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Stadt Karlsruhe Umwelt- und Arbeitsschutz
Berücksichtigung der Kriterien des Fairen Handels bei Beschaffungen
Umfrageergebnisse bei den städtischen Dienststellen und Gesellschaften
In der Sitzung am 21. Februar 2006 hat der Gemeinderat beschlossen, dass die Verwal- tung bei Beschaffungen Waren aus fairem Handel beziehen und Waren aus regiona- ler, möglichst ökologischer Produktion be- vorzugen soll. Der Umwelt- und Arbeits- schutz sollte den Dienststellen und Gesell- schaften entsprechende Informationen ver- schaffen und nach angemessener Zeit über den Stand berichten.
Die stadtinterne Information hierüber er- folgte per Rathausbrief Nr. 5 vom 8. Mai 2006.
Am 27. Oktober 2006 erfolgte eine erste Umfrage bei den Dienststellen und städti- schen Gesellschaften. Hierüber wurde im AUG am 9. März 2007 berichtet. Beschaffung nach Kriterien des Fairen Han- dels erfolgte demnach nicht systematisch, sondern nur für einige wenige Teilbereiche. Gründe für die zögerliche Haltung waren insbesondere die Vorgaben der Vergabe- Dienstanweisung, das jeweils günstigste Angebot zu bevorzugen, außerdem Unsi- cherheiten bezüglich der rechtlichen Situa- tion, der Eigenschaften und der Qualität der Produkte.
Im Juni 2008 erfolgt die Anpassung der Ver- gabe-Dienstanweisung der Stadt Karlsruhe um den Punkt 1.8. „Beschaffung nach Krite- rien des Fairen Handels“, nach der bei Be- schaffungen der Stadt nur Produkte, die nicht mit ausbeuterischer Kinderarbeit her- gestellt werden, zu beschaffen sind.
Im März 2009 fand eine Informations- veranstaltung für die städtischen Be- schaffungsstellen durch den Umwelt- und Arbeitsschutz (UA) statt.
Des Weiteren wird seither die Informations- plattform „Umweltfreundliche und Faire Beschaffung“ für die Beschaffungsstellen im Intranet „Rhin“ vom UA regelmäßig ak- tualisiert und mit einer Liste empfehlens-
werter Sozialsiegel, einer Eigenerklärung für Händler und Informationen zum Thema ergänzt.
Am 24. April 2009 trat in D e u t s c h l a n d das „Gesetz zur Modernisierung des Vergabe- rechts“ in Kraft. Darin werden explizit soziale
und ökologische Kriterien in der Vergabe berücksichtigbar. Im Wortlaut: Artikel 1, § 97, Abs. 4: .... „Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auf- tragnehmer gestellt werden, die insbeson- dere soziale, umweltbezogene oder innova- tive Aspekte betreffen, wenn sie in sachli- chem Zusammenhang mit dem Auftragsge- genstand stehen und sich aus der Leistungs- beschreibung ergeben.“
Im Frühjahr 2011 startete der UA eine zwei- te Umfrage bei den Dienststellen und Ge- sellschaften über ihre Erfahrungen bei Be- schaffungen fairer Produkte, über dessen Ergebnisse hier berichtet wird:
Angeschrieben wurden: 55 Stellen (40 Stellen innerhalb des Kämme- reibereichs, 15 Gesellschaften)
Rücklauf kam von: 30 Stellen = 55 % (21 Dienststellen und 9 Gesellschaften) Gefragt wurde nach Produkten und Dienst- leistungen, die im Zeitraum seit Änderung der Vergabeordnung 2008 nach den Krite- rien des Fairen Handels (hier: ohne ausbeu- terische Kinderarbeit) beschafft oder beauf- tragt worden waren.
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Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels
Nachfolgende Grafik zeigt die Häufigkeit der Nennung von fair beschafften Produk- ten aller antwortenden Dienststellen.
Insgesamt wurden 81 Produkte und Dienst- leistungen genannt, durchschnittlich rund drei Produkte pro Dienststelle bzw. Unter- nehmen.
Beschaffungen
Weitere: 16
Merchandising: 1
Natursteine: 3
weitere Textilien: 4
weitere Lebensmittel: 7
Papier: 1
Kunsthandwerk: 1
Spielzeug, Bastelbedarf: 3
Entsorgung: 2
Sportartikel: 1
Schnittblumen: 9
Catering: 7
Kaffee & Co.: 13
Möbel: 10
Holz, Holzprodukte:
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Dienst- und Schutzbekleidung, Schutzausrüstung:
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Anzahl der genannten Produkte je Stelle
0
2
4
6
8
0 1 2 3 4 5 6 7 8 Anzahl der Produkte
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2
Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels
Herausragende Ergebnisse:
Folgende Produkte werden in der Stadtver- waltung nach den Kriterien des Fairen Han- dels ohne ausbeuterische Kinderarbeit ent- sprechend der ILO-Konvention 182 be- schafft:
Schnittblumen werden von den Dienststellen in der Regel zentral über das Gartenbauamt bezogen, das wiederum entweder Waren aus eige- nem Anbau verwendet, aus regionalem Be- zug oder „fair gehandelt“ bezieht.
Schutzausrüstung kann seit April 2011 zentral über den Ar- beitssicherheitsdienst des Personal- und Or- ganisationsamtes bezogen werden. Der be- auftragte Generallieferant erfüllt die städti- schen Vergaberichtlinien mit einer Eigener- klärung, gemäß der er „aktive und zielfüh- rende Maßnahmen ergriffen hat, um aus- beuterische Kinderarbeit (...) auszuschlie- ßen.
Dienst- und Schutzbekleidung bei der Branddirektion
Kaffee und andere Getränke in zahlreichen Dienststellen
Holzprodukte (Möbel, Latten, Bänke, etc.) werden meist aus regionaler oder EU-Produktion bezo- gen, sind häufig zertifiziert oder mit einer Eigenerklärung versehen.
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Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels
Weitere Ergebnisse:
Mehrheitlich geben die antwortenden Dienststellen an, dass • keine oder kaum Mehrkosten durch die
Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels entstehen
• dass Waren bevorzugt aus regionaler, deutscher oder EU-Produkten bezogen werden (und damit die Kriterien erfüllt sind)
• sie positive Erfahrungen gemacht haben aufgrund der guten Qualität der Produk- te
• dass keine Mehrarbeit entsteht, da etli- che Waren zentral beschafft werden
• die zur Verfügung stehenden Informati- onen im städtischen Intranet „Rhin“ aus- reichend sind und kein weiterer Informa- tionsbedarf besteht
Vereinzelt geben Dienststellen an, dass • ihre Beschaffungen weitgehend oder
vollständig zentral über andere Dienst- stellen erfolgen und sie aus diesem Grund über wenig Erfahrung verfügen
• das Kriterium „ohne ausbeuterische Kin- derarbeit“ oft mit einer hohen Qualität des Produkts einhergeht. Dieser willkom- mene Zusatznutzen erhöht die Akzep- tanz der Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels deutlich
• Preise zu hoch seien
Schlussfolgerungen:
Positive Ergebnisse und Erfolge:
Die Beachtung der Kriterien des Fairen Han- dels ist bei den beteiligten Dienststellen und Gesellschaften zwei Jahre nach Erwei- terung der Vergaberichtlinien relativ gut verankert. Hauptgrund hierfür dürfte die Anpassung der Vergabe-Dienstanweisung sein. Bei der ersten Umfrage 2006/2007 war noch mehrfach angegeben worden, dass die bestehende Vergabe-Dienstanweisung eine Vergabe nach ausschließlich wirt- schaftlichen Gesichtspunkten erzwinge.
Zent ra l beschaf f te Produkte wie „Schnittblumen“ und „Schutzausrüstung“ werden überdurchschnittlich oft genannt. Die zentralen Beschaffungsstellen haben eine hohe Fachkompetenz, besitzen einen guten Marktüberblick und entlasten hier- mit andere Dienststellen. Die dort gezeigte positive Einstellung und der hohe Motivati- onsgrad ist dabei hauptverantwortlich für das gute Ergebnis. Praktisch alle Beschaf- fungen in diesen Bereichen erfolgen nach den Kriterien des Fairen Handels.
„Dienstkleidung“ wurde bei der Umfrage zusammen mit „Schutzausrüstung“ am häu- figsten (14 mal) genannt. Sie wird von den Dienststellen dezentral in eigener Verant- wortung beschafft. Dies ist als sehr positiv zu bewerten und vor allem deshalb bemer- kenswert, da Kleidung/Dienstkleidung als schwieriges Produkt angesichts der umfang- reichen und komplexen Entstehungswege zu sehen ist. Daher ist die hohe Nennung ein herausragendes Ergebnis für die Stadt Karlsruhe.
Zahlreiche Produkte verfügen über kein be- kanntes Sozialsiegel, einige Siegel variieren auch Anspruch und Aussehen in kurzen Ab- ständen. Damit ist das Sozialsiegel kein be- friedigender alleiniger Anhaltspunkt für die Beschaffungsstellen. Die Möglichkeit der Eigenerklärung schafft eine rechtlich kor- rekte und gangbare Methode für sowohl die Beschaffungsstelle als auch den Liefe-
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Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels
ranten. Sie sollte konsequent bei allen Be- schaffungen eingefordert werden. Das Kri- terium „ohne ausbeuterische Kinderarbeit“ geht oft mit einer hohen Qualität des Pro- dukts einher. Dieser willkommene Zusatz- nutzen erhöht die Akzeptanz der Beschaf- fung nach Kriterien des Fairen Handels deutlich.
Bei der ersten Umfrage 2006/2007 hatten mehrere Stellen die Befürchtung geäußert, dass die Beschaffungsgüter „ohne ausbeu- terische Kinderarbeit“ deutlich teurer seien und hatten deshalb Vorbehalte geäußert. 2011 wurde daher nach entstandenen Mehrkosten gefragt. Die mehrfache Ant- wort („keine oder minimale Mehrkosten“) belegt diese ursprüngliche Befürchtung nicht. Die Beschaffung von Produkten „ohne ausbeuterische Kinderarbeit“ ist so- mit weitgehend kostenneutral.
Die beteiligten Dienststellen und Gesell- schaften geben an, keinen über das Beste- hende hinausgehenden Informationsbedarf zu haben. Die Seiten im Intranet „Rhin“ sollten daher attraktiv und aktuell gehalten werden, da sie eine wesentliche Informati- onsquelle darstellen. Darüber hinaus kön-
nen hierüber die Erkenntnisse einzelner Be- schaffungsstellen ausgewertet und allge- mein zugänglich gemacht werden.
Weitere Maßnahmen:
Stärken nach innen verbessern:
Fast die Hälfte der Dienststellen (47 %) hat das Anschreiben leider nicht beantwortet. Ein Teil hiervon beschafft Waren in erhebli- chem Umfang oder beauftragt in großem Umfang Dienstleistungen. Die in diesen Dienststellen und Gesellschaften gemach- ten Erfahrungen wären daher besonders wichtig und repräsentativ. Hier sollen in Folgegesprächen mehr Informationen ge- wonnen werden.
Die Produktpa- lette „Kaffee, Tee, Kakao, Ge- tränke“ schnei- det mit ledig- lich 13 Nennun- gen vergleichs- weise schlecht ab, da davon auszugehen ist, dass diese Pro-
dukte von allen Stellen regelmäßig be- schafft werden. Hier spielen persönlicher Geschmack, Gewohnheiten sowie - echte oder vermutete - Unverträglichkeiten mit Automaten eine entscheidend hemmende Rolle. Eine Wiederholung der Imagekam- pagne mit Kaffeeverkostung an zentralen Stellen (Kantinen) könnte hier für mehr Ak- zeptanz sorgen.
Auch die Produktpalette „Möbel aus Holz oder Holzfasern“ wird bei allen Stellen be- nötigt. In der Regel werden diese Produkte von den Dienststellen selbst in eigener Ver- antwortung beschafft. Dennoch geben nur 10 Stellen an, die Möbel nach den Kriterien des Fairen Handels beschafft zu haben. Die- se Stellen geben allerdings mehrheitlich an, dass die Möbel aus deutscher oder europäi- scher Herkunft kommen (somit die Kriterien erfüllen) und/oder zertifiziert sind, sehr gu- te Qualität besitzen und keine oder kaum
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Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels
preisliche Unterschiede erkennbar seien. Hier besteht aus Sicht des UA noch ein In- formations- und Aufklärungsbedarf
Die Aufnahme von neuen Produkten aus dem Bereich des Fairen Handels in die Be- schaffungslisten zentraler Stellen wird vor- geschlagen:
D e r „ A p f e l - Mango-Saft“ der Streuobstinitiati- ve Karlsruhe ist ein herausragen- des Produkt, das die Gesichtspunk- te Regionalität (Apfelsaft aus re- gionalen Streu- obstwiesen) und Fa i re r Hande l (Mangoprojekt
aus den Phillippinen) vereinigt, hohe Quali- tät aufweist und allgemein als sehr gut schmeckend bezeichnet wird. Die Beschaf- fung für besondere Anlässe könnte über das Hauptamt veranlasst werden.
Als ein weiteres Beispiel wäre die A uf na hm e de r „Stadtschokolade“ des Weltladens in die offizielle Präsenteliste von Hauptamt oder Stadtmarketing zu nennen.
Außenwirkung verbessern:
Wie gezeigt werden konnte, ist die Beschaf- fung nach Kriterien des Fairen Handels bei der Stadtverwaltung und den städtischen Gesellschaften gut verankert. Bei turnusmä- ßigen Berichterstattungen vor Gemeinderat und Öffentlichkeit kann dieser Aspekt noch stärker betont und herausgestellt werden.
Fair gehandelte Speisen oder Getränke können bei öffentlichen Veranstaltungen und Empfängen eine werbende Erwähnung finden, beispielsweise in Einladungen, durch mündliche Hinweise oder per Tisch- aufsteller.
Die Beteiligung bei Städtewettbewerben wie „Hauptstadt des Fairen Handels“ oder „Fair Trade Stadt“ bringt eine Veröffentli- chung von positiven Beispielen („best prac- tise“) im Bereich des Fairen Handels mit sich, die die Erfolge Karlsruhes gut abbil- den. Dies kann noch durch begleitende In- formationen verstärkt werden.
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Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels
https://www.karlsruhe.de/b3/natur_und_umwelt/umweltschutz/oekofaireskarlsruhe/beschaffung/aktuelles/HF_sections/content/1470726435520/Umfrageergebnisse%20Fairer%20Handel%20.pdf
Microsoft PowerPoint - 09A_Impulsreferat_Fachteam_Stadt.ppt
IInformationnformation
EEinzelberatunginzelberatung
VVermittlung zu Stellen, die ermittlung zu Stellen, die weiterhelfen kweiterhelfen köönnennnen
BBegleitung egleitung üüber einen begrenztenber einen begrenzten ZeitraumZeitraum
HHausaus-- und Klinikbesucheund Klinikbesuche
vverschiedene Gruppenangeboteerschiedene Gruppenangebote
„„niederschwelligniederschwellig““
Ziel: belastete Familien werden frZiel: belastete Familien werden früühzeitig erreicht!hzeitig erreicht!
AUFGABEN vom AUFGABEN vom
Soz.pSoz.pääd. d. GRUPPENGRUPPEN-- ANGEBOTEANGEBOTE
Intensive Intensive BEGLEITUNGBEGLEITUNG
(im begrenzten Zeitraum möglich)
VERNETZUNGVERNETZUNG
LOTSENLOTSEN-- FUNKTIONFUNKTION
BERATUNGBERATUNG
FachteamFachteam FrFrüühe Kindheithe Kindheit
Vernetzung:Vernetzung:
KoordinatorinKoordinatorin KinderbKinderbüüroro
BeratungsstelleBeratungsstelle FrFrüühe Hilfenhe Hilfen PsychologinPsychologin
FamilienhebammenFamilienhebammen
Andere Akteure der Frühe Prävention:
Sozialer DienstSozialer Dienst StartpunktStartpunkt--CafCaféé SchwangerenberatungsstelleSchwangerenberatungsstelle usw.usw.
ÄÄrztinnen vomrztinnen vom GesundheitsamtGesundheitsamt
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/kinderbuero/fruehe_praevention/kischugem/HF_sections/content/ZZjZIhIYZNXWGK/ZZjZIjyIktQJAQ/09A_Impulsreferat_Fachteam_Stadt.pdf
Praxisworkshop Finanzielle Fördermöglichkeiten für die Eine W elt Arbeit
13. Oktober, Karlsruhe:
Seminarablauf
10:00 Ankommen
10:15 Begrüßung, Erwartungen der Teilnehmenden an das Seminar
10:45 Überblick über die Förderlandschaft für entwicklungspolitische Arbeit
(Inlands- und Auslandsprojekte/ Förderquellen EU, Bund, Land, Kirche)
11:30 Die Förderprogramme von Engagement Global im Überblick
12:15 Mittagspause
13:15 Fördermechanismen und Rahmenbedingungen zur Antragstellung
13:40 Der Antrag: Schritte zur Antragstellung / Antragsformulare
14:00 Übung
15:00 Kaffeepause
15:15 Der Antrag: finanzielle Bedingungen, Kosten- & Finanzierungspläne
15:45 Übung
16:15 Klärung offener Fragen, gemeinsamer Austausch über die Ergebnisse der Übungen, Feedback zur Veranstaltung
17:00 Ende der Veranstaltung
https://www.karlsruhe.de/b3/natur_und_umwelt/nachhaltigkeit/koordinationstelle/praxisworkshop/HF_sections/content/ZZnH2nD5KViDB9/Programm.pdf
Karlsruhe: Kindertageseinrichtungen
Elternarbeit
Zusammenarbeit von Eltern und
Erzieherinnen-Team
Die Zusammenarbeit mit den Eltern ist ein wichtiges
Element unserer täglichen Arbeit zum Wohl des Kindes. Sie
als Eltern können unter anderem mitwirken:
als Elternvertreter im Elternbeirat
bei der Unterstützung unserer Arbeit
bei der Planung und Organisation von
Eltern-Kind-Aktivitäten, Projekten usw.
Das bedeutet für uns:
aktive Mitarbeit bei der Eingewöhnung der Kinder
Offenheit, Ehrlichkeit, Vertrauen, Information über
die Lebenssituation des Kindes,
Engagement bezüglich Veranstaltungen und Angebote
Unterstützung unseres pädagogischen Konzepts und
unserer Strukturen
Einbringen eigener Wünsche und Anregungen, sowie das
Äußern konstruktiver Kritik, etc.
Elterngespräche 1x im Jahr, bei Kindern unter drei
Jahren 2x im Jahr
E-Mail-Adresse des Elternbeirates
eb.kita-bluecherstr@web.de
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/kindertagesstaetten/bluecherstrasse/elternarbeit
Kategorie: Arbeit und Beruf
ARBEITSKREIS SOZIALPÄDAGOGISCHE FACHKRÄFTE GEW – GEWERKSCHAFT ERZIEHUNG UND WISSENSCHAFT NORDBADEN
Aufgaben und Ziele:
Wir wollen: Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Sozialpädagogischen Fachkräften - bessere Tarifverträge, die zum Beispiel auch die Eingruppierung von Zweitkräften regeln - bessere gesetzlich festgelegte Rahmenbedingungen für die Einrichtungen, wie zum Beispiel eine gesicherte und ausreichende Bezuschussung durch die öffentliche Hand - angemessene und qualifizierte Fortbildungsangebote und ein verbindliches Recht auf Fortbildung - eine angemessene Würdigung des Berufsbildes, die schon bei der Ausbildung beginnt - die Anerkennung von Kindergärten und Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen nicht nur auf dem Papier.
Angebote:
Wir setzen uns inhaltliche Schwerpunkte und arbeiten projektbezogen
jährliche Fachtagungen zu wechselnden Schwerpunktthemen
gewerkschaftliche und berufliche Fortbildungsveranstaltungen für Sozialpädagogische Fachkräfte - Informationsmaterialien unter anderem zur GEW-Politik im Kindertagesstättenbereich
Auf Wunsch: Vorstellung der Arbeit sowie fachliche und politische Diskussionen für Ihre Einrichtung.
Wir mischen uns politisch ein, um etwas zu bewegen.
https://web1.karlsruhe.de/db/frauenhandbuch/details.php?id=7
Stadt Karlsruhe | Informationen zur Datenerhebung Sozial- und Jugendbehörde Büro für Integration
Informationen zur Datenerhebung (Datenschutzinformation)
Behörde
Stadt Karlsruhe Karl-Friedrich-Straße 10 76133 Karlsruhe
Verantwortlicher für die Datenverarbeitung
Stadt Karlsruhe Oberbürgermeister Karl-Friedrich-Straße 10 76133 Karlsruhe E-Mail: datenschutz@zjd.karlsruhe.de Fax: 0721/133-3059
Behördliche Datenschutzbeauftragte
Stadt Karlsruhe Stabsstelle Datenschutz Rathaus am Marktplatz 76124 Karlsruhe Tel.: 0721/133-3050/3055 E-Mail: datenschutz@zjd.karlsruhe.de Fax: 0721/133-3059
Betroffenenrechte
Sie haben als betroffene Person das Recht von der Stadt Karlsruhe Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten (Art. 15 Datenschutzgrund- verordnung – DSGVO) die Berichtigung unrichtiger Daten (Art. 16 DSGVO), die Löschung der Daten (Art. 17 DSGVO), die Einschränkung der Verarbeitung (Art. 18 DSGVO) und die Übertragung Ihrer Daten (Art. 20 DSGVO) zu verlangen, sofern die rechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Sie können außerdem nach Art. 21 DSGVO Widerspruch einlegen. Unbeschadet anderer Rechtsbehelfe können Sie sich beim Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI), Postfach 10 29 32, 70025 Stuttgart, poststelle@lfdi.bwl.de beschweren.
Kosten
Die Betroffenenrechte (außer dem Beschwerderecht gegenüber dem LfDI) können Sie gegenüber der Stadt Karlsruhe entweder postalisch, per E-Mail oder per Fax geltend machen. Es entstehen Ihnen dabei keine anderen Kosten als die Portokosten bzw. die Übermittlungskosten nach den bestehenden Basistarifen.
Zwecke der Datenverarbeitung und Rechtsgrundlage
Die personenbezogenen Daten werden aufgrund des Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO i. V. m. § 4 Landesdatenschutzgesetz (LDSG) und § 5 Nr. 1 PartIntG BW (Partizipations- und Integrationsgesetz Baden-Württemberg) zum Zweck der Beratung und Vermittlung in einen Sprachkurs im Rahmen des Förderverfahrens nach der Verwaltungsvorschrift „VwV Deutsch“ des Landes Baden-Württemberg verarbeitet.
Geplante Speicherdauer
Aufzeichnungen von Vor- und Nachnamen und Geburtsdatum sowie Anwesenheitslisten der Teilnehmenden und der zu betreuenden Kinder sind sechs Jahre aufzubewahren und danach zu vernichten bzw. elektronisch gespeicherte Daten zu löschen. Alle anderen personenbezogenen Daten werden nur so lange vorgehalten, wie sie zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgabenerledigung benötigt werden oder aufgrund sonstiger Rechtsvorschriften aufbewahrt werden müssen.
Empfänger oder Kategorien von Empfängern der Daten (Stellen denen gegenüber die Daten offengelegt werden)
Um eine Teilnahme an einem Sprachkurs nach der Verwaltungsvorschrift „VwV Deutsch“ des Landes Baden-Württemberg zu gewährleisten, müssen die Daten an das Ministerium für Soziales und Integration Baden- Württemberg, sowie an den entsprechenden Sprachkursträger und bei Bedarf an das Landratsamt Karlsruhe – Amt für Integration, andere Schulen, die Bundesagentur für Arbeit oder das Jobcenter weitergegeben werden.
An die Ausländerbehörde dürfen bei besonderer Integrationsbedürftigkeit personenbezogene Daten übermittelt werden, § 87 Abs. 2, Satz 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Bei Sprachkursen nach der Verwaltungsvorschrift „VwV Deutsch“ des Landes Baden-Württemberg, die von der Ausländerbehörde als Integrationsmaßnahme anerkannt wurden und bei gleichzeitig bestehender Verpflichtung zur Teilnahme, darf die Ausländerbehörde, die Bundesagentur für Arbeit, das Jobcenter oder der Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungs-gesetz über eine nicht ordnungsgemäße Teilnahme informiert werden, § 88 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG.
Folgen der Verweigerung Daten bereitzustellen
Die Angaben zu den personenbezogenen Daten sind freiwillig. Sollten Sie diese nicht zur Verfügung stellen, kann keine Vermittlung in einen Sprachkurs erfolgen.
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/bfi/deutsch_lernen/vwv-sprachkurse/HF_sections/content/ZZoM69jtk9GGD1/Informationen%20zur%20Datenerhebung.pdf
Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde – Schulsozialarbeit
Informationen für Eltern in Einfacher Sprache
Schulsozialarbeit in Karlsruhe
Sozial- und Jugendbehörde – Schulsozialarbeit | 32 | Schulsozialarbeit in Karlsruhe – Informationen für Eltern in Einfacher Sprache
Ziele der Schulsozialarbeit
Junge Menschen sollen in ihrer Entwicklung gefördert werden. Schulsozialarbeit hilft in sozialen, schulischen und beruflichen Bereichen.
Manche jungen Menschen sind in der Bildung benachteiligt. Schulsozialarbeit hilft, Benachteiligungen zu verhindern oder abzubauen.
Manche jungen Menschen möchten die Schule abbrechen oder beenden. Schulsozialarbeit hilft im schulischen Alltag.
Schule und Jugendhilfe arbeiten zusammen. Schulsozialarbeit hilft, dass diese Zusammenarbeit gestärkt wird.
Der Kinderschutz soll gesichert und verbessert werden.
Die Arbeit der Schulsozialarbeit richtet sich an:
Eltern,
Lehrerinnen und Lehrer,
Schülerinnen und Schüler.
Prinzipien unserer Arbeit
Einfacher Zugang und Zugang für alle
Angebote sind freiwillig
Beratung ist vertraulich
Beratung kostet nichts
Angebote sind unparteiisch
Es besteht der gesetzliche Auftrag zum Kinderschutz
Unterstützung in der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen
Vorrang hat die Suche nach Lösungen, Möglichkeiten und Mitteln
Vermittlung von Angeboten und Fachkräften
Arbeit im Stadtteil
Sozial- und Jugendbehörde – Schulsozialarbeit | 54 | Schulsozialarbeit in Karlsruhe – Informationen für Eltern in Einfacher Sprache
Kontakt zur Schulsozialarbeit
Sprechzeiten in der Schule
Termine per Telefon oder Mail
Teilnahme an Elterngesprächen in der Schule
Teilnahme an Konferenzen
Teilnahme an Sitzungen des Elternbeirates
Angebote für Eltern und Sorgeberechtigte
Beratung bei Fragen zum Verhalten Ihres Kindes
Beratung, wenn Sie sich Sorgen um Ihr Kind machen
Beratung, wenn sich die Schule Sorgen um Ihr Kind macht
Beratung, wenn Ihr Kind Unterstützung braucht
Wir vermitteln Ihnen
Kontakte zu Fachstellen und
Hilfen außerhalb der Schule
Angebote für Lehrer und Lehrerinnen
Beratung bei sozialen Schwierigkeiten in der Klasse
Beratung bei Fragen und Krisen von Schülern und Schülerinnen
Beratung bei Themen: zum Beispiel
Schulverweigerung,
Mobbing, Mediennutzung
Vermittlung von Angeboten bei der Vorbeugung von Schwierigkeiten und Problemen
Angebote für Schüler und Schülerinnen
Beratung zu altersspezifischen Themen, zum Beispiel Pubertät
Beratung bei Problemen und in Krisen
Hilfe bei zusätzlichen Angeboten für Beratung und Unterstützung
Sozial- und Jugendbehörde – Schulsozialarbeit | 76 | Schulsozialarbeit in Karlsruhe – Informationen für Eltern in Einfacher Sprache
Weitere Aufgaben von Schulsozialarbeit
Neue Projekte gestalten
Teilnahme an Konferenzen
Zusammenarbeit mit den Beratungs-Lehrern und Beratungs-Lehrerinnen und mit den Betreuungskräften an der Schule
Austausch mit der Schulleitung
Zusammenarbeit mit anderen Partnern und Partnerinnen
Datenschutz und Schweigepflicht
Schulsozialarbeit behandelt Daten und Informationen vertraulich.
Wir handeln auf gesetzlichen Grundlagen.
Kinderschutz
Schulsozialarbeit nimmt den Schutzauftrag auf Grundlage des § 8a SGB VIII wahr.
Wir unterstützen Schulen darin ihren eigenen Schutzauftrag nach § 85 Schulgesetz BW beziehungsweise § 4 Gesetz zur Kommunikation und Information im Kinderschutz (KKG) wahrzunehmen.
