe der Gärtner- Ausbildungsgruppe des Gartenbauamtes angelegt. 1989 Die seit1986 von dem Bildhauer Günter E. Herrmann geplante Wasserkaskade am Edeltrudtunnel wird eingeweiht. Hinweise zur Ausstattung: Zahlreiche Spielplätze, naturnahe Bereiche, Wasserkaskade, Gewässerlehrpfad mit Informationsstationen, Steg und Strand Besonderheit: Die Alb und ihre Uferbereiche sind Teil des nach Europarecht geschützten Fauna-Flora-Habitat-Gebiets „Oberwald und Alb in Karlsruhe“. 40 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 41 KIRCHFELD NORD MIT SIEGFRIED-BUBACK-PLATZ Der Abzug der US-Streitkräfte aus Deutschland hat vielerorts ehemals unzugängliche Gebiete freigegeben, die wieder in die Stadt eingegliedert werden konnten. Im Zuge einer solchen Konversion entstand das Wohngebiet Kirchfeld Nord am westlichen Rand des Hardtwaldes, der sich vom Schlossgarten ausgehend in die Landschaft zieht. Der Lage in direkter Nachbarschaft zu Wald und Feldern entsprechend ist der neue Stadtteil stark durchgrünt. Wiesenfl ächen mit Regenwasser-Versickerungsmulden und einigen alten Bäumen trennen einzelne Wohn-„Cluster“ voneinander. Die Kinder aus den umliegenden Einfamilien- und Reihenhäusern strömen zum Wikingerspielplatz mit seinen urigen Holzhütten und einem kompletten Wikingerschiff. Der einzige Bereich mit Geschosswohnungsbau umgibt den zentralen Siegfried- Buback-Platz. Diese Anlage profi tiert von einer Reihe mächtiger amerikanischer Roteichen, Zeugen der Kasernen- Vergangenheit dieses Standortes. Mit blau blühenden Stauden bepfl anzte Bodenwellen auf dem Platz stellen eine gedankliche Verbindung zum Wikinger-Spielschiff und zu den dänischen Planern der Rahmenkonzeption der Siedlung her. Auch für diejenigen, die nicht hier wohnen, lohnt sich ein Spaziergang durch den naturnahen Grünstreifen am Waldrand entlang. 1959 Bau der Kaserne „Neureut Cantonment“ nördlich der Siedlung Kirchfeld (cantonment = Quartier, Ausbildungslager). Dies war die einzige Kaserne der US-Streitkräfte in Karlsruhe, die komplett neu errichtet wurde. 1996 Abzug der US-Streitkräfte, Belegung eines Teils der Hallen mit einem zentralen Materialpunkt des Heeres. Die Kasernengebäude verfallen. 2002 Planungswerkstatt mit sieben eingeladenen Architekturbüros. Der Entwurf von Tegnestuen Vandkunsten (Architekturbüro aus Kopenhagen) wird zur Realisierung empfohlen. 2005 Erster Spatenstich für die Konversion, Realisierung des zentralen Grünzugs. Planung: Gartenbauamt. 2006 Abschluss des Bebauungsplanverfahrens. Bebauung in Bauabschnitten („Cluster“) 2007 Wikingerspielplatz. 2008 Einrichtung des Sportgeländes. 2012 Einweihung des Siegfried-Buback-Platzes (benannt nach Generalbundesanwalt Siegfried Buback, der 1977 mit seinen Begleitern Wolfgang Göbel und Georg Wurster von Mitgliedern der RAF in Karlsruhe erschossen wurde und zu diesem Zeitpunkt in Neureut wohnhaft war) unter Anwesenheit von Generalbundesanwalt Siegfried Runge und Siegfried Bubacks Sohn Michael Buback. Planung: Gartenbauamt. Hinweise zur Ausstattung: Staudenpfl anzungen, alte Roteichenreihe und kleiner Spielbereich auf dem Siegfried- Buback-Platz, Wikingerspielplatz mit Wikingerschiff und verschiedenen Bewegungsgeräten, naturnahe Regenwasserversickerungsbereiche GRÜNZUG KNIELINGEN In Knielingen befand sich ein weiteres großes Militärgelände, das 1995 geräumt wurde. Inmitten der neuen Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser zieht sich ein Park von einem Ende der Siedlung bis zum anderen. Zwei Fußwege queren ihn. Dadurch ist die Fläche in drei vertiefte Rechtecke unterteilt. Die Vertiefungen entstanden teilweise aus den Kellerräumen der ehemaligen Bebauung. In der südlichen Mulde wurde ein großer Mehrgenerationenspielplatz mit Wasserstelle angelegt. Die beiden anderen dienen als grüner Bewegungsraum und gelegentlich als Regenwasser-Versickerungsfl ächen. Die südöstliche Grenze des Parks wird von einer terrassierten Böschung mit Bastionen aus Sandstein markiert, den nordwestlichen Rand begleitet ein geschwungener Pfad. Beide Ränder sind mit Baumreihen gefasst. Vom früheren Baumbestand wurden mehrere große Exemplare erhalten. Im Norden bildet ein kleiner Platz mit Sitzgelegenheiten, Staudenstreifen und einer berankten Pergola den Übergang zur Egon-Eiermann-Allee, zu einem weiteren, jedoch schmäleren Grünzug und zum ehemaligen Kasino, das heute Gastronomie beherbergt. Dieser Platz wurde 2012 nach der russischen Partnerstadt Krasnodarplatz benannt. 1936 Bau der Rheinkaserne Knielingen. Der zentrale Teil ist die Mudra-Kaserne, benannt nach General Bruno von Mudra. 2003 Begrenzt offener städtebaulicher Realisierungswettbewerb „Konversion des Kasernengeländes in Knielingen“. 1. Preis: Architektur und Stadtplanung Rosenstiel, gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten faktorgrün. ab 2007 Erstellung der zentralen Grünfl äche, Wettbewerbe für die einzelnen Bauabschnitte, fortschreitende Bebauung. 2012 Einrichtung des Sportparks Buchwegäcker. 2012 Benennung des Krasnodarplatzes Hinweise zur Ausstattung: Mehrgenerationenspielplatz, Platz mit Pergola, Sitzgelegenheiten und Stauden 42 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 43 LANDSCHAFTSPARK RHEIN Schon an der Straßenbahnhaltestelle Maxau hat man von einem baumbestandenen Aussichtspunkt den Überblick über Park, Hofgut und Fluss. Wenn man dann auf dem Rheindamm steht und am Fluss entlang blickt, kommt man unwillkürlich auf den Gedanken, wie schön es wäre, von hier aus loszuwandern oder loszuradeln, vielleicht sogar bis Basel oder Köln. Dieser Gedanke befl ügelte die Anlieger des Oberrheins schon lange und führte zur Gründung des Vereins „PAMINA Rheinpark“. Doch die große Vision muss erst einmal konkretisiert werden. Ein wichtiger Baustein auf diesem Weg ist der Landschaftspark Rhein. Schon früher war das Hofgut Maxau, das Herzstück des Landschaftsparks, ein beliebtes Ausfl ugsziel. Doch die Umgebung ließ mit dem vernachlässigten Vorfeld und den intensiv bewirtschafteten Ackerfl ächen zu wünschen übrig. Die Felder wurden in extensiv beweidete Grasfl ächen und kleinteilige Ackerfl ächen umgewandelt, ein Obsthain wurde gepfl anzt, ein Spielplatz für Kinder, Jugendliche und Erwachsene angelegt. Dieser Spielplatz greift symbolisch das Thema „Fluss“ auf, um seine einzelnen Stationen inhaltlich miteinander zu verknüpfen. Da darf ein Schiff natürlich nicht fehlen: Die „Maxau“, was sonst? Der angrenzende Knielinger See, als Baggersee entstanden, ist heute ein wichtiger Rast- und Überwinterungsplatz für Wasservögel. Ein behutsam vom Landschaftspark herangeführter Stichweg endet an einem Aussichtspunkt und macht dort diesen Reichtum der Natur für Besucher erlebbar, ohne die Vögel zu stören. Das Wichtigste aber ist und bleibt das Erlebnis Rhein. Dreiergruppen von Pyramidenpappeln markieren den Flussverlauf. An den Sitzterrassen hat man von der Dammkrone einen Rundblick vom Schwarzwald bis zum Pfälzer Wald. Seit der Neugestaltung kann man endlich über eine sorgfältig gearbeitete, fl ache Treppenanlage bequem bis an das Wasser hinabsteigen. 1817 Beginn der Rheinbegradigung durch Johann Gottfried Tulla, in wenigen Jahren 6 Durchstiche nördlich von Karlsruhe, dadurch Zugehörigkeitswechsel des Geländes des heutigen Landschaftsparks Rhein von der Pfalz (damals bayerisch) zu Baden. 1840 Bau des Hofguts Maximiliansau (später Maxau) als geschlossene Hofanlage. 1853 Errichtung des Tulla-Denkmals südlich des Hofguts. 1992 Einzug des Knielinger Museums in das Hofgut. 1998 Gründung des PAMINA-Rheinparks, in den der Landschaftspark Rhein eingebettet ist. 2005 Erwerb des Hofguts Maxau durch die Stadt Karlsruhe. 2007 Bewerbung für die Bundesgartenschau 2015 mit dem Landschaftspark Rhein, Rückzug der Bewerbung; dennoch Bestätigung des Projekts. 2012 Eröffnung der Dammterrassen und der Mehrgenerationen-Spielanlage. Pfl anzung eines Obstbaumhaines anlässlich des 200. Geburtstages der Sparkasse Karlsruhe. 2015 Betriebsbeginn des Hofgutes Maxau mit Gastronomie. Hinweise zur Ausstattung: Mehrgenerationen-Spielplatz mit Klang- und Wasserspielen, zahlreichen Bewegungsgeräten unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade und einem symbolischen Wasserlauf, Sitzstufen-Anlage am Rhein, Gastronomie, Obsthain, Pappelgruppen, Aussichtspunkt am Knielinger See TURMBERGTERRASSE Der Durlacher Turmberg erhebt sich 256 Meter über dem Meeresspiegel und etwa 140 Meter über der Rheinebene. Von ihm hat man eine beeindruckende Aussicht auf das in der Rheinebene liegende Karlsruhe. Bei klarem Wetter sieht man bis weit in die Pfalz und ins Elsass hinüber. Kein Wunder, dass hier nicht nur im 11. Jahrhundert eine stolze Burg ihren Platz fand, sondern auch seit dem Ende des 19. Jahrhunderts beliebte Ausfl ugslokale eingerichtet wurden. Das Restaurant „Friedrichshöhe“ lag damals auf Terrassen unterhalb des alten Burgturmes. Damit sich die Ausfl ugsgäste nicht gar so abmühen mussten, baute man ihnen die Turmbergbahn, die älteste Standseilbahn Deutschlands (leider nicht mehr ganz originalgetreu erhalten). Die „Friedrichshöhe“ existierte bis weit in die Nachkriegszeit hinein. Nach ihrem Abriss diente die Kellerdecke als Aussichtsplattform neben der Bergstation der Turmbergbahn. Jedoch musste man 2008 feststellen, dass hier erhebliche statische Mängel bestanden. Das Betreten wurde zusehends riskant und schließlich untersagt. Seit 2015 kann man die Aussicht wieder genießen, ohne um die eigene Sicherheit bangen zu müssen. Die ehemals ebene Terrasse hat Sitzstufen aus Naturstein Platz gemacht, zu deren Gründung etliche Bohrpfähle in den Hang getrieben wurden. Gegenüber der Bahnstation fl ankiert eine auf drei Seiten offene Loggia die Stufenanlage. An ihrer Rückseite befi nden sich barrierefreie Toiletten und im Stockwerk darunter ein Veranstaltungsraum mit Küche. Alte Postkarten zeigen, dass der Turmberg früher fast vollständig von Weinbergen bedeckt war. An diesen historischen Zustand erinnert der im Zuge der Neugestaltung wieder angelegte 1000 Quadratmeter große Schauweinberg mit 800 Rebstöcken, der sich unterhalb der Sitzstufen erstreckt. Er wird vom Staatsweingut Karlsruhe-Durlach betrieben. Über das sanierte Hexenstäffele kann man den Weinberg und die Aussichtsterrasse in fast direkter Linie vom Tal aus erreichen, wenn man gewillt ist, sich etwas anzustrengen. 771 Erste Erwähnung des Turmbergs unter dem Namen „Hohenberg“. 11. Jh. Bau einer Burg auf dem Turmberg. 13. Jh. Bau des heute erhaltenen Turmes. nach 1870 Erste Gastronomie auf dem Turmberg. Das Restaurant „Friedrichshöhe“ besteht spätestens ab 1892. 1888 Einweihung der von Ingenieur Karl Müller geplanten Turmbergbahn (Standseilbahn), Antrieb durch Wasserballast. 1944 Das Restaurant „Friedrichshöhe“ brennt nach einem Angriff ab. 1959 Wiedereröffnung des Restaurants „Friedrichshöhe“. Später wird das Lokal abgerissen. Die Turmbergterasse bleibt als schlichte Plattform erhalten. 2012 Die Idee, an der Stelle der Terrasse ein Hotel zu bauen, wird verworfen. Mehrfachbeauftragung zur Neugestaltung der Turmbergterrasse mit kleinem Veranstaltungsraum. 1. Preis: Stefan Fromm Landschaftsarchitekten, Hähnig+Gemmeke freie Architekten. 2015 Einweihung. Hinweise zur Ausstattung: Sitzstufen, Sitzblöcke, Bäume, Hecken, Bauwerk mit einer barrierefreien WC-Anlage und einem Veranstaltungsraum für 60 Personen mit Küche und eigener Terrasse, Schauweinberg mit 800 Rebstöcken 44 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 45 27 1 2 3 4 5 6 7 8 10 11 12 22 21 24 26 26 28 25 13 1415 16 18 13 19 9 29 16 17 23 20 © Stadt Karlsruhe | Liegenschaftsamt | 2016-2026 Alter Flugplatz Hardt- wald Weiher- wald Äußerer Kastenwört Beiertheimer Feld Oberwald Rissnert Hardt- wald Rheinhafen Schloss Messe Rh ei n Knielinger See Landeshafen Wörth Erlachsee Alb Alb Alb Alb Alb Al b Rh ei n 1 Schlossplatz und Schlossgarten 8 2 Fasanengarten 11 3 Botanischer Garten 11 4 Friedrichsplatz 12 5 Nymphengarten 13 6 Zoologischer Stadtgarten 14 7 Beiertheimer Wäldchen 18 8 Festplatz 19 9 Schlossgarten Durlach 20 10 Alter Friedhof 22 11 Theaterplatz 23 12 Südstadt-Grünzug 24 13 Lina-Sommer-Anlage 26 14 Haydnplatz 26 15 Ehemalige Dragonerkaserne 27 16 Fliederplatz 27 17 Lindenplatz in Mühlburg 28 18 Sonntagplatz 29 19 Nottingham-Anlage 30 20 ZKM-Grünzug 31 21 Otto-Dullenkopf-Park 32 22 Stadtpark Südost 34 23 Schmallen 35 24 Günther-Klotz-Anlage 36 25 Albgrün 38 26 Kirchfeld Nord mit Siegfried-Buback-Platz 40 27 Grünzug Knielingen 41 28 Landschaftspark Rhein 42 29 Turmbergterrasse 43 STADTPLAN Grünfl ächen und Parkanlagen 46 | DER GRÜNE FÄCHER – PARKS UND ANLAGEN IN KARLSRUHE GARTENBAUAMT | 47 www.karlsruhe.de QUELLENVERZEICHNIS Uta Schmitt: Der Stadtgarten in Karlsruhe – Ein historischer Streifzug Karlsruhe 2007 Verdyck Gugenhan Freie Landschaftsarchitekten: Schlossgarten, Schlossplatz, Botanischer Garten und Fasanengarten Karlsruhe Parkpfl egewerk Historische Analyse, Dokumentation, Denkmalpfl egerische Zielsetzung Stuttgart 2011 Thomas Henz: Der Prozess einer großräumigen Stadtreparatur – Ein Beispiel aus Karlsruhe Südost in: Stadt und Grün 2/2012 S. 18 – 21 Thomas Henz: Militärische Konversionen in Karlsruhe – Neues Grün und eine Verschnaufpause für die Landschaft in: Stadt und Grün 8/2013 S. 15 – 21 Thomas Henz: Der Landschaftspark Rhein in Karlsruhe – Ein Konzept für Naherholung und Naturerlebnis in der Rheinaue in: Stadt und Grün 6/2012 S. 45 – 51 Horst Schmidt: Vernetztes Grün in der Gottesaue in: Garten und Landschaft 12/1992 S. 25 – 30 Horst Schmidt: Was ist dem Schloß angemessen? in: Garten und Landschaft 10/1984 S. 21 – 27 BÜGA 2015 (Hrsg.): Grün in Karlsruhe – Parks.Gärten.Bäume Karlsruhe 2015 Gottfried Leiber: Friedrich Weinbrenners städtebauliches Schaffen für Karlsruhe – Teil I: Die barocke Stadtplanung und die ersten klassizistischen Entwürfe Weinbrenners Karlsruhe 1996 Stadtarchiv Karlsruhe, Manfred Koch (Hrsg.): Stadtplätze in Karlsruhe Karlsruhe 2003 Stadt Karlsruhe | Gartenbauamt: 100 Jahre Gartenbauamt Karlsruhe 1905 – 2005 Stadt Karlsruhe | Gartenbauamt: Baustellen erleben in Karlsruhe – Stadtpark Südstadt-Ost Regierungspräsidium Karlsruhe, Referat 25, Denkmalpfl ege, Dr. Kieser: Stadtgarten Karlsruhe Begründung der Denkmaleigenschaft gemäß § 2 DSchG 2006 www.karlsruhe.de: Leben und Arbeiten Datenbank der Kulturdenkmale: Christian Bereuther: Alter Friedhof, Waldhornstr. 61, Oststadt (Denkmaltag 2012) Mirko Felber: Der Schlossgarten Durlach, Durlach, Karlsburgstraße, Kastanienallee (Denkmaltag 2011) ka.stadtwiki.net http://sanierung.staatstheater.karlsruhe.de/sanierung/ baugeschichte www.durlacher.de 19.07.2012, 20.08.2014 Archiv des Gartenbauamtes Karlsruhe Stadtarchiv Karlsruhe IMPRESSUM Stadt Karlsruhe Gartenbauamt Lammstraße 7 a, 76133 Karlsruhe gba@karlsruhe.de www.karlsruhe.de/b3/freizeit/gruenfl aechen Amtsleitung: Helmut Kern Texte: Marketa Haist, Uta und Peter Gautel Bilder: Monika Müller-Gmelin – Stadtplanungsamt Helmut Kern – Gartenbauamt Thomas Henz – Gartenbauamt Roland Fränkle – Presse- und Informationsamt Layout: C. Streeck Gedruckt in der Rathausdruckerei auf 100 Prozent Recyclingpapier. Erscheinungsjahr 2017
https://www.karlsruhe.de/securedl/sdl-eyJ0eXAiOiJKV1QiLCJhbGciOiJIUzI1NiJ9.eyJpYXQiOjE3MTM2NDMzMDgsImV4cCI6MzMyMTc2MjY0NTYsInVzZXIiOjAsImdyb3VwcyI6WzAsLTFdLCJmaWxlIjoiZmlsZWFkbWluL3VzZXJfdXBsb2FkLzA0X0t1bHR1cl9GcmVpemVpdC8wNDdfRnJlaXplaXRfdW5kX1RvdXJpc211cy9QYXJrc191bmRfR3J1ZW5hbmxhZ2VuL0Jyb3NjaHVlcmVfRGVyX0dydWVuZV9GYWVjaGVyXzE3LTAwMDRfNThjMTExMzA5NWU4Zi5wZGYiLCJwYWdlIjo0MDU3fQ.lS_SpTztCObkN11sj1DNTEt6CBocFSOYZhVkXXhBg-A/Broschuere_Der_Gruene_Faecher_17-0004_58c1113095e8f.pdf
Kulturamt Stadt Karlsruhe_Jahresbericht 2015_Juli 2016.indd Stadt Karlsruhe Kulturamt Jahresbericht 2015 KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE KULTURAMT | 3 www.karlsruhe.de INHALTSVERZEICHNIS Kulturelle Vielfalt, gesellschaftliches Miteinander und Partizipation – die Arbeit des Kulturamtes 2015 im Überblick ....................................................................... 4 Allgemeine Verwaltung/Zentrale Dienste ................................................................................ 6 Kulturbüro ............................................................................................................................ 8 Städtische Galerie ............................................................................................................... 16 Stadtarchiv & Historische Museen ........................................................................................ 20 Stadtbibliothek .................................................................................................................... 26 4 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 5 www.karlsruhe.de DIE ARBEIT DES KULTURAMTES 2015 IM ÜBERBLICK KULTURELLE VIELFALT, GESELLSCHAFTLICHES MITEINANDER UND PARTIZIPATION 2015 standen der Stadtgeburtstag, vor allem aber die Schärfung des im Kulturkonzept verankerten Kulturbegriffs im Zentrum. Die Arbeit des Kulturamts wurde wieder von der Überzeugung geleitet, dass das Recht auf Kultur als ein Grund- und Menschenrecht gelten soll. Die Ermöglichung der kulturellen Vielfalt und der allgemeinen Teilhabegerechtigkeit waren prioritäre Ziele des Kulturamts, das sich dem Individuum als dem Subjekt kulturellen und künstlerischen Handelns verpfl ichtet sieht. Vor allem der Stärkung der kulturellen Vielfalt, der Integration und der Partizipation wurden viele Anstrengungen gewidmet und hierfür neue Wege gegangen. Die Stadtbibliothek legte einen Informationsfl yer auf, der die frei zugänglichen Angebote für Gefl üchtete und für die Arbeit der Ehrenamtlichen aufl istet. Stadtarchiv & Historische Museen erarbeiteten erneut partizipativ angelegte Ausstellungen und setzten – wie auch die Städtische Galerie – die Kooperation mit der vhs Karlsruhe fort, Teilnehmende der Integrationskurse in die Dauerausstellungen einzuladen. Dieses Vorhaben mit dem Titel „Kunst und Integration. Migrant/innen lotsen Migrant/innen“ dient zum einen dem Spracherwerb und führt gleichzeitig zu einem interkulturellen Kunstverständnis und dem Kennenlernen der Geschichte Karlsruhes. Inzwischen wird dieses 2012 vom Kulturamt initiierte Projekt auf der Ebene des vhs- Bundesverbandes als „Modell Karlsruhe“ gehandelt, das in anderen Städten Nachahmer fi nden kann. Ebenfalls eine Vorläuferrolle übernahm Karlsruhe, als auf Anregung des Kulturamtes hin die Generalkonferenz der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR), die im Oktober in Karlsruhe stattfand, sich dem Thema „Welcoming cities“ widmete. Erstmals wurde explizit die Bedeutung der Rolle der Kommunen im Umgang mit Flucht und Asyl, Integration und Willkommenskultur unterstrichen. Die Abschlusserklärung dieser Konferenz war der Auftakt für die UNESCO, in 2016 Leitlinien und Handreichungen mit den Städten zu erarbeiten für die Unterstützung der Städte beim Entwickeln einer Willkommenskultur. In der zweiten Jahreshälfte war auch das Kulturamt aufgefordert, ein umfassendes Konzept für den Haushaltsstabilisierungsprozess (HASPKa) zu erarbeiten. Dabei wurden sowohl die eigenen Einrichtungen genau betrachtet als auch die gesamte städtisch geförderte Kulturszene. Leitlinien für die Kürzungsvorschläge waren dabei die Setzungen, die der Kulturerklärung für Karlsruhe und den obersten Zielen des Kulturkonzeptes zugrunde liegen. Trotz aller Kürzungen soll das Recht auf Kultur gelten und das gesellschafts- und kulturpolitische Bekenntnis zu den Menschenrechten Ausdruck fi nden. Es geht um die weitgehende Beibehaltung des Niveaus und der Vielfalt der Angebote trotz aller Einschränkungen. Eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe erarbeitete in mehreren Sitzungen ein tragfähiges Konzept, vor allem die Abteilung Allgemeine Verwaltung/Zentrale Dienste war bei der HSPKa gefordert, die notwendige Zahlenbasis zu liefern, Formulare auszufüllen und Berechnungen anzustellen. Auch der Stadtgeburtstag „300 Jahre Karlsruhe“ spielte für die Arbeit des Kulturamtes eine große Rolle. Mit herausragenden Ausstellungen, der Ausrichtung von nationalen und internationalen Konferenzen und umfänglich-vielseitigen Unterstützungen der Jubiläumsveranstaltungen trugen wir viel für das Gelingen und auch die überregionale Strahlkraft der Kulturstadt bei. Die Städtische Galerie, die in den ersten Monaten noch mit der Rücklagerung der Kunstwerke der wegen Sanierung der Sprinkleranlage ausgelagerten Kunstwerke befasst war, zeigte drei umfangreiche Ausstellungen. Vor allem die dem badischen und Karlsruher Baumeister Friedrich Weinbrenner gewidmete Jubiläumsausstellung, die gemeinsam mit dem Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau am KIT erarbeitet wurde, fand sehr große überregionale Beachtung. Stadtarchiv & Historische Museen konnten große Fortschritte bei der Bestandserhaltung, unter anderem durch den erfolgreichen Neustart des Projekts „Rettung historischer Bauakten“, und beim Sammlungsaufbau erzielen und waren in allen Aufgabenbereichen der historischen Bildungsarbeit präsent. Die Digitalisierung der Bestände wurde ausgebaut, das digitale Stadtlexikon der Öffentlichkeit präsentiert. Unter der vielseitigen Ausstellungstätigkeit sticht die Doppelpräsentation von Pfi nzgaumuseum und Stadtmuseum „Genug gejubelt!? Pleiten, Pech und Glücksfälle der Stadtgeschichte“ heraus. Neue Wege der Gesprächskultur wurden mit der Einführung des „Historischen Mittwochabends“ gesucht. Ebenso konnte der Deutsche Archivtag nach Karlsruhe geholt werden, der auf großes Interesse stieß. Die Stadtbibliothek mit Hauptstelle, Zweigstellen und Medienbus konnte die Zahl der Medienentleihungen im Vergleich zum Vorjahr nochmals steigern auf nun über 1,7 Millionen. Der digitale Wandel zu E-Medien, E-Book-Reader und digitalem Bücherregal hat die Stadtbibliothek endgültig erreicht, zumal nun auch alle Zweigstellen mit E-Book-Readern ausgestattet wurden. Das Medienangebot erreicht fast alle Kreise der Stadtgesellschaft, auch weil die internationale Weltpresse digital vorliegt und umfänglich genutzt wird. Die Kinder- und Jugendbibliothek ist weiterhin ein Attraktionspunkt und hat erneut ein Rekordergebnis erzielt. Das Kulturbüro, das 2015 eine neue Leitung bekam, war über die gewöhnliche alltägliche Tätigkeit hinaus in sehr viele künstlerisch-kulturelle Projekte zum Stadtgeburtstag fördernd und beratend eingebunden und mit der Organisation der schon genannten Tagung der ECCAR befasst. Erstmals wurde unter anderem der im Kulturkonzept verankerte Fördertopf für interdisziplinäre Projekte an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Technologie ausgeschrieben. Zudem wirkte das Kulturbüro beispielsweise bei der Konzeption und Umsetzung der Kulturmarketing-Kampagne mit, die gemeinsam mit der Stadtmarketing Karlsruhe GmbH und der Karlsruhe Tourismus GmbH erarbeitet wurde. Und wie schon im letzten Jahresbericht sei hier nochmals neben dem Recht auf Kultur mit Friedrich Schiller betont: „Kunst ist eine Tochter der Freiheit.“ Dr. Susanne Asche Leiterin Kulturamt 6 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 7 www.karlsruhe.de ALLGEMEINE VERWALTUNG/ ZENTRALE DIENSTE Die Abteilung erbringt als Querschnittseinheit zentrale Verwaltungsdienstleistungen für das gesamte Kulturamt. Dies geschieht in den Bereichen Personal, Finanzen, Organisation, Controlling, IuK sowie durch organisationsübergreifende Servicedienste, wie Buchbinderei und Aufsichtspool. Nachfolgend Daten zur personellen Entwicklung des Kulturamts und zu den Finanzen: PERSONALBESTAND ANZAHL DER MITARBEITER/INNEN VOLLZEITSTELLEN IST-STELLEN zum 31.12.2013 zum 31.12.2014 zum 31.12.2015 zum 31.12.2013 zum 31.12.2014 zum 31.12.2015 Direktion 2 2 2 2 2 2 Verwaltung insgesamt darunter: Verwaltung Aufsichtspool  Stammpersonal  Saisonpersonal Buchbinderei 53 8 32 7 6 52 8 33 5 6 53 8 33 5 7 37,59 6,5 21,03 4,44 5,62 36,42 6,82 20,77 3,21 5,62 36,42 6,82 20,77 3,21 5,62 Kulturbüro 20 21 21 17,07 18,06 18,06 Kunstsammlungen 14 13 12 11 10 10 Stadtarchiv & Historische Museen 20 20 23 17,86 17,86 20,06 Stadtbibliothek* 66 64 64 52,24 51,70 52,41 175 172 175 137,76 136,04 138,89 * Haupt-, Jugend-, Amerikanische Bibliothek und Stadtteilbibliotheken WEITERE KENNZAHLEN ZUR PERSONALWIRTSCHAFT zum 31.12.2013 zum 31.12.2014 zum 31.12.2015 Frauenanteil insgesamt 72,32 % 71,53 % 69,71 % Frauenanteil Leitungsebene 66,00 % 66,00 % 50,00 % Volontariate, Auszubildende, studentische Praktika ** 2 / 7 / 13 + 3 GBJ 2 / 8 / 17 + 4 GBJ 2 / 7 / 13 + 4 GBJ Fehlzeitenquote 5,6 % 6,0 % 6,9 % Schwerbehindertenquote 13,71 % 14,53 % 13,14 % ** Darüber hinaus wurden zahlreiche kurzzeitige Betriebspraktika durchgeführt. FINANZEN 2013 2014 2015 Buchungsfälle im SG Finanzen 8.545 9.325 10.439 KULTURETAT 2013 2014 2015*** IST Anteil IST Anteil IST Anteil Ordentlicher Aufwand  davon Personal- und Versorgungsaufwand  davon Sachaufwendungen  davon Abschreibungen  davon Transferaufwendungen an Badisches Staatstheater (inklusive Zinsaufwand für Kulissenlager)  davon Transferaufwendungen an ZKM  davon Transferaufwendungen an weitere kulturelle Institutionen und kulturelle Projekte 47.420.101 € 7.752.856 € 2.811.884 € 916.339 € 21.898.603 € 8.126.900 € 5.913.519 € 16,4% 5,9% 1,9% 46,2% 17,1% 12,5% 48.195.700 € 8.189.753 € 2.635.881 € 933.388 € 21.810.201 € 8.526.200 € 6.100.277 € 17,0% 5,5% 1,9% 45,3% 17,7% 12,6% 52.853.902 € 8.432.706 € 3.614.951 € 957.410 € 23.149.451 € 8.933.000 € 7.766.384 € 16,0% 6,8% 1,8% 43,8% 16,9% 14,7% Ordentliche Erträge 1.968.289 € 2.010.052 € 2.089.368 € *** vorläufi ge Prognose, da Rechnungsabschluss 2015 noch nicht erfolgt ist. Die Erhöhung des Aufwands im Jahr 2015 resultiert insbesondere auch aus Maßnahmen im Rahmen des 300. Stadtgeburtstages. BUCHBINDEREI AUFTRÄGE FÜR 2013 2014 2015 Stadtbibliothek 58 % 56 % 60 % Stadtarchiv & Historische Museen 31 % 33 % 25 % Externe 11 % 11 % 15 % AUFSICHTSPOOL 2013 2014 2015 Anzahl der Ausstellungen 19 20 18 Bedarf an Aufsichtsstunden **** 40.025 41.666 42.756 **** inkl. Ausstellungseröffnungen, Konzerte, KAMUNA, Museumsfeste und sonstige Sonderveranstaltungen 8 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 9 www.karlsruhe.de KULTURBÜRO AUFGABEN ALLGEMEIN UND SCHWERPUNKTE 2015 1. KULTURFÖRDERUNG UND BERATUNG Das Kulturbüro ist die zentrale Förder- und Beratungsstelle für institutionelle und freie Kulturakteure in der Stadt. Es geht von einem weiten Kulturbegriff aus, wie er im Kulturkonzept 2025 seinen Niederschlag gefunden hat. Die Förderung wie auch eigene Projekte orientieren sich – neben den Vorgaben des Haushalts – vielfach an den Handlungsfeldern des Kulturkonzepts 2025 sowie an gesellschaftlichen Themen und Entwicklungen. Die Kulturförderung umfasst die Prüfung und Bearbeitung von institutionellen und projektbezogenen Förderanträgen und die Ermöglichung, Begleitung und Betreuung von Projekten der geförderten Kulturträger. Sie umfasst daneben die Beratung in Bezug auf Räume, Projektpartner, Fördermöglichkeiten, Drittmittelerschließung, Infrastruktur, Vernetzung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Presse. Wichtiger Bestandteil der Förderung sind ebenso die Kontrolle der Mittelverwendung, die Abrechnung und Belegprüfung wie auch die Evaluierung und Auswertung der Ergebnisse. Hinzu kommen die Betreuung baulicher Sanierungs- und Infrastrukturerhaltungsmaßnahmen. SCHWERPUNKTE 2015 Neben der Abwicklung der umfangreichen Förderaufgaben stand 2015 die Arbeit des Kulturbüros im Zeichen des Stadtjubiläums. In zahlreiche Projekte war es fördernd, begleitend, Rat gebend oder auch verwaltungsmäßig absichernd eingebunden. Raum nahmen die baulichen Projekte auf dem Gelände des Alten Schlachthofs ein, ebenso die vom Gemeinderat beschlossene Räumung der Ateliers hinterm Hauptbahnhof mit dem Verlust von künstlerischen Arbeitsstätten und die Erschließung und Vermittlung neuer kultureller Räume. Erstmals wurde der Wettbewerb für interdisziplinäre Projekte im Schnittstellenbereich von Kunst, Wissenschaft und Technologie ausgeschrieben. 2. VERANSTALTUNGEN Eigene Veranstaltungen des Kulturbüros werden in der Regel in Kooperation mit anderen Kulturakteuren durchgeführt und tragen zum Kulturprofi l der Stadt Karlsruhe nach innen und außen bei. Außerdem begleitet und unterstützt das Kulturbüro Veranstaltungen der Kulturinstitutionen und Kulturakteure und tritt als Partner von Veranstaltungen auf. Mit diesen Projekten und Festivals werden gezielt inhaltliche Akzente und Schwerpunkte in der Karlsruher Kulturlandschaft gesetzt. Das Kulturbüro versteht sich als Teil der inhaltlichen und konzeptionellen Entwicklung, als Koordinator und Organisator und sieht sich verbunden im Netzwerk der Karlsruher Kulturakteure. SCHWERPUNKTE 2015 Vorbereitung oder Durchführung folgender Festivals beziehungsweise Veranstaltungsformate: 3. Karlsruher Wochen gegen Rassismus einschließlich der zentralen Eröffnungsveranstaltung der Internationalen Wochen gegen Rassismus, 8. Karlsruher Krimitage, 22. Karlsruher Künstlermesse, 13. Frauenperspektiven „Über Arbeit – Über Leben“, KiX+JuX – Das Kulturfestival der Kinder und Jugendlichen, 3. Karlsruher Theaternacht, KAMUNA, 16. Reinhold-Frank-Gedächtnisvorlesung, ORGANUM – Konzert für acht Orgeln und Elektronik, 7. Generalkonferenz der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) “Welcoming cities – keys for an anti-racist culture”, Karlsruher Literaturtage, Rathaus-Konzerte, ZeitGenuss – Festival für Musik unserer Zeit, ebenso zahlreiche Kooperationsveranstaltungen (zum Beispiel „Schwein gehabt 2015“ – 2 Tage Kunst und Kultur auf dem Alten Schlachthof, BEYOND) sowie Städtepartnerschaftsprojekte wie „Come Together“ der Jugendorchester der Partnerstädte. 3. KONZEPTE – SCHWERPUNKTE 2015 Erarbeitung von Einsparmaßnahmen im Rahmen der Haushaltsstabilisierung 2017 bis 2022, Kulturmarketing-Konzept zusammen mit Karlsruhe Tourismus GmbH und Stadtmarketing Karlsruhe GmbH, Weiterentwicklung des Kreativparks Alter Schlachthof und der Arbeit des K³-Kultur- und Kreativwirtschaftsbüros, Weiterentwicklung der Verortung des Jazzclub Karlsruhe e. V. 4. INTERNE DIENSTLEISTUNGEN Das Kulturbüro ist neben seinen externen Dienstleistungsaufgaben im Bereich der Kulturförderung auch interner „Dienstleister“. Hier werden hauptsächlich für den Oberbürgermeister, die Dezernenten und die Amtsleitung Reden, Stellungnahmen und Antwortschreiben verfasst. Außerdem ist das Kulturbüro als Mitglied oder Koordinator, vorbereitend oder fachlich begleitend mit folgenden Gremien verbunden: Stiftungsrat ZKM, Verwaltungsrat Badisches Staatstheater Karlsruhe, Stiftungsrat Centre Culturel Franco-Allemand, Kulturausschuss, Kunstkommission, Kuratorium der Europäischen Kulturtage, Arbeitskreis Kultur der TechnologieRegion Karlsruhe, Aufsichtsrat Karlsruher Fächer GmbH, Forum für Kultur, Recht und Technik, Stiftung Karpatendeutsches Kulturwerk, Mechthilde-Meyer-Stiftung, Reinhold-Frank-Gedächtnisvorlesung, Schule und Kultur, ECCAR Steering Committee, IBZ Mitgliederversammlung, Arbeitskreis Frauenperspektiven, Round Table Kulturelle Bildung, Arbeitskreis Karlsruher Bücherschau, Arbeitskreis ARD Hörspieltage, Netzwerk gegen Rechts, AKÖ Arbeitskreis Kulturelle Öffentlichkeitsarbeit des Kulturkreises, Verein „ausgeschlachtet“ Alter Schlachthof. Schließlich erarbeitet das Kulturbüro mit dem Presse- und Informationsamt regelmäßig die Schwerpunkte der kulturellen Berichterstattung. 