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V E R E I N B A R K E I T V O N F A M I L I E U N D B E R U F
Geht alles gar nicht Dass sich Kinder und Karriere vereinbaren lassen, ist eine Lüge. Zeit für mehr Ehrlichkeit. VON Marc Brost;Heinrich Wefing | 30. Januar 2014 - 07:00 Uhr
Sind wir gerne Väter? Ja, absolut, von ganzem Herzen.
Sind wir gerne Journalisten? Ja, leidenschaftlich gerne.
Und, geht beides zusammen?
Die übliche Antwort lautet: Ja, klar. Manchmal hakt es ein bisschen, manchmal sind alle
ein bisschen erschöpft – Vater, Mutter, Kinder. "Urlaubsreif" nennen wir das. Aber im
Großen und Ganzen? Gibt es kein Problem. Wir sind ja prima organisiert, im Job und zu
Hause, wir sind diszipliniert, wir wollen, dass alles klappt. Also klappt es auch, irgendwie.
Die Wahrheit ist: Es ist die Hölle.
Sonntagmorgen, irgendein Bolzplatz in Deutschland. Fußball mit anderen Vätern und deren
Kindern. Der eigene Sohn hat sich die ganze Woche darauf gefreut. Man selbst auch. Und
dann steht man auf dem Platz und spielt irgendwie mit, aber eigentlich ist es nur eine Hülle,
die da spielt, denn die Gedanken sind ganz woanders. Bei der Mail des Vorgesetzten, die
kurz vor Spielbeginn angekommen ist. Beim nächsten Interview, am Montagmorgen. Und
dann kommt man nach Hause und fragt sich, warum es schon wieder nicht möglich war,
sich wenigstens diesmal vollständig einzulassen auf das Spiel; warum man nicht abschalten
konnte.
Aber dann liegt da das Smartphone, und sein rotes Lämpchen blinkt unaufhörlich, also
greift man danach und liest und fängt an zu tippen. Und hört gar nicht mehr, wie der
Sohn fragt, ob man das Tor gesehen habe, das er vorhin geschossen habe. Jede Mail, jede
schnell geschriebene SMS ist ein kleiner Verrat: wieder eine Minute, die man für die Arbeit
geopfert hat, obwohl man an diesem Wochenende versprochen hatte, wirklich nur für die
Familie da zu sein.
Sogar Sigmar Gabriel nimmt sich doch jetzt Zeit für seine Tochter , holt sie
mittwochnachmittags aus der Kita ab und braust dafür mit Chauffeur und
Personenschützern nach Goslar. Wenn der das schafft, warum dann nicht wir?
Also tüfteln wir mit unseren Partnerinnen einen Plan aus, gleichen die Terminkalender
ab, die Woche im Halbstundentakt. Wer kümmert sich wann um die Kinder? Wer bringt
sie zum Geburtstagsfest des Freundes? Wer fährt sie am Wochenende zum Turnier? Hier
quetschen wir noch eine Stunde Sport rein, donnerstags geht sie zum Chor, da musst du um
http://www.zeit.de/2014/04/minister-familie-kinderfreundlich
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sieben da sein! Die Familie wird zur Fahrgemeinschaft, aus Paaren werden Partner in der
Logistikbranche.
Und wenn wir übermenschlich diszipliniert wären, keine einzige Besprechung mehr
überziehen würden, nie länger am Telefon hingen als unbedingt nötig, nur noch die
superwichtigen Abendtermine wahrnehmen würden, dann, ja dann könnte das auch
wunderbar klappen. Nicht vorgesehen im Wochenplan ist allerdings: dass ein Kind
Grippe hat. Dass der Wagen nicht anspringt. Dass ein Zug sich verspätet. Dass auch die
supereffizienten Eltern mal verschlafen oder krank werden. Auch nicht vorgesehen ist: Zeit
für sich. Zeit zu zweit. Aber das ist ja nicht so schlimm. Wir wissen ja, es kommt nicht auf
die Quantität der gemeinsamen Zeit an, sondern auf die Qualität.
Leider wissen wir auch: Das ist ein Selbstbetrug. Eine Lüge. Denn unsere Kinder kennen
keine quality time . Das Gerede von der quality time verschleiert nur, dass das Zeitproblem
einfach ungelöst ist.
Sigmar Gabriel übrigens hatte, bevor er sich entschloss, seine Tochter immer mittwochs aus
der Kita abzuholen, auch schon mal eine Auszeit für die Familie genommen. Drei Monate
Väterzeit. Gleich in den ersten Tagen twitterte er ein Bild von sich, vor dem Laptop sitzend,
die Kaffeetasse in der Hand: "Mariechen ist abgefüttert, der Kaffee ist da, also kann’s
losgehen :-))". Und dann diskutierte er online eine Stunde lang über die Rente, den Euro,
die SPD. Genau das ist er doch, der tägliche Selbstbetrug: Man glaubt, Zeit für die Kinder
zu haben – und hängt dann am Laptop, iPad oder Smartphone.
Aber warum ist es nur so verdammt schwer, Kinder und Ehe und Beruf unter einen Hut zu
bekommen? Warum sind wir erschöpft und müde und einfach erledigt, warum haben wir
ständig das Gefühl, dass wir zu wenig Zeit für alles haben: für die Kinder, für den Job, für
die Partnerin, für uns selbst?
Sprechen wir also über Erwartungen. Auch früher gab es Erwartungen an Väter und Mütter,
aber sie waren klarer und eindeutiger, weil es auch klare und eindeutige Rollen gab. Heute
dagegen gibt es unendlich viele Erwartungen, weil es unendlich viele Möglichkeiten gibt,
eine gute Mutter und ein guter Vater zu sein, und deswegen scheint es das Beste zu sein,
einfach alle Erwartungen zu erfüllen.
Also will man der liebevollste Vater überhaupt sein; der Vater, der immer Zeit zum Spielen
hat; der die tollsten Sachen mit Lego baut; ein Vater, der nie schimpft und schreit und
niemals ärgerlich ist. Dann will man der beste Ehemann von allen sein, der immer zuhört;
der natürlich weiß, wie man die Waschmaschine und den Trockner füllt, und der das auch
macht und auch die Hemden selber bügelt; man will wunderbar kochen und morgens den
schönsten Frühstückstisch überhaupt decken können. Man will ein sensationeller Liebhaber
sein und gleichzeitig eine starke Schulter zum Ausweinen haben; sensibel und erfolgreich
sein.
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Und natürlich gilt das alles auch spiegelbildlich: Wir wollen Frauen, die tolle Mütter
sind, erfolgreich im Beruf und kulturell interessiert. Dass sie manchmal müde sind
und abgespannt und keine Topmodelhaut haben, geschenkt. Wir verlangen ja nichts
Unmögliches. Wir wollen ihren Rat, Gespräche auf Augenhöhe, wollen an den Kabalen
in ihren Agenturen, ihren Büros genauso teilhaben wie umgekehrt. Wir wollen ihnen
Freiräume für ihre Karriere schaffen, wollen ihnen den Rücken stärken, wenn es bei ihnen
im Job brennt.
Und dann? Hat man schon wieder keine Zeit, wenn die Kinder spielen wollen; liegt
die schmutzige Wäsche herum; musste die Partnerin doch wieder einen Babysitter
organisieren, weil man ausgerechnet an dem Abend, an dem sie überraschend in ein
Meeting musste, noch ein wichtiges Hintergrundgespräch hatte; war das Frühstück ein
Reinfall, weil man nicht zugehört hatte, als die Ehefrau sagte, dass man den Namen ihrer
Chefin schon wieder verwechselt habe. Und das mit dem Sex ... ach, lassen wir das.
Das Bedrückende daran ist nicht nur der gewaltige Stress, den all das verursacht. Viel
bedrückender ist, dass man vor lauter Erschöpfung die Sprache verliert: dass man nicht
einmal mit der Partnerin oder dem Partner über all das reden kann, obwohl man natürlich
ahnt, eigentlich sogar weiß, dass es dem anderen genauso geht. Aber es gibt sie einfach
kaum mehr, die Momente der Zweisamkeit und, vor allem, der Gelassenheit. Denn wann
soll man sich gegenseitig erzählen, was einen so beschäftigt? Wann soll man zuhören, Rat
geben, miteinander abwägen und sich stützen? Wann lässt man sich wirklich noch ganz
aufeinander ein – ohne Ablenkung von außen? Ohne dass im eigenen Kopf ein Sturm von
Gedanken tobt, über den Tag, über den Job, über das schlechte Gewissen und die Ausreden,
die man sich zurechtlegt, weil man wieder nicht geschafft hat, was man unbedingt schaffen
wollte?
Es gibt auch niemanden, den wir um Rat fragen können. Unsere Eltern nicht, weil sie
diese Situation nie erlebt haben, es war anders bei ihnen, alles begann gerade erst, sich zu
verändern, und es war noch nicht so durcheinandergeschüttelt wie heute. Wir sind Pioniere,
die erste Generation, die tatsächlich versucht, Gleichberechtigung zu leben. "Was gehen
mich die Kinder an, ich mach Karriere!" – das ist für uns keine denkbare Haltung mehr.
Wir können auch schlecht mit unseren Chefs reden, selbst wenn sie mindestens so grau und
abgearbeitet aussehen wie wir. Sie haben ein noch brachialeres Pensum.
Und wir können keine anderen Eltern fragen, denn meistens will man bei einem
gemeinsamen Essen mit Freunden eben nicht wieder nur über Kinder oder den Job
sprechen, sondern auch mal über etwas anderes – und damit entsteht die Illusion, dass es
bei den anderen doch alles ganz gut klappt und nur bei einem selbst nicht. Nur ganz selten,
wenn es sehr spät geworden ist und die Kinder im Bett sind und wenn schon sehr viel
Rotwein getrunken wurde, dann bricht es aus allen heraus.
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Dann erzählt die Kollegin, dass sie am Wochenende nur heimlich simst, um Kinder und
Partner nicht zu verärgern; ganz so, als habe sie eine Affäre.
Dann erzählt das befreundete Paar, beide Vollzeit, drei Kinder aus zwei Beziehungen, wie
ihnen der Sohn ins Gesicht schrie: "So wie ihr will ich nicht leben!"
Dann gibt es Geschichten über Schlafmangel und Migräne und Bandscheibenvorfälle.
Dann erfährt man, dass es keine Familie gibt, die nicht fast permanent am Rande des
Wahnsinns operiert.
In einem schönen, melancholischen Essay in der Literarischen Welt hat die Schriftstellerin
Julia Franck gerade notiert, Schreiben und Kinder seien im Grunde unvereinbar. "Wenn ich
schreibe, kann ich nicht mit meinen Kindern sein, und wenn ich mit meinen Kindern bin,
kann ich nicht schreiben. Dieser Zwiespalt erzeugt eine enorm hohe Spannung, weil ich in
beidem voller Hingabe lebe, beides ist Hingabe und Liebe." Und sie resümiert: "Man erlebt
das Leben als ständiges Scheitern."
Wir sind keine Schriftsteller, nur Journalisten. Aber diese Spannung, die kennen wir auch.
Und das Gefühl des Scheiterns. Alle kennen das, Väter wie Mütter.
Eigentlich müsste man eine perfekte Persönlichkeitsspaltung hinbekommen, um
uneingeschränkt in beiden Sphären leben zu können. Ein wenig schizophren ist es ja auch,
wenn wir auf dem Kinderzimmerboden liegen, mit Rennautos spielen und dabei aufs iPad
schauen. Aber vielleicht sind wir einfach nicht schizophren genug?
Oder sind wir bloß Weicheier, Heulsusen? Überfordert von den eigenen Ambitionen?
Kinder zu haben war ja nie leicht. Früher starben viele Säuglinge, herrschte Hunger, Kriege
verheerten das Land. Es gab existenzielle Sorgen und Nöte, neben denen sich unsere
Befindlichkeiten heute marginal ausnehmen. Und mal ehrlich: Wir sind wohlhabende
Mittelschichtseltern. Wir brauchen keine zwei oder drei Jobs gleichzeitig, damit wir
überhaupt über die Runden kommen, so wie manch andere Eltern in diesem Land. Wir
haben keine Überlebenssorgen.
Aber Lebenssorgen sind es dennoch. Der Berliner Soziologe Hans Bertram nennt uns
"die überforderte Generation". Nicht nur, weil wir immer so müde sind und blass. Es
gibt auch handfeste soziologische Gründe dafür, dass wir derart unter Strom stehen. Zum
einen, weil es noch nie in einer Generation so viele Singles und kinderlose Paare gab.
Deren ökonomische Situation ist im Durchschnitt deutlich besser als die von Familien mit
Kindern, von Alleinerziehenden ganz zu schweigen. So viel Konkurrenz produziert: Stress.
Zum anderen, weil immer mehr Frauen ihr erstes Kind um die dreißig oder später
bekommen und deswegen die zehn, fünfzehn intensivsten (aufregendsten, schönsten) Jahre
der Erziehung und der Fürsorge für die Kinder gerade bei hoch qualifizierten Frauen und
Männern exakt mit den Jahren der ersten Karrieresprünge zusammenfallen. Bertram nennt
http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article123959591/Schreiben-und-Kinder-sind-unvereinbar.html
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das die "Rushhour der Biografien". Noch bei unseren Eltern waren diese beiden Phasen
stärker verschoben, die Zeit der Doppelbelastung also kürzer. Bei uns bedeutet es: noch
mehr Stress.
Aber was heißt das alles? Was ist die Konsequenz? Zurück in die Fünfziger, Mutti wieder
an den Herd, Vati geht arbeiten?
Natürlich nicht. Dass Frauen Karriere machen, ist gut. Gut für die Frauen, gut für die
Gesellschaft. Dass Männer sich mehr um ihre Kinder kümmern, ist auch gut. Gut für die
Kinder, für die Männer und für die Gesellschaft. Und wenn sich immer mehr Männer um
ihre Kinder kümmern wollen, erzeugt das Druck auf die Wirtschaft, flexibler zu werden.
Auch das ist gut.
Was dann? Noch mehr staatliche Interventionen, Fördermodelle? Die Familienpolitiker
lassen uns glauben, dass alles nur eine Frage von Geld und Organisation wäre. Und
dass zu den unzähligen familienpolitischen Leistungen und den fast 200 Milliarden
Euro, die der Staat jedes Jahr für Familien ausgibt, nur ein paar weitere Leistungen
hinzukommen müssten, dann würde schon vieles besser. Sie reden von Splittingmodellen
und Teilzeitarbeit oder davon, dass der Staat die Arbeitszeit für junge Eltern begrenzen
könnte, auf 32 Stunden in der Woche . Das ist ihr Versprechen. Aber in Wahrheit ist
es doch so, dass die Grenze zwischen Arbeitszeit und privater Zeit längst durchlässig
geworden ist, weil man immer erreichbar sein muss und, ja, auch immer erreichbar sein
will. Die moderne Arbeitswelt hat sich enorm beschleunigt und gleichzeitig verdichtet, alle
erleben das. Die Familienpolitiker aber lassen einen glauben, dass es gar nichts ausmachen
würde, wenn dann noch ein Kind dazukommt.
Weil Selbstausbeutung auch keine Lösung ist, wird eine Konsequenz längst gezogen,
jeden Tag, jedes Jahr, in aller Stille, überall in Deutschland (und der westlichen Welt):
Frauen, gerade hoch qualifizierte, entscheiden sich gegen Kinder. Mitunter nicht bewusst,
häufig (noch) nicht endgültig, aber seit Jahren mit großer Konstanz, all den Beihilfen und
Kita-Ausbauplänen zum Trotz. Je besser ausgebildet eine junge Frau ist, je realer ihre
Chance auf eine anspruchsvolle Karriere, desto weniger Kinder bringt sie auf die Welt.
Eine Frau, die in der Landwirtschaft arbeitet, bekommt, statistisch gesehen, 2,2 Kinder. Die
durchschnittliche Bundesbürgerin 1,2, eine Hochschullehrerin nur 1,0.
Hilfreich wäre also schlicht: Ehrlichkeit. Denn Kinder schaffen Glück, Glück, Glück! Und:
Stress, Stress, Stress! Unweigerlich. Beides.
Es gibt keinen Ausweg aus diesem Dilemma. Wer es versucht mit Kindern, Ehe und
Beruf, lässt sich auf ein Abenteuer ein. Ein Abenteuer, das Schmerzen und Zweifel und
Grenzerfahrungen bringt. Viele scheitern daran. Aber es könnte schon eine Hilfe sein, das
einmal auszusprechen, statt immer weiter die Vereinbarkeitslüge zu verbreiten. Denn auch
die produziert wieder nur: Stress.
COPYRIGHT: ZEIT ONLINE
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-01/32-stunden-woche-manuela-schwesig
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ADRESSE: http://www.zeit.de/2014/06/vereinbarkeit-vaeter-kinder-karriere-luege
http://www.zeit.de/2014/06/vereinbarkeit-vaeter-kinder-karriere-luege
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/kinderbuero/buendnis/organisation/jahrestagung/jahrestagung_2014/HF_sections/content/ZZlLgEzgoj5dJ2/ZZlRCcZSz8Bxs9/Wefing%20-%20vereinbarkeit-vaeter-kinder-karriere-luege(1).pdf
2 | INFORMATIONS-, BERATUNGS- UND BESCHWERDESTELLE PSYCHIATRIE KARLSRUHE
DIE INFORMATIONS-, BERATUNGS- UND BESCHWERDESTELLE PSYCHIATRIE IN KARLSRUHE (IBB)
Die Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle Psychiatrie in Karlsruhe (IBB) ist ein ehrenamtliches Gremium, das sich zusammensetzt aus:
Personen aus dem Bereich der Betroffenen,
Personen aus dem Bereich der Angehörigen,
Fachkräften aus dem gemeindepsychiatrischen Bereich und zwar Fachärztinnen und Fachärzten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem ambulanten Bereich,
engagierten Bürgerinnen und Bürgern.
Die Beratungsstunden finden alle 14 Tage im Zentrum für seelische Gesundheit in der Stephanienstraße statt. Die Fälle werden zweimonatlich im Plenum (das sind alle Mitglieder) besprochen. Die Mitglieder unterliegen der Schweigepflicht. Die Beratung ist kostenlos.
Die Mitglieder der IBB werden in der Koordinierungsgruppe des Gemeindepsychiatrischen Verbundes (GPV) vorgestellt. Anschließend wird die Liste der vorgeschlagenen Mitglieder im Sozialausschuss beraten. Per Offenlage werden die Mitglieder vom Gemeinderat für zwei Jahre in ihr Amt berufen. Die Koordination der IBB obliegt der Psychiatriekoordinatorin der Stadt Karlsruhe.
Die IBB ist eine unabhängige Anlaufstelle für Psychiatrieerfahrene und deren Angehörige, die in konflikthaften Situationen mit psychiatrischen Einrichtungen oder anderen Personen zur Klärung ihres Anliegens Unterstützung wünschen. Die Mitglieder der IBB vermitteln zwischen den Beteiligten und versuchen eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung zu erreichen.
ENTWICKLUNG IM BERICHTSZEITRAUM
Mit der Wahlperiode 2015/2016 traten drei Personen neu der IBB bei, so dass im Berichtszeit- raum zehn Mitglieder der IBB angehörten. Mit dem Ende dieser Wahlperiode wird eine Person ausscheiden, ein neues Mitglied konnte aus dem Bereich der Betroffenen gewonnen werden. An den Plenumssitzungen nahm Herr Grischke-Silber als Vertreter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in beratender Funktion teil. Sein plötzlicher Tod im Mai 2016 ist ein großer Verlust. In seiner zurückhaltenden, ruhigen und klaren Art gab Herr Grischke-Silber in Angelegenheiten um die Klinik den Mitgliedern der IBB Hinweise und Ein- blicke in Bedingungen und Abläufe des Klinikalltags, die für das Verständnis und die Klärung eines Falls eine große Hilfe waren.
Am 1. Januar 2015 trat das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz – PsychKHG) in Kraft, in dem unter anderem
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auch landesweit für alle Kreise und Städte die Einrichtung so genannter „Informations-, Bera- tungs- und Beschwerdestellen“ (IBB) festgelegt ist.
Für die Beschreibung der Zusammensetzung der Mitglieder aus verschiedenen Bereichen und die inhaltliche Arbeit der Stelle hat sich der Gesetzgeber an den bereits bestehenden Stellen orientiert, so dass für die Stelle in Karlsruhe keine größeren Änderungen vorgenommen wer- den mussten. Der Name wurde von Beschwerdestelle in Informations-, Beratungs- und Be- schwerdestelle geändert und die Geschäftsordnung überarbeitet und etwas ausführlicher formuliert.
Neu ist, dass die Patientenfürsprecher, die bisher in verschiedenen Orten als Einzelperson ähn- lich tätig waren wie die früheren Beschwerdestellen, mit den IBB-Stellen zusammengeführt werden. So soll durch alle Städte und Kreise eine Patientenfürsprecherin/ein Patientenfürspre- cher bestellt werden. Diese gehören als Mitglied der IBB an. Fortan kann man sich auf beson- deren Wunsch mit seinem Anliegen speziell an die Patientenfürsprecherin beziehungsweise den Patientenfürsprecher wenden. Diese bearbeiten die Beschwerde in den meisten Fällen in gleicher Weise, wie es für die IBB festgelegt ist. In Karlsruhe hat sich ein langjähriges Mitglied der Beschwerdestelle, Herr Eberhard Klar, bereit erklärt, diese Funktion zu übernehmen. Er ist durch die Stadt Karlsruhe zum Patientenfürsprecher bestellt worden.
Infolge des Gesetzes wurden Gelder vom Ministerium für Soziales und Integration Baden- Württemberg zur Verfügung gestellt, von denen notwendige Gegenstände der Büroausstat- tung angeschafft und vor allem die technische Ausstattung im Kommunikationsbereich er- neuert beziehungsweise erweitert werden konnten.
ANZAHL DER FÄLLE, SOZIODEMOGRAFISCHE DATEN UND MERKMALE
Im Berichtszeitraum wurden 32 Fälle registriert, weniger als im vorangegangenen Berichts- zeitraum (43). Es waren 12 Männer und 20 Frauen, das Alter umfasste eine Spanne zwischen 30 und 79 Jahren. In 21 Fällen beschwerten sich die betroffenen Personen selbst, in den übri- gen 11 Fällen wandten sich Angehörige oder andere Bezugspersonen der Betroffenen an die IBB. Bei 16 Personen ist der Wohnsitz in Karlsruhe, bei den anderen 16 Personen liegt der Wohnsitz außerhalb von Karlsruhe oder ist unbekannt.
Geschlecht: männlich: 12 weiblich: 20 insgesamt: 32
Alter: zwischen 30 und 79 Jahren
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Wohnsitz: Karlsruhe: 16 Außerhalb oder unbekannt: 16
Adressaten: Kliniken einschließlich Institutsambulanz: 13 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte: 2 Wohneinrichtungen: 4 andere, zum Beispiel: Ämter, Arbeits- einrichtungen, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und so weiter: 13
Die Anzahl der Kontakte zwischen den Betroffenen und der IBB – vor Ort, in der Sprech- stunde, telefonisch, brieflich oder per E-Mail – lag zwischen einem einmaligen Kontakt (20 Personen), zweimaliger Kontaktaufnahme (6 Personen), zwischen drei und bis zu zehn und mehr Kontakten (6 Personen).
ART DER ANLIEGEN/BESCHWERDEN UND BEARBEITUNGSWEISE
Aus Gründen der Schweigepflicht und mit Rücksicht auf die Überschaubarkeit des Karlsruher Raums kann hier nur eine allgemeine Darstellung der Fälle gegeben werden. Einige Personen suchten die Sprechstunde der IBB zur Klärung von Fragen im Zusammenhang mit Ämtern auf. Dabei ging es zum Beispiel um die Wohnsituation oder um die Frage von finanziellen Zu- schüssen. Im Gespräch wurde geklärt, ob die jeweilige Person die Angelegenheit allein weiter verfolgen wollte oder könnte, oder welche Unterstützung benötigt wird. So wurde zum Bei- spiel ein von der IBB verfasster Begleitbrief mitgegeben. In einzelnen Fällen, bei denen eine rechtliche Frage im Vordergrund stand, wurde an den Sozialverband VdK – Kreisverband Karlsruhe verwiesen. Im Zusammenhang mit Beschwerden gegen Wohneinrichtungen wurde zum Beispiel die Unterbringung als menschenunwürdig empfunden, eine Person fühlte sich sexuell belästigt, eine Zwangsunterbringung wurde als unberechtigt wahrgenommen. Beschwerden gegen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte bezogen sich beispielsweise auf Diagnose, Medikation, Art des Umgangs mit den Betroffenen. Beschwerden gegen Kliniken bezogen sich auf Diagnosen, auf das Verhalten einzelner Ärztinnen und Ärzte oder Personen aus der Pflege beziehungsweise dem therapeutischen Bereich, auf bestimmte Regelungen im Klinikalltag auf einer Station, auf unzulängliche räumliche Gegebenheiten, auf ein zu geringes Therapieangebot, auf Zeitmangel im Bereich der Pflege oder im ärztlichen Bereich für Be- troffene und Angehörige.
Bei einigen Personen reichte ein einmaliges telefonisches Beratungsgespräch zur Klärung für ihres Anliegens. Wenn sich herausstellte, dass eine Klärung in einem Telefongespräch nicht möglich war, wurden die Personen gebeten, die Sprechstunde aufzusuchen.
In den meisten Fällen kamen die Betroffenen direkt in die Sprechstunde. Dort wurde in einem Beratungsgespräch geklärt, ob und wie die IBB vermitteln würde. Wenn eine Entbindung von der Schweigepflicht und ein Auftrag erteilt wurden, nahm die IBB telefonisch und/oder
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schriftlich mit den Adressaten der Beschwerde Kontakt auf mit der Bitte um eine Stellung- nahme und Erläuterung aus der Sicht der Adressaten. Die Antwort wurde den Betroffenen mündlich und/oder schriftlich übermittelt und mit ihnen besprochen. Um in den Konflikten ein zufriedenstellendes, abschließendes Ergebnis zu erreichen, waren oft zahlreiche schriftli- che und zum Teil auch persönliche Kontakte zwischen beschwerdeführender Person – IBB einerseits und Adressat der Beschwerde – IBB andererseits erforderlich, so dass sich der Vor- gang über einen größeren Zeitraum erstreckte.
Auch wenn die Besetzung in der Sprechstunde wechselte, wurde eine bestimmte Beschwerde durchgehend von ein und demselben Mitglied bearbeitet. So konnte sich im jeweiligen Fall ein Vertrauensverhältnis zwischen betroffener Person und IBB-Mitglied entwickeln, und es war eine Kontinuität gewährleistet. Im Bedarfsfall wurden weitere Mitglieder hinzugezogen, außerdem wurden alle Fälle im Plenum vorgestellt und erörtert.
Wenn es erforderlich war, suchte ein IBB-Mitglied eine betroffene Person vor Ort in einer Ein- richtung, Klinik und so weiter auf.
Für die Menschen war es wichtig, dass sie von allen Beteiligten mit ihrem Anliegen ernst ge- nommen wurden, auf Augenhöhe mit ihnen gesprochen und – besonders in der Sprechstun- de – ihnen ausreichend Zeit gegeben wurde.
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
Eine aktualisierte Neuauflage des Faltblatts der IBB wurde erstellt und soll an Kliniken, Arzt- praxen, einige städtische Ämter und diverse einschlägige Beratungsstellen verteilt werden. Es kann über folgende Adresse angefordert werden: Stadt Karlsruhe, Sozial- und Jugendbehörde, Koordination für Psychiatrie, Kaiserallee 4, 76133 Karlsruhe oder per E-Mail: sjb@karlsruhe.de
Ein neues Plakat der IBB wird an entsprechenden Orten ausgehängt.
Im Internet ist die IBB auf den Seiten der Stadt Karlsruhe unter www.karlsruhe.de/beschwerdestelle zu finden.
Es wurde eine eigene E-Mail-Adresse eingerichtet: info@ibb-psychiatrie-ka.de
Außerdem wird in folgenden Broschüren auf die IBB hingewiesen: im Wegweiser Psychiatrie Baden-Württemberg, herausgegeben vom Ministerium für
Soziales und Integration Baden-Württemberg in der Broschüre „Angebote im Gemeindepsychiatrischen Verbund“,
Sozial- und Jugendbehörde der Stadt Karlsruhe sowie in der Online-Datenbank der Stadt Karlsruhe, Sozial- und Jugendbehörde
„Rat und Hilfe in allen Lebenslagen“: www.karlsruhe.de/ratundhilfe
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Vertreterinnen und Vertreter der IBB nehmen an den halbjährlichen Treffen des Arbeitskreises Psychiatrie des südlichen Landkreises teil.
Zu der neu eingerichteten IBB des Landkreises wurde Kontakt aufgenommen und ein regelmäßiger Austausch vereinbart.
Beim „Welttag der seelischen Gesundheit“ war die IBB durch einen Informationsstand reprä- sentiert, mehrere ihrer Mitglieder standen für Gespräche bereit. Mitglieder der IBB nahmen an verschiedenen Veranstaltungen des Welttages teil.
Seit 2015 hält die IBB in unregelmäßigen Abständen ihre Plenumssitzungen in verschiedenen Einrichtungen des psychiatrischen Versorgungssystems ab, was dem gegenseitigen Kennen- lernen und besseren Verständnis dient.
EINSCHÄTZUNG UND AUSBLICK
Die IBB ist seit dessen Gründung Mitglied im Gemeindepsychiatrischen Verbund (GPV). Sie genießt das Vertrauen der Menschen mit psychischer Erkrankung und wird von Betreuungs- personen, von Ärztinnen und Ärzten, wie auch von Kliniken anerkannt. Dies motiviert ihre Mitglieder, sich auch weiterhin dafür zu engagieren, bei Konflikten zur Klärung, Vermittlung und Entlastung beizutragen.
Das PsychKHG hat sich in der Beschreibung sowohl der Struktur als auch der Arbeitsweise der IBB-Stellen weitgehend an dem orientiert, was sich an den bereits langjährig bestehenden Beschwerdestellen in Baden-Württemberg bewährt hat. Neu für die Karlsruher Stelle ist der Patientenfürsprecher. Wie weit von dieser Möglichkeit, sich nur an den Patientenfürsprecher zu wenden, von Menschen Gebrauch gemacht wird, wird sich im Laufe der nächsten Jahre zeigen.
Die Tatsache, dass in letzter Zeit die IBB etwas weniger in Anspruch genommen wurde, mag vielleicht auch ein Hinweis darauf sein, dass derzeit im psychosozialen Bereich in Karlsruhe Unzulänglichkeiten und Probleme sich nicht unmittelbar auf die Menschen mit psychischer Erkrankung auswirken und ein guter Kommunikationsstil gepflegt wird. Möge es so bleiben.
Ein wunder Punkt allerdings in der Karlsruher psychiatrischen Landschaft bleibt weiterhin die Institutsambulanz der Psychiatrischen Klinik. Die räumliche Situation und die knappe personel- le Besetzung, verbunden mit überlangen Wartezeiten, sind gerade für Menschen mit einer psychischen Erkrankung eine große Belastung. Im Interesse der Betroffenen und ihrer Ange- hörigen haben die Mitglieder der IBB den dringenden Wunsch, dass alle Verantwortlichen auf Seiten der Träger sich ernsthaft und wirkungsvoll dafür einsetzen, dass für diesen für alle Beteiligten schwer erträglichen Zustand in nächster Zukunft eine zufriedenstellende Lösung erreicht wird.
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IMPRESSUM
HERAUSGEGEBEN VON
Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde Psychiatriekoordination Kaiserallee 4 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 133-5022 E-Mail: sjb@karlsruhe.de
REDAKTION
Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle Psychiatrie Karlsruhe (IBB) Stephanienstraße 16, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 9212544 E-Mail: info@ibb-psychiatrie-ka.de
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/personengruppen/behinderte/psychisch_krank/beschwerdestelle/HF_sections/content/1311151264799/ZZkQ7VVgAh84zN/Jahresbericht%20IBB%20Stelle%202014%20bis%202016-Druck.pdf
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Haushaltsrede DIE LINKE. Doppelhaushalt 2017/2018 Niko Fostiropoulos, Stadtrat Eingebracht am 27.09.2016
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger auf der Empore, sehr geehrte Damen und Herren aus der Verwaltung und den Ortschaftsräten
Vor einigen Wochen forderte der DGB eine massive Kursänderung an. Millionen heute
noch junger Menschen würden sonst von sozialem Abstieg und Altersarmut betroffen
sein - aufgrund des sinkenden Rentenniveaus. Der DGB hat Recht.
Aber der soziale Abstieg hat heutzutage viele Gesichter. Wer länger arbeitslos ist oder
in der Leiharbeit feststeckt, fällt sicher in Armut - und er weiß, dass erst recht seine
Rente zu keinem würdigen Leben mehr reichen wird. Selbst wer durchgängig arbeitet,
mit seinem Gehalt aber nicht weit über den Mindestlohn hinauskommt, wird in der
Altersarmut landen. Eine längere Krankheit kann heute schnell zum Anfang des
sozialen Abstiegs werden, auch wenn man einigermaßen gut verdient. Die Hartz-IV-
Falle ist immer gegenwärtig. Die Zahl der Kinder in armen Haushalten wächst
unaufhaltsam.
Die herrschende Politik hält dazu Sonntagsreden oder vergießt ein paar
Krokodiltränen. Ansonsten nimmt sie es hin. Denn das sind gewollte Ergebnisse. Es
sind die Ergebnisse von über 10 Jahren Agenda 2010-Politik, die mit systematischer
Schikane und Entwürdigung eine ganze Schicht in sozialen Abstieg und Armut gedrückt
hat. Die Angst, dass es einem genauso ergehen könnte, hat sich bis weit in die
Mittelschichten hineingefressen. Das erleichtert die Lohndrückerei und die vielen
Formen prekärer Arbeit, ausbeuterischer Arbeit, Leiharbeit, Werkverträge,
Scheinselbstständigkeit usw. Wir haben heute 5 Mio. Vollzeitarbeitsplätze weniger als
früher. Gerade in Deutschland ist der Bildungserfolg von Kindern nicht von der eigenen
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Begabung, sondern vom sozialen Status und von den ökonomischen Verhältnissen der
Familie abhängig. Das ist ein Schritt zurück in die Ständegesellschaft.