Kontakt
Leitung Schulsozialarbeit
Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde
Südendstraße 42 76135 Karlsruhe
Fax: 0721 133-5389 Telefon: 0721 133-5301 E-Mail: schuso@sjb.karlsruhe.de Internet: www.karlsruhe.de/schuso
Herausgegeben von Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde – Schulsozialarbeit www.karlsruhe.de/schuso
Erstellt von SPRUNGBRETT-LEICHTER-LEBEN www.sprungbrett-leichter-leben.de
Unterstützt durch Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg
Layout Vorreiter
Piktogramme © BEQUA gGmbH, Ettlingen, 2021
Hintergrundbild Titel Karoon Cha/stock.adobe.com
Druck Rathausdruckerei, Recyclingpapier
Stand Februar 2022
https://www.karlsruhe.de/securedl/sdl-eyJ0eXAiOiJKV1QiLCJhbGciOiJIUzI1NiJ9.eyJpYXQiOjE2NTczNTY0NDYsInVzZXIiOjAsImdyb3VwcyI6WzAsLTFdLCJmaWxlIjoiZmlsZWFkbWluXC91c2VyX3VwbG9hZFwvMDJfQmlsZHVuZ19Tb3ppYWxlc1wvT0VBX1NKQl9QREZfRGF0ZWllblwvSnVTb0RpXC9TY2h1U29cL1N0YWR0X0thcmxzcnVoZV9Ccm9zY2h1ZXJlX1NjaHVzb19FaW5mYWNoZV9TcHJhY2hlLnBkZiIsInBhZ2UiOjEwNDV9.OgD5fToRFJbUpfVSEQH9m9jmfAzCJ3RWv38Ytf-0wNE/Stadt_Karlsruhe_Broschuere_Schuso_Einfache_Sprache.pdf
Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte - Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden
Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte - Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden
Endbericht
Forschungsprogramm Allgemeinde Ressortforschung (ReFo), ein Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)
Projektlaufzeit Oktober 2016 bis Oktober 2017
Aktenzeichen 10.06.03-16.105
im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
bearbeitet von Dr. Agnes Förster, Constanze Ackermann, Nicola Borgmann und Christian Holl
Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte – Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden
Endbericht vom 01.08.2017 im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
Impressum
Verfasser Dr. Agnes Förster, Constanze Ackermann, Nicola Borgmann, Christian Holl
Grafik Valerie Kiock
Illustration Thomas Rustemeyer
Fotos Adrian Ballosch
Auftraggeber
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) Anne Keßler Referat SW | 6 – Baukultur, Städtebaulicher Denkmalschutz Krausenstraße 18 – 20 10117 Berlin Tel. +49 30 18 305-6162 Anne.keßler@bmub.bund.de
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) Dipl. Ing. (TU) Karin Hartmann Referat | 7 – Baukultur und Städtebaulicher Denkmalschutz Deichmannsaue 31 – 37 53179 Bonn Tel. +49 228 99 401 1219 Karin.hartmann@bbr.bund.de
Auftragnehmer
STUDIO | STADT | REGION Räumliche Prozesse gestalten 4architekten GbR
Agnes Förster, Dr.-Ing. Architektin, Stadtplanerin DASL
Susanna Knopp, Architektin ETH/DWB
Jan Kurz, Dipl.-Ing. Architekt
Markus Wassmer, Architekt ETH/SIA/DWB
info@studio-stadt-region.de
www.studio-stadt-region.de www.4architekten.de
Tel. +49 (0)89 244 10 33-0, Fax -47
Dom-Pedro-Str. 7, D-80637 München
Architekturgalerie München e.V. Nicola Borgmann, Dipl.Ing. M.A. DASL
mail@architekturgalerie-muenchen.de www.architekturgalerie-muenchen.de T +49 179 5168555 Türkenstrasse 30, D-80333 München
frei04 publizistik Partnergesellschaft Christian Holl, BDA a.o.
christian.holl@frei04-publizistik.de www.frei04-publizistik.de Tel. +49 (0)711 28 49 313 Klüpfelstraße 6, D-70193 Stuttgart
Zitierweise Förster, Agnes; Ackermann, Constanze; Borgmann, Nicola; Holl, Christian (2017): Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte – Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden. Endbericht vom 01.08.2017 im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).
mailto:agnes.foerster@studio-stadt-region.de
http://www.studio-stadt-region.de/
http://www.4architekten.de/
mailto:anne.keler@bmub.bund.de
mailto:karin.hartmann@bbr.bund.de
mailto:mail@architekturgalerie-muenchen.de
http://www.architekturgalerie-muenchen.de
mailto:christian.holl@frei04-publizistik.de
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Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte – Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden
Endbericht vom 01.08.2017 Impressum 2
1 Zusammenfassung 5 1.1 Problemstellung und Untersuchungsmethoden 5 1.2 Ergebnisse 6 1.3 Kritische Würdigung und Forschungsbedarf 9
Summary 11
2 Anlass und Zielsetzung des Forschungsprojekts 16
3 Heuristisches Modell und Forschungsfragen 18
4 Methodik 21 4.1 Kartografischer Überblick 21 4.2 Portraits ausgewählter Fallbeispiele 22 4.3 Schriftliche Befragung 23 4.4 Thesen und offene Fragen 25 4.5 Fachkonferenz 25 4.6 Auswertung 33 4.7 Grenzen des Forschungsprojekts 33
5 Ergebnisse 34 5.1 Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den ersten Blick 34 5.2 Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den zweiten Blick 41 5.2.1 Die vielfältigen Ausprägungen des Instruments in der Praxis 41 5.2.2 Fallbeispiele 44
Großstädte: München & Dresden 44 Kleine Großstädte: Mannheim & Wolfsburg 48 Mittel- und Kleinstädte: Arnsberg, Landshut & Baiersbronn 51 Sonderformen – Regionale, mobile und temporäre Gestaltungsbeiräte 54
5.3 Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den dritten Blick 56 5.3.1 Ein Instrument, viele Bedürfnisse 56 5.3.2 Erfolgsfaktoren der Arbeit von Gestaltungsbeiräten 58 5.3.3 Hindernisse und Grenzen von Gestaltungsbeiräten 61 5.3.4 Mehrwert und Potenziale von Gestaltungsbeiräten 63
6 Handlungsempfehlungen 68 6.1 Empfehlungen für Kommunen 68 6.2 Empfehlungen für Bund, Länder und Verbände 69 6.3 Forschungsbedarf für das BBSR 69
7 Anhang 71
7.1 Literaturliste 72 7.2 Befragung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte 74
Zusammenfassung 5
1 Zusammenfassung
1.1 Problemstellung und Untersuchungsmethoden
Baukultur ist eine Gemeinschaftsaufgabe, zu deren Gelingen viele Akteure auf der Ebene der Kommunen beitragen. Gestaltungsbeiräte sind ein wichtiges Instrument, um Baukultur im öffentlichen Diskurs, in den Verhandlungen zwischen öffentlicher Hand, privaten Investorinnen und Investoren und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu verankern. Deutschland verfügt über eine ausgeprägte und vielfältige Landschaft von Gestaltungsbeiräten, die seit Jahren wächst. Das Forschungsprojekt nahm diese Landschaft in den Blick und thematisierte die Frage nach dem Mehrwert von Gestaltungsbeiräten für Kommunen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Herausforderungen und Ausgangsbedingungen. Die Bundesrepublik Deutschland bot dabei den Erfahrungsraum, der für die Untersuchung und den Dialogprozess im Rahmen des Projekts genutzt wurde. Anknüpfend an die aktuellen Publikationen und Initiativen, unter anderem der Bundesstiftung Baukultur, des Netzwerks der Bauministerkonferenz und des Bunds Deutscher Architekten, stellte das Forschungsprojekt „Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte – Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden“ die aktuelle Situation und zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten der Landschaft der Gestaltungsbeiräte in seinen Facetten dar.
Das Forschungsprojekt zielte konkret auf die Wissensgenerierung mit besonderem Augenmerk auf den Dialog mit und unter den Akteuren auf kommunaler, Landes- und Bundesebene. Durch die inhaltliche und konzeptionelle Forschungsarbeit wurde die Landschaft der Gestaltungsbeiräte quantitativ und qualitativ erfasst und im Hinblick auf den Mehrwert untersucht, den Kommunen durch Gestaltungsbeiräte erwarten können. Ziel war darüber hinaus die Würdigung und Unterstützung der lokalen und regionalen Aktivitäten rund um die Gestaltungsbeiräte.
Folgende Forschungsfragen wurden unter anderem im Projekt gestellt:
– Wie ist die qualitative Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland
beschaffen? Welche regionalen Unterschiede gibt es?
– Welche Erfolgsfaktoren, Hindernisse und Grenzen begleiten die Arbeit von Gestaltungsbeiräten?
– Welche Effekte haben Gestaltungsbeiräte auf die Bau-, Planungs- und Beteiligungskultur?
– Welchen Mehrwert hat die Arbeit der Gestaltungsbeiräte und welche Potenziale sind noch nicht ausgeschöpft?
Die Forschungsarbeit wurde entlang eines heuristischen Modells angelegt, das als Grundlage für das weitere Forschungsvorgehen im Projektverlauf an neue Wissensstände angepasst wurde. Die Strukturierung unterschied die Arbeitsweise, die Rahmenbedingungen sowie die Wirkung von Gestaltungsbeiräten und generierte aus dieser Betrachtung die Ebenen ihres Mehrwerts.
Im Projekt wurden verschiedene methodische Zugänge kombiniert. Zentrales Element war die Fachkonferenz „Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte – Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden“ am 17.Mai 2017.
Bedeutung des Themas Gestaltungsbeiräte
Aufgabe und Zielsetzung des Forschungsprojekts
Grundlagen der Forschung und Methodik
1 Zusammenfassung 6
Grundlagenforschung im Vorfeld der Konferenz schuf einen Überblick über die Landschaft der Gestaltungsbeiräte und identifizierte relevante Themenbereiche für die Konferenz. In einem kartografischen Überblick wurde die Landschaft der Gestaltungsbeiräte visualisiert und die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Arbeit dargestellt. Neben den circa 130 festen, gesamtstädtisch und kommunal agierenden Gestaltungsbeiräten, wurden die acht temporären, regionalen und mobilen Beiräte als Sonderformen betrachtet.
Für eine intensivere Untersuchung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte wurden Fallbeispiele ausgewählt und mit Kriterien ihrer strukturellen Organisation, der baukulturellen Indikatoren der Gemeinden und mit den Kenndaten zur Stadt- und Raumentwicklung erfasst. Die Ergebnisse dienten als Grundlage zur Bildung von Paarungen, sogenannten „ungleichen Zwillingen“, die sich einerseits durch ähnliche Stadtgrößen und damit vergleichbare Verwaltungsstrukturen und andererseits durch unterschiedliche Praxis im Umgang mit ihren Gestaltungsbeiräten auszeichnen. Damit wurde exemplarisch die Vielfalt der Herangehens- und Organisationsweisen erfasst, vergleichbar gemacht und die Grundlage gelegt, sie in ihren Wirkungen erfassen und einschätzen zu können. Eine schriftliche Befragung aller Gestaltungsbeiräte über ihre Erfolgsfaktoren und Hemmnisse sowie ihre Arbeitsweise und die Einschätzung ihres Mehrwerts wurde ergänzend im Vorfeld der Konferenz durchgeführt.
Die am 17.Mai 2017 in der Multihalle in Mannheim durchgeführte Fachkonferenz „Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte – Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden“ nahm im Rahmen des Projekts eine Doppelfunktion ein: Einerseits war sie Teil der empirischen Arbeit, indem Expertinnen und Experten ihre Erfahrungen zur deutschen Landschaft der Gestaltungsbeiräte mitteilten und austauschten. Andererseits war die Konferenz ein wichtiger Schritt, um die Diskussion und das Bewusstsein für die Bedeutung der Gestaltungsbeiräte zu fördern. An der Konferenz nahmen neben Mitgliedern von Gestaltungsbeiräten aus ganz Deutschland auch Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung und Politik sowie Kommunen teil, die aktuell eruieren, einen eigenen Beirat aufzustellen.
1.2 Ergebnisse
Die Landschaft der Gestaltungsbeiträte ist vielfältig und in ihrer Komplexität abhängig von Stadtgröße und anderen Parametern zu betrachten. Gestaltungsbeiräte zeigen sich als flexibel einsetzbares und formbares Instrument, welches sich individuell nach den jeweiligen kommunalen Herausforderungen und Rahmenbedingungen unterscheidet. Die quantitativen Betrachtungen zeigen ein Instrument, welches sich vor allem im städtischen Raum seit Jahren etabliert und gefestigt hat. Die steigende Zahl der Gestaltungsbeiräte und die differenzierter werdende Landschaft dokumentiert ein allgemein großes Interesse und ein wachsendes Engagement im Bereich der Baukultur. Deutliche räumliche Konzentrationen finden sich in Baden- Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Als weiches, unter stark unterschiedlichen Rahmenbedingungen eingesetztes und entwickeltes Instrument, unterliegen Gestaltungsbeiräte keiner einheitlichen Formalisierung, auch wenn sie das übergeordnete Ziel eint, Architektur und Stadtgestalt zu verbessern. Die Vielzahl und das stetige Wachstum der Zahl der Gestaltungsbeiräte und die Entwicklung von Sonderformen zeigen, dass das Instrument große Wirkung hat und sich auch in bestehenden Verwaltungsstrukturen fortentwickelt.
Auch in der qualitativen Erfassung der Gestaltungsbeiräte in Deutschland zeigt sich eine große Vielfalt. Die Kommunen nutzen das Instrument mit deutlichen Unterschieden in Besetzung und Arbeitsweise, Art und Projektstand der behandelten Objekte. Auch im Themenbereich der öffentlichen und nicht-öffentlichen Sitzungen
Fachkonferenz
Übersicht über die Landschaft der Gestaltungsbeiräte
1 Zusammenfassung 7
handhaben die Geschäftsstellen und die Gestaltungsbeiräte die Regelungen ganz unterschiedlich. Die Betrachtung der Sonderformen der Gestaltungsbeiräte zeigt, dass die mobilen, regionalen und temporären Beiräte bisher wenig genutzt werden.
Schließlich zeigen sich auch unterschiedliche kommunale Bedürfnisse, welche zu den beobachteten vielfältigen Ausprägungen der Gestaltungsbeiräte führen. Die Vielfalt des Instruments ist durch die besondere Konstellation der Zusammenarbeit von Architektinnen und Architekten, Verwaltung und Politik geprägt, die im Gestaltungsbeirat kulturell-gesellschaftliche Anliegen jenseits ökonomischer Bedingungen beraten und anschließend vermitteln. Der Gewinn der Arbeit von Gestaltungsbeiräten besteht deshalb in der Generierung von Kriterien guter Gestaltung, die nicht nur bei den im Gestaltungsbeirat beratenen Projekten, sondern auch darüber hinaus angewendet werden können.
Trotz der großen Differenzierung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte lassen sich Erfolgsfaktoren, Hindernisse sowie Grenzen des Instruments erkennen. Der Mehrwert der Gestaltungsbeiräte kann über wirkungsvolle Bausteine ihrer Arbeit erreicht werden. Dabei spielen die Bausteine „Beratung und Wissenstransfer“, „Baukultur eine Sprache geben“ und „Öffentlichkeit herstellen“ eine zentrale Rolle. Neben deutlichen Synergien zeigen sich zwischen den Bausteinen auch Widersprüche in Grundverständnis und Arbeitsweise der Gestaltungsbeiräte.
Überzeugung durch Argumente und Transparenz. Die Einstellung zum Instrument als einem eine Kommunikation einleitenden und begleitenden Prozess ist für das Gelingen essenziell und eine grundlegende Voraussetzung. Da ein Gestaltungsbeirat ein beratendes Gremium ist, misst sich die Wirkung des Gestaltungsbeirats letztlich allein daran, wie überzeugend das Votum ist und wer davon überzeugt werden kann. Gelingt dies, können Politiker und Verwaltungsmitglieder diese Argumente für andere Auseinandersetzungen übernehmen und anwenden. Für den Erfolg der Arbeit von Gestaltungsbeiräten ist es wesentlich, dass auch bei jenen Projekten, die nicht im Gestaltungsbeirat beraten werden, die Kriterien guter Gestaltung angewendet werden. Gleichzeitig muss öffentlich über Baukultur kommuniziert werden und der Wille gute Architektur und Stadtgestalt zu fördern bei allen Akteuren der Baukultur vorhanden sein. Der Gestaltungsbeirat sollte transparent agieren, damit sowohl die Verwaltung, als auch die Politik und die Bevölkerung – auch voneinander – lernen. Hierbei muss offengelegt werden, warum eine Empfehlung des Gestaltungsbeirats auf diese Weise getätigt wurde und vermittelt, was „gute Gestaltung“ bedeutet und wie die lokale Baukultur nachhaltig davon profitiert. Entscheidend ist die Sichtbarkeit der Arbeit der Gestaltungsbeiräte am Objekt. Ein gutes Projekt sichert die Akzeptanz des Gestaltungsbeirats für weitere Projekte.
Die richtige Besetzung des Gremiums. Die Erfassung der regionalen und ortstypischen Rahmenbedingungen ist ein wesentlicher Teil der Konzeption und Organisation eines Gestaltungsbeirats. Die Besetzung des Gremiums muss den Zielen, die mit einem Gestaltungsbeirat verfolgt werden, entsprechen. Das Gremium ist ein dynamisches Instrument, welches in der Praxis und in seiner Satzung an die individuellen Begebenheiten angepasst werden kann. Die Arbeitsweise und Besetzung des Gestaltungsbeirats ist selbst Teil des Lernprozesses, den er auslöst. Die Berufung externer Mitglieder in den Gestaltungsbeirat beugt Interessenskonflikten vor und steht für eine unabhängige Beratung ohne die Verfolgung lokaler oder persönlicher Interessen.
Akzeptanz und Kooperation. Eine erfolgreiche Arbeit des Gestaltungsbeirats ist nur dann möglich, wenn den Diskussionen eine positive und respektvolle Diskussionskultur und damit eine gute Sitzungsatmosphäre zu Grunde liegen. Eine gemeinsame Basis von Beirat, Verwaltung und Politik ist deshalb essenziell. Ein
Erfolgsfaktoren
1 Zusammenfassung 8
vertrauter, respektvoller Umgang zwischen dem Gestaltungsbeirat und der Verwaltung bedeutet, dass die Beratungen aufeinander abgestimmt sind und gezielt auf die Stadtentwicklungsstrategien der Städte und Gemeinden eingehen. Gestaltungsbeiräte ersetzen keine Bauverwaltung. Die Projekte müssen zeitlich so eingereicht werden, dass eine Berücksichtigung der Empfehlungen möglich ist.
Um erfolgreich beraten zu können, ist es wichtig, mit der Inanspruchnahme der Beratung durch den Gestaltungsbeirat keine zeitliche Behinderung des Projektablaufs zu provozieren. Alle im Beirat eingereichten Projekte und Bauvorhaben sollten bereits vor der Beratung bauaufsichtlich überprüft werden. Eine spätere bauaufsichtliche Überprüfung könnte hingegen den Projektzeitplan unnötig verzögern. Die Kompetenzen zwischen Gestaltungsbeirat und Verwaltung müssen klar voneinander abgegrenzt sein, die Politik aktiv eingebunden werden. Der Gestaltungsbeirat muss neben der Verwaltung und Politik auch von der ansässigen Architektenschaft akzeptiert werden, um mit Projekten der Alltagsarchitektur betraut zu werden.
Diskussion und Kommunikation. Der Gestaltungsbeirat allein sichert keine breite Diskussion über Baukultur, wenn er nicht von Medien, Politik und Öffentlichkeit unterstützt wird. Der Gestaltungsbeirat kann durch eine enge Zusammenarbeit von allen Beteiligten aber ein Katalysator im öffentlichen Diskurs um Baukultur sein. Der Grad der Öffentlichkeit muss geübt werden und kann nur durch Routine im Umgang mit Architektinnen und Architekten, Bauherrinnen und Bauherren, der Presse, der Verwaltung und der Politik funktionieren. Aus diesem Grund braucht ein Gestaltungsbeirat eine gewisse interne Arbeitszeit. Erst dann kann er mit der Dokumentation und Evaluation des Projekts und der eigenen Arbeit nach außen treten.
Flankierende Maßnahmen können die Arbeit des Gestaltungsbeirats wirkungsvoll unterstützen. Dazu zählt eine ergänzende Öffentlichkeitsarbeit, welche den Gestaltungsbeirat bekannt macht und Erfolge kommuniziert. Zugleich gilt es auszuloten, welches Bedürfnis in der Kommune besteht, öffentlich über Baukultur zu diskutieren oder auch das Thema Baukultur stärker in die Öffentlichkeit zu rücken. Darauf aufbauend können passende Angebote entwickelt und auch Partnerschaften gesucht werden, welche die Arbeit des Gestaltungsbeirats unterstützen und das Gremium zugleich nicht organisatorisch überfordern.
Dialogplattformen und Erfahrungsaustausch. Die Fachtagung in Mannheim hat gezeigt, dass der Austausch zwischen den Kommunen und verschiedenen Verantwortlichen sehr geschätzt wird und für das Gelingen auf der lokalen Ebene wichtig ist. Das Lernen von guten Beispielen anderer Kommunen kann den Prozess in der eigenen Stadt fördern. Gerade aufgrund der vielfältigen lokalen Ausprägungen des Instruments ist es eine große Hilfe, die jeweiligen Erfahrungen, aktuellen Herausforderungen sowie auch Perspektiven der Weiterentwicklung des Gremiums Gestaltungsbeirat überkommunal zu erörtern. Die Einbettung der Arbeit von Gestaltungsbeiräten in ein Netzwerk baukulturell interessierter und engagierter Verbände, Vereine und Initiativen hilft auf lokaler Ebene. Aber auch interkommunal sowie auf der Ebene von Ländern und Bund ist die Vernetzung baukultureller Angebote von Bedeutung. Das Instrument kann gestärkt und zugleich auch entlastet werden, wenn dieses Bedürfnis in anderen baukulturellen Formaten Platz findet.
Das Forschungsprojekt geht grundsätzlich davon aus, dass die Arbeit von Gestaltungsbeiräten einen Mehrwert für die Ebenen Stadtgestalt und Alltagsarchitektur, Kommunikation und Beteiligung sowie Image und Standortförderung generiert. Der individuelle sicht- und spürbare Mehrwert für die
Ebenen des Mehrwerts
1 Zusammenfassung 9
Kommunen ist abhängig von den Ausgangs- und Rahmenbedingungen für die Arbeit der Beiräte.
Stadtgestalt und Alltagsarchitektur. Neben einzelnen qualitativ herausragenden Gebäuden und Ensembles spielt für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie Nutzerinnen und Nutzer die Qualität im Alltag der Kommune und Region eine wichtige Rolle. Neben den Leuchttürmen der Baukultur können Gestaltungsbeiräte – vor allem dann, wenn sie auch ihre Potenziale in Bereich Kommunikation und Marketing nutzen – einen Beitrag leisten, die Alltagsarchitektur und die Gestalt einer Stadt zu stärken. Das ist ein mittel- bis langfristiger Prozess, der sich dann einstellt, wenn Architektinnen und Architekten, Bauherrinnen und Bauherren, Verwaltung und Politik ihre Erfahrungen aus dem Diskurs um Baukultur im Rahmen der Arbeit der Gestaltungsbeiräte außerhalb des Gremiums einsetzen.
Kommunikation und Beteiligung. Baukultur selbst ist eine Kommunikationsaufgabe, daher bietet sie potenzielle Synergien zur Information und Partizipation verschiedener Interessengruppen in den Kommunen. Die Art und Weise, wie in einer Kommune über Ortsentwicklung und Architektur kommuniziert wird und wer sich zu was und wie artikuliert, beeinflusst die Arbeit und die Struktur von Gestaltungsbeiräten. Zugleich kann die gelungene Arbeit von Gestaltungsbeiräten dazu beitragen, diese Kommunikationskultur zu stärken.
Image und Standortförderung. Gutes Bauen, gelungene Stadtgestaltung und Architektur helfen, eine Kommune oder auch eine ganze Region als Standort zu stärken und zu positionieren. Das kann für die Attraktivität als Wohnstandort, für Unternehmen und auch für den Tourismus gelten. Die enge Verzahnung von Baukultur und Regionalentwicklung zeigt sich beispielsweise in Regionen wie Vorarlberg/ Bregenzerwald oder Südtirol. In Städten, die von bedeutsamer historischer Bausubstanz geprägt werden, werden Gestaltungsbeiräte vielfach in der Rolle gesehen, dieses Erbe und das Stadtbild zu schützen und behutsam fortzuentwickeln.
1.3 Kritische Würdigung und Forschungsbedarf
Aufgrund des eingeschränkten zeitlichen Rahmens und der Fülle an spezifischen Ausprägungen des Instruments Gestaltungsbeirat stellt das Projekt vor allem einen Themenaufriss und eine erste Sondierung dar, aus denen im Wesentlichen Empfehlungen für unterschiedliche Ebenen und weiterer Forschungsbedarf abgeleitet werden können.
Im Ergebnis macht das Forschungsprojekt deutlich, wie vielfältig die Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland ist und beschreibt diese in ersten Konturen. Die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Ebenen im heuristischen Modell konnten in einem strukturellen Rahmen untersucht werden. Die vorhandenen Wissenslücken im Themenkomplex der Gestaltungbeiräte konnten mit dem Projekt in Teilbereichen gefüllt werden. Eine eindeutige Erklärung, wie es zur stark heterogenen Verteilung der Gestaltungsbeiräte innerhalb Deutschlands kommt, bleibt das Forschungsprojekt beispielsweise schuldig. Hier wird nicht nur eine stark lokal geprägte Baukultur, die sich von Stadt zu Stadt stark unterscheidet, sichtbar, sondern auch, dass das Instrument auf keine verbindliche rechtliche Rahmensetzung aufbaut und daher von jeder Gemeinde individuell angewandt und entwickelt werden kann.
Besonderer Vertiefungsbedarf besteht in Bezug auf den Mehrwert und die Potenziale der Gestaltungsbeiräte auf den verschiedenen Ebenen – Stadtgestalt und Alltagsarchitektur, Image und Standortmarketing sowie Kommunikation und
1 Zusammenfassung 10
Beteiligung. Aufgrund der spezifischen Rahmenbedingungen und der teils kurzen Bestandsdauer einiger Beiräte, sind Rückschlüsse auf den sicht- und spürbaren Mehrwert in vielen Fällen und daher als eine verallgemeinernde Schlussfolgerung noch nicht möglich. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts spiegeln deshalb vor allem das Instrument Gestaltungsbeirat als Prozess und nicht als Zustand wieder, dessen Erfolgsfaktoren, aber auch Hindernisse als reiches und unterstützendes Anregungspotenzial genutzt werden können, aber nicht in Form einer verallgemeinernden Anleitung fassbar ist. Die Kernessenz des Projekts ist deshalb eine schematische Darstellung des Wirkungsnetzes, des Lernprozesses, des Mehrwerts und der Potenziale, welche mit der Arbeit der Gestaltungsbeiräte angestoßen werden.
Summary 11
Summary
Problem definition and research methods
Building culture is a joint task that requires the contribution of many stakeholders on the municipal level. “Gestaltungsbeiräte“ (advisory commitees) are an important tool to increase the awareness of building culture in public discourse and in negotiations between public authorities, private investors and civil society organizations. Germany has a distinct and varied landscape of advisory commitees that has been growing for years. The research project focused on this landscape and raised the question of the added value of advisory commitees for municipalities against the background of different challenges and starting conditions. Based on current publications and initiatives, including those of the German Federal Foundation for Building Culture (Bundesstiftung Baukultur), the Framework of the conference of Ministers of construction (Netzwerk der Bauministerkonferenz), and the Federation of German Architects (Bund deutscher Architekten), the research project "More Quality through advisory commitees - Perspectives for Building Culture in Cities and Municipalities", features the landscape of the advisory commitees in its various facets.
The research project focused specifically on the generation of knowledge, with particular attention to the dialogue with and among the stakeholders on the municipal, regional and federal level. Through content-related and conceptual research, the landscape of the advisory commitees was quantitatively and qualitatively captured and analysed with regard to the added value, that municipalities can expect through advisory commitees. A further purpose was to appraise and support local and regional activities related to the advisory commitees.
Among others the following research questions were raised:
– How is the qualitative landscape of advisory commitees in Germany? What are the regional differences?
– What kind of success factors, obstacles and limitations accompany the work of advisory commitees?
– What are the effects of advisory commitees on the culture of construction, planning and participation?
– What added value does the work of the advisory commitees have and which potentials are not exploited yet?
The research work was carried out along a heuristic model, which provided the basis for further research and was adapted to new knowledge in the course of the project. Its structure differentiated between the working methods, the framework conditions and the effects of advisory commitees; from these findings their levels of added value were deduced.
Various methodological approaches were combined in the project. A central element was the conference entitled "More quality through advisory commitees - perspectives for building culture in cities and municipalities", which was held on May 17, 2017. An overview of the landscape of advisory commitees was prepared through research
Significance of the topic „Gestaltungsbeiräte“ (Advisory Commitees for Architecture and Urban Design)
Task and objective of the research project
Principles of research and methodology
0 Summary 12
steps carried out in advance of the conference and relevant topics were identified. In a cartographic overview the landscape of the advisory commitees was visualized and the different framework conditions of their work were pictured. In addition to the approximately 130 permanent advisory commitees acting on the urban or municipality level, even the eight temporary, regional and mobile advisory councils were considered as special forms.
For a more intensive study of the landscape of the advisory commitees, case studies were selected and recorded regarding the criteria “structural organization of the advisory commitees“, “indicators of the municipalities’ building culture“ and “characteristic data of their urban and spatial development“. The results served as the basis for the formation of pairs, so-called "unequal twins", which on the one hand were characterized by similar urban sizes and thus comparable administrative structures and, on the other hand, by different practices in dealing with their advisory commitees. The variety of differing approaches and organizational methods was therefore exemplarily taken, made comparable and laid the basis for appraising and assessing them in their effects. In addition a written survey among all advisory commitees on the success factors and obstacles as well as their working methods and their assessment of the added value was carried out.
The conference entitled "More quality through advisory commitees - perspectives for building culture in cities and municipalities", which was held on May 17, 2017 in Mannheim, took on a dual function for the project: on the one hand, it was part of the empirical work, facilitating an exchange of ideas on and experiences with advisory commitees among experts. On the other hand, it was an important step to promote the discussion and awareness about the importance of advisory commitees. In addition to members of advisory commitees from all over Germany, the conference was attended by administrative and political representativesas well as municipalities, which are currently investigating to install a separate advisory board.