10 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 11 www.karlsruhe.de 5. PERSONALIA Zum 1. Juli 2015 erfolgte ein Wechsel in der Leitung des Kulturbüros. Die frühere Leiterin, die diese Funktion seit 2008 innehatte, schied auf eigenen Wunsch aus dem Dienst der Stadt Karlsruhe aus. Im Rahmen einer internen Ausschreibung wurde der bisherige stellvertretende Leiter des Kulturbüros, Claus Temps, zum neuen Leiter gewählt. Die Stellvertretende Leitung des Kulturbüros wurde Claudia Lahn, der Leiterin des Fachbereichs 1 im Kulturbüro, übertragen. Die frei gewordene Stelle der Leitung des Fachbereichs Musik, Bildende Kunst, Wissenschaft, Projekte wurde im Frühjahr 2015 extern ausgeschrieben. Aus 186 Bewerbungen wurde Felicia Maier ausgewählt. Sie trat ihren Dienst im Oktober 2015 an. TÄTIGKEITEN 2015 (AUSWAHL) 1. KULTURFÖRDERUNG, BERATUNG, BEWILLIGUNGEN, VERWENDUNGSNACHWEISE Bewilligungsbescheide für institutionelle und projektbezogene Förderungen Prüfung von Verwendungsnachweisen Beratungsgespräche 880 450 circa 1.500 Haushalt 2015 Institutionelle Förderung Projektförderung Sachmittel (Eigene Projekte) Gesamt 36.871.207,75 € 2.074.808,82 € 1.239.285,81 € 2. VERANSTALTUNGEN UND PROJEKTE (AUSWAHL) THEMEN 2015 RELEVANT FÜR KULTURKONZEPT Planung und Durchführung der 22. Künstlermesse, 24. bis 26. April Rad: fördern, veranstalten Planung und Durchführung des Festivals ZeitGenuss, 23. bis 30. Oktober Rad: fördern, veranstalten Planung und Durchführung der Konzertreihe Musik im Rathaus, 4. November bis 16. Dezember Rad: fördern, veranstalten, Recht auf Kultur Schenkung einer Großskulptur aus Taiwan, 19. bis 21. August HF 4 Planung und Durchführung des Adventskonzerts mit dem Heeresmusikkorps Koblenz, 14. Dezember Rad: veranstalten, Recht auf Kultur Planung und Durchführung von ORGANUM, Konzert für acht Orgeln und Elektronik, Zeitgenössische Musik in KA, im Rahmen von KA 300, 19. September HF 5 Förderung von WESPE, Bundeswettbewerb der Besten unter den Besten, Deutscher Musikrat, 18. bis 19. September; Förderung des Landesjazzfestes, 4. September und 17. Oktober, Jazzclub Karlsruhe e. V. HF 2, Rad: fördern, veranstalten Planung und Durchführung des Karlsruher Kulturfrühstücks, sechs Termine HF 2 Ausschreibung und Durchführung des Wettbewerbes zur Vergabe des Hanna-Nagel-Preises Rad: fördern Begleitung der Planung der Karlsruher Museumsnacht am 1. August HF 1, Recht auf Kultur Planung und Durchführung der Tagung des Karlsruher Forums am 23. Oktober im ZKM HF 2, HF3, HF 5 Betreuung der städtischen Ateliers; Ausschreibung und Vergabe von Ateliers, Vergabe von Mietkostenzuschüssen für städtische Ateliers; Betreuung, Verwaltung und Abrechnung der Ateliers im Atelierhaus Alter Schlachthof HF 4, Rad: fördern Kunst im öffentlichen Raum: Bestandsaufnahme und Sanierung der Kunstwerke; Neukonzeption des Platzes der Grundrechte mit Sanierung, Ergänzung der Schilder, Erstellung eines neuen Flyers HF 4 UND8 – Plattform für Freie Kunst, Kunstinitiativen und internationale Gäste, 15. bis 18. Oktober, Förderung, Beratung, Begleitung Rad: fördern Vergabe des Karlsruher Kulturstipendiums und der Karlsruher Hochschulpreise HF 3, Rad: fördern Förderung und Begleitung der Belange der VHS, der JUKS und der PAMINA-VHS HF 2, Recht auf Kultur Förderung und Begleitung der ARD Hörspieltage mit dem 10. Kinder- hörspielpreis der Stadt Karlsruhe HF 2, Recht auf Kultur 33. Karlsruher Bücherschau, Förderung und Begleitung; 3. Karlsruher Literaturtage, Förderung und Begleitung, 8. Karlsruher Krimitage,13. bis 21. März, Planung und Durchführung Rad: fördern Badisches Staatstheater: Kulturlotsen, Förderung und Begleitung HF 2; Recht auf Kultur Literaturprojekte: AUTORIKA, Literatenrunde (unter anderem Projekte mit jungen Flüchtlingen), Lesereihe von Monika Lustig, Regine Kress- Fricke, Karlsruher Lesenacht, Imagebroschüre Literatur in Karlsruhe, Druckkostenzuschüsse. Recht auf Kultur, Rad: fördern interdisziplinäre Kinder- und Jugendprojekte: Jugendzirkus Maccaroni, Tiyatro Diyalog, Kindertheater der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Ana + Anda, African Summer Festival, Märchen-Projektwoche HF 2 HF = Handlungsfeld HF 1: Kulturelles Erbe HF 2: Kulturelle und gesellschaftliche Bildung HF 3: Stärkung der Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Technologie HF 4: Stadt: Raum für Kultur HF 5: Kultur und Wirtschaft 12 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 13 www.karlsruhe.de Kinder- und Jugendtheaterprojekte: 29. Schultheaterwoche, 10. marottinale, EFI-Projekt, American Drama Group HF 2 Betreuung Fastnachtsumzüge Karlsruhe, Durlach, Daxlanden, Neureut; Förderung HF 1 Karpatendeutsches Kulturwerk, Bundestreffen 25. April, Tag der Heimat 2015, Bund der Vertriebenen HF 1 „Kultur und Schule“, Ausschreibung, Koordination, regelmäßige Qualitätskontrolle; Pilotprojekt „Kulturinseln“ an Ganztagesgrundschulen; Round Table Kulturelle Bildung HF 2 16. Reinhold- Frank-Gedächtnisvorlesung 2015, Planung und Durchführung HF 1 Diverse Theaterprojekte, Senioren- und Migrantenprojekte, Oliver Sehon Improvisationstheaterfestival, Tanztheater Patricia Wolf, Piotr Tomczyk, 10 Jahre Tanztheater Etage Gabriela Lang; 3. Karlsruher Theaternacht, 12. September, Förderung und Begleitung Recht auf Kultur, HF 2 Diverse Publikationen zum Stadtgeburtstag 2015, darunter der aktuelle Karlsruhe-Roman sowie Flyer „Goethe in Karlsruhe“, Karlsruher Kirchenführer HF 1, 2 Vereinsmusikpfl ege: Allgemeinzuschüsse, Mietzuschüsse, Erbbauzinsen, Sonderzuschüsse, Jubiläumszuschüsse HF 1, Rad: födern Orgelfabrik, Ausstellungen (Ausschreibung, Jurierung, Betreuung), Koordinierung und Förderung der Aktivitäten der Nutzer des Kulturzentrums HF 4, Rad: fördern Betreuung und Förderung der Kulturzentren Tollhaus, Tempel, Mikado, Wirkstatt, KOHI und Substage HF 4, Rad: fördern 3. Karlsruher Wochen gegen Rassismus, 13. bis 29. März, Planung, Koordination und Durchführung HF 2, Recht auf Kultur, Vielfalt, Bekennen 7. Generalkonferenz der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) „Welcoming cities – keys for an anti-racist culture“ 8./9. Oktober, Kongresszentrum Karlsruhe; Planung, Durchführung, Begleitung HF 2, Recht auf Kultur, Vielfalt, Bekennen Internationale Projekte, Interkulturelle Projekte deutsch-ausländischer Gesellschaften und ausländischer Kulturvereine, Projekte des interreligiösen Dialogs, Betreuung und Beratung der Stiftung Centre Culturel Franco-Allemand Karlsruhe HF 2 „Garten der Religionen“ (Eröffnung 24. September), Bauliche Entwicklung, Finanzierung, Eröffnung HF 2, Recht auf Kultur, Vielfalt, Bekennen Städtepartnerschaftsprojekte mit Nancy (60 Jahre Städtepartnerschaftsjubiläum), Nottingham, Halle, Temeswar und Krasnodar; Projekt zum Stadtjubiläum: „Come Together“ mit Konzerten im Schlossgartenpavillon mit Jugendorchestern aus vier Partnerstädten und dem Jugendorchester Karlsruhe und ORGANUM; Projekte mit der Projektpartnerstadt Rijeka; neue Projektpartnerschaften mit Sakarya und Van (ab September 2015) HF 2 Grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Europathemen: Forum Kultur der Oberrheinkonferenz, Projekte mit dem Elsaß, Europa-AG, Europabericht, EUROCITIES Culture Forum und Creative Industries HF 2 Betreuung und Förderung des kommunalen Kinos Kinemathek; Filmfestivals und Filmreihen wie zum Beispiel Dokumentarfestival DokKa, Stummfi lmfestival, Independent Days, Ferienkino HF 4, Rad: fördern Betreuung und Förderung des ZKM, Vorbereitung der Sitzungen des ZKM-Stiftungsrats in Kooperation mit dem ZKM und Landesministerien, Begleitung von Projekten wie zum Beispiel GLOBALE, Wissenschaftsjahr, Beyond 3D-Festival HF 3, 4, Rad: fördern Einweihung „Platz der Menschenrechte“ auf dem ZKM-Vorplatz am 10. Dezember Rad: Kultur als Grund- und Menschenrecht Projekte auf dem Kreativpark Alter Schlachthof: unter anderem „Schwein gehabt 2015“ – Zwei Tage Kunst und Kultur auf dem Alten Schlachthof am 16./17. Mai, weitere geförderte Projekte wie zum Beispiel in der Fleischmarkthalle, im Atelieraus, Perfekt Futur, Tollhaus, Substage, der Alten Hackerei, Spuktheater HF 4, HF 5, Rad: fördern Projekte und Veranstaltungen des K³ Kultur- und Kreativwirtschaftsbüros in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung: zum Beispiel Kreativstart-Kongress, Veranstaltungsreihe „7x7“ und Creative Fem.Net (im Tollhaus), Kultur- und Kreativwirtschaftswoche (im Schlossgartenpavillon), neue Reihe: kreatives Speeddating (Wirtschaft trifft Kreative), Seminare, Vorträge, Beratungen, Vernetzung und Kooperationen mit der Kreativszene, K³-Internetportal HF 3, HF 5, Rad: fördern, veranstalten Förderung, Betreuung und Auswahl der Gründerfi rmen im Kreativgründungszentrum Perfekt Futur, Planung von Anschlussnutzungen (Wachstums- und Festigungszentrum) gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung und der Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG HF 3, HF 4, HF 5 Interdisziplinäre Projekte (Querfunk, Gedok, CSD, Ladyfest, Farbschall e. V.) HF 2, Rad: fördern Erstmalige Ausschreibung und Vergabe von Fördermitteln für interdisziplinäre Projekte im Schnittstellenbereich von Kunst, Wissenschaft und Technologie HF 3, HF 5, Rad: fördern KiX+JuX – Das Kulturfestival der Kinder und Jugendlichen, 26. bis 29. Mai (KiX) und 11. Mai bis 27. Juni (JuX), Planung und Durchführung HF 2, Rad: fördern und veranstalten Festival Frauenperspektiven „Über Arbeit – über Leben“, 17. bis 26. April HF 2, Rad: fördern und veranstalten Organisatorische Unterstützung der Mahnwache für Frieden und Toleranz anlässlich des Anschlages auf die Redaktion von Charlie Hebdo HF 2, Vielfalt 14 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 15 www.karlsruhe.de 3. KONZEPTE, MITARBEIT UND UMSETZUNG (AUSWAHL) THEMA 2015 RELEVANT FÜR KULTURKONZEPT Stadtgeburtstag 2015: Bespielung des Pavillons durch Karlsruher Theater, Schule und Kultur Gesamtstadt Umsiedlung Badisches Schulmuseum HF 1, Rad: fördern, vermitteln Umstrukturierung Hofgut Maxau HF 1 Vorbereitung der 7. KinderLiteraturtage in Karlsruhe KLiK 29. Februar bis 11. März 2016 HF 2 Sanierung Gebäudetechnik ZKM-Hallenbau in Kooperation mit ZKM, Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft, Land (Baukorridor-Zuschuss) HF 3, HF 4 Sanierung und Gebäudeunterhaltung Orgelfabrik in Kooperation mit Stadtamt Durlach, Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft und Nutzern HF 4 Weiterentwicklung Kreativpark Alter Schlachthof in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung und der KFE: Regelmäßiger Jour fi xe mit Verein ausgeschlachtet und Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG (KFE); Symposium 10 Jahre Alter Schlachthof; Ansiedlung neuer Nutzerinnen und Nutzer; Konzeptionen, zum Beispiel Kesselhaus, Wachstums- und Festigungszentrum, Großmarkthalle (kurz: FGS-Halle), Kühlhaus, Pferdeschlachthaus HF 3, HF 4, HF 5 Bauprojekt Musikclub Substage: Obergeschossausbau (Baukostenzuschuss und Darlehen) HF 4 Sanierung und Ausstattung Kulturzentrum Tempel: Erneuerung Bestuhlung und Einbau Lüftungsanlage Scenario-Halle (Baukostenzuschuss) HF 4 Konzept und Umsetzung der Online-Plattform zur kulturellen Kinder- und Jugendbildung HF 2 Pilotprojekt „KiTa + Kultur“ September 2014 bis Juli 2015 HF 2 Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule: Service Learning Dienste HF 2 Badisches Staatstheater, Neubau und Sanierung, Bauwettbewerb, Kommunikationskonzept HF 4, Rad: fördern Beratung/Vernetzung/Abstimmung mit KA-300-Team bezüglich diverser kultureller Beiträge zum Stadtjubiläum, insbesondere der Stadtteilprojekte Gesamtstadt Interne AG zur Überarbeitung der Förderformulare für institutionelle und Projektförderung, der allgemeinen Nebenbestimmungen und Prüfl isten Rad: fördern Koordination des städtischen Internet-Veranstaltungskalenders Rad: fördern, vernetzen Redaktion des Kulturportals www.karlsruhe.de/kultur Rad: fördern Koordination von Werbemöglichkeiten, insbesondere der städtischen Citylight-Plakatierungsfl ächen („Stadtseite“) und der Litfass-Säulen der Firma WallDecaux sowie technische Betreuung (baustellenbedingte Verlegung, Neuanschaffungen) der „Kulturring-Säulen“ Rad: fördern Konzeption und Umsetzung der Kulturmarketing-Kampagne „Kultur in Karlsruhe“, Start mit eigenem CD und ersten Maßnahmen zu Offerta und Christkindlesmarkt HF 5 Neukonzeption und Umsetzung des internen Planungskalenders zur Terminkoordination im Internet für Events, Pressetermine, Empfänge, Gemeinderatssitzungen, Kongresse Rad: fördern, vernetzen Vorbereitung der 23. Europäischen Kulturtage Karlsruhe 2016 „Wanderungen – Glück | Leid | Fremdheit“ Recht auf Kultur, Vielfalt, Rad: fördern, veranstalten Ateliers hinterm Hauptbahnhof, Kommunikation im Zusammenhang mit Kündigung und Räumung; Raumsuche HF 4, Rad: fördern, vermitteln Flyer „Kultur in Karlsruhe zur art Karlsruhe“ in Zusammenarbeit mit Stadt- marketing Karlsruhe GmbH und Karlsruhe Messe und Kongress GmbH HF 5 Neukonzeption Förderung Kirchenmusik Rad: fördern Jugendorchester Karlsruhe: Proberäume HF 4, Rad: fördern Weinbrenner-Broschüre, gemeinsam mit dem Arbeitskreis Kultur der TechnologieRegion Karlsruhe HF 1, HF 2 Jazzclub Karlsruhe, Raumsuche, Konzept zur Professionalisierung HF 4, Rad: fördern 4. INTERNE DIENSTLEISTUNGEN Reden, Grußworte, Stellungnahmen und Schreiben für den Oberbürgermeister, die Dezernenten und die Amtsleitung 2015 Mitwirkung in Gremien stadtintern und extern 2015 (Vorbereitung, Nachbereitung, sonstige Vorgänge) Reden, Grußworte, Stellungnahmen: 140 Schreiben: 160 circa 50 Ausbildung Anzahl 2015 Praktika 7 Gemeinnütziges Bildungsjahr 1 Berufs- und Studienorientierung am Gymnasium (BOGY) 1 Praktikant in der Ausbildung 1 16 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 17 www.karlsruhe.de STÄDTISCHE GALERIE KARLSRUHE Die Rücklagerung der Kunstwerke, die wegen der Sanierung der Sprinkleranlage unter anderem im ZKM | Museum für neue Kunst ausgelagert waren, und die drei umfangreichen Ausstellungen als Beiträge zum 300. Stadtgeburtstag Karlsruhes bestimmten die Tätigkeit in der Städtischen Galerie Karlsruhe während des Jahres 2015. Im Zentrum stand die Präsentation zu dem badischen Baumeister Friedrich Weinbrenner, die zusammen mit dem Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau am KIT erarbeitetet wurde. Sie fand bei den Besucherinnen und Besuchern und bei der Presse großen Anklang. Die Neue Züricher Zeitung (5. August 2015) schrieb von einer „betörenden Schau“. SONDERAUSSTELLUNGEN Bis zum 6. April 2015 war, parallel zur Auslagerung, die Präsentation „Von Ackermann bis Zabotin. Die Städtische Galerie Karlsruhe zu Gast im ZKM | Museum für neue Kunst“ zu sehen. Am 12. April 2015 wurde „A L L E ! Der Künstlerbund Baden-Württemberg in der Städtischen Galerie Karlsruhe“ (12. April bis 24. Mai 2015) zum 60-jährigen Bestehen dieser Künstlervereinigung eröffnet. Damit konnten die sanierten Ausstellungsfl ächen wieder in Betrieb genommen werden. Nur wenig zeitlich versetzt zu dieser Sonderausstellung im Erdgeschoss war im Forum die Hanna-Nagel-Preisträgerin 2015, Simone Demandt, mit ihrer Präsentation „tief blicken“ (23. April bis 7. Juni 2015) vertreten. Im Bereich der Dauerausstellung im ersten Obergeschoss musste der größte Teil der Fläche bis September als Zwischendepot für die zurück zu lagernde Kunst beziehungsweise für die hochwertige Verpackung verwendet werden. Gleichwohl bestand dort die Möglichkeit, sich vom 23. April bis zum 5. Juli 2015 mit der Installation des Werner-Stober-Preisträgers 2014 „David Semper – GIORNATA“ (23. April bis 5. Juli 2015) auseinanderzusetzen. Auf der gesamten Fläche wurde dort vom 10. Oktober an die „ars viva 2016“ (10. Oktober 2015 bis 17. Januar 2016) mit Werken der international vernetzten und in Berlin lebenden Kunstschaffenden Flaka Haliti, Hanne Lippard, Calla Henkel & Max Pitegoff präsentiert. Der ars viva-Preis wird jährlich vom Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft vergeben. Den Sommer über stand die Präsentation „Friedrich Weinbrenner 1766 – 1826. Architektur und Städtebau des Klassizismus“ (27. Juni bis 4. Oktober 2015) im Zentrum der Aufmerksamkeit, und zum Jahresende folgte, als weiteres besonderes Highlight, die „Kunstakademie Karlsruhe – Franz Ackermann, Silvia Bächli, Stephan Balkenhol, John Bock, Ernst Caramelle, Tatjana Doll, Helmut Dorner, Erwin Gross, Axel Heil, Leni Hoffmann, Harald Klingelhöller, Kalin Lindena, Meuser, Julia Müller, Daniel Roth, Marcel van Eeden, Marijke van Warmerdam, Corinne Wasmuht“ (14. November 2015 bis 21. Februar 2016) mit dem aktuellen Schaffen der zur Zeit lehrenden Professorinnen und Professoren. DAUERAUSSTELLUNG, NEUERWERBUNGEN UND AUSLAGERUNG DER KUNSTSAMMLUNG Die Schließung der Dauerausstellungsfl äche wegen der Auslagerung der Kunst im Rahmen der Sprinkleranlagen-Sanierung erstreckte sich bis in den September, dann wurde die Fläche für eine Sonderausstellung genutzt. Erst im Februar 2016 konnte das zweite Obergeschoss wieder als Präsentationsfl äche genutzt werden. VERANSTALTUNGEN Lebhaften Zuspruch fanden nicht nur Großveranstaltungen wie der alljährliche Tag der offenen Tür (6. Januar 2015, zusammen mit dem ZKM) und die Karlsruher Museumsnacht (1. August 2015), sondern auch der „Internationale Museumstag“ (22. Mai 2015) sowie zahlreiche Termine in der Reihe „Mittwochs um 6“, darunter Führungen, Zeitzeugengespräche und Konzerte. MUSEUMSPÄDAGOGIK, VERMITTLUNG Auch 2015 konnten die Vermittlungsarbeit und das museumspädagogische Angebot erfolgreich weitergeführt und ausgebaut werden. Zu allen Ausstellungen wurde ein detailliertes Programm der Workshops für Kinder, Jugendliche und Schulklassen vorbereitet und gedruckt. Die jede Woche geöffnete Kinderwerkstatt am Sonntag (parallel zur Erwachsenenführung) hat sich längst fest etabliert und wird das ganze Jahr über – außer in den Sommerferien – angeboten. Wie in den Jahren zuvor wurde bei jeder neuen Ausstellung zu Einführungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer sowie für Erzieherinnen und Erzieher eingeladen. Der JugendKunstKlub LUX 10 bietet jungen Menschen ab circa 16 Jahren im monatlichen Turnus spannende Einblicke in die Museumsarbeit. Das 2012 in Zusammenarbeit mit der vhs Karlsruhe begonnene Projekt „Kunst und Integration. Migrant/innen lotsen Migrant/innen“ zur Bildung eines Multiplikatoren-Netzwerks und zur Vermittlung eines interkulturellen Kunstverständnisses konnte erfolgreich weitergeführt werden. 2013 startete die Städtische Galerie Karlsruhe in Kooperation mit der Tulla-Schule und dem jubez eines von vier Pilotprojekten im Rahmen der „Kulturinseln! Kulturelle Bildung an Karlsruher Ganztagsschulen“, gefördert aus Haushaltsmitteln des Kulturbüros. Das Projekt schaffte es 2014 sogar in die Finalrunde des Mixed-Up-Wettbewerbes von „Kultur macht Schule“. Auf eine langfristige Zusammenarbeit hin konzipiert, konnte die Kooperation auch für das Schuljahr 2015/2016 erfolgreich mit insgesamt 5 Ganztagsgrundschulklassen fortgesetzt werden. Darüber hinaus werden regelmäßige Kooperationen mit folgenden Kindergärten durchgeführt: Evangelischer Luther-Kindergarten, Städtische Kindertagesstätte Wolfartsweier, Städtischer Kindergarten Lußstraße und Schülerhort Draisschule. Anlässlich der aktuellen Brisanz der Flüchtlingsthematik konnten Gelder der Mechthild-Meyer-Stiftung dafür verwendet werden, ein Angebot für museumspädagogisch betreute Besuche von Gruppen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in Karlsruhe ins Leben zu rufen. In Kooperation mit dem Helmholtz-Gymnasium in Karlsruhe entstanden mit dem Literaturkurs einer 11. Klasse im Rahmen einer „Schreibwerkstatt“ Texte zu ausgewählten Kunstwerken der städtischen Kunstsammlung. Die Ergebnisse dieser Workshops wurden im Rahmen einer Schulveranstaltung in der Städtischen Galerie vorgestellt. Die museumspädagogischen Angebote und die Vermittlungsarbeit der Städtischen Galerie orientieren sich am Handlungsfeld 2 („Kulturelle und gesellschaftliche Bildung“) des Kulturkonzepts 2025 als Ausdruck des Selbstverständnisses der Kulturstadt Karlsruhe, Kultur als Grund- und Menschenrecht zu begreifen und daraus ein allgemeines Recht auf Kultur mit einem kulturellen Teilhaberecht abzuleiten. BERATUNG, AUSKÜNFTE Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen der Galerie sind regelmäßig beteiligt an der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber für die Orgelfabrik und für die Künstlermesse. Hinzu kommen im Laufe des Jahres zahlreich Anfragen von Kollegen und Kolleginnen aus anderen Museen, von Institutionen und von Privatleuten, die Auskünfte zu Kunstwerken, Künstlerinnen und Künstlern erbitten. LEIHVERKEHR Kunstwerke aus dem eigenen Bestand und aus der Sammlung Garnatz werden regelmäßig für nationale und internationale Ausstellungen als Leihgaben erbeten. Die Auslagerung der Kunst an unterschiedliche Orte und ihre kompakte Unterbringung ließ 2015 die Ausleihe nur eingeschränkt zu. Marlene Dumas Gemälde „Magdalena (Patron Saint of Hairedressers)“ war in der umfassenden Retrospektive der Künstlerin in der Fondation Beyeler in Basel zu sehen. Zudem gingen zwei Gemälde von Wilhelm Volz in die Wessenberg Galerie nach Konstanz. 18 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 19 www.karlsruhe.de BESUCHERZAHLEN SONDERAUSSTELLUNGEN 2015 Von Ackermann bis Zabotin 6.933 Die Städtische Galerie Karlsruhe zu Gast (2014 = 10.605) im ZKM | Museum für Neue Kunst 3. Oktober 2014 bis 6. April 2015 A L L E ! 2.206 Der Künstlerbund Baden-Württemberg in der Städtischen Galerie Karlsruhe 12. April 2015 bis 24. Mai 2015 Simone Demandt – „tief blicken“ 1.633 (Forum) Demandt + Semper insgesamt) 23. April 2015 bis 7. Juni 2015 David Semper – GIORNATA Kunstpreis der Werner-Stober-Stiftung 2014 23. April 2015 bis 5. Juli 2015 Friedrich Weinbrenner 1766 – 1826 12.966 Architektur und Städtebau des Klassizismus 27. Juni 2015 bis 4. Oktober 2015 KAMUNA 2.200 1. August 2015 ars viva 2016 1.870 Flaka Haliti, Hanne Lippard, Calla Henkel & Max Pitegoff 10. Oktober 2015 bis 17. Januar 2016 Kunstakademie Karlsruhe 3.050 Franz Ackermann, Silvia Bächli, Stephan Balkenhol, John Bock, Ernst Caramelle, Tatjana Doll, Helmut Dorner, Marcel van Eeden, Erwin Gross, Axel Heil, Leni Hoffmann, Harald Klingelhöller, Kalin Lindena, Meuser, Claudia & Julia Müller, Daniel Roth, Marijke van Warmerdam, Corinne Wasmuht 14. November 2015 bis 21. Februar 2016 Gesamtbesucherzahl: 30.858 (bis Dezember 2015) BESUCHERZAHLEN: 2012 2013 2014 2015 Dauerausstellung 1.731 1.103 4.084 keine Dauerausstellung und 42.680 45.776 52.824 30.858 Sonderausstellungen Führungen in der Städtischen Galerie Karlsruhe 2015 Öffentliche Führungen: 174 205 216 204 Gebuchte Führungen: 23 42 38 75 Öffentliche Kinderkurse: 49 51 50 47 Gebuchte Kinderkurse: 84 93 103 57 20 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 21 www.karlsruhe.de STADTARCHIV & HISTORISCHE MUSEEN Auch 2015 führten Stadtarchiv, Pfi nzgaumuseum, Stadtmuseum und Erinnerungsstätte Ständehaus an die Stadtgeschichte heran. Sie leisteten damit einen Beitrag zur Identitätsbildung und zur Schaffung eines historischen Bewusstseins der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger. Die Schwerpunkte der Arbeit lagen wieder in der Bewahrung des Kulturellen Erbes der Stadt (Handlungsfeld 1 des Kulturkonzepts 2025 der Stadt Karlsruhe) und der Kulturellen und gesellschaftlichen Bildung (Handlungsfeld 3). Während 2014 noch von der Geschichte des Ersten Weltkriegs geprägt war, stand 2015 das Stadtjubiläum im Vordergrund. Das Stadtarchiv arbeitete 2015 schwerpunktmäßig in den Bereichen Bestandserhaltung und Stadtgeschichte digital, hier besonders für das Digitale Stadtlexikon. Die Besuchszahlen blieben in dem in den letzten Jahren üblichen Bereich, wobei der schon im Vorjahr eingetretene Rückgang der Besuche im Stadtarchiv anhielt, der vor allem auf die stark angestiegene Zahl der digitalen Angebote zurückzuführen ist. Die Resonanz auf diese digitalen Angebote wurde erstmals erhoben und lag Ende des Jahres bei 1.720.567 Zugriffen. Auch die sonstigen regulären Arbeiten liefen weitgehend im gewohnten Maße ab. 2015 konnte die Zahl der verzeichneten erschlossenen Archivalien noch einmal leicht gesteigert werden trotz einer überproportional starken Einbindung des Archivpersonals in das Projekt „Digitales Stadtlexikon“. Auch die mit einem hohen Personaleinsatz verbundene Aktion „Rettung historischer Bauakten“ band weiterhin viele Personalressourcen des Stadtarchivs. Durch die zunächst in einer Projektstruktur zugewiesenen neuen Stellen von Dr. Patrick Sturm, Wissenschaftlicher Archivar, ab 1. Mai 2015 und Eric Wychlacz, Diplomarchivar, ab 1. September 2015, konnten die bis dahin in dem Projekt beschäftigten Archivarinnen wieder verstärkt ihren regulären Aufgaben nachgehen, wodurch unter anderem die Steigerung der Anzahl erschlossener Archivalien möglich wurde. Die neu geschaffene Personalsituation erlaubte aber auch eine stärkere Konzentration auf die Rettungsaktion der historischen Bauakten. So erfolgten im Sommer 2015 die Aussonderung und Überführung von 8.764 historischen Bauakten aus der Registratur des Bauordnungsamtes in das Stadtarchiv. Seit Juli 2015 sind 2.668 dieser Bauakten im Archivsystem Augias erschlossen worden. Von 1.500 aus den Akten herausgenommenen Bauplänen konnten 673 restauriert werden. Mit einem Massenentsäuerungsverfahren wurden 1.332 Bauakten und 214 Zeitungsbände behandelt. Die Digitalisierung wurde mit weiteren 243 Bauakten und 733 Bauplänen fortgeführt. Die Rettung dieses Teils des Kulturellen Erbes der Stadt wird neben den Entsäuerungsmaßnahmen und der Digitalisierung häufi g genutzter Bestände auch mittelfristig Schwerpunkt im Aufgabenbereich „Bestandserhaltung“ sein. STADTGESCHICHTE DIGITAL Noch einmal gesteigert wurden die Digitalisierungszahlen im Berichtsjahr, so dass das Stadtarchiv Ende 2015 über eine Million Digitalisate verfügte (siehe Grafi k). Digitalisierungsstatistik 2004 bis 2015 – Anzahl der Digitalisate Anzahl im Jahr Anzahl gesamt bis 2004 7.895 7.895 2005 12.704 20.599 2006 18.091 38.690 2007 73.389 112.079 2008 59.440 171.519 2009 34.468 205.987 2010 62.524 268.511 2011 49.923 318.434 2012 142.986 461.420 2013 156.200 617.620 2014 152.726 770.346 2015 244.063 1.014.409 Abgeschlossen wurde im Berichtsjahr die Digitalisierung des Bildarchivs Horst Schlesiger und der Bürgerausschussprotokolle. Begonnen wurde mit der Digitalisierung der Fotos der Städtischen Bildstelle und der Personenstandsbücher. Inzwischen sind verstärkt Anfragen aufgrund der Präsenz im Netz zu verzeichnen. Mit diesem Schritt in die digitale Welt wurde und wird ein wichtiger Beitrag zum Handlungsfeld 3 „Stärkung der Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Technologie“ geleistet. 22 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 23 www.karlsruhe.de Erschienen sind im Berichtszeitraum insgesamt sieben Publikationen des Stadtarchivs: Reihe 2 Forschungen und Quellen zur Stadtgeschichte Band 16: Marion Deichmann: Ihr Name soll unvergessen bleiben. Eine Kindheit geprägt vom Völkermord, Karlsruhe 2015. Reihe 3 Häuser- und Baugeschichte Band 13: Matthias Maier und Nina Rind: Trinkwasser. Lebensgrundlage einer jungen Stadt, Karlsruhe 2015. Band 14: Christine Beil: Der Zoo in Karlsruhe. Ein historischer Streifzug. Mit einem Beitrag von Clemens Becker, Karlsruhe 2015. Band 15: Manfred Fellhauer: Die Kirche St. Valentin zu Daxlanden, Karlsruhe 2015. Außerhalb der Reihen: Der Zweite Weltkrieg – Last oder Chance der Erinnerung? Widerspruch gegen das Ehrenmal der 35. Infanterie-Division in Karlsruhe, Karlsruhe 2015. Michail Krausnick: Abfahrt Karlsruhe 16. Mai 1940. Die Deportation der Karlsruher Sinti und Roma, Ubstadt-Weiher 2015. Ferdinand Leikam: Karlsruhe so wie es war, Düsseldorf 2015 Das Stadtarchiv zeigte anlässlich des Stadtjubiläums die Ausstellung „Vor 50 Jahren ... Das Jubiläumsjahr 1965“ vom 3. Mai bis 21. Juni 2015 in der Krypta der Evangelischen Stadtkirche. Im Stadtarchiv wurde erstmals eine zweisprachige Ausstellung (deutsch-französisch) „Karlsruhe- Nancy: eine vielfältige und dauerhafte Partnerschaft“ vom 1. Juni bis 29. Oktober 2015 gezeigt. Konzipiert wurde sie von der französischen Archivarin in Ausbildung Aude Royer im Rahmen eines dreimonatigen Praktikums im Stadtarchiv Karlsruhe. Frau Royer studierte Archivwissenschaft in Frankreich an der Universität von Angers. Im Rahmen der städtischen Erinnerungsarbeit konnten 2015 16 neue Biographien (Beiträge für 36 Opfer) in das Gedenkbuch für die ermordeten Karlsruher Juden eingelegt werden. Generell wurde die Erinnerungsarbeit im Berichtszeitraum verstärkt. Das Stadtarchiv konzipierte 2015 die Erinnerungsstele zur Deportation der Jüdinnen und Juden am 22. Oktober 1940 beim Hauptbahnhof. Eingebunden war das Stadtarchiv auch in die Vorbereitung und Durchführung des 85. Deutschen Archivtages, der vom 30. September bis zum 3. Oktober in der Stadthalle stattfand und sich dem Thema „Transformation ins Digitale“ widmete und mit rund 800 Teilnehmenden eine gute Resonanz fand. Turnusgemäß hat das Stadtarchiv die Federführung des Karlsruher Notfallverbundes bis 2017 übernommen. Die Dauerausstellung des Stadtmuseums wurde wieder mit Themenführungen der freiberufl ich tätigen Museumspädagoginnen belebt. Zudem fanden auch wieder mehrere Führungen für Gruppen, Integrationskurse der VHS und öffentliche Vorträge statt und zahlreiche Schulklassen fanden den Weg in die stadtgeschichtliche Präsentation. Obwohl diese nun fast 18 Jahre alt ist, sind die jährlichen Besucherzahlen seit 2011 mit 9.000 bis 10.000 Personen konstant geblieben, ein deutlicher Hinweis darauf, dass ein solcher kompakter Gang durch die Stadtgeschichte immer wieder neue Besucher anzieht und ein wesentlicher Bestandteil des Angebots des Stadtmuseums ist. Wie in den vergangenen Jahren wurde das Stadtmuseum auch 2015 während der Karlsruher Museumsnacht am stärksten von Besuchen frequentiert (4.000 Besucher und Besucherinnen). Das jährliche Hausfest, das in Kooperation mit der Jugendbibliothek und dem Literaturmuseum mit museumspädagogischen Aktionen, Führungen und einer langen Lesenacht veranstaltet wird, besuchten circa 260 Personen. Die Sonderausstellung „Mittendrin. Menschen in Karlsruhe“ stellte persönliche Fotos von Karlsruherinnen und Karlsruhern in den Mittelpunkt: Als „wachsende“ Präsentation angelegt, konnten Interessierte ihre persönlichen Lieblingsfotos und Schnappschüsse aus Karlsruhe und seinen Stadtteilen über eine Uploadseite zur Verfügung stellen oder als Papierabzug im Prinz-Max-Palais vorbeibringen. Sie wurden so selbst zum Teil der Ausstellung. Die „Mittendrin“-Ausstellung war – auch in ihrer Kommunikations- und Werbestrategie und mit den Veranstaltungen im Rahmenprogramm – darauf angelegt, insbesondere jüngere Leute zur Beteiligung an dem Fotoprojekt und zum Museumsbesuch zu motivieren. Eine weitere Zielgruppe, die das Stadtmuseum bewusst in seine Arbeit einbinden konnte, sind Menschen mit Migrationshintergrund. Zu diesem Zweck ging das Stadtmuseum eine Kooperation mit der VHS Karlsruhe ein, um regelmäßig Führungen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Integrationskurse durchzuführen, die gleichzeitig dem Spracherwerb und dem Kennenlernen der lokalen Geschichte dienten. Einen besonderen Ansatz hatte auch die Sonderausstellung „Genug gejubelt?! Pleiten, Pech & Glücksfälle der Stadtgeschichte“, die das Stadtmuseum zusammen mit dem Pfi nzgaumuseum als Beitrag zum Stadtgeburtstag 2015 zeigte. Durch ungewohnte Perspektiven auf die Karlsruher Stadtgeschichte und durch ironische Brechungen wurde die Stadtgeschichte auf aufgelockerte und amüsante Weise präsentiert. In Kooperation mit Studierenden der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und mit dem Verein „Tribut an Carl Benz“ wurde 2015 die App „Carl Benz und Carlsruhe“ entwickelt, die verschiedene Lebensstationen des Erfi nders in Karlsruhe beim Gang durch die Stadt abrufbar macht. Alle Sonderausstellungen mit ihren zahlreichen Begleitveranstaltungen fanden eine gute Resonanz beim Publikum, so dass das Stadtmuseum mit 17.333 Besuchern ein gutes Ergebnis erzielen konnte. Das Pfi nzgaumuseum präsentierte auch 2015 mehrere Sonderausstellungen. Auf die bis 8. März 2015 verlängerte Ausstellung „Hufeisen, Birnkrüge, Engelsköpfe und…? Sammeln im Pfi nzgaumuseum gestern und morgen“ folgte vom 23. Mai bis 23. August die Fotoausstellung „Mittendrin. Menschen in Karlsruhe“, eine Doppelausstellung mit dem Stadtmuseum. Bei der partizipativ angelegten Ausstellung waren die Besucherinnen und Besucher aufgerufen, die präsentierten historischen Aufnahmen durch eigene, aktuelle Fotos zu ergänzen. Wie bereits oben erwähnt, zielten das Konzept sowie die Kommunikations- und Werbestrategie von „Mittendrin“ darauf, insbesondere auch jüngere Leute zur Beteiligung an der Ausstellung und zum Museumsbesuch zu motivieren. Im Rahmen der Ausstellungsreihe „Sammelfi eber! Sammlerinnen und Sammler im Pfi nzgaumuseum“ präsentierte das Pfi nzgaumuseum zudem vom 22. Februar bis 12. April „Freundschaftliche Eulen und therapeutische Fahrzeuge“. Anlässlich des 300. Geburtstags der Stadt Karlsruhe sowie des 450. Jahrestags der Residenzverlegung nach Durlach folgte ab dem 26. September mit „Genug gejubelt!? Pleiten, Pech & Glücksfälle der Stadtgeschichte“ eine weitere Doppelausstellung mit dem Stadtmuseum, bei der verschiedene neue – auch interaktive – Präsentationsformen erprobt wurden. In Vorbereitung auf „Genug gejubelt!?