Soziale Spaltung und Demokratiedefizite überwinden
Bankenrettung, soziale Ungerechtigkeit, mangelnde Mitgestaltung und Ignoranz haben
dazu geführt, dass Millionen Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in unseren Staat
und unsere Demokratie verloren haben. Sie fühlen sich zu Recht abgehängt, man hat
sie zu Bürgerinnen und Bürgern zweiter Klasse degradiert. Es besteht kein Interesse
mehr an ihrer Teilhabe, oder daran, dass sie wieder aus dem Armutsloch herausfinden.
Das erzeugt Passivität, Resignation, auch Wut und Hass, und die Suche nach
Sündenböcken und nach einfachen Lösungen. Diese unerträgliche Situation macht es
rechtsnationalen Organisationen und Parteien wie der AFD leicht diese Wut zu nutzen
und zu bündeln. Den Vormarsch rechtnationaler Parteien können wir nur stoppen,
wenn wir die soziale Spaltung in der Europäischen Union überwinden und
Demokratiedefizite aufheben. Gerade die Verhandlungen um TTP und CETA haben
gezeigt, dass wir zur Durchsetzung von Transparenz und Demokratie in der EU noch
viel zu tun haben.
Herr Oberbürgermeister,
Sie haben in Ihrer Haushaltsrede von schwierigen Haushaltsjahren gesprochen. Das
sieht DIE LINKE im Karlsruher Gemeinderat auch so. Wir kritisieren ebenfalls, dass der
Bund immer mehr Aufgaben auf die Kommunen verlagert, ohne finanziellen Ausgleich.
Wir meinen aber auch: diese Stadt hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu
viele Lieblings- und Leuchtturmprojekte gegönnt - und sie hat sich an ihnen verhoben
– und auch an deren Folgekosten.
Kombilösung
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Die Spitze der Leuchtturmprojekte ist die sogenannte Kombilösung, deren
davonlaufende Kosten noch gar nicht eingepreist sind. Im Infoflyer City 2015
„Informationen zum Bürgerentscheid am 22. September 2002“, dem Bürgerentscheid
zur Kombilösung, wurde vom Rathaus der städtische Eigenanteil mit 79,5 Mio. EURO
angegeben. Heute sind wir bei 367,1 Mio., Tendenz steigend. Was soll man da anderes
sagen als: „Kräftig verhoben“.
Wie wird die Stadt die fast 300 Mio. zusätzlicher Kosten aufbringen?
Die Zeche werden die Karlsruher Bürgerinnen und Bürger und die Nutzerinnen des
ÖPNV zu zahlen haben. Das ist jetzt schon absehbar.
Kultur- und sozialpolitischer Rückschritt
Herr Oberbürgermeister,
so wie diese Haushalts-Konsolidierung bisher gelaufen ist, hatten Sie in Ihrer
Haushaltsrede durchaus Recht, als Sie sagten: „Das wird auch wehtun.“ Die Frage ist:
wem tut das weh? An diesem Haushaltsentwurf können wir gut erkennen: Er tut vielen
deshalb weh – weil sie von vielen Spar-Maßnahmen direkt und hart betroffen sind,
weil sie über vergleichsweise weniger Einkommen und Ressourcen verfügen, als
Andere, die überhaupt nicht betroffen sind. Das gilt vor allem für den kulturellen und
den sozialen Bereich.
Aber damit nicht genug: Das sogenannte Maßnahmenpaket 1 trifft viele Bürgerinnen
und Bürger, die schon in der Armut festhängen. Deshalb ist das für uns ein
ungerechter Haushaltsentwurf, der zur sozialen Spaltung der Gesellschaft beiträgt.
Soziale Spaltung gefährdet auf Dauer die Demokratie. Dieser Haushaltsentwurf ist
kultur- und sozialpolitisch ein Rückschritt – nicht aus einer finanziellen Notwendigkeit
heraus, sondern weil die Stadt und die überwältigende Mehrheit dieses
Gemeinderates das politisch so will.
Ein paar Beispiele dazu:
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- Die Kürzungen bei den Wohlfahrtsverbänden führen zur Verknappung oder
Einstellung wichtiger, notwendiger Angebote, auf die viele Menschen
angewiesen waren und bleiben. Die Arbeit und die Angebote von AWO, Caritas,
Diakonie usw. – das sind doch keine Luxusangebote, die man beliebig hoch und
runterfahren kann. Diese Kürzungspolitik bei den Wohlfahrtsverbänden ist ein
gravierender, spürbarer sozialpolitischer Rückschlag für diese Stadt.
- Für die Kürzung bei den Freifahrten für behinderte Bürgerinnen und Bürgern
fehlen einem fast die Worte. Es geht hier um Fahrten zu Ärzten, Behörden usw.
Aber auch um Fahrten zu Freizeit- und Kulturveranstaltungen, Treffen mit
Freunden usw. Hier Fahrten zu streichen, bedeutet für die Betroffenen eine
unmittelbare Einschränkung von Mobilität und Teilhabe. Diese Sparmaßnahme
ist dieser Stadt und ihren Ansprüchen schlicht unwürdig.
- Das Personal der Wäscherei im Städtischen Klinikum hat nachweislich jahrelang
gute Arbeit geleistet und sich damit wichtige Arbeitsplätze gesichert. Aber
sowas zählt heute nicht mehr. Woanders wird diese Arbeit zu Billigtarifen
gemacht, also lagert man sie dorthin aus. Damit pflegt man noch die
Lohndrückerei.
- Die Kürzungen beim Karlsruher Pass und beim Kinderpass sind in einer Zeit
zunehmender Armut, auch und gerade bei Kindern, für uns ein Skandal. Die
Mehrheit des Gemeinderates verstößt damit gegen die eigenen Leitlinien
gegen Armut.
Der vollwertige Kunde
Noch ein paar Worte zum Karlsruher Pass und Kinderpass: Die eingesparte Summe
liegt schätzungsweise bei knapp unter 100.000 EURO. Das ist vom Gesamthaushalt
her schlicht irrelevant. Aber die Menschen trifft es unmittelbar. Dass der Eintritt in
Zoo und Stadtgarten nun nicht mehr kostenfrei ist, sondern großenteils hälftig
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selbst aufgebracht werden muss, wurde von der Stadt und auch hier in diesem
Hause so begründet: „Damit macht man die Inhaber von Karlsruher Pass und
Kinderpass zu vollwertigen Kunden der Stadt.“
Das ist geradezu infam.
- Ein weiteres Beispiel:
Als man vor Jahren in den Karlsruher Pass vergünstigte Volkshochschulkurse
aufnahm, wurde dieses Angebot sehr stark angenommen. Die Reaktion seitens der
Stadt und des Gemeinderates war nun nicht etwa: Wir begrüßen diese Nachfrage
nach Bildungsangeboten seitens der Nutzerinnen und Nutzer des Karlsruher Passes
und stellen mehr Geld zur Verfügung. Nein, man war über die Kosten erschrocken
und hat erst einmal verfügt, dass pro Person nur noch ein Kurs pro Jahr belegt
werden darf. Lernen Sie mal in der VHS eine Sprache mit einem Kurs pro Jahr!
Nach Protesten hat man das jetzt zurückgenommen, aber dafür die VHS-Kurse für
die Karlsruher Pass- Inhaber wieder teurer gemacht.
Ganz besonders perfide ist, dass man Personen, die aus andern Ländern hier her
gekommen sind, sagt, besucht Kurse und lernt die deutsche Sprache, damit ihr
euch gut integrieren könnt, sonst gibt es Konsequenzen. CDU und SPD nennen das
Fördern und Fordern. Jetzt haben diese Menschen im Rahmen des Karlsruher
Passes die Sprachförderung angenommen. Es haben mehr Personen Kurse besucht
als die Stadt erwartet hat. Was machen Sie daraus? Sie kürzen die Förderung. Weil
der Zuschuss der Stadt für Deutschkurse im Rahmen des Karlsruher Passes höher
ist als der des Bundesamtes für Migration, und deshalb viele dieses Angebot
genutzt haben, sprechen einige von Missbrauch.
NEIN, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn wir Bürgerinnen und Bürgern mit
kleinem Einkommen ein soziales Angebot machen, dann machen wir es, damit sie
es nutzen. Und es ist vollkommen legitim, dass sie das bessere Angebot annehmen.
Außerdem zeigen sie damit, dass sie rechnen und Haushalten können. Das können
in diesem Haus nicht alle, wenn es um Prestigeprojekte geht.
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Bezahlbare Wohnungen
Die gerade veröffentlichte Postbank Studie „Wohnatlas 2016 – Leben in der Stadt“
ergab für Karlsruhe, dass bis 2030 16900 neue Wohnungen gebraucht werden.
Zudem soll es in den kommenden Jahren eine Zunahme der Miet- und
Immobilienpreise über knapp 40 Prozent geben. Die Wohlfahrtsverbände in
Karlsruhe gehen von einem aktuellen Fehlbedarf von 10.000 mietpreisgebundenen
Wohnungen aus. Diese Dimension teilen wir. Wenn dem nicht massiv
entgegengesteuert wird, werden in ein paar Jahren sehr viele Menschen in unserer
Stadt keine Wohnungen mehr finden, deren Miete sie sich leisten können.
Auch das trägt zur sozialen Spaltung bei. Deshalb werden wir erneut den Antrag
stellen, dass die Stadt Karlsruhe die finanziellen, rechtlichen und baulichen
Voraussetzungen dafür schafft, dass jährlich mindestens 500 neue
mietpreisgebundene Wohnungen in Karlsruhe entstehen können, bis der Bedarf
gedeckt ist.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
400 Millionen Defizit im Haushalt. Und aus heutiger Sicht weitere knapp 400
Millionen Eigenanteil der Stadt an den Kosten des Baus der Kombilösung, und
darüber hinaus die Folgekosten der Kombilösung, werden den Haushalt auf
Jahrzehnte stark belasten.
Millionen für den Profifußball
In diesem Kontext ist es uns unverständlich, dass die Stadt und die Mehrheit des
Gemeinderates den zukünftigen Haushalt um weitere 150 Millionen € belasten
wollen um ein Stadion für den kommerziellen Fußball zu bauen. Der KSC schuldet
der Stadt nach eigener Aussage 2,4 Millionen €, da er die Pacht in den
vergangenen Jahren nicht aufbringen konnte. Wie soll er bei einem Neubau eine
weit höhere Pacht bezahlen?
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Auf der Mitgliederversammlung des KSC am vergangenen Sonntag antwortete der
KSC Präsident Ingo Wellenreuther auf die Frage nach der säumigen Pacht und den
Schulden an die Stadt. Das sei ein „Running Gag“. So auf dem Nachrichtenportal
ka-news zu lesen. "Wir haben momentan keine Verpflichtungen, die wir gegenüber
der Stadt Karlsruhe nicht erfüllen", sagt der Präsident. Man müsse zwischen
säumiger Mieter und Mietverzichten unterscheiden. Letzteres sei in der
Vergangenheit mit der Stadt Karlsruhe vereinbart worden. Das heißt, der KSC muss
seine Schulden erst dann zurückbezahlen, wenn er Gewinne macht. Hier gibt
Wellenreuther, so ka-news, Entwarnung: "Wir sind jedoch noch dabei, unser
negatives Eigenkapital abzuarbeiten." Daher gibt es keine nicht gezahlten Mieten.
Eine erneute Nachfrage aus dem Publikum zielte auf den Fall ab, sollten diese
Verzichte in Höhe von 2,4 Millionen Euro zusätzlich zu den angesetzten 2,2
Millionen Euro jährlichen Pachtzahlungen ab 2019 fällig werden. - "Ist
berücksichtigt im Businessplan", so Wellenreuther. Dennoch gibt er zu, dass der
Business-Plan "brutal ehrgeizig" angesetzt ist. Wellenreuther beruhigte die
Mitgliederversammlung des KSC in dem er die Stadt, den Gemeinderat und die
Steuerzahler verhöhnt. KSC Präsident Ingo Wellenreuther war mehr als ein
Jahrzehnt Stadtrat. Als OB-Kandidat versprach er bezahlbaren Wohnraum, Kitas
und gute Schulen. Heute setzt er die Stadt und unter Druck um Millionen für den
Profifußball herauszuschlagen. Das ist schäbig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein demokratisch gewählter Gemeinderat ist nicht erpressbar. Er handelt
ausschließlich zum Wohle der Stadt und deren Bürgerinnen Bürger. Noch ist es Zeit
Abstand zu nehmen von einem Projekt, das nicht zur aktuellen Haushaltssituation
passt.
Die Demokratie stärken
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Noch ist es Zeit eine Politik zu ändern, wie sie mit diesem ersten Spar-Paket
eingeleitet wurde. Eine Einsparpolitik, die diejenigen am stärksten belastet, die die
geringsten Einkommen haben. Und die diejenigen schont, denen es bereits sehr
auskömmlich geht. Wir wollen eine Politik in dieser Stadt, die alle Bürgerinnen und
Bürger unabhängig von ihrem Einkommen und ihrem sozialen Status mitnimmt –
Und so die Demokratie stärkt.
Abschließend bedanken wir uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Kämmerei und in den anderen Ämtern für die viele Vorarbeit für diesen Haushalt
und für die sehr gute Zusammenarbeit, wenn wir Fragen und Probleme zu klären
hatten.
***
https://www.karlsruhe.de/b4/stadtverwaltung/stadtfinanzen/haushaltsdebatte/HF_sections/content/ZZmG5KMgGNRxDL/ZZmLxDCtLr2b8E/Haushaltsrede%20Die%20LINKE%202016%20final%2027.09.2016.pdf
Groetzingen KW 29 ID 149180
2 | amtliche Bekanntmachungen das wochenmagazin für grötzingen · 19. Juli 2019 · nr. 29
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AMTLICHE BEKANNTMACHUNGEN DER ORTSVERWALTUNG
wortlaut der Beschlüsse der öffentlichen sitzung des ortschaftsrates grötzingen vom 10. Juli 2019 zur Veröffentlichung
TOP 3: Verfahren des Ortschaftsrates zum Vorschlag der Wahl des Ortsvorstehers durch den Gemeinderat Der Ortschaftsrat Grötzingen beschließt mit 14 Ja-Stimmen und vier Nein-Stimmen, dass die Stelle der Ortsvorsteherin / des Orts- vorstehers extern ausgeschrieben werden soll.
Als Ende der Bewerbungsfrist beschließt das Gremium einstim- mig den 23.08.2019.
Das Gremium beschließt mit 14 Ja-Stimmen und vier Enthaltun- gen, dass drei Kritikpunkte zur Änderung des Ausschreibungstex- tes noch einfließen sollen, wäre jedoch mit dem Ausschreibungs- text in der jetzigen Form einverstanden, wenn nach eingehender Prüfung die Kritikpunkte nicht berücksichtigt werden könnten.
TOP 6: Einrichtung von Bienenweiden (Antrag der FDP-Fraktion) Der Ortschaftsrat verweist mit 17 Ja-Stimmen bei einer Enthal- tung den Antrag der FDP-Fraktion, weit mehr Flächen in lebendi- ge, ökologisch wertvollere, optisch ansehnlichere Blumenflächen kurzfristig umzuwandeln, in den Ausschuss.
TOP 7: Sitzungen des Ortschaftsrates Grötzingen in der Sitzungsperiode 2019 - 2024 (Antrag der SPD-Fraktion) Der Ortschaftsrat beschließt einstimmig, den Antrag der SPD- Fraktion, dass weiterhin alle öffentlichen Sitzungen des Ortschafts- rates im Saal der Begegnungsstätte Grötzingen stattfinden sollen sowie über Vorschläge der Ortsverwaltung zu einer neuen Sitzord- nung zu beraten, in den Ausschuss.
Bericht aus der sitzung des ortschaftsrates vom 10. Juli 2019
Am vergangenen Mittwoch tagte unter der Leitung von Ortsvorste- herin Karen Eßrich der Grötzinger Ortschaftsrat. Zum einen kam der alte Ortschaftsrat zu seiner letzten Sitzung zusammen, um fest- zustellen, dass bei den neu gewählten Räten keine Hinderungsgrün- de für einen Eintritt in den Ortschaftsrat vorliegen, zum anderen trat der neue Ortschaftsrat zu seiner ersten, konstituierenden Sit- zung zusammen.
ausscheidende ortschaftsräte verabschiedet Nachdem der alte Ortschaftsrat seiner letzten Aufgabe nachgekom- men war, und einstimmig feststellte, dass für die 18 Mitglieder des neuen Gremiums jeweils keine Hinderungsgründe für einen Eintritt in den Grötzinger Ortschaftsrat vorliegen, verabschiedete Ortsvor- steherin Karen Eßrich die ausscheidenden Ratsmitglieder Mathias Irmscher (SPD), Susanne Orthey (SPD), Tobias Sand (CDU), Regi- na Stutter (CDU), Florian Umstädter (CDU) und Ute Schmidt-Rohr (GLG).
Anwesend waren Regina Stutter, Florian Umstädter und Susanne Orthey. Ihnen widmete die Ortsvorsteherin persönliche Worte des Dankes: Florian Umstädter gehörte seit 2009 dem Grötzinger Ort- schaftsrat an. Die Belange der Kinder und Jugendlichen im Ort sei- en ihm stets ein ganz besonderes Anliegen gewesen, auch in Sachen Baggersee war Umstädter sehr aktiv und engagiert, so die Ortsvor- steherin. „Als „Mikrofonbetreuer“ bei dem Tagesordnungspunkt „Fragen und Anregungen der Einwohner“ während der Ortschafts- ratssitzungen werden Sie uns ganz besonders fehlen“, fügte sie an und erklärte: „Ich habe auch Ihre stets rege und kritische Mitdis- kussion bei vielen wichtigen Themen immer sehr geschätzt.“ Regi- na Stutter war seit 2013 als Nachrückerin für Hartmann Licht im Ortschaftsrat, sie war 2019 nicht mehr zur Wahl angetreten. „Als Friedhofspflegerin hatten Sie ein für Grötzingen sehr wichtiges Amt inne, dafür möchte ich Ihnen danken. Ebenso wie für Ihr besonde- res Engagement in den Themen Verkehr und Kultur“, so Ortsvor- steherin Karen Eßrich. Susanne Orthey war im Dezember 2014 für Roswitha Hambsch in den Ortschaftsrat nachgerückt, eine beson- nene, sachliche und ruhige Rätin sei sie gewesen, so Karen Eßrich. „Besonders die Kinder und Jugendliche haben Ihnen stets am Her- zen gelegen und auch für die Grünanlagen in unserem Ortsteil waren Sie sehr engagiert. Dafür möchte ich Ihnen danken.“ Die drei anwe- senden ausscheidenden Räte erhielten zum Abschied Präsente ihrer Fraktionen und der Ortsverwaltung.
v.l.n.r. Ortsvorsteherin Karen Eßrich mit Ortschaftsräten a.D. Florian Umstäd- ter, Susanne Orthey und Regina Stutter
Ute Schmidt-Rohr war seit 2014 für die GLG im Ortschaftsrat und trat nicht mehr zur Wahl an. Sie habe sich besonders durch ihre Unterstützung bei der Formulierung von Verträgen – etwa was die Entgeltordnung in der Begegnungsstätte betrifft – hervorgetan. Engagiert sei sie zudem im Urban Gardening und anderen Umwelt- Projekten sowie hartnäckig bei Nachfragen zum Stand der Sanierung der Kita Kegelsgrund gewesen.
Mathias Irmscher war im Mai 2017 nachgerückt für Sibel Uysal und tat sich stets als Experte für die unterschiedlichsten Bauthemen her- vor. Energisch, temperamentvoll und kämpferisch habe er sich wäh- rend seiner zwei Jahre im Gremium für die Belange Grötzingens eingesetzt.
Die kürzeste Zeit war Tobias Sand ein Grötzinger Ortschaftsrat, erst im Januar 2019 rückte er für den ausscheidenden Reinhard Haschka nach. Hervorgetan habe er sich durch seine sachlichen Beiträge zu verschiedenen Verkehrsthemen und durch seinen Einsatz für eine Skulptur auf dem Grötzinger Friedhof.
Abschließend dankte Ortsvorsteherin Karen Eßrich noch einmal allen Mitgliedern des alten Ortschaftsrates für ihr großes ehrenamtli-
das wochenmagazin für grötzingen · 19. Juli 2019 · nr. 29 amtliche Bekanntmachungen | 3
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ches Engagement, mit dem sie Grötzingen während der vergangenen fünf Jahre in vielen Themen weit vorangebracht haben. „Wir haben Ihnen und Sie uns viele Beratungen zu den unterschiedlichsten The- menbereichen und Beschlüsse in den letzten fünf Jahren zugemu- tet!“, merkte die Ortsvorsteherin an. So habe man unter anderem das erste bundesweite Stadtteilkulturkonzept, den 1. städtischen Schutz- gebietsbeirat, eine Rechtsverordnung Baggersee Grötzingen, die vie- le Nutzungsinteressen miteinander in Einklang gebracht hat sowie die Sanierung der Ortsmitte Grötzingen und ein Energiequartier auf den Weg gebracht.
neuer rat im amt Direkt im Anschluss an die Verabschiedung wurden die neuen Räte in ihr Amt eingeführt und verpflichtet. Mit der Verpflichtungsfor- mel gelobten sie, sich stets zum Wohl der Stadt Karlsruhe und der Ortschaft Grötzingen, so wie ihrer Einwohner und Einwohnerin- nen einzusetzen. Von den Bürgerinnen und Bürgern wurden folgende 6 Ortschafts- räte neu gewählt:Christina Bischoff (GLG), Thorsten Daubenberger (MfG), Niels Dürr (SPD), Birgit Kränzl (MfG), Judith Marvi (SPD) und Siegfried Schönberger (CDU). Wieder gewählt wurden: Hans- Peter Fettig (MfG), Kurt Fischer (SPD), Birgit Hauswirth-Metzger (GLG), Christiane Jäger (CDU), Veronika Pepper (CDU), Hans Rit- zel (FDP), Jürgen Schuhmacher (MfG), Daniel Siegele (CDU), Egon Siegrist (SPD), Titus Tamm (GLG), Dr. Gabriele Vorberg (GLG) und Renate Weingärtner (FDP).
wahl des ortsvorstehers und Besetzung der ausschüsse Da mit der Amtszeit des Ortschaftsrates auch die Amtszeit des bzw. derOrtsvorstehenden endet, ist auch dieser vomaktuellen Ortschafts- rat neu vorzuschlagen und im Anschluss vom Gemeinderat zu wäh- len. Für diesen Tagesordnungspunkt übernahm Renate Weingärtner – als ältestes Ratsmitglied – die Leitung der Sitzung, da die bisheri- ge Ortsvorsteherin Karen Eßrich sich erneut zur Wahl stellen wird. Der Grötzinger Ortschaftsrat hat mit 14 Ja- und vier Nein-Stim- men beschlossen, die Stelle des Ortsvorstehers durch das Personal- amt der Stadt auch extern ausschreiben zu lassen. Man wolle damit sicherstellen, dass man so die für Grötzingen bestmögliche Beset- zung dieser Stelle finde.
Im nächsten Tagesordnungspunkt wurde die Besetzung von Aus- schüssen und Funktionen des Ortschaftsrates beschlossen. Einstim-
mig nahm das Gremium den Vorschlag der Ortsverwaltung an, die Ausschüsse/Funktionen wie bisher zu bilden und die Anzahl der Ausschuss-Sitze für die Fraktionen nach dem Verfahren nach Sainte Laguë-Schepers zu vergeben.
mehr raum für Bienen In seiner ersten fachlichen Amtshandlung folgte der neue Grötzin- ger Ortschaftsrat einem Antrag der FDP zur Einrichtung von Bie- nenweiden. Mit 17 Ja-Stimmen und einer Enthaltung beschloss man, dass das Thema im Ausschuss umfangreicher beraten werden soll. Man möchte gemeinsam mit dem Gartenbauamt und der Ortsver- waltung Flächen ausmachen, die sich als Bienenweiden eignen, um dann einen genauen Eindruck über den Aufwand sowie die entste- henden Kosten und Personalressourcen zu erhalten. Generell waren sich alle einig darüber, dass es wichtig sei, so viel wie nur möglich zur Erhaltung der Bienen und der Insektenvielfalt zu tun.
wo soll der ortschaftsrat zukünftig tagen? Einstimmig beschloss das Gremium, die Frage, wo der Ortschaftsrat in Zukunft tagen soll, ebenfalls im Ausschuss weiter zu beraten. In einem Antrag forderte die SPD, die Sitzungen weiterhin, auch nach Fertigstellung des Rathauses, im Saal der Begegnungsstätte durchzu- führen. Dort sei mehr Platz für Zuschauer und auch komplette Bar- rierefreiheit gegeben. Sitzungen der Ausschüsse und andere nicht öffentliche Treffen könne man dann zukünftig wieder im Bürger- saal abhalten. Zwar wird es im neu sanierten Rathaus einen Treppenlift zum Bür- gersaal geben, Menschen mit Behinderung seien dort aber stets auf Hilfe angewiesen – etwa auf Menschen, die ihnen Rollator oder Roll- stuhl die Treppen hochtragen. Das sei im Sinne der Teilhabe und einer vollständigen Inklusion nicht zielführend, so die SPD. Wäh- rend die GLG sich dieser Meinung anschloss, erklärten FDP und CDU, dass sie die Sitzungen wieder regelmäßig im Bürgersaal des Rathauses abhalten wollen. Zum einen gebe es dann mehr Mög- lichkeiten, die Begegnungsstätte auch über mehrere Tage – etwa für Kongresse – zu vermieten, zum anderen gehöre der Rat traditionell nun einmal ins Rathaus. Die MfG regte an, erst einmal abzuwarten, wie es nach der Sanierung im Rathaus aussieht, um dann weiter zu beraten und zu entscheiden. Diese Haltung, der sich auch die ande- ren Fraktionen anschließen konnten, führte letztlich zu dem Ent- schluss, das Thema und damit verbunden auch eine mögliche neue Sitzordnung des Gremiums im Ausschuss weiter zu beraten.
Neu gewählter Ortschaftsrat 2019 - 2024: v.l.n.r.Ortsvorsteherin Eßrich mit Ortschaftsrätinnen und -räten Kränzle, Daubenberger, Fettig, Schuhmacher, Pep- per, Schönberger, Siegele, Jäger, Hauswirth-Metzger, Tamm, Dr. Vorberg, Dürr, Bischoff, Marvi, Weingärtner, Siegrist, Ritzel, Fischer
4 | amtliche Bekanntmachungen das wochenmagazin für grötzingen · 19. Juli 2019 · nr. 29
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ENDE DER AMTLICHEN BEKANNTMACHUNGEN
steg am mühlenwehr über die Pfinz bis oktober gesperrt
Aus gegebenem Anlass weisen wir darauf hin, dass der Steg am ehemaligen Mühlenwehr ("Saur's Brückle") über die Pfinz bis zum Abschluss der vom Landesbetrieb Gewässer beim Regierungsprä-
sidium veranlassten Arbeiten zur Veränderung des Höhenunter- schieds beim Wehr gesperrt bleiben wird. Das Ende der Arbeiten ist für Anfang Oktober vorgesehen.
Baumkontrolle und gehwegreinigung
Nach dem extrem langen und heißen Sommer 2018 liegt auch die- ses Jahr schon eine sehr heiße Wetterphase hinter uns. Viele Bäu- me, vor allem Nadelgehölz, haben unter diesen Witterungsbedin- gungen zu leiden. An verschiedenen Stellen in Grötzingen wurden braune und notleidende Bäume gesichtet. Teilweise stehen diese Bäume an gefährlichen Stellen. Grundstückseigentümer werden gebeten, aufgrund der Trockenheit ihre Bäume zu kontrollieren. Sollte eine Fällgenehmigung erforderlich sein, können Sie sich mit dem Gartenbauamt unter Telefon 133-6753, -6735 oder -6754 in Verbindung setzen.
Gehwegreinigung Außerdem weisen wir darauf hin, dass von den Anwohnerinnen und Anwohnern sämtliche Wege, Treppen und Straßen um das gesamte Grundstück zu reinigen sind. Die Reinigung umfasst die Beseitigung von Abfällen, Schmutz, Laub und Wildpflanzenwuchs ohne chemi- sche Hilfsmittel. Dies gilt innerhalb der geschlossenen Ortslage. Die Pflicht erstreckt sich bis zu einer Breite von bis zu fünf Meter.
Wir bitten Sie eindringlich auch im Interesse der Gemeinschaft, die- ser Verpflichtung laufend nachzukommen.
Das Forstamt Karlsruhe, die Ortsverwaltung Grötzingen und die NaturFreunde
Grötzingen laden herzlich ein zur
Eröffnung des neugestalteten Spielplatzes Knittelberg am Freitag, 26. Juli 2019 um 14 Uhr
auf dem Spielplatz beim Naturfreundehaus Grötzingen.
Nach den Grußworten von Bürgermeisterin Bettina Lisbach, Ortsvorsteherin Karen
Eßrich und dem Vorstand der NaturFreunde Detlef Stutter laden wir Sie auf einen
kleinen Umtrunk, die Kinder auf ein leckeres Eis ein.
aus dem Verlag
abkühlung gefällig - so helfen sie ihren haustieren bei hitze Nicht nur für uns Menschen sind Temperaturen über 30 Grad eine hohe Belastung. Gerade Tiere leiden bei großer Hitze ganz besonders. Mit diesen Tipps kommen Ihre Haustiere gut durch den Sommer. Bei steigenden Temperaturen suchen Hunde und Katzen selbständig Räu- me auf, die kühler sind. Sinnvoll ist es daher, diesen Tieren von sich aus Räume anzubieten, die angenehmere Temperaturen für Hund und Katze ermöglichen. Insbesondere Hunde bevorzugen dabei den Keller oder legen sich gerne auf geflieste Böden, um sich abzukühlen. Katzen ziehen sich dagegen stärker zurück und suchen Schutz in eher dunklen Räumen, z.B. unter dem Bett ihrer Menschen. Ob es unseren Haus- tieren zu warm wird, erkennen Sie bei Hund und Katze am Hecheln. Das Hecheln bei Hunden ist eine natürliche Reaktion. Bei Katzen ist das Hecheln ein Zeichen dafür, dass sie stark überhitzt sind. Bieten Sie an heißen Tagen ausreichend frisches und leicht gekühltes Wasser an. Eiskaltes Wasser könnte zu Magenproblemen führen.
so helfen sie hunden: - Eine kleine Abkühlung im Pool - Abkühlung anbieten und einen kleinen Pool aufstellen - Spaziergänge auf eine Zeit legen, in der der Straßenbelag nicht
mehr extrem heiß ist - Wege auswählen, an deren Rand der Hund auf dem Grünstreifen
gehen kann
- Insbesondere bei älteren Hunden und Welpen darauf achten, dass sie nicht zu lange in der Sonne sind. Sehr alte und sehr junge Hun- de neigen dazu, nicht früh genug in den Schatten zu gehen
- Hunde, die ein sehr dichtes und bauschiges Fell haben, können geschoren werden
so helfen sie tieren in käfigen: - Ein Badeschälchen für den Wellensittich - Wichtig bei allen Tieren, die sich nicht frei bewegen können: auf
den richtigen Platz für den Käfig achten - Den Käfig weder in der direkten Sonne, noch direkt am Fenster
platzieren - Decken Sie den Käfig teilweise mit einem Tuch ab, um Schutz und
Rückzugsmöglichkeiten zu bieten. - Stellen Sie im Extremfall, z.B. in einer Dachwohnung, einen Ven-
tilator auf Haustiere mit Sonnencreme schützen? Faustregel: Tiere, die sich ablecken, nicht eincremen. Pferdebesitzer könnten aber die hellen Nüstern ihres Pferdes mit Sonnencreme ein- reiben, um einen Sonnenbrand zu verhindern.
Im Studio: Dr. Judith Heckel, Tierärztin Quelle: Kaffee oder Tee, Mo. - Fr. 16.05 – 18.00 Uhr im SWR
https://www.karlsruhe.de/b4/stadtteile/osten/groetzingen/aktuelles/berichte_or/HF_sections/content/ZZnke7Q8P6we3w/ZZodccRdoVvPIQ/Groetzingen_Amtliches%20KW%2029.pdf
„Karlsruhe kennen – Karlsruhe lieben!“
Haushaltsrede
zum Doppelhaushalt 2019/2020 der Stadt Karlsruhe
Dienstag, 25.09.2018
Stefan Schmitt Stadtrat - parteiunabhängig
Schwerpunkte:
Sicherheit in der Stadt Situation in der Kaiserstraße
Nachverdichtung Schuldenabbau
- Es gilt das gesprochene Wort -
Die Veröffentlichung oder Weitergabe an Dritte ist untersagt bis Redebeginn
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Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sie haben in Ihrer Haushaltsrede einen sehr optimistischen Ausblick in
die Zukunft unserer Stadt gegeben. Gestatten Sie mir bitte einen kurzen
Blick in die Vergangenheit.
Als ich 1977 zum ersten Mal nach Karlsruhe kam, um mich an der
Technischen Hochschule einzuschreiben, gab es den Slogan: „Karlsruhe
kennen – Karlsruhe lieben!“ An meinem ersten Tag in Karlsruhe habe ich
nichts entdeckt, was diesem Slogan widersprochen hätte. Im Gegenteil,
die Stadt war mir sofort sympathisch und es hat sofort KLICK gemacht –
Liebe auf den ersten Blick.
Da ich aus einem Ort mit nur 3.000 Einwohnern kam, war die Großstadt
Karlsruhe für mich zunächst ein großes Abenteuer. Und ich muss
zugeben, in den ersten beiden Semestern interessierten mich die
Fassetten dieser Stadt mehr, als die Hörsäle in der Universität.
Ich wurde ziemlich schnell zum Nachtmenschen und genoss die Freiheit
des Studiums. Bei meinen nächtlichen Streifzügen durch alle Ecken und
Winkel der Stadt landete ich natürlich auch im Dörfle, das teilweise noch
vorhanden war. Schon damals ein Fan von Karl Hubbuch, wollte ich
sehen, wo er seine Motive gefunden hat.
Obwohl man damals in den Kneipen des Dörfle tatsächlich noch
genauso dubiose Gestalten traf, wie Hubbuch sie 50 Jahre vorher malte,
fühlte ich mich dort nie unsicher. Es gab in unserer Stadt keinen einzigen
Winkel, wo man Angst davor haben musste, sich alleine zu bewegen.
Und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit. Heute ist das anders und ich
frage mich, wie sieht es in der Zukunft aus?