Results
The landscape of advisory commitees is manifold and difficult to capture in all its complexity. In general, there is no recognizable pattern that suggests a correlation between the city size and other parameters. Advisory commitees are a maleable tool that must be considered flexibly and on a case by case basis, according to the respective municipal challenges and framework conditions. The quantitative research shows an instrument which has been established and consolidated for many years, especially in urban areas. The growing number of advisory commitees and their growing differentiation suggests not only a high general interest, but also a growing commitment to building culture with significant spatial concentrations in Baden- Württemberg and North Rhine-Westphalia. As a soft instrument used and developed under widely differing conditions, advisory commitees are not subject to a standardized formalization, even if they combine the overarching goal of improving architecture and urban design. The multitude and constant growth of the number of advisory commitees and the development of special forms shows that this instrument has huge impact and is also able to develope in existing administrative structures.
Even the qualitative assessment of the advisory commitees in Germany shows great diversity. The municipalities use this instrument with clear differences in staffing and mode of operation, nature and project status of the subjects being treated. Even in the area of public and non-public meetings, offices handle the work of advisory commitees quite differently. A look on the special forms of advisory commitees shows that the mobile, regional and temporary advisory commitees have so far been little used.
Conference
Overview of the landscape of advisory commitees
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Finally, there are also different municipal needs, which lead to the observed manifold variations of advisory commitees. The diversity of the instrument is characterized by the special constellation of cooperation between architects, administrators and political agents, who within the advisory commitee confer and subsequently impart cultural and social concerns beyond sole economical considerations. The value of the work of advisory commitees therefore lies in the generation of criteria for good design, which can be applied not only to the projects treated within the advisory commitees, but also beyond.
Despite the great differentiation in the landscape of the advisory commitees, success factors, obstacles and limitations of the instrument can be recognized. The potential added value of advisory commitees is achieved through effective modules of their work. The modules "advice and knowledge transfer", "giving a voice to building culture" and "creating public awareness" play a central role. Apart from clear synergies between the modules, there are also contradictions in their basic understanding and functioning.
Conviction through arguments and transparency. The attitude towards the instrument as a tool for initiating and accompanying communication is essential for its success and a fundamental precondition. Since an advisory commitee has only an advisory function, its effect is ultimately measured solely by how convincing its recommandations are and whom they can persuade. If successfull, politicians and administrators can also adopt the ideas for other disputes. Thus, it is essential for the work of advisory commitees, that the criteria of good design are also applied to projects which are not within their purview. This can also support the public discussion about building culture and good architecture. The advisory commitees should act transparently so that administration, politicians and population learn why their recommendations were made, what is meant by "good design" and how the local building culture can profit sustainably. This should include the visibility of the advisory commitees’ work on the object. A successful project ensures the acceptance of the advisory commitee for further projects. It is therefore a misguided expectation that the advisory commitee alone guarantees the quality of architecture.
The right cast of the body. The reflection of the regional and local framework conditions is an essential part of the design and conception of an advisory commitee. The aspired goals of the advisory commitee must therefore correspond with the appointment of its staff. The body is a dynamic instrument, which in its practice and its statute can be adapted to the individual circumstances. Its functioning and staffing are themselves part of the learning process they cause. The appointment of external members to the advisory commitee prevents conflicts of interest and stands for independent advice without persuing personal interests.
Acceptance and cooperation. Successful work of the advisory commitee is only possible if the discussions are based on a positive and respectable culture of discussion and a good working atmosphere. A common foundation of advisory board, administration and politics is therefore essential. Trustful, respectful interaction between the advisory commitee and the administration means, that consultations are coordinated and adress the urban development strategies of cities and municipalities. Advisory commitees can not replace the building authorities. The projects have to be submitted on time, so that the recommendations can be taken into account. In order to be able to successfully advise, it is important not to impede the duration of the project through the use of the advisory commitee. All (construction) projects submitted to the advisory commitee should be inspected by the building authorities before the consultation. A subsequent inspection could, however, delay the schedule of the project unnecessarily. The competences between the advisory commitee and
Success factors
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the administration must be clearly defined and politicians should be actively involved. In addition to administration and politics, the advisory commitee also has to be accepted by local architects in order to be entrusted with projects of “everyday architecture“.
Discussion and communication. The advisory commitee alone does not ensure a broad discussion on building culture if it is not supported by media, politics and the public. However, through a close co-operation of all stakeholders, the advisory commitee can be a catalyst in the public discussion about building culture. The degree of publicity has to be practiced and can only function through routine in dealing with architects, builders, the press, administration and politics. For this reason, an advisory commitee needs a certain amount of internal working time. Only then can it proceed with the external documentation and evaluation of a project and the commitees own work.
Accompanying measures can effectively support the work of the advisory commitee. This includes supplementary public relations work, which raises awareness for the advisory commitee and communicates its success. At the same time, it is important to determine the need in the municipality to publicly discuss about building culture, or to raise public awareness for the subject of building culture. Based on this, suitable offers can be developed and partnerships can be choosen which can support the work of the advisory commitee and at the same time not overload the body.
Dialogue platforms and exchange of experience. The conference in Mannheim has shown that the exchange between local authorities and various persons responsible for advisory commitees is highly valued and is important for the success on the local level because it reflects a mutual appreciation. Especially due to the manifold local manifestations of the instrument, it is a great help to discuss the respective experiences, current challenges and prospects for the further development of advisory commitees. Embedding the work of advisory commitees into a network of culturally interested and committed associations and initiatives helps on the local level. But even on the intercommunal, interregional and federal level the interlinking of offers regarding the building culture is important. The instrument can be strengthened and at the same time relieved if this need finds its place in other formats of building culture.
The research project basically assumes that the work of advisory commitees generates added value on the levels of “urban design and everyday architecture“, “communication and participation“ and “promotion of image and location“. The individually visible and perceptible added value for the municipalities depends on the initial starting- and framework conditions for the work of the advisory commitees.
Urban design and everyday architecture. Apart from individual buildings and architectural ensembles of outstanding quality, the quality of everyday life in the municipality and region play an important role for residents and users. In addition to “lighthouses“ of building culture, advisory commitees - especially if they also use their potential in the field of communication and marketing - can contribute to everyday architecture and the general shape of a city. This is a medium-to-long-term process, which can occur when architects, builders, administrators and politicians use their experiences from the discourse on building culture within the framework of the advisory commitees even outside the body.
Communication and participation. Building culture itself is a communication task and therefore offers potential synergies for information and participation of different interest groups in the municipalities. The way in which a municipality communicates about the development of the place and the architecture and who articulates what and
Levels of added value
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how, influences the work and structure of advisory commitees. At the same time, the successful work of advisory commitees can help strengthen this communication culture.
Promotion of image and location. Attractive urban design and architecture help to strengthen and position a municipality or a whole region as a location. This can promote the municipality as an attractive place of residence, for businesses and also for tourism. The potentially close interlink of building culture and regional development is evident, for example, in regions such as Vorarlberg / Bregenzerwald or South Tyrol. Where cities are characterized by significant historical buildings, advisory commitees are often seen in the role of protecting this heritage and developing it cautiously.
Critical assessment and research needs
Due to the limited time frame and the abundance of specific characteristics of the instrument of advisory commitees, the project can be seen primarily as a first exploration of the topic which can essentially lead to recommendations for different levels and further research needs.
As a result, the research project makes clear how diverse the landscape of advisory commitees in Germany is and it describes them in first contours. The correlations between the different levels in the heuristic model could be analysed in a structural framework. The existing knowledge gaps in the field of advisory commitees could only be filled in some areas. The research project could not deliver a clear explanation for the heterogeneous distribution of advisory commitees within Germany. It shows not only a strongly localized building culture, different from city to city, but also the fact that the instrument does not build on a binding legal framework and can therefore be applied and developed individually by each municipality.
There is a special need to further analyse the added value of advisory commitees on different levels - urban design and everyday architecture, image and location marketing as well as communication and participation. Due to the specific framework conditions and the short duration of some advisory commitees, in many cases it is not yet possible to draw conclusions on the visible and perceptible added value. Thus, general conclusions can not yet be drawn. The results of the research project therefore reflect, above all, the advisory commitees as a process and not as a state, whose success factors, but also obstacles and limitations, can be used as a rich and supportive potential, but can not be defined in the form of a generalized guide. The core essence of the project can therefore only be a schematic display of the network of effects, the theoretical added value and the learning process initiated by the work of the advisory commitees, in order to show further research needs.
Anlass und Zielsetzung des Forschungsprojekts 16
2 Anlass und Zielsetzung des Forschungsprojekts
Baukultur ist eine Gemeinschaftsaufgabe, zu deren Gelingen viele Akteure auf der Ebene der Kommunen beitragen. Gestaltungsbeiräte sind ein wichtiges Instrument, um Baukultur im öffentlichen Diskurs, in den Verhandlungen zwischen öffentlicher Hand, privaten Investoren und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu verankern. Deutschland verfügt über eine ausgeprägte und vielfältige Landschaft von Gestaltungsbeiräten.
Das Themenfeld der Gestaltungsbeiräte ist im Bereich der aktuellen Forschung auf einen ersten Blick unterrepräsentiert. Aus diesem Grund hat das Netzwerk Baukultur der Bauministerkonferenz im März 2016 einen Fragebogen für Gestaltungsbeiräte erstellt. Die Ergebnisse der Befragung unter den Ländern liefern Beschreibungen zu Gestaltungsbeiräten unter anderem aus dem Saarland, aus Hamburg, Rheinland- Pfalz oder Baden-Württemberg. Die Ergebnisse geben einen allgemeinen Einblick in die Organisationsstrukturen der Gestaltungsbeiräte mit exemplarischen Auszügen der Satzungen.
Die Bundesstiftung Baukultur beschäftigte sich in ihrem Baukulturbericht Stadt und Land 2016/17 ebenfalls mit dem Thema, unter der Überschrift Planungskultur und Prozessqualität – Mehr Qualität der gebauten Lebenswelt durch bessere Planung. Die Stiftung legte ihren Schwerpunkt auf die Beschreibung des Instruments der mobilen Gestaltungsbeiräte. Dazu führte sie auch quantitative Erhebungen zur Visualisierung der Verteilung der Beiräte in Deutschland durch. Bei dem im November 2016 stattgefundenen Konvent der Baukultur initiierte die Bundesstiftung eine Workshoprunde mit Akteuren aus dem Feld der Baukultur sowie daran anknüpfend ein weiteres Netzwerktreffen am 19. und 20.Oktober 2017 in Freiburg.
Einige Architektenkammern der Länder gaben in den vergangenen Jahren zudem Broschüren über mobile Beiräte heraus, in denen diese Sonderformen des Instruments, ihre Rahmenbedingungen sowie die Formalien zur Beauftragung eines temporären Gestaltungsbeirats verschriftlicht und Empfehlungen für Geschäftsordnungen zusammengestellt wurden.
Gestaltungsbeiräte existieren, teils in abgewandelter Form, seit Jahrzehnten. Doch ebenso wie architektonische Ansprüche und lokale Baukultur befindet sich das Instrument in einem fortwährenden Entwicklungsprozess. Die Zahl der Gestaltungsbeiräte steigt und die Aufgaben und Beschäftigungsfelder scheinen vielfältiger zu werden. Zu den klassischen Gestaltungsbeiräten gesellen sich seit einigen Jahren die im Projekt besonders betrachteten Sonderformen in Gestalt der temporären, mobilen und regionalen Gremien. Seit 2015 fördert das Land Baden- Württemberg, bisher als einziges Bundesland, finanziell die Neugründung von Gestaltungsbeiräten in Kommunen. Einige Kommunen nehmen diese Förderung bereits in Anspruch, sodass die Zahl der Gestaltungsbeiräte in Baden-Württemberg stärker zugenommen hat als in andere Bundesländern.
Gemessen an der steigenden Zahl der Beiräte in Deutschland und an der Entwicklung der Sonderformen wächst die Bedeutung des Instruments der Gestaltungsbeiräte. Das Forschungsprojekt nimmt diese Entwicklung auf und hinterfragt die Rahmenbedingungen bis hin zum - aufgrund der kurzen Bestandsszeit der Beiräte nur gering messbaren - Mehrwert.
Bedeutung des Themas Gestaltungsbeiräte
2 Anlass und Zielsetzung des Forschungsprojekts 17
Das BBSR und BMUB brachten sich mit dem Forschungsprojekt aktiv als Akteure der Baukultur ein und leisteten damit einen Beitrag zur Diskussion. Ziel des Forschungsprojekts war ein genereller Überblick über die Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland mit einer ersten quantitativen Betrachtung und dem Sichtbarmachen von regionalen Unterschieden. In einer qualitativen Differenzierung entstand anhand der Betrachtung konkreter Fallbeispiele ein komplexes Bild der Landschaft und der Bedürfnisse der Kommunen, die mit dem weichen, anpassbaren Instrument des Gestaltungsbeirats in Verbindung stehen. Neben der quantitativen und qualitativen Forschung schuf das Forschungsprojekt eine Basis zur Vernetzung der Erfahrungsträger rund um die Themen Gestaltungsbeirat und Baukultur zwischen Kommunen, Ländern, Kammern, Stiftungen und dem Bund.
Das Forschungsprojekt hatte den Charakter eines Vorprojekts, welches das Thema strukturierte und sondierte. Es zielte auf die Wissensgenerierung ab, mit dem besonderen Augenmerk auf den Dialog mit den Akteuren auf kommunaler, Landes- und Bundesebene. Ziel war die Würdigung und Unterstützung der lokalen und regionalen Aktivitäten rund um die Gestaltungsbeiräte mit Hilfe des Aufrisses von Forschungsfragen, Hypothesen und methodischen Ansätzen und darüber hinaus die Identifikation des weiteren Forschungsbedarfs im Themenbereich der Gestaltungsbeiräte und der Baukultur. So konnte dieses Projekt nur eine erste Betrachtung des Mehrwertes der Arbeit von Gestaltungsbeiräten und erste Handlungsempfehlungen für Kommunen, Länder und Bund leisten. Weitere Forschungen können auf den gesammelten Erkenntnissen aufbauen.
Aufgabe und Zielsetzung des Forschungsprojekts
Heuristisches Modell und Forschungsfragen 18
3 Heuristisches Modell und Forschungsfragen
Zur Verdeutlichung des Untersuchungsgegenstandes wurde ein heuristisches Modell erstellt, das als Grundlage für das weitere Forschungsvorgehen im Projektverlauf an neue Wissensstände angepasst wurde. Das Ziel war nicht, Gestaltungsbeiräte theoretisch zu erfassen, sondern die Landschaft der Gestaltungsbeiräte und damit die Diskussion um den Mehrwert des Instruments auf verschiedenen Ebenen zu strukturieren. Das heuristische Modell unterschied Arbeitsweise, Rahmenbedingungen und Effekte von Gestaltungsbeiräten und unterstützte den Dialog darüber, was erforscht werden soll und welche Faktoren und Zusammenhänge für die Arbeit von Gestaltungsbeiräten wichtig sind. Aus dieser Betrachtung wurden Ebenen des Mehrwerts von Gestaltungsbeiräten generiert, die über die Qualitätssicherung einzelner Bauvorhaben hinausgehen und in einen kommunalen und regionalen Lernprozess hineinwirken.
Abbildung 1: Heuristisches Modell.
Das Modell gibt sechs gedankliche Ebenen vor (Nummerierung in Abbildung):
1. Die Institution Gestaltungsbeirat: Organisationsstruktur, Finanzierung, Anzahl
Mitglieder, Berufszugehörigkeit der Mitglieder (z.B. Landschaftsplaner,
Heuristisches Modell
3 Heuristisches Modell und Forschungsfragen 19
Denkmalpfleger, Architekten, etc.), Verhältnis lokale und externe Mitglieder, Art der Satzung, Ernennungszyklus, Sitzungshäufigkeit, temporäre und mobile Ansätze.
2. Die Arbeitsweise des Gestaltungsbeirats in der Genehmigungspraxis für Bauvorhaben: Auswahl der zu betrachtenden Bauvorhaben, Zeitpunkt der Erörterung im Diskussions- und Genehmigungsprozess, Inhalte der Erörterung, lokale Ausprägung der Diskussion über Baukultur, Art und Verbindlichkeit der Empfehlung, Form der Überarbeitung nach Empfehlung, Art und Zeitpunkt der Einbindung der Öffentlichkeit.
3. Position und Rolle des Gestaltungsbeirats in der Kommune im Verhältnis zu Politik, Verwaltung, Fachwelt, Bauherren und Investoren sowie Öffentlichkeit: starker oder schwacher Rückhalt, Ansehen, Akzeptanz, Wissens- und Erfahrungsaustausch, Legitimation, Einflussnahme.
4. Rahmenbedingungen auf der Ebene der Länder und des Bundes: Anreize und Förderungen, Rolle, Einflussnahme und Vernetzung mit anderen Akteuren der Baukultur, Wettbewerbskultur, Art und Umfang des Wissens- und Erfahrungsaustauschs zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
5. Effekte auf die bauliche Umgebung: Das zu beratende Bauwerk im Kontext der mittel- und langfristig verbesserten baulichen Umgebung in Quartier, Stadt, Region.
6. Effekte auf die Bau-, Planungs-, Diskussions- und Beteiligungskultur: Mittel- und langfristige Effekte des Gestaltungsbeirats im Sinne des Lernens innerhalb und zwischen den verschiedenen kommunalen Akteuren.
Abbildung 2: Ebenen des Mehrwerts.
– Kommunikation und Beteiligung. In der Erörterung und Empfehlung zu einzelnen Planungen und Bauvorhaben übernehmen Gestaltungsbeiräte eine kommunikative Aufgabe. Sie setzen sich mit vorgelegten Plänen, Visualisierungen und Modellen auseinander, erörtern diese, fragen bei den Projektbeteiligten nach und tragen ihre Hinweise und Empfehlungen den Planern, Bauherren und Vertretern aus Verwaltung und Politik vor. Über diesen engen Akteurskreis hinaus stehen die Kommunen vor der
Ebenen des Mehrwerts
3 Heuristisches Modell und Forschungsfragen 20
Aufgabe, den Ansprüchen weiterer Zielgruppen und der Öffentlichkeit nach Information und Mitsprache in der Ortsentwicklung gerecht zu werden. Baukultur ist selbst eine Kommunikationsaufgabe, daher bietet sie potenzielle Synergien zur Information und Partizipation verschiedener Interessengruppen in den Kommunen. Die Art und Weise, wie in einer Kommune über Ortsentwicklung und Architektur kommuniziert wird, wer sich zu was und wie artikuliert, beeinflusst die Arbeit und die Struktur von Gestaltungsbeiräten. Zugleich kann die gelingende Arbeit von Gestaltungsbeiräten dazu beitragen, diese Kommunikationskultur zu stärken.
– Image und Standortförderung. Gutes Bauen, gelungene Stadtgestaltung und Architektur helfen, eine Kommune oder auch eine ganze Region als Standort zu stärken und zu positionieren. Das kann für die Attraktivität als Wohnstandort, für Unternehmen und auch für den Tourismus gelten. Die potenziell enge Verzahnung von Baukultur und Regionalentwicklung zeigt sich beispielsweise in Regionen wie Vorarlberg/ Bregenzerwald oder Südtirol. Dort, wo Städte von bedeutsamer historischer Bausubstanz geprägt werden, werden Gestaltungsbeiräte vielfach in der Rolle gesehen, dieses Erbe zu schützen und behutsam fortzuentwickeln. Neben dem Bewahren könnte Baukultur – und könnten damit auch Gestaltungsbeiräte – eine entwickelnde Rolle haben und dazu beitragen, dass sich Kommunen und Regionen mit attraktiven baulichen Angeboten im Wettbewerb als Wohn-, Arbeits- oder Tourismusort positionieren.
– Stadtgestalt und Alltagsarchitektur. Neben einzelnen qualitativ herausragenden Gebäuden und Ensembles spielt für die Bewohner und Nutzer die Qualität im Alltag der Kommune und Region eine wichtige Rolle. Neben den Leuchttürmen der Baukultur geht es um die Breitenwirkung. Gestaltungsbeiräte können – vor allem dann, wenn sie auch ihre Potenziale in Bereich Kommunikation und Marketing nutzen – einen Beitrag leisten, die Alltagsarchitektur und die Gestalt einer Stadt zu stärken. Das ist ein mittel- bis langfristiger Prozess, der sich dann einstellt, wenn Architekten, Bauherren, Verwaltung und Politik ihre Erfahrungen aus dem Diskurs um Baukultur im Rahmen der Arbeit der Gestaltungsbeiräte weitertragen und für ihre jeweiligen Aufgaben nutzen.
Der Mehrwert von Gestaltungsbeiräten für Städte und Gemeinden stand vor dem Hintergrund unterschiedlicher Herausforderungen und Bedürfnisse im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens. Die bestehende Landschaft der Gestaltungsbeiräte bot dabei den Erfahrungsraum, der für die Untersuchung und den Dialogprozess im Forschungsprojekt und darüber hinaus genutzt wurde.
Vor diesem Hintergrund wurden folgende einleitende Forschungsfragen gestellt: Wie ist die qualitative Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland beschaffen? Welche regionalen Unterschiede gibt es? Vor welchen unterschiedlichen Herausforderungen und Ausgangsbedingungen stehen Gestaltungsbeiräte je nach Stadtgröße und Lage in der Bundesrepublik oder Besetzung des Gestaltungsbeirats? Welche Grenzen hat die Arbeit von Gestaltungsbeiräten? Wann ist ein Gestaltungsbeirat „erfolgreich“?
Auf einer übergeordneten Ebene wurde gefragt: Welche Effekte haben Gestaltungsbeiräte auf die Bau-, Planung-, Diskussions- und Beteiligungskultur? Worin besteht der Mehrwert des Instrumentes Gestaltungsbeirat für die Baukultur und damit verbunden, für die Themen Kommunikation & Beteiligung, Stadtgestalt & Alltagsarchitektur sowie Image und Standortförderung?
Forschungsfragen
Methodik 21
4 Methodik
Im Forschungsprojekt wurden verschiedene methodische Zugänge und empirische Bausteine kombiniert. Diese verschiedenen Methoden begleiteten die einzelnen Forschungsschritte, bauten aufeinander auf und wurden im Sinne der ergebnisorientierten Forschung angepasst. Die am 17. Mai 2017 veranstaltete Fachkonferenz „Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte – Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden“ bildete den Schwerpunkt der empirischen Arbeit im Forschungsprojekt. Die im Vorfeld der Konferenz durchgeführten Analyseschritte dienten neben der Schaffung eines Überblicks über die Landschaft der Gestaltungsbeiräte zur Vorbereitung der Fachkonferenz. Die Visualisierungen der verschiedenen Schritte und Zwischenergebnisse unterstützten die Forschung. Hierdurch wurde die Diskussion in der Fachkonferenz angeregt und sie halfen, die komplexe Landschaft der Gestaltungsbeiräte mit ihren unterschiedlichen Wirkungszusammenhängen in Forschung und Praxis zu transportieren.
4.1 Kartografischer Überblick
Zum Einstieg in das Projekt und zur Schaffung eines ersten Überblicks wurden Karten zur Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland erstellt. Die Zusammenstellungen der aktuell bestehenden Gestaltungsbeiräte der Bundesstiftung Baukultur wurden als Grundlage verwendet und aktualisiert (Bundesstiftung Baukultur 2016). Zur Ergänzung wurden die Gründungsjahre der Gestaltungsbeiräte auf den Webseiten der Gestaltungsbeiräte, in den Satzungen oder durch persönliche Ansprache recherchiert. Des Weiteren flossen die vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zur Verfügung gestellten Daten zu Raumdynamik und Bauaktivitäten der Kommunen mit Gestaltungsbeirat in die Auswertung ein. Die mit GIS erstellten kartografischen Darstellungen gehen auf die Forschungsfragen nach der Beschaffenheit der Landschaft der Gestaltungsbeiräte ein und stellen die Unterschiedlichkeit der Rahmenbedingungen ihrer Arbeit übersichtlich dar. Neben den 130 festen, gesamtstädtisch und kommunal agierenden Gestaltungsbeiräten, wurden die acht temporären, regionalen oder mobilen Gestaltungsbeiräte als Sonderformen betrachtet. Zur Strukturierung wurden die Gestaltungsbeiräte nach Stadtgrößen und Bundesländern gegliedert.
Die Stadtgröße definiert sich wie folgt (BBSR 2017):
– Große Großstadt: ≥ 500.000 Einwohner
– kleine Großstadt: 100.000 - < 500.000 Einwohner
– Mittelstadt: 25.000 - < 100.000 Einwohner
– Kleinstadt: 0 ≤ 25.000 Einwohner
Die Karten stellen die Landschaft der Gestaltungsbeiräte nach unterschiedlich angelegten Parametern, wie der Bestandsdauer, der Verteilung nach städtischen und ländlichen Räumen sowie nach wachsenden und schrumpfenden Gebieten dar.
Methodik 22
4.2 Portraits ausgewählter Fallbeispiele
Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte wurde auf den zweiten Blick intensiver und detaillierter betrachtet. Zuerst wurden Kriterien ermittelt, mit denen die bestehende Landschaft differenziert werden kann. Die im Kriterienbereich Gestaltungsbeirat aufgeführten Kriterien differenzierten die Arbeit der Gestaltungsbeiräte innerhalb der Kommune und gaben einen näheren Einblick in das Instrument. Der Kriterienbereich Baukultur half, Art und Umfang der vorhandenen Auseinandersetzung mit dem Thema Baukultur in einer Kommune abzuschätzen, um von da aus Rückschlüsse auf die Effekte und den Mehrwert von Gestaltungsbeiräten auf die lokale Baukultur ziehen zu können. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Baukultur wurde überblicksweise anhand der Anzahl der Baugenehmigungen 2014, der Betrachtung der Ausrichtung des Tourismus und der Entwicklung der Übernachtungszahlen sowie der Recherche nach dem Stadtimage und dem Selbstverständnis der Stadt gewährleistet. Der Kriterienbereich Stadt- und Raumentwicklung spiegelte die spezifischen Herausforderungen und Aufgaben der Gestaltungsbeiräte in einer Kommune in Bezug auf die Stadtentwicklung wider und lieferte erste Erkenntnisse zu den spezifischen Rahmenbedingungen der Arbeit der Beiräte, zu Stadtgröße, Raumtyp, Raumdynamik sowie Demographie.
Detailliert wurden folgende Kriterien untersucht:
Kriterienbereich Gestaltungsbeirat:
– Bestandsdauer
– Fest, mobil, regional, temporär
– Besetzung / Disziplinen
– Besetzung: ortsansässig / fremd
– Umfang / Intensität der Aktivität
– Tätigkeit: bezahlt / ehrenamtlich
Kriterienbereich Baukultur:
– Städtebauliche und architektonische Wettbewerbe
– Architekturpreise
– Architektur- und Planungsbüros, mit / ohne Auszeichnungen
– Standorte Hochschulen (Architektur, Landschaftsarchitektur, Design, ...)
– Diskurs zur Baukultur: Veranstaltungen, Ausstellungen, ...
– Art der Bauherren: Privat, Investoren, Genossenschaften, ...
– Engagement Zivilgesellschaft: Bürgerinitiativen, Vereine, Stiftungen
Kriterienbereich Stadt- und Raumentwicklung:
– Großstadt, Mittelstadt, Kleinstadt, Gemeinde, Region
– Wachstum / Schrumpfung
– Art und Umfang der Bautätigkeit, u.a. Umbau / Neubau
– Bausubstanz: Denkmalschutz, Nachkriegsarchitektur, Strukturwandel
– Bauliches Erbe und Bauaktivitäten
– Ökonomie: Dienstleistung, Industrie, Tourismus
Aufgrund des eingeschränkten Projektzeitrahmens war eine Analyse aller bestehenden Kommunen mit Gestaltungsbeirat nicht realisierbar. Aus diesem Grund
4 Methodik 23
wurden auf Grundlage von Erfahrungen der am Forschungsprojekt beteiligten Akteure und im Hinblick auf eine gleichmäßige geografische Verteilung in Deutschland mögliche Fallbeispiele nach Stadtgrößen vorausgewählt:
– Große Großstädte:
Berlin, Dresden, Köln, München
– Kleine Großstädte: Freiburg, Lübeck, Mannheim, Potsdam, Regensburg, Rostock, Wolfsburg
– Mittelstädte: Arnsberg, Bamberg, Dessau-Roßlau, Landshut
– Kleinstädte: Eckernförde, Eschwege, Metzingen, Sonthofen, Baiersbronn
Alle acht bestehenden Sonderformen der Gestaltungsbeiräte wurden als gesonderte Gruppe betrachtet.
Aufgrund der Untersuchung der Vorauswahl der Beispiele nach den oben beschriebenen Kriterien entstand ein Bild der Arbeit der jeweiligen Gestaltungsbeiräte und der spezifischen Rahmenbedingungen in den Kommunen. Aufgrund der Rechercheergebnisse wurden Paarungen gebildet, sogenannte „ungleiche Zwillinge“. Diese sollten einen breiten Blick auf die Landschaft der Gestaltungsbeiräte zulassen, da sie einerseits innerhalb der gewählten Stadtgrößen kontrastreiche Fälle und zugleich eine relativ ausgeglichene geografische Verteilung der Fallbeispiele in Deutschland darstellen – wenn auch mit einem süddeutschen Schwerpunkt. Diese Fallbeispiele waren:
– Große Großstadt: München und Dresden
– Kleine Großstadt: Mannheim und Wolfsburg
– Mittelstadt: Arnsberg und Landshut
– Kleinstadt: Baiersbronn und Eckernförde
Diese Paarungen wurden zur Fachkonferenz, die als wichtiger Forschungsbestandteil unter 4.5 Fachkonferenz detailliert beschrieben ist, eingeladen. Zur Vorbereitung der Konferenz wurden Visualisierungen zu den Fallbeispielen erstellt. Diese veranschaulichten die Zusammenhänge zwischen den Ebenen Gestaltungsbeirat, Baukultur sowie Stadt- und Raumentwicklung und beförderten damit die Diskussion in der Konferenz.