“ wurden im Sonderausstellungsraum des Pfi nzgaumuseums eine neue Ausstellungsarchitektur sowie ein neues Beleuchtungssystem installiert, wodurch sich die Nutzungsmöglichkeiten des Raumes nachhaltig verbesserten. Wie in den vorausgegangenen Jahren bot das Pfi nzgaumuseum auch 2015 regelmäßig Führungen durch die Dauer- und die Sonderausstellungen an. Neben diversen offenen Angeboten fanden in Kooperation mit der VHS Karlsruhe spezielle Führungen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Integrationskursen statt, die gleichzeitig dem Spracherwerb und dem Kennenlernen der lokalen Geschichte dienten. Als besondere Besuchermagneten erwiesen sich 2015 das Museumsfest im Februar, der Kindertag im September, die Modelleisenbahn-Vorführung in der Adventszeit sowie die im Frühjahr erstmals angebotene Mundart-Reihe „Dorlacher Deitsch“. 24 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 25 www.karlsruhe.de 2015 ging die Besucherzahl leicht zurück, blieb aber immer noch über den langjährigen Durchschnittszahlen. Insgesamt zählte das Pfi nzgaumuseum 12.100 Besucherinnen und Besucher. Die 2014 neu bzw. wieder eingeführte Öffnung des Museums am Mittwoch stieß weiterhin, insbesondere bei Schulklassen, auf große Nachfrage und wurde daher 2015 und darüber hinaus beibehalten. Im September 2015 übernahm Dr. Ferdinand Leikam vertretungsweise die Leitung des Pfi nzgaumuseums, da die Leiterin in Familienzeit ging. Die Erinnerungsstätte Ständehaus hat 2015 wieder eine zentrale Rolle in der städtischen Erinnerungskultur gespielt. Neben der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus erinnerten zwei Vorträge an die Situation in Karlsruhe und Nancy am Ende des Zweiten Weltkriegs. Mit dem Jubiläum „70 Jahre CDU in Karlsruhe“ beschäftigte sich eine Sonderausstellung, außerdem fanden 2015 ein Historischer Mittwochabend sowie verschiedene Veranstaltungen, darunter drei Führungen, im Rahmen der KAMUNA statt. Die Gesamtbesucherzahl der Erinnerungsstätte (Ausstellungen, Führungen und sonstige Veranstaltungen) lag 2015 mit 6.328 Besucherinnen und Besuchern deutlich höher als im Vorjahr, was vor allem auf den guten Besuch bei der KAMUNA zurückzuführen ist. Im Berichtsjahr konnte mit einem neuen Magazin in der Fiduciastraße endlich ein geeignetes Magazin für das historische Mobiliar gefunden werden, das bis dahin in dem dafür völlig ungeeigneten Waldstadtkeller untergebracht war. Das Mobiliar wurde mittlerweile einer Holzwurmbehandlung unterzogen, gesäubert und restauriert und in das neue Magazin verbracht. Eine mehrstöckige Regalanlage und eine Anlage zur Aufbewahrung der Bildbestände der Historischen Museen haben dort nun weitere Kapazitäten zur Aufnahme der Sammlungen der Historischen Museen geschaffen. Der Bestand ist weiter gewachsen, vor allem durch Schenkungen von Objekten zur Stadtgeschichte, die weiterhin kontinuierlich inventarisiert werden. Ein großer Sammlungsbestand kam an das Stadtmuseum mit der Übergabe von Merchandising-Produkten der Stadtmarketing Karlsruhe GmbH zum Stadtjubiläum sowie eines wertvollen Modells des Pavillons zum Stadtgeburtstag, das als Objekt des Monats vorgestellt wurde. Die Sammlung des Pfi nzgaumuseums wurde 2015 vor allem durch Schenkungen erweitert. Größere Neuzugänge waren hierbei Unterlagen und Dokumente der Naturfreunde Grötzingen sowie zwei umfangreiche Sammlungen von historischen Ansichtskarten mit Durlach- bzw. Grötzingen-Motiven. STATISTISCHE ANGABEN STADTARCHIV & HISTORISCHE MUSEEN Stadtarchiv Stadtmuseum Pfi nzgau- museum Erinnerungsstätte Ständehaus Gesamt Gesamt Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2014 Jahr 2015 Ausstellungen 2 3 4 6 6 8 2 1 14 18 Besucher Benutzer, Besucher Dauer- und Wechselausstellung 3.043 2.166 17.485 17.333 14.952 13.093 5.238 6.328 40.718 38.920 Ausgehobene Archivalien 1.434 2.293 1.434 2.293 Schriftverkehr 2.093 2.671 2.093 2.671 davon BTBs 63 51 63 51 Zugriffe auf digitale Angebote1) 0 1.720.567 1. Beständerecherche www. fi ndbuch.net (Projektstart 10/2014) 23.439 2. Seitenanfragen auf www. Stadtgeschichte 1.518.373 3. Seitenanfragen auf www. Stadtlexikon (Projektstart 12/2015) 178.755 Scanaufträge 188 641 188 641 Anzahl der Daten 1.905 1.719 1.905 1.719 Restaurierte Archivalien/Objekte 889 679 889 679 Digitalisierte Archivalien 152.726 244.063 152.726 244.063 Erschlossene Archivalien/Objekte 15.321 16.003 379 204 15.700 16.207 Publikationen 8 7 1 9 7 1) erstmals 2015 erhoben 26 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 27 www.karlsruhe.de STADTBIBLIOTHEK KARLSRUHE 2015 Trotz vielfältiger Events und Ereignisse rund um den Stadtgeburtstag 2015 war das letzte Jahr für die Stadtbibliothek durch Konzentration auf die Kernaufgaben sehr erfolgreich. In allen acht Bibliotheken „brummte“ der Betrieb, da täglich viele hundert Menschen die Einrichtungen besuchten und Services aller Art in Anspruch nahmen. Selbst der Medienbus verzeichnete trotz zahlreicher Reparatur bedingter Ausfälle eine äußerst lebhafte Nutzung. Die Stadtbibliothek und ihre Zweigstellen transformieren sich immer mehr zu freien Lernorten und öffentlichen Räumen der Kommune, die vielfache Aufenthaltsmöglichkeiten bieten und von Bürgerinnen und Bürgern selbst bestimmt, aus unterschiedlichsten Informationsinteressen und dem Bedürfnis nach Inspiration genutzt werden. So haben im Vergleich zum Vorjahr die Besuchszahlen der Stadtbibliothek zugenommen, während weiterhin beobachtet wird, dass Menschen immer mehr Zeit in den Bibliotheksräumen verbringen und die individuellen Aufenthaltszeiten länger sind als früher. Kinder und junge Erwachsene bleiben teilweise mehrere Stunden in einer der Bibliotheken, sie verbringen hier ihre Lern- und Freizeit. Für andere Erwachsene, für manche Ältere ist die Bibliothek wichtig als Ort gegen die Vereinsamung, an dem sie, ihren eigenen Interessen nachgehend, den Tag mit multimedialem Lesen und Lernen verbringen und sich dabei informell mit anderen austauschen oder sich wenigstens in Gesellschaft anderer wissen. Mit 9.730 Öffnungsstunden im Jahr 2015 (9.606 Stunden in 2014) standen die Einrichtungen der Stadtbibliothek im Sinne von Bildungsteilhabe allen Menschen in Karlsruhe zur Verfügung, dazu kommen Online-Services täglich rund um die Uhr. Im Laufe des Jahres wurden die Zentral- und die Jugendbibliothek zunehmend erkennbar auch von Gefl üchteten und Menschen aus anderen Kulturkreisen besucht bzw. aktiv genutzt, einige von ihnen wurden zur Stammkundschaft. Das gute Jahresergebnis der Stadtbibliothek insgesamt fand auch in 2015 seinen Niederschlag in den Jahreszahlen der EDV-Statistik. Entgegen dem deutschlandweiten Trend nahm die Zahl der Medienentleihungen im Vergleich zum Vorjahr nochmals zu und stieg auf 1,73 Millionen Entleihungen; die Zahl der Bibliotheksbesuche sowie der Besucherinnen und Besucher von Veranstaltungen, Lesungen stieg ebenfalls. Die Dienstleistungen und Ergebnisse der Stadtbibliothek entsprechen den Handlungsfeldern des Kulturkonzepts 2025 der Stadt Karlsruhe und fi nden sich in den Schwerpunkten Bildung (Hand- lungsfeld 2), Raum für Kultur (Handlungsfeld 4) und Smarter Technologie (Handlungsfeld 3). TÄTIGKEITSBERICHT IN ZAHLEN 1. AUSLEIHZAHLEN ALLER MEDIEN Printmedien, Romane, Sachliteratur, Zeitschriften, DVDs und BluRays, Konsolenspiele, Brettspiele, Kinder- und Jugendbücher, Hörbücher, Musik-CDs, E-Medien: 2013 2014 2015 Medienausleihe 1.680.484 1.710.235 1.735.092 In der Gesamtausleihe nimmt die Kinder- und Jugendliteratur unverändert einen hohen Stellenwert ein. Sowohl in den Stadtteilbibliotheken als auch in der Kinder- und Jugendbibliothek und dem Medienbus stand die Förderung der Lesekompetenz für Kinder nach wie vor an erster Stelle und die Lust am Buch und Hörbuch wurde systematisch durch attraktive Aktionen unterstützt. 2013 2014 2015 Entleihungen Kinder-Jugend- Bücher 396.866 406.347 414.669 2. MEDIENBESTAND Insgesamt konnten im Berichtsjahr 39.256 Medien (Verschleiß und Abschreibung = 35.878 ME) neu gekauft und zur Ausleihe zur Verfügung gestellt werden, was einer hohen Aktualitätsrate von über 10 Prozent entspricht. Gerade neue, sehr aktuelle Bücher und Medien sind verständlicherweise stark gefragt und tragen wesentlich zu hohen Umsätzen der Medien und damit hohen Ausleihzahlen bei. Der zur Verfügung stehende, physische Ausleihbestand umfasste Ende 2015 335.190 Medieneinheiten, der Bestand an E-Medien zusätzlich 19.123 Lizenzen. 2014 2015 Medienzugang 37.447 39.256 Medienabgang 32.690 35.878 Bestand insgesamt 316.699 ** 335.190 * * Freihand- und Magazinbestand ohne E-Medien ** nur Freihandbestand ohne E-Medien Wie im letzten Jahr betrug der Anteil an Literatur und Medien in anderen Sprachen, das heißt das Angebot an internationalen Medien, etwa 15 Prozent des Gesamtbestandes (circa 45.000 Bücher, Hörbücher, Zeitschriften unter anderem in Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch, Türkisch, Arabisch). 28 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 29 www.karlsruhe.de 3. BIBLIOTHEKSBESUCHE Die Zahl der realen Bibliotheksbesuche hat im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen, ebenso wie die Zahl der virtuellen Besuche, die für alle deutschen Bibliotheken nach einem standardisierten Verfahren zentral ermittelt werden (= es werden „Sessions“ auf der Homepage der Stadtbibliothek gezählt, das heißt es wird der erstmalige Zugriff pro Tag gezählt und nicht jeder Click auf einzelne Seiten). 2013 2014 2015 Reale Besuche 556.778 523.127 563.131 Virtuelle Besuche 284.003 278.904 292.461 Besuche gesamt 840.781 802.031 855.592 Trotz des Zuwachses an Besuchen ist die Zahl der Personen, die einen gültigen Bibliotheksausweis besitzen und gebrauchen, leicht zurückgegangen. Die Zahl der Neuanmeldungen ging erstmals deutlich zurück. 2013 2014 2015 Aktive Ausweise 27.360 28.042 27.995 Neuanmeldungen 6.219 6.101 5.795 4. DIGITALER WANDEL: E-MEDIEN/E-BOOK-READER/ DIGITALES BÜCHERREGAL Während sich in den Vorjahren die Nachfrage nach E-Books und anderen E-Medien jährlich nahezu verdoppelte, zeigte sich im Jahr 2015 eine weniger dramatische Zunahme des digitalen Lesens: von 98.841 E-Entleihungen (2014) stieg die Zahl der Ausleihen im Berichtsjahr auf 126.467 E-Ausleihen, das bedeutet eine Steigerung um 28 Prozent. Auf die gesamte Medienausleihe des Jahres bezogen beträgt der Anteil der E-Ausleihe damit 7,4 Prozent bei einem Angebot von 19.123 E-Medien (5,4 Prozent des Gesamtbestandes). Zum wiederholten Male konnte festgestellt werden, dass der Gebrauch von E-Medien Generationen übergreifend durch alle Altersgruppen geschieht, die stärkste Nachfrage jedoch aus Gruppe 50+ kam. Personen mittleren Alters zeigten auch das größte Interesse an der Ausleihe von E-Book-Readern, um die Eignung für den persönlichen Gebrauch in Ruhe testen zu können. Aufgrund der großen Nachfrage wurden nach der Zentralbibliothek im letzten Jahr alle Stadtteilbibliotheken mit E-Book-Readern zum Ausleihen ausgestattet. Parallel dazu wurden verstärkt öffentliche Schulungen für alle Bürgerinnen und Bürgern angeboten, die die Vermittlung von Grundkenntnissen zu E-Book-Readern und Online-Medien zum Inhalt hatten. Ende des Jahres erfolgte in der Zentralbibliothek eine äußerst nutzerfreundliche Innovation durch die Implementierung zweier „Digitaler Bücherregale“. Es handelt sich dabei um Terminals, die die virtuellen Medien der Onleihe am Bildschirm sichtbar machen, das heißt aktuell vorhandene E-Books, E-Papers und E-Audios anzeigen. Kundinnen bzw. Kunden mit Bibliotheksausweis können die angezeigten E-Medien über den Touchscreen am Bücherregal unmittelbar zum Beispiel auf den eigenen Laptop oder das persönliche Tablet ausleihen. Die Vorteile der digitalen Transformation zeigen sich nicht zuletzt beim internationalen, fremdsprachigen Medienangebot der Stadtbibliothek. Der Bezug von E-Medien in anderen Sprachen ist einfacher geworden und diese können sofort zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere die Zeitungsdatenbank „Press Reader“, die tagesaktuelle Magazine und Zeitungen in Originalausgabe aus über hundert Ländern enthält, erwies sich als Favorit. Die Weltpresse in arabisch, ungarisch, türkisch, serbisch, chinesisch, italienisch, englisch, russisch – um nur einige Beispiele zu nennen – stieß bei zahlreichen Nutzerinnen und Nutzern, die ursprünglich aus anderen Kulturkreisen kommen, auf höchstes Interesse. Gleichwohl steht diese Zeitungsdatenbank allen Sprachenlernenden sowie an Originalinformationen aus der Weltpresse Interessierten zur Verfügung. 5. TEACHING LIBRARY Wie in den vorangegangenen Jahren fand das Angebot an Bibliotheksführungen und Recherchekursen für Schulklassen und andere Lerngruppen regen Zuspruch, ebenso spielerische Entdeckerkurse für Kindergartengruppen in der Bibliothek. 2014 2015 228 229 Aufgrund der starken Nachfrage wurden zahlreiche Workshops zum Gebrauch von E-Book- Readern sowie zum Einstieg in die „Onleihe“ durchgeführt. Mit der Möglichkeit zum selbstorganisierten Lernen waren die Multimedia-PCs im E-Lernstudio der Zentralbibliothek täglich nahezu ausgebucht und wurden kontinuierlich gut genutzt. 6. VERANSTALTUNGEN Vorlesestunden, Lesungen und andere Leseaktionen für Kinder: 2014 2015 169 254 Wie immer fanden das ganze Jahr über regelmäßig in allen Stadtteilbibliotheken sowie in der Kinder- und Jugendbibliothek Vorlese- und Mitmachaktionen statt. Vorlesestunden zählen nach wie vor zum Kernprogramm der Leseförderung ebenso wie der stets beliebte Sommerleseclub für ältere Kinder, der jährlich in den großen Ferien in der Jugendbibliothek stattfi ndet. Ein typisch amerikanisches Format wurde aufgrund des großen Erfolgs der Vorjahre mit dem Wettbewerb „Spelling Bee“ in der Amerikanischen Bibliothek durchgeführt, an dem Dutzende von Schülerinnen und Schülern aus Karlsruher Schulen und der Umgebung teilnahmen. Die Durchführung war wie immer mit einem hohen Aufwand verbunden und gelang durch viel Engagement von Ehrenamtlichen. Das freundliche Sommerwetter lockte 2015 zahlreiche Kinder und Familien in die Freibäder, so dass die Leseförderungsaktionen rund um die Büchereicontainer in Rüppurr und Rappenwört großen Zuspruch fanden. In Rappenwört gab es außerdem ein Jubiläum zu feiern, da die Aktion „Leseratte trifft Wasserratte“ seit 2005 besteht und jetzt zum zehnten Mal in den großen Ferien stattfand. Die Feier neben den Schwimmbecken fand Ende August bei strahlendem Sonnenschein statt und zog fast 300 junge Badegäste und begeisterte Eltern an. Veranstaltungen für Erwachsene: 2014 2015 79 77 30 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 31 www.karlsruhe.de Für die Erwachsenen war der Durlacher Lesesommer erneut ein Besuchermagnet, ebenso wie die KAMUNA mit Poetry-Slam und musikalischem Kabarett im Neuen Ständehaus. Wie jedes Jahr beteiligte sich die Stadtbibliothek mit zahlreichen Lesungen und Vorträgen an Festivals und Aktionswochen, zum Beispiel:  Karlsruher Wochen gegen Rassismus  Faire Woche  Französische Woche  Karlsruher Literaturtage  Bibliothekskampagne Netzwerk Bibliothek  Karlsruher Krimitage  Nachhaltigkeitstage Viele Veranstaltungen wurden mit bewährten Kooperationspartnerinnen und -partnern durchgeführt. Eine der erfolgreichsten, kontinuierlichen Kooperationen war die gemeinsame Veranstaltungsreihe „Blickkontakt – Frau und Beruf“ mit der Kontaktstelle Frau und Beruf, die einmal im Monat am Samstag stattfi ndet. Regelmäßig nahmen zwischen 50 und 70 Frauen teil, um sich über Themen im Kontext von Familie und Beruf zu orientieren, kombiniert mit Informationen über ein selbst organisiertes Weiterlernen anhand der Bücher und Medien aus der Stadtbibliothek. 7. SPEZIELLE SCHWERPUNKTE 7.1 BIBLIOTHEKSANGEBOTE FÜR GEFLÜCHTETE UND EHRENAMTLICHE Mit Blick auf die Situation in Karlsruhe wurde ein Informationsfl yer erstellt und verbreitet, der aus dem vorhandenen Gesamtangebot die Medien und Teilhabemöglichkeiten hervorhebt, die für Gefl üchtete sowie für die Arbeit der Ehrenamtlichen besonders geeignet sind. Im Sinne einer „Integration am Bücherregal“ wurden Einladungen in die Bibliothek von Einzelnen und kleineren betreuten Gruppen angenommen. Die Stadtbibliothek eignet sich insofern gut für Menschen aus anderen Kulturen, als ihre Angebote überwiegend niederschwellig sind. Beispielhaft seien folgende Punkte genannt:  Sie ist für alle Menschen während der Öffnungszeiten frei zugänglich.  Es sind viele Bücher, Hörbücher und Zeitungen in Fremdsprachen vorhanden.  In den Bibliotheksräumen können alle Medien auch ohne Ausweis genutzt werden.  Arbeitstische und PCs stehen zum freien Lernen oder Lesen zur Verfügung.  Gefl üchtete können Zeitungen aus ihrer Heimat lesen über „Press Reader“.  Sie können Online-Services nutzen und ggf. E-Books auf ihrem Smartphone lesen.  Zahlreiche Sprachkurse zum Deutschlernen stehen zur Verfügung. 7.2 AUFENTHALTSQUALITÄT Die Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Zentralbibliothek ist angesichts von Hunderten von Besucherinnen und Besuchern täglich eine kontinuierliche Herausforderung. 2015 wurde der Zeitschriftenbereich im EG durch den notwendigen Austausch des zerschlissenen Mobiliars neu konzipiert. Unter starker Beteiligung der Bibliothekskunden und Bibliothekskundinnen wurde die Auswahl an Zeitschriften neu festgelegt und erweitert, so dass jetzt 192 Abonnements zur Verfügung stehen (circa 10.000 Hefte). Der bis dahin etwas schäbig anmutende Bereich wurde zusätzlich durch mehrere kleine Maßnahmen verschönert und verbessert, ebenso wie alle durchgesessenen Lesesessel neu gepolstert wurden. Unsere Besucherinnen und Besucher nahmen die Verbesserungen mit viel positiver Rückmeldung wahr. 7.3 MEDIENKOMPETENZ Gemäß unserem Leben in der digitalen Gesellschaft baut die Stadtbibliothek den Sektor der konkreten Mediennutzung und Vermittlung von Medienkompetenz weiter aus. Folgende Formate wurden 2015 beispielhaft durchgeführt: CryptoParty – eine gemeinsame Veranstaltung mit Entropia e. V. zum Thema „Digitale Privatsphäre besser schützen“ Multimediale Klassenführungen – in der Stadtteilbibliothek Durlach wurden Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 und 6 mit iPads auf eine Bibliotheksrallye geschickt, im Anschluss erhielten die Kinder die Aufgaben, in Gruppen Bibliotheksrelevante Videos an den iPads zu erstellen. Gaming – im Prinz-Max-Palais wurden regelmäßig Wii-Turniere auf der Kinoleinwand im U-Max durchgeführt. Dabei wird Mario Kart Wii (FSK 0) gespielt. Teilnahmealter: 8 bis 12 Jahre, maximal 15 Kinder. Die Sieger erhielten Preise. 8. BIBLIOTHEKEN IN DEN STADTTEILEN UND KINDER- UND JUGENDBIBLIOTHEK Für die Kinder- und Jugendbibliothek war das Jahr 2015 außerordentlich erfolgreich. Die Zahl der Entleihungen hat gegenüber dem Rekordergebnis im Vorjahr nochmals zugenommen und betrug 339.487 ME (+ 1,6 Prozent). Bei der Evaluierung des Ergebnisses wurde deutlich, dass insbesondere die Kinderhörbücher wiederentdeckt und deutlich stärker als in den Vorjahren ausgeliehen wurden. Somit begeisterte ein traditionelles Medium auch die heutige Generation von Kindern. Die erhöhte Nachfrage nach Hörspielen bestätigte sich auch in der Arbeit der Stadtteilbibliotheken. Zusammenfassend sind in den Stadtteilbibliotheken und in der Amerikanischen Bibliothek Nutzung und Medienausleihe im Vergleich zum Vorjahr in etwa gleich geblieben. Ähnlich wie in der Zentrale hat die Zahl der Menschen, die die Bibliotheken besuchten, zugenommen bei einer zeitlichen Ausweitung des individuellen Aufenthalts. Anzahl Besuche Jugendbibliothek 86.769 Durlach 49.820 Medienbus 16.471 Mühlburg 17.194 Grötzingen 13.924 Neureut 25.929 Waldstadt 55.366 Amerikanische Bibliothek 15.448 Medienbus: Sowohl das Team als auch die Bevölkerung in den Stadtteilen hatten eine Häufung von technischen Ausfällen des Bücherbusses zu verkraften. An dreißig von insgesamt 226 Tagen konnten die regulären Haltestationen nicht angefahren werden (circa 13 Prozent Ausfallzeit). Obwohl die Enttäuschung auf Seiten der Kinder immer wieder groß war, blieb der Zuspruch an den normalen Tagen hoch, so dass der Bus von Nutzerinnen und Nutzern fast überrannt wurde und der Rückgang der Medienausleihe gegenüber dem Vorjahr marginal ist (-2,2 Prozent). Die Jahresergebnisse der einzelnen Bibliotheken in den Stadtteilen sind den beigefügten Grafi ken Teil 1 und Teil 2 zu entnehmen. 32 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 33 www.karlsruhe.de ANLAGE: TABELLEN ENTWICKLUNG DER MEDIENAUSLEIHE IM GESAMTSYSTEM 1993 BIS 2015 AUSLEIHENTWICKLUNG DER ZENTRAL- UND JUGENDBIBLIOTHEK 2000 BIS 2015 AUSLEIHENTWICKLUNG DER STADTTEILBIBLIOTHEKEN 2000 BIS 2015, TEIL 1 AUSLEIHENTWICKLUNG DER STADTTEILBIBLIOTHEKEN 2000 BIS 2015, TEIL 2 34 | KULTURAMT DER STADT KARLSRUHE – JAHRESBERICHT 2015 KULTURAMT | 35 www.karlsruhe.de AUSLEIHENTWICKLUNG DER ONLINE ANGEBOTE 2008 BIS 2015 IMPRESSUM Herausgegeben von: Stadt Karlsruhe | Kulturamt Redaktion: Dr. Susanne Asche, Claus Temps, Claudia Lahn Bilder: Kulturamt; Monika Müller-Gmelin; Roland Fränkle; Peter Bastian; MicialMedia; ZKM, Globale 2015, Ikeda Wagenhan Layout: Presse- und Informationsamt, Zimmermann Druck: Rathausdruckerei | 100 Prozent Recyclingpapier. Stand: Juli 2016
https://www.karlsruhe.de/b1/kultur/kulturfoerderung/kulturamt/HF_sections/rightColumn/1385637368833/ZZmHLFvoBorYQ0/Karlsruhe-Jahresbericht-Kulturamt2015.pdf
Pfinzgaumuseum Karlsruhe-Durlach Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 3 Herausgegeben von der Stadt Karlsruhe Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach Akzente seiner Neugestaltung Karlsruhc 1976 Inhalt Dr. Ludwin Langenfeld : Geschichte des Pfinzgaumuseums . 7 Dr. Helga Walter-Dressler: Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser 19 Prof. Dr. Ernst Petrasch: Durlacher Fayencen 1723-1840 . 30 Dr. Walther Franzius: Zu r Technik der Fayeneeherstellung . 40 Dr. Ludwin Langenfeld: D ie Straßburg-Durlacher Bibel von 1529/30 und ih re Drueker Wo lf Köpfl und Velt in Kobian . 42 Dr. Eva Zimmerman n: Zwei spätgotische Bildwerke aus Wössingen 69 Ernst Schneider: Du rlach im Wandel der Jahrhunderte . 77 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibl iothek Das Pfinzgaumuseum in Ka rl sruhe-Durlach - Akzente seiner Neugestaltung Karlsruhe: C. F. Mü ller, 1976 ISBN 3-7880-9565-2 Redaktion: Archivdirektor Dr. Ludwin Langenfe ld Umschlagbild (Pfinzgaumuseum): Manfred Schaeffer, Karlsruhe Gesamtherstellung : C. F. Müller, Großd ruekerei und Verlag GmbH, Karlsruhe 5 Zugleich mit dem Erscheinen dieser Dokumentation öffnet das Pnnzgaumuseum im Prinzessinnen- bau des Durlacher Schlosses nach langw ieriger Restaurierung und Neugesta ltung wieder seine engen und doch so weit gewordenen Pforten. Eng, weil die al tehrwürdige Wendeltreppe wenig- stens zum Teil in den Zugang zu den einzelnen Stockwerken miteinbezogen bleibt. Weit, weil die Neugestaltung, indem sie große Akzente setz t, nämlich die Durlacher Fayencen, die Bi lder des Durlacher Malers Karl Weysser, die a lten Durlacher Buchdruckerzeugnisse und sd,ließlich die um die Schlacht bei Durlach kreisenden Revolu tionsdokumente von 1848/49, ei ne schöpferische und vita le Vielfalt offenbart, die der Mutterstadt Karlsruhes zur Ehre gereicht und der überörtliche Bedeutung und Ausstrahlung zukommt. Die Stadt Karlsruhe freut sich, das so erneuerte Museum, das der Initiative eines ei nzeln en seine Entstehung verdankt, der Offentlichkeit als Zeichen ihrer kulturellen Bemühungen übergeben zu können. Mögen alle sich mitverantwortlich fü hlen für die Erhaltung und Pflege der unersetzlichen Werte, die hier zusammengetragen wurden. E ine künfl:ige Restaurierung des gesamten Schloßkomplexes wi rd dem Museum weitere Räume ersch li eßen. Dann werden - über die heute gesetzten Akzente hinaus - all die vielfältigen Zeugnisse der Heimat- liebe gezeigt werden können, die den ei nzelnen Bürger mit der Gesamtheit der Gemeinde ver- binden . Ostern 1976 Otto Dullenkopf Oberbürgermeister Ludwin Langenfeld Geschichte des Pfinzgaumuseums Das Pfinzgaumuseum in Karlsruhe-Durlach verdankt seine Gründung und sei nen Aufbau der Privatinitiative einer einzigen Persönlichkeit, nämlich dem am 29. Juli 1877 in Durlach geborenen Friedrich Eberle. Er war das jüngste Kind der a lten Durlacher Bürgerfamilie des Werkmeisters Eustachius Eberle. Der Vater Eberle war, wie später sein Sohn, ein begabter Mann, Erfinder einer für seine Firma sehr brauchbaren Zündholz maschine. Schon als Kind interessierte sich der Sohn Fried rich für die Geschichte seiner Heimatstadt. 1909 fing er an, a lte heimatliche Gegen- stände zu sammeln . Inzwischen war er in den Dienst der damaligen Reichspost getreten, bei der er eine einundfünfzigjährige Dienstzeit (Postinspektor) verbrachte. Der Sechsunddreißigjährige trat im Jahre 1913 mit dem Anerbieten an den Durlacher Gemeinderat heran, daß er Altertümer sammeln und ein Museum entstehen lassen wo ll e. Am 16. September 1913 übertrug ihm dcr Gemeinderat Durlach das Ehrenamt ci nes "Städtisdlcn Konservators". Friedrich Eberle hat die- ses Datum mit Recht späterhin immer als den Gründungstag des Pfinzgaumuseums bezeichnet. Bereits am 24. September 1913 erschien der erste einer langen Reihe seiner Artikel und Aufrufe im "Durlacher Wochenblatt (Tageblatt)", in dem es heißt: "Einem langen und vielsei tigen Wunsch entsprechend, hat nun unsere Stadtverwaltung der Anlegung einer städtischen Sammlun g zuge- stimmt und für die Sammlungsobjekte einen Raum im Rathaus zu r Verfügung gestellt. Es ist jetzt Gelegenheit, Gaben, wie Durlacher Fayence, Zinnsachen, a lte Schlösser und Beschläge, Urkunden, Durlacher Abbi ldungen und Bücher, Du rlacher Produkte der letzten Jahrzehnte u.s.w., die da und dort noch herumliegen, an den richtigen Ort zu bringen und damit se inen Namen zu verewigen. Möge jedes dazu beitragen, daß alte, interessante Gegenstände nicht mehr zu Durlach hinauswandern. Es tut ei nem ordentlich wehe, wen n man fremde Sammlungen durch- geht und sieht, daß Durlacher Sachen, vielfach als Geschenk, dort aufgestellt sind ." Der Auf- ruf war .. Durlacher Altertümersammlung" überschrieben. Bereits fü nf Wochen später, am 30. Oktober 1913, konnte Eberle im "Durlacher Wochenbla!!" melden, daß der Sammlung in- zw ischen gegen dreihundert Objekte, darunter 27 Durlacher Fayencen, zugefüh rt worden seien. Zum gleichen Zeitpunkt zog die Sammlung in ei nen großen Kellerraum der Gewerbeschule um. In der Ausgabe des "Durlacher Wochenblatts" vom 5. Jun i 1914 taucht zum ersten Male der Name "Pfinzgaumuseum" fü r die .. Durlacher Altertümersammlung" auf. Diese Benennung ist eine glückliche Erfindung Friedrich Eberles, der damit schon damals - unter Beibehaltung der Zentralfunktion Durlachs - seine Sammelkonzeption auf die umgebende Landschaft, insbeson- dere den östlich angrenzenden Pfinzgau ausdehnte. Bereits in der Ausgabe des "Durlacher Wochenblatts" vom 25. Juli 1914 erscheint nur noch die Benennung "Pfinzgaumuseum", die wohl 7 auch durch die zu gleicher Zeit laufenden Landtagsverhandlungen initiiert wurde, in denen zur Sprame kam, die einzelnen Bezirke mödlten ihre Altertümer sammeln und der Staat solle ihnen hierbei mit Rat und Tat zu r Seite stehen. Einige Tage später unterbrach der Ausbruch des Welt- krieges die heimatpflegerischen Bemühungen. Die Sammlung wurde in ein großes Zimmer des Gymnasiums verbracht. Hier wäre sie, schreibt Eberle in seinen Aufzeichnungen, den Krieg über verblieben, .. wenn nicht ein so vergeßlicher Professor im StOckwerk obenan den Wasserhahnen Wappen tafel des Durlacher Schlosses von 1565 hätte offen stehen lassen, wod urch die Nacht das Wasser durch die Decke in das Sammelzimmer drang und die Gegenstände durchnäßte und beschmutzte". Nun wurde die Sammlung in ein Zim- mer im 3. Stock werk verlagert und kam von hier aus 1918 zunächst in die Privatwohnung Eberles. Im Juli 1922 gelang es Eberle, die 1905-1907 durch den Landeskonservator der Offentlichen Baudenkmale instandgesetz ten Räume des sogenannten Prinzessi nnen baues, der südwestlichen 8 Ecke des Durlacher Markgrafenschlosses, zu erhal ten. Die Sammlung war inzwischen bedeutend angewachsen, nicht zuletzt durch den Ankauf der umfangreichen Fayencensammlung der Familie Walz durch die Stadt Durlach (ein Ankauf, der 1963 eine Parallele durch den Ankauf eines 15teiligen Services durch die Stadt Karlsruhe fand) und durch weitere Spenden aus der Bevölke- rung. Hier muß insbesondere des Freiherrn Schilling von Canstatt zu Hohenwettersbach als eines hochherzigen Förderers des Museums gedacht werden. Anfang März 1924 wurde das Museum eröffnet. In einem Schreiben vom 6. März 1924 sprach der Oberbürgermeister der Stadt Durlach, Zöller, Friedrich Eberle den Dank des Stadtrates "fü r das Gelingen des großen Werkes" aus. Einige Tage später besichtigte der Stadtrat das Museum und in der Stadtratssitzung vom 19. März 1924 wurde Eberle nochmals der Dank der Stadtverwaltung ausgesprochen. Vom April bis Oktober 1924 war das Museum nunmehr den Besuchern sonntags von 11 - 13 Uhr zugänglich, die überwachung und das Kassieren des Eintrittsgeldes (30 Pfg.) waren Ehrensache des Konser- vators und seiner Frau. (übrigens wurde erst ab 1. April 1955 der Museumsbesuch entgeltfrei ge- macht.) Während des Winters blieb das Museum geschlossen, da es nur unzulänglich beleuchtet war und vor allem über keinerlei Beheizung verfügte (die Luftfeuchtigkeit betrug bis zum Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972 im Mittel70 Ofo). Diese winterliche Schließung des Museums ist seither alljährlich durchgeführt worden, erst mit der völligen architektonischen und museums- technischen Neugestaltung des Museums, zu dessen Eröffnung im Frühjahr 1976 die vorliegende Dokumentation erscheint, wird - dank der modernen Heizungs- und Beleuchtungsanlagen - eine ganzjährige Offnung möglich. Da wir einen historischen Abriß schreiben, wollen wir um der Wahrheit wi llen nicht verschwei- gen, daß es 1925 zu einer Kontroverse zwischen dem Durlacher Oberbürgermeister und Konser- vator Eberle kam, in deren Verlauf Eberle sein Amt niederlegte. Der Stadtrat Resch wurde zum- ehrenamtlichen Verwalter des Museums bestellt ("Du rlacher Tageblatt" vom 19. 3. 1925; Proto- koll der Stadtratssitzung vom 18. 3. 1925; persönl. Aufzeichnungen Eberles). Im Anzeigenteil des "Durlacher Tageblatts" vom 21. 3. 1925 veröffentlichte Eberle eine persönliche "Erklärung", die zeigt, wie sehr er sich getroffen fühlte. Allzu lange scheint jedoch dieser Interimszustand nicht gewährt zu haben. Spätestens 1929 hat Eberle wohl seine Tätigkeit wieder aufgenommen, wie sein Artikel "Unser Pfinzgaumuseum" zeigt, den er in der Jubiläumsausgabe zum 100jährigen Bestehen des "Durlacher Tageblatts" am 1. 7. 1929 veröffentlichte. Aber schon im April 1934 kam es wieder zu Spannungen und einem Rücktritt Eherles von seinem Amt, weil das Museum wertvolle Durlacher Stücke an das Armee-Museum in Rastatt abgeben soll te. Die Verwaltung des Museums ging in die Hände der Durlacher Lehrerschaft über. Als im März 193 7 der damalige Rektor Edel infolge Arbeitsüberhäufung um Enthebung von seinem Amt als Konservator bat, erklärte sich Eberle zum zweiten Male bereit, das Amt mit Wirkung vom 1. 3. 1937 wieder zu übernehmen. Während des Zweiten Weltkrieges blieb das Museum geschlossen, die wertvollsten Stücke (insbesondere Fayencen) wurden zur Aufbewahrung an Durlacher Bürger verteilt. Um die übrige Sammlung bei einem eventuellen Luftangriff zu schützen, schlief Friedrich Eberle wäh- 9 rend der Dauer von sechs Monaten nachts im Museum. Im Mai 1945 wurde das Museum von den Friedrich Eberle Franzosen, im Juli von den Amerikanern als "Off limits") als unbetretbar für die Alliierten, erklärt. Die meisten Waffen der Sammlu ng (Geweh re, Pistolen, Säbel, Munition ) mußten den französischen Behörden abgeliefert werden, ein Verlust, den das Museum wohl am leichtesten ver- schmerzen konnte. Friedrich Eberle konnte die zweite Nachkriegszeit sein es Museums, das im Juni 1948 wiedereröffnet wurde, nicht mehr erleben. Im April 1948 zwang ihn sein Gesu ndheitszu- stand, sein Ehrenamt endgiiltig abzugeben . Am 16.6 . 1948 fan d im Amtszimmer des Leite rs des Stadtamtes Durlach durch Oberbürgermeister Töpper, Karls ruhe (die Stadt Ka rlsruhe war seit der 1938 erfolgten Eingemei ndung Durlachs rechtmäßiger Hausherr des Museums) , ein e Ehrun g Fricdrich Eberles statt, anschließend wurde das Museum besichtigt. Am 30. 11. 194 8 verstirbt Friedrich Eberle und wi rd am 2. 12. auf dem Durlacher Bergfriedhof beigesetzt . Am 7. 6. 