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Wird es wieder so, wie es einmal war? Oder kann es sogar noch
schlechter werden? Und damit Herr Oberbürgermeister sind wir beim
Thema Sicherheit und in Ihrer Rede konnte ich leider überhaupt nichts
finden, was mich in diesem Punkt optimistisch in die Zukunft blicken
lässt.
Aus einem Grund, den ich bis heute nicht verstanden habe, wurde nach
dem Jahrtausendwechsel aus dem sehr sympathischen und sehr
zutreffenden Slogan „Karlsruhe kennen – Karlsruhe lieben!“ der Slogan
„Karlsruhe – viel vor – viel dahinter!“
Wie Sie alle wissen, hat es nicht lange gedauert, bis dieser Slogan im
Volksmund an einer entscheidenden Stelle abgeändert wurde. Das
zweite „viel“ wurde durch ein „nichts“ ersetzt.
Danach hat man sich dann offensichtlich nicht mehr so richtig getraut,
einen neuen Slogan zu kreieren – jedenfalls ist mir keiner bekannt. Und
deshalb sind wir heute nur noch „Die Residenz des Rechts“.
„Nur noch“ deshalb, weil es eine Binsenweisheit ist. Denn einen
Bundesgerichtshof und ein Bundesverfassungsgericht gibt es eben nur
in Karlsruhe.
Allerdings, meine Damen und Herren, sollten wir dafür sorgen, dass dem
Recht wenigstens in seiner Residenz wieder rund um die Uhr zu seiner
Geltung verholfen wird. Denn, Herr Oberbürgermeister, mir persönlich ist
es zuwenig, dieses Recht in Zukunft nur noch in den 4 Wänden des
geplanten „Forum Recht“ erleben zu dürfen. Ich möchte es überall in der
Stadt erleben – und zwar genauso wie früher!
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Das ist die Voraussetzung dafür, dass man auch in Zukunft wieder mit
voller Überzeugung sagen kann: „Karlsruhe kennen – Karlsruhe lieben!“
Interessanterweise ist ja in der Phase, in der der Slogan galt „Karlsruhe
– viel vor – viel dahinter!“ eigentlich gar nicht soviel passiert in unserer
Stadt. Richtig los ging es erst mit der Kombilösung und inzwischen
freuen wir uns alle darüber, dass die oberirdischen Baustellen nach und
nach verschwinden und warten darauf, dass wir endlich mit der neuen
Untergrundbahn fahren können.
Pessimisten nörgeln zwar immer noch über die Kosten, aber in diesem
Punkt gebe ich Ihnen Recht Herr Oberbürgermeister: die Kombilösung
wird sowohl in der Kaiserstraße wie auch in der Kriegstraße eine
deutliche Verbesserung für alle Verkehrsteilnehmer bringen.
Während der Bauzeit hat sich die Einkaufsmeile unserer Stadt allerdings
stark verändert. Wo früher alteingesessene Fachgeschäfte waren, sind
jetzt Läden für Handy- und PC-Reparaturen, oder Ein-Euro-Läden.
Etliche Schaufenster sind zugeklebt. Kurz gesagt, die Kaiserstraße hat in
den letzten Jahren stark an Attraktivität verloren.
Bei der Analyse der Gründe gehen die Meinungen weit auseinander. Für
die Ustrab-Kritiker sind es die Baustellen. Andere sagen, das ECE-
Center ist der Grund, oder der Onlinehandel wäre schuld. Ich sehe noch
einen anderen Grund.
Und mit dem hängt auch der Rückgang des ÖPNV zusammen.
Karlsruhe ist die einzige Stadt in Deutschland, in der seit drei Jahren die
Fahrgastzahlen zurückgehen.
5
Und das, obwohl die Bevölkerungszahl steigt und wir mit der Kopplung
von Straßenbahn- und Eisenbahnstrecken nach wie vor eines der
fortschrittlichsten Verkehrskonzepte in Deutschland haben.
Warum also, wollen immer weniger Menschen nach Karlsruhe fahren,
um in der Kaiserstraße einzukaufen?
Hierzu zitiere ich aus dem „3. Sachstandsbericht zur öffentlichen
Sicherheit und Ordnung aus dem Jahre 2014“. Da wurde gefragt, an
welchen Orten der Innenstadt man sich bei Dunkelheit nur ungern
aufhält.
Das Ergebnis führt uns auf die richtige Spur. Auf den ersten vier Plätzen
ist zu lesen: 1. Der Europaplatz, 2. die Seitenstraßen der Kaiserstraße,
3. der Kronenplatz und 4. die Kaiserstraße selbst.
Aber auch bei Tag sieht es nicht viel anders aus:
An erster Stelle der Europaplatz, auf Platz 2 die Südstadt und der
Werderplatz, auf Platz 3 der Kronenplatz und auf Platz 4 die
Kaiserstraße. Nachzulesen auf den Seiten 55 bis 57.
Dort sieht man dann auch, dass wir schon in 2014 eine deutliche
Verschlechterung des Sicherheitsgefühls gegenüber 2009 hatten. Und
wir können davon ausgehen, dass es in dem Bericht, der gerade erstellt
wird, noch schlechter aussieht.
Da nun das Befragungsverfahren geändert wird, ist das Ergebnis
möglicherweise mit den Vorjahren nicht mehr vergleichbar. Aber
vielleicht möchte man das ja auch gar nicht.
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Denn Maßnahmen seitens der Stadt gegen die weitere Verschlechterung
des Sicherheitsgefühls in unserer Haupteinkaufsmeile gab es in den
Folgejahren leider nicht.
Und das Herr Oberbürgermeister, obwohl Sie in Ihrer letzten
Haushaltsrede das Gegenteil angekündigt haben.
Ich zitiere Sie: „Ich bin der Meinung, dass wir uns in Zukunft verstärkt
den sicherheitsrelevanten Herausforderungen stellen müssen, auch
wenn wir uns in einer schwierigen Haushaltslage befinden und Sicherheit
oder Risikovorsorge nicht zum Nulltarif zu haben sein werden. Ein
wichtiger Baustein für ein sicheres Karlsruhe ist aus meiner Sicht der
Kommunale Ordnungsdienst.“ - Zitatende
Das, Herr Oberbürgermeister, haben Sie vor genau zwei Jahren an
dieser Stelle gesagt. Aber wir mussten gar keine zwei Jahre warten, um
zu wissen, dass das alles nur leere Worte sind. Denn nur zwei Monate
nach dieser Rede haben Sie bei den Haushaltsberatungen das, wofür
Sie in Ihrer Haushaltsrede noch Hoffnungen geweckt haben,
höchstpersönlich torpediert.
Denn Jürgen Wenzel und ich haben genau das gemacht, was Sie
suggeriert haben: Wir wollten den KOD stärken und hatten den Antrag
gestellt, den KOD aufzustocken. Unser Antrag wurde dann mit einer sehr
bemerkenswerten Begründung von Ihnen und Ihrer Verwaltung zur
Ablehnung empfohlen.
Ich zitiere aus der Stellungnahme der Verwaltung zur Situation des KOD:
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„Von Januar bis Oktober 2016 wurden alleine über 500 Einsätze am
Werderplatz und über 600 Einsätze am Bahnhofplatz durchgeführt.
Dabei zeigt sich eine zunehmende Uneinsichtigkeit und fehlende
Rücksichtnahme auf Interessen anderer Personengruppen. UND JETZT
KOMMTS: Eine Bearbeitung aller Beschwerden und Hinweise ist nicht
mehr möglich.“ - Zitatende
Jeder klar denkende Mensch versteht sofort, dass der KOD nicht
genügend Personal hat, um allen Hinweisen nachzugehen. Und jeder
klar denkende Mensch geht nun davon aus, dass die Verwaltung die
Annahme dieses Antrags empfiehlt. Aber nein, unter dem Antrag steht:
„Die Verwaltung empfiehlt, den Antrag abzulehnen!“
Logisch überhaupt nicht nachvollziehbar. Ich habe bis heute nicht
begriffen, wie so etwas möglich ist und möchte an dieser Stelle noch
einmal daran erinnern, wer damals für unseren Antrag und damit für
mehr Sicherheit in der Innenstadt gestimmt hat: es waren die CDU, die
FDP, die AfD und die Freien Wähler.
Von daher war dann auch klar, dass sich am Werderplatz nicht viel
ändern wird. Die Beschwerden der genervten Anwohner gingen weiter
und die Vorsitzende der Bürgergesellschaft Südstadt hat vor kurzem in
einem Schreiben an alle Fraktionen darauf hingewiesen, dass das
Problem eher größer als kleiner wird.
Aus diesem Grund werden wir den gleichen Antrag bei diesen
Haushaltsberatungen wieder stellen. Und gerade dieser Fall zeigt, wie
zwiespältig Sie und Ihre Verwaltung mit dem Thema Sicherheit in
Karlsruhe umgehen.
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Es wird deutlich, Herr Oberbürgermeister, dass sie in Wirklichkeit hinter
nichts aber auch gar nichts von dem stehen, was Sie den Bürgern bisher
dazu in Aussicht gestellt haben.
Kommen wir zu einem weiteren Thema, bei dem sich die Taten nicht mit
den Ankündigungen decken. Es ist das Thema Nachverdichtung, das
Ihre Idee von der „Grünen“ Stadt konterkariert.
Inzwischen liegen für einige Stadtteile Rahmenpläne vor, die mit der
versprochenen „behutsamen“ Nachverdichtung allerdings nichts bis gar
nichts mehr zu tun haben.
Statt in die Höhe zu bauen wird auch die Bebauung der letzten
Grünflächen ermöglicht – insbesondere auf den Grundstücken der
stadteigenen Volkswohnung.
Beispiel Nordweststadt. Da gehen die Anwohner inzwischen auf die
Barrikaden – und ja, ich gestehe, dass ich dazu nicht unerheblich
beigetragen habe.
Denn ich habe gesehen, dass die Verlierer dieser Rahmenplanung, die
Mieter sind. Sie waren gar nicht am Bürgerdialog beteiligt. Denn sie sind
einfach nicht hingegangen. Beteiligt waren in erster Linie Eigenheimer,
die aufgepasst haben, dass neben ihrem Haus und hinter ihrem Garten
keine Dummheiten passieren.
Nun muss man sich allerdings fragen: woher kommt überhaupt diese
plötzliche Bauhysterie?
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Schaut man sich das Statistische Jahrbuch der Stadt von 2017 an, dann
stellt man fest, dass wir von 2009 bist 2016 einen Zuwachs von 9.600
Einwohnern hatten. Im gleichen Zeitraum wurden 10.040 Wohnungen
gebaut. Geht man von einer Wohnungsbelegung von nur 1,5 Personen
aus, dann war das Wohnraum für mehr als 15.000 Menschen.
Parallel dazu ging die Zahl der Wohnungssuchenden bei der
Volkswohnung um 40% zurück. Deshalb ist die Frage berechtigt: „Woher
kommt die Wohnungsnot in Karlsruhe?“ Auf mein Statement in der
Stadtzeitung habe ich Zuschriften bekommen, in denen geschrieben
wurde, dass wir zwar genügend Wohnungen hätten, aber zu wenig
bezahlbare.
Das würde ja bedeuten, dass entweder in den letzten 10 Jahren die
falschen Wohnungen gebaut wurden, oder aber die Mieten ins
Unermessliche gestiegen sind. Wenn die falschen Wohnungen gebaut
wurden, müssten sie jetzt leer stehen, was allerdings nicht der Fall ist,
denn der Leerstand in Karlsruhe liegt im normalen Rahmen.
Zur Entwicklung der Mieten zeigen die Mietspiegel von 2013 und 2017
folgendes: legt man die Wohnungstypen zugrunde, die am häufigsten
gebaut und auch nachgefragt werden, nämlich Wohnungen in
durchschnittlicher Lage in der Qualität mittel bis gut, dann ist für
Wohnungen mit 30 bis 44 m² festzustellen, dass sich die Mieten in
diesen 5 Jahren um 7,5% erhöht haben. Bei Wohnungen mit 45 bis 59
m² sind es 11,5%.
D.h. die jährliche Erhöhung der Mietpreise liegt nur minimal über der
Inflationsrate. Also kann auch das nicht der Grund für fehlende
bezahlbare Wohnungen sein.
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Aber könnte es vielleicht daran liegen, dass die Nebenkosten deutlich
gestiegen sind und dass vielleicht immer mehr Menschen nicht
genügend Geld verdienen, um sich eine früher bezahlbare Wohnung
leisten zu können?
Und genau hier liegt das Problem: Strom, Wasser, Fernwärme, Gas,
Müll und auch die Grundsteuer, sind in den letzten 5 Jahren deutlich
gestiegen. Dagegen stagnieren die Nettolöhne, oder gingen sogar
zurück.
Eine falsche Energiepolitik, die Erhöhung der kommunalen Abgaben und
Gebühren, ein Wirtschaftsaufschwung, der seit Jahren an der
arbeitenden Bevölkerung vorbeigeht. Dazu noch die Besteuerung der
sowieso schon mickrigen Renten. Das sind die Ursachen.
Und dass die Kaltmieten in den Wohnungen, die aktuell gebaut werden,
deutlich höher sind als früher, ist die Folge von energetischen Standards,
die immer weiter auf die Spitze getrieben werden und die Häuser immer
teurer machen.
Dazu kommt, dass die Baupreise in den letzten Jahren infolge des
Booms durch die energetische Sanierung und die Umsetzung
übertriebener Brandschutzkonzepte um rund 20% gestiegen sind.
Deshalb muss man ernsthaft die Frage stellen: wie sollen denn da neue
Wohnungen billiger und die Mieten bezahlbarer werden? Und dann
zeigen die, die für diese falsche Politik verantwortlich sind, mit den
Fingern auf die bösen Vermieter, die angeblich die Mieten in
unbezahlbare Höhen treiben. Ablenkung vom eigenen politischen
Versagen ist das, sonst gar nichts!
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Nun zur Haushaltslage. Weder in Ihrer Rede, Herr Oberbürgermeister,
noch in der Rede der Finanzbürgermeisterin, kam das Wort „Schulden“
vor.
Das ist bemerkenswert, da ja gerade dieser Punkt vor vier Jahren dazu
geführt hat, dass das Regierungspräsidium bei der Verdreifachung der
Pro-Kopf-Schulden im Kernhaushalt in nur einem Jahr die Reißleine
gezogen hat.
Erst dadurch wurden Sie gezwungen, Stabilisierungsmaßnahmen
vorzulegen. Und deshalb ist es nun auch nicht erstaunlich, dass Ende
2017 die Einnahmen um rund 183 Millionen über den Ausgaben liegen.
Und ja Herr Oberbürgermeister, ich zitiere Ihr Wahlprogramm von 2012
immer wieder gerne. Da sagten sie: „Ich strebe innerhalb der
kommenden acht Jahre einen schuldenfreien städtischen Haushalt an.“
– Zitatende –
Diese acht Jahre sind nun bald vorbei. Und statt Schulden zu tilgen,
planen Sie für 2019 fast 40 Millionen neue Schulden im Kernhaushalt.
Und im letzten Jahr Ihrer Amtszeit legen Sie dann noch einmal 100
Millionen oben drauf – auf dann 313 Millionen Euro Schulden.
Und wenn Sie sich erinnern, hatte ich das Thema schon in meiner ersten
Haushaltsrede in 2015 angesprochen und Sie aufgefordert, in diesem
Punkt Klarheit zu schaffen.
Inzwischen müssen Sie das gar nicht mehr, denn dieser Haushalt zeigt
mehr als deutlich, dass Sie sich nun still und leise von diesem
Wahlversprechen verabschiedet haben.
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Damit komme ich zum Schluss:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, es war gewiss nicht alles
schlecht, was Sie bisher gemacht haben. Aber bei den von mir
angesprochenen Themen haben Sie massiv Vertrauen bei den Bürgern
verloren. Sie können es zurückgewinnen, wenn Sie in der Ihnen noch
verbleibenden Zeit mehr dafür tun, damit der Slogan „Karlsruhe kennen -
Karlsruhe lieben!“ für die Besucher und vor allem für die Karlsruher
wieder die gleiche Gültigkeit hat, wie früher.
Vielen Dank !
https://www.karlsruhe.de/b4/stadtverwaltung/stadtfinanzen/haushaltsplan/HF_sections/content/ZZnMzC3Gv1O83p/10_Stefan_Schmitt_DHH_2019_2020.pdf
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Willkommen! Ein Handbuch für die ehrenamtliche
Flüchtlingshilfe in Baden-Württemberg
Die wichtigsten Fragen und Antworten auf einen Blick
2 Kapitel 5 | Wohnen, Gesundheit, Mobilität 3Kapitel 5 | Wohnen, Gesundheit, Mobilität
GruSSwort
Vor Ihnen liegt die erste Auflage des „Handbuches für die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe in Baden-Württemberg“. Es will denen ein praktischer Ratgeber sein, die sich zivil- gesellschaftlich oder im Ehrenamt um die Aufnahme von Flüchtlingen in Baden-Württemberg kümmern.
Ohne das wunderbar große Potenzial ehrenamtlich und sozial Engagierter könnten die Kommunen, die Landkreise und die Landesregierung die gegenwärtig große Zahl von Menschen auf der Flucht kaum würdig unterbringen und betreuen. Und wir alle könnten dann weder dem Grundge- setz noch der Genfer Flüchtlingskonvention nachkommen, die das Recht auf Asyl und den Schutz vor Verfolgung zwingend vorsehen.
Das Ehrenamt hat bei unseren humanitären Verpflichtun- gen höchsten Stellenwert. Deshalb haben wir gemeinsam mit vielen ehrenamtlich Helfenden vor Ort beschlossen, einen Kompass bereitzustellen. Einen Kompass, mit dem Sie sich und die Ihnen anvertrauten Flüchtlinge durch eine zuweilen unübersichtliche Landschaft von Bundes-, Landes- und Kommunalgesetzen, Verordnungen und Zuständigkeiten lotsen können.
Das Handbuch soll motivieren, sich bei der Integration von Flüchtlingen in Baden-Württemberg einzubringen. Und es soll Ihnen mit guten Beispielen und Ratschlägen zur Seite stehen. Viele engagierte Helfende aus der haupt- und ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit haben intensiv daran mitgearbeitet. Nur so konnten wichtige Fragen
4 Kapitel 5 | Wohnen, Gesundheit, Mobilität 5
Dank
Dieses Handbuch ist aus der Praxis für die Praxis entstan- den. Wir haben viele Engagierte aus der Flüchtlingsarbeit in Baden-Württemberg nach ihren Erfahrungen und Kenntnis- sen gefragt und haben hilfreiche Anregungen und Hinweise erhalten, die in das Handbuch eingeflossen sind. All denjenigen, die zur Entstehung dieses Handbuches beigetragen haben, möchten wir ganz herzlich danken:
Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Redaktions- rates, hierbei vor allem Irene Armbruster (Bürgerstiftung Stuttgart), Jürgen Blechinger (Diakonisches Werk Baden und Evangelischer Oberkirchenrat Karlsruhe), Andreas Linder (Flüchtlingsrat Baden-Württemberg), Martin Müller (Städtetag Baden-Württemberg) und Stephan Schumacher (Sozialamt Stuttgart), ebenso Vera Borgards (Caritasverband Erzdiözese Freiburg), Prof. Dr. Frank Brettschneider (Universität Hohenheim), Daniela Dinser (Flüchtlingsbeauftragte Schwäbisch Gmünd), Dagmar Eckert (Sozialamt Stuttgart), Dr. Miriam Freudenberger (Allianz für Beteiligung), Martina Haas (Volkshochschul- verband Baden-Württemberg), Gudrun Heute-Bluhm (Städtetag Baden-Württemberg), Wolfgang Klenk (Breuninger Stiftung), Dieter Lehmann (Amt für Familie und Soziales Schwäbisch Gmünd), Dagmar Mikasch- Köthner (vhs Stuttgart), Dr. Angelika Mölbert (DRK Baden), Ottmar Schickle (Diakonie Württemberg), Marion von Wartenberg (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg) und Eva Weiser (Liga der freien Wohlfahrtspflege).
recherchiert und mit langjährigen Erfahrungen hinterlegt werden. Ihnen allen sei dafür herzlich gedankt!
Unsere Hilfsbereitschaft und unsere Kreativität sind in diesen Zeiten besonders gefordert. Weil sich die Rahmen- bedingungen bei der Aufnahme, Betreuung und Integra- tion von Flüchtlingen in Baden-Württemberg laufend ändern können, versenden wir zusätzlich monatlich einen Newsletter und ergänzen diesen durch eine Internetseite (www.fluechtlingshilfe-bw.de), die die Basisinformationen dieses Ratgebers kontinuierlich fortschreiben wird.
Die humanitäre Aufnahme und die spätere Integration der Menschen, die bei uns Schutz vor Verfolgung und Krieg suchen, muss und wird gelingen.
Mit Ihrer Hilfe, für die wir mit großem Respekt danken!
Gisela Erler
Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Staatsministerium Baden-Württemberg
6 7Inhalt
Dem Sozialamt der Stadt Stuttgart, insbesondere Stefan Spatz und Gerhard Bock.
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fachstellen des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg, des Ministeri- ums für Integration Baden-Württemberg, des Innenminis- teriums Baden-Württemberg und des Staatsministeriums Baden-Württemberg.
Den vielen Ehrenamtlichen in ganz Baden-Württemberg, die sich in Flüchtlingsarbeitskreisen engagieren und uns konkrete Tipps aus der Praxis geben konnten, insbesondere Ingrid Bohsung (AK Asyl Weilimdorf) und Ariane Müller- Ressing (AGDW e. V. und AK Flüchtlinge Heumaden- Sillenbuch).
Den Teilnehmenden des 1. Forums Flüchtlingshilfe im März 2015 in Stuttgart, die in Arbeitsgruppen die in diesem Buch behandelten Themenfelder diskutiert und Lösungsansätze entwickelt haben.
Ohne die Mitarbeit und Hilfe von Ihnen allen wäre dieses Handbuch nicht möglich gewesen. Danke!
Inhalt
teil I: Fragen zur arbeit von Ehrenamtlichen
1. Erste Überlegungen
2. Flüchtlingsarbeitskreise Welche Voraussetzungen brauche ich, um mich zu engagieren? Wie gründe ich einen Flüchtlingsarbeitskreis? Wie strukturiere ich die Aufgabenbereiche? Welche Behörde/Institution ist für mich zuständig? Wie sorge ich für eine kontinuierliche ehrenamtliche Arbeit? Wie bin ich während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit versichert? Wie gehe ich mit Konflikten um? Wie kann ich meine Privatsphäre vom Ehrenamt abgrenzen? Gibt es Aufwandsentschädigungen für Ehrenamtliche? Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es für Ehrenamtliche?
3. Zusammenarbeit von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen Wie fördert man eine gute Zusammenarbeit zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen? Für welche Leistungen ist die Kommune/der Landkreis zuständig?
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8 9Inhalt
Für welche Leistungen ist das Land zuständig? Für welche Leistungen ist der Bund zuständig? Wo ist ehrenamtliche Hilfe sinnvoll? Ich finde die Arbeit der Kommune/des Landkreises nicht zufriedenstellend – was nun?
4. Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit Wie kann ich Spenden sammeln? Wer darf Spendenbescheinigungen ausstellen?
teil II: Fragen zur Begleitung von Flüchtlingen
5. Begleitung von Flüchtlingen im Alltag Welchen Status können Flüchtlinge haben? Wie und wo wird der Asylantrag gestellt? Was sind die ersten Schritte für Flüchtlinge nach ihrer Ankunft? Welche finanzielle Unterstützung steht Flüchtlingen zu? Wie sind Flüchtlinge versichert? Wie verständige ich mich mit Flüchtlingen? Auf welche kulturellen Besonderheiten muss ich achten? Wie können Flüchtlinge mit Familienange- hörigen und Freunden Kontakt halten? Können Familienangehörige nach Deutschland nachkommen? Wer ist Ansprechpartner für die Flüchtlinge bei Problemen?
Was mache ich bei Anfeindungen oder Übergriffen? Welche Möglichkeiten gibt es, wenn der Asylantrag abgelehnt wird?
6. Unterbringung Wie wohnen Flüchtlinge? Wie darf ich Zimmer in Gemeinschaftsunter- künften umgestalten? Wie gehe ich mit Sachspenden für Flüchtlinge um? Wie kann ich bei der Wohnungssuche unterstützen?
7. Gesundheit Welche Gesundheitsleistungen erhalten Flüchtlinge? Was kann ich tun, wenn ein Flüchtling traumatisiert zu sein scheint?
8. Kinder, Jugendliche und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Welche besondere Unterstützung brauchen Kinder und Jugendliche? Welche Unterstützung brauchen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge?
9. Ausbildung und Arbeit Welche sprachlichen Weiterbildungsmöglich- keiten gibt es für Flüchtlinge?
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10 11Kapitel 5 | Wohnen, Gesundheit, MobilitätInhalt
Welche beruflichen Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es für Flüchtlinge? Welche Fördermöglichkeiten gibt es für Studierende? Ab wann dürfen Flüchtlinge eine geregelte Arbeit aufnehmen? Wie kann ich bei der Suche nach einem Arbeits- platz unterstützen? Wie kann man Flüchtlinge ehrenamtlich oder geringfügig beschäftigen?
10. Mobilität Wie verhält es sich mit der Residenzpflicht? Welche Fortbewegungsmöglichkeiten bieten sich an?
11. Freizeit Wie integriere ich Flüchtlinge in örtliche Vereine? Wie ermögliche ich Flüchtlingen den Besuch von Kulturveranstaltungen und Freizeitaktivitäten? Welche Feste sollte man gemeinsam feiern?
teil III: anhang
Kontaktadressen
Quellen
Impressum
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12 Kapitel 5 | Wohnen, Gesundheit, Mobilität 13Erste Überlegungen
1. ErStE üBErlEGunGEn
Der Bedarf an ehrenamtlichem Engagement in der Flücht- lingshilfe ist groß, erfreulicherweise ebenso die Bereitschaft der Menschen, sich zu engagieren. Die Tätigkeiten und der zeitliche Umfang können dabei sehr unterschiedlich ausfallen.
Wenn Sie sich engagieren möchten, sollten Sie sich vorab folgende Fragen beantworten, um die für Sie passende Aufgabe zu fi nden:
→ Was ist meine Motivation für mein Engagement? → Wie viel Zeit möchte ich investieren? → Wie lange möchte ich mich engagieren? → Wo liegen meine Interessen und Kenntnisse? → Wo liegen meine körperlichen und psychischen Grenzen?
So berichten andere Ehrenamtliche von ihrem Engagement:
Ariane Müller-Ressing engagiert sich seit 22 Jahren für Flüchtlinge, leitet den Arbeitskreis Flüchtlinge Heumaden-Sillenbuch
„Der Ursprung meiner ehrenamtlichen Tätigkeit vor 22 Jahren waren Zorn und Wut über vergeudete Ressourcen: Ich habe gesehen, wie schwierig es für viele Flüchtlinge und Migranten ist, sich durch die deutsche Bürokratie zu kämpfen und ein ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechendes Leben zu führen. Mir ist es außerdem wichtig, dass in dem Stadtteil, in dem ich lebe, sozialer Frieden herrscht, dafür setze ich mich ein.“
Bildlegende Blindtext
tEIl 1: FraGEn Zur arBEIt Von EhrEnamtlIchEn
14 15Erste Überlegungen
Thomas Plagemann vom Freundeskreis Flüchtlinge Plieningen-Birkach betreut eine Fahrradwerkstatt
„Ich möchte hier vor Ort den Menschen helfen, anzukommen und sich zurechtzufinden. Aber auch die Menschen unterstüt- zen, die im täglichen Kontakt mit den Flüchtlingen sind. Durch unsere Arbeit hoffen wir, die ‚Einheimischen‘ und die ‚Fremden‘ zusammenzubringen, damit ein gegenseitiges Verständnis und Miteinander da ist und keine Ablehnung.“
„Ich engagiere mich für Flüchtlinge, weil es uns hier in Deutsch- land überdurchschnittlich gut geht und unsere Hilfe direkt und unmittelbar ankommt. Von den Menschen aus den unterschied- lichen Regionen können wir in sozialer und zwischenmensch- licher Hinsicht viel lernen. Die Arbeit bereitet mir trotz mancher Rückschläge viel Spaß.“
„Die Betreuung von Flüchtlingen ist mir eine Herzensangelegen- heit. Seit 1986 lernte ich so viel über die Sorgen und Nöte der Flüchtlinge kennen, ihre Religion, ihr Leben in ihren Heimat- ländern, was alles zerstört wurde. Viele haben sich mir anvertraut und da ich ihnen vertraute, konnte ich vielen Flüchtlingen helfen und gegen Fremdenfeindlichkeit vorgehen.“
„Als Mitglied einer Migrantenfamilie musste ich seit meiner Kindheit persönlich erfahren, wie schwer es ist, sich in einer fremden Umgebung zu orientieren. Wegweisende ‚Lotsen‘ haben mir aber diesen Weg entscheidend erleichtert. Mit meiner Arbeit für die Flüchtlinge möchte ich dies dankend weitergeben!“
Dorothee Golm ist Ansprechpartnerin des Netzwerks Willkommen Schramberg-Lauterbach
Mehmet Aksoyan ist Vorstandsmitglied des Türkischen Akademiker-Vereins in Ravensburg, TAVIR
Ingrid Bohsung betreut bereits seit 29 Jahren Flüchtlinge in Stuttgart
„Es gibt mir ein positives Gefühl, mit den Menschen zu arbeiten. Ihnen auf Augenhöhe zu begegnen, damit sie den Weg in diese Gesellschaft finden.“
„Als Kind von Eltern, die aus ihrer schlesischen Heimat im 2. Weltkrieg fliehen mussten, wusste ich von Erzählungen, was Flucht heißt. Aus meinem christlichen Glauben heraus weiß ich aber auch, dass gerade Jesus mehrfach in seinem Leben Flücht- ling war. Der Aufforderung von Jesus: ‚Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.‘ wollte ich, nicht mehr im Berufsleben stehend, gerne nachkommen.“
Olaf Büscher engagiert sich ehrenamtlich für Flüchtlinge in Vaihingen an der Enz
Helmut Püschel engagiert sich ehrenamtlich im Arbeitskreis Asyl in Oberensingen
16 17Flüchtlingsarbeitskreise
2. FlüchtlInGSarBEItSkrEISE
welche Voraussetzungen brauche ich, um mich zu engagieren?
Die Begleitung von Flüchtlingen sollte – wie jede ehrenamt- liche Tätigkeit – regelmäßig und über einen längeren Zeit- raum erfolgen, sodass beide Seiten die Möglichkeit haben, sich kennenzulernen und sich aufeinander einzustellen. Auch wenn Sie nur wenig freie Zeit zur Verfügung haben, lassen sich in Absprache mit den anderen Ehrenamtlichen sicherlich geeignete Betätigungsfelder für Sie finden.
Diese Voraussetzungen sollten Sie mitbringen:
→ Offenheit für andere Kulturen und Verhaltensweisen → Verständnis für Menschen in einer Fluchtsituation, die alles verloren haben und aus ihrer Kultur herausgerissen wurden → Hilfsbereitschaft → Durchsetzungsvermögen und Beharrlichkeit, zum Beispiel gegenüber Behörden → Organisatorische Fähigkeiten → Teamgeist, da Sie in der Regel ein Team aus ehren- amtlichen Helferinnen und Helfern sind → Viel Geduld, denn nicht alles geht sofort
Hinweis: Bei manchen Flüchtlingsarbeitskreisen muss man ein polizeiliches Führungszeugnis vor- legen, da man unter Umständen auch Minderjäh- rige betreut. Dieses erhält man beim Rathaus oder Bürgeramt. Beantragt man das polizeiliche Füh- rungszeugnis über einen freien Träger (zum Beispiel Caritas oder Diakonie), ist es für Ehrenamtliche gebührenfrei.
wie gründe ich einen Flüchtlingsarbeitskreis?
Flüchtlingsarbeitskreise gründen sich meist als freie Initia- tiven, seltener als Vereine. Durch das Vereinsrecht ist man stärker gebunden, muss bestimmte Strukturen herstellen und Formalien einhalten. Freie Initiativen geben sich ihre Struktur selbst.
Gut zu wissen! Der Vorteil eines eingetragenen Ver- eins besteht darin, dass er Spendenbescheinigungen ausstellen darf. Freie Initiativen nehmen sich meist die örtliche Kirchengemeinde, einen freien Träger (zum Beispiel den, der die Gemeinschaftsunterkunft betreut) oder einen Verein als Partner und führen über diese bzw. diesen ein Unterkonto. Spenden dorthin sind dann steuerlich absetzbar.
Oft geht der Impuls, einen Flüchtlingsarbeitskreis zu gründen, von der Kommune aus, zum Beispiel wenn eine größere Zahl an Flüchtlingen erwartet wird. Dies muss jedoch nicht so sein. Jede Person kann einen Flüchtlings- arbeitskreis ins Leben rufen. Von Vorteil ist es, wenn der Arbeitskreis möglichst breit aufgestellt ist, das heißt, wenn
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Flüchtlingsarbeitskreise
Vertreterinnen und Vertreter der Kommune, der Jugend- arbeit, der freien Träger, der Kirchen, der Vereine und der Schulen in ihm aktiv sind und an Treffen teilnehmen. So sind von Anfang an eine gute Kommunikation und eine konstruktive Zusammenarbeit gewährleistet.
Weitere Informationen: Unter www.bmjv.de, Rubrik Publikationen, können Sie den „Leitfaden zum Vereinsrecht“ herunterladen. Das Bundes- ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz erklärt dort die grundlegenden Dinge, die man bei der Gründung und beim Betrieb eines Vereins beachten muss.
wie strukturiere ich die aufgabenbereiche?
Es ist sinnvoll, dass der Flüchtlingsarbeitskreis eine Leitungsperson hat, bei der alle Informationen zusam- menlaufen, die die Aufgaben koordiniert, neue Mitglieder einführt und die Ansprechperson für die Kommune und den Träger der Gemeinschaftsunterkunft ist.
Ebenso sollte es jemanden geben, der für die Finanzen zuständig ist und die Spendenbescheinigungen ausstellt.
Auch der Bereich Öffentlichkeitsarbeit sollte abgedeckt sein, um Transparenz und Verständnis zu schaffen und Spenden einzuwerben.
Weitere Informationen: Zum Thema Öffentlich- keitsarbeit und Spenden sammeln siehe Kapitel 4.