4.3 Schriftliche Befragung
Mit Hilfe einer schriftlichen Befragung aller 130 bestehenden Gestaltungsbeiräte und der dazugehörigen Geschäftsstellen wurde ein konkreteres Bild der Aufgaben und Rahmenbedingungen der Arbeit der Gestaltungsbeiräte in Deutschland ermittelt. Die Ansprache der Verwaltung und der Mitglieder der Gestaltungsbeiräte erfolgte über die jeweiligen Geschäftsstellen. Befragt wurde im Zeitraum vom 22. März bis 12. April 2017. Insgesamt gingen 77 Fragebögen ein. Davon antworteten 40 Mitglieder eines Gestaltungsbeirats sowie 37 Vertreterinnen oder Vertreter aus Verwaltung und Politik. Einige der antwortenden Architektinnen und Architekten sind oder waren Mitglieder in mehreren Gestaltungsbeiräten.
Die offenen Fragen deckten sieben Themenfelder ab: Die Arbeitsweise des Gestaltungsbeirats, die aus eigener Einschätzung beurteilten Erfolgsfaktoren, die bereits erzielten Erfolge, die Hindernisse, Hürden und Misserfolge sowie die Grenzen der Arbeit des Gremiums. Außerdem wurde die Einschätzung nach dem Mehrwert
4 Methodik 24
der Arbeit des Gestaltungsbeirats für die jeweilige Kommune eingeholt (7.2 Befragung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte).
Die Befragung wurde zugleich zur Ansprache und Aktivierung der Gestaltungsbeiräte für die Fachkonferenz genutzt und eine Einladung dazu mit versandt.
Abbildung 3: Rücklauf der Befragung.
4 Methodik 25
4.4 Thesen und offene Fragen
Aufbauend auf dem heuristischen Modell mit den betrachteten Ebenen, der Recherche zu den Portraits und der schriftlichen Befragung wurden strukturierte Thesen und offene Fragen entwickelt, die jene Themenbereiche abbilden, die innerhalb der Forschung als bedeutend und einflussreich für die Arbeit der Gestaltungsbeiräte herausgefiltert wurden. Die zusammengestellten Thesen bildeten die Grundlage für den Aufbau und die Diskussionen in der Fachkonferenz.
Abbildung 4: Poster Thesen und offene Fragen.
4.5 Fachkonferenz
Die Fachkonferenz mit dem Titel „Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte – Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden“ fand am 17. Mai 2017 in der Multihalle Mannheim statt. Insgesamt nahmen rund 130 Personen aus unterschiedlichen Perspektiven an der Konferenz teil: Mitglieder von Gestaltungsbeiräten, Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Politik, Kommunen, Wissenschaft und Presse.
Am 23. und 24. Februar 2017 wurden die als Fallbeispiel ausgewählten Gestaltungsbeiräte per E-Mail über die jeweiligen Geschäftsstellen eingeladen. Des Weiteren wurde die Einladung an die Amtsleiterinnen und Amtsleiter der Stadtplanungs- oder Stadtentwicklungsämter verschickt. Bei den temporären und regionalen Gestaltungsbeiräten erfolgte die Einladung über die jeweiligen Landesarchitektenkammern.
Der besondere Veranstaltungsort, die von Frei Otto, Carlfried Mutschler und Joachim Langner entworfene Multihalle in Mannheim, konnte durch die Kooperation mit Ansprechpartnern vor Ort für die Veranstaltung gebucht werden. Die von der Debatte
4 Methodik 26
um Abriss oder Nachnutzung geprägte Halle bot einen außergewöhnlichen Rahmen für die Diskussion um Baukultur in Deutschland.
Die eintägige Konferenz nahm im Rahmen des Projekts eine Doppelfunktion ein: Einerseits war sie Teil der empirischen Arbeit, da Expertinnen und Experten ihre Erfahrungen zur deutschen Landschaft der Gestaltungsbeiräte mitteilten und austauschten. Andererseits war sie der wesentliche Schritt, um die Diskussion und das Bewusstsein um die Bedeutung der Gestaltungsbeiräte für die Baukultur zu fördern.
Im Vorfeld, aber auch im Laufe der Konferenz, wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern immer wieder der Wunsch nach mehr Austausch untereinander und der besondere Mehrwert der Veranstaltung betont. Aus diesem Grund wurde die Konferenz als Möglichkeit der bundesweiten Vernetzung sehr gut angenommen.
Über einen vom BBSR zur Verfügung gestellten Verteiler wurden deutschlandweit Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Perspektiven eingeladen. Zusätzlich wurde die Veranstaltung mit Flyern und Plakaten sowie in Fachzeitschriften und auf Internetportalen beworben.
Die Konferenz bestand im Wesentlichen aus zwei Sessions. Die oben genannten Städte wurden als Fallbeispiele eingeladen. In Session 1 fand die Diskussion zwischen den „ungleichen Zwillingen“ statt, wodurch die Vielfalt der Landschaft der Gestaltungsbeiräte in einem Dialog auf Augenhöhe erörtert werden konnte. Im Mittelpunkt standen die Erfahrungen aus der organisatorischen Praxis. Aufgrund der Absage des Gestaltungsbeirats Eckernförde entschied man sich kurzfristig für eine Zusammenlegung der Mittel- und Kleinstädte. Die Fallbeispiele waren jeweils vertreten durch Mitglieder des Gestaltungsbeirats sowie Vertreterinnen oder Vertreter der Verwaltung. Die übrigen Teilnehmenden hatten so die Wahl zwischen folgenden Gruppen:
– Große Großstadt:
Fallbeispiele München und Dresden Moderation: Christian Holl und Viola Hänsel
– Kleine Großstadt: Fallbeispiele Mannheim und Wolfsburg Moderation: Dr. Agnes Förster und Natascha Harmestuk (BMUB)
– Mittel- und Kleinstädte: Fallbeispiele Arnsberg, Landshut und Baiersbronn Moderation: Constanze Ackermann und Stephanie Fabich
– Sonderformen: Fallbeispiele regionale, temporäre und mobile Gestaltungsbeiräte Moderation: Nicola Borgmann und Anne Keßler (BMUB)
Aufbauend auf den Stadtportraits wurden die Fallbeispiele untereinander verglichen und mit den Erfahrungen der übrigen Teilnehmenden aus anderen Städten angereichert.
Das Augenmerk in Session 2 lag auf der Frage, wie der Mehrwert der Arbeit von Gestaltungsbeiräten gesteigert und auf die lokale Baukultur übertragen werden kann. Dazu konnten sich die Teilnehmenden mit dem Vorwissen aus Session 1 neu zusammenstellen und zwischen folgenden Workshops wählen:
– Stadtgestalt und Alltagsarchitektur
Moderation: Christian Holl und Viola Hänsel
Zielsetzung und Methodik
Organisation und Durchführung
4 Methodik 27
– Image und Standortmarketing Moderation: Nicola Borgmann und Constanze Ackermann
– Kommunikation und Beteiligung Moderation: Dr. Agnes Förster und Stephanie Fabich
Im Laufe der Konferenz hatten die Teilnehmenden aus den unterschiedlichen Perspektiven die Möglichkeit, die bereits gewonnenen Analyseergebnisse auf Postern nachzuvollziehen und waren angehalten, die Thesen und offenen Fragen durch ihre eigenen Einschätzungen zu ergänzen. Der Austausch wurde von den Teilnehmenden als gemeinsame Reflexion jenseits des Arbeitsalltags sehr geschätzt. Innerhalb der Diskussionen in den Sessions wurde deutlich, dass es bisher nur wenig Austausch im Themengebiet der Gestaltungsbeiräte gab und dieser vielen Teilnehmenden fehlt. Die Konferenz gab selbst Impulse: So überlegt die Stadt Heidelberg, angeregt durch den Austausch der Teilnehmenden, einen Gestaltungsbeirat einzurichten und nutzte dazu unter anderem die Kontakte, die auf der Konferenz hergestellt wurden.
Zusätzlich konnte Thomas Rustemayer für die Dokumentation der Veranstaltung in Form eines Graphic Recording gewonnen werden. Im Laufe der Veranstaltung erstellte Thomas Rustemeyer ein Wandbild, welches die verschiedenen Diskussionen inhaltlich aufnahm, einen Kontext herstellte und künstlerisch umsetzte.
4 Methodik 28
Abbildung 5: Ablauf der Veranstaltung.
4 Methodik 29
Abbildung 6: Impressionen der Veranstaltung.
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Abbildung 7a: Notizen Session Großstädte aus der Veranstaltung.
Abbildung 7b: Stadtportrait Mannheim mit Notizen aus der Veranstaltung.
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Abbildung 7b: Stadtportrait Arnsberg mit Notizen aus der Veranstaltung.
Abbildung 7a: Notizen Session 1 Sonderformen aus der Veranstaltung.
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Abbildung 8: Ergebnis Graphic Recording.
4 Methodik 33
4.6 Auswertung
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts wurden basierend auf den verschiedenen empirischen Bausteinen auf drei Ebenen festgehalten – von der ersten Beobachtung über eine genauere Beschreibung bis zu ersten Zusammenhängen, die innerhalb des komplexen Themas erkennbar werden.
Die „Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den ersten Blick“ gibt mit den Karten einen Überblick über die aktuell bestehenden Gestaltungsbeiräte und ihre geografische Verteilung in Deutschland.
Die „Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den zweiten Blick“ zeigt die Vielfalt des Instruments in der Praxis. Hier fließen die Ergebnisse der Portraits und der Diskussionen in der Fachkonferenz ein.
Die „Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den dritten Blick“ nimmt erste Zusammenhänge ins Visier, die in der schriftlichen Befragung und vor allem in der Fachkonferenz deutlich wurden. Neben dem Versuch einer Erklärung der Vielfalt des Instruments werden Erfolgsfaktoren, Hindernisse und Grenzen sowie der potenzielle Mehrwert des Instruments dargestellt.
Darauf aufbauend werden Empfehlungen für Kommunen sowie Bund, Länder und Verbände und der weitere Forschungsbedarf für das BBSR formuliert.
4.7 Grenzen des Forschungsprojekts
Im Ergebnis macht das Forschungsprojekt deutlich, wie vielfältig die Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland ist und beschreibt diese in ersten Konturen. Die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Ebenen im heuristischen Modell konnten in ersten Ansätzen untersucht werden. Die Fachkonferenz hat wesentlich dazu beigetragen, erste Wirkungszusammenhänge zu erkennen und bildet die Grundlage für eine Fallstudienarbeit. Aufgrund des eingeschränkten zeitlichen Rahmens stellt das Projekt aber vor allem einen Themenaufriss dar, aus dem Empfehlungen und weiterer Forschungsbedarf abgeleitet werden.
Die vorhandenen Wissenslücken im Themenkomplex der Gestaltungbeiräte konnten mit dem Projekt nur in Teilbereichen gefüllt werden. Die aus dem Forschungsprojekt generierten Ergebnisse sind als Stichproben zu verstehen und daher nur eingeschränkt auf die gesamte Landschaft der Gestaltungsbeiräte übertragbar. Besonderer Vertiefungsbedarf besteht in Bezug auf den Mehrwert der Gestaltungsbeiräte auf verschiedenen Ebenen, in welchem noch große Potenziale liegen.
Die mit dem Forschungsprojekt angefangene Kommunikation und der Austausch zwischen den Akteuren ist ein Beginn und muss in Zukunft, auch außerhalb der Forschung, forciert werden.
Ergebnisse 34
5 Ergebnisse 5.1 Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den
ersten Blick
Der erste Blick auf die Landschaft der Gestaltungsbeiräte lieferte einen Überblick über die Beschaffenheit und geografische Verteilung in Deutschland. Die Landschaft der Gestaltungsbeiträte ist vielfältig und in ihrer Komplexität im Ganzen kaum zu erfassen. Die quantitative Betrachtung zeigt, dass das Instrument des Gestaltungsbeirats vor allem im städtischen Raum seit Jahrzehnten besteht und sich etabliert hat. Die rund 130 bestehenden sowie acht temporären, mobilen und regionalen Gestaltungsbeiräte in Deutschland dokumentieren ein allgemein großes Interesse und auch Engagement für das Thema Baukultur auf der Ebene der Kommunen mit deutlichen räumlichen Konzentrationen. Als weiches, unter stark unterschiedlichen Rahmenbedingungen eingesetztes und entwickeltes Instrument, unterliegen Gestaltungsbeiräte keiner einheitlichen Formalisierung, auch wenn sie das übergeordnete Ziel eint, Architektur und Stadtgestalt zu verbessern. Auf den ersten Blick war keine Erklärung für die heterogene Verteilung wie auch kein Zusammenhang zwischen der Bauaktivität in den Kommunen und der Existenz von Gestaltungsbeiräten feststellbar. Die Vielzahl der in den letzten Jahren hinzugekommenen Gestaltungsbeiräte zeigt, dass das Instrument lebt und sich ständig fortentwickelt.
Ein wesentlicher Ausgangspunkt für das Forschungsprojekt war die deutlich unterschiedliche räumliche Verteilung der Gestaltungsbeiräte in Deutschland. In den verschiedenen Bundesländern nutzen die Kommunen das Instrument des Gestaltungsbeirats unterschiedlich intensiv. Gestaltungsbeiräte ballen sich auffällig in Nordrhein-Westfalen, besonders im Ruhr-Gebiet sowie in Baden-Württemberg. Die Gesamtzahl der Gestaltungsbeiräte wächst in den letzten Jahren stetig an, ein paar wenige wurden auch wieder aufgelöst. Die Karten der räumlichen Verteilung der Gestaltungsbeiräte bilden ab, dass das Instrument wirkt, aktiv eingesetzt und auch eingefordert wird. Dabei spielen auch Anreize von außen, wie die Möglichkeit der Förderung eines Gestaltungsbeirats vom Land Baden-Württemberg, eine wichtige Rolle. Generell ist erkennbar, dass sich neue Gestaltungsbeiräte vor allem in wachsenden Gemeinden gründen, aber auch schrumpfende Gemeinden halten an dem Instrument fest. Trotz der hohen Gesamtzahl an Beiräten und der stetigen Zunahme, gibt es besonders in Niedersachsen mit nur vier festen und einem mobilen Gestaltungsbeirat oder auch in Brandenburg große Leerstellen in Deutschland.
Zusammenfassung
Die räumliche Verteilung der Gestaltungsbeiräte in Deutschland
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Abbildung 9: Gestaltungsbeiräte in Deutschland. Die Verteilung der 130 bestehenden Gestaltungsbeiräte nach Stadtgrößen zeigt ein regional stark differenziertes Bild, wonach sich vor allem im Ruhrgebiet und in Baden-Württemberg zahlreiche Gestaltungsbeiräte konzentrieren. Im Norden und Osten Deutschlands, wie in Brandenburg oder Sachsen, gibt es hingegen nur sehr vereinzelt Gestaltungsbeiräte. Die Karte zeigt ebenfalls die Verteilung der neueren Entwicklung der Gestaltungsbeiräte in Form der insgesamt 8 bestehenden temporären, regionalen und mobilen Gestaltungsbeiräte der Architektenkammern der Länder. Definition der Stadtgrößen: Große Großstadt (≥ 500.000 Einwohner), kleine Großstadt (100.000 - < 500.000 Einwohner), Mittelstadt (25.00 - < 100.000 Einwohner) und Kleinstadt (≤ 25.000 Einwohner) BBSR 2017)
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Abbildung 10: Gestaltungsbeiräte nach Bestandsdauer. Vereinzelt bestehen die Gestaltungsbeiräte bereits seit vielen Jahren. In Bielefeld oder Augsburg gibt es den Gestaltungsbeirat in seiner heutigen Form seit über 30 Jahren. Auch in Karlsruhe, Bochum oder Arnsberg ist das Instrument des Gestaltungsbeirats mit einer über 10-jährige Bestandsdauer gewachsen und etabliert. Die Karte zeigt aber auch einige neu gegründete Gestaltungsbeiräte, beispielsweise in Dresden, Metzingen oder Kaiserslautern.
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Abbildung 11: Großstädte mit und ohne Gestaltungsbeirat. In der Verteilung der Gestaltungsbeiräte in Großstädten sieht man, dass die Zahl der Städte, welche einen Gestaltungsbeirat haben, beinahe ebenso hoch ist wie die Zahl der Städte, die keinen haben. Die Großstädte Hamburg oder Düsseldorf verzichten auf die Einrichtung eines Gestaltungsbeirats, wohingegen das Gremium in München oder Köln schon lange besteht. Bei den kleinen Großstädten ab 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern haben beispielsweise Chemnitz oder Bottrop keinen Gestaltungsbeirat, demgegenüber haben sich 43 kleine Großstädte, darunter Saarbrücken und Mühlheim an der Ruhr, für die Einrichtung eines Gestaltungsbeirats entschieden.
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Abbildung 12: Gestaltungsbeiräte im städtischen und ländlichen Raum. Gestaltungsbeiräte sind heute ein Instrument vorwiegend im städtischen Raum. Das baden- württembergische Biberach ist die einzige überwiegend ländliche Kommune in Deutschland mit einem Gestaltungsbeirat. Aber auch im teilweise städtischen Raum sind einige Gestaltungsbeiräte initiiert, so zum Beispiel in Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt, in Garmisch-Partenkirchen in Bayern oder im nordrhein-westfälischen Kalkar. (Alle kreisfreien Großstädte sowie städtischen Kreise bilden den städtischen Raum, alle ländlichen Kreise bilden den ländlichen Raum. Quelle zur Einteilung städtischer und ländlicher Raum: Laufende Raumbeobachtung des BBSR, Geometrische Grundlagen).
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Abbildung 13: Gestaltungsbeiräte in wachsenden und schrumpfenden Gemeinden. Ob eine Kommune schrumpft oder wächst bemisst sich u. a. aus der Bevölkerungsentwicklung von 2008-2013, der Entwicklung der Erwerbstätigen (20 bis 64 Jahre) oder der Veränderung der Arbeitslosenquote (2007 bis 2013). Nach diesen Kriterien der laufenden Raumbeobachtung des BBSR haben verhältnismäßig mehr wachsende Kommunen einen Gestaltungsbeirat als schrumpfende. Auffällig ist die Konzentration der Gestaltungsbeiräte in schrumpfenden Mittelstädten sowie kleinen Großstädten in Nordrhein-Westfalen. Es ist zu vermuten, dass sich die Herausforderungen von Gestaltungsbeiräten entsprechend der Raumdynamik in den Kommunen deutlich unterscheiden.
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Abbildung 14: Gestaltungsbeiräte und Bauaktivität. Eine Möglichkeit, sich dem Zusammenhang zwischen der Existenz von Gestaltungsbeiräten und der lokalen Baukultur zu nähern, ist die Betrachtung der Bauaktivität in den Kommunen mit Gestaltungsbeirat. Die Karte zeigt die Verteilung der Gestaltungsbeiräte nach der Bauaktivität, gemessen an der Anzahl erteilter Baugenehmigungen pro Einwohner im Jahr 2014. Durchschnittlich liegt bei Kommunen mit Gestaltungsbeirat das Verhältnis bei ≤ 0,5%. Ausnahmen bilden Potsdam, Ingolstadt und Freising, welche 2014 eine deutlich höhere Bauaktivität ausweisen. Ein Zusammenhang zwischen gesteigerter Bauaktivität und der Existenz eines Gestaltungsbeirats kann nicht festgestellt werden. Mit den unterschiedlichen Bauaktivitäten in den Kommunen gehen jedoch unterschiedliche Anforderungen an die Arbeit der Gestaltungsbeiräte einher.
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5.2 Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den zweiten Blick
Der zweite Blick auf die Landschaft der Gestaltungsbeiräte lieferte detailliertere Analyseergebnisse bezüglich der lokalen Ausprägung des Instrumentes unter den unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Durch das methodische Hinein-Zoomen wurden die Ebenen des heuristischen Modells angewendet und anhand von Fallbeispielen verdeutlicht. Hier zeigt sich die Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland in ihrer großen Vielfalt und ihren deutlichen kommunalen Unterschieden in der Anwendung des Instruments. Bereits in der Namensgebung unterscheiden sich die Beiräte, ebenso in der Besetzung, der Anzahl der Mitglieder oder im Zeitpunkt der Hereingabe der Projekte in den Beirat. Dabei ist kein Muster respektive der Stadtgröße oder anderer Parameter erkennbar. Gestaltungsbeiräte zeigen sich als flexibel einsetzbares und formbares Instrument, welches nicht verallgemeinernd, sondern individuell nach den jeweiligen kommunalen Herausforderungen und Rahmenbedingungen zu betrachten ist.
Um die Landschaft der Gestaltungsbeiräte greifbar zu machen, wurde ein zweiter, detaillierter Blick angelegt. Mit Hilfe ausgewählter kontrastierender Fallbeispiele wurden die mannigfaltigen Ausprägungen der Beiräte genauer ermittelt. Die Fallbeispiele wurden in Bezug auf die Gestaltungsbeiräte selbst, die lokale Baukultur und die aktuelle Stadt- und Raumentwicklung betrachtet.
5.2.1 Die vielfältigen Ausprägungen des Instruments in der Praxis
Die Vielfalt des Instruments Gestaltungsbeirat wurde in verschiedenen Dimensionen deutlich. Diese betreffen Organisation, Arbeitsweise und Einbettung des Beirats in die Kommune.
Die Namen des Gremiums – so vielfältig wie das Instrument selbst. Im Allgemeinen wird in der (Fach-)Öffentlichkeit der Begriff Gestaltungsbeirat übergreifend für alle bestehenden Beiräte verwendet. Bei genauerer Betrachtung fallen allerdings Unterschiede auf. In Berlin nennt sich der Gestaltungsbeirat Baukollegium Berlin, in München oder Dresden ist von der Kommission für Stadtgestaltung oder Gestaltungskommission die Rede. Auch im Bereich der kleinen Großstädte und Mittelstädte zeigen sich Unterschiede. In Rostock wird der Beirat Planungs- und Gestaltungsbeirat genannt, in Arnsberg ist der Beirat für Stadtgestaltung zu finden. Neben den festen Gestaltungsbeiräten kommen die Sonderformen in regionalen, temporären oder mobilen Gestaltungsbeiräten zur Anwendung. Der Name selbst gibt dabei keinen präzisen Aufschluss über das Beschäftigungsfeld oder den Fokus des Beirats.
Gestaltungsbeirat S, M, L – die Variation der Anzahl der Mitglieder. Spitzenreiter bei der Anzahl der stimmberechtigten Mitglieder ist die Kommission für Stadtgestalt der Landeshauptstadt München. 27 Mitglieder beraten hier die Projekte. Im Vergleich dazu hat das Baukollegium Berlin fünf Mitglieder. Auch innerhalb der anderen betrachteten Stadtgrößen fällt auf, dass sich die Anzahl der Mitglieder nicht an der Stadtgröße misst. Die einzige ländliche Kommune mit Gestaltungsbeirat, das baden- württembergische Biberach, hat vier Mitglieder im Gestaltungsbeirat, ebenso wie das
Zusammenfassung
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städtischere und touristischere Garmisch-Partenkirchen. Zum Vergleich hat der Architektenbeirat Aachen 12 Mitglieder.
Sowohl als auch: öffentliche und nicht öffentliche Sitzungen. In den meisten Fällen beinhalten die Beratungen von Gestaltungsbeiräten einen offiziellen und einen inoffiziellen Teil. Im offiziellen Teil stellt die Architektin, der Architekt, die Bauherrin oder der Bauherr die zu beratenden Pläne dem Beirat vor. Auf Wunsch der Bauherrin oder des Bauherrn kann die Öffentlichkeit aber auch ausgeschlossen werden. In den überwiegenden Fällen folgt in der Regel die Beratung des Bauvorhabens mit dem stimmberechtigten Gestaltungsbeirat und den nicht stimmberechtigten Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Verwaltung. In einzelnen Kommunen beginnt die Beratung mit einem inoffiziellen Teil, um mit einem abgestimmten Votum an die Öffentlichkeit treten zu können und zu vermeiden, dass mit spontanen Diskussionen die Bauherrin, der Bauherr oder die Architektin und der Architekt des betreffenden Projekts geschädigt werden. Im Verhinderungsfall kann auch die Verwaltung die Präsentation des Bauvorhabens übernehmen. In Potsdam beispielsweise wurde das Verfahren im Laufe der Zeit geändert. Die anfänglich öffentlich stattfindenden Sitzungen hielten Investoren davon ab, Projekte in den Gestaltungsbeirat einzureichen. Die fehlende Vertraulichkeit und die Befürchtung, die Projekte zu früh der Öffentlichkeit zu zeigen und Widerstand zu begegnen, schränkten eine erfolgreiche Arbeit des Gestaltungsbeirats stark ein. Aus diesem Grund entschied die Stadt, die Sitzungen zukünftig unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen.
Die verfügbaren Ressourcen: Sitzungshäufigkeit und Vergütung. Durchschnittlich tagen Gestaltungsbeiräte etwa vier Mal pro Jahr. In Großstädten wie Dresden tagt der Gestaltungsbeirat nach Bedarf öfter, in einigen kleinen Kommunen, wie dem hessischen Eschwege, tagt der Beirat nur ein bis drei Mal pro Jahr. Die Ehrenamtlichkeit der Mitglieder der Gestaltungsbeiräte beeinflusst auch die Sitzungshäufigkeit. Da die Mitglieder meist eigene Büros betreiben, sind nur wenige Sitzungstermine im Jahr möglich. Die Vergütung der Tätigkeit im Gestaltungsbeirat lehnt sich in der Regel an die Vergütung eines Preisrichters oder einer Preisrichterin an. In Deutschland gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine hauptamtlichen Gestaltungsbeiräte.
Interne oder externe Mitglieder: Ortskenntnis versus Neutralität und Blick von außen. Interne Mitglieder eines Gestaltungsbeirats kommen aus beziehungsweise praktizieren in jenem Ort, in dem sie auch Teil des Gremiums sind. Zwar kann man in einem solchen Fall von einer sehr guten Ortskenntnis ausgehen, in einigen Fällen reicht die Architektin oder der Architekt aber auch ein eigenes Projekt in den Gestaltungsbeirat ein. Dies kann zu Interessenskonflikten und Befangenheit führen. Der Gestaltungsbeirat Arnsberg ist beispielsweise an dieser Befangenheit der Mitglieder gescheitert. Erst nach einer Neubesetzung mit externen Mitgliedern konnte eine solide Beratungsbasis aufgebaut werden. Häufig schlagen die Architektenkammern der Länder der Kommune mögliche Mitglieder für den Gestaltungsbeirat vor. In der Regel kommen diese aus demselben Bundesland, in dem der Gestaltungsbeirat sitzt, für den sie vorgeschlagen werden. Externe Mitglieder in einen Gestaltungsbeirat zu berufen bedeutet aber auch das Einverständnis, für eine gewisse Zeitspanne während und nach der Legislaturperiode nicht selbst in der Stadt tätig zu werden. Beispielsweise in Berlin ist daher die Suche nach externen Mitlgiedern schwierig. In einem Großteil der rund 130 Gestaltungsbeiräte sind die stimmberechtigten Mitglieder externe Expertinnen und Experten. Interne kommen in der Regel durch die nichtstimmberechtigten Mitglieder hinzu. Das sind beispielsweise die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister und Vertreterinnen und Vertreter aus den Stadt- oder Gemeinderäten, die dem Gestaltungsbeirat beratend zur Seite stehen. In
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der Schweiz werden oft externe, ausländische Architektinnen und Architekten in den Beirat berufen, damit für die Diskussion positive Reibungspunkte entstehen können.
Bandbreite der Fachkompetenz: Grad der Interdisziplinarität der Mitglieder. Bei der Interdisziplinarität der Mitglieder unterscheiden sich die Gestaltungsbeiräte ebenfalls. In den Gestaltungsbeirat der Stadt Köln sind beispielsweise ausschließlich Architektinnen und Architekten berufen. Im Gestaltungsbeirat Wolfsburg sind des Weiteren eine Landschaftsarchitektin und ein Denkmalschützer vertreten. In Augsburg ist zwingend eine Künstlerin oder ein Künstler Mitglied des Beirats. Allgemein lässt sich kein Zusammenhang zwischen der Stadtgröße zum Grad der Interdisziplinarität der Mitglieder feststellen. Im Planungs- und Gestaltungsbeirat Eckernförde ist die Zusammensetzung des Beirats beispielsweise in der Geschäftsordnung gesichert. Hier besteht die Besetzung immer aus drei Architektinnen oder Architekten, einer Landschaftsplanerin oder einem Landschaftsplaner sowie einer Stadtplanerin oder einem Stadtplaner.
Das Beschäftigungsfeld – räumlicher und thematischer Fokus. Ob sich ein Gestaltungsbeirat vorwiegend auf Quartiersebene bewegt, Projekte aus dem Innenstadtbereich berät oder sich mit der Gesamtstadt beschäftigt, hängt von der Stadtgröße ab. In Klein- und Mittelstädten beschäftigt sich der Gestaltungsbeirat mit Projekten in der gesamten Stadt. Bei Kleinstädten mit schützenswerter historischer Bausubstanz (Beispiel Fachwerkstädte) liegt der Fokus dabei auf den zu erhaltenen baukulturellen Qualitäten, unabhängig von der Lage in der Stadt. In Großstädten wie München kommen zum eigentlichen Gestaltungsbeirat, der große Projekte außerhalb von Bebauungsplanverfahren berät, weitere kleinere Beiräte hinzu, die projektbezogen und auf Quartiersebene agieren.