1948 war der damalige Stadtoberrechnungsrat H ein rich Li ede vom Karlsruher Oberbürgermeister mit der ehrenamtlichen Betreuung des Museums beauftragt worden. Die Lehrerin Mathilde Sauder un d der Lehrer Hans Wolf aus Durlach erkl ärten sich zur Unterstützung Liedes bereit. Mit H einrich Liede war eine Persönlichkeit gefunden, die mit dersel ben Hingabe wie sei n Vorgänger Eberle die angesammelten Schätze rund 25 Jahre, bis z um Beginn der Restaurierungsarbeiten 1972, betreute. Seine Aufgabe war naturgemäß weniger das Sammel n als das Bewahren und Betreuen. Sein steti- ger Kampf galt der Verbesseru ng der Unzulänglichkeit der Räume, vo r a llem der (leider von ihm nicht mehr erreichten) Hinzugew innung wei terer Räume (vo r all em des erst mit der jetzigen Neueröffnung in Benutzung genommenen Raum es der frü heren Wanderherberge). Auch H einri ch Li edes Lei stung kann nicht hoch gen ug eingeschätzt werden. Unter seiner Leitun g haben von 194 8 bis 1972 rund 35000 Besucher das Museum besichtigt. W ie sein großer Vorgä nger war H einrich Liede Sonntag für Sonntag an der Spitze seiner ehrenamtlichen Aufsichtskräfhe im Museum anwesend, deren Namen hi er dankbar genannt werden soll en: neben der unermüd- lichen Witwe Fried rich Eberles, Fra u Walburga Eberle, di e am 29 . 3. 1960 versta rb, und der sdlOn genannten Lehrerin Mathilde Sauder waren dies die Damen: Gabrie le Stürzenacker und Em ma Mayer, die H erren: Heinz H entschel, Werner Krieger, Max Lenzi nger, OttO Meyer, Karl Pfatteicher, Siegfried Riemann, Wolfgang Rösch , Friedrich Schaaf, Helmut Voss und Max Zeiss. Zusammenfassend ist es unsere Pflicht, der Persönlidtkeit Eberl es gerecht zu werden. Dies ist ebenso leicht wie schwer. Leicht: den n seine Verdienste liegen klar zu Tage. E r hat aus tiefer Heimatliebe und echtem Heimatstol z heraus d ie An fänge des Museums gelegt und die Sa mmlun- gen fünfunddreißi g Jahre hindurch angereichert und betreut. Seine A ufgabe wa r mit Fug un d Recht das Sammeln, nicht das Sichten . Erst mußte ein Grundstock gescha ffen werden, der es uns H euti gen ermöglicht, auszuwähl en un d Akzente zu setzen. Für diese Sammlun g hat Eberl e auch seinen persönlichen Besitz und seine persö nlichen Mittel rückhaltlos hingegeben, unter- stützt von seiner dieser Aufgabe ebenso tief verbundenen Gattin. Gefördert wurde diese Gene- rosi tät Eberles durch seine menschliche Kommunikationsfreudi gkeit (er wa r Mi tg lied all er mög- lichen Vereine) und durch den feinen, still en Humor, der ihm zu eigen war und der sich an 11 Geburtstagen der Freunde in sinnigen Geburtstagsgedichten äußerte. Schwer: denn über den wahrhaft polyhistorischen Charakter seines Geistes wissen heute nur noch die wenigsten Bescheid. Eberle wa r ein exzellenter Kenner der Geschichte seiner Vaterstadt Durlach und des Pfinzgaus. In ungezählten Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften hat er sein Wissen ausge- breitet, in vielen Vorträgen seine Zuhörer belehrt, als Orga nisator vieler Festzüge die Zuschauer begeistert. Seine handschriftlichen Aufzeichnungen, darunter zahlreiche Manuskripte, bebilderte Mappenwerke (u. a.: "Die Pfinz von der Quelle bis Zl\r Mündung", "Der Turmberg") füll en ganze Regale. Eine einzigartige Schlagwort-Kartothek über die Geschichte Durlachs enttäuscht den Sud,enden selten . Eberle war aber auch ein gewandter Zeichner und Aquarellist. Mit fein em Strich hielt er jeden geschichtlich oder künstlerisch bedeutenden Gegenstand an Durlachs Gebäuden (Wappen , Türstürze, Fensterumrahmungen) fest. Die Flora des Turmbergs hat er in Einzeldarstellungen aquarelliert. Nic!1t zul etzt ließ er seine H eimatliebe in vielen Gedichten ausströmen. Eberles größte und nachwirkendste Tat aber war die In itiative, den sogenannten Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses als Museumsgebäude einzu richten. D enn wenn auch die zwa r schöne, aber auch enge und - besonders für ältere Besucher - unbequeme ehrwürdige Wendeltreppe mit ih ren neun verschiedenen Steinmetzzeichen, die im Prinzessi nnenhau die drei Stockwerke miteinander verbindet, einer Museumsplanung nicht gerade günstig war, so han- delte es sich hier doch, abgesehen von der Ruine des Gottesauer Schlosses, um die ä lteste und eine der schönsten Raumanlagen in Karlsruhe überhaupt. Das Karlsruher Schloß ist immerhin 150 Jahre jünger. Di e "Altertümersammlungen" konnten nirgendwo adäquater untergebracht sein als in diesen historischen Räumen VOn wahrhaft: einmali gem Wert. Bei all diesen Verdien- sten Eberles war es eine Ehrenpflicht für den Karlsruher Gemei nderat, 1960 eine Straße in Durlach nach ihm zu benennen. Der Prinzessinnenbau, in dessen volkstümlirnem Namen sich die Erinnerung an die Prinzes- si nnen des baden-durlachischen Hauses erhalten hat, ist - neben zwei Treppentürmen im Bereich des Baden-Werkes und einem Balkonstück im H ofdes sog. Wasserwerkes - der einzige erha ltene Bestandtteil der alten Karlsburg, die Markgraf Karl H. (Regentschaft 1553-1577) bei der Ver- legung seiner Residenz von Pforzheim nach Durlach 1563/65 erbauen ließ . Ober die Grü nde der plötzlichen E ntsch ließung des Markgrafen, sei ne Residenz von Pforzheim nach Durlach zu ver- legen, ist (ebenso wie über die G ründe des Markgrafen Karl Wi lhelm, seine Residenz 1715 von Durlach nach dem dadurch neu gegründeten Ka rlsruhe zu verlegen) wenig Greifbares beka nnt. Die Vermutungen reichen von der Behauptung des markgräflich baden-durlachischen Hi storikers Johann Christian Sachs (1770), es seien im Falle Pforzhei m Unstimmigkeiten zw ischen den Bürgern Pforzheims und dem Markgrafen bestimmend gewesen bis zu der, im Falle Karlsruhe, von modernen Historikern konstruierten geopolitischen Bewußtheit eines Markgrafen, der aus der topog raphischen E nge der durch die sumpfige Kinzig-Murg-Niederung gehemmten Residenz Durlach in das sandige Gebiet der Niederterrasse (und damit zum Rhein hin!) hinausstrebte. Ober das Durlacher Schloß schreibt Johann Christ ian Sachs: "Es wurde mit großen Kosten in kurzer Zeit zu Stande gebracht und erhielt nach dem durchlauchtigsten Erbauer den Namen Karlsburg. E r selbst hatte den Riß dazu entworfen und das ga nze Bauwesen ging unter sei ner 12 besonderen Aufsicht vor sich; er zahlte auch die Arbeitsleute mit eigener Hand aus und bekam daher den Namen : Karl mit der Tasche." Mag es sich hinsichtlich der Funktion der Tasche auch um eine liebenswürdige Fabel handeln (sie enthielt wohl eher das Schreibzeug des Fürsten), so hat dieses Anhängsel dem Markgrafen doch seinen volkstümlichen Namen eingetragen. Die eben zur Residenz erhobene dankbare Stadt Durlach ließ 1567 ihrem Markgrafen ein lebensgroßes Standbild aus gelbem weichem Sandstein errichten. Sein Schöpfer war der Tübinger Bildhauer Leonhart Baumhauer. Es war von 1567 bis 1862 a ls Krone des Durlacher Marktbrunnens vor dem Durlacher Rathaus aufgestellt, wurde 1862 auf den Schloßplatz, an die vordere Ecke des Platzes vor der Karlsburg, versetzt und mußte dort 1911 dem zunehmend en Verkehr weichen. Die starke Verwitterungserscheinungen aufweisende Statue wurde anschließend von dem Karlsruher Bild- hauer Heinrich Bauser zur ferneren Aufbewahrung in einern nicht den Wetterunbilden aus- gesetzten Raume restauriert. Zugleich fertigte Bauser eine naturgetreue Kopie des Standbildes, die seither den Balkon des Durlacher Rathauses schmückt. Die Originalstatue wurde erst ins Rathaus, dann in die Torhalle des Prinzessinnenbaues verbracht, wo sie jahrzehntelang der Jugend als willkommene Zielscheibe diente. Im Zuge der Neugestaltung des Museums wurde sie auf Veranlassung des Schreibers dieser Zeilen 1974 in den Steinsaal des Pfinzgaumuseums gebracht und in aufwendiger Arbeit durch den Karlsruher Restaurator Anton Rommel zum zweiten Male restauriert. Der Kunsthistoriker Hans Rott hatte zwar 191 7 in seinem bekannten Werk über "Kunst und Künstler am Baden-Durlacher Hof bis zur G ründung Karlsruhes" noch die Ansicht vertreten : "Die Statue hat in Zuk unft, gleich einer wurmzerfressenen Altartafel etwa, als Museumsstück zu gelten, an der als einer monumentalen historischen Urkunde keine Restauration oder Erneuerung vorgenommen werden darf", aber die der Statue mutwillig und geda nkenlos zugefügten Schäden rechtfertigten die vorgenommene Restaurierung. Heute bildet sie, im zeitgenössischen Steinsaal des Museums aufgestellt, für die Besucher das treffendste Eingangssymbol. Im sei ben Steinsaal ist der Sockeltorso der Statue mit der Jahreszahl 1567 und ein künstlerisch wertvoller Grabstein (Frau in kniender Gebetshaltung) aus der Mitte des 16. Jahrhundert aufgestellt. Besondere Achtung verdient der hier ebenfalls aufgestellte Grab- stein des Baumeisters Demetrius Dangel von Zwiefalten (gestorben 1570), des Erbauers der Karls- burg (Bauperiode von 1563-65). Das von den Nachfolgern Karls 11. (den Markgrafen Ernst Friedrich - 15 77/ 1604 -, Georg Friedrich - 1604/ 1622 -, Friedrich V. - 1622/ 1659 -, Friedrich VI. - 1659/ 1677 - und Friedrich Magnus - 1677/ 1709, von letzterem zeigt das Museum Originaldokumente) erwei- terte Schloß wurde am 16. 8. 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch die Franzosen nieder- brannt. Reste der Ruinen standen mindestens noch bis zum Jahre 1834 , wie ein kleinesOlgemälde von L. Steinbach zeigt, das im Museum aufbewah rt wird und den Zustand nach der Natur festgehalten hat. Nach der Zerstörung begannen 1698 der Auf- und Neubau, der 1702 durch den inzwischen ausgebrochenen Spanischen Erbfolgek rieg, der alle Einkünfte auf Jahre hinaus wegnahm, wieder zum Erliegen kam. Dieser kurzen Bauperiode verdanken wir das heute an 13 den Prinzessinnenbau anschließende neue Schloß (Westwand des Haupthofes) mit barocker Fassade von Domenico Egidio Rossi. In der Torhalle des Prin zessinnenbaus, deren südliche Aus- fahrt jetzt zugemauert ist (bausthützeristhe Überlegungen zwangen dazu; in der Südmauer sind noth die Gleitri nnen des ehemaligen Fallgatters sichtbar, womit der Durthgang versth lossen werden kon nte), ist seit 1905/07 in die west lithe Wand die große Wappentafel von 1565 aus grauem Sandstein eingelassen, die einst über dem Portal der a lten Karlsburg prangte und die wohl das künstleristh wertvollste und ehrwü rdigste Monument des alten Durlath darstellt. Sie ist in drei Felder ein getei lt, bekrönt von einem Schmuck fries, umrahmt von Pilastern und Säul- chen mit reichem Renaissanceornament. Im mittleren Feld trägt sie das Wappen Karls 11., auf der linken Seite das Wappen seiner ersten Gemahlin Kunigunda, geborene Markgräfin zu Brandenburg, auf der rethten Seite das Wappen seiner zweiten Gemahl in Anna, geborene Pfalz- gräfin zu Veldenz . Besonders charakteristisch ist die Figur eines liegenden, die Geige spielenden Mannes, die der Meister der Tafel im Segmentbogen feld über dem Gesims, umrahmt von Engel- figürthe n angebratht hat. Reste der typisthen Bemal ung des Kreuzrippengewö lbes sind in der Torhalle noth sithtbar, mit ähnlithen Gewölben waren in der Karlsburg sämtlithe Räume des Erd- und des ersten Obergeschosses ei ngedeckt. Im ersten Obergesthoß des Museums geben die beiden Südzimmer mit ihrem dicken Mauerwerk, den tiefen Fensternischen und den ni edrigen Tü ren mit profiliertem Gewände noch einen Begriff von der Pracht der Räume der alten Karls- burg. Thre Bemalung wurde 1905/07 naturgetreu erneuert und 1975 verständnisvoll au fge- frischt. Der erste, kleinere Raum ist von einem Kreuzrippengewölbe überdeckt, der zweite von einem Netzgewölbe, dessen Rippen auf Konsolen in halber Wandhöhe ansetzen. Sie waren unverständlitherweise durth eine später angebrachte häßl ithe hölzerne Wandverkleidung ver- deckt, di e den Raumeindruck verdarb. Diese wurde bei der Restaurierung 1974 wieder ent- fern t, so daß der Raum jetzt wieder sein e ursprüngliche kompositorische Feinheit ausstrahlt , di e wir auch bew ußt durth ei n Minimum an Einrithtungsgegenständen (Vi tr inen, Möbel) erhal- ten wollten. So kann man diese beiden ältesten auch als die schönsten Räume in Karlsruhe bezeichnen. Der Fußboden bei der Räume wurde mit Bodenfliesen ausgelegt, die eigens nach dem Muster auf dem Turmberg gefundener Bodenfliesen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts von der Karls ruher Majolika gegossen wurden. Tn den bei den "Karl-Weysser-Sälen" und dem dazugehörigen Flu r des ersten Obergesthosses wurden 1974 die Flathdecken entfernt, so daß die ursprünglithen gewölbten Decken des Baumeisters Domenico Egi dio Rossi wieder zur Geltung kommen. Im zwei ten Obergesthoß wu rden die Gewölbe des großen Saales bei der Erneuerung 1905/07 d urth eine Stuckdecke ersetzt, di e 1974 in lithten Tönen bemalt wu rde. D ie hier an der Nord(Balkon)-Seite unter der Decke vorhandenen, mit Renaissanceornamenten verzierten Konsolen trugen das Gesims der al ten Süd wand des Sthlosses. Alle diese Maßnah- men wurden von dem Architekten Rolf Siemons in Durlath mit hohem stil ististhem Feingefühl getroffen. Wenn wir nun über die Nachkriegszeit des Pfinzgaumuseums zu berichten haben, so tun wi r dies, unserer Chronistenpflicht entsprechend, mit der gebotenen Genauigkeit. Wir können aber einleitend nicht verschweigen, daß diese Jahre (von der Wiedereröffnung 1948) bis zum Beginn 14 der Restaurierungs- und museumtechnischen Neueinrichtungsarbeitcn (1972) elOcn 1m Hin- blick auf das Museum selbst (beileibe nicht in Hinblick auf die aufopfernde Betreuung durch seinen ehrenamtlichen Leiter, Heinrich Liede, und sei ne schon genannten Mitarbeiter) unfrucht- ba ren Zeitraum darstellen, weil man in dieser Zeit weder in der Hinzugewinnung zusätz licher Räume noch (folgeri chtig) in der - immer wieder erkannten und geforde rten - Sichtung und Lichtung der Bestände weiterkam. Bis zum Ableben der verdienten Gattin Friedrich Eberles, Frau Walburga Eberle, im Frühjahr 1960, bestand allseits die pi etätvoll e Meinung, daß zu Lebzeiten der Witwe des Begrü nders des Museums an den Beständen und deren A ufstellung nichts geändert werden sollte. Späterhin scheiterte das Vorhaben immer wieder am Fehlen der benötigten Magazin- bzw. Abstellräume. SdlOl1 sei t 1956 hatten sich in PresseveröfFentlichungen immer mehr kritische Stimmen erhoben, die eine Neugestaltung des Museums forderten. Der Verfasser dieses Überblicks hat versucht, durch ei ne 1965 eingerichtete Ausstellung der Werke Karl Weyssers (Olbilder, Studien, Zeich nungen) im Rathaus-Saal in Durlad, und durch eine 1973 ebendort eingerichtete Ausstellung "Die Badische Revolution 1848-1849", welch letztere sich zum größten Teil auf die (i nzwischen im letzten Augenblick vor der endgültigen Zerstö- rung durch Nässe und Fäulnis restauriert,en) Bestände des Pfinzgaumuseums stützte, die Auf- merksamkeit einer größeren OfFentlichkeit auf die Gesamtrestaurierung des Phnzgaumuseums hinzulenken. In diesem Zusammenhang verdient festgehal ten zu werden, daß die durd1 die Restauration bedingte Schließung des Museums noch einen erfre ulichen NebenefFekt hatte. Das Badische Landesmuseum im Karl sruher Schl oß veranstaltete im Sommer und Herbst 1975 eine Ausstellung "Durlacher Fayencen - 1723-1847", die für al le Zukun ft vorbi ldlich und einmalig bleiben wi rd. Eine umfangreiche Katalog-Dokumentation aus diesem Anlaß wird als nidu mehr wegzudenk endes Standardwerk über diesen Gegenstand bestehen bleiben. Da das Phllzgaumuseum neben dem Badischen Landesmuseum die zweitgrößte Sammlung Durlacher Fayencen überhaupt besitzt, kam uns das Ane rbi eten des Badisd1en Landesmuseums, aus Anlaß der Ausstellung den gesamten Bestand des Phnzgaumuseurns wissenschaftlich zu bearbeiten und die fünfz ig schönsten Stücke daraus in der Ausstellung im Schloß zu zeigen, überaus gelegen. Für die so erstmals erfolgte, überaus ergebnisreiche und in vielen Details interessante wissen- schaft liche Bearbeitung der Bestände des Pfin zgaumuseums sind wi r dem Direktor des Badischen Landesmuseums, Prof. Dr. Ernst Petrasch, insbesondere dem w issenschaft lichen Sachbearbeiter Dr. Walther Franzius zu bleibendem Dank verpflichtet . Anfang der fünfz iger J ahre setzte sich verstärkt die Einsicht d urch, daß im Aufbau des Museums der tragende Gedanke, gewissermaßen der rote Faden, der den Besucher sinnvoll durch di e Aus- stellung geleiten könne, fehl e. Imm er dri ngender wurde ein e Umgestaltung gefordert. In einem Artikel der "Badischen Volkszeitung" vom 24 . 8. 1956 hieß es: Die Räumlichkeiten seien weder ausreichend noch zweck mäßig. In einem kleinen Raum seien wertvolle Antiquitäten unter- gebracht, die jedoch nicht zur vollen Geltun g kämen, weil sie wie in einem Trödlerladen angehäuft seien . Kostbare Urkunden und Drucke seien in vorsi ntflutlichen Vitrin en gelagert. 15 Ein kritischer Leserbrief mit der für sich sp rechenden Überschrift "Pfinzgau-Museum : Ein Besuch im Reich der Spinnen", erschien am 26. 5. 1959 in den "Badischen Neuesten Nachrichten". Unter dem 3. 10. 1959 berichtete das "Durlacher Tagblatt" unter der überschrift "Bestände des Pfinz- gau-Museums sollen gesichtet werden", daß der städtische Kulturauschuß eine Kommission zur Sichtung der Bestände gebildet habe, so daß nur das Wesentliche, für die eigentliche Durlacher Geschichte Wertvolle übrigbleibe und entsprechend besser zur Schau gestellt werden könne. In einem Expose legte am 12. 4. 1960 ein Kommissionsmitglied dar, die Bezeichnung Pfinzgau- Musum sei nicht der richtige Name, denn es gleiche eher einem Depot oder Magazin. Dies liege hauptsächlich an der Unterbringung. Die Sammlungen müßten zu einer chronologisch geordneten Schau zusammengestellt, die Spreu vom Weizen getrennt werden. In einem großen Artikel der "Badischen Neuesten Nachrichten" vom 10. 5. 1961 wird unter dem Titel "Das Pfinzgau-Museum braucht einen neuen Stil" festgestellt, daß die genannte Kommission "nur allgemeine Urteile zum Problem der Auslichtung dieses Urwaldes historischer Gewächse abgab, aber nicht für jedes einzelne der weit über 1000 Stücke eine endgültige Entscheidung fällte . Nur das hätte weiterhelfen können." Auch in diesem Artikel wird wieder festgestellt, daß diejenigen Stücke, deren Qualität den Wert des Museums ausmachen, durch die Masse zweitrangiger oder den Pfinzgau nicht betreffender Gegenstände erdrückt würden. Man dürfe sich daher nicht scheuen, einiges gänzlich zu beseitigen. Bei dieser "Herkules-Arbeit" gehe es nicht so sehr primär um eine Erweiterung des Museums, sondern um eine zeitgemäße Form. Ein Museum sei heute näm- lich nur wirksam, wenn es nicht auf Vollständigkeit Wert lege, sondern auf sorgfältig ausge- wählte wenige Beispiele. Da die Kommission über allgemeine Erwägungen nicht hinaus gekom- men war, wurde nun das Stadtarchiv mit einer Durchsicht der Bestände beauftragt. Der damalige Archivdirektor teilte aber zum Jahresende 1960 mit, daß mit einer Aussortierung nidtt begonnen werden könne, da die Museumsräume nicht beheizbar seien und keine ausreichenden Magazin- räume zur Verfügung stünden . In einem Artikel vom 23 . 9. 1961 berichtete das "Durlacher Tagblatt" von einer erneuten Sitzung des Kulturausschusses . Man sei sich darüber einig gewesen, daß das Museum durch unnötigen und wesensfremden Ballast beeinträchtigt sei. Die weniger guten Bestände müßten ausgeschieden werden; eine gründliche Durchsicht durch Fachleute sei nicht zu umgehen. Diese Forderung wurde wiederum in einer Sitzung des Gemeinderates vom 31. 12. 1961 aufgestellt. Am 24 . 3. 1962 berichtet das "Durlacher Tagblatt" über die bekannten Unzulänglichkeiten. Der Artikel räumt ein, daß das Museum einmal von einem Kunstkenner "der größte Ramschladen in Karlsruhe und Umgebung" genannt worden sei. Immer wieder wird auch in allen Veröffentlichungen auf die Feuchtigkeit der Räume und die Problematik der engen Wendeltreppe, insbesondere für ältere Besucher, hingewiesen . Inzwischen hatte die Stadt in ihrer Gemeinderatssitzung vom 12. 5. 1964 einen Vertrag zwischen Stadt und Land Baden- Württemberg gebilligt, der die überlassung der Karlsburg an die Stadt zum Preis von 1,6 Mil- lionen Deutsche Mark vorsah. Am 4. 1. 1965 machen die "Badischen Neuesten Nachrichten" wieder auf die unzulänglichen Zustände im Museum aufmerksam. Am 27 . 7. 1971 berichtet dieselbe Zeitung von einem Einbruch ins Pflnzgaumuseum, wobei insgesamt 21 Pistolen gestohlen wurden. 16 Inzwischen waren die Überlegungen hi nsichtlich einer Gesamtrestauration des Prinzessinnen- baues endgültig in Gang gekommen. In ei ner Sitzung von Vertretern der Durlacher Bürger- gemeinschaft, der Stadtverwaltung und des Staatlichen Denkmalamtes vom 8. 12. 1971 wurde der einzuschlagende Weg in Form ei nes Stufenplanes festge legt. Von der Idee der Restauration der jetz igen Museumsräume kam man bald zur größeren Idee des Ausbaus des gesamten Schloß- komp lexes als Kulturzentrum. Dies war fü r das Pfinzgaumuseum insofern schon von Bedeutung, als man a ls erste Etappe die Bereitstellung f reier Räum e im angrenzenden Sdlloßflügel für die Auslagerung der Museumsbestände beschloß. Das widltigste Ergebnis betraf die E ntlastun g der so vielfach kri tisierten alten Wendeltreppe. Durdl eine Verwendung des direkt an den alten Teil des Prinzessinnenbaues angrenzenden Treppenhauses im neueren Teil des Rossiflügels konnte, wie die Architekten nun feststellten, ein normaler Treppenzugang zum ersten und - auf dem ßesuchcrrückweg - vom zweiten zum ersten Stockwerk geschaffen werden ; der Zugang zum dritten Stockwerk würde allerdings immer über die Wendeltreppe erfolgen müssen. Immerhi n ergab diese Treppenkombination eine wesen tliche Verbesserung der Zugänglichkeit. Die Artikel in den "Badischen Neuesten Nach richten" vom 15 . 11., 19. 11. und 30. 11. 1971 berichteten über die erwähnten Aktivitäten der Bürgergel1Jeinschaft Durlach und A ue bzw. des Freundesk reises Pfinzgau-Museum innerhalb dieser Bürgergemeinschaft im Hinbl ick auf die Bestrebungen, das Museum unbedingt im Prinzessinn enbau zu belassen. Unter dem letzterwähnten Datum hielt der A rchitekt Dipl.-In g. Prosper Collin g in Form eines altertüml ichen Briefes an den Erbauer des Prinzessinnenbaues Demetrius Dangel ein Plädoyer für das Pfinzgaumuscum und ein im Sch loßflü gel zu erstellendes Durlaeher Kulturzentrum. Es fol gte am 15. 12. 1971 eine Gesamt- vorstandssitzung der Bürgergemeinschalt Durlach und Aue mit dem als Vertreter der Stadt ent- sandten Kulturreferenten; am 4. 2. 1972 eine Sitzung des Bezirksbeirats Durlaeh im Sitzu ngs- saa l des Durlacher Rathauses; am 8. 5. 1972 eine Sitzung bei dem Baudezernenten; am 23. 6. 1972 ei ne Ku lturausschußsitzung im Karlsruher Rathaus und am 29 . 3. 1973 ei ne weitere Sitzun g des Bezirksbeirats Durlach im Sitzu ngssaal des Durlacher Rathauses, die sich sämtlich eingehend auch mit den Maßnahmen für das Pfinzgaumuseum befaßten. Gleichzeitig eröffnete die Bürger- gemeinschaft Durlach und Aue unter ihrem Vorsitzenden Dr. Karl-Wilhelm Maurer ein e Bürger- spendenaktion für das P finzgaumuseu m, die überaus erfreulichen Anklang bei der Bevölkerung fa nd . Im Spätsommer 1972 wurden die Bestände des Museums in die angrenzenden Räume des Schloßflügeis ausgelagert und die bauliche Restaurierung konnte beginnen . Dazu erschien im August 1973 eine reich bebilderte Dokumentation über den Prinzessin nenbau (Mitteilungen des Baudezernates, N r. 20). Das neu erstandene Museum öffnet seine Pforten zu Ostern 1976. Seine Akzente liegen - neben der Sicherstellun g der erwähnten Steindokumente - bei der Repräsentation der Durlacher Fayencen, der Werke des in Du rl adl geborenen Malers Karl Weysser, der Dokumente der Revo- "ltion 1848/49 (in der Durlach d urch die Schlacht bei Durlach am 25. Juni 1849 eine besondere Rolle spielte) und der alten Durlacher Druckerzeugnisse (in ihrem Mittelpunkt die sogenannte 17 Durladler Bibel von 1529). Eine künftige Erwei terung der Raumverhältnisse im Zuge der Restaurierungsarbeiten am gesamten Schloß flügel birgt die Möglichkeiten, dieses Grundsatzpro- gramm durch die Vielfalt heimatkundlicher Exponate zu erwei tern. Bei unseren Akzentsetzungen gingen wir von der Wichtigkeit und dem Wert der zusammenhängenden Bestände aus; im Sin ne der Thesen, die der Geschäftsführer des Verbandes der Rheinischen Heimatmuseen, Professor Dr. Rudolf Stampfuß 1968 für die Heimatmuseen von heute aufgestellt hat und in denen es heißt: "Wi r wollen keine romantischen Heimatstuben mehr, wir wollen den Dingen den Moder nehmen. Das Museum ist eine Halle, in der man diskutieren darf; die Zeit der Filzpantoffel ist vorbei. Ei n Museum soll auch keine Schauerkammer sein . Die Heimatmuseen sind echte For- schungsstätten, die das Material für die Zukunft erhalten müssen." Möge sid1 das nun erneuerte Pfinzgau-Museum schon in seiner jetzigen Gestalt würd ig in den Kreis der baden-württembergischen Heimatmuseen einordnen. Möge die Bewahrung seiner alt- ehrwürdigen Räume und die Pflege seiner wertvollen Bestände ein Anliegen aller Bürger sein! 18 Helga Walter-Dressler Der Durlacher Maler und Zeichner Karl Weysser Karl Weysser wurde am 7. September 1833 in Durlach geboren '. Er war das zehnte und letzte Kind des damaligen Durlacher Bürgermeisters Friedrich Wilhelm Weysser und seiner Frau Karoline geb. Musculus . Der französische H ei ratskontrakt der Eltern aus dem Jah re 1815 in kunstvoll verschnörkel ter Kanzleischrift ist noch vorhanden. Aus ihm geht hervor, daß die elsässische Braut, eine Apothekerstochter aus Sulz am Wald, 5068 Franken, der Bräutigam 8571 Franken mit in die Ehe brachten. Offensichtlich stammten beide aus wohlhabenden Ver- hältnissen . Karl Weyssers Vater war ursprünglich Kaufmann. Mi t den Jahren hatte er auch im öffent- lichen Leben Erfol g. Er wurde Stadtrat und Mitglied des evangel ischen Kirchengemeinderats, sch ließlich von 1830 bis 1836 Bürgermeister von Durlach. Von 1832 bis 1838 wa r er außerdem Mi tglied der von der Bevölkerung gewählten 2. Kammer der badischen Landstände ' . Die Familie wohnte bis 1860 am Durlacher Marktplatz im Eckhaus Hauptstraßel Kronenstraße (heute Pfinztalstraße 56). Von Kar! Weyssers zahlreichen Geschwistern lebten bei seiner Geburt nur noch zwei Brüder und eine Schwester " ein bei der damaligen hohen Säuglin gssterblichkeit leider übliches Familienschicksal. Die Schulzeit absolvierte Weysser an der Durlacher Höheren Bürgerschule, dem sog. "Pädagogium", wo er 184 1 eintrat ' . Dann schickte ihn der praktisch denkende Vater, der vom fin anziell unsicheren Künstlerberuf offenbar nicht viel wissen wollte, auf das Polytechnikum nach Karlsruhe, die spätere Technische H ochschule und heutigen Uni- versität . Dort hat sich in dem noch erhaltenen "Einschreibbuch für die Eleven" für das Studien- jahr 1852/ 53 Karl Weysser eigenhändig eingetragen. Vorher hatte er schon den ,, 1. In genieur- cours" besucht und wollte nun in die "Mechanisch-technische Schule" überwechseln, mit dem Berufsziel "Leh rfach" '. Die über Karlsruhe hinaus berühmte Po lytechnische Schule bestand damals aus drei allgemeinen mathematischen Klassen und darauf aufbauend sieben "Fachschul en". In den dreijähri gen mathematischen Grundkursen wurden neben den Kenntnissen für die technischen Fächer auch Sprachen, Religion und Geschichte sowie Freihandzeichnen, Kalligraphie und Modellieren geleh rt. Die Spezialisierung fand dann in den Fachschulen statt, zu denen die obengenannte Ingeni eur- schule und die Mechanisch-technische Schule gehörten ' . Obwohl Kar! Weyssers eigentliche Neigung dem Nebenfach Zeichnen gal t, scheint er sei n Mathe- matik- und Maschinenbaustudium 7 mit Ernst und Interesse betrieben zu haben. Denn viele Jahrzehnte später schreibt er: "Während ich mich aber noch heute meinen li ebsten, nun längst verstorbenen Lehrern der rei nen und an gewandten Mathematik: Karl Buzengeiger, Guido 19 Schreiber, Wilhelm Eiseniohr, Jakob Ferdinand Redtenbacher, Peter Gustav Lejeune-Dirichlet, Jakob Steiner und Johann Franz Encke und auch dem Geographen Karl Ritter zu großem Dank verpflichtet fühle, war ich leider im Bezug auf meine ästhetische Bildung meist nur auf eigene Erfahrungen angewiesen 8 ," Es ist zu verm uten, daß unter Weyssers obengenannten Lehrern, von denen die meisten noch heute als Kapazitäten ihres Fachs in der Literatur bekannt si nd, vor allem Redtenbacher einen prägenden Einfluß auf den jungen Studenten ausübte. Redtenbacher leitete damals die Mecha- nisch-technische Schule und wurde später Direktor des Pol ytechnikums. Er verstand nicht nur sein Fach, den Maschinenbau, außerordentlich lebendig und mit umfassender Kenntnis darzu- stell en, sondern er hatte auch darüber hinausgehende Interessen, die sich mit denen seines Schülers Weyssers unmittelbar berührten: .Seine liebste Mußebeschäftigung war das Skizzieren in der Landschaft und das Aquarellieren, das er in späteren Jahren durch das Malen in 01 ablöste'." Wie lan ge Weysser am Karlsruher Polytechnikum studiert hat, ließ sich bis jetzt nicht feststellen, ehensowenig wann er an die Berliner Bauakademie gegangen und wie lange er dort gebliehen ist 10. Inzwischen war in Karlsruhe im Juli 1854 die Großherzogliche Kunstschule gegründet und als Direktor der Düsseldorfer Landschaftsmaler Johann Wilhelm Schirmer berufen worden. Im ersten Schuljahr war Karl Weysser noch nicht dort, aber im zweiten Schuljahr 1855/56 finden wir ihn eingeschrieben 11, Die Ausbildung dauerte damals insgesamt 7 Jahre. Großer Wert wurde auf die Schulung des Formensinns durch Zeichnen gelegt. Einem Spezialgebiet (Historien-, Porträt-, Landschafts- und Genremalerei) durfte sich erst zuwenden, wer den "Antikensaal" durchgemacht hatte, wo nach Gipsabgüssen antiker und moderner Statuen gezeichnet wurde. Für die Landschaftsmaler, die in Karlsruhe als Schüler Schirmers die größte und bedeutendste Gruppe bildeten, folgte dann der Besuch der vorbereitenden Landschaftsklasse. Dort kopierten sie vor allem Naturstudien ihres Lehrers in 0 1 und lernten nach der Natur zeichnen und kleinformatige Bilder malen. In die Künstlerklasse schließl ich wurde nur aufgenommen, wer in der Vorbereitungsklasse genügend Talent gezeigt hatte. "Schi rmer regierte in Karlsruhe ganz im Sinne der Akademiedirektoren des 19. Jahrhunderts als unumschränkte Autoritätsperson. Seinen Anweisungen hatten die Schüler Gehorsam zu leisten ... Auch außerhalb der offiziellen Unterrichtsstunden sollten die Schüler im Geiste ihres Lehrers erzogen werden " ." Zu Weyssers Studienkollegen in der Landschafts- klasse gehörten u. a. earl Ludwig Fahrbach, Emil Lugo, Gusta v Osterrot und ab 1859/60 auch Hans Thoma. Nach vierjährigem Studium verließ Weysser die Karlsruher Kunstschule und siedelte im Herbst 1860 zur weiteren Ausbildung nach München über, wo er bis zum Juni 1861 blieb ". Ob er dort an der Akademie ein geschrieben war oder, was naheliegender erscheint, dem Kreis der Maler um Eduard Schleich d. 1\. und Kar! Spitzweg angehörte, ließ sich bis jetzt noch nicht feststellen. Für den Wechsel des Studienortes zu diesem Zeitpunkt sind verschiedene Gründe denkbar: 1859 wa r Weyssers Vater gestorben und 1860 das Elternhaus am Durlacher Marktplatz von den vier Geschwistern verkauft worden 14. Möglicherweise hat der Maler seine günstige Finanz- 20 lage benutzt, um einen Studienaufenthalt in München zu fi nanzieren . Vielleicht gehörte Weysser auch zu denjenigen Kunstschülern, die in den Jahren 1859-61 aus Protest die Karlsruher Schule verließen, weil sie sich durch ungerechtfert igte bürokratische Eingriffe der Obrigkeit in ihrer Ausbildung behindert fühlten ". Nicht zuletzt mag der Wunsch, ein intensiveres Studium der Architekturmalerei zu absolv ieren, für einen Wechsel nach München bestimmend gewesen sein. Im Schuljahr 1861 /62 kehrte Karl Weysser wieder an die Karlsruher Akademie zurück ". Nach dem Tod seines Lehrers Schirmer im September 1863 ging er im November 1863 ei n zweites Mal nach München und blieb dort bis zum März 1864 ". Offenbar hat er dann noch das restl iche Studienjahr bis zum Sommer 1864 in Karlsruhe verbracht 18. Damit war seine Ausbildung abgesch lossen. Schon während der Studienzeit war Weysser in den Sommerferien zeichnend und malend in Süddeutschland unterwegs. So hat er, wie man den datierten Zeichnungen im Karlsruher Denk- malamt und den Olskizzen der Städtischen Kunstsammlungen entn ehmen kann , im Jahre 1862 den Bodensee bereist. Im Sommer 1863 war er u. a. am Hochrhei n in Laufenburg, Säckingen und Basel, 1864 am Neckar, in Schwäbisch-Gmünd und Marburg an der Lahn . Wo Weysser nach dem Verkauf des elterlichen Hauses 1860 wohnte, ist unbekannt. Jedenfalls war er von 1865 bis 1869/ 70 in Karlsruhe ansässig ". In diesen Jahren reiste er u. a. ins Tauber- tal, in den Schwarzwald und an die Mosel. 