Die weitere Struktur entwickelt sich in der Regel entspre- chend den Aufgabenbereichen. Je nach Größe des Arbeits- kreises kann es vorteilhaft sein, Untergruppen zu bilden, die bestimmte Aufgaben übernehmen, zum Beispiel Deutschkurse, Hausaufgabenbetreuung, Freizeitgestaltung, Kontakt zu Sportvereinen, Begleitung zu Behörden, Woh- nungssuche. Möglich sind auch direkte Patinnen und Paten für Einzelpersonen oder Familien, die sich übergreifend um verschiedene Themen kümmern.
Praxistipps:
Führen Sie eine Liste der Ehrenamtlichen, auf der die Vorkenntnisse, Interessen sowie der Aufgabenbe- reich vermerkt sind.
Führen Sie Willkommenshelferinnen und -helfer ein, die jeweils einen Flüchtling oder eine Familie bei seinen bzw. ihren ersten Schritten in der neuen Umgebung begleiten.
Halten Sie einen Pool an Ehrenamtlichen bereit (Telefonliste), die kurzfristig einspringen können, zum Beispiel zum Übersetzen, für Fahrdienste oder beim Arztbesuch.
Tragen Sie alle grundlegenden Informationen zu- sammen, welche die Ehrenamtlichen für ihre Arbeit brauchen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Kommune und beim Landratsamt, ob es bereits Materialien für die Flüchtlingsarbeit gibt.
20 21Flüchtlingsarbeitskreise
welche Behörde/Institution ist für mich zuständig?
Die Zuständigkeiten sind in jeder Kommune anders ge- regelt, daher müssen Sie beim Rathaus oder Bürgerbüro nachfragen, wer für den Flüchtlingsarbeitskreis die richtige Ansprechperson ist. Dies kann zum Beispiel das Sozialamt oder die Ausländerbehörde sein. In manchen Kommunen gibt es Integrations-, Flüchtlings- oder Ehrenamtsbeauf- tragte, welche die Aufgaben koordinieren.
Eine weitere wichtige Ansprechperson ist der Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft. Je nachdem ob es sich um die vorläufige oder die Anschlussunterbringung handelt, kann dies das Landratsamt, die Kommune oder auch ein freier Träger (zum Beispiel Caritas, Diakonie, AWO) sein. Mit den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern der Unterkünfte sollte man einen engen Austausch pflegen, denn sie kennen den Bedarf vor Ort.
Die evangelische Kirche (Diakonie) und die katholische Kir- che (Caritas) sind ebenfalls Partner, an die sich Ehrenamtli- che und Flüchtlinge wenden können. Die Arbeitsbereiche sind in die Regionen Baden und Württemberg aufgeteilt.
Diakonie: In einigen Kommunen gibt es Flüchtlingsdia- kone oder Asylpfarrämter (zum Beispiel in Stuttgart, Reut- lingen). Unter www.diakonie-wuerttemberg.de, Rubrik Rat & Hilfe, Menschen mit Migrationshintergrund, Artikel „Flüchtlinge willkommen heißen und begleiten“, Kontakte in Württemberg finden Sie alle Adressen für Württemberg. Unter www.diakonie-baden.de, Rubrik
Rat & Hilfe, Migration finden Sie Informationen und eine Liste der Beratungsstellen für Flüchtlinge in Baden.
Caritas: Unter www.dicvfreiburg.caritas.de, Rubrik Quer- schnittsthemen, Flüchtlingshilfe finden Sie Informationen des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg, der für die Regionen Baden und Hohenzollern zuständig ist. Im Rahmen des Projektes „Nah an Menschen von weit weg“ wurden Koordinations- und Unterstützungsstellen für Ehrenamtliche in 22 Caritasverbänden eingerichtet.
Weitere Informationen: Projektreferent ist Dr. Jörg Sieger, Telefon 0761/8974-135, sieger@caritas-dicv-fr.de
Unter www.caritas-rottenburg-stuttgart.de finden Sie eine Liste aller Caritas-Zentren der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
Weitere Informationen: Leiterin des Projektes „Caritas-Dienste in der Flüchtlingsarbeit“ ist Malena Eckelmann, Telefon 0711/2633-1424, eckelmann.m@caritas-dicvrs.de
Hinweis: Generell ist es möglich, dass die Kirchen den Flüchtlingsarbeitskreisen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Fragen Sie vor Ort nach!
Aktuelle Informationen finden Sie auch beim Flüchtlings- rat Baden-Württemberg e. V. unter www.fluechtlingsrat- bw.de, zum Beispiel auf der Startseite unter „Aktiv für Flüchtlinge“. Dort sind in der Rubrik „Beratung“ An- sprechpersonen genannt, aufgeteilt nach den Regierungs- bezirken Tübingen, Freiburg, Stuttgart und Karlsruhe.
22 23Flüchtlingsarbeitskreise
wie sorge ich für eine kontinuierliche ehrenamtliche arbeit?
Empfehlenswert ist eine gute Einführung neuer ehren- amtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Prima Idee! Die Leiterin des Arbeitskreises Flücht- linge Heumaden-Sillenbuch in Stuttgart führt jeweils ein ausführliches Gespräch, in dem sie von der Arbeit mit den Flüchtlingen erzählt und die Interessierten nach ihrer Motivation, den Vorkennt- nissen und Interessen fragt. Dann folgt eine Probe- phase, in der sowohl der betreute Flüchtling als auch das neue Mitglied die Möglichkeit haben, „nein“ zu sagen, wenn sie merken, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert oder nicht den Vorstellungen entspricht. Während der Einarbeitungszeit haben neue Mitglieder eine feste Ansprechperson aus dem Arbeitskreis, die ihnen zur Seite steht. Ebenso kann man für sie eine Mappe mit allen wichtigen Infor- mationen zusammenstellen.
Weitere Faktoren, die für eine längerfristige ehrenamtliche Arbeit wichtig sind:
→ Gegenseitiger Austausch, indem man Dinge bespricht → Begleitung der Ehrenamtlichen, indem man sie nach ihren Erlebnissen, Eindrücken und Ideen fragt, sie miteinbezieht → Wertschätzung des Engagements, zum Beispiel durch positive Rückmeldungen, durch Dank und durch Zeit, die man sich füreinander nimmt
→ Transparenz, indem die Aufgaben und Strukturen klar definiert sind → Gegenseitige Offenheit und Freiheit, das heißt, man darf Probleme ansprechen und persönliche Grenzen setzen → Keinen Druck ausüben, jeder darf so viel Zeit inves- tieren, wie er möchte, allerdings sollte die Mitarbeit verlässlich und regelmäßig sein → Weiterbildungsangebote nutzen, um das Engagement auf eine solide Basis zu stellen und die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten auszubauen → Ganz wichtig: Ehrenamt muss Freude machen!
wie bin ich während meiner ehrenamtlichen tätigkeit versichert?
Freiwilliger Einsatz birgt immer auch Risiken wie Unfälle und Schäden. Für Ehrenamtliche bestehen daher sogenannte Sammelverträge des Landes Baden-Württemberg. Über diese sind alle Ehrenamtlichen automatisch und kostenlos haftpflicht- und unfallversichert. Ehrenamtliche oder Gruppen müssen sich nicht beim Versicherungsunter- nehmen registrieren oder eine persönliche Versicherung abschließen. Hilfreich für die eigene Arbeit ist es, eine Liste zu führen mit den Kontaktdaten der Ehrenamtlichen und den übernommenen Aufgabengebieten.
Beachten: Die Sammelverträge gelten nur, wenn die Tätigkeit in rechtlich unselbstständigen Strukturen stattfindet, das heißt, dass zum Beispiel Vereine und Verbände selbst für den Versicherungsschutz ihrer Ehrenamtlichen sorgen müssen!
24 25Flüchtlingsarbeitskreise
Weitere Informationen: www.ecclesia.de, Rubrik Ehrenamt, Weitere Infor- mationen. Dort finden Sie den Flyer „Versicherungs- schutz für bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement“ des Landes Baden-Württemberg zum Download.
Die Publikation „Zu Ihrer Sicherheit – Unfallver- sichert im freiwilligen Engagement“ des Bundes- ministeriums für Arbeit und Soziales bietet unter www.bmas.de, Rubrik Service/Publikationen/Suche ebenfalls weitere Informationen.
Bei der Unfallkasse Baden-Württemberg finden Sie Wissenswertes zum Thema „Unfallversicherungs- schutz im Zusammenhang mit Flüchtlingshilfe“: www.uk-bw.de, Rubrik Versicherte/Ehrenamtlich Tätige.
Wie gehe ich mit Konflikten um?
Konflikte innerhalb des Flüchtlingsarbeitskreises, zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen oder auch zwischen Ehrenamtlichen und Flüchtlingen lassen sich am besten durch regelmäßige Gespräche, Offenheit und Besonnen- heit vermeiden und lösen. Es hat sich bewährt, Probleme konkret anzusprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Bei schwerwiegenden Konflikten ist es ratsam, eine externe Person zur Moderation hinzuzuziehen, etwa die Pfarrerin oder den Pfarrer, die beziehungsweise der in der Kommune für Flüchtlingsfragen zuständig ist.
Gerade bei der Zusammenarbeit zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Betreuungspersonen ist es wichtig, dass die Kompetenzen klar geregelt sind: Die Ehrenamt- lichen ergänzen und unterstützen die Arbeit der Haupt- amtlichen. Gemeinsam versucht man, die Flüchtlinge bestmöglich zu betreuen. Lassen sich Konflikte nicht durch Gespräche klären, müssen übergeordnete Stellen eingeschaltet werden.
Bei Problemen zwischen Ehrenamtlichen und Flüchtlingen kann es sinnvoll sein, die hauptamtliche Betreuungsperson einzuschalten. Eventuell muss sich der Ehrenamtliche zurück- ziehen und die Betreuung an jemand anderen übergeben.
Hinweis: Speziell für die Landeserstaufnahmeein- richtungen (LEA) wurde beim Ministerium für Integration eine ehrenamtliche Ombudsperson berufen, die Beschwerden und Anregungen schnell und informell aufnehmen und weiterleiten soll. Die Ombudsperson wird von haupt- und ehren- amtlichen Mitarbeitenden in den LEAs unter- stützt und ist beratend tätig. Kontakt: Karl-Heinz Wolfsturm, Tel.: 0711/27944-77 karl-heinz.wolfsturm@intm.bwl.de
Hinweis: In der Internet-Doku „Jeder Sechste ein Flüchtling“ berichten zwei Journalistinnen des SWR über die Landeserstaufnahmeeinrichtung Meßstetten. Zwei Jahre lang gehen sie der Frage nach, wie ein Ort mit 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern 1.000 Asylsuchende verkraftet. multi- media.swr.de/asyl-suchende-fluechtlinge-in-kaserne- messstetten
26 27Flüchtlingsarbeitskreise
Prima Idee! Nutzen Sie die Sozialen Medien, um Transparenz und Sympathien zu schaffen. Die Initiative „Pro Asylbewerberheim in Meßstetten“ hat eine Facebook-Seite ins Leben gerufen und berichtet dort regelmäßig über Neuigkeiten und Aktionen in der Landeserstaufnahmestelle. So will sie unter anderem Vorurteilen und Anfeindungen entgegenwirken. Beachten Sie jedoch: Eine Face- book-Seite müssen Sie regelmäßig betreuen. Sie müssen Fragen beantworten und eventuell Kom- mentare löschen, die beleidigend oder fremden- feindlich sind.
wie kann ich meine Privatsphäre vom Ehrenamt abgrenzen?
Viele Ehrenamtliche berichten, dass sie die Schicksale der Flüchtlinge sehr beschäftigen und dass eine innerliche Abgrenzung nicht immer einfach ist. Ebenso wenden viele mehr Zeit für das Ehrenamt auf, als sie ursprünglich geplant hatten. Der Bedarf an Hilfe jeglicher Art ist groß und Flüchtlinge sind in der Regel sehr dankbar für die Unter- stützung. Dies wiederum bestätigt die Ehrenamtlichen in ihrem Tun und zeigt ihnen, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird. Nicht selten werden aus Fremden Freunde, mit Vor- teilen für beide Seiten.
Dennoch kann es für das dauerhafte eigene Wohlbefinden wichtig sein, klare Arbeitszeiten zu vereinbaren und sich bewusst Auszeiten zu nehmen. Auch eine räumliche Tren- nung von Zuhause und Arbeitsplatz kann hilfreich sein.
Daher ist es von Vorteil, wenn der Flüchtlingsarbeitskreis über eigene Räumlichkeiten verfügt. Äußern Sie Ihre Bedürfnisse im Arbeitskreis und gegenüber den Flüchtlingen.
Gibt es aufwandsentschädigungen für Ehrenamtliche?
Die meisten Flüchtlingsarbeitskreise zahlen ihren Mitglie- dern keine Aufwandsentschädigung, da es sich um eine freiwillige Tätigkeit handelt. Manche Arbeitskreise erstatten auch keine Auslagen.
Wenn der Flüchtlingsarbeitskreis ein Spendenkonto besitzt und über Spendengelder verfügt oder Zuschüsse von der Kommune erhält, kann es jedoch Sinn machen, den Mitgliedern Auslagen zu ersetzen, etwa für Fahrtkosten und Material oder für Weiterbildungsveranstaltungen. Dies sollte im Arbeitskreis diskutiert, das Vorgehen beschlos- sen und schriftlich festgehalten werden. Ebenso sollte in diesem Fall aus dem Infomaterial des Arbeitskreises (Flyer, Internetseite) deutlich hervorgehen, dass Spendengelder sowohl für die Flüchtlinge selbst als auch für die Tätigkeit des Arbeitskreises verwendet werden.
Hinweis: Erkundigen Sie sich bei Ihrer Kommune und bei den Kirchen nach Fördermöglichkeiten für Flüchtlingsarbeitskreise. In Stuttgart kann über die Träger der Unterkünfte oder die Kirchen ein Zu- schuss für Freizeitaktivitäten mit Flüchtlingen bean- tragt werden, der von der Bürgerstiftung und einem Unternehmen finanziert wird. Die Stadt Nürtingen
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bietet über ihre „Freiwilligenakademie“ kostenlose Weiterbildungsmöglichkeiten für Ehrenamtliche an. Besteht der Wunsch nach einem konkreten Thema, kann dies über die Stadt organisiert werden.
welche weiterbildungsmöglichkeiten gibt es für Ehrenamtliche?
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg bietet auf seiner Projektwebseite „Aktiv für Flüchtlinge“ sowohl ein um- fangreiches Weiterbildungsangebot als auch Materialien für Ehrenamtliche an. Dort finden Sie Hinweise auf aktuell stattfindende Fortbildungen in ganz Baden-Württemberg. Weiterhin führt der Flüchtlingsrat folgende Veranstaltun- gen auf Anfrage durch:
→ Infoabend „Aktiv für Flüchtlinge“ Der Infoabend richtet sich an Menschen, die sich neu in der Flüchtlingsarbeit engagieren möchten. Er bietet eine Einführung in das Flüchtlingsrecht und die praktischen Handlungsmöglichkeiten für die Beratung und Begleitung von Flüchtlingen.
→ Tages-Fortbildung „Aktiv für Flüchtlinge“ Die Veranstaltung bietet eine fundierte Einführung in das Flüchtlingsrecht und vermittelt die wichtigsten praktischen Handlungskompetenzen für die Beratung und Begleitung von Flüchtlingen. Sie richtet sich vornehmlich an Menschen, die sich freiwillig in der aufenthaltsrechtlichen Unterstützung und der sozialen Integration von Flüchtlingen engagieren.
→ Fachqualifizierung für Engagierte in der Flüchtlings- arbeit „Aktiv für Flüchtlinge“ Die modulare Fortbildungsreihe bietet ein fundiertes Basiswissen über das Flüchtlingsrecht und vermit- telt die wichtigsten praktischen Handlungskompe- tenzen für die Beratung und Begleitung von Flücht- lingen. Die Fortbildungsreihe umfasst zwölf modulare Einheiten mit einer Dauer von jeweils zwei Stunden. Sie richtet sich vornehmlich an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Asylarbeitskreisen und anderen Organisationen der Flüchtlingshilfe.
Weitere Informationen: aktiv.fluechtlingsrat-bw.de, Rubrik Aktuelles und Rubrik Fortbildungen.
Der Kreisdiakonieverband Ostalbkreis bietet in Zusammen- arbeit mit weiteren Trägern in Aalen, Ellwangen und Schwä- bisch Gmünd regelmäßig den Qualifizierungskurs „Helfen lernen in der Flüchtlingsarbeit“ für Ehrenamtliche an. Dieser umfasst acht bis neun Einheiten mit einer Dauer von jeweils zweieinhalb Stunden und beinhaltet folgende Themen:
→ Einführungsabend → Rahmenbedingungen von Flüchtlingen im Ostalbkreis → Soziales Netzwerk mit Fokus Flüchtlinge → Rechtliche Rahmenbedingungen → Interkulturelle Kompetenz Teil I und II → Besuch einer Flüchtlingsunterkunft/der Landes- erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und Angebotsbörse → Abschluss mit Zertifikatsüberreichung
30 31Flüchtlingsarbeitskreise
Weitere Informationen: Den Flyer zum Projekt finden Sie unter www.diakonie-ostalbkreis.de, Rubrik Gemeindediakonie/Ehrenamtliches Engage- ment/Qualifizierungskurs Flüchtlingsarbeit.
Hinweis: Neben Caritas und Diakonie (siehe Kapitel 2, Seite 20/21) bieten auch weitere Träger der freien Wohlfahrtspflege sowie das Arbeits- und Sozialmi- nisterium Baden-Württemberg im Rahmen des Pro- gramms „Gemeinsam in Vielfalt – Lokale Bündnisse für Flüchtlingshilfe“ Fort- und Weiterbildungen für Ehrenamtliche an. Ebenso werden Sie bei vielen örtlichen Volkshochschulen fündig.
Weitere Informationen: Eine Übersicht der Förderprogramme bietet das Sozialministerium unter: sozialministerium.baden- wuerttemberg.de, Rubrik Menschen/Bürgerengage- ment/Förderprogramme. Auf www.vhs.de, Rubrik Alle Volkshochschulen/Baden-Württemberg können Sie nach vhs-Kursen in ganz Baden-Württemberg suchen.
Die Baden-Württemberg Stiftung bietet in Kooperation mit dem Ministerium für Integration Baden-Württemberg zwei Weiterbildungsprogramme für Ehrenamtliche an:
→ „Willkommen in Baden-Württemberg! Engagiert für Flüchtlinge und Asylsuchende“ fördert neuartige Projektideen, deren Kern die Unterstützung von Asylsuchenden und Flüchtlingen durch ehrenamtlich Engagierte darstellt. Der Fokus liegt dabei auf den Themen „Sprache“ und „Ausbildung/Arbeit“. Für diese Aufgaben werden die Ehrenamtlichen im Rahmen der Projekte entsprechend qualifiziert.
→ Als „Ehrenamtliche Dolmetscher für Baden-Württem- berg“ bieten Sprachbegleiter Hilfestellung bei komplexen Sachlagen wie beispielsweise im Umgang mit Behörden, der Schule oder in besonderen Situationen. Da die Dolmetscher oft selbst einen Migrationshintergrund haben, wird gleichzeitig das ehrenamtliche Engagement von Menschen mit Migrationshintergrund gestärkt. Um die Ehrenamt- lichen auf ihre Tätigkeit vorzubereiten, werden im Rahmen des Programms Schulungsmaßnahmen zur Qualifizierung und zur Supervision durchgeführt.
Weitere Informationen: www.bwstiftung.de, Rubrik Gesellschaft & Kultur/ Programme/Integration. Dort finden Sie auch die Liste der teilnehmenden Projekte.
32 33Zusammenarbeit von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen
3. ZuSammEnarBEIt Von EhrEn- amtlIchEn unD hauPtamtlIchEn
wie fördert man eine gute Zusammenarbeit zwischen Ehrenamtlichen und hauptamtlichen?
Um die Flüchtlingshilfe möglichst effizient zu gestalten, ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen erforderlich. Hauptamtliche sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von kommunalen Behörden wie Sozialämtern, die mit dem Thema Flücht- lingshilfe beruflich betraut sind. Hauptamtliche arbeiten auch bei Landes- und Bundesbehörden, den freien Trägern sowie kirchlichen Wohlfahrtsverbänden und anderen Einrichtungen.
Ausschlaggebend für eine konstruktive Zusammenarbeit sind entsprechende Rahmenbedingungen!
Wichtige Kriterien, die dabei förderlich sind:
→ Klarer Aufgaben- und Verantwortungsbereich → Abgrenzung zwischen Haupt- und Ehrenamt, damit die Zuständigkeiten für die Einsatzgebiete klar sind → feste hauptamtliche Ansprechperson mit ausreichend Zeitressourcen → Regelmäßiger Austausch → Fördergespräche und Fortbildungen für Ehrenamtliche → Wertschätzung der ehrenamtlichen Arbeit → Entwicklung einer Feedback-Kultur, damit die Ehren- amtlichen eine Resonanz auf ihre Arbeit haben
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Suchen Sie aktiv den regelmäßigen Austausch mit den Hauptamtlichen. Arbeiten Sie, wo es geht, zusammen. Erkundigen Sie sich, welche Unterstützung sich die Hauptamtlichen durch die Ehrenamtlichen erhoffen, und fragen Sie nach, welche Themen haupt- oder ehrenamtlich zugeordnet werden sollen. Zu einem guten Miteinander gehören zudem gegenseitige Wertschätzung, Höflichkeit, Respekt und ein partnerschaftlicher Umgang.
Praxistipps:
Hauptamtliche Ansprechpersonen suchen. Wer das ist, können Ihnen die Heimleitung, Mitarbeitende des Rathauses und des Betreuungsverbands oder die Kirchengemeinden vor Ort mitteilen.
Gemeinsame Runde Tische organisieren, um die anstehenden Aufgaben, die Probleme und Erfolge zu besprechen.
Netzwerk von Kommune, Flüchtlingsarbeits- kreisen und freien Trägern aufbauen.
In vielen Kommunen gibt es einen Integrations- beauftragten oder einen Flüchtlingsdiakon, die die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen koordinieren können.
Prima Idee! In einigen Städten, wie beispielsweise in Heidelberg, werden ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bei ihrer Arbeit in Kleiderkammern, Kinder- spielgruppen, bei Sprachkursen und Sportangeboten durch hauptamtliche Kräfte unterstützt.
34 35Zusammenarbeit von Ehren- und Hauptamtlichen
Weitere Informationen: Auf der Internetseite www.fluechtlingshilfe-bw.de/adressen finden Sie Links zu einem umfangreichen Verzeichnis von Beratungsstellen sowie kommunalen Ausländer- und Sozialbehörden. Die Angaben sind nach Land- kreisen geordnet. Sie finden dort auch die Namen der hauptamtlichen Ansprechpersonen.
Für welche leistungen ist die kommune/der landkreis zuständig?
Nach der Erstunterbringung durch das Land sind die Stadt- und Landkreise für die Flüchtlinge zuständig. Die Erstun- terbringung durch das Land erfolgt in einer der Landeserst- aufnahmeeinrichtungen (LEA) in Karlsruhe, Ellwangen oder weiteren Einrichtungen in Baden-Württemberg. Die Stadt- oder Landkreise sind anschließend für die Aufnah- me, Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge im Rahmen der sogenannten vorläufigen Unterbringung verantwort- lich. Die Mindestanforderungen für die Unterbringung sind im Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) geregelt.
Das jeweilige Sozialamt des Stadt- oder Landkreises über- nimmt die soziale Betreuung und Beratung im Rahmen der vorläufigen Unterbringung. Auch ein beauftragter Träger der freien Wohlfahrtspflege kann das übernehmen. Die Kosten tragen die Kreise, die dafür eine Pauschale aus Landesmitteln erhalten.
Die Beratungsstellen haben je nach Größe und Ausrichtung unterschiedliche Angebote:
→ asyl-, aufenthalts- und sozialrechtliche Beratung → Begleitung im Asylverfahren und bei Behörden- angelegenheiten → soziale Beratung, Betreuung und Unterstützung in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Familie, Arbeit etc. → Sprachkurse sowie individuelle Hilfen beim Deutschlernen → vielfältige Begegnungsangebote und Freizeitaktivitäten → Informationsveranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit, politisches Lobbying → Vermittlung von ehrenamtlichen Hilfen
Je nach ausländerrechtlichem Status erhalten die Flüchtlin- ge Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vom jeweiligen Landkreis oder nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB) vom zuständigen Jobcenter.
Hinweis: Die meisten Anschreiben und Formulare, mit denen die Flüchtlinge Leistungen beantragen können, sind nur auf Deutsch verfasst, weshalb sie oft nicht verstanden werden. Hier können Sie mit Übersetzungen sinnvoll helfen.
Unbegleitete Minderjährige werden nach ihrer Ankunft dem örtlich zuständigen Jugendamt übergeben. Dieses ist nach § 42 Sozialgesetzbuch VIII für die Betreuung verant- wortlich (siehe Kapitel 8, Seite 101 ff).
36 37Zusammenarbeit von Ehren- und Hauptamtlichen
Nach Abschluss des Asylverfahrens und Erteilung einer Auf- enthaltserlaubnis oder nach spätestens 24 Monaten endet die vorläufige Unterbringung. Für die Anschlussunterbringung sind die Kommunen zuständig. Sie müssen die Flüchtlinge in eigenen oder angemieteten Wohnräumen unterbringen. Die Kosten für den Bau, die Miete oder die Renovierung dieser Unterkünfte müssen die Kommunen selbst tragen.
Für welche leistungen ist das land zuständig?
Die Bundesländer sind für die Unterbringung und die soziale Betreuung der Asylsuchenden zuständig. Dazu müsse sie ins- besondere Aufnahmeeinrichtungen schaffen und unterhalten. Erste Station für die Flüchtlinge im Land sind die Landeserst- aufnahmeeinrichtungen (LEA), die von den Regierungsprä- sidien betrieben werden. Dort werden die Asylbewerber re- gistriert und gesundheitlich untersucht. Sie stellen hier ihren Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in den Landeserst- aufnahmeeinrichtungen beträgt etwa 4 bis 6 Wochen.
In diesen Einrichtungen erhalten Flüchtlinge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) Grundleistungen für den notwendigen Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege sowie Haushaltsge- genständen.
Gut zu wissen! In der LEA werden die Leistungen nach bundesrechtlicher Vorgabe als Sachleistung gewährt. Während der sich anschließenden vorläu- figen Unterbringung in den Stadt- und Landkreisen sollen nach neuester Rechtslage Grundleistungen vorrangig als Geldleistungen gewährt werden.
Zudem erhalten die Flüchtlinge einen Barbetrag zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums (soge- nanntes Taschengeld). Ein alleinstehender Erwachsener erhält seit dem 1. März 2015 insgesamt 143 Euro an Leistun- gen. Werden die Grundleistungen ausschließlich in Form von Geld erbracht, erhält er 359 Euro.
Welche Aufgaben übernehmen die Landeserstaufnahme- einrichtungen?
→ Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz → Bereitstellung von Arbeitsgelegenheiten innerhalb der LEA → Auszahlung der Aufwandsentschädigung nach § 5 Abs. 2 AsylbLG → Zugang zu qualifizierter Sozial- und Verfahrens- beratung → Zuteilung der Asylsuchenden und ihrer Familien- angehörigen an die unteren Aufnahmebehörden, die Stadt- und Landkreise → Auszahlung einer einmaligen Pauschale je Person an die Stadt- und Landkreise für die im Rahmen der vor- läufigen Unterbringung entstehenden Ausgaben
Gut zu wissen! Die Bundesländer müssen die not- wendige Anzahl von Unterbringungsplätzen ent- sprechend ihrer Aufnahmequote nach dem soge- nannten Königsteiner Schlüssel bereitstellen – sie beträgt für das Land Baden-Württemberg knapp 13 Prozent.
38 39Zusammenarbeit von Ehren- und Hauptamtlichen
Das Aufenthaltsrecht nach der Entscheidung des Bundes- amts regeln die Bundesländer, die in der Regel durch ihre Ausländerbehörden handeln. Je nach dem Ergebnis des Asylverfahrens erteilt die zuständige Ausländerbehörde einen Aufenthaltstitel oder ergreift – soweit keine freiwil- lige Ausreise erfolgt – Maßnahmen, um den Aufenthalt zu beenden. Gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundes- amtes kann der Antragsteller Klage vor dem Verwaltungsge- richt erheben.
Weitere Informationen: Das Ministerium für Integration Baden-Württemberg informiert auf seiner Homepage über Aufnahme und Unter- bringung von Asylsuchenden und die rechtlich zugesicherten Leistungen: www.integrationsministerium-bw.de
Für welche leistungen ist der Bund zuständig?
In Deutschland müssen Asylanträge zentral beim Bun- desamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt werden. Es hat seinen Sitz in Nürnberg und unterhält Außenstellen in allen Bundesländern. Die Bundesober- behörde gehört zum Geschäftsbereich des Bundesinnen- ministeriums und ist als solche für die Durchführung aller Asylverfahren zuständig.
Zu Beginn des Verfahrens erhalten die Asylsuchenden eine Aufenthaltsgestattung, die ein vorläufiges Bleiberecht ge- währt. Mithilfe eines Verteilungssystems werden sie nach einem im Asylverfahrensgesetz festgelegten Schlüssel in die Aufnahmeeinrichtungen der einzelnen Bundesländer verteilt.
Mit dem neuen Zuwanderungsgesetz wurde die Kernaufgabe des BAMF durch die Felder Integration und Migration ergänzt.
Zu den zusätzlichen Aufgaben und Leistungen zählen:
→ Konzeption von Grundstrukturen und Lerninhalten → Organisation der Integrationskurse → Förderung der freiwilligen Rückkehr → Gewährleistung eines flächendeckenden Angebotes von Basis- und Aufbausprachkursen sowie Orientierungskursen → Betreiben von Migrationsforschung zur Gewinnung analytischer Aussagen zur Steuerung der Zuwanderung
Gut zu wissen! Das BAMF unterhält das Informa- tionszentrum Asyl und Migration (IZAM), in dem Informationen über Herkunfts- und Transitländer sowie das Weltflüchtlings- und Migrationsgeschehen und seine Ursachen gesammelt werden. Diese Infos stehen auch Privatpersonen zur Verfügung. www.bamf.de, Rubrik Das BAMF.
Aus humanitären Gründen betreibt der Bund zudem verschiedene Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge. Dazu gehören das deutsche Resettlement-Programm sowie drei humanitäre Aufnahmeprogramme für besonders schutzbe- dürftige syrische Flüchtlinge.
40 41Zusammenarbeit von Ehren- und Hauptamtlichen
Gut zu wissen! Resettlement steht für die Neu- ansiedlung von Flüchtlingen in einem anderen als dem Erstaufnahmestaat.
Resettlement-Flüchtlinge erhalten in Deutschland einen Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes. Diese Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen berechtigt von Anfang an zur Ausübung einer Erwerbs- tätigkeit.
Die Flüchtlinge haben zudem Anspruch auf:
→ Sozialleistungen nach SGB II bzw. SGB XII, bis sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können → eine angemessene Unterkunft → Teilnahme an Integrationskursen → eine vom Bund finanzierte Migrationsberatung
wo ist ehrenamtliche hilfe sinnvoll?
Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, schließen sich dafür in den überwiegenden Fällen in einer Initiative, einem Freundeskreis, einem Verein oder einem anderen Netzwerk zusammen. Im Bereich der Flüchtlingshilfe gibt es eine Vielzahl von Einsatzgebieten und Tätigkeitsfeldern, die mit unterschiedlichen Anforde- rungen verbunden sind.
Besonders geeignet für ein ehrenamtliches Engagement sind unter anderem folgende Bereiche:
→ erste örtliche Orientierung (zum Beispiel Einkaufs- möglichkeiten) → Sprachkurs-Angebote → Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfe → Organisation und Betreuung von Kinderspielgruppen → Freizeitgestaltung (Unterstützung bei der Anmeldung in einem Sportverein oder Ausflüge in die nähere Umgebung) → Fahrdienste (zum Beispiel zu Ärzten oder Behörden) → Fahrradunterricht, Fahrräder reparieren → Organisation und Verwaltung von Spendengeldern → Organisation von Kunstprojekten, Werkstätten, Handarbeitskursen → weitere Angebote wie die Organisation einer Teestube, ein Begegnungskochen oder ein Treffpunkt für Frauen
Gut zu wissen! Eines der größten Probleme sind die mangelnden Sprachkenntnisse der Flüchtlinge. Eine große Hilfe ist es daher, sie beim Ausfüllen der Formulare zu unterstützen und die Dokumente zu übersetzen. Hilfreich sind gute Dolmetscherinnen und Dolmetscher zudem auch bei Behördengängen oder im Krankheitsfall.
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Praxistipps:
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg und andere Einrichtungen bieten Fortbildungen für Ehrenamtliche an. Ebenso das Arbeits- und Sozialmi- nisterium im Rahmen des Programms „Gemeinsam in Vielfalt – Lokale Bündnisse für Flüchtlingshilfe“.
Das Staatsministerium Baden-Württemberg verschickt monatlich einen Newsletter mit praktischen Tipps und Hinweisen, der unter www.fluechtlingshilfe-bw.de abonniert werden kann.
Auf der Internetseite www.fluechtlingshilfe-bw.de finden Sie zudem Praxisbeispiele und Erfahrungs- berichte Ehrenamtlicher.
Prima Idee! Legen Sie zu Beginn der Betreuung einen Aktenordner an, in dem Sie persönliche Dokumente sammeln und Ihre Hilfstätigkeit dokumentieren.
Hinweis: Wenn Sie sich ehrenamtlich engagieren wollen, wenden Sie sich zunächst an die Sozialar- beiterinnen und Sozialarbeiter der Gemeinschafts- unterkünfte oder andere Hauptamtliche. Sie kennen die Situation vor Ort und wissen, wo Ihre Unter- stützung am meisten benötigt wird. Links zu einer Liste mit Ansprechpersonen finden Sie unter www.fluechtlingshilfe-bw.de/adressen.
Ich finde die Arbeit der Kommune/des Landkreises nicht zufriedenstellend – was nun?
Um eine möglichst hohe Qualität bei der Unterbringung und Betreuung von asylsuchenden Menschen zu gewähr- leisten, sind die Kommunen und Landkreise verpflichtet, verschiedene Leistungen anzubieten. Auch wenn man bei den Hauptamtlichen ein engagiertes und gewissenhaftes Arbeiten voraussetzen darf, ist aufgrund der hohen Zugangszahlen die Arbeitsbelastung zuweilen sehr hoch. Das kann zu Problemen führen. Fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas auffällt.