Gestaltungsbeiräte sehen ihre Aufgabe selbst darin, dass durch neue Projekte ein vorhandenes baukulturelles Erbe keinen Schaden nimmt und das historische Stadtbild bewahrt wird. Daneben werden besonders in Mittelstädten auch Einzelvorhaben der Alltagsarchitektur im Bereich des Wohnens wie auch des Gewerbes beraten. Neben den Hochbauten erweitern Gestaltungsbeiräte ihre Beratung auf den angrenzenden öffentlichen Raum und somit um den Kontext des zu beratenden Objektes aus Frei- und Grünflächen. Gestaltungsbeiräte verfolgen über die Arbeit am Objekt hinaus auch die Steigerung der Akzeptanz und die Eindämmung der Skepsis gegenüber Neubau-, aber auch Abrissvorhaben, in der Bevölkerung und erweiterten lokalen Öffentlichkeit. Pauschal lässt sich so die Aussage treffen, dass sich Gestaltungsbeiräte in Großstädten eher um Leuchtturmprojekte mit hohem Öffentlichkeitsinteresse kümmern, wohingegen sich die Beiräte in Mittel- und Kleinstädten eher mit Projekten der Alltagsarchitektur auseinandersetzen.
Zeitpunkt der Einreichung der Projekte und Gestaltungsspielraum. Der Zeitpunkt der Einreichung der Projekte variiert. Die Mitglieder wünschen sich eine möglichst frühe Einreichung, um den Prozess und auch die Entwürfe von Beginn an zu begleiten und zu beraten. In der Regel befinden sich die Bauvorhaben aber noch nicht in einer Form, in der sie der Öffentlichkeit präsentiert werden können. Bei Gestaltungsbeiräten, die öffentlich tagen, kann dies dazu führen, dass die Bauherrschaft, die Investierenden oder die Architektin und der Architekt die Beratung nicht wahrnimmt. Auf der anderen Seite bedeutet ein spätes Einreichen der Projekte einen knappen Projektzeitplan und wenig Spielraum für Änderungsersuche der Gestaltungsbeiräte. In Großstädten werden die Projekte oft nach der zivilgesellschaftlichen Betroffeneit ausgewählt. Diese Projekte werden häufig im Vorhinein in den Medien diskutiert. Hier spielt es in der Konsequenz eine weniger große Rolle, zu welchem Zeitpunkt das Projekt eingereicht wird oder ob die Sitzung öffentlich oder nicht öffentlich stattfindet. Einen Idealzeitpunkt zur Einreichung gibt es also nicht.
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5.2.2 Fallbeispiele
Die detaillierte Betrachtung der ausgewählten Fallbeispiele zeigt, dass sich die Organisationsstruktur, aber auch der Stellenwert und die Bedeutung des Instruments Gestaltungsbeirat nach Stadtgrößen unterscheidet. Abhängig von den Rahmenbedingungen, in denen der Gestaltungsbeirat agiert, unterscheiden sich die Zielsetzungen, welche die Kommunen mit dem Gestaltungsbeirat erreichen möchten. Damit wird auch der potenzielle und bereits sicht- und spürbare Mehrwert der Arbeit von Gestaltungsbeiräten unterschiedliche beschrieben.
Großstädte: München & Dresden
München
Abbildung 15: Stadtportrait München.
Die Kommission für Stadtgestaltung der Landeshauptstadt München wurde in ihrer heutigen Form 1970 gegründet. Damit ist sie der älteste amtierende Gestaltungsbeirat in Deutschland. Die Kommission hat aktuell 27 Mitglieder, davon 10 freiberufliche Architekten, 4 Fachleute aus der Verwaltung, 9 Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, unter anderem der Oberbürgermeister sowie einige Stadträte der Fraktionen, der Heimatpfleger Münchens sowie eine Vertreterin oder ein Vertreter des Naturschutzbeirats. Die Vertreterinnen und Vertreter der öffentlichen Stellen haben in den Sitzungen kein Stimm-, aber ein Rederecht. Die Kommission berät hauptsächlich städtebauliche Leuchtturmprojekte, die Einfluss auf das Münchner Stadtbild nehmen und agiert überwiegend im Innenstadtbereich. Es werden nur Projekte beraten, die nicht durch einen Bebauungsplan geregelt werden. Für Neubauquartiere mit Bebauungsplan beraten in München die kleinen Gestaltungsbeiräte. Die Mitglieder der Kommission für Stadtgestalt sind bis auf wenige Ausnahmen intern. Die Kommission möchte aber durch eine Satzungsänderung mehr externe Mitglieder berufen, die wiederum von der Architektenkammer Bayern vorgeschlagen werden. Sie tagt immer öffentlich, in der Regel alle zwei Monate. Organisatorisch ist die Kommission dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung der Landeshauptstadt München angegliedert. Durch die Vielzahl interner Mitglieder ist der Gestaltungsbeirat eng mit der Politik verbunden
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und zeichnet sich aufgrund der öffentlichen Sitzungen durch einen niedrigschwelligen Zugang aus. Dieses Vertrauensverhältnis birgt aber auch die Gefahr, dass der Gestaltungsbeirat nicht unabhängig, sondern im Auftrag der Politik agiert.
Die Kommission für Stadtgestaltung ist durch ihre lange Bestandsdauer ein etabliertes und öffentliches Gremium, das durch eine recht regelmäßige mediale Berichterstattung in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Die kritischen und mitunter deutlichen Stimmen des Gestaltungsbeirats zur baulichen Entwicklung der Stadt sind Teil der selbst angestrebten und öffentlich erachteten Qualität. Laut Vertretern der Kommission für Stadtgestaltung muss dieser hohe Grad an Öffentlichkeit gelernt sein und sowohl mit den Mitgliedern als auch mit den Medien geübt werden.
Baukulturell liegt der Fokus des öffentlichen Interesses aktuell auf der Umgestaltung des Hauptbahnhofs München und auf dem Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke. Durch sehr hohes und breit gefächertes zivilgesellschaftliches Engagement hat der baukulturelle Diskurs in der Stadt München mit ihren circa 7.000 Baudenkmälern und 360 Bodendenkmälern einen hohen Stellenwert und wird kontrovers geführt. Baukulturell steht München vor der Herausforderung des Flächendrucks und des Wohnraummangels. Das unterstützt die heterogene Mischung aus historischer Bausubstanz, rekonstruierten Gebäuden und modernem Wohnungsbau. Stadtbildprägend ist auch der einzigartige Naturraum mit dem Englischen Garten und der innerstädtischen Isar, für den München berühmt ist. Zudem wird in München seit einiger Zeit über eine neue Konzerthalle diskutiert, für die ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde und von der man sich internationale Aufmerksamkeit erhofft. Aufgrund der Architekturausbildung an drei Hochschulen, der Architekturgalerie und dem Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne ist in München ein reger Diskurs über Architektur und Baukultur gewährleistet.
Die Stadt- und Raumentwicklung Münchens ist seit Jahren von Themen wie dem sehr angespannten Wohnungsmarkt und dem großen Bevölkerungszuwachs geprägt. Diese Herausforderungen bestimmen die überaus meisten Bereiche der Stadtentwicklung Münchens. Als eine Stadt mit seit Jahren stetig steigenden Übernachtungszahlen rückt darüber hinaus die touristische Bedeutung von Architektur und Städtebau ebenfalls in den Fokus.
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Dresden
Abbildung 16: Stadtportrait Dresden.
Die Gestaltungskommission der Landeshauptstadt Dresden wurde 2016 ins Leben gerufen und tagt in nicht öffentlichen Sitzungen etwa alle zwei Monate. Bisher haben vier Sitzungstermine stattgefunden. Die Kommission befasst sich mit Bauvorhaben mit hoher stadtgestalterischer, architektonischer und baukünstlerischer Bedeutung auf der Ebene der Gesamtstadt. Der Beirat hat vier externe stimmberechtigte Mitglieder aus den Fachgebieten Städtebau, Architektur und Landschaftsarchitektur. Die Geschäftsstelle des Gestaltungsbeirats ist dem Stadtplanungsamt Dresden angegliedert. Die Presse berichtet kaum über den Gestaltungsbeirat, was auch an den nicht öffentlichen Sitzungen liegt. Auch die Protokolle der Beratungen werden nicht veröffentlicht und sind nicht einsehbar. Auf Grund der kurzen Bestandsdauer der Gestaltungskommission konnte sich noch kein vertrauter Umgang zwischen der Verwaltung, der Politik und dem Gestaltungsbeirat einstellen. Deshalb ist das übergeordnete Ziel hier die Schaffung einer gemeinsamen Basis des Vertrauens als Voraussetzung dafür, dass Argumente, Positionen und Kriterien tatsächlich ausgetauscht und diskutiert werden können. Perspektivisch kann sich die Gestaltungskommission eine Öffnung zur Öffentlichkeit vorstellen.
Die Mitglieder der Gestaltungskommission werden entweder von der Architektenkammer oder auch vom Verein Historischer Neumarkt (ein Mitglied) vorgeschlagen. Das Expertengremium, welches sich mit dem Wiederaufbau des Neumarkts in Dresden beschäftigte, gilt als Vorläufer und Initiator der Gestaltungskommission.
Die Baukultur in Dresden wurde in den letzten Jahrzehnten stark von der Diskussion um den Weltkulturerbe-Status des Dresdner Elbtals dominiert, obwohl es die Kernstadt nur bedingt betrifft. Nach der politischen Wende wurde mit dem Wiederaufbau der Frauenkirche und der Rekonstruktion der Fassaden des Neumarkts zunächst ein Trend zur Rekonstruktion gesetzt. Zeitgleich siedelten sich aber auch zahlreiche erfolgreiche Architekturbüros an, die mit ihren Bauten das Stadtbild verändert und modernisiert haben. Beispiele für prägende Neubauten in der Innenstadt sind hier das Schauspielhaus oder der Kulturpalast, außerhalb der
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Innenstadt sind das Hygienemuseum oder die gläserne Manufaktur von Volkswagen zu nennen. In Dresden gibt es auch einige Initiativen, die sich für zeitgenössische Architektur und Baukultur einsetzen, so z.B. das 2017 gegründete Zentrum für Baukultur Sachsen (ZfBK). Somit hat das Thema Baukultur in Dresden auch in der Öffentlichkeit einen hohen Stellenwert.
Die Stadt- und Raumentwicklung in Dresden ist durch den Zuwachs der Bevölkerung in den letzten Jahren geprägt. Als Wissenschafts- und Forschungsstandort zieht es immer mehr Studierende in die Stadt. Trotz der Attraktivität und Berühmtheit der Dresdner Innenstadt hat die Stadt mit sinkenden Übernachtungszahlen zu kämpfen.
Die beiden Großstädte sind in vielen Merkmalen vergleichbar: beide sind Schwarmstädte mit einer (stark) wachsenden Bevölkerung, eingebunden in wirtschaftlich starke Metropolregionen. Das Stadtbild beider Städte ist durch Bauwerke mit einer hohen baukulturellen Bedeutung geprägt. Der Betrachtungsfokus der Paarung Dresden und München liegt deshalb auf der Ebene der Organisation und Arbeitsweise der Gestaltungsbeiräte sowie der Einbindung in die Verwaltung und Politik. Die Beiräte unterscheiden sich stark in ihren Merkmalen. Der seit vielen Jahren bestehende Gestaltungsbeirat der Stadt München steht mit seinen Erfahrungen dem neu gegründeten Gestaltungsbeirat der Stadt Dresden gegenüber.
In beiden Fällen sind die Neu- und Fortentwicklung des Gestaltungsbeirats und das dynamische städtische Umfeld Teil der Diskussion über den Beirat, dessen Satzung geändert werden kann und je nach Entwicklung innerhalb der Kommune anpassbar bleiben sollte. Der Grad der Öffentlichkeit in München funktioniert durch den jahrelangen Vertrauensaufbau zwischen Gestaltungsbeirat, Verwaltung, Politik und Presse, wohingegen die Stadt Dresden durch die Neugründung noch auf keine solche gemeinsame Basis zurückgreifen kann.
Im Vergleich der beiden Großstädte wird deutlich, wie stark die regionalen und ortstypischen Rahmenbedingungen Teil der Konzeption und der Verfasstheit des Gestaltungsbeirats sein müssen, um Erfolge und einen langfristigen Mehrwert generieren zu können.
Vergleich München und Dresden
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Kleine Großstädte: Mannheim & Wolfsburg
Mannheim
Abbildung 17: Stadtportrait Mannheim.
Der im Jahr 2010 gegründete Gestaltungsbeirat der Stadt Mannheim ist mit fünf externen Mitgliedern besetzt. Die fünf Architektinnen und Architekten beschäftigen sich mit der Gesamtstadt im Hinblick auf ihre städtebauliche, architektonische und gestalterische Qualität und tagen etwa sechs Mal im Jahr. Neben den stimmberechtigten externen Mitgliedern stehen dem Gestaltungsbeirat der Oberbürgermeister, Gemeinderäte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung sowie je nach Projekt Fachleute beratend zur Seite. Die Stadtverwaltung erstellt eine Vorschlagliste mit möglichen externen Mitgliedern für den Gestaltungsbeirat. Der Ausschuss für Umwelt und Technik des Stadtrats sucht schließlich die passenden Kandidaten aus und beruft diese. Die Geschäftsstelle ist innerhalb des Baudezernats verankert. Der Gestaltungsbeirat tagt öffentlich, eine Liste der zu beratenden Bauvorhaben wird im Vorfeld der Sitzung auf der Homepage der Stadt Mannheim veröffentlicht. Die Presse berichtet nur selten über die Tätigkeiten und den Wirkungskreis des Gestaltungsbeirats.
Allgemein werden alle bedeutenden Einzelprojekte ohne konkurrierende Verfahren im Gestaltungsbeirat beraten. Dabei achtet die Stadt Mannheim bei der Auswahl der Projekte darauf, sowohl private als auch öffentliche, also auch eigene Projekte der Ämter, in den Beirat zu geben. Dadurch, dass sowohl kritische als auch weniger kritische Projekte beraten werden, soll eine Diskriminierung der Bauvorhaben verhindert werden. Bei der Vergabe öffentlicher Grundstücke wird eine privatrechtliche Bindung an die Beratung im Gestaltungsbeirat bewirkt.
Im Vorfeld der Beratung werden auch in Mannheim Ortsbegehungen durchgeführt. An diesen Begehungen nehmen nur die Mitglieder des Gestaltungsbeirats teil. Das ermöglicht den Beiräten, sich vor der öffentlichen Sitzung intern zu dem Projekt auszutauschen.
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Baukulturell ist Mannheim durch Anlage als Planstadt und die Rhein-Neckar- Industriekultur geprägt. Die „moderne Großstadt der Nachkriegszeit“ ist architektonisch durch die Vielfalt der Erscheinungsformen definiert (Schenk 1991). Mit der aktuellen baulichen Dynamik besteht in Mannheim die Bereitschaft, sich auch im inneren Stadtgebiet neu zu erfinden. Die Aktion “Sehstationen” wird vom Baukompetenzzentrum der Stadt Mannheim organisiert und lädt die Bevölkerung dazu ein, besondere Architektur in Mannheim zu entdecken. Fünf rote Betonwürfel werden im Mannheimer Stadtgebiet vor ausgewählten Objekten aufgestellt. Anschließend können die Bürgerinnen und Bürger für ihr „Lieblingsobjekt“ abstimmen. Der Sieger erhält den Baukulturpreis der Stadt Mannheim. Zusammen mit zivilgesellschaftlichen Initiativen der Baukultur versucht die Stadt, den öffentlichen Diskurs um Baukultur in Mannheim anzustoßen und weiterzutragen. Die Schärfung der eigenen städtebaulichen und freiräumlichen Identität ist auch aufgrund der geographischen Nähe zur Schwesterstadt Ludwigshafen ein fortwährendes Thema in der Stadt Mannheim.
Mannheim liegt als Wirtschaftsstandort in der Metropolregion Rhein-Neckar. Auf der Ebene der Stadt- und Raumentwicklung ist Mannheim von Zuzug und wirtschaftlicher Stabilität, aber auch durch eine stark ausgeprägte soziale Ungleichheit geprägt. Das Image als „Quadratstadt“ wie auch die Auszeichnung als UNESCO City of Music aus dem Jahr 2014 bestimmen nicht nur das Stadtbild, sondern haben auch Einfluss auf die wachsende Bedeutung des Tourismus.
Wolfsburg
Abbildung 18: Stadtportrait Wolfsburg.
Der Gestaltungsbeirat der Stadt Wolfsburg wurde 2004 mit fünf Mitgliedern gegründet. Diese kommen aus den Disziplinen Architektur, Landschaftsplanung, Städtebau und Denkmalpflege. Der nicht öffentlich tagende Gestaltungsbeirat wird um die amtierende Stadtbaurätin oder den amtierenden Stadtbaurat ergänzt, welcher die Mitglieder des Gremiums auch beruft. Der Gestaltungsbeirat tagt drei bis vier Mal im Jahr. Die Arbeit des Beirats wird in Wolfsburg über das „Forum Architektur“ koordiniert, welches 2001 als Einrichtung zur Vermittlung von Architektur und Städtebau gegründet wurde. Der Gestaltungsbeirat selbst wurde auf Antrag des
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Stadtrates gegründet, mit dem Ziel, die architektonischen und städtebaulichen Qualitäten von Bauvorhaben auf der Ebene der Gesamtstadt nachhaltig abzusichern. Die Besonderheit des Gestaltungsbeirats in Wolfsburg ist, dass städtebaulich relevante Entwicklungen sehr frühzeitig in dem Expertengremium erörtert und in der Beratung wichtige Weichen für eine spätere Projektentwicklung angesprochen werden. Das ist möglich, weil der Beirat nicht öffentlich tagt und damit auch Entwicklungen, die in einer vertraulichen Projektphase sind, beraten werden können.
Das Stadtbild Wolfsburgs und damit auch die lokale Baukultur sind in erster Linie mit den Bauten der Volkswagen AG verbunden. Der von Nachkriegsarchitektur dominierte Städtebau wird aber auch durch Fachwerkbauten oder futuristische Baukunst, wie beispielsweise mit Zaha Hadids phæno, bestimmt. Die Eingliederung des Gestaltungsbeirats in das „Forum Architektur“ und die mediale Einbettung auf einer gemeinsamen Homepage lassen die Vermutung zu, dass das baukulturelle Engagement der Stadt allgemein groß ist und der Gestaltungsbeirat selbst keine exklusive Rolle in der Auseinandersetzung mit Baukultur einnimmt. Diese Einbettung ermöglicht auch eine Aufgabenteilung zwischen den Institutionen: Der Gestaltungsbeirat übernimmt die Beratung und Qualitätssicherung, das „Forum Architektur“ die Kommunikation und die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema Baukultur. So organisiert das „Forum Architektur“ Baustellenrundgänge oder Diskussionsrunden mit namhaften Architektinnen und Architekten. Zusätzlich agiert das „Netzwerk Baukultur in Niedersachsen e.V.“ als Forum und Informationsplattform in ganz Niedersachsen und gibt dem baukulturellen Netzwerk auf Landesebene eine Bühne.
Die Stadtentwicklung Wolfsburgs steht vor der Herausforderung starken Bevölkerungswachstums in den kommenden Jahren. Die für die Volkswagen- Produktion geplante Stadt ist hauptsächlich als Industriestadt bekannt und auch touristisch untrennbar mit der Automarke verbunden. Die Übernachtungszahlen in Wolfsburg sinken leicht, auch wenn die VW-Autostadt und die futuristischen Wissenschaftsbauten international bekannte Sehenswürdigkeiten darstellen.
Die beiden in ihrer Stadtgestalt und im Image von der Industrie stark geprägten kleinen Großstädte haben viele offenkundige Parallelen. Die eingesetzten Gestaltungsbeiräte stehen vor der Herausforderung der Definition der lokalen Baukultur vor dem Hintergrund der individuellen Vergangenheit und der Zukunftsprognosen. In beiden Städten gibt es Bestrebungen und ein zivilgesellschaftliches Interesse, die lokale Baukultur zu verstehen und zu entwickeln. Der Gestaltungsbeirat steht hier mehr noch als in anderen Städten vor der Frage, was gute Architektur und lokale Baukultur eigentlich bedeuten.
In Bezug auf die beiden Gremien selbst liegt der größte Unterschied im Grad der Öffentlichkeit. In Mannheim tagt der Gestaltungsbeirat öffentlich bei einer geringen medialen Resonanz, wohingegen die Kommunikation von Baukultur in Wolfsburg trotz nicht öffentlicher Sitzungen des Gestaltungsbeirats mit Hilfe des „Forum Architektur“ vorangetrieben wird.
Vergleich Mannheim und Wolfsburg
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Mittel- und Kleinstädte: Arnsberg, Landshut & Baiersbronn
Arnsberg
Abbildung 19: Stadtportrait Arnsberg.
Der 2012 gegründete Beirat für Stadtgestaltung Arnsberg tagt circa viermal im Jahr. Er besteht aus vier externen, stimmberechtigten und vier internen, nicht stimmberechtigten Mitgliedern. Die Arbeit des Beirats wird durch die im Fachdienst Bauen ansässige Geschäftsstelle unterstützt. Der Beirat wurde bereits 2002 zum ersten Mal ins Leben gerufen und mit internen Mitgliedern aus Arnsberg besetzt. Aufgrund der darauffolgenden Interessenskonflikte und Befangenheiten bei der Beratung eigener Projekte im Gestaltungsbeirat, entschied sich die Stadt zur Auflösung des Gremiums. 2012 wurde der Beirat schließlich mit externen Mitgliedern besetzt und reaktiviert. Die Mitglieder werden vom Stadtrat berufen. Auch in Arnsberg gehören zur Beratung immer auch Ortsbegehungen der eingereichten Vorhaben. Der Beirat für Stadtgestalt tagt öffentlich, die Bauherrin und der Bauherr können aber einen Ausschluss der Öffentlichkeit beantragen. Um einen niedrigschwelligen Zugang zu gewährleisten, berät der Beirat nicht im Rathaus, sondern in wechselnden Räumlichkeiten in der Stadt. Das steigert nicht nur das Interesse in der Bevölkerung, sondern hilft den Beteiligten, die Stadt aus anderen, wechselnden Blickwinkeln wahrzunehmen. Im Selbstverständnis nimmt der Beirat für Stadtgestaltung Arnsberg die Position des Vermittlers zwischen Politik, Verwaltung und Architektin oder Architekt ein und betont die Wichtigkeit des „voneinander Lernens“ in Politik und Gestaltungsbeirat.
Die Besonderheit des Beirats für Stadtgestaltung Arnsberg ist außerdem die Einbettung in das im November 2014 abgeschlossene ExWoSt- Bundesforschungsfeld „Baukultur in der Praxis“ als Teil des „Arnsberger Modell Baukultur“. Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) wurden in den acht teilnehmenden Kommunen verschiedene Werkzeuge und Methoden zur Qualitätssicherung im Städtebau getestet. Neben dem Beirat für Stadtgestaltung gehören in Arnsberg der Ausbau der „Bau- und Gestaltungsberatung“ der Verwaltung für Bauherrinnen und Bauherren – mit Hilfe bei der Auswahl von Grundstücken und baurechtlicher Beratung von
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Realisierungsmöglichkeiten – sowie eine breit angelegte Informations- und Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Städtebau und Baukultur dazu.
Durch das Forschungsfeld „Baukultur in der Praxis“ hatte und hat das Thema Baukultur in Arnsberg eine breite Öffentlichkeit mit zahlreichen Initiativen und Veranstaltungen. Neben dem baukulturellen Fokus ist Arnsberg mit seiner zentralen Lage im Sauerland vor allem touristisch geprägt. Die Stadt verbindet durch die Teilnahme am 2014 gestarteten ExWoSt-Forschungsfeld „Baukultur und Tourismus – Kooperation in der Region“ die für sie zentralen Themen des Tourismus und der Baukultur. Die Untersuchung des Zusammenspiels von regionaler Baukultur und Tourismus kommt zu dem Ergebnis, dass es „gute Chancen für eine erfolgreiche und zukunftsfähige gemeinsame Entwicklung von Baukultur und Tourismus in Deutschland gibt“ (Stadt Arnsberg 2017).
Das nach der Raumbeobachtung des BBSR klassifizierte, teilweise städtische Arnsberg steht in der Stadtentwicklung vor den Herausforderungen einer schrumpfenden Bevölkerung und steigender Abwanderungszahlen. Mit Hilfe eines integrierten kommunalen Entwicklungskonzepts (IKEK) versucht die Stadt nun, Stadtteilprofile zu stärken und den Weg für private Antragstellerinnen und Antragsteller zu einer erweiterten Förderung in Bereich der Dorferneuerung zu ebnen. Außerdem liegt der Fokus im Ausbau des Radtourismus als Bestandteil des RuhrtalRadwegs.
Landshut
Abbildung 20: Stadtportrait Landshut.
Der Gestaltungsbeirat der Stadt Landshut besteht aus drei festen Mitgliedern sowie zwei Stellvertreterinnen und Stellvertretern. Der ausschließlich aus Architektinnen und Architekten bestehende Beirat wurde 2007 gegründet und tagt in öffentlichen Sitzungen, sofern die Antragstellerin oder der Antragsteller des zu behandelnden Vorhabens nicht widerspricht. Der vierteljährlich zusammenkommende Beirat beschäftigt sich mit der Qualitätssicherung von stadtbildprägenden Bauvorhaben auf der gesamtstädtischen Ebene. Zu den externen Mitgliedern stoßen interne Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, wie der
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Oberbürgermeister oder Sonderfachleute hinzu. Die lokale Presse wird zu den Sitzungen eingeladen und berichtet laufend über die vorgestellten Projekte. Die Landshuter Verwaltung wählt auf Anregung der Politik die zu beratenden Objekte aus.
Gegründet wurde der Gestaltungsbeirat auf Initiative des Vereins „architektur + Kunst e.V. Landshut“, der auch Architekturführer von Landshut herausgibt. Damit ist er ein wichtiger Akteur in der Diskussion um Baukultur und Architektur in Landshut. Das Thema Baukultur spielt in der Stadtpolitik eine große Rolle. So machte der Verein das Thema “Baukultur in Landshut” sogar zum Bestandteil des Wahlkampfs des Oberbürgermeisters. Das zivilgesellschaftliche Engagement für das Thema Baukultur ist in Landshut hoch, auch unterstützt durch die touristische Bedeutung der bekannten, historisch wertvollen Altstadt.
Die Stadtentwicklung Landshuts profitiert in der Metropolregion München von der Nähe zum Flughafen München. Die wachsende Stadt Landshut steht, auch bezüglich der Diskussion um die lokale Baukultur, zwischen ihrem historisch bedeutenden und bekannten Erbe und den Herausforderungen als prosperierender Wirtschaftsstandort.
Baiersbronn
Abbildung 21: Stadtportrait Baiersbronn.
Der 2016 gegründete Gestaltungsbeirat der Gemeinde Baiersbronn ist einer derjenigen, die eine Förderung des Landes Baden-Württemberg für Gemeinden mit der Absicht, einen Gestaltungsbeirat einzurichten, erhalten. Über diese Förderung wird der Gestaltungsbeirat mit fünf stimmberechtigten Mitgliedern vom Gemeinderat berufen und besteht aus zwei externen Fachpersonen – einer Architektin und einem Architekten mit Wurzeln in Baiersbronn – sowie dem Bürgermeister, dem Leiter des Bauamtes und dem Ortsbaumeister. Ergänzend können nicht stimmberechtigte Mitglieder aus Ausschüssen oder Sonderfachleute beratend hinzukommen. Die Beratungen des Gestaltungsbeirats der Gemeinde Baiersbronn beschäftigen sich mit städtebaulichen Planungen sowie mit Neu- und Umbauten einzelner Gebäude und Ensembles, unter Einbeziehung des besonderen Ortsbildes. Das baukulturelle Erbe Baiersbronns ist von lokal und regional spezifischer Architektur geprägt. Hinzu kommen vereinzelte Neubauten. Insbesondere in Bezug
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auf die touristischen Einrichtungen, die das Image und den Tourismus Baiersbronns als Standort der Sternegastronomie definieren, wird Baukultur als ein elementarer Bestandteil der Gemeindeentwicklung wahrgenommen. Baiersbronn ist ein Teil des ExWoSt-Forschungsprojekts „Baukultur konkret“. Im Selbstverständnis definieren der Bürgermeister sowie der Tourismusdirektor in Baiersbronn Baukultur als einen andauernden Prozess zur Erarbeitung von regionalen Qualitätsmerkmalen.
Die Dorfentwicklung ist stark vom Tourismus geprägt und zielt mit dem Leitbild „Unser Dorf“ auf die Sicherung und Erhöhung der Qualität im öffentlichen Raum und im Grünraum sowie auch auf die Reduktion des Leerstands und die Erhaltung von ortsbildprägenden Gebäuden ab. Eine Besonderheit Baiersbronns ist außerdem die große Anzahl an acht Teilorten, aus denen sich die Gemeinde zusammenschließt. Die Definition einer lokalen Baukultur muss damit alle Teilorte berücksichtigen.
Die Städte Arnsberg, Landshut und die Gemeinde Baiersbronn eint die eng an die Region gebundene, wirtschaftliche, touristische und baukulturelle Entwicklung. In den drei Kommunen zeigt sich deutlich, wie die Themen Baukultur, Image und Tourismus miteinander verknüpft und gemeinsam zu entwickeln sind. In allen drei Städten ist der Gestaltungsbeirat eng an die Verwaltung angebunden und genießt dadurch eine breite Anerkennung in Verwaltung, Politik und Stadtgesellschaft. Zugleich nimmt damit aber auch das Risiko zu, dass der Gestaltungsbeirat für Ziele der Stadtentwicklung und Politik instrumentalisiert wird.