1869 unternahm er eine Fahrt nad, Südtirol, was durch Zeichnungen und O lskizzen aus Klausen und Brixen belegt wird. Für die Zeit zwischen 1870 und 1881 fehlt jeg licher Hinweis fü r einen festen Wohnort. Weysser war offenbar ein unruhiger Geist, den es nie lang am seI ben Pla tz hielt. So ist überliefert, daß er am liebsten einen Zigeunerwagen besessen hätte, um damit unabhängig in der Gegend herum- zukutschieren 20 Vielleicht hat er also in den 70e r Jahren, der Zeit seiner größten Produktivität, überhaupt keinen festen Wohnsitz gehabt und immer nur ein paar Wochen an ei nem O rt zuge- bracht. 1872 war der Künstler offensichtlich längere Zeit im Elsaß (das seit 187 1 zum deutschen Reichsgebiet gehörte), denn über 100 Zeichnungen elsässischer Denkmäler und Bauten von seiner Hand aus diesem Jahr befinden sich im Straßburger Denkmalarchiv ". Seine Tätigkeit dort beschränkte sich jedoch nicht nur aufs Zeichnen, sondern bezog auch das Malen mit ein, denn im Oktober 1875 waren Bilder aus dem Elsaß von Karl Weysser im "Kunstverein der Groß- herzoglichen Kunsthalle" in Karlsruhe ausgestellt". 1880 zeichnete Weysser viel am Mannheimer Hafen, 1881-1884 wohnte er in Heidelberg". In Heidelberg gab er 1883 unter dem Pseudonym "K. W. H eisster" (Karl Weysser heißt er) auch seine erste kleine Veröffentlichung heraus. Si e trug den Titel "An di e Mitglieder des Kunst- vereins in Hutzelwaldberg" und richtete sich in sati rischer Form gegen Vorstand und Jury des Heidelberger Kunstvereins. Von 1885 bis 1888 lebte Karl Weysser in Baden-Baden " . Auch hier hat er sich publ izistisch betätigt und im Jahre 1887 ein satirisches Bän dchen unter dem Titel "Durch Dick und Dünn - Asthetische und auch andere Betrachtungen" herausgebracht. Von 1890 bis 1894 wohnte er noch- 21 mals in Karlsruhe ", von 1895 bis zu seinem Tod am 28 . 3. 1904 war er wieder in Heidclberg ansässig ~t1 . Dort erschien 1898 sei ne dritte und letzte Veröffentlichung .,Der Darwinismus und die moderne Malerei im Spiegel einer möglichst richtigen Weltanschauung". Seinem unsteten Leben nach zu schließen, hätte man an nehmen können, daß Kar! Weysser nie verheiratet war. Mit ann ähernd 52 Jahren hat er aber doch noch geheiratet, und zwa r am 7. Februar 1885 in Baden-Baden ". Seine Frau, Auguste Luise Sickinger, stammte aus Durlach und war 21 J ah re jünger als er " . Viell eicht faßt e der Künstler den Entschluß zur Ehe unter dem E indruck seiner drohenden E rblindung. Das früheste bekannte Gemälde Karl Weyssers ist ei n Brustbild seines Vaters. Es ist weder datiert noch vom K ünstl er signiert; aber auf der Rücksei te w urde vermerkt, daß es den Bürger- meister Weysser 1840 darstelle, von seinem Sohn Karl gemalt und von Frau Weysser 1936 erworben worden sei ". 1840 kann nicht das J ahr sein, in dem das Bild gemalt wurde, der Künstler wäre damals erst ein Kind von 7 Jahren gewesen. Vielleicht soll es ,, 1849" heißen, da wurde nämlich der Vater 60 Jahre alt . Es wäre denkbar, daß ihn der dann immerhin 16jährige angehende Maler aus diesem Anlaß porträtiert hat. Als Zeichen der Verehrung und auch als Beweis für sein Talent. Mit liebevoll beobachtendem Blick hat sich der junge Mann in die Gesichtszüge des Vaters vertieft. Daß er den 60jährigen - abgesehen vom grauen H aar - etwas zu jugendlich ideal isiert da rgestell t hat, wäre von sei nem eigenen Alter her durchaus begreiflich. D ie feine fa rbliche Differenzierung verrät aber dod, schon eine gewisse Schulung. Vielleicht hat er das Bildnis auch in seiner Karlsruher Akademiezeit noch einmal übermalt 30. Manche von Weyssers landschaftlichen Olskizzen aus den frühen 60er Jahren zeigen noch deut- lich den Einfl uß der Schirmerschen Olskizzen. E r bevorzugt eine dunkle, au f tiefgrünen und rostroten Tönen basierende Palette, die Einzelheiten w ie z . B. Blätter und Aste sind sehr genau mit spitzem Pinsel hingetupft. Der Maler kämpft gelegentlich noch mit Komposit ionsschwierig- keiten wie z . B. auf dem Blatt von Schwäbisch-Gmünd, wo er zur Belebung des Vordergrundes ein kleines Mädchen zu absichts voll in die Mitte plaziert. Ahnlich genau durchgearbeitet sind auch Weyssers Zeichnungen aus den frühen 60er Jahren, die vor a llem Stadtansichten am Bodensee und Hochrhein darstellen. Eine ganze Reihe dieser Zeichnungen wurde fünfundzwanzig Jahre später (1887) im 1. Band der "Kunstdenk mäler des Großherzogturns Baden - Die Kunstdenkmäler des Kreises Konstanz" veröffentlicht. Der Künstl er ha t damals sei ne Motive bis in die Einzelheiten mit der Feder durchgezeichnet. Beson- deren Wert legt er auf die Beleuchtung und schaflt so Atmosphäre. E r kontrastiert geschickt helle, weiß gelassene Partien mit beschatteten, die er mit einem dichtmaschigen Netz von Schraffuren überzieht. Dabei fällt auf, daß auch komplizierte perspektivische Verkürzungen ihm sichtlid, keinerlei Mühe machen, ja, daß er sie sogar sucht. Figü rliche Darstellungen si nd dagegen nur Neben- sache und selten überzeugend in den Gesamtzusam menhang eingebu nden. Sie wi rk en oft im Maßstab falsch und in der anatomischen Durchbildung unsicher. Ei ne Erk lärung fü r di esen Unterschied der zeichnerischen Fähigkeiten gibt Weysser sel bst in einer seiner Schriften. Er meint dort, daß . der Maler, je nach dem Gebiet, das er sich erwähl t, eine gründl ichere Kennt- 22 Marktplatz in Dur!ach. Gemälde von Kar! Weysser I1lS In manchen Hülfswissenschaften, z . B. der Landschafter in der Anatomie, gar nicht not- wend ig hat ... " 31. In den Zeichnungen der 70er Jahre verzichtet Weysser meist auf eingehende Schilderung der Einzelheiten und hebt von einem ganzen Komplex - Ortsansicht oder Straßenbild - nur besonders markante Partien wie geschnitzte oder bildhauerisch gestaltete Erker, Brunnen, Kirch- türme, Tore usw. durch genaue Zeichnung hervor, während er das übrige mit raschen Strichen a ndeutet. Die Technik ist raffinierter, er verwendet jetzt neben Lavierungen auch Weiß- höhungen als Beleuchtungseffekte und zeichnet gelegentlich auf farbigem, meist grau-blauem Papier. In diesem J ahrzeh nt zwischen 1870 und 1880 entstehen seine freiesten und ei ndrucks- vollsten Zeichnungen . Mit sparsamen, gezielt eingesetzten Mitteln zeichnet er Blätter vol ler Atmosphä re. Eine entspredlende E ntwicklung zur Großzügigkeit zeigt sich auch in den Olstudien der 70er Jahre. Die Pinselschrift ist jetzt freier und verzettelt sich nicht mehr in allzu genauer Schilderung der Einzelheiten. Dort, wo der Maler auf jede effektvolle Komposition verzichtet, nah an sein Motiv herangeht und sich ganz in das nuancenreiche Spiel der Farben vertieft, sind sie am über- zeugendsten. Mit Vorl iebe sieht er in verwinkelte Gassen, a lte Höfe, zerfallene Schuppen und Hintereingänge, schl ichte Motive ohne jeden "höheren" Anspruch. Diese Bildehen sind auch eine Augenschule für den Betrachter, der zuerst v ielleicht achtlos an ihnen vorübergega ngen ist. Beim näheren Hinsehen erkennt er den Reichtum der verschiedenen Grau-Braun-Grün- und Ockertöne und ihr fein abgestuftes Zusammenspiel. Darüber hinaus versteht Weysser es meisterhaft, die unterschiedliche Stofflichkeit von Holz, Ziegel, Sandstein, Verputz usw. zu charakterisieren. Immer wieder sind es Struktur und Farbe von sonnen beschienenem altem Gemäuer, meist in Verbindung mit Pflanzen, die ihn zum Malen locken. So hat er z. B. den Hof der alten Zehntscheuer in Durlach aus den verschiedensten Blickwinkeln festgehalte~ . Karl Weyssers Einstellun g zu solchen schlichten Motiven kommt in seinen "Ästhetischen Betrach- tungen" von 1887 deutlich zum Ausdruck: " ... überlassen wir das unschönste lind nüchternste Bauwerk sich selbst und damit allen Einflüssen und Zufällen der Witterung und pflanzlichen Entwickelung, so wird es endlich, und wenn auch erst als Ruine mit Moos und Epheu, Gesträuch und Bäumen bewachsen, ein e Schönheit erreichen, die wenig zu wünschen übrig läßt. Dieser in ästhetischer Beziehung wohltäti ge Einfluß der Natur und nicht immer die a ltertümlidle Bauart ist es auch, welche den Architekturmaler veranlaßt, vorzugsweise in alten Ortschaften Studien zu machen 3:! . " In der freien Natur wird Karl Weysser besonders vom Wasser angezogen. Am Bodensee, am Neckar, am Rhein, an der Pflnz, der Murg und der Mosel ist er den verschiedensten Stimmun- gen nachgegangen, hat das stille dunkle Gewässer um die Hungersteine am Necka r, die wind- gekräuselte Oberfläche des Bodensees und den zwischen Steinen dahinplätsdlernden Sd,warz- waldbach in nuancierten Farben festgehalten. Seine Liebe gil t der "unverfä lschten Gottesnatur" . Allem Menschenwerk steht er skeptisch gegen über, das äußert er immer wieder: "Während z. B. jede natürliche Felspartie zu ihrer ebenso natürlichen U mgebung in allen Jahreszeiten gleich gut 24 stimmt, steht z. B. bei Bauwerken der rote S:lndstein im Sommcr nicht seltcn grcll in dcr Land- schaft, während er mit dem Schnee wieder besser harmoniert. Umgekehrt wirkt ein gelb licher Stein neben dem Schnee leicht süßl ich, während seine Farbe im Sommer nichts zu wünschen übrig läßt. Aus diesen Beispielen erkennen wir aber auch wieder die ästhetischen Vo rzüge, welche die reine Natur allen menschlidlen Werken voraus hat :3:3." Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre zeichnet Kar! Weysser kaum noch mit der Feder, sondern meistens mit dem P insel. Dabei fällt a uf, daß die bisher außerordentlich sichere Art der Erfassung und Darstellung deutlid, nachläßt. Außer mit dem zuneh menden Alter - er ist jetzt Ende SO - hängt das wohl mit seiner Augenkrankheit zusammen. Bei den farbigen Studien macht sich diese Schwäche weniger bemerkbar. Hier hilft vielleicht die langjährige Erfah rung im Umgang mit Farben, die verminderte Fähigkeit zu genauer Beobachtung zu überbrücken. Ge rade die etwas diffuse, mehr a uf den zartfarbigen Zusammenklang als das deutliche Detail cingehcnde Malweisc verleiht den Bildern dieser Zeit einen besonderen Zauber. Möglicherweise hat sich Weyssers Sehkraft aud, durch eine Operation noch ein mal vorüber- gehend gebessert. Eine Stelle in seiner Schrift über den Darwinismus und die moderne Malerei von 1898 scheint von persönlicher Erfa hrung diktiert. Es heißt dort: "Nun werden al lerdings in unserer Zeit sehr bedeutende Operationen zur Heilung krankhafter oder verletzter Organe gemacht. Wenn es aber der Arzt mit seinem Wissen und Können auch fcrt igbringt, einen ver- schlimmerten Zustand des Auges, z . B. die Blindheit wieder a ufzu heben oder zu mildern, so ist dcch die An näherun g an den gcsu ndcn und normalen Zustand nod1 lange nid1t mit einer dem normalen Zustand vorausgehenden Selbsterfindung oder Selbstbildung des Auges zu ver- gleichen 34." Man hat Karl Weysser oft den "badisd1en Spitz weg" genannt und dabei wohl vor a llem a n ver- gleimbare Stadtansichten mit winkligen alten Gassen gedacht. Die Münchener Schule um Schleich d. Ä. und Spitzweg mit ihrer Vorliebe für die intime Darstellung im kleinen Format scheint tatsächlich nachhaltiger auf ihn gewirkt zu haben als Schirmers Karlsruher Sd1Ule, der in seinen offiziellen Gemälden die heroische großformatige Landschaft pflegte. Trotzdem trifft die Bezeichnung "badischer Spitz weg" auf Weysser nicht zu. Denn bei Spitzweg ist die Archi- tektur Bühnenkulisse für seine psychologisierenden Bildererzählungen, für Weysser dagegen sind Architektur und Landschaft in ihrer natürlid1Cn Erschein ung das Hauptthema und das F igür- liche nur malerisches Beiwerk. Obwohl Weysser soviel herumgereist ist, waren es immer wieder ä hnliche Winkel und Ecken, die ihn interessierten. Es ist also nicht das cha rakterist isch andere einer besti mm ten Gegend, was ihn anzieht, sondern er sucht und fi nd et das ihm Gemäße, eng Umgrenzte, Schlichte, Bescheidene. Das aber verzaubert er mit der Subti lität se iner Malerei . In klarer Einsrnätzung seiner Begabung hat Weysser damit glückl ich verm ieden, was er an anderen Malerkollegen auszusetzen fand: " ... mand1es Talent, das bei einer richtigen Erkcnntni s seiner Leistungsfähigkeit als Bäch lein fri sch und klar hätte dahin fließen können, wurdc nun, wei l es sidl nach allen Seiten ausbreiten wollte, zu einem stehenden Sumpf, a n dem höd1stens die 25 Kritiker als quakende Frösd,e ihre besondere Freude hatten "." Daß es sich bei Weyssers tllskizzen nicht nur um künstlerische Nebenprodukte gehandel t hat, scheint mir sowohl durch die ziemlich konsequente Signierung wie vor all em durch seine sch rift- lichen Außerungen bekräftigt zu werden. In seiner schlichten, unprätcntiäsen Schilderung von Natur und A rchitektur war Weysscr durch- aus fortschrittlich im Sinne der zuerst von den Mündmcr Malern Leibl und Lier vertretenen Auffassung, daß nicht wie bisher ein effekvolles Motiv die H auptsache sei, sondern die male- rische Verklärung eines anspruchslosen Stücks Natur. Der Anstoß zu dieser Auffassung, die sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der deutschen Landschaftsmalerei immer mehr durch- zusetzen begann, war von Frank reich ausgegangen. Dort hatten schon in den 1850er Jahren die Münchner Maler Spitz weg und Schleich d. i'i.., vor a ll em aber ein Jahrzehnt später Li er die Werke der Maler von Barbizon - einem D orf südöstlich von Paris - kennen- und schätzen gelernt. "übera ll wo ich ging und stand , gingen mir die Meisterwerke der großen Land- schaftsma ler D upre, Daubigny, Corot und Rousseau nach ... es wurde mir klar, daß die wi rkl iche Poesie der Landschaftsmalerei in der einfachen, schönen Natur selber liegt und nie durch künstliche Mittel herbeigezaubert werden kann " ." Dieses Bekenntnis Liers könnte auch sein 7 Jahre jüngerer Generationsgenosse Karl Weysser abgelegt haben. An der Karlsruher Kunstakademie verfolgte die jüngere Generation, die unter dem bei Lier geschulten Schön leber die Landschaft um ih rer selbst will en zu malen begann, ähnliche Ziele. Es war ein kü nstlerische Bewegung, die Wcyssers zurückhaltend-versponnenem Naturell, dem alles Pathos zuw ider war, wohl im Inn ersten entsprodlen hat. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß Weysser in den 1880er Jahren auch andere Bilder gemal t hat - offensichtlich im Atelier komponiert-, die im absichtsvollen Arrangement verschiedener Archi tektur- und Landschaftselemente einen altertümlicheren Eind ruck machen. Wie weit dies etwa mit Rücksicht auf Auftraggeber geschah oder ob man darin nicht doch eine gewisse Zweigleisigkeit seiner künstlerischen Außenll1gen sehen muß, bedarf noch der Klärung. Die Käufer von Karl Weyssers kleinformatigcn, unprätentiösen Bildern waren und sind wohl heute noch vor a llem Privatleute. Museen scheinen sich zu Weyssers Lebzeiten kaum für seine dem Repräsentativen abholde Kunst interessiert zu haben. Das heißt aber nicht, daß er im offiziellen Kunstbetrieb ein völlig Unbekannter wa r. So erwa rb z. B. der "Ku nstverein für das Großherzogtum Baden" 1863 neben Bildern anderer bad ischer Maler Weyssers "Der al te Marktbrunnen in Durlach" und stellte, wie schon erwähnt, 1875 mehrere Wochen lang seine Bilder aus dem Elsaß in der Karlsruher Kunstha ll e aus. Die dok umentarische Bedeutung von Weyssers Architekturzeichnungen, in denen sich sach liche Genau igkeit mit künstlerischer Qualität verband, wu rde dagegen schon damals von den für die nAl tertumssammlungen" zuständigen Stellen erkannt. So erwarb beispielsweise die "Großher- zogliche Badische Altertumshalle" eine ganze Reihe sein er badischen Stadtansichten. Wie eben- fa lls schon erwähnt, erschi enen sie ab 1887 zum Teil als Illustrationen in den Kunstinventar- bänden . Die über 100 Zeichnungen elsässischer Motive, die sich im Straßburger Denkmalamt befinden, werden vermutlich auch wäh rend Weyssers Aufenthalt dort angekauft worden sein . 26 Die im Pfinzgau-Museum ausgestellten Bilder lind Zeichnungen Karl Weyssers sind zu m Teil als Geschenke an das Museum gekommen. Der weitaus überwiegende Teil stammt aus dem Nachlaß des Malers in Pforzheimer Privatbes :tz, von dem die Stadt Karlsruhe 1942 zahlreiche Stücke erwerben konnte. Auch für Durlach haben Weyssers Bilder und Zeichnungen neben der künstlerischen eine histo- rische Bedeutung. Denn zum Teil zeigen sie Ansichten, die heute in dieser Form gar nicht meh r ex istieren. So gibt zum Beispiel das schöne Bild des Durlacher Marktbrunnens 37 eine Ansicht wieder, die schon zu Weyssers Lebzeiten histo:-isch geworden war : Der Brunnen ist hi er noch mit der bekrönenden Figur des "Karle mit der Tasch" dargestellt. Sie wurde 1862 entfernt und auf den Durlacher Schloßplatz versetzt 38 . Dasselbe gilt für den Gebäudekomplex mit der alten Zehntscheuer, den Karl Weysser in den 1870er Jahren verschiedentlid, gema lt hat. A ls man das Gelände für den Bau der Friedrichschule zw ischen Lamm- und Zehntstraße benötigte, wurde der ganze Komplex vor 1878 abgerissen. Es ist anzunehmen, daß der Durlacher Maler und Zeich ner Karl Weysser ni e ernsthafte finanzielle Sorgen hatte, denn er lebte immer in Wohn - gegenden , in denen wohlhabende Bürger ansässig waren. Sicher hing das auch mit seinem Eltern- haus und den sich daraus ergebenden per~önlichen Beziehun gen zu einer entspred1enden Käufer- schicht zusammen. Trotzdem darf man sich den Lebensweg des Künstlers nicht sorgenfrei vor- stellen. Denn ein Augenleiden hat ihn in den letzten beiden Jahrzehnten seines Lebens stark beeinträchtigt. Und was könnte einem Maler, der vor allem :1uf seine Augen angewiesen ist, Sd,lim meres widerfahren. Anmerkungen 1 Taufbuch der Durlacher Evangelischen Kirchengemeinde 1828-1838, S. 242. 2 Nachruf v. 29. Mai 1859 im Durlacher Tagblatt und Durlacher Stadtrechnungen (Stadt- a rd,iv Karlsruhe). 3 Friedrich Ludwig (geb. 1822), Emil Ludwi g (geb. 1826) und Marie (geb. 1828) . Nach Taufbüchern der Ev. Kirchengemeinde Durlach. 4 Stadtarchiv Karlsruhe, Bestand Durlach 2824. 5 Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 448 / 2606. 6 Anzeige der Vorlesungen an der Großherzoglich Badischen Polyted111ischell Schule zu Carls- ruhe für das Jahr 1853/ 54. Carlsruhe o. J. 7 In Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 irr tümlich "Stud. zuerst Archi - tektur . .. " 8 K. Weysser, Der Darwinismus und die moderne Malerei im Spi egel ei ner mögl ichst richtigen Weltanschauung. Heidelberg 1898, S. 5. 9 O . Kraemer, Ferdinand Redtenbacher. In: Die Tech ni sche Hochschule Fridericiana Karl s- ruhe. Festschrift zur 125-Jahr-Feier 1950. Karlsruhe 1950, S. 81. 10 Leider sind keinerlei Archi valien über Weysser bei in Frage kommenden Berliner Nachfolge- 27 behö rden der Bauakademie vorhanden (brief!. Mitt. von Dipl.-Ing. Ute Büchs, Plansamm- lung Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, v. 6.10.1975) . 11 R. Theil mann, Johann Wilhelm Schirmers Karlsruher Schule. Diss. Heidelberg 1971, S. 371 . 12 ders. a. a. O . S. 127. 13 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 14.10. 1975 über einen Eintrag im poli zei lid1en Fremdenkartenregister (Serie 6, N r. 26135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 15 . 11. 1860 bis 10. 6. 1861 zur Ausbildung in München war, am Sendlinger-Tor-Platz 1/ 2 wohnte und am 10. 6. 1861 wieder nach Durlach abreiste. 14 Grundbuch Bd. 17, S. 52. 15 Die Ei ngriffe betrafen die Aktmodelle. Da die Behörden Aktmodellstehen als sittenwidriges Verhalten ansahen, wurden mehrmals weibliche Modelle von der Sittenpolizei gewaltsam abgeführt. Erst eine Verordnung des Innenministeriums von 1860 stellte klar, daß Studien "a uch nach dem Nackten zur Ausbildu ng der Kunstschüler nothwendig und durd, nichts anderes zu ersetzen sind", verpflichtete aber die Direktion, darüber zu wachen, daß dabei "nichts vorgeht, was die Zwecke der Kunstanstalt irgend wie überschreitct'j (Theil mann a. a. 0 ., S. 84 ff. ). 16 Theilmann a. a. 0 ., S. 374 . 17 Brief]. Mitt. des Stadtarchivs München v. 4. 10.1975 über ei nen Eintrag im polizei lichen Frem- denkartenregister (Serie 6, Nr. 26 135), aus dem hervorgeht, daß Weysser vom 23.11. 1863 bis 1864 zu r Ausbildung in München war und in ·der Schwanthalerstraße 2311 wohnte. Be- merkung vom 15 . 3. 1864: "z. Z. im Irrenhaus, am 26. 3.1864 abgereist nach Hause." 181m Schuljahr 1863/64 ist Weysser noch ei nmal an der Karlsruher Kunstschule eingeschrie- ben (Theilmann a. a. 0., S. 375). 19 Er woh nte in der Kriegsstr. 11 , damals ein e Wohngegend wohlhabender Bürger, H aus- besitzer war der Architekt und Bauinspektor Serger, außer Weysser wohnten dort der Maler G leichauf, der Hofmusikus Braun und der Zeichner Gladbach. Nach Weyssers Wegzug über- nahm der Maler Anton von Werner die Wohpung (nach Karlsruher Adreßkalender 1865- 1870). 20 G. Kird1er, Der Maler Karl Weysser, ein Nachfah r der Romantik: In: Das Bild. Karls- ruhe, Jg. 6 (1936), S. 83. 21 Thieme-Beckers Künstlerlexikon Bd. XXXV, S. 486 und brief]. Mitt. der Di rection Regio- nale des Affaires C ultllrelles, Strasbourg v. 4. 11. 1975. 22 Karlsruher Nachrichten v. 31. Oktober 1875, S. 1022. 23 Brief]. Mitt. des Heidelberger Stadtarchivs v. 29. 10. 1975. 24 Brief]. M itt. der Stadtgeschichtlichen Sammlungen in Baden-Baden v. 7. 10. 1975, daß Weysser 1885 im Haus Scheibenstr. 4 wohnte (außer ihm noch ein Maler August Schott, Prof. Eduard Eisen und der Musiker-Maler Vitus Staudacher). 1888 woh nte er im Haus Rettigstr. 4. 25 ]n einem neu erbauten Haus in der Lcopoldstr. 7. Mi tbewoh ner waren Lieutenant Frh. v. Beaulieu-Marconnay, Prof. Ludwig Levy, Architekt, und Johan n Schroth, Architekt. Das Haus gehörte dem Major a. D. Hoffmann (nach Karlsruher Adreßkalender 1890-1894). 28 29 26 Briefl. Mitt. des Stadtarchi vs Heidelberg v. 29.10.1975. 27 Standesamt N r. 8/1885 (bri efl. Mitt. des Standesamtes Baden-Baden v. 16. 12 . 1975). 28 Sie starb am 23 . Januar 1912 in Heidelber;; im Alter von 58 Jahren. Ih r Vater war der Postschaffn er Wilhelm Sickinger und sta mmte aus Spöck . Ihre Mutter hieß Magdalene geb. Beck und lebte zuletzt in Waghäusel (briefl. Mitt. des Stadtarchi vs H ei delberg v. 29. 10. 1975). 29 Frau Anna Weysser war ei ne angeheiratete N ichte des Malers, wahrschcinlid1 di e Frau seines 1855 geborenen Neffen ea rl Fri ed rich Weysser. Sie lebte später in Mün chen und hat dem Pfin zgaumuseum u. a. den H eiratskontrakt der Eltern Weysser geschenkt. Sie starb 1965 fast 99jährig in München. 30 Auf diese Möglichkeit hat mich der Restaurator der StaatI. Kunsthalle Karl sruh e, Herr Brammer, hingewiesen. 3 1 Weysser, Darwinismus, 5 . 54. 32 Weysser, Durch Dick und Dünn. Baden-Baden 1887, 5.35. 33 Weysscr, D arwinismus, S. 86. 34 ders., a. a. 0., S. 7. 35 ders., a. a. 0., S. 9 1 f. 36 Zi ti ert nach Theilmann, Die Grötzinger Ma lerkolonie, Ausstellu ngskatalog der Staa tI . Kunst- halle Karlsruhe. Karlsruhe 1975, S. 11 . 37 Das Bild (Inv. Nr. 60/1690, siehe Abb.) ist n icht identisch mit dem oben erwähnten Gemäld e aus den 1860er Jahren, da es weder datiert noch signiert ist und auch di e Schlußiiberm alun g fehlt. Auch sti listisch läßt es sich nicht mit Weyssers Früh werken vereinbaren. Offensichtlich handelt es sich um die in einem Briefwechsel erwähnte Kopie, di e er Ende 1903 in Arbeit hatte, aber nicht mehr vollenden konnte, wei l er nach längerer Krankheit im März 1904 starb . Das Bild war ein Geschenk des Kü nstlers a n seine Vaterstadt Durlach, die zuvo r verschiedene Skizzen des Brunnens angekauft hatte, da man an die Wiederaufstellung der Brunnenfigu r dadlte (nach Akten im Stadtarchiv Karls ruhe, Bestand Durlach A 3156). Die Skizzen si nd vielleicht identisch mit denjenigen, die sich heu te unter der In v.-Nr. W 98-100 im Karlsruher Denkmalamt befinden. 38 s. S. 13. Ernst Pet rasch Durlacher Fayencen 1723-1840 Auf die Frage, welche unter den deutschen Fayence-Fabriken die älteste ist, gi bt uns der "Badensche gemeinnützige Hof- und Staatskalender für das Jahr 1786" die Auskunft, "daß wahrscheinlich die zu Durlach" allen anderen deutschen Manufakturen "ebenso an Alter wie an Güte und Schönheit der Waare vorgehe". Dieses zweifellos lokalpatriotisch gefärbte Urteil der ältesten gedruckten Chronik über die Durlacher Fayence-Manufaktur läßt sich heute - soweit es die Entstehungszeit betriffi - freilich nicht mehr aufrecht erhalten. Denn bekanntlich wurden die ersten deutschen Fayence-Fabriken bereits um di e Mitte des 17. Jahrhunderts in Hanau, Frankfurt und Berlin gegründet. In künstlerischer Hinsicht jedoch erweisen sich vor allem die nod, vor 1800 in Durlach ent- standenen Fayencen den Erzeugnissen anderer führender Fabrikationsstätten mindestens eben- bürtig und haben ihren hervorragenden Rang in der deutschen Fayencekunst bis heute behalten. Auf eindrucksvolle Weise hat dies die große, 1975 vom Badischen Landesmuseum im Karls- ruher Schloß veranstaltete Ausstellung bestätigt, die zum ersten Male einen umfassenden über- blick über die Gesamtproduktion der berühmtesten badischen Fayence-Fabrik vermittelte und ihre künstlerische Leistung in einem gänzlich neuen Licht erscheinen ließ . Die noch vor wenigen Jahrzehnten geäußerte Meinung läßt sich heute jedenfalls nicht mehr aufrechterhalten, daß nämlich "Durlach in dem gewaltigen deutschen Fayence-Orchester nur ein bescheidenes Instru- ment gespielt hat" . Gewiß nicht die Sologeige - so dürfen wir dieses gleichnishafte, aber unzureichende Urteil jetzt mit gutem Grund zurechtrücken - aber ein dominierendes Instru- ment von durchaus eigenem und beglückendem Wohlklang unter den rund hundert Fayence- Manufakturen, die im 18. Jahrhundert in Deutschland existierten. In der heiteren Anmut ihrer manni gfaltigen Dekore, mit ihrer meist strahlend weißen Glasur von porzellanartiger Brillanz und in ihrer oftmals delikaten Farbgebung lassen Durlacher Erzeugnisse einen Wesenszug erkennen, der bei deutschen Fayencen im allgemeinen nicht allzu häufig in Erscheinung tritt. Mit ihren Geburtswehen, ihrem mehrmaligen Besitzerwechsel, den durchzustehenden Konkur- renzkämpfen und ständigen Geldnöten unterscheidet sich die Durladler Manufaktur jedoch kaum von der C hronik äh nl icher Betriebe jener Zei t. 1723 - acht Jahre nach der Grü ndun g von Karlsruhe - erteilte Markgraf Kar! Wi lhelm von Baden-Durlach "Johann Heinrich Wachenfeldt dem Porcellain-Fabrikanten, von Wolfshaagen auß dem Hessen Casselischen gebürtig" das Privil eg, "allda eine Porcellain und Tabac Pfeifenfabrique aufzurichten" . Wie wir aus dem Privileg vom 3. März 1723 weiter erfahren, überließ der Markgraf Wachenfeld zu diesem Zweck "Unsern bißhero eigenthümlidl zuständig geweßten Bauhof-Platz zur Durladl in der Vorstatt außer dem Pfinzthor, sambt denen darauf stehenden Gebäudten und Hofraithung . .. 30 neben dem Roßschwemme weg liegendt, vornen auf die Landstraß und hinten auf die Pfinz- bach stoßend .. . um Ein Tausend Gulden Reichswährung . .. " . Die Gründung der Fabrik entsprach durchaus der merkantilistischen Wirtschaftspolitik im Zeit- alter des Absolutismus, der badische Regent folgte als Protektor einer "Porcellainfabrique" dem Beispiel manch anderer Landesfürsten. Denn mit den neueingeführten exotischen Getränken Tee, Kaffee und Schokolade hatte auch das aus Ostasien importi erte Porzellan sei nen Sieges- zug durch ganz Europa angetreten, das für jene mod ischen Tafelgenüsse wie gesdlaffen war. Als dann 1709 dem Alchimisten Friedrich Böttger in Meißen die Nacherfindung des China- porzellans gelungen war, da wollte bald selbst der kleinste unter den rund dreihundert deut- schen Duodezfürsten seine eigene Porzellanfabrik. Freilich war das, was die meisten dieser Betriebe zu produzieren imstande waren, bestenfalls Fayence, die dem Porzellan nur äußerlich ähnlich ist. Man nahm es abcr mit dcr Bezeichnung nicht so genau und verlieh auch der weniger kostspieligen Fayence den Namen Porzellan, das damals von aller Welt begehrt war. Aber nichts wäre falscher, als die Fayence deshalb geri nger einzuschätzen. Ist doch die Tonmasse, die zu ihrer Herstellung verwendet wird, gleichermaßen plastisch gut bildsam, und ihre glänzend weiße, undurchsichtige Glasur bietet denselben idea len Malgrund für jederlei bunte Ausstattung. SdlOn im alten Babyion und Agypten bekannt, war die Fayence auf ihrem weltweiten Weg über die Perser, Araber und Mauren im Mittelalter nach Spanien gelangt. Mallorca (Majorca), von wo aus dieses farbenprächtige Irdengut nach Italien exportiert wurde, gab der hier bald selbst crzeugten Majolika den Namen . Faenza hinwiederum, das widltigstc Zentrum der italienischen Kunsttöpferei im 16. Jahrhundert, wurde zur Lehrmeisterin und Namensgeberin für die Fayencekunst nördlich der Alpen. Ober Frankreich und die Niederlande, wo Delft sich bald eine führende Rolle eroberte, wurde die Fayence schließlich auch in Deutschland bekannt. Doch kam es wegen des Dreißigjährigen Krieges hier erst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts zur fabrikmäßigen Produktion von Fayence. Die meisten deutschen Fayence-Manufakturen wuchsen jedodl erst seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts wie Pilze aus dem Boden. Um diese Zeit wurdc - wie bereits erwähnt - auch die Durlacher nPorccllain-Fabrique" gegründet. Hinter dem vielversprechenden Firmentitel verbarg sich allerdings auch hier nichts anderes als eine Fayence-Manufaktur. Johann H einrich Wachenfeld, ihr Grü nder, hatte erst wenige Jahre zuvor gemeinsam mit Karl Franz Hannong die nachmals berühmte Straßburger Fayence-Fabrik ins Leben gerufen . Ungeachtet mancherlei wirtschaftlicher und technischer Schwierigkeiten ist es Wachen feld auch in Durlach gelungen, die Produktion bald in Gang zu bringcn. Fabrikation und Warenverkauf erfreuten sidl anscheinend gerade ihres erstcn Auf- schwungs, als Wachen feld - kaum 32 Jahre alt - 1726 plötzlich starb. Obgleidl seine Frau Anna Maria, eine Tochter des Durlacher Hufschmieds Peter Geibel, das Geschäft unverzagt weiterführte, wollte sich der anfängliche Erfolg nicht wieder einstellen . Auch dann nicht, als sie 1728 den "Porzellaner" Johann Ludwig Wagner geheiratet hatte, wohl aud, in der Hoffnung, 31 dem Betrieb damit wieder zu einem sachverständigen Prinzipal zu verhelfen. Die Schulden- last der Manufaktur, die damals kaum mehr als zehn Arbeiter beschäftigt haben dürfte, wurde von Tag zu Tag drückender, während der Absatz immer mehr zurückging. Als 1733 der Polnische Erbfolgekrieg auch Durlach in Mitleidenschaft zog, scheint die Fabrik überhaupt stillgelegt worden zu sein. 1739 übernahm Joseph Vincent das Unternehmen, ver- strickte sich jedoch bald in immer größere Schulden und entfloh 1744 "bei Nacht und Nebel" kurzerhand wieder nach Frankreich. 1749 ersteigerte der Herrenalber Klosterwirt und Handelsmann Johann Adam Benckiser das verwaiste Fabrikgebäude und richtete darin mit seinem Schwager) dem Durlacher Posthalter Georg Adam Herzog, eine .. Cotton- und Fayencen-Fabriqucn CompagnieU ein. Dieser Neu- beginn hat nach jahrelang stagnierender Produktion zugleich jene Blütezeit der Manufaktur eingeleitet, die den eigentlichen Ruhm der Durlacher Fayencen begründete. Ein wesentlicher Anteil an diesem schwunghaften Auftrieb ist zweifellos Dominikus Cuny zuzuschreiben, dem neubestellten technischen Direktor des Unternehmens. Cuny oder "König aus Nancy in Lothringen gebürtig" - wie der erfahrene Fachmann in Durlach benannt wurde -, sammelte bald einen ständig wachsenden Stab geschickter Formdreher, tüchtiger Maler und erfahrener Brenner um sich. 1750 heiratete er Christina Frankin, eine Tochter des Durlacher Scharfrichters, übersiedelte aber einige Jahre später nach Hollitsch in Mähren, um die dortige Fayence-Manu- faktur zu übernehmen. In den ersten Jahrzehnten nach dem Neubeginn erreichte die Fabrik mit nahezu hundert Arbeitern ihren wirtschaftlichen und künstlerischen Höhepunkt. Durlacher Fayencen müssen schon damals weithin bekannt und beliebt gewesen sein . Schenken wir zeitgenössischen Berichten Glauben, so muß sich der rege Absatz zu jener Zeit nicht nur nach Schwaben, Bayern und Tirol erstreckt haben, sondern auch die Schweiz und Holland wurden beliefert. Abnehmer der Ware waren zunächst bürgerliche Kreise, ebenso der Adel und die markgräfliche Hofhaltung, wie uns aus mehreren Akten bekannt ist. In späterer Zeit fanden die Erzeugnisse der Manufaktur vor- wiegend unter den "kleinen Leuten" ihre Käufer, bei Handwerkern und bei der ländlichen Bevölkerung. Die Konkurrenz neuentstandener Unternehmen in den Nachbarländern, die bislang zum festen Durlacher Absatzgebiet gehörten, begann sich bald nachteilig auszuwirken. Es waren dies vor allem die 1771 errichtete Porzellanfabrik Baden-Baden und die im gleichen Jahr gegründete kurpfälzische Fayence-Manufaktur in Mosbach. Inzwischen hatten Christian Friedrich Benckiser und Georg Friedrich Gerhard Herzog, die Söhne der Gründer, die Leitung des Unternehmens übernommen. Nach wie vor waren in der Fabrik - wie es noch 1768 heißt - "Jahraus, Jahr- ein, gegen 60 Personen, worunter 20 Maler, 12 Dreher und Poussirer, 6 Brenner ete." tätig. Obgleich der Betrieb weiterhin florierte, machte sich gegen Ende des Jahrhunderts ein gewisser künstlerischer Rückgang bemerkbar. Die Geschichte der Manufaktur ist rasch zu Ende erzählt. 