Viele Ehrenamtliche trauen sich nicht, die Arbeit der Hauptamtlichen zu kritisieren, oder sie wissen nicht, an wen sie sich in solchen Fällen wenden können.
Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
→ Aktiv den Dialog mit den Beteiligten suchen und das Problem sachorientiert ansprechen. → Eine Vertrauensperson bei etablierten Bündnis- partnern suchen, zum Beispiel bei den Wohlfahrts- verbänden oder dem Städtetag Baden-Württemberg. → Den Flüchtlingsdiakon/die Flüchtlingsdiakonin informieren. → Kontakt aufnehmen zur Staatsrätin für Bürger- beteiligung und Zivilgesellschaft Gisela Erler. → Die Ombudsperson einschalten.
44 45Fundraising und ÖffentlichkeitsarbeitZusammenarbeit von Ehren- und Hauptamtlichen
Gut zu wissen! Die Landesregierung Baden-Würt- temberg hat im Zuständigkeitsbereich des Minis- teriums für Integration eine unabhängige Ombuds- stelle für die Landeserstaufnahmeeinrichtungen geschaffen. Die Ombudsperson ist Ansprechpartner für alle Beteiligten. Sie soll Beschwerden und Anre- gungen schnell und informell aufnehmen und weiterleiten (siehe Kapitel 2, Seite 25 und Kapitel 5, Seite 73).
Hinweis: Der Austausch mit Ehrenamtlichen aus anderen Kommunen und Landkreisen kann bei der Beurteilung der Kritikpunkte hilfreich sein und zur Optimierung der eigenen Arbeit beitragen. Unter www.fluechtlingshilfe-bw.de finden Sie einige bewährte Praxisbeispiele mit Ansprechpartnern und Erfahrungsberichte Ehrenamtlicher.
4. FunDraISInG unD ÖFFEntlIchkEItSarBEIt
wie kann ich Spenden sammeln?
Private Unterstützung in Form von Geldspenden ist dann nötig, wenn keine öffentlichen Mittel zur Verfügung stehen. So kann es hilfreich sein, Fahrtkosten, Eintritte oder Material für Projektgruppen (Handarbeiten, Kochen, Gartengestaltung etc.) durch Spenden zu finanzieren.
Hinweis: Am flexibelsten sind Sie, wenn die Spenden bei Ihnen nicht zweckgebunden eingehen. Das heißt, Sie können je nach Bedarf entscheiden, wofür Sie das Geld einsetzen.
Die Erfahrung zeigt, dass gerne gespendet wird, wenn eine Initiative gut vernetzt und ihre Arbeit in der Region bekannt ist.
Gut zu wissen! Spenden (Geld-, Sach- oder Auf- wandsspenden) an gemeinnützige Körperschaften (zum Beispiel Vereine) sind grundsätzlich steuerlich absetzbar. Spenden sind Zuwendungen, die erbracht werden, ohne dass eine Gegenleistung erwartet wird.
46 47Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit
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So gehen Sie am besten vor:
Schaffen Sie eine gute Grundlage
→ Stellen Sie ein Team zusammen, das die Öffentlich- keitsarbeits- und Fundraising-Aktivitäten koordiniert. Legen Sie fest, bei wem die Hauptverantwortung liegt. → Klären Sie, welches Geld- und Zeitbudget für Ihre Aktivitäten zur Verfügung stehen. → Richten Sie ein Konto für Spenden ein und legen Sie ein Stichwort für die Geldzuwendungen fest. → Klären Sie, wie viel Geld Sie brauchen und für was. Spenden sammeln geht am besten über die Vorstellung einzelner Projekte und Schicksale. → Legen Sie eine Verwendungsrichtlinie für die eingehenden Spenden fest.
Weitere Informationen: Vorbildlich hat dies der Freundeskreis Flüchtlinge Plieningen-Birkach umge- setzt: www.freundeskreis70599.de/Spenden.
→ Erstellen Sie eine Internetseite und einen Flyer mit den grundlegenden Informationen über Ihren Flücht- lingsarbeitskreis. Erzählen Sie von Ihren Projekten, nennen Sie Spendenkonto und Kontaktdaten.
Hinweis: Eine einfache Internetseite kann man auch ohne Programmierkenntnisse erstellen, zum Beispiel mit Baukastensystemen wie de.jimdo.com.
Kooperieren Sie mit der Presse
→ Helfen Sie den Menschen, den Bedarf an Hilfe sowie die Schicksale der Flüchtlinge zu verstehen. Gewinnen Sie dafür die lokale Presse sowie lokale Radio- und Fernsehsender als Mitstreiter. → Legen Sie eine Ansprechperson für die Presse fest. → Vermitteln Sie den Redaktionen Kontakte zu Flüchtlingen und Engagierten.
Beachten: Behandeln Sie die Flüchtlinge respektvoll. Nicht jeder erzählt gerne seine persönliche Geschichte. Führen Sie daher eine Liste, in der die Flüchtlinge schriftlich ihre Erlaubnis zur Veröffentlichung ertei- len. Dies gilt auch für Fotos sowie für die Nennung des Vor- und Nachnamens.
→ Bieten Sie Berichte und Fotos von Ihren Aktivitäten an. → Laden Sie die Redakteurinnen und Redakteure zu Veranstaltungen ein.
Zeigen Sie Präsenz und führen Sie Gespräche
→ Menschen helfen gerne, wenn sie die Not erkennen und direkt angesprochen werden. Berichten Sie daher im Freundes- und Bekanntenkreis sowie in den sozialen Medien über Ihre Arbeit. → Veranstalten Sie ein Willkommens- oder Nachbar- schaftsfest, zu dem jeder eingeladen ist.
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48 49Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit
→ Machen Sie – nach Abstimmung mit den Veranstal- tern – einen Infostand, zum Beispiel auf dem Wochen- markt oder beim Stadtfest. → Halten Sie Vorträge über Ihre Arbeit, zum Beispiel in der Kirchengemeinde, im Bürgerhaus, in der Schule oder beim Jugendtreff. → Werden Sie Mitglied in örtlichen oder regionalen Vereinigungen, um sich zu vernetzen. → Erstellen Sie einen E-Mail-Verteiler von allen Kontak- ten und bitten Sie um Erlaubnis, sie in wichtigen Fällen informieren zu dürfen, zum Beispiel im Rahmen einer Kampagne (siehe unten). → Fragen Sie alle akquirierten Kontakte nach weiteren empfehlenswerten Kontakten zur Unterstützung und für den E-Mail-Verteiler. → Nutzen Sie bei allen Kommunikationsaktivitäten ihr Informationsmaterial und benennen Sie die benötig- ten Spendenbeträge.
Starten Sie eine Spendenkampagne
→ Erstellen Sie eine Liste mit den Kontaktdaten aller Menschen, Organisationen und Unternehmen, die Sie kennen und von denen Sie sich vorstellen können, dass sie helfen. → Sprechen Sie potenzielle Fürsprecher mit entsprechen- den Netzwerken an, beispielsweise lokale Vereine. Am effektivsten ist die persönliche Ansprache. Nennen Sie das Spendenziel, die Höhe der benötigten Spenden sowie den Zeitraum, in dem Sie dies erreichen müssen. → Geben Sie eine Pressemitteilung an die örtliche Presse heraus, in der Sie diese Punkte ebenfalls darstellen.
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→ Visualisieren Sie den Spendenbedarf an zentraler Stelle, zum Beispiel durch einen „Spendenbaum“, an dem Spendenwünsche hängen und der sich im Laufe der Kampagne verändert. → Weisen Sie in allen internen und externen Veranstal- tungen auf die Spendenkampagne hin. Nennen Sie den benötigten Betrag und sagen Sie, wie viel bereits eingegangen ist. → Sprechen Sie gezielt Unternehmen aus der Region an. Denken Sie dabei auch an Ihren Arbeitgeber. Bieten Sie an, ein Engagement durch Berichterstattung auf der Internetseite oder in der Presse zu begleiten. Unternehmen möchten oft, dass ihre guten Taten auch bekannt werden. → Fragen Sie bei den Unternehmen nach, ob sie an Social Days teilnehmen oder ob sie Programme aufgelegt haben, um das Engagement ihrer Mitarbeitenden zu unterstützen.
Prima Idee! Beim ProCent Förderfonds der Daimler AG spenden Mitarbeitende den Cent-Betrag ihres Gehaltes, das Unternehmen verdoppelt dann die Spende.
Hinweis: Als gemeinnütziger Verein kann man beim Amtsgericht seiner Stadt um die Zuweisung von Bußgeldern bitten! Nehmen Sie dazu Kontakt mit dem Amtsgericht auf und stellen Sie Ihren Verein und Ihre Projekte schriftlich und idealerweise auch persönlich vor.
50 51Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit
Gut zu wissen! Spende versus Sponsoring: Bei einer Spende erwartet die gebende Person keinen wirt- schaftlichen Nutzen für sich. Bei einem Sponsoring verpflichten sich dagegen beide Seiten zu bestimmten Leistungen und halten diese in einem Vertrag fest. Das bedeutet meist einen hohen Koordinations- aufwand. Werben Sie daher um Spenden, nicht um „Sponsoring“.
Prima Idee! Für einzelne Spendenaktionen bis zu 10.000 Euro können Sie zusätzlich Online- Spendenportale wie www.betterplace.org oder www.helpedia.de nutzen. Vorteil: Sie definieren ein Spendenziel, die Nutzer können online mit verschie- denen Zahlungssystemen spenden und den Spen- denfortschritt beobachten. Sie benötigen dafür den Freistellungsbescheid des Finanzamtes (Gemeinnüt- zigkeit), Projektinfos und eine Bedarfsbeschreibung.
Auch eine Facebook-Präsenz kann Ihrer Initiative helfen, Ihren Spendenbedarf rasch bekannt zu machen. Laden Sie hierzu alle Freunde auf die neue Facebook-Seite ein und bitten Sie alle Netzwerkmitglieder, dies ebenfalls zu tun.
Berichten Sie über Ihr Projekt und sagen Sie Danke! Wer mit Begeisterung bei der Sache ist, ist oft schon einen Schritt weiter. Kaum ist die Spende da, geht es an die Um- setzung des Projektes. Dokumentieren Sie den Projektfort- schritt auf Ihrer Internetseite und denken Sie daran, sich für die eingegangenen Spenden zu bedanken. Ein erfolgreiches Spendenprojekt macht Lust auf mehr. Und ein Danke- schön macht neue Türen auf.
Beachten: Fotos von Menschen dürfen nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung veröffentlicht werden. Maßgeblich hierfür ist § 22 des Kunsturheberrechts- gesetzes (KunstUrhG). Lassen Sie sich die Erlaubnis dazu am besten schriftlich geben. Auch der Nennung des Namens muss zugestimmt werden. Gerade für Flüchtlinge und ihre Angehörigen kann eine Unacht- samkeit schwere Folgen haben!
Weitere Informationen: Unter www.gesetze-im- internet.de stellt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz fast das gesamte aktuelle Bundesrecht im Internet bereit.
Literaturtipps zum Thema Fundraising:
→ Blog mit gelungenen Beispielen: fundraising-knigge.de → Portal mit Tipps für kleine Fundraising-Projekte: www.fundraising-evangelisch.info/praxistipps → Regionales Fundraising in Kirchengemeinden: Liebs, Helmut: Damit die Kirche im Dorf bleibt: Fundraising. 55 beste Beispiele aus Württemberg, Stuttgart 2010 → Fundraising-Standardwerk: Fundraising Akademie (Hrsg.): Fundraising. Handbuch für Grundlagen, Strategien und Instrumente, Gabler Verlag, Wiesbaden 2008, 4. Auflage
Gut zu wissen! Informieren Sie sich über Fördermög- lichkeiten für Ihren Flüchtlingsarbeitskreis auf der Internetseite www.fluechtlingshilfe-bw.de, Rubrik Praxistipps/Förderprogramme.
52 53Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit
wer darf Spendenbescheinigungen ausstellen?
Um Spendenbescheinigungen, genauer gesagt Zuwen- dungsbestätigungen, ausstellen zu können, muss eine Organisation als steuerbegünstigt anerkannt sein, weil sie gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Als Flüchtlingsarbeitskreis haben Sie folgende Möglichkeiten:
→ Gründen Sie einen Verein und beantragen Sie beim Finanzamt die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Sie erhalten dann einen Freistellungsbescheid, der Sie berechtigt, Zuwendungsbestätigungen auszustellen. → Kooperieren Sie mit einer bereits als gemeinnützig anerkannten Organisation, die zu Ihrer Initiative passt, zum Beispiel mit einer Kirchengemeinde oder einem Verein. Nutzen Sie deren Konto oder legen Sie ein Unterkonto an und vereinbaren Sie ein Spendenstich- wort, sodass Sie eindeutig erkennen können, für wen die Spende bestimmt ist. Eventuell können Sie auch die Buchhaltung des Kooperationspartners in An- spruch nehmen, etwa zur Verbuchung der Einnah- men und Ausgaben sowie zur Erstellung der Zuwen- dungsbestätigungen.
Hinweis: Bei steuerlichen Fragen, speziell zu Fragen der Gemeinnützigkeit und Satzung, helfen Ihnen die für die Vereinsbesteuerung zuständigen Sachbearbei- tenden des jeweils zuständigen Finanzamtes in einem persönlichen Beratungsgespräch weiter. Sie können sich mit Ihren Fragen aber auch an eine Steuerberate- rin oder einen Steuerberater wenden.
Gut zu wissen! Eine Zuwendungsbestätigung müssen Sie bei Spenden über 200 Euro ausstellen. Unter 200 Euro kann der Spendende seine Gabe dem Finanzamt per Kontoauszug nachweisen und so steuerlich absetzen.
54 55Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
5. BEGlEItunG Von FlüchtlInGEn Im alltaG
welchen Status können Flüchtlinge haben?
Flüchtlinge im Alltag zu begleiten bedeutet auch, formale Gegebenheiten zu akzeptieren. Der jeweilige Rechtsstatus der Ihnen anvertrauten Flüchtlinge spielt dabei eine entscheiden- de Rolle. Grundkenntnisse über die verschiedenen rechtli- chen Regelungen sind sehr hilfreich, denn die Rechtslage ist kompliziert und wird kontinuierlich fortgeschrieben.
Flüchtlinge sind nach der Genfer Flüchtlingskonvention Menschen, die aus politischen Gründen oder wegen ihrer Rasse, Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in ihrem Heimatland bedroht sind. Bei einem Ausländer, der nach Deutschland einreist und um Asyl ersucht oder die Zuerkennung der Flüchtlings- eigenschaft beansprucht, wird geprüft, ob er hier Schutz vor Verfolgung erhält. Die Asylsuchenden werden in einer sogenannten Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) untergebracht, wo sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Asylantrag stellen können. Während des Asylverfahrens, das vom BAMF durchgeführt wird, ist der Antragsteller im Besitz einer Aufenthaltsgestat- tung und gilt als Asylbewerber oder Asylsuchender.
Im Asylverfahren prüft das BAMF, ob die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Anerkennung als Asylbe- rechtigter, in Betracht kommt. Hilfsweise wird geprüft, ob im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht oder
tEIl II: FraGEn Zur BEGlEItunG Von FlüchtlInGEn
56 57Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
Abschiebungsverbote bestehen, weil zum Beispiel im Ziel- staat eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
Geduldete Flüchtlinge können bis auf Weiteres in Deutsch- land bleiben. Mit einer Duldung ist jedoch kein Aufent- haltstitel verbunden, die Abschiebung wird nur vorüber- gehend ausgesetzt. Sobald das Abschiebungshindernis wegfällt, droht die Abschiebung. Dennoch kann sich der Zustand einer Duldung über mehrere Jahre hinziehen, sodass Integrationsmaßnahmen wie zum Beispiel Sprach- kurse oder Schulbesuche möglich sind.
Das Recht auf Asyl nach Art. 16a GG setzt voraus, dass der Asylsuchende im Falle der Rückkehr in das Land seiner Staatsangehörigkeit oder als Staatenloser in das Land seines gewöhnlichen Aufenthalts einem schwerwiegenden Eingriff in Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt sein wird.
Gründe dafür können sein: → politische Verfolgung → religiöse Grundentscheidung → unveränderbare Merkmale, die sein Anderssein prägen (zum Beispiel Nationalität)
Außerdem muss er ohne Umwege nach Deutschland einge- reist sein und hier einen Antrag gestellt haben. Unabhängig von einem Asylverfahren können die oberste Landesbehörde und das Bundesministerium des Inneren im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion aus einer Krisenre- gion ein Kontingent, also eine Anzahl von Menschen, ohne Prüfungsverfahren aufnehmen. Diese sogenannten
Kontingentflüchtlinge unterliegen nicht den Beschrän- kungen von Asylsuchenden, sondern erhalten sofort eine Aufenthaltserlaubnis, die für eine bestimmte Zeit gilt, meist zwischen sechs Monaten und drei Jahren.
Asylsuchende, deren Verfahren mit einem positiven Be- scheid beendet wurde, werden als Asylberechtigte oder anerkannte Flüchtlinge bezeichnet und erhalten eine Auf- enthaltserlaubnis sowie den blauen Flüchtlingspass der Genfer Flüchtlingskonvention.
Für Menschen, die weder als Flüchtling anerkannt sind noch Asyl erhalten, gibt es noch die Möglichkeit des subsi- diären (vorübergehenden) Schutzes. Dieser Aufenthaltssta- tus wird zum Beispiel gewährt, wenn im Heimatland Folter, Todesstrafe oder Gefahr durch einen bewaffneten Kon- flikt drohen. Dann gilt ein Abschiebungsverbot und die betreffende Person erhält zunächst eine einjährige Aufent- haltserlaubnis, die bei Fortbestehen der Gefährdungslage verlängert werden muss.
Ein Migrant ist jeder Mensch, der an einen anderen Ort zieht, innerhalb eines Landes oder über Staatsgrenzen hinweg. Migration geschieht aus politischen, vorwiegend jedoch aus wirtschaftlichen Aspekten. Im Aufenthalts- gesetz ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen Nicht- EU-Bürgerinnen und -Bürger eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können, zum Beispiel als Studierende oder als internationale Fachkräfte (zum Beispiel Blaue Karte EU), aus familiären oder humanitären Gründen (Letzteres in der Regel nur nach positiver Entscheidung im Asylver- fahren).
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Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
wie und wo wird der asylantrag gestellt?
Jeder, der in seiner Heimat verfolgt wird, kann in Deutsch- land einen Antrag auf Asyl stellen, wenn er auf direktem Weg einreist. Sonst muss er den Antrag in dem Land der Europäischen Union stellen, über das er eingereist ist. Nach dem Dublin III-Abkommen der Europäischen Union ist in der Regel immer der Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig, über den die EU betreten wurde.
Allgemeine Notsituationen wie Armut oder Bürgerkrieg berechtigen nicht zum Asyl.
In den Landeserstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge (unter anderem Karlsruhe, Meßstetten und Ellwangen) können die Asylanträge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt werden. Es müssen alle persönlichen Dokumente wie Pass und Geburtsurkunde sowie Unterlagen, die Informationen über den Reiseweg enthalten, abgegeben werden. Ebenso erfolgt ein Gesund- heitscheck.
Der Asylantrag muss persönlich gestellt werden.
Nach Registrierung des Asylantrags erhält der Flüchtling eine Aufenthaltsgestattung, die neben den Personalien ein Foto, das Datum, das Aktenzeichen und eine Wohnsitz- auflage enthält. Die Aufenthaltsgestattung wird befristet erteilt.
Für die Bearbeitung des Asylantrages wird der Flüchtling von einem Mitarbeitenden des BAMF persönlich befragt. Den Termin für diese Anhörung erhält man schriftlich, er findet in der Regel innerhalb von drei Monaten statt.
Bei der Anhörung muss der Antragstellende schildern, wie und warum er verfolgt wird. Die Beurteilung dieser Befra- gung entscheidet darüber, ob er Asyl erhält oder nicht.
Praxistipps:
Kontakt mit einer Flüchtlingsberatungsstelle aufnehmen und gut vorbereitet in die Anhörung gehen.
Asylsuchende haben ein Recht darauf, in ihrer Muttersprache angehört zu werden. Dafür wird ein Dolmetscher gestellt.
Asylsuchende können auch auf eigene Kosten einen geeigneten Sprachvermittler hinzuziehen.
Asylsuchende können von einem Beistand oder einem Rechtsanwalt begleitet werden.
Wenn man zum Anhörungstermin nicht erscheint, kann der Asylantrag abgelehnt werden.
Weitere Informationen: Eine Hilfe zur Vorbereitung der Anhörung finden Sie unter www.fluechtlingsrat-bw.de.
60 61Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
was sind die ersten Schritte für Flüchtlinge nach ihrer ankunft?
Von ihrer Ankunft an benötigen Flüchtlinge immer wieder Unterstützung in verschiedenen Situationen. Eine kontinuierliche Betreuung durch Ehrenamtliche ist daher wünschenswert.
Um gezielt helfen zu können, ist es wichtig, sich recht- zeitig zu informieren, wer in der Unterkunft wohnen wird:
→ Woher kommen die zu erwartenden Flüchtlinge? → Welche Sprache sprechen sie? → Welche Religion haben sie? → Sind es Familien mit Kindern oder Alleinstehende? → Warum haben sie ihre Heimat verlassen?
Beachten: Fragen Sie die Neuankömmlinge, was sie brauchen und welche Art der Unterstützung sie möchten. Entscheiden Sie nichts über ihren Kopf hinweg. Gehen Sie auf persönliche Bedürfnisse ein.
Die Flüchtlinge werden vor Ort von hauptamtlichen Betreuern und Vertretern der Unterbringungsbehörde empfangen. Sie zeigen ihnen die Wohnräume, geben ihnen ihre Erstausstattung (Bettzeug, Handtücher, Geschirr und Töpfe) und informieren sie über die Anmeldeformalitäten. Anschließend müssen die Asylsuchenden zur Anmeldung ins Rathaus. Bei Ehepaaren reicht es, wenn ein Ehepartner hingeht, Kinder (auch erwachsene) müssen anwesend sein.
Das wird benötigt:
→ Antrag auf Leistungen des Asylbewerberleistungs- gesetzes (AsylbLG, erhält man im Rathaus) → Zuweisungsbescheid (teilt den Asylsuchenden einem bestimmten Landkreis oder einer kreisfreien Stadt zu) → Aufenthaltsgestattung aller Familienmitglieder
Folgendes passiert:
→ Die neue Adresse wird in der Aufenthaltsgestattung vermerkt. → Der Asylsuchende erhält den Bewilligungsbescheid über die ihm zustehenden Leistungen nach AsylbLG. → Das Taschengeld für den aktuellen Monat wird ausgezahlt.
Falls ein Arzt benötigt wird, sollte dies mitgeteilt werden. Bei Bedarf erhält der Asylsuchende einen Krankenschein vom Sozialamt. Krankenscheine für den Kinderarzt und Zahnarzt gibt es extra.
Hinweis: Ehrenamtliche sollten die Asylsuchenden begleiten, beim Ausfüllen der Anträge helfen und das System der Krankenscheine erklären.
Bis zur Entscheidung über den Ausgang des Asylantrags müssen die Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften wohnen. In den ersten drei Monaten dürfen sie nicht arbeiten.
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Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
Praxistipps:
Asylsuchende sollten immer die aktuellen Aufent- haltspapiere bei sich tragen! Sonst drohen Strafan- zeige und Geldstrafe.
Bei einer Adressänderung muss das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sofort informiert werden.
Jeder Antragsteller hat das Recht, von allen einge- reichten Dokumenten, Beweisen etc. eine Kopie zu erhalten. Von erhaltenen Dokumenten und Behör- denschreiben ebenfalls Kopien erstellen.
Alle Unterlagen in einem Ordner sorgfältig aufbe- wahren.
Welche finanzielle Unterstützung steht Flüchtlingen zu?
Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) regelt neben der Unterbringung auch Leistungen für Hausrat, Ernäh- rung, Kleidung und Körperpflege. Im Juni 2014 hat sich das Bundeskabinett auf eine Reform des AsylbLG geeinigt, sodass die Leistungssätze erhöht wurden.
Alleinstehende Erwachsene erhalten:
→ Zur Sicherung des physischen Existenzminimums, wie Nahrungsmittel, Getränke, Bekleidung, Schuhe, Wohnen, Energie und Gesundheitspflege, 216 Euro.
→ Zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums, zum Beispiel für Verkehr, Freizeit, Bildung, Nachrichten- übermittlung sowie andere Waren und Dienste, 143 Euro.
Bewohnerinnen und Bewohner einer Gemeinschaftsunter- kunft erhalten die Leistungen für Wohnung, Energie und Wohnungsinstandhaltung als Sachleistung.
Im Krankheitsfall wird die erforderliche ärztliche oder zahnärztliche Behandlung übernommen – allerdings nur im Sinne einer Notfallversorgung –, einschließlich der be- nötigten Arznei- und Verbandmittel. Den für die Behand- lung notwendigen Krankenschein erhalten die Flüchtlinge in der Unterkunft von der Unterkunftsverwaltung, die auch die Arztbesuche regelt.
Werdende Mütter und Wöchnerinnen erhalten ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung sowie Hebammen- hilfe. Zudem kann ein Antrag auf Mehrbedarf für Schwan- gerschaftsbekleidung und Babyerstausstattung gestellt werden.
Hinweis: Asylsuchende sind aufgrund ihres geringen Einkommens berechtigt, in Tafelläden Lebensmittel, Haushaltswaren und Textilien einzukaufen. Im Büro des jeweiligen Tafelladens können sie einen Tafelaus- weis beantragen. Dafür brauchen sie eine Bestäti- gung vom Sozialamt, dass sie Leistungen nach dem AsylbLG erhalten. Weitere Informationen finden Sie unter: www.tafel-bw.de (Landesverband der Tafeln in Baden-Württemberg e. V.)
64 65Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
Adressen für günstiges Einkaufen findet man im Internet zum Beispiel unter den Schlagworten Diakonie, Caritas oder Sozialkaufhaus.
Asylbewerber verfügen häufig nicht über die erforderlichen Ausweispapiere, die sie für eine Kontoeröffnung benötigen. Mit einer Aufenthaltsgestattung kann jedoch ein Konto eröffnet werden, da diese für die Dauer des Asylverfahrens der Ausweispflicht genügt.
Beachten: Seit Anfang April 2015 ist eine Kontoeröff- nung mit einer Aufenthaltsgestattung und Duldung möglich, auch wenn diese den Zusatz enthält, dass die Personalien auf den Angaben der Inhaberin oder des Inhabers beruhen.
Bisher lag es im Ermessen der Banken, nach Prüfung der Legitimation und der Einhaltung der Vorschriften des Geldwäschegesetzes, eine Kontoeröffnung zu gewähren. Häufig wurde dies unter Hinweis auf das Geldwäschegesetz verweigert.
wie sind Flüchtlinge versichert?
Sofern Flüchtlinge arbeiten, sind sie normal in der gesetz- lichen Krankenversicherung versichert. Flüchtlinge mit einem Schutzstatus fallen unter das Sozialgesetzbuch (SGB) II („Hartz-IV-Leistungen“) beziehungsweise unter das Recht der Sozialhilfe (SGB XII). Die Sozialleistungen, die Asylsuchende und Geduldete erhalten, richten sich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, das unter anderem auch die medizinische Versorgung regelt. Sofern sie nicht eine
private Versicherung abgeschlossen haben, sind Asylsu- chende in der Regel nicht haftpflicht- oder unfallversichert.
In der Freizeit Asylsuchende, die anderen einen Schaden zufügen, sind grundsätzlich persönlich zum Ausgleich verpflichtet. Hier- für haften sie mit ihrem gesamten pfändbaren Vermögen. Eine Verpflichtung zum Abschluss einer privaten Haft- pflichtversicherung besteht jedoch nicht.
Beachten: Die Aufnahmebehörden sind nicht verpflichtet, von Asylsuchenden verursachte Schäden auszugleichen!
Das heißt, Freizeitaktivitäten von Flüchtlingen und Asylsu- chenden beinhalten immer ein gewisses Risiko.
Bei der Arbeit Asylsuchende dürfen Arbeitsgelegenheiten für 1,05 Euro je Stunde nur bei kommunalen oder gemeinnützigen Trägern annehmen. In dieser Zeit sind sie versichert. Die Haft- und die Unfallversicherungspflicht liegen beim Träger.
Gut zu wissen! Um Flüchtlingen einen gewissen Spielraum an Aktivitäten zuzugestehen, übernehmen die Verbände im Landessportverband (LSV) Baden- Württemberg in der Zeit der aktiven Sportausübung in Sportvereinen die Unfall- und Haftpflichtversiche- rung für Flüchtlinge und Asylsuchende.
66 67Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
wie verständige ich mich mit Flüchtlingen?
Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Flüchtlinge schnell Grundkenntnisse in der deutschen Sprache erwerben, oder es in den Unterkünften bereits Asylsuchende gibt, die schon so gut Deutsch sprechen, dass sie übersetzen können. Ein großer Teil der Flüchtlinge spricht auch Englisch. Eine weitere Alternative ist der sogenannte „Dolmetscher-Pool“ von rund 200 Dolmetscherinnen und Dolmetschern, die auf über 100 Sprachen übersetzen können:
→ Das „Dolmetscherverzeichnis der Gerichtsdolmet- scher“ gilt für ganz Baden-Württemberg und ist bei jedem Gericht zu beziehen. → Die Adresse der bundesweiten Dolmetscher- und Übersetzerbank lautet: www.gerichts-dolmetscher.de.
Aus diesen Listen können Übersetzer angefordert werden. Die Kosten werden vom jeweils zuständigen Amt getragen, wenn der Dolmetscher zu Behörden- und Verwaltungsgän- gen des Flüchtlings benötigt wird. Weitere Informationen finden Sie unter www.justizportal-bw.de.
Beachten: Dolmetschertätigkeiten bei Konflikten im Wohnheim oder bei privatem Bedarf werden nicht bezahlt.
Kinder sollten nicht in jedem Fall als Dolmetscher fungie- ren, da nicht alle Gesprächsinhalte für sie geeignet sind.
Um die Verständigung der Flüchtlinge zu unterstützen, eignen sich Gesprächskreise oder Rollenspiele mit Alltags- fragen zu den Themen:
→ Behördengänge → Bewerbungen → Verkehr und Infrastruktur → Arztbesuche → Schulgespräche → Einkaufen
Die Lernangebote sollten sich an den Bedürfnissen und der Lebenswelt der Flüchtlinge orientieren, preisgünstig, gut zu erreichen, ohne Altersbeschränkung sowie für alle Interes- senten zugänglich sein. Achten Sie bei den Angeboten dar- auf, dass eine Kinderbetreuung organisiert ist, sodass auch Mütter mit kleinen Kindern daran teilnehmen können.
68 69Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
auf welche kulturellen Besonderheiten muss ich achten?
Kulturelle Unterschiede können zu Situationen führen, die von Unsicherheit und Missverständnissen gezeichnet sind und eskalieren können. Für ein gelungenes Miteinander sind Sensibilität und gegenseitiger Respekt unverzichtbar. Auch ein bestimmtes Maß an interkultureller Kompetenz ist wichtig.
Prima Idee! Das Diakonische Werk Baden bietet in Kooperation mit dem Evangelischen Oberkir- chenrat Karlsruhe die Weiterbildung „Mitten im Leben – Fit durch interkulturelles Training“ an. Das kostenlose Training ist für Ehrenamtliche und Hauptamtliche gedacht und wird in vier Tagesseminaren durchgeführt. Es kann von Einzelpersonen oder Gruppen gebucht werden. Weitere Informationen finden Sie unter www.fit- interkulturell.de.
Die Thematik Interkulturelle Kompetenz und/oder Inter- kulturelle Kommunikation ist meist als Modul in Weiter- bildungsangeboten für Ehrenamtliche in der Flüchtlings- hilfe eingebunden. So auch im „Kurs für ehrenamtliche Flüchtlingsbegleiter“ in Korntal-Münchingen bei Stuttgart. Dieser wird von Ehrenamtlichen organisiert und besteht aus sieben Einheiten, eine davon mit dem Inhalt „Interkul- turelle Kommunikation“.
Der Kurs wird unter anderem unterstützt von dem Freun- deskreis Asyl Korntal, dem Flüchtlingsrat Baden-Württem- berg und der Stiftung Hoffnungsträger.
Weitere Informationen: aktiv.fluechtlingsrat-bw.de, Rubrik Fortbildungen
Die Stadt Karlsruhe bietet eine eintägige Weiterbildungsver- anstaltung „Interkulturelle Kompetenz“ für Ehrenamtliche mit folgenden Inhalten an:
→ Ein genauer Blick auf unsere Herkunftskultur → Was ist eigentlich Fremdheit? → Begriffsdefinition → Unterschiede in Mimik, Gestik, Wortwahl → Kulturelle Unterschiede & Gemeinsamkeiten
Weitere Informationen: www.karlsruhe.de, Rubrik Stadt & Verwaltung/ Bürgerengagement/Mitwirkung und Engagement/ Fortbildungsprogramm
Das Europäische Institut für Migration, Integration und Islamthemen (EIMI) der Akademie für Weltmission in Korntal-Münchingen bietet eine kostenpflichtige, modu- lare und zertifizierte Ausbildung zum Integrationsbegleiter an. Die Ausbildung umfasst neun Tagesseminare, man kann jedoch auch einzelne Tage belegen. Anmeldung und Einstieg sind jederzeit möglich.
Weitere Informationen: www.awm-korntal.eu, Rubrik Seminare und Ausbildungen
70 71Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
Beachten: Es gibt keine pauschalen Ratschläge für bestimmte Kulturkreise. Es ist durchaus angebracht, den Neuankömmlingen das Angebot zu machen, sie zum Beispiel nach hiesigen Gepflogenheiten mit einem Handschlag zu begrüßen. Wenn Ihnen das Verhalten eines Flüchtlings ungewöhnlich erscheint, vergewissern Sie sich zunächst, ob dies in seinem Kulturkreis verankert ist.
wie können Flüchtlinge mit Familienangehörigen und Freunden kontakt halten?