Sonderformen – Regionale, mobile und temporäre Gestaltungsbeiräte
Als Sonderformen der Gestaltungsbeiräte kommen dem regionalen Gestaltungsbeirat Brandenburg, den mobilen Gestaltungsbeiräten in Niedersachsen, Schleswig- Holstein, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg sowie den temporären Beiräten in Bayern und Hessen ebenso eine Sonderrolle zu wie dem mobilen Gestaltungsbeirat für den ländlichen Raum in Mecklenburg-Vorpommern. Die Gestaltungsbeiräte werden von den Architektenkammern der Länder angeboten und bei Bedarf von der Gemeinde bestellt. Die Architektenkammern schlagen der Gemeinde daraufhin passende, vorwiegend aus der Disziplin der Architektur stammende, Expertinnen und Experten vor, die in die Kammer eingetragen sind und Kompetenzen für das zu beratene Projekt mitbringen. In Baden-Württemberg entscheiden die Kommunen selbst, ob die Gestaltungsbeiratssitzungen öffentlich oder nicht öffentlich sind. Auch in Saarbrücken wird es der Bauherrin oder dem Bauherrn genauso wie der Architektin oder dem Architekten freigestellt, ob die Öffentlichkeit zur Sitzung zugelassen wird. Die Praxis zeigte oft, dass zunächst nicht öffentlich beraten wird, dass man aber im Laufe der Beratung zu öffentlichen Sitzungen wechselte. Die Beiräte kommunizieren in der Regel ihre Beschlüsse an und über den Gemeinderat.
Grundlage für die erfolgreiche Beratung in einem solchen Gestaltungsbeirat ist ein großes Verständnis für lokale Bedürfnisse und eine gute und gründliche Vorbereitung in Bezug auf die lokalen Begebenheiten. So strebt das Land Brandenburg beispielsweise an, vier regionale Gestaltungsbeiräte zu etablieren – Nord, Süd, West und Ost – die jeweils mit der spezifischen lokalen Baukultur der Region vertraut sind und so das Profil der jeweiligen Region schärfen. Für eine erfolgreiche Arbeit müssen die Verwaltungen besonders eng mit den eingesetzten Gestaltungsbeiräten zusammenarbeiten.
Mobile, regionale und temporäre Gestaltungsbeiräte können Kommunen auf den Geschmack bringen, einen eigenen Gestaltungsbeirat zu etablieren. Sie sind als eine Art Testphase für einen Gestaltungsbeirat zu verstehen, ohne dauerhafte finanzielle Belastung des kommunalen Haushalts. Der monetäre Aufwand für die Anrufung eines
Vergleich Arnsberg, Landshut & Baiersbronn
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temporären Gestaltungsbeirates liegt zwischen 2.500 und 3.000 Euro pro Sitzung. Dieser wird von den Kommunen selbst getragen.
Bisher werden regionale und mobile Gestaltungsbeiräte nur wenig genutzt. Hier bedarf es der Aufklärung über die Beschaffenheit des mobilen Gestaltungbeirats als temporäres Gremium, mit dem das Instrument Gestaltungsbeirat erst einmal „erprobt“ werden kann, ohne dass die Kommune einen festen Gestaltungsbeirat einrichten muss. Auch bei den Vorstellungen des finanziellen Aufwandes bedarf es Aufklärung. In Niedersachsen wird das Netzwerk Baukultur genutzt, um für mobile Gestaltungsbeiräte zu werben und den flexiblen Einsatz des Instruments bekannter zu machen.
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5.3 Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den dritten Blick
Der dritte Blick auf die Landschaft der Gestaltungsbeiräte beleuchtete die unterschiedlichen kommunalen Bedürfnisse, die sich in den Variationen der Beschaffenheit des Instruments widerspiegeln. Sie führen zu den beobachteten, vielfältigen Ausprägungen der Gestaltungsbeiräte in Deutschland. Die Vielfalt des Instruments wird durch die besondere Konstellation der Zusammenarbeit von Architektin und Architekt, Verwaltung und Politik geprägt, die im Gestaltungsbeirat kulturell-gesellschaftliche Anliegen jenseits ökonomischer Bedingungen beraten und anschließend vermitteln. Trotz der großen Ausdifferenzierung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte lassen sich Erfolgsfaktoren, Hürden und Hindernisse sowie Grenzen des Instruments erkennen. Der potenzielle Mehrwert der Gestaltungsbeiräte wird über wirkungsvolle Bausteine ihrer Arbeit erreicht. Dabei spielen die Bausteine „Beratung und Wissenstransfer“, „Baukultur eine Sprache geben“ und „Öffentlichkeit herstellen“ eine zentrale Rolle. Neben deutlichen Synergien zeigen sich zwischen den Bausteinen auch Widersprüche in Grundverständnis und Arbeitsweise der Gestaltungsbeiräte.
Aufbauend auf der vertieften Beobachtung und Beschreibung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte zielte der dritte Blick auf erste Erklärungen der großen Vielfalt des Instruments sowie auf ein vertieftes Verständnis begünstigender und hinderlicher Rahmenbedingungen, Organisationsformen und Arbeitsweisen. Zugleich wurden die Potenziale des Mehrwerts der Arbeit von Gestaltungsbeiräten erörtert.
5.3.1 Ein Instrument, viele Bedürfnisse
Die Fachkonferenz machte die Vielfalt der Anwendungen des Instruments Gestaltungsbeirat in deutschen Kommunen deutlich. Die lokalen und regionalen Unterschiede bei der Installation und Anwendung von Gestaltungsbeiräten sind größer als auf den ersten Blick erwartet. Das betrifft die Institution und Arbeitsweise des Gestaltungsbeirats selbst, sein Umfeld in Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft sowie die Qualitäten und Herausforderungen der räumlichen Entwicklung und bestehenden Baukultur in den Kommunen. Ein wesentlicher Mehrwert der Fachtagung lag darin, Raum für den Austausch der unterschiedlichen Formate und Spielregeln von Gestaltungsbeiräten zu geben. Die Diskussionen machten deutlich, wie in den einzelnen Kommunen um den Aufbau, die Arbeitsweise und die kommunale Einbettung der Gestaltungsbeiräte gerungen wird. Für die vielfältigen Erscheinungsformen des Instruments Gestaltungsbeirat bieten sich in einer ersten Skizze drei Erklärungen.
Erstens lassen sich die Vielfalt der Formen von Gestaltungsbeiräten sowie die langen Auseinandersetzungen über Verfahren und Öffentlichkeit mit der besonderen Stellung des Gremiums Gestaltungsbeirat erklären. Das Zusammenspiel von Architektin und Architekt, Verwaltung und Politik ist hier auf einer anderen Ebene als in anderen Gremien und Verfahren möglich. Die Beratung steht anstelle gesetzlich geregelter Verfahren im Vordergrund, die Kommunikation erfolgt nicht als wirtschaftliche Argumentation, sondern als kulturell-gesellschaftliches Anliegen. Das bedeutet, dass die Mitglieder im Gestaltungsbeirat eine andere Rolle einnehmen, als sie es sonst in
Zusammenfassung
Konstellation Gestaltungsbeiräte
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der Öffentlichkeit tun. Anders als im Interesse der eigenen Arbeit, aber auch anders als im Rahmen von Wettbewerbsverfahren, die Architektinnen und Architekten das Recht auf eine fachliche Meinung und ein fachliches Urteil institutionell und rechtlich sichern, geht es hier darum, die Kriterien, die für gute Gestaltung gelten könnten, nicht nur transparent zu machen, sondern auch die eigene, disziplininterne Bewertungslogik zugunsten Laien überzeugender Kriterien zu verlassen. Die Wirkung des Gestaltungsbeirats misst sich letztlich allein daran, wie überzeugend das Votum ist und wer davon überzeugt werden kann. Gelingt dies, können Politiker und Verwaltungsmitglieder diese Kriterien für andere Auseinandersetzungen übernehmen. Werden die Kriterien für gute Gestaltung auch bei Projekten angewandt, die nicht im Gestaltungsbeirat beraten wurden, ist dies auch als Erfolg des Gestaltungsbeirats zu werten. Eine wesentliche Rolle spielt die Tatsache, dass überhaupt jenseits der Beziehung Architekten- und Bauherrenschaft über Architektur kommuniziert wird und dass damit das Bemühen um gute Architektur gefördert wird.
Eine zweite Ebene, die vielfältigen Erscheinungsformen und die Diskussion um die richtigen Verfahren zu erklären, eröffnete sich mit dem Blick auf die Bedürfnisse in den Kommunen. Gestaltungsbeiräte gibt es nicht in einer Idealform, sondern sie werden als weiches Instrument an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst.
Die Bedürfnisse in den Kommunen zeigen ein breites Spektrum und werden in jeder Kommune unterschiedlich gewichtet: Gestaltungsbeiräte als Arbeitsebene, in der fachlich vertieft über Bauvorhaben gesprochen wird, um anschließend die Politik zu beraten; Gestaltungsbeiräte als Mittel zur Stärkung der Positionen der Kommune in der Verhandlung mit Investoren, Bauherren und Architekten und zur Legitimation politischer Entscheidungen; Gestaltungsbeiräte als Motoren, um öffentlich über Baukultur zu sprechen und die Bewusstseinsbildung zu befördern. In Bezug auf die Arbeitsebene der Beratung zeigen sich wiederum Unterschiede zwischen den Kommunen: Während die einen konkrete Bauvorhaben erörtern, welche von öffentlicher Bedeutung sind, aber ohne Wettbewerbe entwickelt werden, nutzen andere Kommunen den Gestaltungsbeirat als Instrument, um städtebaulich bedeutende Entwicklungen in frühen Planungsphasen zu beraten, noch bevor konkrete Bauvorhaben vorliegen.
Die große Anzahl von Gestaltungsbeiräten in Deutschland zeigt, dass diese unterschiedlichen Bedürfnisse stark ausgeprägt sind. Ein Vorteil des Instruments Gestaltungsbeirat liegt in seiner Anpassungsfähigkeit an die jeweilige Situation. Die Frage „Ist der Gestaltungsbeirat richtig angewandt?“ erscheint damit weniger bedeutend. Vielmehr sollte gefragt werden: „Passt der Gestaltungsbeirat mit seiner Arbeitsweise zu den aktuellen Bedürfnissen in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft?“ und dementsprechend „Welcher Mehrwert ist zu erwarten?“. Insofern ist auch die Kommunikation über die Form eines Gestaltungsbeirats und der Zuschnitt im Rahmen seiner Installierung das, was seine Qualität letztlich ausmacht.
Die unterschiedlichen Bedürfnisse ergeben sich zugleich aus der bestehenden Akteurslandschaft rund um das Thema Baukultur. Wie ergänzt der Gestaltungsbeirat bestehende Akteure und Aktivitäten? Welche Aufgaben übernimmt der Gestaltungsbeirat, welche andere Gruppen und Institutionen? Diese Arbeitsteilung kann von Kommune zu Kommune stark variieren und erklärt wiederum, wieso ein Gestaltungsbeirat bestimmte Aufgaben in den Fokus nimmt.
Die Vielfalt des Instruments Gestaltungsbeirat lässt sich drittens mit der zeitlichen Perspektive erklären. Das Instrument Gestaltungsbeirat kann in der Kommune an sich verändernde Herausforderungen und Bedürfnisse angepasst werden. Gestaltungsbeiräte agieren in einem sich ständig verändernden städtischen Umfeld. Das Instrument selbst unterliegt einem Lernprozess.
Bedürfnisse hinter dem Instrument
Gestaltungsbeirat als Prozess statt Zustand
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Teilnehmende der Fachtagung berichteten, dass die Phase der Einrichtung eines Gestaltungsbeirats mit den ersten Schritten der Beratung mit besonderen Anforderungen einhergeht. In der Anfangsphase eines Gestaltungsbeirats ist eine zentrale Aufgabe, Vertrauen in das Instrument aufzubauen und Mitstreiter in Politik, Verwaltung und weiteren Gruppen und Institutionen rund um das Thema Baukultur zu gewinnen. Daher spielt in dieser Phase beispielsweise das Thema Kommunikation eine deutlich wichtigere Rolle als bei langjähriger, eingespielter Tätigkeit eines Gestaltungsbeirats.
5.3.2 Erfolgsfaktoren der Arbeit von Gestaltungsbeiräten
Trotz der großen Vielfalt in der Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland können aus der schriftlichen Befragung und der vertieften Diskussion im Rahmen der Fachtagung Erfolgsfaktoren der Arbeit von Gestaltungsbeiräten skizzenhaft formuliert werden. Dabei ist zu beachten, dass sich diese auf die Wahrnehmung und Selbsteinschätzung der Beteiligten rund um die Gestaltungsbeiräte stützen und nicht aus einer systematischen Evaluierung entwickelt sind.
Grundlagen der Beratung. Die regionalen und ortstypischen Rahmenbedingungen sind ein wesentlicher Teil der Konzeption und Verfasstheit eines Gestaltungsbeirats. Das Gremium ist ein dynamisches Instrument, welches in der Praxis und in seiner Satzung an die individuellen Begebenheiten angepasst werden kann und soll. Die Grundlage einer jeden Beratung sollte deshalb das Bewusstmachen des Kontextes der Stadtentwicklung wie auch des unmittelbaren Umfelds des zu beratenden Projektes sein. Bei der Beschäftigung mit Projekten der Alltagsarchitektur muss wiederum die Stadtgestalt mitgedacht werden. Der Gestaltungsbeirat sollte seine Beratungen deshalb auf die Entwicklungsstrategien der Gemeinde ausrichten oder diese zumindest berücksichtigen. Um die Beratungen für alle Beteiligten möglichst nachvollziehbar zu machen, sollte nicht nur eine für Nicht-Fachleute verständliche Sprache genutzt werden, sondern auch die Konsensfindung an oberster Stelle stehen. Das schafft Vertrauen zwischen Gestaltungsbeirat, Bauherrschaft und Architektin oder Architekt.
Eine wesentliche Aufgabe des Gestaltungsbeirats ist es daher, die Bedeutung von Baukultur innerhalb Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu thematisieren und zu schärfen sowie auch in die breitere Öffentlichkeit innerhalb und außerhalb der Kommune zu tragen und im Dialog fortzuentwickeln.
Akzeptanz. Eine erfolgreiche Arbeit des Gestaltungsbeirats ist nur dann möglich, wenn den Diskussionen eine positive und respektvolle Diskussionskultur und damit eine gute Sitzungsatmosphäre zu Grunde liegen. Ein vertrauter, respektvoller Umgang zwischen dem Gestaltungsbeirat und der Verwaltung bedeutet, dass die Beratungen aufeinander abgestimmt sind und die Projekte zu einem späteren Zeitpunkt in den Gestaltungsbeirat eingereicht werden können. Die Kompetenzen zwischen Gestaltungsbeirat und Verwaltung sind klar abgegrenzt. Hier besteht umgekehrt die Gefahr der Instrumentalisierung des Gestaltungsbeirats für politische Zwecke. Ein nicht vertrauter Umgang zwischen Gestaltungsbeirat und Verwaltung, wenn also die Beratungen nicht aufeinander abgestimmt und die Kompetenzen zwischen Gestaltungsbeirat und Verwaltung nicht geklärt oder definiert sind, führt oft zu einer frühen Einreichung des Projekts ohne eine vorherige Beratung durch die Verwaltung. Architektinnen und Architekten sehen Verwaltung- und Gestaltungsbeiratsberatung häufig als Entweder-Oder-Option. Eine gemeinsame Basis von Beirat, Verwaltung und Politik ist deshalb essenziell, um das Instrument zu legitimieren und die Akzeptanz bei allen Akteuren zu steigern. Die Instanzen dürfen sich nicht gegenseitig delegitimieren, sondern müssen gegenseitig Verantwortung für
Erfolgsfaktoren
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die Umsetzung der Beratung übernehmen. Ziel muss das gegenseitige voneinander Lernen sein. Der Austausch zwischen allen Ebenen ist der zentrale Punkt, um Klarheit und Verständnis zu fördern und sich gegenseitig zu verstehen. Nur durch eine enge Abstimmung zwischen Gestaltungsbeirat und Verwaltung können die Beratungen gezielt auf die Stadtentwicklungsstrategien der Städte und Gemeinden eingehen.
Der Gestaltungsbeirat muss neben der Verwaltung und Politik auch von der ansässigen Architektenschaft akzeptiert werden, um mit Projekten der Alltags- architektur betraut zu werden. Die Bereitschaft der Architektinnen und Architekten, die Projekte auf einer solchen, mitunter auch öffentlichen Bühne beraten zu lassen, ist die Grundlage für die Arbeit der Gestaltungsbeiräte. Zur Steigerung der Akzeptanz des Gremiums innerhalb der Bevölkerung regten Vertreterinnen und Vertreter aus bestehenden Vereinen mit baukulturellem Fokus auf der Konferenz an, dass die Mitglieder auch von ortsansässigen Vereinen oder Initiativen vorgeschlagen werden könnten, die sich bereits mit der lokalen Baukultur auseinandersetzen.
Zusammen mit Bauherrschaft und Architektinnen oder Architekten braucht der Gestaltungsbeirat Erfolgserlebnisse, um den inhaltlichen Sinn einer gemeinsamen Entwicklung örtlicher Architektur und Baukultur und den damit verbundenen Mehrwert für den Ort nach außen zu tragen. Es kann deswegen empfohlen werden, zumindest in der Anfangsphase des Gremiums nicht mit den voraussehbar schwierigsten Fällen zu starten.
Externe und interdisziplinäre Fachleute berufen. Die Berufung externer Mitglieder in den Gestaltungsbeirat beugt Interessenskonflikten vor und steht für eine unabhängige Beratung ohne die Verfolgung eigener Interessen. Gleichzeitig müssen die Mitglieder über gute Ortskenntnisse verfügen, um die lokale Baukultur einschätzen und beurteilen zu können. Grundsätzlich ist es ratsam, die Wahl der Mitglieder nach den gewünschten Effekten und Zielsetzungen der Einrichtung eines Gestaltungsbeirats zu treffen. Des Weiteren wird die Sicht auf Stadtgestalt und Architektur differenzierter, wenn mehrere Personen aus unterschiedlichen Disziplinen und mit unterschiedlichen Hintergründen miteinander diskutieren.
Der Freiraum und der Umgang mit dem öffentlichen Raum ist ein zentrales öffentliches Interesse in jedem Bauvorhaben. Die Kompetenz der Landschaftsarchitektur sollte daher im Gestaltungsbeirat vertreten sein. Als wichtige Grundlage für eine hohe Lebensqualität ist die Zusammenarbeit von Fachleuten aus Landschaftsarchitektur und Architektur eine Bereicherung in der Beratung des Projekts.
Beteiligung der politischen Vertreter. Die Beteiligung der politischen Vertreter als Zuhörer ist für die Arbeit der Gestaltungsbeiräte essenziell. Wenn gleichzeitig die Unabhängigkeit des Gestaltungsbeirats von der Politik gewährleistet ist, können daraus eine höhere Akzeptanz der Bauvorhaben wie auch der Empfehlungen des Beirats entstehen. Außerdem können auf diese Weise die Wahrung der Unabhängigkeit des Gremiums und die Abgrenzung zur Verwaltung unterstützt werden. Die Politik untermauert die Daseinsberechtigung des Gestaltungsbeirats. Sie soll in der Praxis des Gestaltungsbeirats eine wichtige Rolle einnehmen, damit sie die Verantwortung für die Umsetzung der Beratung übernehmen kann.
Öffentlichkeit versus Vertrauen. Zum Thema Öffentlichkeit des Gestaltungsbeirats gingen in schriftlicher Befragung und Fachkonferenz ganz unterschiedliche Rückmeldungen ein. Nicht öffentliche Sitzungen ermöglichen einen offenen Austausch unter den beteiligten Akteuren und bauen eine Vertrauensbasis zwischen Gremium, Architektin oder Architekt und der Bauherrin oder dem Bauherrn auf. In öffentlichen Sitzungen bekommen sowohl die Bauvorhaben selbst, als auch die
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Diskussion um Baukultur, eine öffentliche Bühne. Diese Bühne kann für eine höhere Akzeptanz der Bauvorhaben in der Bevölkerung sorgen. Die Befürchtung, dass ein negatives Urteil des Gestaltungsbeirats in der Presse öffentlich gemacht wird, kann schon qualitätssteigernd wirken, da sich weder die Bauherrin oder der Bauherr noch die Architektin oder der Architekt den Ansehensverlust und gegebenenfalls die Verzögerung des Projekts leisten wollen. So kann der Gestaltungsbeirat durch die Öffentlichkeit indirekt qualitätsfördernd wirken. Auf der anderen Seite kann eben dieser Grad der Öffentlichkeit dazu führen, dass sich Architektinnen und Architekten ebenso wie Bauherren der Vorstellung eines Projekts im Gestaltungsbeirat verschließen. Aus diesem Grund kann es förderlich sein, den Grad der Öffentlichkeit nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Projekts in den Gestaltungsbeirat anzupassen.
Der Gestaltungsbeirat soll transparent agieren, damit sowohl die Verwaltung, als auch die Politik und die Bevölkerung – auch voneinander – lernen, warum eine Empfehlung des Gestaltungsbeirats auf diese Weise getätigt wurde, was „gute Gestaltung“ bedeutet und wie die lokale Baukultur nachhaltig davon profitiert. Dazu gehört auch die Sichtbarkeit der Arbeit der Gestaltungsbeiräte am Objekt. Ein gutes Projekt sichert die Akzeptanz des Gestaltungsbeirats für weitere Projekte.
Der Gestaltungsbeirat allein sichert keine breite Diskussion über Baukultur, wenn er nicht von Medien, Politik und Öffentlichkeit unterstützt wird. Er kann durch eine enge Zusammenarbeit von allen Beteiligten aber ein Katalysator in der öffentlichen Diskussion um Baukultur sein. Der Grad der Öffentlichkeit muss geübt werden und kann nur durch Routine im Umgang mit Architektinnen und Architekten, Bauherrinnen und Bauherren, der Presse, der Verwaltung und der Politik funktionieren. Allerdings ist Bauen an sich eine öffentliche Angelegenheit und daher von ebenso öffentlichem Interesse, wobei der Gestaltungsbeirat nur ein Baustein in der Öffentlichkeitsarbeit um Baukultur sein kann.
Kompetenztrennung von Verwaltung und Gestaltungsbeirat. Die gute Vorbereitung der Projektunterlagen durch die Verwaltung wird als besonders wichtige Grundlage für die Arbeit der Gestaltungsbeiräte von Seiten der Mitglieder aber auch von Seiten der Verwaltung genannt. Durch den kontrollierten Sitzungsablauf können beispielsweise mehr Projekte beraten werden.
Der Gestaltungsbeirat verfügt durch die Einbeziehung des variablen und auf das konkrete Projekt bezogenen Kontextes von Freiraum und Stadtgestalt über einen größeren Beratungsspielraum als beispielsweise starre Gestaltungssatzungen, die teilweise bei Beratung von Einzelobjekten in der Verwaltung zur Anwendung kommen. In Bezug auf die Beratung der Projekte der Alltagsarchitektur muss die Zuständigkeit zur Verwaltung deutlich abgegrenzt sein. Ein Gestaltungsbeirat ist nicht in der Lage, alle Projekte zu beraten und sollte sich hauptsächlich um Projekte kümmern, die eine hohe Relevanz für die Stadtgestalt haben. Aus den Entscheidungen des Gestaltungsbeirats können aber exemplarisch Kriterien formuliert werden, die der Verwaltung als Grundlage für die Beratung von Projekten der Alltagsarchitektur dienen. So können beide gegenseitig von ihrem Wissen profitieren. Als Ergänzung zum Instrument des Wettbewerbs sollten dringliche öffentliche Vorhaben, die daher ohne Wettbewerb durchgeführt werden, in den Gestaltungsbeirat. Gestaltungsbeiräte sollten wiederum nicht als Alternative zur Königsdisziplin des Wettbewerbs verstanden werden.
Möglichst frühe Hereingabe der Projekte und die Einhaltung des Projektzeitplans. Um erfolgreich beraten zu können, ist es wichtig, durch die Inanspruchnahme der Beratung durch den Gestaltungsbeirat keine zeitliche Behinderung des Projektablaufs zu provozieren. Dazu ist eine frühe Hereingabe der
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Projekte unabdingbar. Zu wenig Sitzungstermine des Beirats führten außerdem zu langen Wartezeiten, welche die Investorinnen und Investoren sowie Bauherrinnen und Bauherren abhalten würden, ihre Projekte einzureichen. Auch die Angst vor vielen Änderungswünschen und mehrfachen Beratungsterminen werfen ein eher unattraktives Bild auf das Gremium. Projekte sollten deswegen so selten wir möglich ein zweites oder drittes Mal vorgelegt werden müssen. Es kann sinnvoll sein, dass der Gestaltungsbeirat nach Abschluss der Beratung mit der Bauherrin oder dem Bauherrn in Kontakt bleibt. Eine Nachbereitung der Sitzungen mit Bauherrschaft und Architektin oder Architekt wird insbesondere dann empfohlen, wenn es zu Projekten kritische Stimmen und kontroverse Diskussionen im Gestaltungsbeirat gab, um den Dialog mit dem Projektträger nicht abreißen zu lassen.
Rechtssicherheit. Alle im Beirat eingereichten Projekte und Bauvorhaben sollten laut Befragung bereits vor der Beratung bauaufsichtlich überprüft werden. Eine spätere bauaufsichtliche Überprüfung könne hingegen den Projektzeitplan unnötig verzögern.
5.3.3 Hindernisse und Grenzen von Gestaltungsbeiräten
Ergänzend zu den Erfolgsfaktoren weisen die Verantwortlichen und Wissensträger rund um die Gestaltungsbeiräte in Befragung und Fachtagung auf Hürden, Hindernisse und Grenzen in der Arbeit von Gestaltungsbeiräten hin. Diese beziehen sich zumeist auf eigene Erlebnisse rund um die Arbeit in den jeweiligen Gestaltungsbeiräten und sind daher als aktueller Problemaufriss zwar nicht zu verallgemeinern, aber als wichtige Hinweise über mögliche Stolperfallen relevant.
Zeitpunkt der Hereingabe des Projekts. Besonders den Zeitpunkt der Hereingabe der Projekte beurteilen die Akteure als Hürde für die Arbeit des Gestaltungsbeirats. Projekte würden häufig erst sehr spät im Planungsprozess eingereicht, so dass empfohlene Änderungen nicht mehr eingearbeitet werden könnten, ohne den Projektzeitplan zu gefährden. Auf der anderen Seite spielt auch hier der teils geringe Sitzungsturnus eine Rolle, durch den zu wenig Zeit für die Vielzahl an zu beratenden Objekten bleibt. So fallen Projekte mitunter durch das Zeitraster und können vor dem Start der Realisierung nicht mehr beraten werden.
Die Beratung wird nicht angenommen. Nach Aussage der Befragten stellen beratungsresistente Planerinnen und Planer sowie Architektinnen und Architekten ebenso ein Hindernis dar wie unkooperative Bauherrinnen und Bauherren. Architektinnen und Architekten, die Beratung bräuchten, stellen sich selten der Beratung durch den Gestaltungsbeirat. Das Instrument Gestaltungsbeirat ist somit ein Stück weit zahnlos. Eine zentrale Problemstellung ist darüber hinaus die Angst von Investoren, Bauherrinnen und Bauherren vor höheren Baukosten und einer zeitlichen Verzögerung durch – aufgrund der Empfehlung des Gestaltungsbeirats bedingten – höhere Ansprüche an die Architektur. Auch die spärliche Kommunikation zwischen Bauherrschaft und Gestaltungsbeirat kann ein Hindernis sein. In der Regel sprechen die Akteure nur innerhalb der eigentlichen Beratungssitzung beziehungsweise bei der Präsentation der Planungen miteinander.
Rechtsunsicherheit und fehlende Sanktionierung. Bei Gestaltungsbeiräten handelt es sich um kein Entscheidungsgremium. Der Gestaltungsbeirat agiert als empfehlendes Gremium ohne Sanktionierungsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung der Empfehlungen. Das wird in zahlreichen Rückmeldungen als entscheidender Nachteil des Gremiums wahrgenommen. Zugleich gibt es den Hinweis, dass die Verbindlichkeit des Gremiums zur sofortigen Abschaffung führen würde, weil es keine politische Akzeptanz für solch eine Verbindlichkeit gäbe.
Hürden und Hindernisse
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Instrumentalisierung des Gestaltungsbeirats. Auch die Befürchtung der Instrumentalisierung des Gremiums in politischen Machtkämpfen, durch Lobbyismus oder ein Gefühl von Kontrolle durch die Anwesenheit der Verwaltung und Politik in den Sitzungen, kann als Hindernis einer erfolgreichen Arbeit eines Gestaltungsbeirats gewertet werden. Durch eine hohe Medienpräsenz, manchmal bereits ab Gründung des Gestaltungsbeirats, wächst der Druck der Öffentlichkeit, dass der Beirat eine zentrale Rolle in der Stadtgesellschaft und Stadtentwicklung einnehmen soll. Diese Erwartung kann der Gestaltungsbeirat nicht erfüllen, weil sie der Kernaufgabe von Beratung und Wissenstransfer zuwiderläuft.
Konkurrenz zwischen Verwaltung und Gestaltungsbeirat. Der Gestaltungsbeirat wird nicht selten von Bauherrinnen und Bauherren, aber auch von Architektinnen und Architekten fälschlicherweise als Alternative zur baurechtlichen Beratung der Verwaltung verstanden. Das kann dazu führen, dass sich die Verwaltung in ihrer Kompetenz eingeschränkt fühlt und eine Konkurrenzsituation entsteht. Der Gestaltungsbeirat kann nicht die Aufgaben der Verwaltung übernehmen.