1806 war Johann Adam Benckiser, ein Enkel des Gründers, neuer Fabrikinhaber geworden. Unter dem allgemeinen Einfluß der neuen 33 gesellschaftlichen Verhältnisse und der zunehmenden Industrialisierung ging man jetzt auch in Durladl dazu über, zur H ebun g der Rentabilität anspruchslosere Massenware zu produzieren. So wurde 1813 mit der Fabrikation von Stein gut begonnen, jenem billigeren und widerstands- fähigen keramischen Produkt, das seit dem Ende des 18. Jahrhunderts von England aus Fayence und Porzellan mehr und mehr vom Markt verdrängte. Aber wie andernorts, ließ sich auch in Durl ach der weitere Verfall der Produktion nicht mehr aufhalten; die Tage der Manufaktur waren gezählt. H eißt es doch in ei nem Bericht des Durlacher Oberamts von 1831: "Kaum und mühselig erhält sich die Porcellain-Fab rik, die ein en Waaren Vorrath von 20 000 Gulden hat und nicht verkaufen kann. " Nachdem sie im gleichen J ahr noch- mals den Besi tzer gewechselt hatte, wurde die Manufaktur ein Jahrzehnt später von den Lahrer Kaufleuten Friedrich Lichtenberger und Friedrich Engler im Zeichen des fortsch reitenden lndu- striezeital ters in eine "Cichorien-Caffee und Kartoffel-Mehl-Fabrik" umgewandelt und ihre Brennöfen wurden für immer gelöscht. So fand schließlich auch die einz ige und erfolgreid1Ste von allen a lten Fabriken der ehemaligen Residen zstadt Durlach, die sich ins 19. Jahrhundert hinüberretten konnten, ihr Ende. Einige der brotlos gewordenen Arbeiter haben dann nod, etliche Jahre in dem benachbarten "Kutsd,er Schenkelschen Hause" Birnkrüge und an~eres Geschirr nach alter Manier in eigener Regie bemalt und gebrannt. Vom einstigen Fabrikgebäude, dessen Ansicht uns eine beschei dene Tuschzeichnung von 1795 überliefert, ist im Geviert der jetzigen Pfinz-, Hub- und Kleinbachstraße nur noch ein un an- sehn lid,er Rest stehengeblieben. * Im Prinzessinnenbau des Durlacher Schlosses - nur wenige hundert Meter von der einstigen Manu fa ktur entfernt - hat man zwischen den beiden Weltkriegen neben vielen anderen Kunstwerken, Dokumenten und Erinnerungsstücken zur Stadtgeschichte auch eine ansehnliche Sammlung von Durlacher Fayencen zusammengtragen; nach jahrelanger Magazinierung ist sie nun im gänzlich neugestalteten Pfinzgaumuseum der Offentlichkeit w ieder zugänglich. Mit ihren über 200 Einzelstücken bildet sie nicht nur ein e der wichtigsten Abteilungen des jetzigen Museums, sondern sie ist nach Art und Umfang di e zweitgrößte Sammlung neben den nodl wesentlich umfangreicheren Beständen im Bad isdlen Landesmuseum . Rund 50 Fayencen dieser Kollektion haben die 1975 im Karlsruher Schloß präsentierte A usstellung a ls wichtige Leih- gaben bereichert und sind im Ausstellungskatalog ausführlich beschrieben und abgebildet. Wenn- gleich in der Sammlung des Pfinzgau museums die Blütezeit der Manufaktur (1749-1800) mit einer Reihe seltener und interessanter Stücke vertreten ist, so übcrwie~en der Zahl nadl die Erzeugnisse der Spätzeit nad, 1800. Aus der Frühzeit der Durlacher Fabrik (1723-49) hingegen, deren Produktion bis vor wen igen Jahren noch gänzlich unbekannt war, haben sich überhaupt nur einige Beispiele im Sd,Ioß Favorite bei Rastatt erhal ten. Ihre kürzliche Entdeckung und Darbietung a ls Durladler Fabrikate wa r eine der ü berraschungen der Karlsruher A usstellung. Es handelt sid, dabei um 35 etliche T ell er, Platten, Schalen, Krüge und Wandleuchter, die mit ein em kräftigen Randborten- dekor in Blaumalerei ("Style rayonnant") geschmückt sind und außer dem Wappen von Baden- Durlach noch das Spiegelmonogramm des Mark grafen Karl Wilhelm zeigen. Wahrscheinlich haben w ir es dabei mit Resten eines Services zu tun, das die Manufaktur in den ersten Jahren ihres Bestehens als wohlgelungene Probe ihres Könnens für die markgräfliche H of tafel gelie- fert hat. Was in den wirtschaft lich und künstler isch ergiebigsten Jahrzehnten des Unternehmens nach 1750 erzeugt wurde, gehört zu den besten Leistungen Durlachs und bildet zugleich den Fundus, aus dem alle fo lgenden Maler- und Formergenerationen bis zur Schließung der Manufaktur immer wieder Anregungen geschöpft haben. Merkwürdigerweise scheint man beim Neubeginn 1749 zunächst auf Formen und D ekore der Frühzeit zu rückgegriffen zu haben. Jedenfa lls zeigen die um 1750 entstandenen Stücke in modifizierter Form jenen charakteristischen blauen Behang- dekor, der das vorhin erwähnte Service im Schloß Fa vo rite ziert. Dem gewandelten Zeit- geschmack entsprechend, sind die Formen der Teller, Platten und Terrinen jetzt aber vielfach geschweift und fassoniert, der zarte Randdekor ist in feines Blatt- und Bandelwerk aufge- lockert. Bald aber kam eine Fülle neuer Formen und Dekore hinzu. Allein im "Preis-Courant" von 1786 sind an die zweihundert der verschiedenartigsten Geschirrformen verzeichnet, die einzeln aufz uzählen hier zu weit führen wü rde. Begnügten sich d ie Maler zunächst mit Kobaltblau - der keramischen Kardinalfarbe schlecht- hin, die mit dem chinesischen Porzellan nach Europa gelangt war - so fand en alsbald weitere Malfa rben reichliche Verwendung: Gelb, G rün und Manganviolett, später dann noch Eisenrot. Mi tunter wurden die Dekore auch nur in einer Fa rbe gemalt, dem sogenannten "cn cama'ieu", und damit äußerst delikate Wirkungen erzielt. Verwendet wurden in den Durlacher Malerstuben aussch ließlich Scharffeuerfa rben. Daneben blieben viele Stücke auch unbemalt, um sie bi ll iger in den H andel bringen zu können; außer den obligaten weißglasierten Fayencen - die in mehre- ren Exemplaren im Pfinzgaumuseum vorhanden sind - haben sich auch einige Gesdli rre mit lindgrüner und kaffeebrauner G lasur erhalten. Der Modelaun e der Zeit entsprechend, fo lgten dem vorhin erwähnten Behangdekor die "india- nischen" Blumen, w ie man die stilisierende Blumenmalerei nach ostasiat ischen Vorbildern da- mals nan nte. Diese großflächig und flott gemalten Blumensträuße mit eigenartig aufbrechenden Blütendolden und "geknickten" G räsern finden sich auf zahlreichen Geschi rren . Zunächst nur in Blau gemalt, kamen dann bald noch Gelb und Grün dazu; in Verbindung mit der schwarzen Um- ri ßzeichnung erbrachten sie jenen harmonischen und wa rmen Farbd rei klang, der für diese Periode Durladls besonders charakteristisch ist. Wohl angeregt von anderen Manufak turen treten um 1760 auch in Durlach die ersten . deutschen" Blumen auf den P lan. Anfangs noch mit ostasiatischen Motiven gemischt und als bescheidene Nebenmotive verwendet, füllen die aus Nelken, großen Tulpen und Rosen locker gebildeten bunten Sträuße bald die Schauseiten der Gefäße und sind bis ans Ende der Produktion der bevor- zugte Dekor geblieben. Solch ein Rosenzweig in gestufter Blaumalerei schmückt auch eine um 1770 entstandene Kachel in der Sammlung des Pfi nzgaumuseums, der ein besonderer Seltenheits- 36 wert zukommt: Als einziges bisher bekanntes Exemplar dieser Gattung liefert uns dieses quadra- tische Pl ättchen den sichtbaren Beweis für die aktenkundige ü berlieferung, daß in der Durlacher Manufaktur auch Kachelöfen und Fliesen hergestellt wurden. Im Gefolge der Chinamode in der europäischen Kunst des 18. Jahrhunderts erscheinen um 1765 auch auf Durlacher Erzeugnissen figürliche Chinoiserien. Diese bezaubernden Darstellungen gehören nicht nur zum besten, was Durlach an malerischer Ausstattung geschaffen hat, sondern dürfen überhaupt zu den reizvoll sten Schöpfungen der gesamten deutschen Fayencemalerei ge- zählt werden. Inmitten exotisch anmutender Gärten oder bizarrer A rchitekturen, einzeln oder in Gruppen placiert und in phantasievol le Kostüme gekleidet, agieren di ese mu nteren Chin esen- fi gü rchen in verschiedenen Beschäftigungen und a llerl ei Vergnügungen. Meist von fli egenden Vögeln und überlebensgroßen Insekten umschwirrt, bevölkern diese europäisierten Miniatur- Ch inesen nun die Durlacher Platten, Teller, Tee- und Wärmegeschirre, Leuchter und Schreibzeuge. Zun ächst nur ein farbi g in Blau, Schwarz oder in modi schem Seladon grün gehalten, werden die C hinoiserien später auch mehrfarb ig gemalt. Wie der Verfasser kürzlich an anderer Stelle nach- weisen konnte, dienten den Durlacher Malern für ihre Chinoiserien vornehmlich Stiche von El ias Baeck a ls graphische Vorlagen, die ein Augsburger Verlag bereits um 1724 herausgegeben hatte. Reizvollen Exemplaren dieser Durlacher Ch inesendekore begegnet der Besucher des Pfi nzgau- museums außer auf einigen Kaffee- und Milchkännchen vor allem in dem großen Tablett mi t durchbrochenem Rocaille-Rand, auf dem ein Angler inmitten einer üppigen Flußlandschaft w ieder- gegeben ist. Auch das Zeitalter der Romantik hat auf Durlacher Erzeugnissen seinen Niederschlag gefunden, als man um 1780 dazu überging, die Gesch irre mit zum Tei l miniaturartig kleinen "romanti- schen" See- und Ruinen landschaften zu schmücken, wobei jetzt als neueingeführte Farbe ein leuch- tendes Eisenrot vorherrscht. Ein mehrtei liges Service, bestehend aus einem rechteck igen Tablett, mehreren Kannen und Tassen, das 1963 von der Stadtverwaltung für das Pfinzgaumuseum er- worben werden konnte, sei hier a ls besonders geglücktes Beispiel dieser in li ebevoller Klein arbeit gema lten Landschaftsdekore hervorgehoben. Diese Landschaftsmalerei ist bekanntlich in Mosbach so getreulich nachgeahmt worden, daß die Erzeugnisse der bei den Ma nufak turen oft kaum zu unterscheiden si nd, wenn sie nicht - w ie dies bei Mosbacher Fayencen häufig der Fa ll ist - mit einer Marke versehen sin d. Durlach hingegen hat niemals ein Fab rikzeichen geführt. (Nur das sei t 1813 fabrizie rte Steingut mu ßte auf amtliche Ano rdnung ab 1818 den mit Blindstempel eingepreßten H erstellungsort "Durlach" aufweisen.) Aktenstücke wurden gelegentlich mit einem Petschaft gesiegelt, dessen Buchstaben FFD (Fayence Fabrik Durlach) auch auf ei ner sei denen Jubiläumsfah ne von 1828 wiederkehren, die jetzt im Pfinzgaumuseum verwahrt wird. Ledi glich ein er größeren Zahl von Malermarken begegnen wi r auf zahlreichen Durlacher Stücken; gelegentlich haben einige der etwa fünfzig in den Fabrik- akten aufgeführten Maler ihre A rbeiten auch mit vo llem Namen signiert. Es gibt indessen ein E rzeugnis der Manufaktur, das nachhaltiger als jede Marke ihren Namen 37 weithin so vertraut gemacht hat, daß es heute gewissermaßen als das eigentliche Wahrzeichen .. der Fabrik angesehen w ird. Es sind jene schmucken Birnkrüge, die vorwiegend zu Gesmenk- zwecken auf Bestellun g in verschiedenen G rößen einzeln angeferti gt wurden. Neben figürlichen Szenen un d Zu nftem blemen - die meist von ei ner Rocaille-Kartusche und Blumenzweigen um- rahmt sind -, überliefern sie uns in ihren Aufsch riften oftmals auch den Namen, Beruf und Wohnort des Auftraggebers sow ie das H erstellu ngsjahr. Da sie nachweislich von 1754 bis zum endgült igen Verlösd,en der Brennöfen - also fast ein J ahrhundert hindurch - prod uziert wurden, hat ihre weite Verbreitun g freilich andererseits die übri gen Du rl acher Erzeugnisse etwas überschattet. Zugleich läßt sid, an diesen buntbemalten und meist recht volkstümlichen Birnkrügen - gleichsam wie in ein er Musterkoll ektion - di e gesamte künstlerische Entwicklung der Manu- faktur ablesen, wie dies beisp ielsweise auch an den fund fü nfzig Birnkrügen des Pnnzgaumuseums möglich ist, deren ältester 1757 entstanden und deren spätester 1843 datiert ist. Verwendu ng fa nden sie vorwiegend als Schenkkrü ge, mit welchen der H austrunk aus dem Keller geho lt und bei Tisdl kreden zt wurde. H andelt es sich aud, nicht um Werke "hoher Kunst", so si nd diese schlichten , in der Spätzeit zuweilen mit unbeholfenem Pinsel bemalten Wein krüge vor a llem für di e Familienforschung und H eimatgeschichte, fü r die Kostüm- und Volkskunde ei ne wahre Fundgrube. Diese nach Hund erten zählenden und in vielen Sammlungen verwah rten Birn- krüge bilden mit ihren mannigfalt igen Darstellungen einen bunten Bilderreigen, gleichsam einen ein zigarti gen Kultur- un d Zei tsp iegel vom täglichen Leben in Stadt und Land, der uns von der hei teren Welt des graziösen Rokoko über die Drangs"ale und Kriegsnöte der napoleon ischen Ara bis an die Schwe lle unseres Industri ezeitalters führt. Als weitere Du rl acher Spez iali tät seien hier noch jene reizvollen Anbietplatten in Kleeblattform genannt, di e sonst keine deutsche Manufaktur auf den Markt gebracht hat. Besonderer Beliebheit dürften sidl auch di e zierlichen Schreibzeuge erfreut haben, die in Nieren- und Herzform aus- geformt, oder aud, geschweiften Rokoko-Kommoden en mi ni ature nachgebildet und origi nalge- treu bemalt wurden. Ein namentlich in D urlach gepflegtes Formstück wa ren auch jene kegel- stumpfförmi gen Warmhaltegefäße mit abnehmbarem Napf, sogenan nte Rechauds, die zugleich als Nachtl icht gerne Verwendung gefu nden haben. Al s bescheidene Besonderheit seien noch die kleinen runden Schälchen erwähnt, die aufs Spinnrad aufgestülpt werden konnten und zum Benetzen der Finger dienten. Figü rl iche Plastik hingegen, wie sie bei anderen Manufakturen zu finden ist, wurde in Durlach so gut wie überhaupt nicht hergestellt. Belege fü r beschei dene Versuche auf diesem Gebiet liefern uns unter anderem einige Gipsformen für kleine Fa yencetiere sowie ein liegendes Löwenfigü rchen aus Du rladler Stein gut, die zu den Raritäten der Sammlung des Pfinzgaumuseums zählen, jedoch eher als interessant denn als künstlerisch bedeutsam bezeichnet werden können. Alles in allem spricht es für die Gediegenheit der in Durlach entwickelten Formtypen und für ih re Beliebtheit bei den Käufern, daß so ma nd,es Modell der Blütezeit in nur geringfügiger Abwandlung selbst noch in der Spätperiode der Manufaktur ausgefo rmt wurde. Das wichtigste Schmuckelement in der Produktion nach 1800 bi lden neben figürlichen Darstellun- gen die verschiedensten Blumenmoti ve, die jetzt frei lich !lidlt mehr die künstlerische Feinheit der 38 39 Blütezeit aufweisen, sondern meist summarisch mit flüchtigem Pinsel hingesetzt sind . An die Stelle der lockeren Rokokosträuße treten in zunehmendem Maße nun didltgeflodltene G irlanden und Kränzchen, bei welchen vor allem zu r Zeit des Biedermeier das modische Vergißmeinnicht und das Stiefmütterchen die Hauptrolle übernehmen. Auf vielen Geschirren, vor allem auf Platten und Tellern, nehmen außer den verschiedenen Blumendekoren jetzt kurze und längere Inschrif- tcn,Widmungen und Sprüche den beherrschenden Platz ein. Obgleich sie niemals über den Rang sogenan nter Gelegenheitsdichtung hinausgeh en, spricht aus diesen meist unbeholfenen, zuwcilcn aber humorvoll gewürzten Versen stets der nai ve Ton urwüchsigen Volksempfindens. Sie künden von den Freuden und Leiden eines bestimmten Berufsstandes, preisen die Liebe, Treue und Freundschaft und huldigen emphatisch - wie könnte es im Weinland Baden anders sein - dem edlen Rebensaft. Proben dieser schlichten "Dichtkunst" findet der lesefreudige Bctradlter auch auf zahlreichen Stücken im Pfinzgaumuseum. Kommen wir abschließend noch auf eine besondere Gruppe d1arakteristisd1er Formstücke und Dekore zu sprechen, die in Durlach von etwa 1825 bis ans Ende der Produktion gebräud1 1ich waren. In auffälliger Weise gleichen diese Stücke bis ins unscheinbarste Detail hinein manchen Erzeugnissen einiger Schweizer Manufaktllren, namentl ich jenen der Zürcher Fabrik im Schooren und der in Matzendorf im Kanton Solothurn. Schon seit einiger Zeit beschäftigt die Keramik- fo rschung dieses Problem, ohne daß es bisher gelungen ist, eine schlüssige Begründung für diese merkwürdige Duplizität zu finden . Die Ausstellung im Badischen Landesmuseum, in der erstmals ges icherte Schweizer mit DurIacher Fabrikaten direkt konfronti ert wurden, konnte zur weiteren Klärung dieser umstrittenen Frage wesentl iche Argumente beisteuern . Dabei hat sich unter ande- rem herausgestellt, daß so manches bislang Durlach zugesch riebene Stück jetzt eindeutig als Schweizer Erzeugnis anerkannt werden muß; neben etlichen Terrinen, Kannen, Tassen und Tellern, die als vermeintliche Durlacher Fabrikate ins Pfinzgaumuseum gelangt si nd , triffi dies beispielsweise auch für das hübsche Barbierbecken von Johannes Brunner zu, das erst 1849 - a lso fast ein J ahrzehnt nach Stillegung der Durlacher Manufaktur - entstanden ist. Walther Franzius Zur Technik der Fayenceherstellung Für die Fayenceproduktion bedient man sich ei nes gut bildsamen und möglichst kalkhaltigen Tones. Die Vasen, Kannen und sonstigen Ge fäße werden vorwiegend auf der Töpferscheibe gedreht. Beim Abschneiden des Gegenstandes von der Scheibe mit Hilfe einer Drahtschlinge ent- stehen auf dem Boden bogenförmige Parallel rillen. Sie sind für die Böden von Durlacher Birn- krügen cha rakteristisch und verschwinden erst um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, als man zur Glättung der Böden übergeht. Die von der Scheibe abgenommenen Objekte läßt man zunächst an der Luft etwa lederhart trock- nen . D an n werden die meist in besonderen Formen hergestellten Henkel und Ausgußtüllen "an- garn iert". Mi t Tonbrei werden sie an genau festgelegten Stell en auf die Gefäße gek lebt. Da der trockene Ton von Henkel bzw. Ausgußtülle und Gefäß der Kittmasse die Feuchtigkeit entzieht, entsteht eine feste Verbindung. Darauf kommen die Stücke in den Ofen zum sogenannten "Schrühbrand" mit Temperaturen von etwa 8000 Celsi us. Durch die Hitze wird ihnen weitere Feuchtigkeit entzogen und damit eine größere Festigkeit verliehen. In einem neuen Arbeitsgang werden sie glasiert, d. h. mit einer besonderen Schicht überzogen. Grundbestandteil der Glasur ist Quarzsand, dem vor allem Zinnoxyd zugefügt wird. Das Gemenge wi rd fein gemahlen und mit Wasser zu ein em verhältnismäßig dünnflüssigen Brei angerührt. In diesen weißgrauen Glasur- brei werden die gesch rühten Stücke nur kurz eingetaucht. Die Glasurmasse sch lägt sich als mehli- ger überzug auf der Oberfläche des Gefä ßes nieder, weil der poröse Ton die in ihr enthaltene Feuchtigkeit rasch aufsaugt. Ein zweiter Brand bei etwa 10000 Celsius bringt den überzug zum Schmelzen, so daß er mit dem Scherben ei ne feste Verbindung eingeht. Die gebrannte Glasur ist wasserundurchlässig und hat eine glasartige Konsistenz. Ihr porzellanähnl iches Weiß ist für die Durlacher Fayencen besonders charakteristisch. Neben der "Weißware" wurde auch ein- oder mehrfarbig bemalte Fayence hergestellt. Für die Dekoration bediente man sich in Durlach ausschließlich der sogenannten Scharffeuerfarben. D iese werden in vorwiegend grauer Lösung auf die noch ungebrannte Glasur aufgetragen. Erst im "scharfen Feuer", a lso im Glasurbrand bei etwa 1 0000 Celsius, erha lten sie die Leuchtkraft ihrer Farben. Sie sink en in die schmelzende Glasur ein und ergeben besonders zarte, manchmal leicht verschwommene Umrißlinien. N ur weni ge der aus Metalloxyden bestehenden Farben halten die hohC' Temperatur des Glasu rbrandes aus, ohne zu verbrennen : Blau, Gelb, Grün , Manganviolett und Schwarz. Erst um 1780 kam in Durlach auch das Eisenrot a ls Scharffeuerfarbe auf. Man verzichtete bewußt au f die reichere Farbskala der sogenannten "Muffelfarben" , die bei geringerer Temperatur in einem dritten Brand auf die bereits fertige Glasur aufgeschmolzen 40 41 werden . Mit den Scharffeuerfarben hatte man einen unempfindlichen, homogen mit der Glasur verschmolzenen Dekor. Die nur auf der Oberfläche der Glasur haftenden Mulfelfarben dagegen waren viel eher Beschädigungen ausgesetzt. N ur das Scharffeuer-Schwarz, das man in Durlach gewöhnlich in ausgezeichneter Qualität herstellte, ist gelegentl ich ausgebrochen und hat dann ei ne spürbare Vertiefung in der Glasur hinterlassen . Der Scherben - so nennt man die gebrannte Tonmasse - ist bei den Du rlacher Erzeugnissen meist geblich, doch kommt er bisweilen auch in rötlicher Tönung vor. Das wegen seiner Porzellan- ähnlichkei t bekannte glänzende Weiß der Glasur ist sahniger und nicht so kalt wie bei der Por- zell anglasur. Außerdem hat die Du rlacher G lasur, besonders an dünn aufgetragenen Stell en, häufig einen rötl ichen Schimmer. Ludwin Langenfeld Die Straßburg-Durlacher Bibel von 1529-30 und ihre Drucker Wolf Köpfl und Veltin Kobian Ober das im fo lgenden kurz "Durlacher Bibel" genannte Druckerzeugnis von 1529/30 ist in der Populärlitcratur soviel Ungereimtes zusammengeschrieben worden, daß wir uns hier eingehen- der damit beschäftigen wo ll en. Dieser Bibeldruck und sein Durlacher Buchdrucker haben den Namen Durlachs seit jetzt 445 Jahren anfangs in die religiöse, dann in die wissenschaftlich inter- essierte Welt hinausgetragen. Johann Daniel Schöpflin, übrigens Schüler des markgräflichen Gymnasi ums zu Durladl, hat in seiner "Historia Zaringo Badensis" 1764 den Vermerk: "A. 1529 & 30. D urlac i imp rcssa est Gcrma ni ca versio parti s Bib liorum Lutheri 1, " D er mark gräflieh Baden-Durlachische wirkliche Kirchenrat und Rektor des Gymnasi ums JIlustre, Johann Christian Sachs, berichtet 1769 in seiner Geschichte der Markgrafschaft Baden " daß "im Jahr 1529 und 30 ein Teil der Heiligen Schrift, wie sie von DoktOr Luthcrn in die deutsche Sprache übersetzt worden, gedruckt wurde". Julius Lampadius (d. i. Julius Leichtlen) berichtet 181 1 in seinem Büchlein "Bei- träge zur Vaterlandsgeschichte", daß der Markgraf (er gibt irrtümlich M. Ernst statt M. Phi lipp an) die Bibel 1529/30 Zl1 Durladl drucken ließ. Siegmund Friedrich Gehres berichtet in seiner Kleinen Chronik von Durladl 1824 ebenfa lls, daß 1529/30 ein Teil der Bibel, wie sie von Doktor Luther ehemals ins Deutsche übersetzt ward, in der "Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei" in Durlach im Druck erschien '. Schließlich berichtet auch Kar! Gustav Fecht in sei ner Geschichte der Stadt Dur!ach 1869 über den Dur!acher Bibeldruck und fügt kursorisch hinzu: "Anfang und Schluß erschienen aber in Straßburg, auch ist nicht Alles nach Luther's Obersetzung, weldlc erst einige Jahre später fertig wurde '." Mit Fechts Feststellu ng sind di e bei den widltigsten Themenkreise angeschlagen, die wir nachfolgend präzisieren wollen. Die »Durlacher Bibel" eine sog. »kombinierte" Bibel Luthers gesamte Bibelübersetzung wurde erst 1534 abgeschlossen, die erste Wittenberger Voll bibel ersdlien im September 1534. Seither beherrschte Wittenberg im ganzen weiteren 16. Jahrhundert hinsichtlidl des Druckes von Voll-Bibeln das Feld. Aber schon vorher wu rde Luthers Bibel-über- setzu ng durch den Nad1druck der schon fertiggestellten Teil e weit verbreitet. Hi er standen seit 1523 in Norddeutschland Erfurt, in Süddeutschland Augsburg, Straßburg und Nürnberg und bis 1527 aud, Basel im Vordergrund. Man stellte dabei seit 1529 sogenannte kombinierte Voll-Bibeln in der Weise her, daß man die von anderer Hand bereits übersetzten Propheten (der Züricher "Prädikanten" oder der Wormser Wiedertäufer Hetzer und Denck) und die Apokryphen (des Zü rid,er Theologen Leo Jud) dem Luthertext hinzufügte. So erschienen 1527/ 29 und 1530 in Zü rich bei C hristoph F roschauer 2 kombinierte Bibeln, 1529 die sogenan nte "Wiedertäuferbibel " bei Peter Schöffer in Worms, ei ne 1534 in Frankfurt bei Ch ristian Egenolph , ei ne 1534 in Augs- 42 bu rg bei H einrich Stay ner und eben unsere Straßburg-Duriacher Bibel bei Wolf Köpfl und Veltin Kobian 1529/30 (Nachdruck bei Wolf Köpfl, Straßburg 1530/32). Sie benutzt neben der Luther- übersetzun g für die Apokryphen Juds übersetzun g, fü r die Propheten (außer den bereits von Luther übersetzten Jesaja, Jona, H abakuk und Sacharia) Hetzer-Dencks Wormser Prophetenver- deutschung ' . Die "Durlacher Bibel" teils in Straßburg, teils in Durlach gedruckt Das zweite Kennzeichen des uns beschäftigenden Bibcldrucks ist, daß er zum Teil in Durlach, zum Teil in Straßburg gedruckt ist. Dabei ist von vorn herein festzuhalten, daß die Arbeitsteil ung zwi- schen Straßburg und Durlach nicht identisch is t mit der eben geschilderten Auftei lung zwisd,en Texten Luthers und Texten anderer übersetzer. Wir wissen nicht) wie diese Arbeitsauftcilung zustande kam. In Durlach wurden ged ruckt: der Dritte Teil des Alten Testamentes, di e "Lehr- bücher": Das Buch Hiob, Der Psal ter, Die Sprüche Salomos, Der Prediger Salomo, Das H ohelied Salomos, ferner sämtliche Propheten. Der in Durlach gedruckte Teil nimmt a lso, wie Fecht richtig bemerkt, den Mittelteil der Bibel ein. Auf dem Titelb latt zum "Dritten Teil des Alten Testamen- tes " ist Durlach angegeben (1529) und - wie wir noch zeigen werden - das Kennzeidlen , um nicht zu sagen di e Druckermarke Veltin Kobians angebracht. Die links davon befindlid,e Seite (Schluß des "anderen", Zweiten Teils des Alten Testamentes) schli eßt mit der markanten Drucker- marke Wolf Köpfls Zl1 Straßburg ab (Abb. I ). Das Titelblatt der Propheten, ein großartiger Renaissanceentwurf, trägt zwa r den Vermerk: "Straßbu rg bey Wolff Köpfl " (1530) (Abb. Ir), aber am Ende der Propheten steht - wie übrigens auch am Ende des Dritten Teils des Alten Testamentes (vgl. Abb. III, linke Seite) der Vermerk: "Gedruckt zu Durladl durch Vel tin Kobian / auß verlegung Wolff Köpffels / burgcrs zu Straßburg I" (Abb. IV). Das Renaissance- titelblatt zu den Propheten ist also unzweifelhaft in Straßburg ged ruckt, wohl weil Vel tin Kobian ei nen so aufwend igen und teuren Druckstock in Durlach nicht zur Verfügu ng ha tte. (Übri gens soll nach einer Mitteilung Engelbert Strobels' der Stuttga rter Wasserzeichenforsdler Gerhart Piccard festgestellt haben, daß auch der in Durlach herausgebrachte Teil der Bibel auf Straßburger Papier gedruckt ist.) Und Veltin Kobian in Durlach hat "auß verl egung Wolff Köpffcls, burgers zu Straßburg" gedruckt, d. h. im Auftrag Wolff Köpffels. Damit kommen wi r zu der Frage nach den bei den Druckern und ihrem gegenseiti gen Arbeits verhältnis. Die Drucker Wo lf Köp{l in Straßburg und Veltin Kobian in Hagenau' Als Luther sich 1519 öffentlich vom Papsttum lossagte, stellte er die Geister sei ner Zeit vor die offene Entscheidung. Das Elsaß, insbesondere Straßburg, empfing die Reformation mit offenen Armen. Seit 1519 wurden die Schriften Luthers in Straßburg gedruckt. Durdl den Reformator Martin Butzer erhiel t die Reform einen spezifisch straßburgischen Charakter. 1524 hatte sie schon die Mehrheit der Bevölkerung erfaßt. Zum großen Teil ist dies dem Einfl uß der Buchdrucker zuzusdlrei ben. Neben den D ruckereien von Crato, Myl ius und Wendel in Rihel gehörte Wolf Köpfl (in der "Durlacher Bibel" stehen die beid en Schreibweisen Wollff Köpffl und Wolff Köphl 43 nebeneinander; auch nannte er sich Wolfius Cephalus; in der Sekundärliteratur heißt er Wolfgang - Köpfel) zu den drei großen Druckern in Straßburg zur Reformationszeit. Wolf Köpfl wa r der Neffe des berühmten Reformators Wolfgang Capiton (einer latinisierten Form des Familien- namens Köpfel ). O hne Zweifel ha t nicht nur der Ei nfluß, sondern auch die finan ziell e Unter- stützung seines Onkels Wolf Köpfl zur Verbreitung der reformatorischen Schriften angeregt. Sie stell en mehr als die H älfte seiner Produktion dar. Er druckt die Schriften Luthers (35 Ofo seiner Druckerproduktion), die Capitons und der anderen straßburgischen Reformatoren Matthias Zell und Martin Butzer. Se in erster Mitarbeiter ist Petcr Braubach (aus Braubach am Rhein), der in der Folgezei t dann eine Druckerei in H agenau gründete (wo 1532 auch Veltin Kobian auftaucht!). 1522 ersdleint das erste Druckwerk KöpfIs, ein Brief Luthers an Hartrnut von Kronberg. Der Druckvermerk weiSt aus: "gedruckt zum Steinbruck". Steinbruck, auch Roßmarktbruck, gelegen am Roßmarkt, heute Place Broglie, wa r wahrscheinlich die Steinbrücke, die über den Graben der Lohgerber fü hrte, wenn man von der Domstraße kam, denn die anderen vier Brücken in der Nähe wa ren aus Holz. Köpfl kümmerte sich nicht um das Edikt von Worms von 152 1, das verbot, häretische Schriften zu d rucken . Der Bischof selbSt intervenierte beim MagiStrat gegen KöpfIs Geschäftigkeit. 1524 erließ der MagiStrat bindende Vorschriften für die Buchdrucker: sie mußten ihre Werke vorh er der Zensur vorlegen, mußten ihren Namen auf ihre Publikationen drucken und durften nichts anonym drucken. Im a llgemeinen wurden die Vorschriften beachtet, um 1525 trugen 80 % a ller in Straßburg veröffentlichten Werke den Druckernamen. Trotzdem veröffent- lichte Köpfl 1526 anonym ein Colloquium, das der. Reformato r Oeco lampade (H ausschein), Mittler zw ischen Luther und Zwingli , gegen sei ne katholi schen Gegner gehal ten hatte. Köpfl wu rde ins Gefängnis gesteckt, aber als sei ne Frau ein Kind erwartete, wu rde er kurze Zeit später gegen ein e Buße von 5 Florins wieder f re igelassen. Köpfl wa r stolz darauf, seinen Namen auf die Titelblätter seiner Bücher zu seezen, stolz darauf, durrn sein Engagement die neuen Ideen zu pro- klamieren. Er druckte aus reformatorischer überzeugung, erst in zweiter Linie als Kaufmann. 1524 veröffentlicht er die erste Ausgabe einer deutschen Messe, im seI ben Jahr wurde die erste Messe in DeutSch in der Kapelle St. Johannes der Kathedra le gehalten. Köpfl hat außerdem lateinische und besonders griechische Werke ged ruckt, auch eine griechische Bibel 1526, er selbst konnte Griechisch. Um sein e dreibändige Bibelausgabe von Luther, 1524125, zu ill ust rieren, wandte er sich an den großen Illustrator Joha nn Weiditz (den Alteren). Von ihm bezog Köpfl auch ornamentale Umrahmungen ("encadrementS"), die in der Mitte Platz für den Titel frei- ließen und nicht weni ger a ls 15 verschiedene Druckermarken. Im Neuen Testament a llerdings begnügte sich Weiditz damit, die Apokalypse mit Kopien nach H olbein (1523) zu schmücken ' . Auch Hans Baldu ng Grien (1476-1545) hat für Wolf Köpfl gearbeitet. Köpfl hatte neben der Druckerei auch eine der blühendsten Papiermühlen in Deutschland. 154 7 verhei ratete sich Köpfl zum zweiten Mal mit Margrethe Einhart, Witwe von Ulrich Würtemberger, Pastor von Schiltig- heim. Köpfl starb 1554. Aus der ersten Ehe hatte er zwei Söhne: Paul und Philipp, die erst das väterl iche U nternehmen fo rtführten, dann, 15 57, nach Worms übersiedelten, wo sie bis 1563 druckten. Das Bürgerbuch erwähnt eine Tochter Köpfls, die sich 1551 mit Danicl Günter aus Worms verheiratete. 44 Die Druckerzeichen Köpfls sind fast ausschließlich charakterisiert durd1 einen Eckstein, der in den verschiedensten Variationen auftaucht. Nur einige Marken reduzieren sidt auf Engel- oder Tierköpfe, in Schilder oder in Bordüren plaziert und machen Anspielungen auf den Namen des Druckers. Das Sinnbild des Ecksteins ist aus der Heiligen Schrift genommen: "Christus ist der Eckstein / Und ein Schildt der Wahrheit / Wer auff disen steyn feilt der wirt zurschellen" heißt cs auf der wohl schönsten Druckermarke (1525), die Köpfl verwandt hat (Abb. V). Dieser Eckstein wird tei ls durch Engel gehalten, teils von zwei Schlangen umschlungen (wie in dcr "Durlacher Bibel"), die, umgeben von einer Strahlenkrone, eine Taube übersteigt (vg l. Abb. I). Von diesem Eckstein-Schlangen-Signet gibt es noch eine einfachere Variante (in der "Durlacher Bibel " als Abschluß des 1. Teils des Alten Testaments). Wir zeigen sie in Abb. VI (allerdings mit dem in der DB nicht ausgedruckten Namenshinweis Ce-phal = Cephalus) '. Nach Straßburg nimmt Hagenau den zweiten Platz in der Geschichte des elsässischen Buchdrucks cin ". Gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts rivalisieren zwei große Drucker in Hagenau, Heinrich Gran und Thomas Anshelm, mit Straßburg. Von 1523 bis 1532 führt Johann Setzer, dann, bis 1536, dessen Schwiegersohn Peter Braubach. Von 1532 bis 1542 machte Veltin (Valentin) Kobian ihm Konkurrenz, der -:- wie Köpfl in Straßburg - der eifrigstc Propagan- dist der Reformation in Hagenau war. Er druckte vorwiegend Wiedertäufer-Sd1rifttum . Kobian stammte, nach Angabe Ritters 11, aus Durlach. Bevor er eine eigene Druckerei hatte, arbeitete er während mehrerer Jahre (mindestens seit 1520) in Hagenau als Druckereigeselle. Hier heißt er 1524 "Veltin Durlach buchtrucker" oder" Veltin Kobie buchtrucker" . Zwischen 1525 und 1530 ist man ohne Nachrichten von ihm. 1529/ 30 lindet man ihn als selbständigen Drucker zu Durlach. Aber schon 1530 siedelt er nach Ettlingen über, wo er, unter dem Impressum "Ettelingae apud Va- lentinum Kobian" fünf Drucke erscheinen läßt. Warum Kobian von Durlach nach Ettlingen über- siedelte, ist unbekannt, man nimmt an, daß ihn die um die Mitte des 15. Jahrhunderts dort errich- tete erste Papiermühle Badens dazu verlockte ". Im September 1532 gründete er seine Druckerei in Hagenau, in der er, anschließend an seine Durlacher und Ettlinger Publikationstendenz, drei weitere medizinische Werke veröffentlichte. Der Erfolg dieser medizinischen Abhandlungen beim Publikum scheint nicht sehr groß gewesen zu sein. Kobian verzichtet auf dieses Genre und ver- öffentlicht ab 1534 vorzüglich religiöse Werke der sektiererischen Wiedertäufer-Richtung (Mel- chior Hofmann, Johann Eisenburg, Kaspar Beck, Michel Wächter). Der Hagenauer Magistrat überwachte - wie in Straßburg - seine Produktion (etwa 30 Werke), indessen scheinen die Stadtväter der katholischen Stadt doch ziemlich tolerant gewesen zu sein, weil sie 1536 eine Verdeutschung einer Kampfschrift gegen den kirchlichen Zölibat des Venezianers Franziskus Barbarus durchgehen ließen. 