Für Flüchtlinge sind Mobiltelefone keine Statussymbole, sondern die einzige Möglichkeit, telefonisch oder per Inter- net mit Angehörigen und Freunden in Kontakt zu bleiben. In vielen Flüchtlingsunterkünften in Baden-Württemberg gibt es aus Haftungsgründen momentan noch keinen Internetzugang. Aktuell wird jedoch daran gearbeitet, dass kostenloses WLAN flächendeckend in den Landeserstauf- nahmeeinrichtungen zur Verfügung gestellt werden kann.
Kontaktmöglichkeiten:
→ Internetcafés bieten die Möglichkeit, auch per Skype Kontakt mit den Angehörigen zu halten. → In Bibliotheken kann man das Internet in der Regel kostenlos nutzen, meistens jedoch zeitlich beschränkt. → Wer es sich leisten kann, kann sich über geeignete Handytarife ins Internet einloggen.
Prima Idee! Der Verein Freifunk Stuttgart hat bereits einigen Flüchtlingsunterkünften in Stuttgart und Umgebung zu einem WLAN-Anschluss verholfen. Weitere Informationen finden Sie unter www. freifunk-stuttgart.de, Rubrik Blog.
können Familienangehörige nach Deutschland nachkommen?
Das Grundgesetz stellt Ehe und Familie unter einen besonderen Schutz. Das Recht, Ehepartner oder Kinder aus dem Fluchtland nachkommen zu lassen, haben jedoch nur Personen mit einem Aufenthaltstitel (zum Beispiel anerkannte Flüchtlinge). Menschen, die etwa wegen einer schweren Erkrankung vorübergehend nicht abgeschoben werden können und nur eine Duldung haben, besitzen kein Recht auf Familiennachzug.
Voraussetzungen für den Familiennachzug:
→ Es liegt kein Ausweisungsgrund vor. → Besitz einer Niederlassungserlaubnis, einer Aufent- haltserlaubnis, einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt- EU oder einer Blauen Karte EU. → Es ist ausreichender Wohnraum für die Familie vorhanden. → Der Lebensunterhalt der Familienangehörigen, inklusive Krankenversicherung, ist aus eigenen Mitteln gesichert.
72 73Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
Beachten: Bei Asylberechtigten und politischen Flüchtlingen kann hierauf verzichtet werden, wenn der Antrag auf Familienzusammenführung bei der deutschen Auslandsvertretung innerhalb von drei Monaten nach Anerkennung gestellt wird. In diesem Fall muss auch kein ausreichender Wohnraum nach- gewiesen werden.
Hinweis: Der DRK-Suchdienst berät und unter- stützt in Deutschland lebende Flüchtlinge in allen Fragen einer Familienzusammenführung und hilft bei der weltweiten Suche nach Angehörigen. Infor- mationen über das kostenlose Serviceangebot gibt es in zehn Sprachen unter www.drk-suchdienst.de.
Unterstützung beim Thema Familiennachzug erhalten Flüchtlinge auch in den Flüchtlingsbera- tungsstellen von Diakonie und Caritas.
wer ist ansprechpartner für die Flüchtlinge bei Problemen?
Direkte Ansprechpartner sind die Leitung der Unterkunft, die Mitarbeitenden des jeweiligen Betreuungsverbandes oder auch ehrenamtlich Engagierte vor Ort, die als Lotsen helfen können. Um die Qualität für Flüchtlinge in den Landeserst- aufnahmeeinrichtungen (LEAs) zu sichern und weiter zu verbessern, wurde ein Ombudswesen eingeführt. Eine vom Ministerrat für ganz Baden-Württemberg berufene ehrenamt- liche Ombudsperson mit Sitz im Ministerium für Integration wird von weiteren ehrenamtlich Engagierten in den jeweiligen LEAs unterstützt. Die Ombudsperson kann helfen, wenn Flüchtlinge, Nachbarn oder Ehrenamtliche Probleme haben, die sie nicht anderweitig klären können. Die Asylverfahrensbeglei- tung gehört nicht zu ihren Aufgaben. (siehe Kapitel 2, Seite 25)
Weitere Anlaufstellen:
→ Für die Asylverfahrensbegleitung und sonstige persön- liche Anliegen und Probleme der Flüchtlinge sind die jeweiligen Sozialarbeiterinnen und -arbeiter der Flüchtlingsunterkunft Ansprechpartner. → Vielerorts haben sich Asylarbeitskreise gebildet und unterstützen die Flüchtlinge und die ehrenamtlich engagierten Initiativen. Der Arbeitskreis Asyl Stutt- gart, ein Zusammenschluss von ehrenamtlich Enga- gierten verschiedener Flüchtlingsinitiativen im Groß- raum Stuttgart, bietet zum Beispiel Flüchtlingen Ein- zelberatung in allen für sie relevanten Lebensfragen an. Zudem tritt der Arbeitskreis bei Politik und Behörden als Fürsprecher für Flüchtlinge und Ehrenamtliche ein.
74 75Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
Weitere Informationen: www.ak-asyl-stuttgart.de www.fluechtlingsrat-bw.de www.diakonie-wuerttemberg.de, Rubrik Rat & Hilfe/Menschen mit Migrationshintergrund www.diakonie-baden.de, Rubrik Rat & Hilfe/Migration www.ekiba.de/migration, Rubrik Beratung/Flüchtlingsberatung
was mache ich bei anfeindungen oder übergriffen?
Vorurteile gegenüber Asylsuchenden sind in der Bevölke- rung immer wieder zu finden. Durch den aktuellen Anstieg der Zahl von Asylsuchenden gibt es zudem öffentliche Diskussionen über Flüchtlinge. Diese können dabei Anfein- dungen und Gewalt ausgesetzt sein.
Das kann ich tun:
→ Nicht zulassen, dass sich in Gesprächen über Aus- länderinnen, Ausländer oder Flüchtlinge in verletzen- der Weise geäußert wird. Darauf hinweisen, dass nie- mand ohne Grund seine Heimat verlässt. → Sich mit Leserbriefen gegen rassistische Aktionen oder diskriminierende Berichterstattung in der Zeitung wenden. → Gelegenheiten schaffen, bei denen sich Flüchtlinge und Anwohner begegnen und verständigen können.
→ Die Polizei zu einem Gespräch in die Gemeinschafts- unterkunft oder den Arbeitskreis einladen, um so Flüchtlingen eventuell vorhandene Ängste zu nehmen. → Strafanzeige stellen oder sich an Antidiskriminierungs- büros wenden, wenn rechtsextremistische Lieder, Computerspiele oder Zeitschriften kursieren.
Prima Idee! Vier junge Männer haben die Facebook- Seite „Pro Asylbewerberheim in Meßstetten“ ins Leben gerufen. Damit wollen sie Ängsten und Vorurteilen bezüglich der Landeserstaufnahmestelle in Meßstetten entgegentreten.
Wenn ich Zeugin oder Zeuge von Gewalt gegen Ausländer werde: Präsenz zeigen. Deutlich machen, dass man, den eigenen Möglichkeiten entsprechend, gewillt ist, einzugreifen. Bereits eine Aktion verändert die Situation und kann andere dazu anregen, auch einzugreifen und zu helfen.
Wenn ich selbst bedroht oder angegriffen werde: Sofort die Polizei alarmieren.
76 77Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
welche möglichkeiten gibt es, wenn der asylantrag abgelehnt wird?
Wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag ablehnt, muss der Antragstellende innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entschei- dung ausreisen.
Beachten: Er kann jedoch bei Gericht Klage ein- reichen. Solange das Verfahren läuft, darf er in der Regel nicht abgeschoben werden (siehe unten).
Gut zu wissen: Welches Verwaltungsgericht zustän- dig ist und bis wann die Klage eingelegt werden kann, steht in der „Rechtsmittelbelehrung“ auf der letzten Seite des Ablehnungsbescheides.
Wird der Asylantrag als unbegründet abgelehnt, beträgt die Frist zur Einlegung der Klage zwei Wochen.
Beachten: Wurde der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt, beträgt die Frist eine Woche. Für die Begründung der Klage mit neuen Erkennt- nismitteln bleibt ein Monat Zeit. Trotz Klageeinrei- chung kann der Asylsuchende abgeschoben werden. Es muss zusätzlich ein Eilantrag bei Gericht gestellt werden!
Gut zu wissen: Die Behördenbriefe werden den Sam- melunterkünften in einem blaugrauen oder gelben Briefumschlag zugestellt. Das Zustelldatum wird vom Postbediensteten auf dem Umschlag vermerkt. Die Betroffenen müssen täglich nachsehen, ob Post da ist. Sobald ein Brief beim Postamt oder in der Poststelle der Unterkunft zur Abholung liegt, gilt er als zugestellt. Entsprechend berechnet sich die Frist!
Beachten: Hat der Asylsuchende dem BAMF seine aktuelle Adresse nicht mitgeteilt und der Brief erreicht ihn daher verspätet oder gar nicht, wird ihm dies zur Last gelegt.
Der abgelehnte Asylsuchende kann abgeschoben werden, wenn er keine Klage einreicht und die Ausreisefrist nicht einhält.
Unter bestimmten Bedingungen kann ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen erteilt werden, etwa bei einer Heirat mit einer Person mit Aufenthaltsrecht oder zum Schutz der Familie.
Weitere Informationen: www.fluechtlingsrat-bw.de
Richtlinien des Innenministeriums zur Abschiebung: www.im.baden-wuerttemberg.de, Rubrik Heimat & Gastland/Ausländer/ Asylbewerber und Flüchtlinge
78 79Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
Duldung Eine Duldung ist die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung.
Gründe für eine Duldung:
→ Es besteht keine Flugverbindung. → Der Schutz der körperlichen Unversehrtheit ist gefährdet. → Es existiert im Herkunftsland keine Regierung, die notwendige Papiere ausstellen könnte. → Es besteht Reiseunfähigkeit wegen Krankheit.
Diese Liste ist nicht abgeschlossen, weitere Gründe sind denkbar, müssen aber der Ausländerbehörde gegenüber vorgetragen werden.
Geduldete Personen sind weiterhin zur Ausreise verpflichtet.
Beachten: Eine Abschiebung kann direkt nach dem Erlöschen der Duldung ohne erneute Abschiebungs- androhung und Fristsetzung durchgeführt werden.
Hinweis: Beratung bieten unter anderem das Dia- konische Werk unter www.ekiba.de, Rubrik Flucht und Migration, sowie der Flüchtlingsrat Baden- Württemberg unter www.fluechtlingsrat-bw.de. Weitere Adressen von Beratungsstellen gibt es unter www.asyl.net.
Weitere Informationen: www.integrationsministerium-bw.de, Rubrik Flüchtlingspolitik, und www.im.baden-wuerttemberg.de, Rubrik Heimat & Gastland.
Kirchenasyl Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, ein organisatorischer Zusammenschluss der Kir- chenasylbewegung in Deutschland, gestattet Flüchtlingen Kirchenasyl, wenn begründete Zweifel an einer gefahrlosen Rückkehr bestehen. Aktuell gibt es bundesweit 291 Kirchen- asyle mit mindestens 488 Personen, davon sind etwa 125 Kinder (Stand 10.07.2015).
Weitere Informationen: www.kirchenasyl.de
Rückkehr, Ausreise, Weiterwanderung Rückkehrberatungsstellen sowie die Auskunfts- und Bera- tungsstellen für Auswanderer und Auslandstätige beraten bei der Vorbereitung und Organisation für eine Ausreise oder Rückkehr. Bund und Länder unterstützen dies mit zwei Förderprogrammen:
REAG Das „Reintegration and Emigration Programme for Asylum Seekers in Germany“ hilft bei der Übernahme der Beförderungs- (Flugzeug, Bahn, Bus) und Benzinkosten und gibt Reisebeihilfen.
80 81Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
GARP Das „Government Assisted Repatriation Programme“ unter- stützt mit Starthilfen einen Neuanfang in Drittstaaten.
Unterstützung bekommen (wenn die Mittellosigkeit nachgewiesen ist): Leistungsberechtigte nach § 1 Asylbe- werberleistungsgesetz, anerkannte Flüchtlinge, Ausländer mit einem Aufenthaltsrecht aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen, Opfer von Zwangsprostitution oder Menschenhandel.
Anträge gibt es bei den Ausländerbehörden, Sozialämtern, Fachberatungsstellen, Wohlfahrtsverbänden und bei den zentralen Rückkehrberatungsstellen.
Beachten: Ein Rechtsanspruch auf Förderung durch REAG oder GARP besteht nicht.
Für Personen ohne REAG/GARP-Förderung kann die Internationale Organisation für Migration (IOM) durch das Programm SMAP (Special Migrants Assistance Pro- gramme) Flugreisen organisieren und günstige Flugkon- ditionen anbieten. Das gilt insbesondere für Weiterwan- derer in die USA, Kanada oder Australien.
Hinweis: Die Übernahme der Kosten für die Vorbe- reitung einer Ausreise, zum Beispiel Gebühren für Pässe, Visa, Fahrten zur Konsularvertretung oder zum Flughafen, kann beim Sozialamt beantragt werden.
Ausreise aus Deutschland: Dafür sind gültige Reisedoku- mente und Einreisevisa für das Zielland notwendig. Die Dokumente sollten bei den Grenzbehörden oder deutschen Konsularvertretungen im Zielland abgegeben werden.
Weitere Informationen: Individuelle Beratung und Klärung der Aufenthalts- und Rückkehrperspektive, Entwicklung eines individuellen Rückkehrplans und Unterstützung bei der Reintegration bietet das Projekt „Zweite Chance Heimat“. Informationen gibt es unter www.agdw.de, Rubrik Arbeitsbereiche/Rückkehrberatung.
Ein Verzeichnis aller Rückkehrberatungsstellen, auch für Baden-Württemberg, finden Sie unter projekt-auswege.kirche-koeln.de, Rubrik Rückkehrberatungsstellen.
82 83Begleitung von Flüchtlingen im Alltag
Ablauf eines Asylverfahrens
Quelle: BAMF 22911** z. B. bei Reiseunfähigkeit * wenn nicht: Überstellung ins Erst-Einreiseland
beispielhafter Ablauf
Aufenthaltserlaubnis
Aufforderung zur Ausreise/ Abschiebung
Gericht gibt statt
Ablehnung, aber Duldung**
Der Flüchtling wird in der nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtung untergebracht.
Der Flüchtling wird nach der Einreise registriert.
ggf. Verteilung des Flüchtlings in ein anderes Bundesland (nach Quotensystem „Königsteiner Schlüssel“).
Der Flüchtling stellt einen persönlichen Asylantrag beim Bundes- amt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Das BAMF legt eine Akte an, der Bewerber wird erfasst (u. a. mit Foto und Fingerabdruck).
Der Bewerber erhält ein Ausweisdokument für einen vorüber- gehenden Aufenthalt.
Es wird geprüft, welches EU-Land für den Bewerber zuständig ist. Dies richtet sich nach seinem Erst-Einreiseland in die EU.
Wenn Deutschland zuständig ist*, bekommt der Bewerber eine persön- liche Anhörung zu seinen Fluchtgründen und Lebensumständen.
Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.
Aufforderung zur Ausreise/ Abschiebung
Ablehnung, aber Duldung** Gericht lehnt ab
Der Asylbewerber kann dagegen klagen.
84 85Unterbringung
6. untErBrInGunG
wie wohnen Flüchtlinge?
In Deutschland eintreffende Asylsuchende werden nach dem „Königsteiner Schlüssel“ auf die Bundesländer verteilt. Er berechnet sich zu zwei Dritteln aus dem Steueraufkom- men und zu einem Drittel aus der Bevölkerungszahl der Länder. Baden-Württemberg hat 2014 12,97 Prozent der Asylsuchenden aufgenommen. Für sie gilt eine dreistufige Unterbringungsregelung.
Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Landeserstaufnahmeeinrichtungen gibt es unter anderem in Karlsruhe, Meßstetten und Ellwangen. Sie sind die erste Anlaufstelle für Asylsuchende, dort stellen sie auch ihren Asylantrag in einer Außenstelle des BAMF. Für die LEA ist das Land zuständig. Auf- grund der großen Zugangszahlen werden vielerorts zusätzlich sogenannte bedarfsorientierte Landesauf- nahmestellen (BEAs) eingerichtet.
Vorläufige Unterbringung in einer Gemeinschaftsun- terkunft (GU) oder Wohnung Nach dem Aufenthalt in der LEA werden die Asylsu- chenden – entsprechend der Bevölkerungszahl – auf die Stadt-und Landkreise verteilt und kommen dort in einer GU oder auch in einer Wohnung unter. Die Stadt- und Landkreise sind für die vorläufige Unter- bringung zuständig.
→ Asylsuchende sind verpflichtet, während der Dauer des Asylverfahrens maximal 24 Monate, in der GU zu wohnen. Nach zwei Jahren besteht rechtlich die Mög- lichkeit, in eine privat gemietete Wohnung umzuziehen (soweit vorhanden). → Besonders schutzbedürftige Personen (etwa Minder- jährige, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung, Ältere, Menschen, die Vergewaltigung oder Folter erlitten haben) sollen spätestens nach einem Jahr – soweit vorhanden – in Wohnungen untergebracht werden. → Ein Auszug ist gegebenenfalls vorher möglich, sofern im Einzelfall ausreichender Wohnraum im Bezirk nachgewiesen wird und der Lebensunterhalt gesichert ist.
Hinweis: Ein Zuteilungswunsch kann geäußert werden, es gibt jedoch kein Anrecht darauf. Ausnahme: Die Zusammenführung von Ehepart- nern oder von Eltern und minderjährigen Kindern muss genehmigt werden. Härtefalle können, müssen jedoch nicht berücksichtigt werden.
Das Flüchtlingsaufnahmegesetz gilt nicht für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (§ 4 FlüAG). Diese werden von den jeweiligen Trägern der Jugendhilfe in eigener Regie in Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht.
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86 87Unterbringung
Gut zu wissen! Ein Umzug in eine andere Stadt ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Dazu muss ein schriftlicher Umverteilungsantrag an die zuständige Ausländerbehörde gestellt werden. Die Chancen auf Bewilligung sind jedoch gering, sofern die Sicherung des Lebensunterhalts nicht nachgewiesen werden kann. Ein Recht darauf besteht nur bei Familienzusammenführung. Falls im Falle einer Krankheit in einer anderen Stadt bessere Behandlungsmöglichkeiten bestehen, muss dies durch ein ärztliches Attest bestätigt werden.
Mindeststandards für Gemeinschaftsunterkünfte:
→ Die Mindestwohnfläche pro Person beträgt 4,5 Quadrat- meter, ab dem 1.1.2016 dann 7 Quadratmeter (angesichts des starken Zugangs von Asylsuchenden wurde diese Regelung zunächst auf zwei Jahre befristet ausgesetzt). → Eine ausreichende Nutzungsmöglichkeit des öffentlichen Nahverkehrs muss gewährleistet sein. → Nach Geschlechtern getrennte Sanitäranlagen müssen vorhanden sein. → Die Unterkunft soll in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil oder in Anschluss daran ein- gerichtet sein, um eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. → Es soll mindestens ein Gemeinschaftsraum vorhanden sein. → Es soll eine Außenanlage zur Freizeitgestaltung vorhanden sein. → Bei der Unterbringung von Kindern soll es mindestens einen abgetrennten Raum geben, der zum Spielen und zum Erledigen der Hausaufgaben genutzt werden kann.
Anschlussunterbringung Asylsuchende, die auf Dauer bleibeberechtigt sind, sowie Kontingentflüchtlinge dürfen ihren Wohn- sitz in Deutschland frei wählen. Finden sie jedoch keine geeignete Wohnung, kommen sie in einer sogenannten Anschlussunterbringung unter, für die die Kommunen zuständig sind. Das können GU oder Wohnungen sein. Auch Asylsuchende, über deren Asylantrag noch nicht entschieden ist, die aber bereits zwei Jahre in einer vorläufigen Unterbringung leben, kommen in die Anschlussunterbringung.
→ In der Anschlussunterbringung erhalten Familien eine separate Wohnung, Einzelpersonen müssen sich eine Wohnung teilen. → Bei sehr belastenden Wohnsituationen kann man beim Sozialamt mit einem ärztlichen Attest einen Antrag auf eine eigene Wohnung stellen. → Wer ein Einkommen hat, kann aus der Anschlussun- terbringung ausziehen. Ebenso kann man den Umzug in eine eigene Wohnung beantragen, wenn man mehr als vier Jahre Sozialleistungen gemäß dem Asylbewer- berleistungsgesetz bezogen hat.
Gut zu wissen! Bei Bezug einer eigenen Wohnung übernimmt das Jobcenter oder Sozialamt die Miete, solange kein eigenes Einkommen vorhanden ist. Es gibt jedoch eine Höchstgrenze für angemessene Mietkosten, die man bei der entsprechenden Stelle erfragen muss. Bevor man einen Mietvertrag unter- schreibt, muss man die Genehmigung des Kosten- trägers (Jobcenter/Sozialamt) einholen!
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88 89Unterbringung
Prima Idee! Die Stadt Schwäbisch Gmünd bringt schon seit Jahren Flüchtlinge in der Anschlussunter- bringung ausschließlich in privaten Wohnungen unter. Wie das funktioniert? Die Fachstelle Woh- nungsnotfallhilfe des Amtes für Familie und Soziales kümmert sich intensiv um die Flüchtlinge, welche die vorläufige Unterbringung verlassen dürfen. Durch ein mittlerweile großes Netzwerk an Kontakten und ein konstruktives Miteinander aller Beteiligten findet sie geeignete Wohnungen. Ebenso erledigt sie die notwen- digen Formalitäten und macht es damit den Vermiete- rinnen und Vermietern so einfach wie möglich.
wie darf ich Zimmer in Gemeinschaftsunterkünften umgestalten?
Da jedem Flüchtling in Baden-Württemberg nur 4,5 Qua- dratmeter Wohnfläche zur Verfügung gestellt werden müs- sen, sind die Zimmer in den Gemeinschaftsunterkünften meist sehr klein. Durch das vorhandene Mobiliar (Betten, Tisch, Stühle, Schränke) bleibt wenig freier Platz, sodass eine Umgestaltung des Zimmers kaum möglich und vom Betreiber der Unterkünfte in der Regel nicht erwünscht ist. Eine Gemeinschaftsunterkunft ist eine vorläufige Unter- bringung, die von den Flüchtlingen maximal zwei Jahre bewohnt wird, danach zieht ein anderer Flüchtling ein. Daher sollen keine Möbel ausgetauscht oder hinzugefügt werden. Fotos, Bilder und Poster dürfen die Bewohnerin- nen und Bewohner jedoch an die Wände hängen.
Im Herbst 2014 wurde über den Asylkompromiss auf Bundesebene eine Erhöhung von 4,5 auf 7 Quadratmeter
Wohnfläche beschlossen. Aufgrund der aktuellen Entwick- lung beim Zuzug von Flüchtlingen nach Baden-Württem- berg wurde dieses Vorhaben im Juli 2015 von der Landesre- gierung zunächst für zwei Jahre ausgesetzt.
Beachten: Wegen Brandgefahr dürfen Elektrogeräte (Wasserkocher etc.) nicht auf dem Zimmer betrieben werden. Aus diesem Grund ist auch das Anbringen von Vorhängen üblicherweise nicht gestattet. Ebenso dürfen Lampen nicht mit Tüchern verhängt werden.
Gut zu wissen! Haben Bewohner eines Flüchtlings- heims den Wunsch, in ihren Zimmern etwas zu verändern, so müssen sie die Leitung der Unter- kunft um Erlaubnis fragen. Diese wird im Einzelfall entscheiden, was gestattet werden kann. Dabei muss sie insbesondere brandschutztechnische Vorschriften berücksichtigen. Wenn Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht sind, steht ihnen eventuell mehr Platz zur Verfügung. Auch hier muss mit dem Betreiber der Wohnung abgeklärt werden, welche Verände- rungen erlaubt sind und welche nicht.
wie gehe ich mit Sachspenden für Flüchtlinge um?
Mitbürgerinnen und Mitbürger sind oft sehr hilfsbereit und geben Kleidung, Haushaltsgegenstände oder Möbel gerne an Flüchtlinge ab. Die Schwierigkeit für die Un- terkunftsleitung und den Flüchtlingsarbeitskreis besteht jedoch darin, die gespendeten Kleider und Gegenstände zu lagern, gerecht zu verteilen und Übriggebliebenes zu entsorgen. In der Vergangenheit kam es gerade hinsichtlich
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Prima Idee! Richten Sie für Ihren Flüchtlingsarbeits- kreis eine Internetseite ein und veröffentlichen Sie dort den konkreten Bedarf. Nennen Sie eine Kontaktper- son, die sich um die Vermittlung kümmert. Bestim- men Sie einen festen Tag in der Woche/im Monat zur Annahme von Spenden und geben sie die Spenden ebenfalls an einem festen Tag an die Flüchtlinge aus.
Hinweis: Fahrräder sind immer begehrt, da sie eine einfache und preiswerte Fortbewegungsmöglich- keit sind. Viele Flüchtlingsarbeitskreise verkaufen die Räder für ein geringes Entgelt (zum Beispiel Erwachsenenräder 20 Euro, Jugendräder 10 Euro, Kinderräder kostenlos), da sie so erfahrungsgemäß mehr wertgeschätzt werden. Nicht jeder Flüchtling kann Fahrrad fahren, aber die meisten sind sicher bereit, es zu lernen. Es werden zudem Fahrradhelme in verschiedenen Größen benötigt.
wie kann ich bei der wohnungssuche unterstützen?
Sobald über ihren Asylantrag endgültig entschieden ist oder aber nach zwei Jahren Aufenthalt in einer vorläufigen Un- terbringung, dürfen Asylsuchende in eine eigene Wohnung umziehen. Kontingentflüchtlinge dürfen sich sofort eine Wohnung suchen. Aufgrund der in vielen Städten ange- spannten Wohnungslage, der unter Umständen unzurei- chenden Deutschkenntnisse der Flüchtlinge, ihrer einge- schränkten finanziellen Mittel und etwaiger Vorbehalte von Vermieterinnen und Vermietern gestaltet sich die Woh- nungssuche oft schwierig. Eine kontinuierliche Begleitung durch Ehrenamtliche ist für die Flüchtlinge eine große Hilfe.
So gehen Sie am besten vor:
Halten Sie engen Kontakt zur Unterkunftsleitung, damit Sie umgehend erfahren, wer berechtigt ist, aus der GU auszuziehen. Erfragen Sie den bevorzugten Wohnort, die Woh- nungsgröße und individuelle Wünsche. Legen Sie sich eine entsprechende Tabelle an. Lassen Sie sich von den Flüchtlingen schriftlich be- stätigen, dass Sie für sie nach einer Wohnung suchen dürfen. Falls die Flüchtlinge Sozialleistungen beziehen: Erkundigen Sie sich beim Jobcenter oder der zustän- digen Behörde nach der Obergrenze für Miete und Kaution, die übernommen werden. Diese ist in jeder Kommune unterschiedlich.
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einer gerechten Verteilung öfters zu Streitigkeiten zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern von Gemeinschafts- unterkünften. Ebenso wurde bemängelt, dass die Sachspen- den nicht dem Bedarf der Flüchtlinge entsprachen oder in einem schlechten Zustand waren. Viele Unterkunftsleitun- gen lehnen aus diesen Gründe Sachspenden generell ab.
92 93Unterbringung
Der Flüchtling sollte sich beim Jobcenter oder der zuständigen Behörde einen Maklerschein besorgen. Er garantiert, dass die Maklerprovision (bis zur jewei- ligen Höchstgrenze) übernommen wird. Der Flüchtling sollte sich bei der zuständigen Behör- de, zum Beispiel dem Amt für Liegenschaften und Wohnen, einen Wohnberechtigungsschein besorgen. Damit hat er Anspruch auf eine Sozialwohnung und kann sich bei der Kommune und den Wohnungs- baugesellschaften auf die Wartelisten setzen lassen. Werten Sie die örtliche Presse nach Wohnungsange- boten aus, rufen Sie im Auftrag der Flüchtlinge die Vermieterinnen und Vermieter an, antworten Sie auf Chiffre-Anzeigen. Werten Sie Online-Portale (zum Beispiel Immo- bilienScout24) nach Angeboten aus. Weisen Sie auf der Internetseite des Flüchtlings- arbeitskreises auf aktuelle Wohnungsgesuche hin. Machen Sie gute Öffentlichkeitsarbeit: Gerade in kleineren Kommunen bietet es sich an, in der Zeitung von den Flüchtlingen zu erzählen und auf ihre aktuelle Wohnungssuche aufmerksam zu machen. Persönliche Geschichten wecken die Bereitschaft der Mitmenschen, sich zu engagieren. Setzen Sie auf Mundpropaganda: Fragen Sie im Freundes- und Bekanntenkreis nach leer stehenden Wohnungen. Erzählen Sie von Ihrer Arbeit und von den Menschen, denen Sie helfen. Begleiten Sie die Flüchtlinge bei einer Wohnungs- besichtigung. Nehmen Sie gegebenenfalls jemanden mit, der dolmetschen kann.
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Prima Idee! Die Berliner Initiative „Flüchtlinge Willkommen“ hat eine Internetplattform ins Leben gerufen, auf der bundesweit WG- und andere Pri- vatzimmer für Flüchtlinge vermittelt werden. Jeder, der ein Zimmer zur Verfügung stellen möchte, kann es dort anmelden. Ein externer Partner, der in der jeweiligen Stadt mit Flüchtlingen zusammenarbeitet, sucht dann nach einer passenden Person.
Weitere Informationen: www.fluechtlinge-willkommen.de und www.facebook.com/fluechtlingewillkommen
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Beachten: Vor Abschluss des Mietvertrages muss das Jobcenter oder die Behörde, welche die Mietkosten übernimmt, dem Umzug zustimmen.
Gut zu wissen! Miete und Kaution werden vom Jobcenter oder der zuständigen Behörde direkt an den Vermietenden überwiesen. Sollte vor Einzug eine Renovierung der Wohnung nötig sein, gibt es dafür eine Beihilfe, die beantragt werden muss. Unter Um- ständen wird die Miete für einen Kleintransporter als Umzugswagen übernommen. Für die Erstausstat- tung der Wohnung gibt es Pauschalen, die man beim Jobcenter erfragen kann.
Hinweis: Falls Sie eine Wohnung oder ein Zimmer an Flüchtlinge vermieten möchten, so schließen Sie einen normalen Mietvertrag ab, wie mit jeder ande- ren Person auch. Wichtig ist, dass ein Vertrag existiert und dass das Jobcenter oder die zuständige Behörde dem Umzug vor der Unterschrift zustimmt.
94 95Gesundheit
7. GESunDhEIt
welche Gesundheitsleistungen erhalten Flüchtlinge?
Die medizinische Versorgung von Flüchtlingen ist im Asylbewerberleistungsgesetz (§ 4 AsylbLG, § 6 AsylbLG) geregelt.
Die medizinische Erstuntersuchung Die Erstuntersuchung wird von einer Ärztin oder einem Arzt in der Regel in der Landeserstaufnahmestelle durchge- führt und erfolgt gleich nach der Ankunft, etwa ein bis drei Tage nach der Registrierung. Es geht bei der Untersuchung in erster Linie um das Erkennen übertragbarer und behan- delbarer Krankheiten, weniger um die allgemeine physische oder psychische Verfassung.
Leistungen bei Krankheit Flüchtlinge sind in der Regel zunächst nicht gesetzlich krankenversichert. Für eine medizinische Behandlung benötigen sie in der Anfangszeit einen Krankenschein, der bei der zuständigen Behörde (in Stadtkreisen das Sozialamt der Gemeinde, in Landkreisen das Sozialamt beim Land- ratsamt) erhältlich ist.
Bei akuten und schmerzhaften Erkrankungen haben Flüchtlinge einen Anspruch auf medizinische Versorgung. In medizinischen Notfällen gilt auch hier die Notruf- nummer 112.
Leistungen, die übernommen werden:
→ alle von den gesetzlichen Krankenkassen empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen (Zahnvorsorge, Kinder- untersuchungen, Krebsvorsorge, Gesundheitsunter- suchung etc.) → Kinderimpfungen, Tetanus-, Diphtherie-, Polio- impfungen → Impfungen für Erwachsene, je nach individuellem Risiko auch weitere Impfungen
Beachten: Zahnersatz oder Brillen werden in der Regel nicht übernommen.
Leistungen für Schwangere:
→ Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft → Entbindung und Nachsorge
Die Anwendung des Gesetzes ist in der Praxis oft nicht ganz einfach. Ob ein berechtigter Behandlungsbedarf besteht, muss bei der zuständigen Behörde geklärt werden. Wichtig dabei ist die Frage, was akut behandlungsbedürftig ist und was nicht.
Hinweis: Wenn ärztliche Hilfe, Heil- oder Hilfsmit- tel vom Amt verweigert werden, kann dagegen inner- halb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Hilfe hierbei bieten Flüchtlingsberatungsstellen. In bestimmten Fällen kann ein Attest oder Gutachten helfen, einen Anspruch durchzusetzen.
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Gesundheit
Weitere Informationen: Die Adressen der Flücht- lingsberatungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie unter www.fluechtlingshilfe-bw.de/adressen.
So überwinden Sie Sprachbarrieren:
→ Das von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden- Württemberg (KVBW) eingerichtete Patiententelefon MedCall (Tel. 01805 633 2255) informiert darüber, welche Praxen fremdsprachliche Ärztinnen, Ärzte oder Mitarbeitende beschäftigen. Ebenso werben etliche Krankenhäuser mit Dolmetscherdiensten oder fremd- sprachigen Angeboten auf ihrer Homepage. → Auch auf der Internetseite der KVBW kann man gezielt nach Arztpraxen mit Fremdsprachenkennt- nissen suchen: http://www.arztsuche-bw.de → Benötigt man einen Dolmetscher können die Kosten hierfür vom zuständigen Gesundheitsamt auf Antrag einer Ärztin oder eines Arztes übernommen werden.
Gut zu wissen: Frauen, die nur von weiblichen Per- sonen untersucht werden möchten, können auf den oben genannten Internetseiten der KVBW gezielt danach suchen.
Hinweis: Auf Initiative der Landesregierung Baden-Württembergs auf Bundesebene soll eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge bis Ende des Jahres 2015 eingeführt werden und ab Anfang 2016 für alle erhältlich sein.
Wer sich mindestens 15 Monate ohne wesentliche Unter- brechung im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen über das Sozialamt die Gesundheitskarte einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV) erhalten. Dann können alle Leistungen der GKV in An- spruch genommen werden, jedoch ist man nicht mehr von Zuzahlungen zu Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln etc. befreit.