Öffentlichkeit als Hindernis. Die Presse transportiert ein Image des Gestaltungsbeirats nach außen, welches sie selbst oft kreiert oder zumindest beeinflusst. Damit ist der Gestaltungsbeirat oft einer gewissen Willkür ausgesetzt, die sich sowohl in einem positiven als auch einem negativen Image widerspiegeln kann. Als Multiplikator und Kritiker der Arbeit und der Entscheidungen des Gestaltungsbeirats trägt die Presse aktiv zur Formung des Images des Beirats, aber auch zur Bedeutung und zum Stellenwert von Baukultur im öffentlichen Diskurs bei.
Aus diesem Grund braucht ein Gestaltungsbeirat eine gewisse interne Arbeitszeit. Erst dann kann er mit der Dokumentation und Evaluation des Projekts und der eigenen Arbeit nach außen treten.
Gestaltungsbeiräte ersetzen keine Bauverwaltung. Bei beratungsresistenten Architektinnen und Architekten oder Bauherrinnen und Bauherren kann der Einsatz eines Gestaltungsbeirats nach eigener Einschätzung schlechte Architektur nicht verhindern. Der Gestaltungsbeirat sollte nicht jedes Projekt beraten und damit seinen Status als Instrument für besondere Projekte verlieren.
Der Gestaltungsbeirat ist kein Garant für hohe architektonische Qualität. Der Gestaltungsbeirat ist kein Garant für durchgängig hohe architektonische Qualität, wenn sich Bauherrschaft und Architektinnen und Architekten nicht nach den Weisungen richten und die Akzeptanz in der Verwaltung und Politik fehlt. Der Gestaltungsbeirat ist vielmehr ein Anstoß und eine Motivation dafür, sich mit guter Architektur zu beschäftigen.
Der Gestaltungsbeirat wird nicht akzeptiert. Da der Beirat nur empfehlenden Charakter hat, laufen die Beratungen nach eigenen Aussagen der Gestaltungsbeiräte und der Verwaltung oft ins Leere. Die fehlende politische Akzeptanz und ein schlechtes Image des Gestaltungsbeirats als Gremium, das vor allem zu Verzögerungen im Bauablauf führen kann, erschweren die Etablierung eines solchen Gremiums. Der Gestaltungsbeirat hat nur eingeschränkt Einfluss auf das Image einer Stadt oder auf Faktoren des Standortmarketings, da die Beratung freiwillig ist. Bei einer vorgeschriebenen Einreichung des Projekts in den Beirat werden aber negative Folgen befürchtet, beispielsweise dass sich Investoren andere Standorte suchen.
Nach der Beratung. Der Gestaltungsbeirat gibt das Projekt mit Abschluss der Beratung im übertragenen Sinne an die Bauherrin und den Bauherren und die Architektin oder den Architekten zurück. Die Grenzen des Gestaltungsbeirats liegen bei allen beratenden Objekten also auch in der weiteren Entwicklung des Objektes
Grenzen
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auf dem Immobilienmarkt. Hier kann der Gestaltungsbeirat nicht eingreifen oder lenken.
Die Grenzen des Beschäftigungsfelds. Öffentliche Freiräume werden in den allermeisten Fällen in konkurrierenden Verfahren entwickelt. Deshalb beschäftigt sich der Gestaltungsbeirat oft nur mit Hochbauten ohne konkurrierende Verfahren. Nach Ansicht einiger Teilnehmenden der Konferenz ist die Arbeitsebene die eigentliche Qualität des Gestaltungsbeirats. Das widerspricht der Idee, dass der Beirat eine Rolle in Öffentlichkeitsarbeit und Beteiligung einnimmt. Aus dieser Perspektive muss die Verwaltung in Bezug auf Aufgaben und Ansprüche der Partizipation Stellung beziehen, nicht der Gestaltungsbeirat.
5.3.4 Mehrwert und Potenziale von Gestaltungsbeiräten
Die Diskussion des Mehrwerts von Gestaltungsbeiräten führt zu der Identifikation wirkungsvoller Bausteine, welche mit der Arbeit in diesen Beiräten angestoßen werden können. In der Fachtagung wurde deutlich, dass Gestaltungsbeiräte über verschiedene Bausteine Wirkung entfalten, welche miteinander in Beziehung stehen. Dieses Wirkungsnetz bildet die Grundlage, um Mehrwert auf den drei Ebenen Stadtgestalt und Alltagsarchitektur, Kommunikation und Beteiligung sowie Image und Standortförderung zu erzielen und zu steigern. In den Diskussionen zeigte sich, dass der Mehrwert auf diesen drei Ebenen nicht als ein Zustand zu verstehen ist, sondern sich in einem Prozess allmählich aufbauen kann. Gestaltungsbeiräte setzen Lernprozesse in Gang, in denen die relevanten Fragestellungen, Klärungsbedarfe und Fokussierungen in Bezug auf alle drei Ebenen des Mehrwerts ausgehandelt werden.
Abbildung 22: Skizze Wirkungsnetz, Mehrwert und Lernprozess, welche mit der Arbeit der Gestaltungsbeiräte angestoßen werden.
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Aus den Diskussionen und Rückmeldungen der schriftlichen Befragung und der Fachtagung lässt sich in einer ersten Skizze ein Wirkungsnetz identifizieren, das im Ergebnis zum potenziellen Mehrwert der Arbeit von Gestaltungsbeiräten beiträgt. Ausgangspunkt bilden drei komplementäre Wirkungsbausteine: „Beratung und Wissenstransfer“, „Baukultur eine Sprache geben“, „Öffentlichkeit herstellen“. In ihrer Kombination tragen sie zu weiteren vier Wirkungsbausteinen bei: „Aushandeln und verhandeln“ und in der Folge „Entscheiden und legitimieren“ sowie „Verbündete, Multiplikatoren, Netzwerk“ und „Bewusstseinsbildung, Ausstrahlung, Nachahmer“.
Beratung und Wissenstransfer. Die Beratung von Bauherrn, Politik und Verwaltung steht im Mittelpunkt der Arbeit von Gestaltungsbeiräten. Die Besonderheit der Gestaltungsbeiräte besteht in der besonderen Konstellation und den Rollen von Architektin und Architekt, Verwaltung und Politik. Die Beratung erfolgt auf Basis von Ortsbesichtigung, Sichtung der Planunterlagen und der Präsentation. Im persönlichen Gespräch werden Empfehlungen zum Projekt ausgesprochen. Tiefgang und Expertise dieser Beratung macht in den Augen zahlreicher Diskussionsteilnehmer der Fachtagung den Kern der Arbeit von Gestaltungsbeiräten aus. Neben den Bauherren und Architektinnen und Architekten wird die Politik explizit als bedeutende Zielgruppe dieser Beratung gesehen.
Baukultur eine Sprache geben. Die verständliche und nachvollziehbare Argumentation sowie die Formulierung von Empfehlungen werden als ein zweiter zentraler Wirkungsbaustein der Arbeit von Gestaltungsbeiräten wahrgenommen. Baukultur wird wesentlich über die individuelle Wahrnehmung, den unmittelbaren räumlichen Gebrauch und die mediale Verbreitung von Fotos und Bildern kommuniziert. Für eine Verständigung über Baukultur ist es aber von zentraler Bedeutung, diese auch sprachlich zu fassen. Diese Leistung erbringen Gestaltungsbeiräte – neben dem fachlichen Know-how der Mitglieder ist deren sprachliche und kommunikative Kompetenz eine wichtige Voraussetzung für eine wirkungsvolle Arbeit. Auf dieser Ebene bewirken Gestaltungsbeiräte Veränderungen in den Köpfen, sie unterstützen eine breite und fachlich fundierte Diskussionskultur.
Öffentlichkeit herstellen. Die öffentliche Wahrnehmung und Transparenz der Arbeit von Gestaltungsbeiräten und die Veröffentlichung des Ergebnisses der Beratung werden als dritter bedeutender Wirkungsbaustein von Gestaltungsbeiräten genannt. Damit wird die Verhandlungsposition der öffentlichen Hand gegenüber dem Projektträger unterstützt. Im Zusammenspiel mit einer verständlichen, nachvollziehbaren Sprache und Argumentation können die Empfehlungen der Gestaltungsbeiräte Mitstreiter zum Thema Baukultur erreichen und allgemein die Bewusstseinsbildung schärfen und zum Nachahmen anregen.
Aushandeln und verhandeln. Gestaltungsbeiräte werden als entlastendes Gremium für die Verwaltung verstanden. Zugleich ist die Politikberatung von zentraler Bedeutung. Gestaltungsbeiräte wirken als Zwischenebene zwischen Bauherrschaft und Architektin oder Architekt sowie Verwaltung und Politik. Argumentation und Empfehlungen des Gestaltungsbeirats unterstützen Verwaltung und Politik, öffentliche Interessen gegenüber den Projektträgern zu vertreten und erfolgreich auszuhandeln.
Entscheiden und legitimieren. Im Ergebnis soll die Arbeit von Gestaltungsbeiräten planerische und politische Entscheidungen herbeiführen und diese durch die Unabhängigkeit des Gremiums und die Verständlichkeit der Argumentation legitimieren. Mit diesen Entscheidungen werden einzelne Planungsvorhaben konkret verbessert.
Wirkungsnetz
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Verbündete, Multiplikatoren, Netzwerk. Die Identifikation, Ansprache und Vernetzung mit Verbündeten und Multiplikatoren zum Thema Baukultur ist ein zweiter Schlüssel, um mit der Arbeit von Gestaltungsbeiräten tatsächlich einen Mehrwert zu erreichen. Dabei geht es auch darum, geeignete Kooperationen und Arbeitsteilungen zwischen den verschiedenen Akteuren zu finden. Das Instrument Gestaltungsbeirat wird gestärkt, wenn es in eine breite Landschaft von Akteuren und Initiativen zum Thema Baukultur eingebettet ist. Zudem werden Politiker als wichtige Multiplikatoren genannt, um mit der Arbeit der Gestaltungsbeiräte eine Wirkung in die Breite zu entfalten. Daher ist die Einbindung der Politik in die Beratung wichtig.
Bewusstseinsbildung, Ausstrahlung, Nachahmer. Gestaltungsbeiräte brauchen zusammen mit Architektinnen und Architekten, Bauherrschaft, Verwaltung und Politik Erfolgserlebnisse, um den Sinn des Gestaltungsbeirats nach außen zu tragen und weitere Projektträger zu ermutigen, ebenfalls die Beratung dieses Gremiums zu suchen. Transparenz und das richtige Maß an Öffentlichkeit sind wichtig, um in der öffentlichen Diskussion einen Lernprozess zum Thema Baukultur in Gang zu setzen. Die Arbeit von Gestaltungsbeiräten kann Veränderungen in den Köpfen anstoßen, die im Diskussionsprozess über Baukultur besonders wichtig sind.
Welcher Mehrwert mit der Arbeit von Gestaltungsbeiräten wie umfassend erreicht und gesteigert werden kann, wurde im zweiten Teil der Fachkonferenz erörtert sowie mit einer Frage in der schriftlichen Befragung eingefangen. Die Selbstwahrnehmung der rund um Gestaltungsbeiräte beteiligten Akteure war damit der erste Einstieg, um die positiven Effekte von Gestaltungsbeiräten in ihren Konturen zu skizzieren. Eine eigentliche Evaluierung war im Rahmen dieses Forschungsprojekts nicht möglich und wäre eine Richtung für eine nachfolgende Vertiefung. Die Frage des Mehrwerts der Gestaltungsbeiräte wurde in der Diskussion weniger mit konkreten Hinweisen und Antworten als mit offenen Fragen und weiter auszulotenden Potenzialen erörtert.
Stadtgestalt und Alltagsarchitektur. Besonders Vertretende aus den Städten, in denen bereits langjährig Gestaltungsbeiräte wirken, berichteten von positiven Effekten auf die realisierten Projekte. In der schriftlichen Befragung betonten die Verantwortlichen aus Verwaltung und Gestaltungsbeiräten die durchgängige städtebauliche und architektonische Verbesserung der eingereichten Bauvorhaben – auch in Bezug auf den Umgang mit den stadtbildprägenden Bauten der 1960er und 1970er Jahre und deren Integration in die weitere Stadtentwicklung. Bauherrschaft und Investierende verstehen, dass die Qualität für den Erfolg ihrer Projekte eine wichtige Voraussetzung ist. Besonders hervorgehoben wurden zudem die positiven Auswirkungen auf den öffentlichen Raum, welcher in der Beratung der öffentlichen Anliegen der eingereichten Bauvorhaben eine besondere Aufmerksamkeit erfahren muss.
Der Mehrwert von Gestaltungsbeiräten für Stadtgestalt und Alltagsarchitektur wird in einer Stadt erst mittel- bis langfristig sichtbar. Zuvor unterstützt die Arbeit der Gestaltungsbeiräte die Fokussierung und Klärung wichtiger Fragen zum Thema Baukultur, wie beispielsweise: Was prägt die spezifische Identität einer Stadt? Welchen Stellenwert hat das bauliche Erbe – aus welchen Epochen? Wie soll sich die Stadt weiterentwickeln? Diese Fragen werden bei jeder Sitzung des Gestaltungsbeirats mitverhandelt und über die Abfolge der Beratung unterschiedlicher Projekte fortlaufend vertieft und konsolidiert.
Kommunikation und Beteiligung. Die Stärkung der öffentlichen Diskussion über gute Architektur, Landschaftsarchitektur und Städtebau wurde in schriftlicher Befragung und Fachkonferenz aus zahlreichen Perspektiven als sehr bedeutender Mehrwert von Gestaltungsbeiräten eingeschätzt. Bauen sei eine öffentliche Angelegenheit und müsse damit auch öffentlich verhandelt werden. Ein gewisser
Ebenen des Mehrwerts
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Grad an Öffentlichkeit und Transparenz sei notwendig, um den Lerneffekt zur Baukultur in der öffentlichen Diskussion zu fördern. Aus dieser Perspektive wurde eine Berichterstattung über die Arbeit der Gestaltungsbeiräte in der Presse explizit gewünscht – und in einigen Städten als nicht ausreichend bemängelt. Gestaltungsbeiräte werden als wichtige Bausteine in der Öffentlichkeitsarbeit für und um Baukultur betrachtet.
In der Diskussion wurde zugleich die Gegenposition artikuliert, dass die Kernaufgabe der Gestaltungsbeiräte, die Beratung von Bauherrschaft, Architektinnen, Architekten und Politik, keine Öffentlichkeit verträgt. Das Gremium braucht Raum und Zeit zum Arbeiten, die in Ruhe stattfinden muss. Mit der Dokumentation und Evaluation kann der Gestaltungsbeirat schließlich nach außen treten. Kommunikation und Beteiligung passen nicht zu Gestaltungsbeiräten, die Aufgabe der Partizipation sollte in der Stadtverwaltung an anderer Stelle verankert werden. Sonst besteht die Gefahr, dass das Gremium Gestaltungsbeirat öffentlich zerrissen wird.
Einige Teilnehmenden der Fachkonferenz berichteten, das gerade beim Aufbau und in der Startphase von Gestaltungsbeiräten das Thema Kommunikation und Beteiligung eine wichtige Rolle spielt. So wurd in Stuttgart das Einsetzen eines Gestaltungsbeirats von sehr hohen öffentlichen Erwartungen begleitet, für welche das Gremium zunächst nicht gerüstet war. Dahinter steckt das bisher unzureichend befriedigte Bedürfnis der Stadtgesellschaft, öffentlich über Baukultur zu diskutieren und diese auszuhandeln. Auch im Förderprogramm des Landes Baden-Württemberg zur Einrichtung von Gestaltungsbeiräten zeigt sich, dass gerade die Anfangsphase mit Öffentlichkeitsarbeit flankiert werden muss. Dabei geht es darum, das Gremium Gestaltungsbeirat mit seinen Aufgaben und Mitgliedern bekannt zu machen und bei Architektinnen und Architekten, Investierenden und Politik zu verankern. Um diese Kommunikationsaufgaben zu bewältigen, sind finanzielle und personelle Ressourcen notwendig, welche in den Budgets der Gestaltungsbeiräte zu berücksichtigen sind. Zugleich ist der Einbezug von Mitgliedern der Gestaltungsbeiräte in Wettbewerbsjurys oder in öffentliche Diskussionsveranstaltung ein erster wirksamer Schritt, um die Sichtbarkeit und öffentliche Vernetzung des Gestaltungsbeirats zu erhöhen.
Im Rahmen der Arbeit der Gestaltungsbeiräte sollten in Bezug auf Kommunikation und Beteiligung grundlegende Fragen mit erörtert werden: Wer sind geeignete Partner bei der Vermittlung von Baukultur? Wie nehmen wir die Bürger im Weiterbau unserer Stadt mit? Welche weiteren Vermittlungsansätze sollten angestoßen werden, um architektonische, städtebauliche und freiräumliche Qualitäten und gelungene Beispiele in das öffentliche Bewusstsein zu rücken?
Image und Standortförderung. In der Diskussion des Mehrwerts Image und Standortförderung wurde in der Fachkonferenz zunächst das Image der Gestaltungsbeiräte selbst als wichtiges Thema eingebracht. Das Image als „Verhinderungsbeirat“ oder „Verschönerungsbeirat“ behindert eine produktive Arbeit und positive Wirkung des Gestaltungsbeirats.
Die Rolle von Baukultur bei der Wahrnehmung einer Kommune nach außen wurde von den Teilnehmenden anerkannt. Zugleich gibt es dabei noch große, nicht ausgeschöpfte Potenziale. Eine wesentliche Aufgabe ist, die Bedeutung von Baukultur in der jeweiligen Kommune innerhalb von Verwaltung und Politik zu schärfen: Welche Alleinstellungsmerkmale haben wir? Wie könnten wir die Attraktivität unserer Kommune mit guter Architektur, Städtebau und Freiraum steigern? Welche Zielgruppen im Bereich Tourismus, Unternehmen oder Wohnbevölkerung können wir damit erreichen?
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In der Veranstaltung wurde deutlich, dass Gestaltungsbeiräte in kleineren Kommunen eine größere Wirkung auf das Image einer Stadt haben können als in großen Städten und diese hier zugleich einen unmittelbaren Einfluss auf die lokale Baukultur nehmen können. Das Beispiel der Gemeinde Baiersbronn zeigt, wie Architektur als Thema entdeckt wird, um den wachsenden Ansprüchen der Touristen gerecht zu werden. Die Gründung des Gestaltungsbeirats steht in klarem Zusammenhang zu dem erhofften Mehrwert, das Image zu fördern und den Tourismusstandort zu stärken.
Die Verknüpfung von Stadtgestalt, Image und Standortförderung ist ein Lernprozess, welchen Gestaltungsbeiräte mit ihrer laufenden Arbeit befördern können. Der eigentliche Mehrwert kann sich nur mittel- bis langfristig einstellen und erhöhen.
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6 Handlungsempfehlungen
Aufbauend auf den vorliegenden Forschungsergebnissen lassen sich erste Empfehlungen für die Kommunen sowie für Bund, Länder und Verbände formulieren. Zugleich zeigt sich weiterer Forschungsbedarf, welchen das BBSR aufgreifen kann.
6.1 Empfehlungen für Kommunen
Das Instrument Gestaltungsbeirat kann auf kommunaler Ebene eingesetzt werden, um einem Bündel unterschiedlicher Bedürfnisse in Bezug auf die Stärkung und Aushandlung von Baukultur zu begegnen. Zugleich zeigen sich deutliche Potenziale für einen differenzierten Mehrwert dieser Gremien. Für die Anwendung des Instruments in den Kommunen lassen sich Empfehlungen auf vier Ebenen formulieren.
Einrichtung des Gestaltungsbeirats. Bevor eine Kommune einen Gestaltungsbeirat einrichtet, sollten die Bedürfnisse in Verwaltung, Politik sowie weiteren Anspruchsgruppen und Öffentlichkeit sorgfältig ermittelt werden. Dabei gilt es auch, widersprüchliche Erwartungen und Konflikte zu identifizieren und zu klären. Grundlegende Fragen sind: Was soll der Gestaltungsbeirat leisten? Was soll mit dem Gestaltungsbeirat zukünftig besser erreicht werden, was heute weniger gut möglich ist? Welche baulichen Aufgaben stehen in der Kommune an? Wer soll mit der Arbeit des Gestaltungsbeirats unterstützt werden? Wenn die Zielsetzung geklärt ist, können das Instrument passgenau eingerichtet und auch die Mitglieder entsprechend der anstehenden Aufgaben, ihrer jeweiligen Disziplinen und in ihrer Anzahl ausgewählt werden. Daran anschließend können Sitzungshäufigkeit und Vergütung festgelegt werden.
Durchführung des Gestaltungsbeirats. Beratung und Wissenstransfer sollten in der Arbeit des Gestaltungsbeirats im Vordergrund stehen. Zu Beginn der Arbeit eines Gestaltungsbeirats empfiehlt es sich, mit wenig Öffentlichkeit zu starten, also eher mit öffentlichen Beratungen denn mit eigentlicher Öffentlichkeitsarbeit. Der geschützte Rahmen der Beratung sollte mit Begehungen ergänzt werden, um die Ortskenntnis – besonders für Beiräte mit externen Mitgliedern – zu verbessern. Es gilt, der Politik eine klare Rolle zuzuweisen, da sie ein wesentlicher Adressat und Mitstreiter ist, damit die Arbeit des Gestaltungsbeirats in der Praxis aufgenommen wird. Eine konstruktive Zusammenarbeit und zugleich Arbeitsteilung zwischen Gestaltungsbeirat und Verwaltung ist wesentlich.
Flankieren mit anderen Maßnahmen. Für den Gestaltungsbeirat ist ein passendes Umfeld wichtig, das mit flankierenden Maßnahmen gestärkt werden kann. Dazu zählt eine ergänzende Öffentlichkeitsarbeit, welche den Gestaltungsbeirat bekannt macht und Erfolge kommuniziert. Zugleich gilt es auszuloten, welches Bedürfnis in der Kommune besteht, öffentlich über Baukultur zu diskutieren oder auch das Thema Baukultur stärker in die Öffentlichkeit zu rücken. Darauf aufbauend können passende Angebote entwickelt und auch Partnerschaften gesucht werden, welche die Arbeit des Gestaltungsbeirats unterstützen und das Gremium zugleich nicht überfordern. Beratungsresistente Architektenschaft und Bauherrschaft könnten an runde Tische gebeten oder in Workshops eingebunden werden. Auch ist es hilfreich, das Selbstbild der Kommune zu schärfen, welches eine wichtige Grundlage ist, um Stadtgestalt und
Empfehlungen für Bund, Länder und Verbände 69
Alltagsarchitektur zu bewahren und fortzuentwickeln. Zugleich sollte der Erfahrungsaustausch mit anderen Kommunen gepflegt werden.
Evaluieren und Fortentwickeln. Organisation, Arbeitsweise und Einbettung des Gestaltungsbeirats sollten in einem passenden Zeitraum reflektiert und im Falle veränderter Aufgaben und Bedürfnisse angepasst werden können. Ein Erfahrungsaustausch zwischen verschiedenen Kommunen sowie mit Verbänden und Initiativen der Baukultur kann dabei unterstützend wirken. Anpassungen sollten als positive Lernprozesse und nicht als Fehler oder Versagen wahrgenommen werden.
6.2 Empfehlungen für Bund, Länder und Verbände
Gestaltungsbeiräte sind in der Regel in den Kommunen verankert. Die Beratung bezieht sich auf Planungen und konkrete Bauvorhaben, welche im Rahmen der Planungshoheit der Stadt oder Gemeinde zu entscheiden sind. Dennoch zeigt sich deutlich, dass Bund, Länder und Verbände Aufgaben übernehmen können, welche die lokalen Gremien fördern. Dies gilt ebenso für temporäre und regionale Gestaltungsbeiräte mit einem regionalen Bewusstsein. Eine finanzielle Unterstützung wie in Baden-Württemberg durch das Land ermutigt zudem, einen Gestaltungsbeirat einzurichten.
Dialogplattformen und Erfahrungsaustausch. Die Fachtagung in Mannheim hat gezeigt, dass der Austausch zwischen den Kommunen und verschiedenen Verantwortlichen rund um Gestaltungsbeiräte sehr geschätzt wird. Gerade aufgrund der vielfältigen lokalen Ausprägungen des Instruments besteht ein großer Bedarf, die jeweiligen Erfahrungen, aktuellen Herausforderungen sowie auch Perspektiven der Weiterentwicklung des Gremiums Gestaltungsbeirat überkommunal zu erörtern.
Vernetzung baukultureller Angebote. Die Einbettung der Arbeit von Gestaltungsbeiräten in ein Netzwerk baukulturell interessierter und engagierter Verbände, Vereine und Initiativen hilft auf lokaler Ebene. Aber auch interkommunal sowie auf der Ebene von Ländern und Bund ist die Vernetzung baukultureller Angebote von Bedeutung. Das Bedürfnis nach Raum für Diskussionen über Baukultur ist in der Arbeit von Gestaltungsbeiräten deutlich zu erkennen. Das Instrument kann gestärkt und zugleich auch entlastet werden, wenn dieses Bedürfnis in anderen baukulturellen Formaten Platz findet.
6.3 Forschungsbedarf für das BBSR
Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde die sehr vielfältige und lebendige Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland sondiert, in wesentlichen Konturen erfasst und erste Zusammenhänge zwischen Bedürfnissen, unterstützenden und hinderlichen Faktoren in Organisation, Arbeit und Einbettung der Beiräte sowie verschiedenen Ebenen ihres Mehrwerts herausgearbeitet. Aus den vorliegenden Ergebnissen lassen sich drei mögliche Vertiefungsrichtungen für die weitere Forschung formulieren.
Gestaltungsbeirat, Baukultur und Partizipation. Im Forschungsprojekt wurde deutlich: Das Bedürfnis nach Diskussion und Aushandlung von Baukultur ist da. Gestaltungsbeiräte werden als hilfreiches, flexibel an die lokalen Bedürfnisse anpassbares Instrument wahrgenommen und aktiv genutzt. Zugleich zeigt sich in der Stadtgesellschaft ein wachsendes Bedürfnis, die Veränderungen in den Städten öffentlich zu diskutieren und auch mitzugestalten. Zwischen der Kernaufgabe von Gestaltungsbeiräten – der Beratung und dem Wissenstransfer mit Bauherrschaft, Architektinnen und Architekten und Politik – und dem Wunsch nach Partizipation
Forschungsbedarf für das BBSR 70
zeigen sich jedoch Zielkonflikte. Gestaltungsbeiräte können nicht alles leisten – sie würden an Wirkung an den konkreten Objekten einbüßen. Die weitere Forschung sollte das Zusammenspiel verschiedener Instrumente rund um Baukultur und Beteiligung in den Blick nehmen und die Arbeitsteilungen, Synergien und auch Konflikte untersuchen. Wer kann zu welchem Thema mit welchem Format angesprochen und einbezogen werden? Gestaltungsbeiräte reihen sich ein in ein ganzes Bündel informeller Instrumente, die vor allem über Beratung, Überzeugung, Vernetzung oder Ausstrahlung Wirkung in der Kommune und darüber hinaus erzielen können. In partizipativen Angeboten fällt es zugleich häufig schwer, das Thema Baukultur kompetent zu bearbeiten. Dabei sollte auch die Rolle der Medien in Hinblick auf den Wirkbereich der verschiedenen Instrumente mit untersucht werden.
Gestaltungsbeirat, Baukultur und Standortförderung. Gerade einige Beispiele der in den letzten Jahren gegründeten Gestaltungsbeiräte zeigen, dass eine Stärkung der Kommune als Standort für Tourismus, attraktives Wohnen und auch lokales Wirtschaften eine Motivation ist, einen Gestaltungsbeirat ins Leben zu rufen. Baukultur wird als Standortfaktor erkannt. Der Zusammenhang zwischen den Beiräten, der mittelfristigen Entwicklung von Baukultur und damit verbunden der Stärkung des Standorts kann als Wertschöpfungskette gedacht werden. Diese sollte in ihren Zusammenhängen und spezifischen lokalen Ausprägungen weiter konzeptionell und empirisch untersucht werden.
Gestaltungsbeirat, Baukultur und lokale Politik. Die Arbeit von Gestaltungsbeiräten ist Politikberatung. Die lokale politische Kultur ist zugleich eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit der Beiräte. Die Art und Weise, wie Baukultur politisch verhandelt wird, was Gestaltungsbeiräte dazu beitragen können und in welchen Themen und Konstellationen Sollbruchstellen zwischen Gestaltungsbeirat und Politik liegen, wäre eine lohnende Aufgabe für eine weitere Vertiefung der Forschung. Die Landschaft der beratenden Gremien auf kommunaler Ebene ist groß. Wo reihen sich Gestaltungsbeiräte ein? Welche Wechselwirkung besteht zwischen den Gremien? Welche Synergien und Lernprozesse sind möglich? Die Forschung könnte die Perspektive politischer Entscheidungsträger in den Mittelpunkt rücken und mit den Methoden der Politikwissenschaft die Rolle von Gestaltungsbeirat und lokaler Baukultur weiter ausleuchten.
71
7 Anhang
Literaturliste 72
7.1 Literaturliste
Veröffentlichungen des BMUB und BBSR
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2017): Laufende Raumbeobachtung des BBSR, Geometrische Grundlagen
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.) 2015: Regionale Baukultur und Tourismus. BBSR Sonderveröffentlichung, Bonn
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.) (2012) Gestaltungsbeiräte., in Kommunale Kompetenz Baukultur. Werkzeugkasten der Qualitätssicherung, S. 50-51
BMVBS (Hrsg.) 2012: Kommunale Kompetenz Baukultur. Werkzeugkasten der Qualitätssicherung. BMVBS-Sonderveröffentlichung. Berlin
Weitere Veröffentlichungen
Bundesstiftung Baukultur (Hrsg.) 2016: Baukulturbericht 2016/2017. Stadt und Land.