1537 wird er a ls "Feltin in der Rosengasse" genannt. Am 16. August 1543 (nach Ritter, a. a. 0., Anm. 7) oder nach einer anderen Quelle am 17. August 1542 (nach Heitz-Barack, a. a. 0., Anm. 9) stirbt Kobian im Hospital, dem er die bescheidene Summe von 10 Batzen hinterläßt. Wennig vor 1550 verschwindet die Kobian-Druckerei in Hagenau. Ober die Hagenauer Druckermarken Kobians besteht offensichtlich Ungewißheit. Er besaß wohl 45 in Hagenau keine eigene Druckermarke, sondern nur ornamentale Titeleinfassungen. Das schöne - Signet mit dem sein Gefieder spreizenden Pfau, der einen Fuß auf e inen H ahn, den anderen auf einen Löwen setz t, wobei der Pfau, dem österreichisd1en Wappen entlehnt, a ls Anspielung auf die kaiserliche Stadt H agenau zu gelten hätte, schreibt Hanauer dem persönlichen Wappen Jerome Gebweilers zu, des Direktors der Lateinschule in Hagenau, der bei verschiedenen Druckern drucken ließ ". Auch die Druckermarke Kobians mit zwei Schilden, deren eines die Rose von H agenau, das andere ein Hufeisen mit zwei Sternen und einem Kreuz zeigt 14, ordnet Hanauer dem Hagenauer Hufsd1mied und Verleger Hans Griesbach zu. Tatsächlich tri tt in den übrigen H agcnaucr Druckermarken kein Hufeisen au f, nur die der Stadt zugeord nete Rose. Die srnriA:- künstl erische Qualität eines Hagenauer Kobian-Druckes von 1536 möge unsere Abb. VII zeigen. Die Druckertätigkeit Veltin Kobians in Dur/ach 1529130 Vel tin Kobian hat in den woh l knapp zwei Jahren sei ner Durlacher Tätigkeit außer sei nem Bibeldruek "auß verlegung Wolff Köpffls, burge rs zu Straßburg", noch drei kleinere Schriften gedruckt. Bleiben wi r zu nächst bei der uns zen tral interessierenden Bibel: Wir w issen nicht, w ie di e Geschäftsverbindung mit Köpfl in Straßburg zustande kam, können nur vermuten, daß die Sdla ltstation dieser Verbindung Hagenau war. Weder das städtische noch das staatliche Archiv in Straßburg besitzen Unterlagen, die sich auf die Verbindung Köpfl - Kobian beziehen ". Selt- samerweise erwähnen auch weder Ri tter noch Hanauer (vgl. Anm. 7) das gemeinsame Bibel- U nternehmen zwischen Köpfl und Kobian . Auch feh ren uns verbindliche Fakten darüber, wie Velti n Kobian aus Hagenau nach Durlach kam, wenn man hier nicht seine von Ritter 16 behaup- tete Durlacher H erkunft a ls ausschlaggebend werten wi ll. 17 Jahre vor Kobians Durlacher Bibel- druck hatte a ll erdings Du rlach (auch Turrclaci, Thurrelacum) bereits eine kl eine Druckerei zu verzeich nen, der man bisher drei Drucke zuschreiben konnte 17. Als Drucker bezeichnet sich der Durlacher Pfarrer N ikol aus Keibs, Mitglied des Johanniterordens. Er stand offenbar in näheren Beziehungen zu dem bekannten Künstler Hans Schäuffelin, da drei H olzschnitte desselben a ls Einblattdrucke den Keibschen Druckvermerk tragen . Keibs bedeutendster Druck wa r di e "Passio C hristi" von Ulrich Vannius, 1512, dessen Titelblatt wir zeigen (Abb. VIII) . Vermutlich kam Veltin Kobian nach Durlach (oder nach Durlach zurück), weil die damals schon sich in Durlach bei Hof und Bevölkerung zeigenden lutherischen Neigungen sein em Bibelunternehmen günstiß waren . Zwar wurde die Reformation in Durlach, wie überhaupt in der ganzen Markgrafschaft Baden-D urlad1 erst 1556 durch Markgraf Kar! II. (eben unseren "Karl mit der Tasche", Regie- rungszeit 1553 - 1577) offi zie ll eingeführt. Der Rcformationsbefehl gin g am 1. Juni 1556 ins Land hinaus >s. Aber schon der Vo rgänger Karls 11. , Markgraf Ernst (Regierungszeit 1527 bis 1553), nahm zwar keine offizielle Reformation in seinen Landen vor, bekannte sich auch nicht öffentlich zur "Augsburgischen Konfession" (1530), der maßgeblichen Bekenntnisschrift der luthe- rischen Kird1e, arbeitete aber auf den Reichstagen an der Vereinigung der Gemüter, nahm sich der Evangelisd1en zu Kenzingen und Waldshut an und hi elt sich selbst einen evangelischen H ofpredi- ger. D ie Durlacher Bibel war noch unter Markgraf Philipp (t 1533) gedruckt worden und Vier- ordt behauptet, wohl in Anlehnung an Leichtlen (vgl. Anm. 3), der Markgraf selbst habe Auftrag 46 gegeben, sie zu drucken ". Adolf Wolfhard drückt den Sad1Verhalt so aus: "Die Markgrafen hatten cvangelisd1c Neigungen, wollten es aber doch mit dem Kaiser nicht verderben ." Wolf- hard weist auch auf die Tatsache hi n, daß der aus Du rl ach stammende Jakob Si mmler Luthers ständiger Begleiter während dessen H ei delberger Aufenthalts im Frühjahr 1518, a lso ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung der 95 Thesen, war . "Er dürfte also der erste Durlacher gewesen sein, der mit Luther in persönl iche, freundsrnafHiche Beziehungen trat :!O ." Vor dem Hintergrund dieser günstigen geistesgesch ichtlichen Posi tionen muß man Veltin Kobians Durlacher Bibeldruck-Unternehmen sehen, von dem man annehmen kan n, daß es woh lwollende Förderung durch den Markgrafen Phil ipp erfuhr. überhaupt waren ja die Markgrafen in religiö- sen Fragen stark engagiert, w ie auch das sogenannte "Stafforter Buch" beweist, das der Nach- folge r Karls 11. , Markgraf Ernst Friedrich (Reg ierungszei t 1577 - 1604), der sich seit 1599 öffentl id, zu r Leh re Ca lvi ns bekannte, auf Anraten sei ner Berater Georg Hanfeid, Johann Pisto- ri us und Joha nn von Münster im Jah re 1599 in dem Fürstlid1en Schlosse zu Staffort drucken ließ. Dieses Bud1 ist ei ne Abhandlung über die Grü nde, die den Markgrafen veranlaßten, zur Calvi- nischen Glaubenslehre überzutreten . Das Buch rief heftige Gegenschriften württembergischer und säd1sischer Theo logen hervor, ein Exempl~r dieses sehr seltenen D ruckes befi ndet sich im Pfinz- gaumuseum " . Schließlich sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, daß die Gemahlin von Friedrich Magnus, Markgräfin Augusta Maria, während ihres durch die französischen Kriege (1689 völlige Zerstörung Durlachs) erzwungenen zehnjährigen Aufenthalts im BaseIer Domizil, ein e vierbändige Bibelausgabe veranstaltete, d ie vor allem für die vielen markg räflichen Pfarrer bestimmt war, deren Bücher in dem unseli gen Kri ege verbrannt wa ren . Es ist ein sorgfältiger, von Augusta Maria seit 1696 begonnener, stets überwachter und 1698 zu Ende gebrachter Druck des Basler Druckers Joh. Jak . Battier ". Veltin Kobia n druckte, wie bereits erwähnt, außer der Bibel in Du rlach noch drei k leinere Sch ri f- ten, und zwar 1529 eine fünfzehnseitige naiv-medizin ische Abha ndlu ng "Eyn Regiment Wie man sich vor der Neüwen P lage / Der Englische Schweis gena nt / bewaren . Unnd so man da mit ergrif- fen wi rt / darinn halten soll / Durch Euricium Lord um / Der Artzney Doctorem und Professo- rem zu Margpurg". Das Büchlein ist im Pfinzgaumuseum vorhanden (Abb. IX). Auf dem letz ten Blatt steht der Drllckervermerk: "Gedruckt zu Durlach durch Velt in Kobian / Anno 1529", aber auch die Zierleiste auf dem Titelblatt weist das Büchlein, wie wir noch zeigen werden, als Kobian-Druck aus. - Der zweite Druck von 1530 ist eine Art Gesch ichtskalender von Christi Geburt bis 1529 auf achtundzwanzig Seiten unter dem Titel: "Annotatio seu Breviarium Rcrum Memorabilium ac magis insign ium a nato Ch risto usq ue ad nostra tempora gesta rum . Ex pro batissimis historiographis Industrie se lectar." Der D ruckervermerk steht auf dem Titelbl att : "Turrelaci per Valentinum Kobian, An : 1530." Auf der letzten Seite ist nur noch" Turrelacum" genan nt (Abb. X). Die Zierleiste ist dieselbe, aber auch das typische Druckerzeid1en Kobians (wie wi r noch zeigen werden) t ritt auf dem Titelblatt auf. - Der dritte DlIriacher Druck hat den Titel: "Xpovos sive Cronichon ins in gn iorum gestarum 1530" und hat uns nid1t vorgelegen. Er 47 ist lateinisch gehalten ". Die buchtechnisch-künstlerische Gestalt der "Durlacher Bibel" Neben un vollständigen beziehungsweise aus erstem und zweitem Druck zusammengesetzten wenigen sogenannten nMischexemplaren" und w enigen "Tei lexemplaren" der "Durlacher Bibel" gibt es - neben dem Exemplar des Pfinzgaumuseums - nur noch drei vollständige Exemplare der ganzen Bibel. Wir hatten das Glück, zwei davon mit dem Durlacher Exemplar durch Augen- schein vergleichen zu können " . Wolf Köpfl hat seine Bibel mit reichem Buchschmuck ausgestattet, der zu einem erheblichen Teil gewiß besonders für sie hergestellt worden is t. Wen n wi r Ritter glauben können " , ist der Illustrator H einrich Vogtherr, 1490 in Dillingcn (Donau) geboren, 1556 in Wi en gestorben. Textbilder finden sich an 332 Stellen der Bibel, doch ist dasselbe Bild oft zwei mal und mehrmal gebraucht, so daß die Zahl der vorhandenen verschiedenen Bilder erheb- lich nied ri ger ist " . Köpfl selbst gibt auf dem Eingangs- bzw. Gesamttitelblatt an: ,, !tem auch mitt zweyhundert Figuren mehr dann vo r hien nie / im Truck auß gangen seind ." Die Charakteri- stik der Personen auf den Tex tbildern ist gut. Die Bilder sind sämtl ich durch Zierleisten an der einen Seite auf di e Breite des D rucksatzes gebracht und des öfteren auch durch soldlC oben oder un- ten, bzw. oben und unten höher gemacht. Besonders schön ist das schon erwähnte Renaissance-Titel- bl att der Propheten, im Mittelpunkt unten eine weibliche H albfigur, deren Körper in zwei Schlan- genleiber ausgeht, ein Motiv, das in ähnlichen Varianten im 16. Jahrhundert immerwieder auftaucht (Abb . ll) ". Das Ein gangs- bzw. Gesamtti telbl att selbst is t in der Einfassung ident isch mit dem Teiltitelblatt zum "Ander they l des Alten Testaments", wie wi r durch Vergleichung mit dem Wolfenbüt teler Exemplar feststellen konnten. Da das Gesamtti telblatt im Exempl ar des P fin z- gaumuseums und im Stu ttga rter Exempl ar fehl t , im Wolfenbütteler Exempl ar im Druck ver- schmi ert ist, zeigen wi r statt dessen ein en guten Abdruck des, wie gesagt, identischen Teiltitel- blatts des "andern Teils des Alten Testaments" (Abb. X I). Das Blatt zeigt den Kampf Josuas mit den Amalekitern . In der Mitte unten das Druckerzeichen Köpfls in einer gegenüber den Abbil- dungen I und VI va riierten, reicheren Form. A uf der linken Seite ist auf einem Fahnentuch die Jahreszahl 1528 sichtba r (die auch einmal auf einem Textbild im "Buch der Richter" auftaucht). Der Bildersd,mllck des Neuen Testaments ist unabhängig von dem des Alten Testaments, künst- lerisch wen iger wertvoll und, wie es scheint, in den Anfängen steckengeblieben. D as Titelblat t zum Neuen Testament zeigt in sei ner Einfassung Gegenstände der Rüstung und Ausrüstung eines Kriegers. Unter den vier Bildern der Evange listen, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, taucht dasjenige des Johannes zweima l auf, mit einem Gesicht von mädchenhafter Weichheit. Es fo lgen fünf Apostelbilder von immer demselben H olzstock, dem auf besonderem H olzstock jedesmal das Attribut mit der haltenden H and zugefü gt is t. Sie trägt bei Pau lus (oft wiederholt) das Schwert, bei Petrus den Schlüssel, bei Joha nnes den Kelch mit der Schlange, bei Jakobus d ie TlId1 wa lkerstange, bei Judas die Keul e ". Zum T ext der Offenbarung find en wir die 21 H olbein- schen Bilder in schl echten Abdrücken (in allen verglichenen Bibelexemplaren), d ie eine starke Abnutzung der Stöcke erkennen lassen. Zierleisten sind in den in Straßburg ged ruckten Teilen durchgehend verwendet, um den zu schmalen Bildern die Breite der Kolumne zu geben; zuwei- 48 len ist außerdem oben oder unten oder aum an beiden Stellen eine Zierleiste an das Bild ange- fügt. Die Initialen sind von verschiedener Größe und Gestalt (teils Pflanzen-, tei ls Körperorna- mentik), künstlerisch besonders herausragend sind zwei N- und I-Initialen (42/3 x 42/3 mm) im zweiten Teil des Alten Testamentes (Straßburger Teil) und zwei schöne Zierbuchstaben (E und D), die mit den besten europäischen Leistungen der Zeit konkurrieren :!II. Der in Durlach gedruckte Teil weist - neben z. T. schönen Initialen - kaum Bildschmuck auf. Kobian ver- fügte in Durlach offensichtl ich nicht über die entsprechenden Druckstöcke (was wir sd10n beim Titelblatt zu den Propheten feststellten). So bleibt aud, das in Durlach gedruckte Titelblatt zum Dritten Teil des Alten Testaments ohne Zierrahmen (Abb. I). Lediglich bei den Propheten finden wir links von der kleineren Initiale zwei verschiedene leistenartige Bilder (insgesamt 16mal) mit einem bärtigen Mann mit Spruchband neben einer tragenden Säu le, einmal von vorn, einmal von der Seite dargestellt. Besondere Erwähnung verdienen aber im Durlacher Teil (Dritter Tei l des Alten Testaments) zu Beginn des Buchs Hiob und des Psalters zwei große bildliche Darstellungen Hiobs und Davids (letzterer von der B-Initiale eingefaßt; 11,5 x 7,2 cm und 10 x 8 cm, s. Abb. XII u. XIII) . Kobians Bemühen um die Schönheit des Satzbildes soll Abb. XIV demonstr ieren. Das Druckerzeichen Köpfls findet sid1, wie scho n erwähnt, öfters (vgl. Abb. I, I V, X I). Auf den von Kobian in Durlach gedruckten Teilen fehlt das Druckerzeichen, es sei denn, man macht sid, unsere folgende Theorie zu eigen : Kobian verwendet, gewissermaßen als Ersatz für ein eigenes Druckerzeichen (das er, weil er im Auftrag Köpfls druckte, nicht bringen konnte) 30 ei ne ihm spez ifisch eigene Zierleiste. Es handelt sich um ein e vertikal angelegte, aber stets horizontal gedruckte Komposition mit Schild- und Körperornamentik, insbesondere mit einem spitzbärtigen nackten Mann und einer nackten Frauengestalt. Diese .,Zwei Körper-Leiste" taucht in dem in Durlach gedruckte Teil (Kobian) insgesamt sieben mal auf, insbesondere auch auf dem absolut sicher in Durlach ged ruckten Titel zum Dritten Teil des Alten Testaments (Abb. J), aber auch z. B. unter dem benannten König-David-Bild (Abb. XIII). Diese Zierleiste hat Kobian aber auch bei seinen dem Durlacher Bibeldruck vorangehenden kleinen Durlacher Drucken verwandt (Abb. IX u. X) . Sie scheint also wirklich eine Art Ersatz-Druckermarke zu sein ' 1. Der kleine, sozusagen verspielte Zierschnörkel aus einer herz- oder blattförmigen Figur mit versch nörkeltem Stiel (Abb . I) taucht außer auf dem Durlacher Titelblatt am Ende des Buches Hiob (ebenfa lls Durlacher Teil) noch einmal auf. Das Zeichen ist auf einem der Bibel vorangehenden Durlacher Druck eindrucksvoll variiert (Abb. X) und ist auch auf einem Hagenauer Druck Kobians aus dem Jahre 1536 zu sehen (Abb. VII) . Obwohl dieser Zierschnörkel in mannigfach variierter Form von vielen deutschen und europäischen Druckern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhu nderts benutzt wird 3:!, scheint Kobian eine besondere Vorliebe für seine dekorative Verwendung gehabt zu haben. Die spezifische Gestalt des Bibelexemplars im Pfinzgaumusettm Der Vergleich unseres Bibelexemplars mit den Exempl aren von Stuttgart und Wolfenbüttel 49 ermöglicht erstmals eine genaue Zustandsschi lderu ng des Exemplars im Pfinzgaumuseurn. Sein - Zustand ist im allgemeinen als gut zu bezeichnen. Gebunden ist es in einen einfachen Kalbs- ledereinband aus den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts. Es fehlen insgesamt 85 Seiten, die sich wie folgt au fteilen: Gesamttitelblatt und Rückseite (" Register der gantzen Bibel ") Vorrede D. Martin Luthers und leere Rückseite Das erste Buch Mose Der in Durlach gedruckte "Dritte Teil des Alten Testamentes" ist voll- ständig vorhanden . 2 Seiten 9 Seiten Seite 62 Seiten (Renaissance)-Titelblatt der Propheten (Abb. 11 ) 1 Seite und Rückseite (erste Seite der Vorrede) Seite Im Durlacher Exemplar statt dessen ein leeres Blatt (2 leere Seiten); der Druckstock für das Titelblatt der Propheten befand sich augenscheinlich in Straßbu rg; sonst ist auch dieser in Durlach gedruckte Teil vollständig vo rhanden. Titelb latt: "Dye bücher dye bey den alten ... " (Abb. IV) Seite (nach "End des Propheten Maleachi") und Rückseite ("G nad und frid dem Chris tlichen Leser") Seite Rückseite von "Bel. cvij", vor Titelblatt "das gantz New Testament" Seite (enthält Köpfls Druckermarke und den Text: "Getruckt zu Straßburg by Wolff Köpphel uff den neünden tag des H erbstmons im ja r M.D.XXIX." D ie Seite ist im Durlacher Exemplar unlösbar überklebt. Offenbarung 4 Seiten (zwischen - rechts unten - "Das xvi . Capi tel" und - rechts mitte - "Das xx. Capitel") Vorletzte Seite: .. Hie volgt das Register . .. " und Rückseite (letzte Seite): "Errata" Seite Seite 85 Seiten Handschriftliche Ei ntragungen aus der Zei t zeuge n von frühem eifrigem Studium der Bibel, augen- schein lich durch einen Theologen. Das in Durlach ged ruckte Titelblatt zum D ritten Teil des Alten Testaments weist in roter Tinte die Jahreszahl 1533 aus. Besonders der "Psalter" ist mit Unterstreichungen und Anmerkungen versehen, an seinem Schluß finden wir einen Sdmörkel mit der Jahreszahl 1540. übri gens zeigt ein Schriftvergleich der Eintragungen im Durlacher und Straßburger Bibelteil (um 1533/40), daß beide Teile sd10n von Anfang an zusammengebunden waren . Am Schluß des Buches "Esther" find et sid, ein Eintrag: "Anno 1667 hab ich die Bibell ... kauft kost Ein Reichsdaler ... " Das statt des Renaissance-Titelblatts der Propheten gesetzte leere Blatt ist vor- und rückseitig mit einer der üblichen fam il iä ren Eintragun gen (Tauf-Vermerk 1670) und Hinweisen auf Bibelstel len beschrieben. 50 Wie wir sahen, stellt uns dieser gemeinsame Straßburg-Durlacher Bibeldruck noch vor manche ungelöste Probleme. Als Zeugnis der religiösen Entwicklungen, der frühen drucktechnischen Mög- lichkeiten wie als Dokument der hei matlichen Geschichte ist er uns gleicherweise wichtig und ehrwürdig. Anmerkungen 1 Johann Daniel Schöpflin, Hi storia Zaringo Badensis. Carlsruhe 1763-1766, Bd. I!, 1764, 5.333. 2 Johann Christian Sachs, Ei nlei tung in die Geschichte der Marggravschafl und des marggräv- lichen altfürstlichen H auses Baden. Carlsruh e. II! . Teil, 1769, S. 190; IX. Teil, 1770, S. 58. 3 Julius Lampadius (d . i. Julius Leichtlen), Beiträge zur Vaterlandsgeschichte. Heidelberg 1811 , 5.50. - Siegmund Friedrich Gehres, Kleine Chronik von Durlach. Ein Beitrag zur Kunde deutscher Städte und Sitten. Karlsruhe 1824, I. Teil, S. 70 . - Woher Gehres die Bezeichnung "Hof- und Kanzlei-Buchdruckerei " hat, ist uns unbekannt. 4 Karl Gustav Fecht, Geschichte der Stadt Durlach. Heidelberg 1869. S. 243. 5 Vgl. M. Luther, Die gantze Heilige Schriffi Deudsch. Wittenberg 1545 . Nad1druck Mün- chen (Rogner & Bernhard) 1972, I. Bd., S. 77. Weitere Nachd rucke bei Köpfl 1535/ 36 und 1537/38. Letzterer bringt schon ganz Luthers übersetzung. 6 Engelbert Strobel, Ein Streifzug durch die Geschichte von Alt-Durl ach. Tei l 11. In : Badische Neueste Nachrichten . Karlsruhe. Vom 3. 11. 1961. 7 Sämtliche Inhalte dieses Abschnitts verdanke ich der grundlegenden Arbeit von Fran,ois Ritter, Histoire de )'imprimerie alsacienne aux XVc er XVIc siecles. Strasbourg-Paris 1955 (eingehend besprochen von Jean Rott, Note sur I' imprimerie Alsacienne aux XVc et XVIc siecl es. In: Revue d'Alsace. Bd. 95 (1956), S. 63 ff .) und der Arbeit von A. H anauer, Les imprimeurs de Hagenau. Straßburg 1904. - Die Arbeit von Ca rl Schmidt, Zur Geschichte der ältesten Bibliotheken und der ersten Buchdrucker zu Straßburg, Straßburg 1882 (unver- änderter Nachdruck Graz 1971 ) ist für unsere Untersuchung unergiebig, da sie mit dem Jahre 1520, das "den übergang aus dem Mittelalter und dem elsässischen streng katholischen Humanismus zur Periode der Reformation" bezeichnet, absch ließt. 8 Seltsamerweise erwähnt die grundlegende Arbeit von Ritter - Anm. 7 - KöpfIs Gesamt- bibelausagbe von 1530 nur am Rande, nämlich an läßlich ihres Illustrators Heinrich Vogtherr (a. a. 0., S. 283 ). D iese Erwähnung geschieht ohne jeden Bezug auf Kobian. 9 Vgl. Pau l Heitz und K. A. Barack, Elsässische Büchermarken . Straßburg 1892, S. XIX, XV I-XX. (Ein Exem plar im Lesesaal der Württembergischen Landesbibliothck Stuttgart.) 10 Ritter - Anm . 7 - hat augenschein lich Hanauers Forschungen mitverarheitet. In unseren Darlegungen sind die Ergebnisse beider Forscher zusammengefaßt. 11 Ritter, a. a. 0., S. 402: "Valentin Kobian etait originaire dc Durlach." Woher Ritter (der sich auch hier auf Hanauer stützt) dies wissen will , ist unbekannt. Wahrscheinlich schließt er dies 51 aus Kobians H agenauer Druckervermerk von 1524 "Veltin Durlach buchtrucker" . Sicher ist • nur, daß Kobian als selbständiger Drucker zum ersten Mal in Durlach auftaucht. Die Durla- cher Kirchenbücher, die allein Auskunft geben könnten, si nd 1689 sämtlich verbrannt. 12 Vgl. Karl Springer, Ettlinger Wasserzeichen. Ein Beitrag zur Geschichte der Papiermacherei . In: Badische H eimat, 15 Jg. (1928), S. 232 ff . Ferner: Strobel - s. Anm. 6 - und den Artikel "Medizinbücher aus Ettl ingcr Druckereien" in: Badisme Neuestc Naduichten, Karlsruhe, vom 7. 9. 1968. Die Ettlinger Drucke sollen danach auf Ettlinger Papier ged ruckt sein; Strobel behauptet dies teilweise auch für den im nächsten Kapitel näher behandelten Durlacher Druck "Annotatio" von 1530. Die Ettlinger Drucke waren: Jak. Schenk, Gerichtsordnung, 1530; Kaspar Gretter, Drey schön Psalmen .. . 23 . 8.1531; Joh. Virdung, Novus medicinae metho- dus, 1532 ; Joh. Brenz, Tractatus casuum ... matrimonialium, 1532 ; Avicenna, Quarta fen, primi de universali ratione medendi, 1531. (Quel le: Josef Benzing, Buchdruckerlexikon des 16. Jahrhunderts. Frankfurt a. M. 1952, S. 50).- Das Albgaumuseum in Ettlingen war im Besitz einiger Ettl inger Kobian-Drucke, sie sind, wie der Leiter des Museums mitteilt, vor einigen Jah ren entwendet worden . 13 Vgl. Heitz - Barack, a. a. 0., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. I, und Ritter, a. a. 0., Anm. S. 407. 14 Vgl. H eitz - Barack, a. a. 0 ., Anm. 9, S. LXVIII, Nr. 2, und ei ne Notiz S. XXXII. Es scheint so zu sein, daß di e Komposition mit zwei Schilden, von denen eines obl igatori sch die Hagenauer Rose trug, das andere das jeweilige Drucker- (oder Verleger) zeid1en, die übliche Form der Hagenauer Signete darstellt . So finden wir diese Komposition z. B. auf ei ner Titel- einfassung aus Heinrich Grans Druckerei um 1510, wo das rechte Schild ein X-förmiges Zeichen, darüber das Monogramm H. G. trägt (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher-Ornamentik der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 74). Siehe ferner Anm. 30. 15 An dieser Stelle sei dem Direktor des Städtisd1en Ard,ivs in Straßburg, Monsieur F. J. Fuchs, und dem Direktor des Archives Departementales in Straßburg, Monsieur F. J. Himl y, für freund liche Auskünfte gedankt. 16 VgI.Anm.11. 17 Vgl. Josef Rest, Die Entwicklung des Buchd rucks in Baden. In: Klimschs Druckerei-Anzeiger, Frankfurt a. M., 57 Jg. N r. 26 v. 1. 4. 1930 und Engelbert Strobel, Von alten Durlacher Druckern. In: Soweit der Turmberg grüßt, Karlsruhe, 2. Jg. Nr. 5 v. 1. 7. 1950. - Der im folgenden erwähnte Druck "Passio Christi " war 1924 im Buchhandel angeboten . 18 Sachs, a. a. O. - Anm. 2 -, IV Teil, Carlsruhe 1770, S. 95 ff. - In diesem Zusammen- hang ist interessant, was Sachs über die Beziehungen der badischen Markgrafen zu Straßburg berichtet: "Die Freundschaft, welche die Herren Markgrafen zu Baden seit langen Jahren gegen die Stadt Straßburg gezeigt hatten, veru rsachte, daß Markgraf Karl an demjenigen Anteil nahm, was zwischen derselben und ihrem Bischof vorgi ng. Der Stadtrat hatte Anno 1529 das Meßwesen in den Hauptkirchen eingestellt." Sachs berichtet dann von den jahre- langen Verhandlungen der Stadt Straßburg mit dem katholischen Bischof E rasmus und fährt fort: "Bei diesem ganzen Geschäfte wurde von den Straßburgern nichts ohne unsers Mark- grafen Rat und Gutbefi nden vorgenommen." (Sachs, a. a. 0., S. 132 f.) 52 19 a. a. O. - Anm. 18 -, S. 10,17,22 f., 56. Ferner: J. Chr. Sachs, Auszug aus der Geschichte der Markgrafschaft und des markg räflichen altfürstlichen H auses Baden, Carlsruhe 1776, S. 85. - Durlach kam erst nach dem Ableben Markgraf Philipps (Baden-Badische Linie) 1533 zur Pforzheimischen oder Durlachischen Linie. - Vgl. Karl Fried rich Vierordt, Ge- schichte der evangelischen Kirche in dem Groß herzogturn Baden, Karlsruhe 1847, Bd. I, S. 243. 20 Adolf Wolfhard, Aus Durlachs Vergangenheit. In: Evangelischer Bundesbote. Karlsruhe, Jg. 1928, Nr. 8/9, S. 4. - Den Gesamtzusammenhang der badischen Reformationsgeschichte beleuchtet Ernst Walter Zeeden, Klein e Rcformationsgeschichte von Baden-Durlach und Kur- pfalz. Karlsruhe 1956 (hier insbesondere S. 20 ff.). 2 1 Titel: "Christi ichs Bedencken und erheb liche wolfund irte Moti ven deß Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn / Herrn Ernst Friderichen Markgraven zu Baden und Hochberg / ... Welche ihre Fürst. Gn. biß dahero von der Subscription der Formulae Con- cordiae abgehalten / auch nachmaln / dieselbige zu underschreiben / bedencken haben. Samt ihre F. G. Confession und Bekandrnuß über etliche von den Evangelischen Theologen erweckte strittige Artickel. An den Durchleuchtigen Hochgebornen Fü rsten und Herrn / Sei ner F. G. geliebten Herrn Brödern und Gevattern / Herrn Georg Friderichen / Markgrafen zu Baden und Hochberg / . .. Ausser den / in Ihrer F. G. vorhero gesetzem schreiben / oder Epistel / an statt der Pracfation / ei ngewendten Ursachen / getreuer Brüderlicher wohlmeinung / selbsten verfast / und in Truck verfertigt. Getruckt in Ihrer F. G. Schloß Staffort Durch Bernhardt Albin M.D.XCIX." - Im selben Jahr erschien in Staffort ei ne kleinere Ausgabe dieses Buches zum Gebrauch in der Schullehre, deren Satz, abgesehen vom Titel, vorangestelltem Edikt und Paginierung sich buchstäblich mit S. 359-555 der größeren Ausgabe deckt (vgl. Lautenschla- ger, Bibliographie der badischen Geschichte. Bd. H , 1, Karlsruhe 1933, S. 37, Nr. 9572 . Und: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 18. Bd., Leipzig 1906, S. 744 f.). - Der Markgraf hatte den Speyerer Drucker Bernhardt Albin, Calvinist und bedeutendster Speyerer Drucker im 16. Jahrhundert, eigens nach Staffort kommen lassen. - Staffort liegt nörd lich von Karlsruhe, gehört jetzt zur Großgemeinde Stutenscc. Das Schloß wurde 1689 völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Markgraf Ernst Friedridl weilte häufig zu länge- rem oder kürzerem Aufenha lt dort. - Literatur: Sachs, a. a. 0., Anm. 18, S. 252 ff.; Sachs, Auszug, a. a. 0., Anm. 19, S. 99; Gehres, a. a. 0 ., Anm. 3, 2. Teil, S. 95; Karl Friedrich Vierordt, a. a. 0., Anm. 19, Tr. Bd. Karlsruhe 1856, S. 32 ff.; Fecht, a. a. 0., Anm. 4, S. 251 (Titel des "Stafforter Buches" ist fa lsch wiedergegeben); Die Kunstdenkmäler Badens, IX. Bd., 5. Abteil.: Karlsruhe Land (bearb. v. Lacroix, Hirschfeld, Paeseler), Karlsruhe 1937, S. 197. Emi l Strauß hat den Widerstand der Pforzheimer Bürger gegen das kalvinistische Engage- ment Ernst Friedrichs in seinem 1912 erschienenen Roman "Der nackte Mann" behandelt. 22 Titel: "Bi blia ... Teutsch Doct. Mart. Luther. Auff gnädigste Vero rdnung und Vorschub der durchlauchtigsten Fürstin Frauen Augustae Mariae Marggräfin zu Baden und Hochberg. Basel 1698 bei Joh. Jak. Battier." Literatur: Hans Rott, Kunst und Künstler am Baden-Durlacher 53 Hof bis zur Gründung Karlsruhes. Karlsruhe 1917, S. 141. F 23 Der Druck soll in der Vatikan-Bibliothek in Rom vorhanden sem. Vgl. Benzing, a. a. 0 ., Anm. 12, S. 43 u. 5 . 7. - Der zweitgenan nte Druck .,Annotatio" stand uns in einem seltenen Exempla r der Stadtbibliothek Trier zur Verfügung, wofür wir H errn Bibliotheksdirektor Dr. Laufner, Trier, zu Dank verpflidltct sind. (Ein Exemplar war 1927 im Antiquariat an- geboten.) - In dieser Geschichtschronik heißt es unter der Jahreszahl 1222: "Conradus Fridcrici primi Cesaris frater occisus in Du rlach oppidu lo, prope Lueshardum si luam, ob adu lterium, dum proficiscitur contra Zeringeses." Unter 1230: "Rudolphus Habspurgen . Alsatiae dominus Durlachum, Mulbergum ac Baden cepit, turrim Durlacensem destruxit." Unter 1519 : "Pestis admodum sevit, ur a Pasce festo uscß Martini in Durlarn mille ceorum, & apud Ettlingen Sesquimille emigrarent." Der Verfasser (oder Kobian) hat also in weltge- schichtlichem Zusammenhang der Druckerstadt Durlach gebührende Reverenz erwiesen. Unter 1524 vermerkt er auch die von uns schon berichtete Intervention des Markgrafen Ernst zugu nsten der Kenzingcr Lutheraner. - Im ganzen handelt es sich um ein Kompositum aus weltgeschichtlichen und provinziellen Daten. 24 Die "Durlacher Bibel" ist in Stuttgart (Württembergische Landesbibliothek), Wolfenbüttel (Herzog-August-B ibliothek) und Wernigerode als Gesamtexemplar vorhanden . Die Bayerische Staatsbibliothek München hat ihr Exemplar durch Kriegseinwirkung verloren, die Schloß- bibliothek Maihingen (FürstI. Bibliothek Harburg) hat ihr Exemplar 1934 verkauft. Für die freu ndl iche Vermittlun g in die Einsichtnahme des Stuttgarter und Wolfenbütteler Exemplars sowie des in Stuttgart vorhandenen Nachdrucks von 1530/32, sind wir dem Leiter der Badi- schen Landesbibliothek Karlsruhe, Bibliotheksdirektor Dr. Elmar Mittler, zu Dank verbun- den . 25 Ritter, a. a. 0., Anm. 7, S. 283. 26 Diese wie die folgenden Angaben sind - nach Überprüfung - folgender maßgeblichen Quelle entnommen: P. Pietsch, Bibliographie der deutschen Bibel Luthers. Nr. 146. In: M. Luther, Deutsche Bibel. Bd. 2, 1909, S. 472 u. S.490/500. Wir ergänzen diese Angaben später durch spezielle Hinweise auf die Druckermarken Kobians und auf das Bibelexemplar des Pfinzgaumuseums. 27 Erinnert sei auch an die bei den Schlangenleiber in der Druckermarke Wolf KöpfIs. 28 Derselbe Druckstock ist auf einem Corvinus-Druck KöpfIs aus dem Jahre 1540 für Sankt Andreas wiederverwendet, das Attribut ist hier das Kreuz mit schräggestelltem Balken (vgl. Ritter, a. a. 0 ., Anm. 7, S. 241). 29 z. B. mit den Arbeiten von Geoffroy Tory in Paris um 1536 (vgl. A. F. Butsch, Die Bücher- Ornamentik der Renaissance. Leipzig 1878, Tafel 97). 30 Es war üblich, daß ein Drucker, der im Auftrag ("auß Verlegung") druckte, keine eigene J!1ruekermarke benutzte, sondern dem betreffenden Werk das Signet des Auftraggebers mit- g~b. So zeigte z. B. der Straßburger Drucker Matthias Schürer, der für die Brüder Atlantsee in Wien druckte, in diesen Büchern nur das schöne Atlantsee-Wappen) nicht das Schürersmc Wappen mit der Garbe (vgl. auch Anm. 14). 54 55 31 Im ganzen in Straßburg ged ruckten Bibelteil taucht diese Zierleiste nur dreimal auf (Neues Testament, Episteln St. Pauli u. St. Johannis). Es ist zu vermuten, daß dieser Teil auch in Durlach ged ruckt wurde. Unsere These wi rd gestützt durch die Einsicht in den Straßburger Nachdruck von 1530/ 32, der ohne Kobians Mitwirkung bei Wolf Köpfl erschien. In dieser Neuauflage, die im übrigen im ganzen nicht mehr so reich illustriert ist wie die Erstausgabe (es fehlen Holbeins Holzschnitte zur Offenbarung; dafür ist als Titelblatt für das Neue Testa- ment die Renaissance-Umrahmung der Erstausgabe - Abb. II - übernommen) taucht weder di e spezielle Zierleiste noch der besagte Zierschnörkel auch nur einmal auf. 32 z. B. bei dem Straßburger Drucker Christian Egenolph, dem Mainzer Peter Schöffer oder dem Franzosen Jean de Tournes. - Das Exemplar des Pfinzgaumuseums wurde wohl beim späte- ren Einband beschnitten, ebenso wie die Exemplare in Stuttgart und Wolfenbüttel. Einer Seiten höhe von 25,5 cm (Exempla r Pfinzgaumuseum) steht eine Seitenhöhe von 28 cm (Exemplar Stuttgart der Neuauflage 1530/32) gegenüber. Dagegen erwähnt Schöpflin 1764 (a. a. 0., Anm. 1) ein Durlacher Exempla r in Quartformat aus der nach Basel geretteten Baden-Durlachischen Bibliothek. ... .' : , , ; ... I . ' .. ; : ". J)lop~(tdl ~lUc groß 6nb fkitt. J.Ja~u Urcr~tQ Gar fU! <tnitrdil. ~ ~IOi~lr blr I})!Op~tltn. f<) ' "'f (JI(aia Jncmla 11111 • LJr~totitl ~anlll f<)it IlI>öltf flrplI/n I})lop~tlCn f. J.Jorta. ~il. O1~~um. ij. Jo~d. \)iij J)abafuf iJj. :2Ionoe. ir. @<vI/ania 'ili; .o6.1bia. r. J)aßoai. ]"olla. rj. 6rdlaiia rolidia. ril. ~aladii. , .. -)./ # .', ' 1"'".1. 