Praxistipps:
Vielen Flüchtlingen sind die formalen Abläufe im Gesundheitssystem fremd. Die Begleitung zu den Gesundheitseinrichtungen wird deshalb meist gerne angenommen.
In Notfällen gibt es den notärztlichen Dienst (Tel. 112). Die Wochenend-/Bereitschaftsdienste von Hausärzten, Apotheken und Kliniken finden Sie in der Tagespresse.
Das zuständige Gesundheitsamt informiert darüber, welche Hilfen am Wochenende zur Verfügung ste- hen, etwa Anlaufstellen bei Infektionskrankheiten, mit denen der Bereitschaftsdienst überfordert wäre.
Nicht immer lässt sich eine Traumatisierung ein- deutig erkennen. Bei dem Verdacht auf Trauma- tisierung von Kindern oder Erwachsenen muss eine hauptamtliche Begleitung erfolgen. Haupt- amtliche können entsprechende Beratungsstellen kontaktieren. (Siehe Seite 98/99).
98 99Gesundheit
Weitere Informationen: Im Rahmen des Projekts „Mit Migranten für Migranten“ wurden ausführ- liche Informationen zum Thema Gesundheit in 14 verschiedene Sprachen übersetzt. Den Link zu den Broschüren finden Sie auf der Internetseite www.bkk-bv-gesundheit.de/bkk-promig, Rubrik Downloadbereich/Gesundheitswegweiser.
was kann ich tun, wenn ein Flüchtling traumatisiert zu sein scheint?
In Baden-Württemberg gibt es fünf Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (PSZ), die sich auf die psychotherapeutische Beratung und Betreuung trauma- tisierter Flüchtlinge spezialisiert haben:
→ Karlsruhe Verein zur Unterstützung traumatisierter Migranten e. V. www.traumatisierte-migranten.de → Stuttgart Psychologische Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene (PBV) bei der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e. V. (eva) www.eva-stuttgart.de/fluechtlinge-traumaerfahrung.html → Stuttgart refugio stuttgart e. v., bietet auch Sprech- stunden in Tübingen an www.refugio-stuttgart.de → Ulm Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm (BFU) www.bfu-ulm.de → Villingen-Schwenningen Refugio Villingen- Schwenningen, Kontaktstelle für traumatisierte Flüchtlinge e. V. www.refugio-vs.de
Ebenso können sich Flüchtlinge, die sich noch im Asylver- fahren befinden, sowie Überlebende von Folter und deren Angehörige an das Kompetenzzentrum Psychotraumato- logie wenden, ein Partnerprojekt der Universität Konstanz mit dem Verein vivo, das vom Europäischen Flüchtlings- fonds gefördert wird.
→ Reichenau Kompetenzzentrum Psychotraumatologie am Zentrum für Psychiatrie Reichenau Tel. 07531/88-4623 www.psychologie.uni-konstanz.de/forschung/ clinicalpsychology/einrichtungen/trauma/
Beachten: Aufgrund der steigenden Flüchtlings- zahlen hat sich die Nachfrage nach psychosozialer Beratung und Therapieplätzen verstärkt, sodass mehrmonatige Wartezeiten entstehen können.
Hinweis: 20 bis 40 Prozent der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge sind durch Krieg, Bür- gerkrieg, Verfolgung, Vergewaltigung oder Folter traumatisiert. Sie sind seelisch, manchmal auch körperlich schwer verletzt und leiden unter vielfälti- gen Beschwerden, häufig in Form einer Post- traumatischen Belastungsstörung (PTBS). Diese kann sich in chronischen Schmerzzuständen, anhaltenden schweren Depressionen, Panikan- fällen, Zwangsverhalten, Essstörungen und einem hohen Suizidrisiko äußern. Bei Kindern ist eine Traumatisierung schwerer zu erkennen. Anzeichen dafür können aggressives Verhalten, Zurückge-
100 101Kinder, Jugendliche und unbegleitete minderjährige FlüchtlingeGesundheit
zogenheit, Schlafstörungen oder Einnässen sein. Auffälligkeiten bei Kindern sollten über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Oft erfolgt eine Therapie unter Einbeziehung der Eltern.
Traumatisierte Flüchtlinge, auch Kinder, gehören in fach- lich kompetente Hände. Sie sollten von einer hauptamtli- chen Person betreut werden. Diese kann den Kontakt zu einem PSZ herstellen.
Gut zu wissen: Wenn Sie dennoch in diesem Bereich tätig sein und traumatisierte Flüchtlinge bei der Bewältigung ihres Alltags unterstützen möchten, wenden Sie sich an refugio stuttgart, Refugio Villingen-Schwenningen oder das BFU. Dort werden ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter gesucht, die eine entsprechende Einarbeitung und Betreuung erhalten.
8. kInDEr, JuGEnDlIchE unD unBEGlEItEtE mInDErJährIGE FlüchtlInGE
welche besondere unterstützung brauchen kinder und Jugendliche?
Etwa 20 Prozent der Flüchtenden, die in Baden-Württem- berg ankommen, sind Kinder und Jugendliche. Der Anteil der Kinder bis sechs Jahre liegt bei acht Prozent.
Flüchtlinge im Kindergartenalter haben einen Rechtsan- spruch darauf, einen Kindergarten oder eine Kindertages- einrichtung zu besuchen. Gegebenenfalls muss sich die Kommune um einen freien Platz kümmern.
Um das Angebot an Sprachförderung und Eltern-Kind- Programmen auszubauen, stellt das Land weitere Mittel bereit.
Nach dem Schulgesetz beginnt die Schulpflicht für Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter sechs Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland. Die Flüchtlingskinder kommen dabei an den Schulen zunächst in sogenannte Vorbereitungsklassen, bevor sie in die regulären Klassen integriert werden.
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Kinder, Jugendliche und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Gut zu wissen! Die Vorbereitungsklassen sollen neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen helfen, schnell Deutsch zu lernen. Ziel ist es, ihnen den Weg in die regulären Klassen zu ebnen. Die Vor- bereitungsklassen werden zwischenzeitlich für alle Schularten angeboten, von der Grundschule bis zum Gymnasium.
Ehrenamtliche können den Kindern und Jugendlichen mit Hausaufgabenbetreuung und Sprachunterricht helfen.
Im Bereich der beruflichen Schulen besuchen Flüchtlinge im Rahmen der Berufsschulpflicht in der Regel Klassen des Vorbereitungsjahres Arbeit und Beruf (VABO-Klassen). Der Schwerpunkt liegt darauf, Deutsch zu lernen.
Beachten: Während des Aufenthalts in einer Lan- deserstaufnahmeeinrichtung können weder Schule noch Kindergarten besucht werden. Das ist gemäß Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) des Landes erst im Rahmen der vorläufigen Unterbringung möglich.
Insbesondere für Kinder und Jugendliche sind altersgerech- te Beschäftigungsmöglichkeiten wichtig. Dafür eignen sich vor allem die zahlreichen Vereine und Jugendhäuser mit ihren unterschiedlichen Freizeitangeboten (siehe Kapitel 11).
Praxistipps:
Basteln, malen und gestalten mit einer Kunsttherapeutin
Projekte wie zum Beispiel eine Fahrrad- oder Nähwerkstatt
Spielnachmittage, Vorlesestunden oder Theater spielen
Tanzkurse für verschiedene Altersgruppen
Internationale Gerichte kochen
Ausflüge in die nähere Umgebung
Prima Idee! In Mannheim haben der örtliche Caritasverband und das Diakonische Werk mithilfe von Spendenden einen Spielraum für Kinder in der Erstaufnahmeeinrichtung gestaltet. Eine erfahrene Pädagogin betreut das Spielzimmer zusammen mit Müttern und Ehrenamtlichen.
104 105Kinder, Jugendliche und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Prima Idee! Die Freiburger Initiative SCHLÜSSEL- MENSCH e. V. vermittelt Kontakte zwischen jun- gen Menschen, meist Studierenden, und Flüchtlings- kindern. Ziel der Patenschaften ist es, den Kindern und Jugendlichen durch gemeinsame Freizeitgestal- tung und Unterstützung in schulischen Belangen, Behörden- und Arztgängen neue Perspektiven in der Gesellschaft zu eröffnen. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.initiative-schluesselmensch.org.
Prima Idee! Die Stiftung Kinderland Baden-Würt- temberg fördert in Kooperation mit dem Minis- terium für Integration und der Heidehof Stiftung pädagogisch betreute Freizeitangebote, die auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Fluchter- fahrung eingehen. Der Fokus des Programms liegt auf der Weiterentwicklung der Fähigkeiten und Stär- ken der Kinder in einem spielerischen Rahmen, um so die Integration zu unterstützen. In den nächsten drei Jahren werden insgesamt 28 Projekte in Baden- Württemberg gefördert. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.stiftung-kinderland.de, Rubrik Programme/ Programme und Projekte/Pädagogische Freizeitange- bote für Kinder mit Fluchterfahrung.
welche unterstützung brauchen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge?
Zur Personengruppe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) zählen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die ohne Begleitung der Eltern oder anderer Sor- geberechtigter ins Land eingereist sind. Sie werden vom ört- lich zuständigen Jugendamt in Obhut genommen. Dieses ist nach § 42 Sozialgesetzbuch VIII für sie verantwortlich.
Vom Gericht wird ein Vormund bestellt. Dieser bespricht in einem Clearingverfahren die Situation des unbegleiteten min- derjährigen Flüchtlings (UMF) mit den beteiligten Behörden auf Landesebene, etwa der Ausländerbehörde, den Wohl- fahrtsverbänden oder Kirchen. Im Clearingverfahren wird unter anderem entschieden, ob ein Asylantrag gestellt wird.
Die minderjährigen Flüchtlinge müssen sich in einer völlig fremden Umgebung, Kultur und Sprache zurechtfinden. Gerade in dieser schwierigen Situation brauchen sie einen Menschen, der sich in besonderem Maße um sie kümmert, zu dem sie Vertrauen haben können und der sie während ihres Aufenthalts hier in den verschiedenen Lebensberei- chen begleitet.
Vormünder nehmen eine zentrale Rolle im Betreuungspro- zess von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ein!
Wer sich für eine Vormundschaft interessiert und eine Ansprechperson in der Nähe sucht, kann sich an das zustän- dige Jugendamt der Kommune wenden. Es hat die Aufgabe, Vormünder zu gewinnen und zu qualifizieren.
106 107Ausbildung und ArbeitKinder, Jugendliche und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Hinweis: In Stuttgart und Umgebung zum Beispiel übernimmt der Sozialträger Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt e. V. (AGDW) seit 2000 Vormund- schaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Zudem hat sich der Verein die Qualifizierung und Be- ratung von Einzelvormündern zur Aufgabe gemacht. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.agdw.de.
Die Kinderkommission des Deutschen Bundestags hat im März 2015 eine Stellungnahme veröffentlicht, in der Anfor- derungen und Kriterien für den Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen formuliert sind. Ausgehend von der UN-Kinderrechtskonvention wird die vollständige Umsetzung des Vorrangs des Kindeswohls gefordert.
Weitere Informationen: www.bundestag.de/kiko
Prima Idee! Der Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V. hat mit einer Gruppe junger Flüchtlinge eine Willkommensbroschüre in kindgerechter Sprache erstellt, in der eine Vielzahl an Informationen und Tipps zusammengefasst sind. Die Broschüre steht als Download kostenlos zur Verfügung und kann in der Geschäftsstelle des Bun- desfachverbands UMF für 2,50 Euro pro Exemplar in verschiedenen Sprachen bestellt werden. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.b-umf.de/ Rubrik Publikationen.
9. auSBIlDunG unD arBEIt
welche sprachlichen weiterbildungsmöglichkeiten gibt es für Flüchtlinge?
Bislang gibt es kein bundesweites Angebot kostenfreier Sprachkurse, das unmittelbar nach der Einreise verfügbar ist. Allerdings bieten viele Flüchtlingsarbeitskreise, gemein- nützige Vereine, Wohlfahrtsverbände, Bildungsträger oder Kirchengemeinden Sprachkurse an.
Welche sprachlichen Vorkenntnisse die Flüchtlinge mitbrin- gen und welchen Sprachkurs oder vielleicht sogar Alphabe- tisierungskurs sie benötigen, prüfen entweder die Mitarbei- tenden der Sozialdienste (zum Beispiel Arbeiterwohlfahrt, Evangelische Gesellschaft) in den Unterkünften oder die Clearingstelle der zuständigen Stadt. In Clearingstellen beraten und informieren Mitarbeitende des Sozialamts Flüchtlinge und Asylsuchende.
Prima Idee! Die Stadt Stuttgart bietet für Flücht- linge, die im Stadtgebiet untergebracht sind, ergän- zend zu den Integrationskursen Sprachkurse an. Die Anmeldung (derzeitige Gebühr: 20 Euro für 100 Stunden) erfolgt über die Clearingstelle der Stadt Stuttgart. Der Grundkurs besteht aus 200 Unterrichtsstunden und führt zum Erwerb des Sprachniveaus A1. Ein Ausbau der Kurse ist ab Herbst 2015 geplant. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.stuttgart.de/staedtische-deutschkurse.
108 109Ausbildung und Arbeit
An Integrationskursen dürfen nur bleibeberechtigte Perso- nen teilnehmen. Sie müssen beim Bundesamt für Migra- tion und Flüchtlinge (BAMF) eine Zulassung beantragen. Sowohl das Jobcenter als auch die Ausländerbehörde können Ausländerinnen und Ausländer mit schlechten Deutschkenntnissen unter bestimmten Voraussetzungen zum Kursbesuch verpflichten.
Nähere Informationen zu den Integrationskursen und den Kursträgern sowie den Kosten erhalten Sie in der „Clearing- stelle sprachliche Integration“ der betreffenden Stadt.
Die Integrationskurse des Bundes bestehen aus jeweils
→ einem Sprachkurs (600 Unterrichtsstunden) zur Vermittlung ausreichender Sprachkenntnisse und → einem Orientierungskurs (60 Unterrichtsstunden) zur Vermittlung von Kenntnissen zur Rechtsordnung, Geschichte und Kultur in Deutschland.
Außerdem gibt es spezielle Integrationskurse mit bis zu 960 Unterrichtsstunden:
→ Alphabetisierungskurse → Frauenintegrationskurse → Elternintegrationskurse → Jugendintegrationskurse → Intensivkurse → Förderkurse → Berufsbezogene Sprachförderung
Weitere Informationen: www.bamf.de, Rubrik Willkommen in Deutsch- land/Deutsch lernen/Integrationskurse/Spezielle Kursarten
Welche beruflichen Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es für Flüchtlinge?
Schulabschluss Zunächst muss geklärt werden, ob das ausländische schuli- sche Abschlusszeugnis hier anerkannt werden kann.
Weitere Informationen: www.anerkennung-in-deutschland.de
Berufliche Schulen bieten die Möglichkeit, den Haupt- schulabschluss, den Realschulabschluss sowie die Fach- hochschulreife nachzuholen.
Hinweis: Um sich besser auf das Nachholen von Schulabschlüssen vorbereiten zu können, bieten verschiedene Bildungsträger, wie beispielsweise die Volkshochschulen, Vorbereitungskurse an.
Der Schulbesuch von Schulen, Abendschulen sowie Kollegs ist unabhängig vom Aufenthaltsstatus möglich.
Studium Haben Asylsuchende, die in Deutschland studieren möchten, keine Hochschulzugangsberechtigung, besteht die Möglichkeit, einen Universitätsvorbereitungskurs an einem deutschen Studienkolleg zu besuchen.
110 111Ausbildung und Arbeit
Die Bewerbung um einen Studienplatz an der (Fach-)Hoch- schule erfolgt mit einer ausländischen Hochschulzugangs- berechtigung entweder direkt bei der Hochschule oder zentral bei uni-assist e. V., der Arbeits- und Servicestelle für internationale Studienbewerber. Weitere Informationen finden Sie unter www.uni-assist.de.
Für ein Studium ist kein bestimmter Aufenthaltsstatus erforderlich.
Haben Asylsuchende keinen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG, kann in vielen Fällen eine Finanzierung über Stiftungen, wie zum Beispiel dem Flüchtlings-Stipen- dienprogramm der Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband, erfolgen.
Weitere Informationen: www.asyl.net
Beruf Mit dem Programm „Chancen gestalten – Wege der Inte- gration in den Arbeitsmarkt öffnen“ hat die Landesregie- rung ein Projekt aufgelegt, das Flüchtlingen die Arbeits- marktintegration erleichtert. Nach Feststellung der beruf- lichen Qualifikation bietet das Programm Hilfen bei der Sprachförderung, bei der Suche nach Praktikumsplätzen sowie beim Netzwerken.
Weitere Informationen: www.integrationsministerium-bw.de/pb/,Lde/Start- seite/Teilhabe/Programm+Chancen+gestalten
Anerkannte Asylbewerber können an einer berufsbezo- genen ESF-Sprachförderung (ESF-BAMF-Programm) teilnehmen. Diese verbindet Deutschunterricht, berufliche Qualifizierung und Praktikum miteinander.
Weitere Informationen: www.bamf.de
welche Fördermöglichkeiten gibt es für Studierende?
Auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Ka- tholische Jugendsozialarbeit findet man unter der Rubrik „Bildungsberatung Garantiefonds Hochschule“ Hinweise und Links zu Stipendien und Fördermöglichkeiten für Studierende.
Weitere Informationen: www.bagkjs.de/bildungsberatung_garantiefonds_ hochschule
BAföG Flüchtlinge können Leistungen nach dem Bundesaus- bildungsförderungsgesetz (BAföG) in der Regel dann bekommen, wenn sie ein von der Ausbildung unabhängiges Aufenthaltsrecht in Deutschland besitzen.
Weitere Informationen: www.bafög.de
112 113Ausbildung und Arbeit
Deutschlandstipendium Das bundesweite Deutschlandstipendium ist eine nicht rückzahlungspflichtige Förderung, die mit dem Bezug von BAföG kombiniert werden kann.
Weitere Informationen: www.deutschlandstipendium.de
Begabtenförderung Die Friedrich-Ebert-Stiftung fördert unter anderem aner- kannte Flüchtlinge und Geduldete, die sich seit mindestens vier Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhalten.
Weitere Informationen: www.fes.de
Stipendienportale: www.stipendienlotse.de www.mystipendium.de www.studienkompass.de
Überbrückungshilfen Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst fördert die akademische Ausbildung und stellt ausländi- schen Studierenden in Deutschland einen ökumenischen Notfonds zur Seite. Dieser dient dazu, speziell Studieren- den aus Afrika, Asien und Lateinamerika durch begrenzte Zuschüsse aus vorübergehenden finanziellen Notlagen zu helfen, damit sie ihr Studium fortsetzen können.
Weitere Informationen: info.brot-fuer-die-welt.de/stipendien
ab wann dürfen Flüchtlinge eine geregelte arbeit aufnehmen?
Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung und Gedulde- te dürfen die ersten drei Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland nicht arbeiten. Danach besteht für sie in der Regel 15 Monate lang ein nachrangiger Arbeitsmarktzu- gang. Für eine Beschäftigung müssen sie eine Erlaubnis bei der Ausländerbehörde beantragen, die wiederum die Zentrale Auslands-und Fachvermittlung (ZAV) der Bundes- agentur für Arbeit um Zustimmung fragt. Die ZAV prüft im Rahmen der Zustimmung die Beschäftigungsbedin- gungen und führt eine Vorrangprüfung durch. Das heißt, für die konkrete Arbeitsstelle dürfen keine bevorrechtigten deutschen Arbeitnehmer, EU-Bürger oder entsprechend rechtlich gleichgestellte Ausländer zur Verfügung stehen. Nach vier Jahren entfällt die Erfordernis der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.
Anerkannte Flüchtlinge oder Asylsuchende dürfen eben- falls ohne vorherige Zustimmungserfordernis arbeiten.
Beispiele für Ausnahmen, in denen vor Ablauf der vier Jahre keine Zustimmung erforderlich ist:
→ bei der Aufnahme einer beruflichen Ausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf → Freiwilliges Soziales Jahr/Bundesfreiwilligendienst → Praktika im Rahmen einer (Hoch-)Schulausbildung und von EU-geförderten Programmen
114 115Ausbildung und Arbeit
Beispiele für Ausnahmen, in denen keine Vorrangprüfung erforderlich ist:
→ ausländischer Hochschulabschluss in einem Mangelberuf (zum Beispiel Naturwissenschaften) → inländischer, qualifizierter Ausbildungsabschluss und eine entsprechende Beschäftigung
Nach drei Monaten in Deutschland können sich Asyl- suchende bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden und deren Förderangebote nutzen. Die Arbeitsagentur übernimmt die Kosten für:
→ Bewerbungen (Bewerbungsmappen, Beglaubigungen, Fotos, Gesundheitszeugnis, Übersetzung von Zeugnissen) → Fahrten zu Vorstellungsgesprächen → die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse → berufliche Weiterbildung
Weitere Informationen: Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, www.bleibinbw.de, Rubrik rechts: Materialien zum Bestellen
Ausbildung/Beruf/Studium Man unterscheidet zwischen nicht reglementierten (Studien-)Berufen und reglementierten (Studien-)Berufen.
→ Für reglementierte (Studien-)Berufe wie beispiels- weise Krankenschwester, Arzt oder Rechtsanwalt muss ein offizielles Anerkennungsverfahren durchlaufen werden, da das Führen einer Berufsbezeichnung an bestimmte Verwaltungsvorschriften gebunden ist. → Für nicht reglementierte Berufe wird in Deutschland kein berufsspezifisches Anerkennungsverfahren durch- geführt. Somit kann man sich um entsprechende Stellen mit dem ausländischen Abschluss bewerben.
Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erhält man relevante Informationen zur Anerkennung und zum Verfahren.
Weitere Informationen: www.anerkennung-in-deutschland.de, Rubrik Anerkennungs-Finder
Beachten: Befindet sich der Flüchtling, Asylsuchende oder Geduldete in einer Ausbildung, darf er meist auch bei negativem Bescheid seines Asylantrages in Deutschland bleiben, um seine Ausbildung zu beenden.
116 117Ausbildung und Arbeit
wie kann ich bei der Suche nach einem arbeitsplatz unterstützen?
Um Flüchtlinge nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu inte- grieren, ist die Begleitung durch Ehrenamtliche hilfreich.
Sie können die Flüchtlinge darin unterstützen,
→ ihre Sprachkompetenz zu verbessern, → sich im deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zurechtzufinden, → Zeugnisse und Berufsabschlüsse anerkennen zu lassen, → Bewerbungen zu schreiben, → Vorstellungsgespräche vorzubereiten, → sich der räumlichen Einschränkung bei der Arbeits- suche durch Residenzpflicht und Wohnsitzauflage zu stellen.
Für Ehrenamtliche, die sich in diesem Bereich weiterbilden wollen, bietet das Projekt BIQ (Beratung, Information, Qualifizierung) ein Modul mit folgendem Inhalt an:
→ Zugang zu Bildung → Anerkennung von Zeugnissen und Berufsabschlüssen → Ausbildung → Arbeitsmarkt → Anerkennung von Abschlüssen etc.
Weitere Informationen: www.biq.fluechtlingsrat-bw.de
Prima Idee! Studierende haben eine bundesweite Jobbörse für Flüchtlinge ins Leben gerufen. Dort können sowohl Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Stellenangebote einstellen als auch Flüchtlinge ein Profil mit ihrem Jobgesuch hochladen. Weitere Informationen finden Sie unter www. workeer.de und www.facebook.com/workeerde.
wie kann man Flüchtlinge ehrenamtlich oder geringfügig beschäftigen?
Solange noch keine Arbeitserlaubnis vorliegt, können Asyl- suchende ehrenamtlich bei kommunalen oder gemeinnüt- zigen Trägern arbeiten. Erlaubt sind maximal 20 Wochen- stunden im Monat mit einem Stundenlohn von 1,05 Euro. Es müssen Arbeiten sein, „die nur stundenweise verrichtet werden und kein Arbeitsverhältnis nach arbeitsrechtli- chen Kriterien begründen“. Zudem ist die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nur zulässig, soweit die zu leistende Arbeit sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde.
Ehrenamtliche Einsatzmöglichkeiten:
→ bei Wohlfahrtsverbänden wie dem Deutschen Roten Kreuz, zum Beispiel in der Kleiderkammer → beim Ausfahren von „Essen auf Rädern“ → in den Gemeinschaftsunterkünften oder Bürger- häusern als Unterstützung für Hausmeistertätig- keiten, für gemeinnützige Veranstaltungen oder bei der Kinderbetreuung
118 119Ausbildung und Arbeit
Prima Idee! Im Rahmen des Projektes „HuT – Handwerk und Technik für Flüchtlinge“ in Schwäbisch Gmünd wurde im Bereich der Gemein- schaftsunterkunft ein großer Werkraum geschaffen. Dort können Flüchtlinge an drei Nachmittagen in der Woche handwerklich arbeiten und erhalten so eine gewisse berufliche Vorbereitung. Weitere Informationen finden Sie unter www.lernwerkstatt-hut-für-flüchtlinge.de.
Beachten: Flüchtlinge dürfen erst nach einem Auf- enthalt von drei Monaten in Deutschland ein Prakti- kum machen. Bisher bekamen sie einen Praktikums- platz nur dann, wenn die Bundesagentur für Arbeit zustimmte, dass es keinen Arbeitnehmer gibt, der ein Vorrecht darauf hat. Diese Prüfung fällt durch eine Änderung der Beschäftigungsverordnung weg. Das gilt für Pflicht-, Orientierungs-, ausbildungs- oder studienbegleitende Praktika bis zu drei Monaten und für die Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierung oder Berufsausbildungsvorbereitung. Weitere Informationen finden Sie unter Bundes- ministerium für Arbeit und Soziales: www.bmas.de.
Seit 2015 erhalten Flüchtlinge den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto, wenn sie ein freiwilliges Praktikum in einem Betrieb machen. Der Mindestlohn gilt nicht für verpflichtende Praktika, die beispielsweise im Rahmen von Ausbildungen absolviert werden.
Weitere Informationen: www.bundesregierung.de www.lohn-info.de/mindestlohn_gesetzlich
Prima Idee! Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg fördert von Oktober 2015 bis September 2017 das Projekt „Landesprogramm Arbeitsmarkt und regionale Integration von Asyl- suchenden und Flüchtlingen – LAurA“ der BBQ Berufliche Bildung gGmbH. An fünf Standorten in Baden-Württemberg werden sozialpädagogisch begleitete betriebliche Praktika durchgeführt. Weitere Informationen finden Sie unter sozial- ministerium.baden-wuerttemberg.de, Rubrik Arbeit & Soziales/Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen.
120 121Mobilität
10. moBIlItät
Wie verhält es sich mit der Residenzpflicht?
Nach ihrer Ankunft in Deutschland gilt für Asylsuchende drei Monate lang die Residenzpflicht (§ 56 Asylverfahrens- gesetz). Während dieser Zeit dürfen sich die Betroffenen nur in einem festgelegten Bereich aufhalten. In Baden- Württemberg ist dies das Bundesland.
Für Termine bei Behörden und Gerichten gilt diese Ein- schränkung nicht. Zu anderen Anlässen muss jedoch bei der zuständigen Ausländer- oder Sozialbehörde eine Erlaubnis eingeholt werden. Erfahrungsgemäß wird diese bei Famili- enangelegenheiten (Krankenbesuch, Hochzeit, Sterbefall etc.) und wichtigen Anwalts- oder Arztbesuchen erteilt.
Hinweis: Die schriftliche Einladung der Person, die besucht werden soll, kann beim Erteilen der Erlaub- nis helfen. Zum Verlassen des festgelegten Bereichs verlangen manche Ausländerbehörden eine Gebühr.
Beachten: Bei Residenzpflichtverletzungen drohen Geldbußen und im Wiederholungsfall sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.
Nach Ablauf der Residenzpflicht schließt sich für Asylsu- chende die Wohnsitzauflage an. Das heißt, sie sind verpflich- tet, ihren Wohnsitz in einer bestimmten Stadt oder einem be- stimmten Landkreis zu behalten, solange ihr Asylantrag läuft. Erst wenn dem Asylantrag stattgegeben wurde und sie ihren Lebensunterhalt selbst sichern können, erlischt die Auflage.
Für anerkannte Flüchtlinge wird vieles einfacher. Anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte haben An- spruch auf eine Aufenthaltserlaubnis, die in der Regel zunächst auf drei Jahre befristet ist. Danach erhalten sie eine unbefristete Niederlassungserlaubnis, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mitgeteilt hat, dass keine Voraussetzungen für einen Widerruf der Anerkennung vorliegen. Sobald eine Niederlassungserlaubnis (unbefristeter Aufenthaltstitel) oder eine Aufenthaltserlaubnis (befristeter Aufenthaltstitel) vorliegt, haben Asylsuchende mehrere Möglichkeiten:
→ Umzug innerhalb Deutschlands: Dies ist ohne Einschränkung möglich. → Umzug in ein anderes Land der EU: Dies ist innerhalb von fünf Jahren nur in Ausnahme fällen möglich, zum Beispiel, wenn ein anerkannter Flüchtling den Staatsangehörigen eines anderen Landes heiratet. → Reisen innerhalb Europas: Da jeder anerkannte Flüchtling in Deutschland einen internationalen Reiseausweis, den GFK-Pass, erhält, kann er in alle Staaten, welche die Genfer Flüchtlings- konvention unterzeichnet haben und den GFK-Pass als Ausweis und Reisepass anerkennen, ohne Visum einreisen.
122 123Mobilität
welche Fortbewegungsmöglichkeiten bieten sich an?
Für Asylsuchende ist es wichtig, mobil zu sein. Am besten eignen sich dafür Fahrräder und der öffentliche Nahverkehr.
Rund ums Rad Eine Möglichkeit, preisgünstig ein Fahrrad zu kaufen, sind Fahrradbörsen, die in vielen Kommunen angeboten werden.
Prima Idee! In Stuttgart-Plieningen bietet die „AG Fahrrad“ des Freundeskreises Flüchtlinge Plieningen- Birkach Fahrradsuchenden die Chance, sich mit einem Rad auszustatten. Gemeinsam werden in der Werkstatt in der Flüchtlingsunterkunft „Im Wolfer“ Fahrräder repariert und fahrtauglich gemacht. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.freundeskreis70599.de.
Bus und Bahn nutzen Der öffentliche Nahverkehr ist für Flüchtlinge und Asyl- suchende nicht immer erschwinglich. Um ihnen trotzdem eine gewisse Mobilität zu ermöglichen, bieten einige Kom- munen die kostenlose oder ermäßigte Nutzung von Bussen und Bahnen an.
In Karlsruhe ist es möglich, dass Asylsuchende, die in der Landeserstaufnahmeeinrichtung untergebracht sind, ihren Bewohnerausweis regional (nur im Stadtgebiet Karlsruhe) als Kombiticket für die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen.
Weitere Informationen: www.fluechtlingsrat-bw.de, Rubrik Informationen/ Soziales: Unterbringung, Seite 7 (3.8.2014)
In Stuttgart gibt es die Bonuscard. Mit dieser können Personen, die Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II (Leistungen nach dem SGB II) oder Leistungen nach dem Asylbewer- berleistungsgesetz erhalten, im öffentlichen Nahverkehr zeitlich eingeschränkt ermäßigt fahren (zum Beispiel nicht im Berufsverkehr).
Weitere Informationen: www.stuttgart.de/bonuscard
Prima Idee! Die Flüchtlingshilfe „Netzwerk Willkommen Schramberg-Lauterbach“ hat Spenden gesammelt und davon Wochenkarten für den Bus gekauft. In manchen Kommunen werden Busshuttles bereitgestellt, um Flüchtlingen aus abgelegenen Unterkünften den weiten Weg zum Einkauf oder zum Arzt zu erleichtern
124 125Mobilität
Mitfahrgelegenheiten Diese sind für längere Strecken immer eine kostengünstige Alternative zu öffentlichen Verkehrsmitteln:
→ www.mifaz.de (Mitfahrzentrale und Fahrgemeinschaft für Pendler) → www.pendlernetz.de (Gemeinsam fahren und sparen ...) → www.pendlerservice.de (Mitfahrgelegenheit Baden-Württemberg – Pendlerservice)
Hinweis: Listen Sie auf, welche Flüchtlinge wohin müssen und fragen Sie in ihrem Arbeitskreis nach, wer Fahrdienste übernehmen kann (zum Beispiel zum Sprachkurs).
Führerschein und Fahrprüfung Wer eine ausländische Fahrerlaubnis hat, darf nur innerhalb der ersten sechs Monate nach der Einreise in die Bundesre- publik Deutschland damit fahren, danach braucht er einen deutschen Führerschein, sonst macht er sich strafbar nach § 21 StVG.
Auf der Führerscheinstelle wird die Fahrerlaubnis, je nach Herkunftsland, unterschiedlich anerkannt und umgeschrieben.
→ Eine Fahrerlaubnis aus der Europäischen Union oder aus Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums wird ohne Umschreibung anerkannt.
→ Eine Fahrerlaubnis aus den sogenannten „Listen- staaten“ (siehe www.verkehrsportal.de/Anlage 11 FeV) kann meist ohne Prüfung umgeschrieben werden, da sie denen der EU gleichzusetzen ist. → Damit eine Fahrerlaubnis aus sonstigen Staaten, sogenannten „Drittstaaten“, umgeschrieben werden kann, muss der Inhaber eine theoretische und prakti- sche Prüfung in einer Fahrschule machen.
Diese Unterlagen braucht man für die Fahrschule:
→ Eine Aufenthaltsgestattung, so heißt die Bescheini- gung, die Personen erhalten, die einen Asylantrag gestellt haben. Sie dürfen sich, solange ihr Asylantrag läuft, in Deutschland aufhalten. → Oder eine Bescheinigung über einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung. Diese muss mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Dokumente den Zusatz „Personalangaben beruhen auf den eigenen Angaben“ tragen.
Hinweis: Es kommt immer wieder vor, dass Führer- scheinbehörden die Erteilung einer Fahrerlaubnis we- gen eines fehlenden Identitätsnachweises verweigern, wenn ein Flüchtling keine Papiere besitzt. Hier ist die Praxis bisher uneinheitlich. Im Zweifel sollte man sich anwaltlichen Rat einholen.
Beachten: Um einen deutschen Führerschein zu erhalten, muss man seine ausländische Fahrerlaubnis abgeben.
126 127Freizeit
11. FrEIZEIt
wie integriere ich Flüchtlinge in örtliche Vereine?