Bundesstiftung Baukultur (Hrsg.) 2014: Baukulturbericht 2014/2015. Gebaute Lebensräume der Zukunft - Fokus Stadt.
Förderverein der Bundesstiftung Baukultur (Hrsg.) (2014): Gestaltungsbeiräte in Deutschland
StadtBauKultur NRW (Hrsg.) (o.J.): Beiräte für Stadtgestaltung in Nordrhein-Westfalen –Beispiele aus der Praxis
Bund Deutscher Baumeister (BDA) (Hrsg.) (2013): Gestaltungsbeiräte - Mehr Kommunikation, mehr Baukultur.
Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein (o.J.) Der Mobile Gestaltungsbeirat.
Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (Hrsg.) (2013): Temporärer Gestaltungsbeirat, Der Gestaltungsbeirat – ein Mehrwert für die Stadt und ihre Bewohner
Architektenkammer Baden-Württemberg (Hrsg.) (2014): Der mobile Gestaltungsbeirat.
Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2015): Gestaltungsbeiräte – ein Plus für die Baukultur.
Bayrische Architektenkammer (Hrsg.) (2015): Temporärer Gestaltungsbeirat. Mehrwert für Gemeinden und ihre Bürger.
Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2001): Gestaltungsbeirat. Leitfaden erstellt von der StGB NRW-Arbeitsgruppe Städtebauliche Erneuerung.
Literaturliste 73
Stadt Konstanz (Hrsg.) (2013): Beirat für Architektur und Stadtgestaltung Stadt Konstanz. Werkbericht 2009 – 2013. Informationen aus dem Baudezernat, Bd. 20
Stadt Nürnberg (Hrsg.) (2011): Der Baukunstbeirat in Nürnberg. Gestaltungsbeirat – Beratung zur Baukultur. Schriftenreihe Baureferat Stadtplanungsamt.
Stadt Regensburg (Hrsg.) (2002): Gestaltungsbeirat. Ein Zwischenbericht 1998 – 2001. Schriftenreihe Regensburg plant & baut, Bd. 7
Stadt Regensburg (Hrsg.) (2004): Gestaltungsbeirat. Werkbericht 2002 - 2004. Schriftenreihe Regensburg plant & baut, Bd. 10
Stadt Regensburg (Hrsg.) (2008): Gestaltungsbeirat. Ein Erfolgsmodell 1998 - 2008, Schriftenreihe Regensburg plant & baut, Bd. 15
Katholische Akademie Schwerte, Stadt Arnsberg (Hrsg.) (2013): Baukultur in Arnsberg. Architektur und regionale Identität.
Veröffentlichungen im europäischen Ausland
Raspotnig, Paul, (2007): Planungsbegutachtung durch Gestaltungsbeiräte. Das Salzburger Modell und seine Nachfolger in Österreich. Dissertation an der TU Wien.
Bundeskanzleramt Österreich (Hrsg.) (2011): Österreichischer Baukulturreport 2011.
Bundeskanzleramt Österreich (Hrsg.) (2006): Österreichischer Baukulturreport 2006. Heft 2: Verantwortung.
Weitere Quellen
Abfrage aus der Bauministerkonferenz (2016).
Bundesarchitektenkammer: Bundeswettbewerbsstatistik 2014
Schenk, A. (1991), 5. Auflage, Berlin: Architekturführer Mannheim
Stadt Arnsberg (2017): https://www.arnsberg.de/stadtentwicklung/sauerland-baukultur.php (letzter Zugriff: 28.Juni 2017)
7 Anhang 74
7.2 Befragung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte
7.2 Befragung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte 75
Expertenbefragung zur Vorbereitung der Fachkonferenz am 17. Mai in Mannheim
Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte!
Das Forschungsprojekt „Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte – Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden“ im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) legt wichtige Grundlagen um Arbeitsweise, Rahmenbedingungen und Effekte von Gestaltungsbeiräten besser zu verstehen. Hierbei sollen auch Sonderformen dieser Beiräte betrachtet werden, z.B. mobile und temporäre Gestaltungsbeiräte, die in der Region eine wichtige Rolle spielen.
Baukultur ist eine Gemeinschaftsaufgabe, zu deren Gelingen viele Akteurinnen und Akteure auf der Ebene der Kommunen beitragen. Gestaltungsbeiräte sind ein wichtiges Instrument, um Baukultur im öffentlichen Diskurs, in den Verhandlungen zwischen öffentlicher Hand, privaten Investoren und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu verankern. Sie tragen dazu bei, dass konkrete Bauvorhaben in einem frühen Stadium verbessert werden und damit die architektonische und städtebauliche Qualität gesichert wird.
Ziel von Forschungsprojekt und Fachkonferenz ist, die qualitative Landschaft der Gestaltungsbeiräte in Deutschland und ihren Mehrwert an Hand von Erfahrungen aus der Praxis genauer zu untersuchen. Dabei werden die Ebenen Kommunikation & Beteiligung und Image & Standortmarketing ebenso betrachtet wie Stadtgestaltung & Alltagsarchitektur.
Die Expertenbefragung richtet sich an ausgewählte Städte und Regionen mit Gestaltungsbeiräten. Das Ziel ist, Hinweise zu Erfolgsfaktoren und Hindernissen in der Arbeit von Gestaltungsbeiräten einzufangen und Einschätzungen zu dem Mehrwert der Arbeit der Gestaltungsbeiräte für die kommunale und regionale Baukultur und Entwicklung zu erhalten. Die Befragung richtet sich an Mitglieder der Gestaltungsbeiräte sowie Verantwortliche in Verwaltung und Politik.
Wir freuen uns, wenn Sie sich circa 15 Minuten Zeit nehmen, um nachfolgende sieben Fragen in Stichpunkten zu beantworten! Im Mittelpunkt steht Ihre persönliche Einschätzung und Erfahrung als Expertin und Experte zum Thema Gestaltungsbeirat. Die Ergebnisse fließen in die Vorbereitung der Fachkonferenz in Mannheim ein. Die Ergebnisse werden anonymisiert dargestellt, so dass keine Rückschlüsse auf Ihre Person und Ihre Stadt oder Region möglich sind.
Expertenbefragung
Forschungsprojekt
Expertenbefragung
7.2 Befragung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte 76
Fragen
1. Welchen aktuellen Aufgaben und Fragestellungen widmet sich Ihr
Gestaltungsbeirat? Welche Herausforderungen hat der Gestaltungsbeirat in Ihrer Stadt / Region aktuell zu bewältigen?
2. Welche Faktoren und Rahmenbedingungen sind Ihrer Einschätzung nach für
eine erfolgreiche Arbeit von Gestaltungsbeiräten notwendig und hilfreich? Welche konkreten Erfahrungen haben Sie dazu gemacht?
3. Was sind aus Ihrer Sicht Hürden und Hindernisse für eine erfolgreiche
Arbeit von Gestaltungsbeiräten? Welche konkreten Erfahrungen haben Sie dazu gemacht?
4. Welche besonderen Erfolge hat die Arbeit in dem Gestaltungsbeirat in Ihrer
Stadt / Region in den letzten fünf Jahren Ihrer Ansicht nach erzielt?
5. Welche Rückschläge und Misserfolge hat die Arbeit in dem
Gestaltungsbeirat in Ihrer Stadt / Region in den letzten fünf Jahren zu verzeichnen?
6. Wo liegen Ihrer Meinung nach die Grenzen der Arbeit des Gestaltungsbeirats
in Ihrer Stadt/ Region?
7. Wie würden Sie den Mehrwert der Arbeit des Gestaltungsbeirats in Ihrer
Stadt / Region beschreiben? Welche Form von positiven Effekten aus der Arbeit des Gestaltungsbeirats nehmen Sie in Ihrer Stadt / Region wahr?
Ihre Perspektive
Aus welcher Perspektive nehmen Sie an der Umfrage teil?
Mitglied eines Gestaltungsbeirats
Mitglied der Verwaltung
Politik
Sonstige Perspektive
In welcher Stadt / Region sind Sie im Gestaltungsbeirats tätig beziehungsweise in Verwaltung oder Politik mit diesem in Kontakt?
Aufgaben und Herausforderungen
Erfolgsfaktoren
Hindernisse
Erfolge
Rückschläge
Grenzen
Mehrwert für Stadt- und Regionalentwicklung
7.2 Befragung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte 77
Seit wann sind Sie in die Arbeit des Gestaltungsbeirats eingebunden / begleiten Sie die Arbeit des Gestaltungsbeirats?
Seit wann besteht der Gestaltungsbeirat in Ihrer Stadt / Region?
Vielen Dank!
Bitte senden Sie den ausgefüllten Fragebogen an folgende Email-Adresse: constanze.ackermann@studio-stadt-region.de
Einsendeschluss ist Mittwoch, 12. April 2017.
Für Ihre Fragen steht Frau Ackermann gerne zur Verfügung
– per Email constanze.ackermann@studio-stadt-region.de
– oder telefonisch unter 089 244 10 33-17
Mehr Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier:
http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/FP/ReFo/Staedtebau/2016/baukultur- gestaltungsbeiraete/01-start.html?nn=396022
Das Programm der Fachtagung finden Sie unter folgendem Link:
http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Aktuell/Veranstaltungen/programme- 2017/2017-refo-gestaltungsbeiraete.html?nn=396022
Wir bedanken uns im Namen des BBSR für Ihre Unterstützung!
Agnes Förster, STUDIO | STADT | REGION, München Nicola Borgmann, Architekturgalerie München e.V. Christian Holl, frei04 publizistik, Stuttgart
mailto:constanze.ackermann@studio-stadt-region.de
mailto:constanze.ackermann@studio-stadt-region.de
http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/FP/ReFo/Staedtebau/2016/baukultur-gestaltungsbeiraete/01-start.html?nn=396022
http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/FP/ReFo/Staedtebau/2016/baukultur-gestaltungsbeiraete/01-start.html?nn=396022
http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Aktuell/Veranstaltungen/programme-2017/2017-refo-gestaltungsbeiraete.html?nn=396022
http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Aktuell/Veranstaltungen/programme-2017/2017-refo-gestaltungsbeiraete.html?nn=396022
Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte - Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden
Impressum
1 Zusammenfassung
1.1 Problemstellung und Untersuchungsmethoden
1.2 Ergebnisse
1.3 Kritische Würdigung und Forschungsbedarf
Summary
2 Anlass und Zielsetzung des Forschungsprojekts
3 Heuristisches Modell und Forschungsfragen
4 Methodik
4.1 Kartografischer Überblick
4.2 Portraits ausgewählter Fallbeispiele
4.3 Schriftliche Befragung
4.4 Thesen und offene Fragen
4.5 Fachkonferenz
4.6 Auswertung
4.7 Grenzen des Forschungsprojekts
5 Ergebnisse
5.1 Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den ersten Blick
5.2 Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den zweiten Blick
5.2.1 Die vielfältigen Ausprägungen des Instruments in der Praxis
5.2.2 Fallbeispiele
Großstädte: München & Dresden
Kleine Großstädte: Mannheim & Wolfsburg
Mittel- und Kleinstädte: Arnsberg, Landshut & Baiersbronn
Sonderformen – Regionale, mobile und temporäre Gestaltungsbeiräte
5.3 Die Landschaft der Gestaltungsbeiräte auf den dritten Blick
5.3.1 Ein Instrument, viele Bedürfnisse
5.3.2 Erfolgsfaktoren der Arbeit von Gestaltungsbeiräten
5.3.3 Hindernisse und Grenzen von Gestaltungsbeiräten
5.3.4 Mehrwert und Potenziale von Gestaltungsbeiräten
6 Handlungsempfehlungen
6.1 Empfehlungen für Kommunen
6.2 Empfehlungen für Bund, Länder und Verbände
6.3 Forschungsbedarf für das BBSR
7 Anhang
7.1 Literaturliste
7.2 Befragung der Landschaft der Gestaltungsbeiräte
https://www.karlsruhe.de/securedl/sdl-eyJ0eXAiOiJKV1QiLCJhbGciOiJIUzI1NiJ9.eyJpYXQiOjE2ODc5NzE5MzUsImV4cCI6MzMyMTc2MjY0NTYsInVzZXIiOjAsImdyb3VwcyI6WzAsLTFdLCJmaWxlIjoiZmlsZWFkbWluL3VzZXJfdXBsb2FkLzA1X01vYmlsaXRhZXRfU3RhZHRiaWxkLzA1Ml9TdGFkdHBsYW51bmcvM19TdGFlZHRlYmF1bGljaGVfUHJvamVrdGUvR2VzdGFsdHVuZ3NiZWlyYXRfYWx0L0VyZ2Vibmlzc2VfRm9yc2NodW5nc3Byb2pla3QucGRmIiwicGFnZSI6NDEwNH0.n-BpBBLAXKKnSPR9S-F7hwWPl9Fvv-9S6cMtpoTMzaw/Ergebnisse_Forschungsprojekt.pdf
Sozialer Dienst_englisch.indd
We provide you with advice and enable you to access other support services.
SOCIAL SERVICES COMMUNITY-BASED SOCIAL WORK
Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde | Sozialer Dienst
2 | SOCIAL SERVICES – COMMUNITY-BASED SOCIAL WORK SOZIAL- UND JUGENDBEHÖRDE | 3
www.karlsruhe.de/sodi
WE ADVISE AND SUPPORT PARENTS in education issues,
in diffi cult family situations,
in case of separation and divorce,
in resolving access and custody rights issues,
by offering specifi c educational measures such as socio- educational family help, day care groups, foster families, assisted living for young people, care and education in an institution,
and help them obtain other assistance.
WE OFFER THE FOLLOWING SERVICES TO CHILDREN AND YOUNG PEOPLE Advice and support in the following fi elds:
school and training family and friends leisure time steps to independence
Protection in emergencies
CITIZENS CAN CONTACT US IN CASE OF fi nancial problems,
issues concerning the entitlement to social assistance and contact with other services or institutions,
need of care,
rent arrears and actions for possession,
personal problems.
SERVICES OFFERED IN THE COMMUNITIES Cooperation with institutions such as schools and day care
centres.
Cooperation with community associations, self-help groups, churches and other organisations.
Networking with other authorities and institutions.
Commitment for the development of a Social City.
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www.karlsruhe.de/sodi
OUR WORK IS individual
confi dential
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and we do home visits
According to your current life situation.
OTHER FIELDS OF ACTIVITY Socio-educational group work
Social work at schools
Support to unaccompanied minor refugees staying at the „State of Baden-Württemberg’s Reception Centre for Asylum Seekers and Refugees in Karlsruhe” (Landesaufnahmestelle für Asylsuchende und Flüchtlinge Karlsruhe)
Socio-educational contact point for the city’s trailer park
After school centre for therapeutic education
DUTY TO PROTECT CHILDREN WHOSE WELL-BEING IS AT RISK If there is a suspicion that a child’s well-being is at risk we assess the risk and initiate the necessary steps for the child’s protection. You will fi nd more information regarding our professional standards on the following website: www.karlsruhe.de/b3/ soziales/einrichtungen/sodi/kindeswohl.de
SUCH RISKS MIGHT INCLUDE
neglect
maltreatment
sexual abuse
domestic violence
If you notice that children or young people aren’t treated well or are in distress (if their well-being is at risk) please turn to one of the following services:
SOCIAL SERVICES
During the day Telephone: see services in the different communities (Page 6-7).
POLICE
In the evening, at night and on weekends and holidays Telephone: 110 or local police stations: 0721 936-0.
6 | SOCIAL SERVICES – COMMUNITY-BASED SOCIAL WORK SOZIAL- UND JUGENDBEHÖRDE | 7
www.karlsruhe.de/sodi
KARLSRUHE CITY AREA Service group „Bezirksgruppe Nordwest“ Centre part of Weststadt, Hardtwaldsiedlung, Nordweststadt, Knielingen, Neureut, Nordstadt Kochstraße 7, 76133 Karlsruhe Telephone: 0721 133-5303 Fax: 0721 133-5749 E-Mail: sodi-nordwest@sjb.karlsruhe.de
Service group „Bezirksgruppe West” Mühlburg, Daxlanden, Alt-Grünwinkel, Albsiedlung, Rheinstrandsiedlung includ. Nussbaumweg Thomas-Mann-Straße 3, 76189 Karlsruhe Telephone: 0721 15116-0 Fax: 0721 15116-240 E-Mail: sodi-west@sjb.karlsruhe.de
Service group „Bezirksgruppe Südwest” Oberreut includ. Kleinseeäcker, Hardecksiedlung, Heidenstückersiedlung, Rüppurr Albert-Braun-Straße 2 b, 76189 Karlsruhe Telephone: 0721 133-5305 Fax: 0721 133-5399 E-Mail: sodi-suedwest@sjb.karlsruhe.de
Service group „Bezirksgruppe Mitte-West” Western part of city centre (Innenstadt), Südweststadt, southern part of Weststadt, Beiertheim, Bulach Kochstraße 7, 76133 Karlsruhe Telephone: 0721 133-5311 Fax: 0721 133-5759 E-Mail: sodi-mittewest@sjb.karlsruhe.de
Service group „Bezirksgruppe Mitte-Süd” Eastern part of city centre (Innenstadt), Südstadt, Dammerstock, Weiherfeld, western part of Oststadt, Südstadt-Ost Zähringerstraße 34, 76131 Karlsruhe Telephone: 0721 133-5307 Fax: 0721 133-5309 E-Mail: sodi-mittesued@sjb.karlsruhe.de
Service group „Bezirksgruppe Ost” Waldstadt, Geroldsäcker, Rintheim, Hagsfeld, eastern part of Oststadt Beuthener Straße 42, 76139 Karlsruhe Telephone: 0721 133-5306 Fax: 0721 133-5359 E-Mail: sodi-ost@sjb.karlsruhe.de
Social Services Management Telephone: 0721 133-5301 E-Mail: sodi@sjb.karlsruhe.de Internet: www.karlsruhe.de/sodi A street name index indicating the social services‘ relevant offi ces for the espective residential area is available on the internet.
You can best reach us during our consulting hours Monday 08:30 clock to 12 clock Thursday 14 clock to 17 clock
DURLACH Stadtamt Durlach – Jugend und Soziales (Youth Welfare and Social Affairs) Bergwaldsiedlung, Dornwaldsiedlung, Durlach, Durlach-Aue, Grötzingen, Grünwettersbach, Hohenwettersbach, Palmbach, Stupferich, Untermühlsiedlung, Wolfartsweier Pfi nztalstraße 33, 76227 Karlsruhe Telephone: 0721 133-1917 Fax: 0721 133-1989 E-Mail: jus@durlach.karlsruhe.de
For information on Durlach’s social services, please contact the Youth Welfare Offi ce and Social Services Management Telephone: 0721 133-1917
You can best reach us during our consulting hours Monday to Wednesday and Friday 08:30 clock to 12 clock Monday to Thursday 14 clock to 15:30 clock
THE LEAFLET IS AVAILABLE FROM
Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde Sozialer Dienst Kochstraße 7, 76133 Karlsruhe Telephone: 0721 133-5301 E-Mail: sodi@sjb.karlsruhe.de Internet: www.karlsruhe.de/sodi
IMPRINT
Publisher City of Karlsruhe Offi ce in Charge of Social and Youth Affairs Social Services
Editors: Sandra Greiner, Karen Eßrich, Dorothea Mohila, Stephan Weismann Date: October 2012 Layout: SJB-ÖA, C. Streeck Pictures: Offi ce in Charge of Social and Youth Affairs: socio-educational group work, social work at schools; www.fotolia.de; www.pixelio.de: S. Hofschlaeger, R. Kaute Print: Hall printing, 100% recycled paper
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/sodi/infomaterial/HF_sections/content/1352880229223/1426069305796/Sozialer%20Dienst_englisch.pdf
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Stadt Karlsruhe Dezernat 3
7. Fachtag Armutsbekämpfung am 15.10.2019 Bürgermeister Martin Lenz, Stadt Karlsruhe
Begrüßung und Dank an all die vielen Akteure, die am Armutsbericht mitgewirkt haben.
Dank an all die Vertreterinnen und Vertreter der Sozialen Arbeit, die praktisch in ihrer
täglichen Arbeit oder auf konzeptioneller Ebene dazu beitragen, Armutslagen zu mildern.
Ohne die Soziale Arbeit kann Armutsbekämpfung nicht umgesetzt werden. Dass die
Armutspolitik in unserer Stadt einen so hohen Stellenwert hat, ist keine Selbstverständlichkeit.
Ganz herzlich willkommen heißen möchte ich daher die Vertreterinnen und Vertreter unseres
Stadtparlaments und die Vertreterinnen und Vertreter der LIGA der freien Wohlfahrtspflege.
Armutsberichterstattung Leisering, der 1995 einen Überblick zum historischen Wandel in der Geschichte Deutschlands,
was die Armutsproblematik anbelangt, vorlegte, stellte fest, dass Armut erst nach 1980
wieder eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung erlangte und kein Randphänomen
gesellschaftlicher Entwicklung mehr ist. 1984 wurden die Begriffe ‚Zweidrittelgesellschaft‘
und ‚neue Armut‘ geprägt.
In Deutschland waren die Kommunen die Pioniere hinsichtlich Armutsberichtserstattung.
Die vorläufige „Hochzeit“ erlebten kommunale Armuts- und Sozialberichte insbesondere
Mitte bis Ende der 1990er Jahre. Ende der 1990er Jahre wurde „Kinderarmut“ ein
eigenständiges Thema in der Berichterstattung. In Karlsruhe wurde die Diskussion um
Kinderarmut in den 1990er Jahren bereits intensiv geführt und 1998 der 1.
Kinderarmutsbericht in Deutschland aufgelegt. Mit dem Armutsbericht 2008 führten die Liga
der Freien Wohlfahrtspflege und die Stadt Karlsruhe schließlich die zu Beginn der 1990er
Jahre begonnene kontinuierliche Berichterstattung zur Armut in Karlsruhe fort.
Die Sozialraumorientierung im kommunalen Handeln hatte - auch auf Grund von Impulsen
wie dem Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ - eine Weiterentwicklung erfahren
und wurde auch im aktuellen Armutsbericht fortgeführt; insbesondere in der Vertiefung der
2 | Stadt Karlsruhe | Dezernat 3
sozialräumlichen Betrachtung und der Quartiersentwicklung. Die Quartiersentwicklung wird
zukünftig in Karlsruhe mehr sozialräumliche Impulse setzen im ämter- und
ressortübergreifenden Zusammenspiel. Ziel ist es in Karlsruhe, die Stadtteile und Stadtviertel
inklusiv, sozial und generationengerecht unter Einbezug der Bewohnerschaft weiter zu
entwickeln
Armutsbekämpfung Hand in Hand mit LIGA
Die gemeinsame Armutsbekämpfung der Liga der freien Wohlfahrtspflege und der Stadt
Karlsruher hat eine lange Tradition seit einem viertel Jahrhundert, genauer, seit 1992 ist sie
ein sozialpolitisches Ziel der Stadt Karlsruhe und berührt alle Lebensbereiche unserer
Stadtgesellschaft. Die Abstimmungsgespräche sind seit 2007 institutionalisiert, das lokale
Bündnis findet seit der gemeinsamen Erstellung des Armutsberichtes 2008 regelmäßig
zusammen.
Strategische Armutsbekämpfung
Die Kommune hat keinen Einfluss auf die strukturellen Ursachen von Armut, die
beispielsweise im Steuersystem oder anderen Systemen wie dem Finanz- oder dem
Wirtschaftsmarkt begründet sind. Die Kommune hat aber einen Gestaltungsrahmen und
diesen nutzen wir in Karlsruhe ausgiebig! Für eine wirksame Armutsbekämpfung bedarf es
auf kommunaler Ebene einer strategischen Gesamtausrichtung entlang des
Lebenslagenkonzepts. Gemäß dem Lebenslagenkonzept, auf das wir uns in Karlsruhe
beziehen, bedeutet Armutsgefährdung nicht nur materielle Einschränkungen, sondern
beeinträchtigt darüber hinaus die Chancengleichheit in verschiedenen Lebensbereichen wie
zum Beispiel Bildung, Arbeit oder Wohnen. Folglich ist unser kommunal aufgelegtes
Armutsbekämpfungsprogramm strategisch darauf ausgerichtet, die Lebenslagen der
armutsgefährdeten Bevölkerung zu verbessern und soziale Exklusionen zum Beispiel in den
Bereichen „Arbeit“ oder „Wohnen“ zu überwinden.
Konzepte wie das Gesamtkonzept Arbeit oder das Gesamtkonzept Wohnungslosenhilfe `97
bilden den Handlungsrahmen für eine Erhöhung der Teilhabechancen. Mit dem 2013 ins
Leben gerufene kommunale Gesamtkonzept Arbeit wird es Menschen mit gesundheitlichen
ermöglicht, wieder eine Perspektive zu erlangen. Schon früh waren wir in Karlsruhe Vorreiter
bei der Installierung eines Sozialen Arbeitsmarktes ganz nach dem Motto: „es lohnt sich, in
3 | Stadt Karlsruhe | Dezernat 3
Menschen zu investieren und ihnen eine Perspektive zu geben“. Bislang wurden insgesamt
fast 700 Menschen im Rahmen des Gesamtkonzepts Arbeit erreicht. Für die Finanzierung der
150 bis 170 Beschäftigungsangebote des 3. Arbeitsmarktes und der Koordinierungsstelle
stehen im Doppelhaushalt pro Jahr 600.000 Euro zur Verfügung.
Ein weiterer wichtiger Grundpfeiler bei der Armutsbekämpfung ist neben dem Bereich Arbeit
der existenzielle Bereich Wohnen. Aktuell kann ich Ihnen heute mitteilen, dass über die
Wohnraumakquise der Fachstelle Wohnungssicherung die 2.000 Person mit Wohnraum
versorgt wurde! Die Wohnraumakquise hat seit Beginn des Programms im Jahr 2005 bereits
rund 800 Wohnungen akquiriert und somit wohnungslosen Menschen wieder ein Zuhause
gegeben. Eine eigene Wohnung ist oft der erste Schritt, um wieder auf dem Arbeitsmarkt
Fuß zu fassen. Dies wird auch durch die Tatsache belegt, dass ca. zwei Drittel der Personen,
nachdem sie über die Wohnraumakquise einen eigenen Mietvertrag erhalten haben, nicht
mehr ausschließlich auf den Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II angewiesen
waren.
Maßnahmen der Armutsbekämpfung Im Bereich der Armutsbekämpfung können wir bereits auf vielseitige Maßnahmen
zurückblicken, die gemeinsam mit der Liga der freien Wohlfahrtspflege entwickelt wurden.
Wichtiger konzeptioneller Rahmen hierfür sind die Leitlinien gegen Kinderarmut und die
Leitlinien gegen Altersarmut. Im Jahr 2019 wurden die Leitlinien gegen Kinderarmut von einer
Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Liga der freien Wohlfahrtspflege überarbeitet und
aktualisiert. In den vergangen Jahren konnten zahlreiche Verbesserungen der sozialen
Infrastruktur unserer Stadt erreicht werden, zum Beispiel die Ausweitung der Frühen
Prävention und der Ausbau von Kinder- und Familienzentren.
Karlsruher Pass und Kinderpass
Dass wir nicht beim Status quo stehen bleiben, sondern uns im Bereich der
Armutsbekämpfung stets weiterentwickeln, zeigt die aktuelle Entwicklung bei den Karlsruher
Pässen: Aktuell wurde in den politischen Gremien mit Mehrheit für die Erhöhung der
Einkommensgrenze für die Anspruchsberechtigten des Karlsruher Kinderpasses und des
Karlsruher Passes um 10% auf 1.200 Euro Nettoäquivalenzeinkommen gestimmt.
4 | Stadt Karlsruhe | Dezernat 3
Einmalig in Deutschland ist die seit 2013 mit der Beteiligung von Landkreisgemeinden
existierende Sozialregion mit derzeit insgesamt acht Städten und Gemeinden, in denen der
Karlsruher Kinderpass und teilweise auch der Karlsruher Pass gelten.
Ausblick
Kinderarmut ist kein unabänderliches Schicksal, sondern kann bekämpft werden:
- Politische Rahmenbedingungen
- Gesetzlicher Rahmen
- Kommunale Unterstützungsstrukturen
- Stadtteilinitiativen
- Individuelle Fördermaßnahmen
Hinsichtlich der Bekämpfung von Armut wurde auf Bundesebene mit dem Starke-Familien-
Gesetz in den letzten Monaten einiges bewegt, um armutsgefährdete Familien, insbesondere
auch Alleinerziehende, finanziell zu unterstützen. Als Beispiele sei hier auf die Verbesserung
des Bildungs- und Teilhabepaketes verwiesen. BUND: Über den Kinderzuschlag sollen statt 8
Tausend Kinder zukünftig 2 Millionen Kinder erreicht werden.
Auch in Zukunft wird die soziale Stadt Karlsruhe ihren kommunalen Gestaltungs- und
Handlungsrahmen aktiv nutzen, um soziale Problemlagen abzufedern und unsere Stadt auch
für Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen lebenswert zu gestalten.
Wichtig ist es, neben den vielen individuellen Hilfen auch die institutionellen Hilfen
bedarfsgerecht auszubauen.
Bereits heute darf ich Ihnen verkünden, dass der 8. Fachtag Armutsbekämpfung im Jahr 2020
bereits in Planung ist; dieser wird verstärkt das Quartier in den Blick nehmen.
Armutsbekämpfung ist und bleibt ein wichtiges Ziel in unserer sozialen Stadt Karlsruhe!
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/sozialplanung/7.fachtag/HF_sections/content/ZZolNpDCw34I1T/ZZolNr6DwKLQGL/Gru%C3%9Fwort%20BM%20Lenz.pdf