1 ' '., I • • ' .,', . ,,' jJ '" l( il 'I,t 'O lpll(il l!J..U'~J U 9 "JJ °tlU O C ·'I'OOttcr 'J ' t I ~ "!1J1IiJd>e 'J, .... ,1.'; Jnl"q.C ( I". 'p~oC . _ ~ . _ 'wngotcl '1.1' " ')0 (( 'I 1~ ;C1I'~ W I,qclo'({, ",uam M I!"" 1)(3' ;t~ \ : ?'W " , ~ P)J"9 '(1 '1111 lI'" """,uC .).j'C J ... . '" "'''ljdo:\t> 1lQ 1l~)O'lG liO 'IlJIJ'PIX tUl ,.0 # l''')n nv.Ci 'U Pij ~U9 ~O.l!3 lJl).cs !P"AdOt{f ,p)I<I,"O ) IJlQ ung ~l"" UIllI~lj UlQ "9 0 IJU l)"!)) 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VII • p2166JO Ab'Vb41t'l mcc(~ 4:Q,1t'}S'l1 co 'Vannfo nie ArAtA t·. VIII tepn ~egimett( ~ie tlt(tn fic(j ~~ Dfr \neUt1'ln W(age/ ~" ~ngfifcf1c ~t1'd& aenant/6tt1'artn. C:Unnb f~ man Da tnit "griffen~irtl Dannn ~a("n foUl ~urdi~uriw um~o~ euml ~"arl1Rtt1 tf)Otff, rfm "nb (})~fell'omn . ,1\ Wlafgpuf6. t I I' a, . " IX • • • • 7 ilnnorario (eu BREVIARlV-M RERVM MEMO~ " b11iumac magis "inngruuma nato CHRISTO ufqucad noltra cemporagcijarum.Expro batiffimis hillorioe graphit Indu ,.;.. . • ,.Qo ftrie(c ,,Plffn /~,"t~ !!:..t"'~'''f ./ .P, I~. ~u~ ---~ OpIculum ftotrum, er antefaat, DIlftt in lucem ~tum. LI" J2-.j,iA g Q 0 ':01"11 " cS'rpa -,..4tJJ ~ ~l; ,j"::' '3 t c;~.~ ü " • 1C)' - J. ~ TurreIacl per Vafflltinum - Kobian, An: • r JO. x ~aG ~)eiiifter ii6erbie~"~ d2er\)ifcG t~ep(6. . rI 1 JJorua• • I[ .!Die IXidittr. 1Il \XUf~. '" J III[ L""dlf: E3amud • .{ja$lV J"'" 11.!Dit ,UniBi VI ~~!oni'a. Vll <&f~tr. Vlll .Erra$ vIi \1lt~tmj41 M. D. XXX, • XI .. ~a6~n~g;icb. _ ii . rnadill fldi DtemOlgme fra aufT~.l OvfT« It b.dOovffcrtnadi i~!a(ftr ;.'/~tii.f,Jio~ Q) gtOadilt/ m,ine fÖnt m~dilfllge("nDietl! 1In0 Dfn~mn gt('Ontt ~abtn inl~ltm ~q: qen.~Wo I~rt J)iob aUt taßt • .E~6eßa&fldi a6er anfT t~nCtag/Da Dt~ finDe r Q!Otlt, tamm MnD für Dm RERRf!! I",um/tam D,r6atd and) ~nDerflt.~q: HERRa&cr (p'adi.u Dem 6alan/ll'0 tüp~ bu ~cr'6atan anltl>OllU Dem HERREN bR fp,at!ilJdi ~ab im fanO bm6~er .ogrn ~R 6~n ~erDlIrlf1 jogrnn. ~er HERR (p"'di;~ 6atan/.f,Jafr Ou nidit adil 9~61 auff llIti nm fnedit .f,Jio&, ~rnn reifr ('in gftidie nidil im fanD'/(dif'dir ~nDrcdif/90ttf~'di tiß ~nD m,tDu Oaß 60(e. 6arall anrWOlfte Dem HERREN ~nnD (pI4di/ ro?t~nfr Du Daß .f,Jio6 bm6 fUnfr <!loft (o'ditrt' .f,Jafr 01. bodi i~n/ fein flallv~nnD affte wae ,r ~al/ rin9hm6~"~ml>art/ ou ~fr Dem ",erd fein.fl ~rnOt9'f'9nef/\,"Dfrin 06r ~.I ndi aa~!tVfltl im fanO,/<lI&crml"brin, ~dO auv ~nnb rafr' an olfe~ wae er ~afl "'a5 gifbfO/rr wirt bidi ine ongrfldil fe9f·~,r HERRE f",odi!IA 6at.n/ 6i~e/ allt&wae -.! tr ~.f/f'v in Deintr ~,lbf/ on aUevn an ;~II ftfbe fege Oein, ~,lbt nidit.~a 9irnO 6!V lan auv \'on btln HERREN. . ~ae raoeea6cr Da ftint (ont ~nD radi' malTen ~nnD rrunden Ivrill in i~,e6 &:Ö' . Dr.re~au(t btHlflfl farn tvn 601r;1i J,Jio6 man lm ~IID fp,adil ~it rinDrrp/l'ugtftn NIIID Die fanOt<:lOIJ.Dtr&i,& tfdvnnen oi,"gtnne6mi~n an berwIV> . ,. gOUfoUig .~I/ Dalldrn bit auv ffidi 21r06io ~mvnl \,"nb namtll flt ~nnD fdifügtfl Diefna6tll mir.DII fdicrpfTt Dte fdin'erDIP/\'nb id! bIll 'amldl f'Önfrbil alftvn tnrrunen/bae icf) Dite anfagtt/~4 Dtrnv.di rtDtf/fam tvn anDcrbnnb fp:adjt al? baeftf\!! ~rtte fit! bom ~piitd/MnDwf' . b:.nDI (diaff~nbfna6m ~nD wrltlet fltt madi .~nD icf)6vlI affr~n tnlrUnntnl bae idj biro auff allfa9tl .. ~a Du nodi "betl fam rvnirl1~ .!D .N ..... "· '" jpladil ~(c .!:~afDttrrnadilmC:tp Wi~fJ r,~;~~~i~~i!~i~t;;::!~:~ ~b G6ufitfm bi,'amttl~nb fdjfltgtn Oie 'na6en mil ber fclitrpfli Dff fdi"'trDe lbtl~ 1>4 ijfi5vn ,,"tPII II\tfIInnmlbae idi birean(q <lI~'; .. .{ XII i :](rum6 t06m bit .(Jtvbtn / bnb :]( g bie ledu rc~f(o btrge6lidi. ~ie g(d)id). tünige i", IdOl II~ntn fidi duff/ 4.b \)110 biera~tQmn ratQ(dilagm mil IVtlallDer t<;llliOer o,n.(J ~\X \X 01 \)110 (<inm o,(ollictm. ÜPI bns ItlrtifTcn t~" 60nO<l MIIO \lon bnne 11>""'10 tQ!t rlvl'. :<I6tr Dir im QuollI 1I>0nlt lI>irt ;~!laditnl bnnO Ocr J)~\X\X lI>irN ;Ql!pomn. ~a f.!) "'irN er mit iQ" rcOlO in (tint'" lomlMO nlit rein,,,, grvtu roirOt er fi t (di:rcfcn. ~6er icfl 1/06' mlillen rwnig 'v"~,(e~ C/ auff\l1einen Ilcvlig," 6crg;;l ton. Jd) lI>il \lonOC\l1 ßfat! p"Oi9,"/~"SOer .(J~\X<;)( ~,b". ;u \I1irgcfaot Qat/ ~16 iflm'illfoll l [!rntll •. b~ ~g6 iW DicfWitÜQet • . J)ev/fcf1' IJon mirl ~ fo !uill ilt)bir b" J) evom ;um erDe ge6wI ~!.,td;' \)110 Der "'c((t cnOqtim tligtlulj ll mo • .€lu (olt fie mit b,m eife," i'pt., j('(d/laoml wie eVll6 topffm ocf'('\ foftu fie jii(dim'i(' ("'. S o fdll1" fl ngil/! fun ' \i e/ \lnblagl eucf) ; tiO)II9W ill! ricf)ter il\l lallO" .€lit' CD fftn. 1IC1 bellt J) o!:\XOX'V ' mil fo: cf)I/MI fmu't b~ . , . ~. rlld} mir 5iucrn· .iüffcn btttllt' b4& (r tln,19' ( . "icf)t lür.c l\li! j1i! brn II>tg\llrlirret. ~C!i (beln bcr ItIC~t fcin jO:1I ",irt 6al0 an6!rnnrn/a6t1wol al' r.tQ btrGou' fm bie aufft~ trawCll. tritt a"ff bm ~ iii I"ccf) fir.1 ~ GoI '" . ~ b Oill'ootl'rr/iqm ec~. ~",pn').'!l" m ",-,a~" I o,r ~'IIIfLuu.SCji\!b~.b:~ tlodi für (rinen (on ;:Y6(,tl011 • ~~fcinau.ß'l'~ 1119 »llb natfi' 11.{:l HERR/tIlicifl meiner f"mbt ro :]( ~I\lItDlrtillll>i"vn 6aum g'pt!ant,1 \lid / \lnO f,~rn fi di (0 .itlll>iOtr ~f~r 6ccfitnn I ~I reine fulll" ._ mief). <:Vi!1 fa gm ~on m,illrr 2!. r. . 1ll;tI1l / (Ul1I\b (Iint 6lttt.o" ftll/ -ir ~.I f,v"e Quljf, b~v G~tI, 6da. ~'~n~ "!"'rn "I~trmdcf!lll\l~ waHr fdiafft ~r ~u HERR 6i~ ~ fdi llt fur midi I bil'er • .r,. ~',~m glhnO"'. ~6tr (0 II>trOf6 ~'" midi IUIQIC f"!tI\l!i mciE f},ti614ufliidil. • i>: Iieren Illdit oeQtn/ec.n~'rt1 wir Ocr Jdi lI>illmit /II,intr flvm btn HERRN an' ~"' DitOrrl~lI\or Utr/lrIUtl. ~arum6 tllff,n /So noirt rrmief) trf}a:t" bo (,i "tm ... ~n ~It GoUlo(tn Im gtrid/lnidil fit' ~tVlig," ['erg,.SlIa. Jdi "'gM fdilielfl .. "illlitn/nodibif {RnOn in OtrgtlllfP' uii 6in ,rwatlil/~il~HER.R /l1I!}1I1 mief1. c .E.{. iiit .. ' XIII . f~U ~5~i~~f;::~~i!: IW'Mig/l,n tag Cfe /ftlßlfftrn mona"/~as .EntlIDIrrobildjbtr'tinig ~on <;!lo&rr I (.11 /or .'6rr tDnig warbl ba6 ~aupl JOi •• tim bt6 "ni96 in JUbiI rr~ti6 /.nnb (tU' !Xrilf 4ulfbtm trQblltpn, n,unqisor" granafaffet! I~n au§b,r 9'fdncfnti6 au§ fi" ~nn~ rlb" im fl',untlidj ;tl/~nnb r.q, (,in'R • 1~lon ~6,r oll, 1~16n~rr 'IV nig,n bi'6,pim/a <;!la6rlftlar'n/I>nb rr ~,rdnbrrt im bit '('V~~ g'fdncfnti6b.l trn~6 alllltgfrtnlt6,n lan9 ~I im b.l (tin vfrilO """biIllC<l91i<fl ~on ot fünlg aUf <;!la6t! ge 6~rtallt lag (0 M tr btOolfft ftin Itbt 'al1g. !Cltltbc beG Pl(\P~Cf tcn~ct'c mia. tl il • • XIV Eva Zinunermann Zwei spätgotische Bildwerke aus Wössingen Im Gegensatz zu den immer noch reichen Beständen des Breisgaus an spätgotischer Plast ik haben sich in unserer Gegend nur wen ige Skulpturen aus dieser Zeit erhalten. Um so größer wa r die Überraschung, als an läßlich der Neuein ridltung des Pfinzgaumuseums zwei aus Wössingen stam- mende Figuren dieser Epoche, eine Madonna und ein männlicher Heiliger, ans Licht kamen, die mit besonderer Sorgfalt geschnitzt sind '. Leider tragen die Bildwerke schwere Schäden: beiden si nd die Hände sowie die Nase bzw. Nasenspitze abgeschlagen; mit den Händen hat der Heilige seine Attribute, hat die Maria ihr Kind verloren. Dies si nd typische Wunden, w ie sie ein Bi lder- stürmer den ihm verhaßten Idol en zuzufügen pflegte. Fragen wir, wann das geschah, stellt sich ganz a llgemein die Frage nach der Geschichte der Bildwerke. Ehe sie im April 1893 in die dama- lige Großherzogliche Sammlung vaterländischer Altertümer kamen, befanden sich die Figuren im Rathaus von Wössingen. Ein hl. Sebastian und eine weibliche Heilige, die heute verschollen si nd, gehörten noch dazu:!. Es hieß damals, daß die vier Bildwerke aus einer der zwei früheren Kirchen von Wöss ingen sta mmten 3. Diese Angabe läßt sich heute genauer fassen: die Figuren müssen vom Hochaltarsch rein der Kirche zu Unterwössingen herrühren, für den sie am Ausgang des 15. Jahrhunderts, also noch vor der Reformation, geschaffen wurden. Der Ort, der ursprüng- lich in Unter- und Oberwössingen getrennt war, gehörte zur Markgrafschaft Baden; nach den im 16. Jahrhundert erfolgten Erbteil ungen kam er zur Linie Baden-Durlach. Das bedeutet, daß spätestens mit der Kirchenordnung von 1556 U nter- und Oberwössingen evangelisch geworden si nd . Welche Patrozinien die Kirchen in den beiden Ortsteilen zur katholischen Zeit besaßen, ist nicht bekannt; doch wissen wi r, daß zu Unterwössingen eine Kaplanei St. Katharina und eine Kapla nei St. Wendelin gehörten '. Wendel in ist nun auch die Benennung, die w ir aufgr und der ikonographischen Untersuchung unserer männlichen Figur geben müssen. Trotz der Verstümmelung lassen sich die Attribute dieses Heiligen erkennen : der jetzt kopflose Schäferhund, der auf der rechten Seite des Man- nes hockt, vo rne am Sockel der Ansatzpunkt der Hirtenkeule, die der Heilige in der Linken gehalten hat, und schließlich auf der linken Seite ein ebenfalls als Attribut gedachtes, min iatur- haft klein es Felsengebi rge mit buschigen Bäumen und zwei kopflosen Tieren, die wohl Schaf und Schwein darstellten. Wendel in war ei n iroschottischer Königssoh n, der auf den Thron verzichtet hatte und nach einer Rom-Wallfahrt bei Trier ein Einsiedlerleben führte. Er hütete die Tiere eines Edelmannes und pflegte die Herde zu einem weit entfernten Berg, dem heutigen St. Wendel, zu treiben, wo er betete. Darüber geriet der Edelmann in Zorn, weil er glaubte, daß die Tiere nicht mehr rechtzeitig heimkehren würden, was aber wunderbarerweise doch geschah. Wendclin wurde 69 später Abt des Klosters Tholey. Sein Grab fand er auf jenem Berg, zu dem er so oft zum Beten .. HI. Wendelin aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt. gezogen war. Vielleicht soll das kleine Felsmassiv zu Füßen unserer Figur eben diesen Berg andeu- ten. Die besondere Kleidung des Heiligen: über violettem Gewand trägt er eine rote Pelerine mit Kapuze und einen breitkrempigen roten Hut (kann sowohl Pilger- wie Hirtentracht sein); nur wenn sich auf der jetzt abgeschlagenen vorderen Hutkrempe eine Muschel, das typische mittel- alterliche Pilgerabzeichen, befand, war eindeutig das Pilgergewand gemeint. Als Schutzpatron des Viehs war Wendelin im späten Mittelalter ei n viel verehrter, volkstümlicher Heiliger, der in der spätgotischen Kunst oft dargestellt wurde, so z. B. nicht weit von Wössingen in dem 1523 datierten Beiertheimer Altar 5. Dadurch, daß glücklicherweise St. Wendelin als Patron der einen Kaplanei in Unterwössingen überliefert ist, läßt sich die Kirche dieses Ortsteiles als ursprünglicher Standort unserer Figuren bestimmen. Die Größe der Bildwerke - die Muttergottes ist immerhin 114,5 cm hoch - legt es nahe, in ihnen die Reste des Hochaltarretabels zu sehen. Wenn die beiden verschollenen Figuren, Sebastian und eine weibliche Heilige, auch dazu gehörten - wofür die übereinstimmenden Maße sprechen -, müßten wir aus Gründen der Symmetrie sogar einen stattlichen, mit fü nf Bildwerken gefüllten Altarschrein annehmen: ZU Seiten der Madonna standen dann je zwei Figuren. Die Ver- stümmelung der Skulpturen geht wahrscheinlich auf die Reformationszeit zurück. Danach mögen die Figuren auf dem Kirchenspeicher verschwunden sein . Vielleicht hat man sie erst wiederent- deckt, a ls nach dem Neubau einer Kirche für ganz Wössingen, die 1821-1822 nach dem Entwurf Weinbrenners entstand, die beiden alten Gotteshäuser abgerissen wurden. Reste einer steingrauen Bemalung, die über den jetzt freigelegten Spuren original er Fassung lag, sprechen dafür, daß man die Figuren im 19. Jahrhundert "aufgefrischt" hat. Trotz aller Beschädigungen, trotz des weitgehenden Verlustes der ursprünglichen Fassung, die den Bildwerken etwas Leuchtendes gegeben hatte - während wir heute den stumpfen dunklen Holzton sehen -, ist noch so viel künstlerische Substanz vorhanden, daß wir die Leistung des Schnitzers zu erkennen vermögen. Beide Skulpturen stehen auf hohen mitgeschnitzten Architektursockeln, wobei derjenige der Maria durch reichere Profilierung ausgezeichnet ist. Auch die Körperhaltung entspricht sich hi er und dort : mit leichtem Tritt ist das unbelastete rechte Bein, das "Spiel"bein, vorgeste ll t, auf der Gegenseite schwingt die Hüfte aus, die Schulter folgt dieser Schrägstellung, d. h. die rechte Schulter hängt herab, doch der Kopf ist wieder aufgerichtet, beim Wendelin sogar der erhöhten Schulter zugeneigt. Dadurch ergibt sich ein Aufbau in schwingender gotischer S-Linie, der alle gewichtigen ruhenden Horizontalen meidet. Bei der Madonna als der Hauptfigur ist die Schwin- gung stärker ausgeprägt; durch die Neigung des Oberkörpers nach rückwärts - a ls Gegenbewe- gung zu dem ehemals vorne auf dem link en Arm sitzenden Kind - gew innt sie auch noch an räumlicher Tiefe. Das ruhige Antlitz der Maria mit dem nur eben angedeuteten Lächeln in den Mundwinkeln war ursprünglich wohl als stilles Gegenbild zum Christkind gedacht, das die Spätgotik quirlig-bewegt - wie ein richtiges Kind - darzustellen pflegte. Der H eilige dagegen zeigt die Vorliebe der Zeit 71 für ed le Charakterköpfe von schmerzlich-bewegtem Ausdruck . Scheinbar bildnisgetreu in der • Madonna aus Wössingen, vermutlich Straßburger Arbeit, Ende 15. Jhdt. genauen Wiedergabe der Einzelheiten, jeder Runzel, jeder Locke, ordnen sich die Formen doch nach dem Gesetz künstlerischer Ebenmäßigkeit ; auch der Ausdruck bleibt verhalten im Sinne spätmi ttelalterlicher Frömmigkeit. Die Gewänder sind auffallend knittrig. Dies gilt wieder für die Marienfigur in besonderem Maße: nach dem weitgehenden Verlust der Fassung mit ihren sondernden Farben ist es oft schwer zu unterscheiden, was Kleid, was Kopftueh, was Mantelfutter, was Außenseite des Mantels ist . Der Blick schräg von der Seite zeigt, wie auch hier die Gewandgebung nicht abgerundet, sondern die Tiefe räumlich zu staffeln versucht. Maria trägt ein eng tailliertes blaues Kleid mit Pelzbesatz am Hals, wie es zu Ende des 15. Jahrhunderts Mode war, darüber einen goldenen, rotgefütter- ten Mantel, d. h. eigentlich ei n loses Tuch, das unter den Ellenbogen hochgenommen ist und dessen ei ne Bahn quer über den Leib gezogen ist, so daß sie vorn e den Unterkörper deckt. Offen herabfallendes Haar, Schleier und Kronreif kennzeichnen die Gestalt a ls die jungfräuliche Him- melskönigin; der Mond zu ihren Füßen ist das Attribut des apokalyptischen Weibes (Offenba- rung 12, 1), das von der mittelalterlichen Theologie seit dem 12. Jahrhundert oft mit Maria gleichgesetzt wurde. Gerade bei diesen Motiven zeigt sich die Lust des Künstlers an ein er kompli- zierten Verknüpfung der Formen: der Schleier deckt nicht nur das Haupt der Mutter, sondern diente mit sei nem Ende auch als Unterlage für das - sicher nackt dargestellte - Kind; und die Mond- sichel muß sich gleich in zwei Kleidungsstücken - Rocksaum und Mantelsaum - verfangen. Auch der Schäferhund des Wendel in ist halb vom Mantel des Heiligen verdeckt. Beide Figuren tragen spitze Schuhe, wie sie nach dem Jahr 1500 nidn mehr Mode waren. Die nächstverwandten Skulpturen - auch sie heute Eigentum des Badischen Landesmuseums - stammen aus der Kirche von Knielingen, ebenfalls einem altbadischen Ort, welcher zum Gebiet der protestantischen Durlacher Linie zählte ' . Die ursprüngliche Aufstellung der Knielinger Figu- ren läßt sid, nicht mehr mit Sicherheit bestimmen. Vielleicht stand das große Vesperbi ld in der Mitte des Hochaltarschreins und die Anna Selbdritt ebenda als Seitenfigur, während die kniende Maria Magdalena zur Kreuzigung im Gesprenge gehörte. Oder es handelte sich um einen Kreuzaltar mit der Kreuzigungsgruppe im Schrein; in diesem Fall wäre zumindest das Vesper- bild a ls isoliert aufgestelltes Andachtsbild zu denken . Obwohl durch den Holzwurm hier viel von der Oberfläche zerstört wurde, lassen sich Gemeinsamkeiten mit den Wöss inger Figuren er- kennen: die Gesichter mit den tiefliegenden Augäpfeln, den scharf umrissenen, schweren Ober- lidern, die Bildung des Halses bei der Wössinger Madonna und der Maria des Vesperbildes, die fei ne knittrige Behandlung der Binnenfalten, überhaupt die genaue Ausarbeitung der Einzel- fo rmen, und schl ießlich die Bändigung dieser kleinteiligen Unruhe durch den geschlossenen Umriß . Wir sehen uns hier der Spätform eines Stiles gegenüber, der den großen, oft versch lun genen, aber immer räumlich aufgelockerten Faltenwurf schätzte, der Gestalt und Gewand gerne vonein- ander zu lösen versuchte, um dadurch ein reiches Gegenspiel ihrer Formen zu erzeugen (Da ngols- heimer Maria im Museum Berlin-Dahlem, Hochaltar der Nördlinger Georgskirche). Doch jetzt sind aus der ehemals großzügigen Faltenfülle kleine scharfkantige Splitterformen, aus den 73 Raumtiefen zwischen Mantel lind Körper schmale Schluchten geworden. Neu ist, daß nun der Kopf des hl. Wendclin Vesperbild aus Knielingen, vermutlich Straßburger Werkstatt, um 1500 • Umriß die räumliche Bewegung zusammen faßt, wodurch die bildhaft-flächige Ansicht der Skulp- tur betont wird. Bei den Knielinger Figuren - vor allem bei der Anna Se1bdritt - ist darüber hinaus auch ein Flacherwerden der einzelnen Motive festzustellen . Sie dürften deshalb etwas später als die Wössinger - schon um die Jahrhundertwende - entstanden sein. Doch sonst ist vom Neuen der Renaissance-Zeit noch nichts zu spüren. Seinem Ursprung nach ist dieser Stil straßburgisch. Das spricht dafür, daß die Wössinger und Knielinger Bildwerke aus einer bisher nicht mit Meisternamen belegbaren Straßburger Werkstatt stammen; auch andernorts in der Markgrafsdtaft, in Baden-Baden, Oos und Beiertheirn, hat man sich damals Altäre in diesem Hauptort spätgotischer Schnitzerkunst bestellt. Anmerkungen 1 Bei diesen Figuren handelt es sich um Dauerleihgaben des Badischen Landesmuseums, die sich seit 1924 im Pfinzgaumuseum befinden . - Maria, Höhe mit Sockel 114,5 em, Inv.-Nr. C 6704; hl. Wendelin, Höhe mit Sockel 104,5 em, Inv.-Nr. C 6706; beide aus Lindenholz, dreiviertelrund, rückseitig ausgehöhlt. Herr Restaurator Anton Rommel hat die Figuren im Sommer 1975 von übermalungen befreit und gereinigt. 2 Hl. Sebastian, Höhe 110 em, Inv.-Nr. C 6703; weibliche Heilige, Höhe 111 em, Inv.-Nr. C 6705 . 3 Die Kunstdenkmäler des Großherzogturns Baden, -Bd. IX, 1, Kreis Karlsruhe, Amtsbezirk Bretten, Tübingen 1913, S. 162 ff. erwähnt die Figuren nicht. Für Auskünfte und Hi lfe bin ich Herrn OttO Bickel, Herrn Dr. Hans Huth, Herrn Dr. Hermann Rückleben, Herrn und Frau Pfarrer Hans-Ulrich Schulz und Herrn Dr. Hans Martin Schwarzmaier zu Dank ver- pflichtet. 4 Wössingen im Wandel der Zeit, 1971, S. 69. 5 Ausstellungskatalog Spätgotik am Oberrhein, Meisterwerke der Plastik und des Kunsthand- werks 1450-1530, Badisches Landesmuseum, Karlsruhe 1970, Nr. 147-152, Abb. 130. 6 Alle drei Figuren aus Lindenholz, Fassung abgelaugt. Vesperbi ld Höhe 106,5 em, untere Breite 53 em, Inv.-Nr. C 1993; Anna Selbdritt, Höhe 112 em, Inv.-Nr. C 1996; Maria Mag- dalena, Höhe 70,5 em, Inv.-Nr. C 1992. Nähere Angaben bei A. v. Schneider, Die plastischen Bi ldwerke, Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseum, Karlsruhe 1938, Nr. 90-92, Taf. 44-46, und bei Spätgotik am Oberrhein (Anm. 5), Nr. 112-113, Abb. 104. Aus Knie- lingen stammten außerdem die heute verschollenen Figuren: Christus am Olberg, Holz, Höhe 68 em, Inv.-Nr. C 1994, und ein Holzrelief mit männlicher Figur, Höhe 70 em, Inv.-Nr. C 1995; der Zusammenhang dieser bei den mit den drei hier behandelten Figuren ist unklar. Laut Inschrift am Westturm wurde der spät gotische Bau der Knielinger Kirche 1480 begonnen (siehe: Die Kunstdenkmäler Badens, Bd. IX, 5, Karlsruhe-Land. Karlsruhe 1937, S. 157). 76 Ernst Schneider Durlach im Wandel der Jahrhunderte Im Uf- und Pfinzgau lassen sich sei t der Mitte des 12. Jahrhu nd ertS die Sta ufer nachweisen. Sie konnten in diesem Raum vor allem als Inhaber der Vogtei über klösterlichen Besitz, in erster Li nie des Klosters Weißenburg, Fuß fassen. Im Pfinzgau kam dem heutigen Turmberg bei Du rl ach eine wichtige Stellung der staufischen Macht zu. Zwischen 1187 und 1196 sind di e Staufer in den Besitz der Burg Grötzingen (auf dem Tu rmberg) gelangt, haben die G rafschaft im Pfinzgau und die weißenburgischen Lehen an sich gezogen. Als ihr bedeutendstes Werk im Pfinzgau gilt die Gründung der Stadt Du rlach, die in den Jahren 1191/92 wohl gleichzeitig mit Etdingen durch Kaiser H ein rich VI. erfolgt sein dürfte. D ieser Kaiser hielt sich vom Dezember 11 91 bis Mai 1192 - eine ungewöhnlich lange Zeit - in Weißenburg, H agenau und Speyer auf. Im Jahre 11 96 weilte H einrich VI. in Durlach und hat hier zwei Urkunden ausgestellt. Und aus dem Jahre 11 96 stammt die erste urkundliche Erwähnung von Du rlach als "oppidum" . Diese Fak ten bewei- sen, daß Du rlach im Jahre 11 96 als Stadt bestanden hat. Vorher ist der Name nicht nachzuweisen. Wie andere frühe Stauferstädte liegt Du rl ach an der Grenze zwischen Altsiedel- und Rodun gs- land , zwischen Ebene und Hügelland. Von Bedeutung ist auch die Lage an der alten Straße von Frankfurt nach Basel. Die Stauferstad t Durlach, woh l a ls Festungsstadt gedacht und im Bereich der Gemarkung Grötz ingen angelegt, wurde durch ein 5traßenkreuz bestimmt, dem sich im Laufe der Jahrhunderte vier Stadttore anschlossen. Vo n dieser Stauferstadt ist nichts mehr erhalten. Durlach zählt aber auch zu den Städten, die durch Anlehnung an ei ne berei ts vorhandene Burg entstanden sind. Diese Burg erhob sich auf dem heutigen Turmberg und ist, entgegen Angaben im Durlacher Schrifttum, ä lter a ls die Stadt. Zu Ende des 11 . Jahrhunderts haben auf diesem Berg die Grafen von Hohenberg ihre Burg err ichtet. Das Gebiet gehörte seit dem 8. Jahrhundert dem Kloster Weißenburg, die Burg stand vo r der Gründ ung von Durlach auf Grötzi nger Ge- markung und heißt deshalb auch "castrum Grecingen". Von hi er aus kolonisierten die H ohen- berger den H ardtwa ld und gründeten das Kloster Gottesaue. Im 12. Jahrhundert war diese Burg Sitz der G rafen von Grötzingcn, die in engen Beziehungen zu den Staufern standen. Auch die Grabungsergebnisse lassen den Sch luß zu, daß diese Burganlage vor 1100 entsta nden ist. Nu r weni ge Jahre verblieb Du rlach in staufischem Besitz. Markgraf H ermann V. von Baden (11 90-1243) hatte sich mit Irmingard, der Tochter des welfischen Pfal zgrafen Heinrich des Jüngeren, verheiratet. Dadurch wa r er in den Besi tz der Stadt Pforzheim und ei nes Teils der braunschweigischen Güter gelangt. Im Jahre 1219 tauschte H ermann V. von Kaiser Friedrich 11. die Reichs- und Stauferstädte Lauffen, Eppingen und Sinsheim als P fa ndschaften, Etdingen als Lehen und Du rlach a ls Eigentum gegen die bra unschweigischen Güter. In einer späteren U rkunde vom November 1234 wurde dieser Tausch durch Kaiser Fried rich II . nochmals bestäti gt . Mit Durlach war sicher die Burg Grötzingen an die badischen Markgrafen gekommen, auch die Vogtei über das Kloster Gottesaue, aber nicht der gesamte Stauferbesitz. Für die markgräfliche Städtepolitik bedeutete diese Erwerbung, daß dad urch eine Verbindung vom oberrhei nischen Gebiet zu den a lten markgräflichen Besitzungen am mittleren Neckar geschaffen werden konnte. Die Markgrafen förderten die Stadt und bauten sie aus. Die überlieferung ist zu dürftig, um den Ausbau Durlachs vom 13. bis 15. J ahrhundert genauer verfolgen zu können. Selbst über ein so hervorstechendes Merkmal der mittelalterlichen Stadt, nämlich die Stadtummauerung mit den Stadttoren und -türmen, lassen sich zur Entstehung keine genauen Angaben mad1en. Die Stadtmauer erscheint urkundli ch als Lagebenennung seit dem 14. J ahrhundert und umschloß ursprünglich das von der (heutigen) Bienleinstor-, Zunft-, Amt- haus- und Kclterstraße gebi ldete Oval. Im 15. Jahrhundert wurde die Stadtmauer nach Nord- osten hinausgerückt, 1468 wurde das Blumentor errichtet. Früh belegt si nd die Kirche (ecclesia Durlach 1255) und die mittela lterl iche Ticfburg, auf deren Stelle die spätere Karlsburg mit dem heutigen Prinzessinnen bau errichtet wurde. Für den Rang Durlachs als Stadt ist auch die Verleihung des Marktrechts von Bedeutung. Am 10. August 1418 verlieh König Sigismund der Stadt das Recht, jährlich zwei Jahrmärkte, auf St.-Jakobs- und St.-Gallen-Tag, abzuhalten. Dies ist die friiheste Nachricht über die Abhaltung von Jahrmärkten in Durlach. Das Marktwesen wurde .wie überhaupt das öffentlid,e Leben durch Ord nungen geregelt, die 1536 im Durlacher Rechtsbuch zusammengefaßt wurden, aber sicherlich schon lange vo rher bestanden. Sowohl die Königsurkunde von 1418 als auch das Rechtsbud1 von 1536 befinden sich im Stadtarchiv Karlsruhe. Als im Jahre 15 35 die Markgrafen Ernst und Bernhard den Vertrag über die Teilung der Mark- grafsd1aft schlossen, erhi elt Ernst neben seinen bisherigen Besitzungen u. a. die Städte, Schlösser, Amter pforzheim, Durlach, Mühlburg. Er wählte Pforzheim als Residenz, die sein Nachfolger, Markgraf Karl 11. , im Jahre 1565 nach Durlach verlegte. Durlach - Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach. Dies wirkte sich zunächst im Stadt- bild aus. Im Vordergrund stand der Bau des Residenzschlosses, der Karlsburg, aber auch Stadt- mauer und Stadttore wurden erneuert, Straßen und Plätze wurden gepflastert. Die Durlad1cr wurden von manchen Abgaben befreit. Das Verhältnis des Landesherrn zu den Einwohnern sciner Residenz wird in besonderer Weise durch den Inhalt einer am 17. Mai 1567 ausgestellten Urkunde gekennzeichnet. Karl I I. sprach in dieser Urkunde die Befreiung der "E inwohner und gantzen Gemeindt unser Statt Durlach" von der Leibeigensd1aft gegen Bezahlung einer bestimmten Summe aus. In diesem "Servitut" sah der Landesherr ein großes Hindernis für die Entwick lung seiner Residenzstadt. Auch diese Urkunde wird im Stadtarchiv Karlsruhe verwahrt. Als selbstbew ußter Landesherr hat Karl TI. die Errichtung einer Münzstätte ins Auge gefaßt (Ende 1571). Von 1572 bis 1575 wurden unter Karl 11. Münzen geprägt : Taler, Halbbatzen, Dreier und Pfennige. Die Talerprägungen von 1575 waren nur von kurzer Dauer und gehören heute zu den Seltenheiten. Unter Karls Sohn, Markgraf Ernst Friedrich, wurd e 1586 das Dur- 78 lacher Gymnasium vollendet und eingeweiht. Zahlreiche bedeutende Gelehrte haben an diesem Gymnasium gewirkt. Diese Entwicklung der Residenzstadt auf den verschiedensten Gebieten fiihrte im 17. Jahrhundert zu schweren Rückschlägen. Der 30jährige Krieg lastete schwer auf den Oberrheinlanden, aud, auf Durlach und sei ner Bevölkerung. Nur langsam gelan g es, normale Verhältnisse zu schaffen, als das Land vom Pfälzischen Erbfolgek ri eg heimgesucht wurde. Schicksalstag für die Stadt und ihre Bewohner wurde der 16. August 1689 : an diesem Tag ging Durlad1 in Flammen auf. Das Schloß brannte bis auf den Prinzessinnenbau ab. Nur wenige Häuser blieben verschont. Unter den zahl reichen Maßnahmen, die nach diesen schw eren Kriegsjahren zur Förderung der Stadt ergriffen wurden, ist der von Markgraf Fried rid1 Magnus seiner Residenzstadt am 3. April 1699 erteilte "Freiheitsbrief" zu nen nen . Die bisherigen Privilegien blicben bestehen, also auch die Befreiung von der Leibeigenschaft. Wer ein modellmäßiges Haus baute, war 20 Jahre lang von gewöhnlichen und außergewöhnl ichen Abgaben und Lasten befreit, auch von Frondiensten. Die Sorge um das Wohl der E inwoh ner geht aus folge nder Stelle dieser Urku nde hervor: "Uns wi rd auch übrigens immerfort gelegen sein, die jetzige sowohl als künftige Bürger und Inwohner dieser unser lieben Statt Durlach nicht all~in bey guter auskömm licher Nahrung zu conserviren und zu schützen, sondern auch darin von Tag zu Tag nach Möglichkeit zu verbessern ... " Auch dieser "Freiheitsbricf" zähl t zum Bestand des Karlsruher Stadtarchivs. Mitten in den nur langsam vorankommenden Wiederaufbau der zerStörten Stadt trat ein Ereig- nis, durch das die weitere Entwicklung von Durlach einen empfindlichen Stoß erlitt: 1715 ver- legte Markgraf Karl Wilhelm seine Residenz von Durlach nach Karlsruhe. Man darf diesen Vor- gang nicht isoliert, nur auf Durlach bezogen sehen. Durlach zählt zu der Städtcgruppe an der Bergstraße und am Gebirgsrand, die als planmäßige Gründung ebenso wie andere Randstädte längere Zeit landesherrliche Residenz war und im 18. Jahrhundert diese Funktion an die Neu- gründungen in der Ebene abtreten mußte. Die Stadt DurIach war sich der Folgen, di e sich aus diesem Verlu st ergaben, durchaus bewußt. Wohl versuchten die Markgrafen Ka rl Wilhe1m und vor allem Karl Friedrich, die Wirtschafts- kraft der Stadt zu fördern. Es entstanden im 18. Jahrhundert Fabriken oder Manufakturen, die auf landesherrliches Privileg hin gegründet und mit zahlreichen, immer wieder erneuerten Frei- heiten von Abgaben, Steuern und Zöllen ausgestattet wurden. Diese industriellen Versuche sind als Ausdruck des merkantilistischen Wirtschaftssystems zu sehen. Sie haben sich für die Stadt öfters nachteilig ausgewirkt: wiederholt waren ihre Besitzer unter Hinterlassung von Schulden "echap- piert". N ur eine dieser Gründungen hat das 18. Jahrhundert überdauert: die Fayencefabrik . Im Jahre 1779 befaßte sich der Durlacher Rat mit der Frage über die Errichtung einer Univer- sität. Aus zwei Gründen sei dieses Vorhaben genannt: zum einen zeigt es das Bemühen der städti- schen Organe um Mittel und Wege für die Entwicklung der Stadt, zum andern aber gibt dieses Vorhaben Aufschluß über allgemeine Durlacher Verhältnisse des 18 . Jahrhunderts. Wegen des Universitätsprojektes hat sich der Durlacher Rat am 30. April 1779 in einer ausführlichen Bitt- schrift an den Landesherrn gewandt. Darin wird die wirtschaftliche Lage, die Armut und der • Zerfa ll der Stadt in bewegten Worten geschildert. "Hätte Durlach das unschätzbare Gl ück eines solchen Instituts, so würden die Brandstätten und Lücken der Stad t, welche bisher traurige Zeugen der Un vermögenheit der Inwohner sind, bald in modellmäßige Gebäude verwandelt seyn, schlechte Lotterfall en niedergerissen, zu tauglichen Häusern gemacht, an dere um ei n Stockwerk erhöhet und die ganze Stadt nach und nach verschönert werden.« Nach diesem Zeugnis hatte Durlach im ausgehenden 18. Jahrhundert die Folgen langer Kriegs- jahre noch nicht überwunden. Erst die im 19 . Jahrhundert eingetretenen territorialen, politischen und wirtschaft lichen Veränderungen schufen auch für Durlach ein en Wandel. Vor a llem war es die zunehmende Industrialisierun g, die nicht nur neue StädtetypeIl SdlUf, sondern auch die älteren Städte veränderte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist in D urlach ein wi rtschaftlicher Auf- schwung zu verzeichnen. Als im Jahre 1903 die Durlacher Gewerbe- und Indust rie-Ausstellu ng veranstaltet wurde, befanden sich unter den 230 Ausstellern 132 Durlacher Firmen. Eine wichtige Voraussetzung für diese Entwicklung bildete der Ausbau der Verkehrsverbindun- gen, vo r a ll em der Bahnbau (Lini en H ei delberg - Karlsruhe, Durlach - Mühl acker, Kraichgau- bahn). Aber auch städtische Einrichtun gen wurden geschaffen wie das Gaswerk (1861) und das Wasserwerk (1896/97). Um die Jah rhundertwende wuchs die Stadt weit in das Umland hinein . Eine wesentliche Strukuränderung brachte der aufs trebenden Stadt das Jahr 1938, in dem sie in die Großstadt Karlsruh e eingegliedert wurde . . Die Geschichte einer Stadt und ihrer Bewohner is t Spiegelbild der Landes- und Reichsgesch ichte. Durlach, von den Staufern gegründet, seit dem 13. Jahrhu ndert Markgrafenstadt, 150 Jahre lang Residenz der Markgrafen von Baden-Durlach, ha t in dieser jahrhundertelangen territoria- len Zugehöri gkeit Zeiten friedliche r Entwicklung und Entfaltung, aber auch schwere, von K rieg, Not und Armut geprägte Jahre erlebt. Alle diese Schicksalssch läge hat die Durlacher Bevölke- rung gemeistert. Der Gegenwa rt obliegt die verpfli chtende Aufgabe, sich dieser Tradition bewußt zu sein und das überlieferte Kultu rgut zu bewah ren. Dieser Aufgabe dient auch das neugestaltete Pfin zgaumuseum . Hinsichtlich der Revolutionsdokumente 1848/49 des Pfinzgaumuseums verweisen wir auf "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" Band 2 Die Badische Revolution 1848/49 im Pfinzgaumuseum erhältlich (DM 2,-) Vorankündigung: Als Band 4 der "Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs" wird erscheinen: Ernst Schneider Durlacher Volksleben 1500 - 1800 Volkskundliches aus archivalischen Quellen
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmpZbwlSRBoIy/Pfinzgaumuseum.pdf