Es gibt viele Möglichkeiten, Flüchtlinge an kulturellen, sozialen und sportlichen Aktivitäten teilhaben zu lassen und ihre Integration zu fördern. Orientieren Sie sich dabei immer an den persönlichen Fähigkeiten und Interessen des einzelnen Menschen.
Sport bietet Flüchtlingen ideale Voraussetzungen für eine rasche Integration in die Gesellschaft. Der Landessportver- band Baden-Württemberg zeigt unter der Rubrik Sport- welten/Integration Beispiele von Sportvereinen, bei denen Flüchtlinge mitmachen.
Weitere Informationen: www.lsvbw.de Informationen zum Thema Spielberechtigung im Fußball finden Sie in der Broschüre „Willkommen im Verein! Fußball mit Flüchtlingen“ unter www. dfb.de/start, Rubrik Projekte + Programme/Viel- falt/Anti-Diskriminierung/Integration/Fußball mit Flüchtlingen.
Musik ist eine Sprache, die jeder versteht. Sie hat häufig auch eine therapeutische Wirkung. Viele Flüchtlinge spielen ein Musikinstrument oder singen gerne.
Um herauszufinden, welche Vereine es in Ihrer Nähe gibt, können Ihnen das Bürgeramt und die Internetseite Ihres Wohnorts weiterhelfen.
Prima Idee! Die Universität Freiburg bietet Flücht- lingskindern durch Teilnahme an Proben und Kon- zerten die Möglichkeit, einen direkten Einblick in die Welt der klassischen Musik zu erhalten. Weitere Informationen finden Sie unter www.initiative-schluesselmensch.org.
Prima Idee! Kinder zwischen zehn und zwölf Jahren haben in der Tübinger Musikschule die Möglichkeit, das türkische Saiteninstrument Saz, die arabische Oud oder die Handtrommeln Duff und Darabuke spielen zu lernen. Weitere Informationen finden Sie unter www.tuebinger-musikschule.de.
Generell gilt: Erkundigen Sie sich bei den örtlichen Ver- einen nach Möglichkeiten, wie sich Flüchtlinge mit ihren Interessen, Fähigkeiten und ihrer Kultur einbringen und Gleichgesinnte treffen können.
Weitere Informationen: Auf der Homepage der Stadt Stuttgart, www.stuttgart.de, sind unter der Rubrik Leben in Stuttgart/Vereine alle Vereinsangebote im Großraum Stuttgart aufgelistet, unter anderem auch Deutsch-Ausländische Vereinigungen, Interkultu- relle Kultur- und Brauchtumsvereinigungen sowie Vereine für internationale Begegnung.
Das Forum der Kulturen Stuttgart e. V. ist der Dachver- band interkultureller Vereine und Einrichtungen. Der Schwerpunkt liegt unter anderem auch in der Vernetzung interkultureller Aktivitäten.
128 129Freizeit
Weitere Informationen: www.forum-der-kulturen.de
wie ermögliche ich Flüchtlingen den Besuch von kulturveranstaltungen und Freizeitaktivitäten?
Der Besuch von Kulturveranstaltungen gibt Flüchtlingen die Möglichkeit, am sozialen Leben teilzuhaben. Als Ehren- amtlicher können Sie helfen, geeignete Veranstaltungen zu finden und die Flüchtlinge dorthin zu begleiten. Sie können zudem versuchen, kostengünstige Eintritte zu verhandeln, Kooperationen mit Veranstaltern einzugehen oder Spenden für die Eintrittskarten zu sammeln (zum Thema Spenden siehe Kapitel 4).
Prima Idee! Die Initiative SCHLÜSSELMENSCH e.V. aus Freiburg ermöglicht Flüchtlingskindern den Zugang zu Kultur- und Freizeitangeboten, indem sie Kooperationen mit örtlichen Firmen und Kultur- einrichtungen eingegangen ist und ein Patenschafts- modell aufgebaut hat. Ehrenamtliche erkunden zusammen mit den Kindern das kulturelle Angebot der Stadt. Bei der Auswahl der Kooperationspartner waren die Belange der Kinder maßgeblich. Beispiels- weise Freikarten fürs Kino (Cinemaxx und Kommu- nales Kino), ermäßigte Eintrittskarten fürs Theater der Stadt Freiburg, ermäßigte Schwimmkurse beim DLRG, kostenlose Geocaching-Stadtrallyes, eine Stiftung aus dem Großraum Freiburg unterstützt Ausflüge und weitere Aktivitäten. Weitere Informationen finden Sie unter www.initiative-schluesselmensch.org.
Prima Idee! Das Asylzentrum Tübingen bietet mit dem Projekt „KIT – Kinder in Tübingen“ Flücht- lingskindern eine Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Ehrenamtliche und eine haupt- amtlich tätige Sozialpädagogin bieten den Kindern folgendes Programm an: → die städtische Kinderbibliothek erkunden → ins Schwimmbad gehen → an museumspädagogischem Angebot teilnehmen → Ausflüge unternehmen und durch die Natur wandern Weitere Informationen finden Sie unter www. asylzentrum-tuebingen.de, Rubrik Projekte/KIT.
Prima Idee! Der Freundeskreis Flüchtlinge Plieningen- Birkach bietet unter anderem folgende Arbeitsgruppen und Freizeitmöglichkeiten für Flüchtlinge an: → Gartengestaltung und Kochen → Handarbeiten wie Stricken, Häkeln, Nähen, Basteln → Freizeitgestaltung in Kooperation mit dem Jugendhaus in Birkach: Die kostenlosen Angebote reichen vom kreativen Basteln über Musik bis hin zu Spiel- und Spaßaktionen → Sportangebote bietet der TV Plieningen an und betreut Flüchtlinge in den ersten Kursstunden → Frauencafé: Frauen aus der Umgebung treffen sich mit Flüchtlingsfrauen zu Kaffee/Tee und um sich auszutauschen Weitere Informationen finden Sie unter www. freundeskreis70599.de, Rubrik Arbeitsgruppen.
130 131Freizeit
welche Feste sollte man gemeinsam feiern?
Feste und Feiertage sind in allen Religionen und Kulturen fest verankert. Bräuche und Rituale stärken den Zusam- menhalt. Gemeinsam feiern macht Spaß und fördert die Kommunikation zwischen den Kulturen. Fragen Sie die Flüchtlinge, welche Feste (eventuell auch Geburtstage) sie gerne feiern möchten.
Für das Feste feiern gibt es in den Unterkünften keine Richtlinien, es wird individuell gehandhabt. So liegt die Organisation manchmal in der Hand der Hauptamtlichen, manchmal bei den Ehrenamtlichen, andere Feste werden zusammen organisiert. In der Regel werden in den Unter- künften folgende Feste gefeiert:
Interkulturelle Feste Flüchtlinge, Ehrenamtliche, Hauptamtliche und Koopera- tionspartner wie Jugendhäuser, Vereine, Kirchengemeinde oder Schulen feiern zusammen.
Der interkulturelle Kalender des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge enthält die bedeutendsten christlichen, jüdischen, islamischen, hinduistischen und buddhistischen Feiertage.
Weitere Informationen: Den Kalender können Sie unter www.bamf.de, Rubrik Downloads und Publi- kationen kostenlos herunterladen.
Auch das Ministerium für Integration Baden-Württemberg gibt einen Interkulturellen Kalender heraus. Um ihn zu bestellen, senden Sie eine E-Mail mit Ihren Kontaktdaten und dem Kennwort „Interkultureller Kalender 2015“ an pressestelle@intm.bwl.de (solange der Vorrat reicht).
Willkommens- und Kennenlernfeste Flüchtlinge, Ehrenamtliche, Hauptamtliche, Kooperations- partner und Interessierte feiern zusammen, um sich kennen- zulernen.
Prima Idee! Die Flüchtlinge, der Flüchtlingsfreun- deskreis Rohr, das Großpuppenprojekt Dundu und der AWO-Flüchtlingssozialdienst haben einen Umzug zur Flüchtlingsunterkunft in Stuttgart-Rohr veranstaltet, mit einem anschließenden Fest. Neben musikalischer Begleitung gab es ein buntes Pro- gramm und Köstlichkeiten aus aller Welt. Weitere Informationen finden Sie unter www.face- book.com, Rubrik refugees/welcome.to.stuttgart.
Prima Idee! Die Initiative SCHLÜSSELMENSCH e. V. aus Freiburg feierte mit muslimischen Flücht- lingskindern Nikolaus und Weihnachten. In einem örtlichen Supermarkt konnten Kundinnen und Kunden passende Geschenke kaufen und Grußkar- ten schreiben. Diese wurden dann an Weihnachten an die Kinder im Wohnheim überreicht.
132 133Kontaktadressen
kontaktadressen
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg bietet auf seiner Internetseite ein umfangreiches Verzeichnis von lokalen, landesweiten, bundesweiten und internationalen Adressen zum Thema Flüchtlingsarbeit. Die lokalen Adressen sind nach Land- und Stadtkreisen gegliedert. Dort fi nden Sie auch die Kontaktdaten der Flüchtlingsarbeitskreise, der Beratungsstellen sowie der Ausländer- und Sozialbehörden vor Ort.
www.fl uechtlingsrat-bw.de, Rubrik Das Netzwerk – Kontaktadressen
Auch auf der Internetseite für ehrenamtliche Flüchtlings- hilfe des Staatsministeriums Baden-Württemberg fi nden Sie die Links zu den entsprechenden Seiten des Flüchtlingsra- tes. Darüber hinaus sind dort die Adressen der Ministerien und Regierungspräsidien aufgelistet.
www.fl uechtlingshilfe-bw.de, Rubrik Adressen
tEIl III: anhanG
134 135Kontaktadressen
wichtige staatliche Stellen der landesregierung zum thema Flüchtlingshilfe
STAATSMINISTERIUM Richard-Wagner-Straße 15 70184 Stuttgart Tel.: 0711 / 21 53-0 Fax: 0711 / 21 53-340 internet@stm.bwl.de www.stm.baden-wuerttemberg.de
STAATSRÄTIN FÜR ZIVILGESELLSCHAFT UND BÜRGERBETEILIGUNG Richard-Wagner-Straße 15 70184 Stuttgart Tel.: 0711 / 21 53-0 Fax: 0711 / 21 53-340 internet@stm.bwl.de www.stm.baden-wuerttemberg.de
MINISTERIUM FÜR INTEGRATION Königstraße 44 70173 Stuttgart Tel.: 0711 / 33 503-0 Fax: 0711 / 33 503-444 poststelle@intm.bwl.de www.integrationsministerium-bw.de
INNENMINISTERIUM Willy-Brandt-Straße 41 70173 Stuttgart Tel.: 0711 / 231-4 Fax: 0711 / 231-50 00 poststelle@im.bwl.de www.im.baden-wuerttemberg.de
MINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIAL- ORDNUNG, FAMILIE, FRAUEN UND SENIOREN Schellingstraße 15 70174 Stuttgart Tel.: 0711 / 123-0 Fax: 0711 / 123- 3999 poststelle@sm.bwl.de www.sm.baden-wuerttemberg.de
MINISTERIUM FÜR KULTUS, JUGEND UND SPORT Thouretstraße 6 70173 Stuttgart Tel.: 0711 / 279-0 Fax: 0711 / 279-2550 poststelle@km.kv.bwl.de www.kultusportal-bw.de
136 137Quellen
Quellen TELEFONISCHE/SCHRIFTLICHE AUSKÜNFTE:
Amtsgericht Vaihingen an der Enz (Kapitel 4) Arbeitskreis Asyl Neckarhausen (Kapitel 2) Arbeitskreis Flüchtlinge Heumaden-Sillenbuch (Kapitel 2) Diözesan-Caritasverband Freiburg (Kapitel 2, 5) Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e. V. (Kapitel 2, 5) Freundeskreis Flüchtlinge Plieningen-Birkach (Kapitel 6) Gemeinschaftsunterkunft „Im Wolfer“ Stuttgart-Plieningen (Kapitel 6) Gemeinschaftsunterkunft „Nordbahnhofstraße“ Stuttgart-Nord (Kapitel 11) Kompetenzzentrum Psychotraumatologie am Zentrum für Psychiatrie Reichenau (Kapitel 7) Psychologische Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene bei der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e. V. (Kapitel 7) Rechtsanwalt Roland Kugler, Anwaltskanzlei Kugler, Spätgens + Hünefeld Stuttgart (rechtliche Prüfung) Sozialamt Stuttgart (Kapitel 2) Stadt Nürtingen (Kapitel 2) Stadt Schwäbisch Gmünd (Kapitel 6)
PUBLIKATIONEN:
Asylzentrum Tübingen e. V.: „Leitfaden für das freiwillige Engagement in der Flüchtlingsarbeit“, März 2011 (Kapitel 6, 10) BKK Bundesverband und Ethno-Medizinisches Zentrum e. V. (Hg.): „Gesundheit Hand in Hand. Das deutsche Gesundheitssystem. Ein Wegweiser für Migrantinnen und Migranten.“, 2009 (Kapitel 7) Landratsamt Esslingen: „Flüchtlingsarbeit im Landkreis Esslingen“, 2014 (Kapitel 6) Pro Asyl (Hg.): Georg Classen: „Sozialleistungen für MigrantInnen und Flüchtlinge. Handbuch für die Praxis“, 2008 (Kapitel 7)
INTERNETLINKS:
www.agdw.de (Stand Mai 2015, Kapitel 5, 8) www.ak-asyl.de (Stand Mai 2015, Kapitel 5) www.ak-asyl-stuttgart.de (Stand Mai 2015, Kapitel 5) aktiv.fluechtlingsrat-bw.de/aktuelle-fortbildungen.html (Stand Juli 2015, Kapitel 2) www.anerkennung-in-deutschland.de (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.asyl.net (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.asyl.net/fileadmin/user_upload/beitraege_asylmagazin/AM2003-05-05- Stiegeler.pdf (Stand Mai 2015, Kapitel 10) www.asyl.net/fileadmin/user_upload/redaktion/Dokumente/Publikationen/ RechtBildung_online2014.pdf (Stand Juli 2015, Kapitel 9) www.asyl-bc.de/initiativen/asyl-biberach/frauentreff-biberach/5-interreligioese-feier (Stand Mai 2015, Kapitel 11)
asylzentrum-tuebingen.jimdo.com/projekte/kit-und-kit-patenprojekt/ (Stand Mai 2015, Kapitel 11) www.auslaenderbeirat-muenchen.de (Stand Mai 2015, Kapitel 5) www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/landesregie- rung-schafft-ombudsstelle-fuer-die-einrichtungen-der-fluechtlingserstaufnahme/ (Stand Mai 2015, Kapitel 2) www.bafög.de (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.bagkjs.de/bildungsberatung_garantiefonds_hochschule (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.bagkjs.de/media/raw/Foerderung_und_Beratung_Online.pdf (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.bamf.de (Stand Mai 2015, Kapitel 3, 5, 8) www.bamf.de/DE/DasBAMF/IZAsylMigration/izasylmigration-node.html (Stand Juli 2015, Kapitel 3) www.bamf.de/DE/Infothek/ESFProgramm/esf-bamf-programm-node (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.bamf.de/DE/Migration/EhepartnerFamilie/ehepartnerfamilie-node.html (Stand Mai 2015, Kapitel 5) www.bamf.de/DE/Willkommen/Aufenthalt/eAufenthaltstitel/e-aufenthaltstitel- node.html (Stand Juli 2015, Kapitel 5) www.bamf.de/DE/Willkommen/DeutschLernen/Integrationskurse/SpezielleKursar- ten/speziellekursarten (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Sonstige/interkultu- reller-kalender-2015_pdf.html (Stand Mai 2015, Kapitel 11) www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche- asylverfahren.html?nn=1363218 (Stand Mai 2015, Kapitel 3, 8) www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Flyer/ablauf-asylverfahren. html?nn=1363218 (Stand Mai 2015, Kapitel 3, 8) www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Foerderprogram- me/ProgrammeREAGGARP/reag-garp-programm.html (Stand Mai 2015, Kapitel 5) www.beobachternews.de/2015/02/28/verstoss-gegen-die-residenzpflicht-haftstrafe/ (Stand Mai 2015, Kapitel 10) www.biq.fluechtlingsrat-bw.de (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.bmas.de/SharedDocs/ Downloads/DE/PDF-Publikationen/a329-unfallversi- chert-im-engagement.pdf? (Stand Mai 2015, Kapitel 2) www.bmbf.de (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.bmi.bund.de/SharedDocs/Behoerden/DE/bamf_einzel.html (Stand Mai 2015, Kapitel 3) www.brot-fuer-die-welt.de (Stand Mai 2015, Kapitel 9) www.b-umf.de/images/KIKO_Stellungnahme_UMF_03_2015.pdf (Stand Mai 2015, Kapitel 8) www.bundesregierung.de (Stand Mai 2015, Kapitel 5) www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2014/07/2014-07-03-mindestlohn- bundestag (Stand Mai 2015, Kapitel 9)
138 139Quellen
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140 Impressum
Impressum HERAUSGEBER Staatsministerium Baden-Württemberg Gisela Erler Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Richard-Wagner-Straße 15 70184 Stuttgart Internet: stm.baden-wuerttemberg.de, Rubrik Ministerium/ Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de
KONZEPTION Stabsstelle der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Richard-Wagner-Straße 15 70184 Stuttgart Telefon: 0711/2153-630 E-Mail: veronika.kienzle@stm.bwl.de sowie der Redaktionsrat Handbuch Flüchtlingshilfe, die Teilnehmenden des 1. Forums Flüchtlingshilfe und <em>faktor Die Social Profit Agentur GmbH, Stuttgart
GESTALTUNG UND REALISATION <em>faktor Die Social Profit Agentur GmbH, Stuttgart
FOTOS Birgit Betzelt (Seite 12) und Cornelia Geidel (Seite 54)
DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe
Klimaneutral gedruckt auf Recycling-Papier
1. Auflage 10.000 Stand September 2015
Haftungsausschluss: Das vorliegende Handbuch dient der Orientierung und gibt Empfehlungen für die praktische Arbeit vor Ort. Es kann nicht den Anspruch erheben, eine umfassende oder gar abschließende Darstellung der Rechtslage zu geben. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass sich die Rechtsgrundlagen häufig ändern. Das Ausländer- und Asylrecht ist bekanntermaßen ein Rechtsgebiet, das laufend reformiert wird. Wir empfehlen daher, bei konkreten Rechtsfragen die einschlägigen Beratungsstellen oder Rechtsanwälte zu konsultieren.
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/bfi/fluechtlinge/ehrenamt_fluechtlingshilfe/HF_sections/content/ZZmsuzq7R01Qt9/ZZmsuOPrU057hy/Handbuch_Fluechtlingshilfe.pdf
Stadt Karlsruhe Sozial- und Jugendbehörde | Kinderbüro
Erinnerungen
20 JAHRE KINDERBÜRO
2 | 20 JAHRE KINDERBÜRO
VORWORT Das Kinderbüro der Stadt Karlsruhe feiert sein 20-jähriges Bestehen, das bedeutet 20 Jahre Arbeit für Karlsruher Kinder, Jugendliche und deren Familien. Dies ist eine lange Zeit, in der sich viel ereignet hat.
In der Sitzung vom 27. Juni 1990 empfahl der Jugendwohlfahrtsausschuss dem Gemeinderat die Einrichtung der Stelle eines oder einer Kinderbeauftragten.
Die Stelle wurde im Mai 1991 ausgeschrieben und am 1. Dezember 1991 nahm Dr. Christine Dörner die Arbeit auf. Ihr zur Seite gestellt wurde die Abteilung Allgemeine Kinder- und Jugendhilfe mit den Sachgebieten Familienbildung, Jugendschutz und Jugendsozialarbeit.
Am 23. März 1992 wurde das Kinderbüro offiziell eröffnet.
Heute, 20 Jahre später, stellt sich das Kinderbüro folgendermaßen dar:
Neben dieser inhaltlichen/organisatorischen Entwicklung gibt es aber auch die ganz persönlichen Erinnerungen und Eindrücke derer, die mit der Geschichte des Kinderbüros eng verbunden sind.
Einige davon sind hier wiedergegeben. Nach einer Übersicht über alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinderbüros machen die bisherigen Leiterinnen Dr. Christine Dörner (1992 bis 1999), Dr. Susanne Heynen (2000 bis 2008) und Dr. Frauke Zahradnik (2008 bis heute) den Anfang. Sie haben mit ihren Arbeitsschwerpunkten jeweils das Gesicht des Kinderbüros geprägt.
Zu Wort kommen auch Personen der ersten Stunde, deren Engagement das Kinderbüro erst möglich gemacht hat, wie Franz Hoß (AWO Kreisverband Karlsruhe-Stadt e. V.), Helga Lange-Garritsen (Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Karlsruhe e. V.) und Hans Ulrich Graf (damaliger Jugendamtsleiter).
Und schließlich die Wegbegleiter in der Arbeit für Kinder, Jugendliche und Familien wie zum Beispiel Klaus Pistorius und Ralf Birkner (Stadtjugendausschuss e. V. Karlsruhe).
Das Kinderbüro bedankt sich bei allen Wegbereitenden und Wegbegleitenden und wünscht viel Freude beim Lesen.
Frühe Prävention
Familienbildung
Jugendschutz
Kinderinteressenvertretung
Karlsruher Bündnis für Familie
Oberbürgermeister
Bürgermeister
Direktion SJB
Jugendamtsleitung
Aufgaben nach §§ 14 und 16, SGB VIII
Freiwillige Leistungen
KINDERBÜRO
SOZIAL- UND JUGENDBEHÖRDE | 3
DIE MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER DES KINDERBÜROS
DIE „AKTUELLEN“
Leitung, Frühe Prävention Dr. Frauke Zahradnik
Stellvertretende Leitung, Jugendschutz Sabine Pfortner
Sekretariat, Elternbriefe Daniela Schell
Familienbildung Gaby Keite
Kinderinteressenvertretung Franziska Stork
Karlsruher Bündnis für Familie Claudia Schäfer
Verwaltung Landesprogramm STÄRKE Silke Pallmer
DIE „EHEMALIGEN“
Leitung Dr. Christine Dörner
Dr. Susanne Heynen
Sekretariat Waltraud Hesselmann
Silvia Heck
Silke Pallmer
Familienbildung Gisela Johannsen
Sabine Pfortner
Henrike Litzler
Elternbriefe Thea Betz
Kinderinteressenvertretung Caroline Wetters
Katrin Schmidt-Sailer
Iris Tschukewitsch
Jugendsozialarbeit Wolfgang Maier
Wolfgang Schäfer
Norbert Zimmermann
Gerhard Kempf
Manfred Kern
Hans-Peter Häfele
Andrea Mußgnug
Danny Löwy
Karlsruher Bündnis für Familie Dr. Susanne Heynen
Verwaltung Landesprogramm STÄRKE Eveline Schmidt
Margarethe Rösch
4 | 20 JAHRE KINDERBÜRO
PIONIER UND AUFBRUCHSTIMMUNG
Zu Beginn der 90er Jahre herrschte Pionierstimmung. 1989 wurde die Kinderkommission des Deutschen Bundestages gegründet, das brachte Bewegung in die Kommunen. Bereits 1991 richtete die Stadt Karlsruhe die Stelle der Kinderbeauftragten ein, um die Karlsruher „Kinderpolitik zu aktivieren“. Sie war nach Freiburg die zweite in Baden- Württemberg!
PARTIZIPATION: DAS ZENTRALE THEMA
Zur zentralen Aufgabe des neuen Kinderbüros machte ich das Thema Partizipation: Kinder hören, Kinder in der Stadtplanung stärker berücksichtigen und Kinder bei der Gestaltung ihres Lebensumfeldes beteiligen. Heute, 20 Jahre später, ist die „Bürgerbeteiligung“ ein Kernthema: Die Landesregierung möchte Baden-Württemberg zum Musterland der Bürgerbeteiligung machen. Unsere damaligen Ansätze sind topaktuell!
KINDER ERFORSCHEN DIE OSTSTADT
Erster Meilenstein ist für mich das Kinderstadtforscherprojekt in der Oststadt. Mit Stadtforscherausweisen, Fragebögen und Fotoapparaten waren im Sommer 1993 300 Kinder im Auftrag des Kinderbüros unterwegs und überprüften ihren Stadtteil auf Kinderfreundlichkeit. Das Projekt wurde zusammen mit verschiedenen städtischen Ämtern, der Mobilen Spielaktion des Stadtjugendausschusses, von Kindergärten, Schulen und freien Jugendgruppen vorbereitet und durchgeführt. Das Kinderbüro stellte aus den Ergebnissen eine Ausstellung zusammen und dokumentierte sie in einer bundesweit beachteten Broschüre. Wir waren stolz darauf, dass die Badische Beamtenbank die Ausstellung in ihrem neu gestalteten Foyer zeigte, einem Ort, der sonst Kunstausstellungen vorbehalten ist. Der damalige Baubürgermeister Erwin Sack lobte beeindruckt, das sei das erste Mal gewesen, dass eine große Zahl von Kindern systematisch zu ihrem Stadtteil befragt wurden.
KOMMT WIR PLANEN UNSERE STRASSE!
Sehr wichtig war mir, keine einmaligen Aktionen zu machen, sondern konkrete Verbesserungen zu erreichen.
In dem dicht bebauten Stadtteil Oststadt wurde natürlich die Verkehrssituation beklagt. Wir setzten uns deshalb das Ziel, Straßenraum für die Kinder „zurück zu erobern“. Das Kinderbüro initiierte das Projekt „Kommt, wir planen unsere Straße“ in der Humboldtstraße, um Spiel- und Aufenthaltsqualität in dieser Straße zu schaffen. Warum die Humboldtstraße? Sie ist ungewöhnlich breit, weil hier früher
Industriegleise durchführten. Wir lernten schnell, dass es dabei darauf ankam, nicht nur etwas für die Kinder zu tun, sondern für alle Generationen. Mit Spielstraßenaktionen, auf Planungstagen und bei Anwohnerabenden wurden Pläne zur Umgestaltung der Straße erarbeitet. Die Politik verfolgte das sehr interessiert und wohlwollend und stellte Mittel für eine Probephase bereit. Gemeinsam mit den jungen und älteren Anwohnerinnen und Anwohnern wurde der Einsatz der Mittel besprochen und im nördlichen Straßenteil ein Aufenthalts- und Spielbereich geschaffen.
Auch dieses Projekt – das erste Projekt der Kinderbeteiligung im öffentlichen Straßenraum – zeichnete sich durch eine sehr gute Zusammenarbeit der verschiedenen städtischen Ämter und des Stadtjugendausschusses aus, wurde hervorragend vom Planungsbüro „dienes und leichtle“ moderiert und vom Gemeinderat sehr unterstützt.
Den Spiel- und Aufenthaltsbereich gibt es noch heute, die Straße ist verkehrsberuhigt, weil nicht mehr durchgängig befahrbar.
SCHULHÖFE WERDEN SPIELHÖFE
Ein weiterer Meilenstein waren die Schulhofprojekte. Fünf Jahre lang arbeiteten wir Schritt für Schritt an einer veränderten Planung, Gestaltung und Nutzung der Schulhöfe. Warum waren mir die Schulhöfe so wichtig? Zum einen als Ressource: Schulhöfe sind nicht nur Pausenhöfe, sondern Treffpunkte, Kommunikationsorte, wunderbare Spielraumressourcen in den Städten. Zum anderen ist es in einem mehrjährigen Prozess gelungen, Verwaltungshandeln zu verändern und eine andere Planungskultur zu etablieren, indem die Schulen an der Schulhofgestaltung aktiv beteiligt wurden. Wir konnten dabei an die Ferienaktionen des Jugendamtes anknüpfen, das in der Innenstadt bereits seit Jahren in den Sommerferien Schulhöfe bespielte.
Die Schritte: Im November 1992 empfahl der Jugendhilfeausschuss auf Empfehlung des Kinderbüros, alle Schulhöfe als öffentliche Spielflächen auszuweisen. Bei einem großen Modellprojekt an der Grund- und Hauptschule in Oberreut wurde 1995 der Schulhof mit den Kindern und Jugendlichen zusammen umgebaut. Die Jugendlichen durften sogar mit Presslufthämmern den Asphalt aufreißen und eine Sitzlandschaft bauen! Dabei wurden sie von der Ausbildungsgruppe des Gartenbauamts angeleitet. In der Schülerzeitung stand damals: „Anfangs flogen uns dabei fast die Arme weg, der ganze Körper wurde durchgeschüttelt und das Gehirn auch. Doch wir wechselten uns gegenseitig ab. Viele Andere standen Schlange, um den Presslufthammer auszuprobieren. Und die Truppe von der 7 b rettete die Regenwürmer“. An dem Schulhofprojekt arbeiteten die ganze
DR. CHRISTINE DÖRNER
EHEMALIGE LEITERIN
KINDERBÜRO
GRÜNDERJAHRE ODER: „ES BRAUCHT EIN GANZES DORF, UM EIN KIND GROSSZUZIEHEN“
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Schule, die Eltern, die Stadt und die Mobile Spielaktion mit einer großen Bewegungsbaustelle mit. Der ganze Stadtteil nahm Anteil, die Bäckerei stiftete Brezeln, Eltern brachten Teig für den Lehmbackofen mit. Besonders gefreut hat mich, dass schnell ein besonderes Gemeinschaftsgefühl entstand, und dass Schülerinnen und Schüler die Chance hatten, neu wahrgenommen zu werden. So sagte eine Lehrerin: „Hier kommen Schüler wieder freiwillig in die Schule und bleiben freiwillig nachmittags dabei, die wir schon von der Polizei zur Schule abholen lassen mussten!“ Ein zweites Modellprojekt an der Adam-Remmele-Schule folgte einige Monate später.
Schließlich gelang es mit Hilfe des Gemeinderats, diese Art der Schulhofgestaltung und -nutzung nachhaltig zu verankern: Wir entwickelten ein Förderkonzept und eine Handreichung „Wege zur Schulhofumgestaltung“. Im Gartenbauamt wurde ein Mitarbeiter für die Beratung der Schulen freigestellt und der Gemeinderat stellte 1997 Mittel für diese Beteiligungsprojekte bereit. Zu meiner Freude findet sich heute auf der städtischen Internetseite (wenn auch etwas versteckt) folgende Mitteilung: „Schulhöfe stehen in der unterrichtsfreien Zeit in der Regel von Montag bis Freitag (ausgenommen Feiertage) bis 17 Uhr zum Spielen zur Verfügung ... In den letzten Jahren wurde zunehmend von den Schulen das Angebot des Gartenbauamtes genutzt, mit der einzelnen Schule Maßnahmen umzusetzen. Schüler, Lehrer und Eltern planen und bauen mit Beratung und finanzieller Unterstützung durch die Stadtverwaltung im Außenbereich der Schulen.“ www.karlsruhe.de/b3/freizeit/gruenflaechen/ksp_allgemeines/ schulhoefe
KINDER BRAUCHEN EINE LOBBY
Sehr wichtig war mir die gute Vernetzung und Zusammenarbeit für Kinderinteressen. Um das Kinderbüro herum und mit dem Kinderbüro zusammen entstand ein sehr gutes, breites Netzwerk. Es war sehr wirksam bei den Projekten und zeigt sich in seiner ganzen Kreativität und Lebendigkeit bis heute beim Weltkindertag. Eine von Jahr zu Jahr größere Zahl von Akteurinnen und Akteuren macht den Weltkindertag in Karlsruhe zu einem großen Ereignis. Die Aktionswochen und das große Fest vor dem Schloss standen unter anderem unter dem Motto „Kinder brauchen Spielraum“, „Zeit für Kinder“ oder „Wir sind bunt, na und?“, immer sehr gut von der Presse unterstützt. Die Zusammenarbeit in diesem Netzwerk war sehr anregend und unterstützend und hat mir sehr viel Spaß gemacht.
KINDER BRAUCHEN EIN GUTES UMFELD
Deshalb ist „Alt & Jung – Hand in Hand. Kinderbetreuung durch Seniorinnen und Senioren“ ein weiterer Meilenstein.
Am Anfang stand die Idee, Generationen zusammen zu bringen: Menschen, die keine Enkelkinder in der Nähe haben, freuen sich über „Leih-Enkel“. Eltern, die keine Großeltern in der Nähe haben, finden „Leih-Großeltern“ wertvoll für ihre Kinder. Wir haben Mitte der 90er Jahre begonnen, diese Idee umzusetzen und starteten das Projekt in der Waldstadt. Auch dieses Projekt blüht und gedeiht unter seiner tollen Projektleiterin und erfreut sich großer Beliebtheit.
„ES BRAUCHT EIN GANZES DORF, UM EIN KIND GROSSZUZIEHEN“
Dieses bekannte afrikanische Sprichwort wurde mir damals ein Leitmotiv. Es umschreibt die Erfolgsfaktoren der Kinderbüro-Arbeit: Das engagierte Kinderbüro-Team, das Karlsruher Netzwerk, Verbündete bei den zuständigen Ämtern, fraktionsübergreifende Unterstützung der Politik, eine gute Presse. Ich freue mich, dass das Kinderbüro beharrlich und kreativ an den Themen drangeblieben ist und wichtige neue Themenfelder wie die „Frühen Hilfen“ erfolgreich ausbaut.
Ich gratuliere ganz herzlich zum 20-Jährigen und wünsche dem Kinderbüro weiterhin viel Glück und viel Erfolg und ein langes Leben.
6 | 20 JAHRE KINDERBÜRO
Das Karlsruher Kinderbüro, zunächst mit seinen Räumen in der Stephanienstraße, ab 2001 in Kaiserstraße 99, befindet sich seit Oktober 2014 in der Südendstraße 42. Es umfasst seit Beginn nicht nur den Arbeitsbereich der Kinderinteressenvertretung, sondern auch die Familienbildung und den Jugendschutz. Im Laufe der Jahre kamen zwei neue Aufgabengebiete, die Geschäftsstelle des Bündnisses für Familie und die Jugendhilfeplanung Frühe Prävention, dazu. Bestehende Konzeptionen, Projekte und Arbeitsbereiche wurden weiterentwickelt und neue entworfen.
ENTWICKLUNG VON PROJEKTEN UND MASSNAHMEN
Die Arbeit im Kinderbüro bietet vielfältige Gestaltungsräume und Anreize, gemeinsam mit anderen Engagierten in kreativen Prozessen Ideen zu entwickeln, Projekte umzusetzen und sich an Erfolgen zu freuen. Stichworte sind für mich im Bereich der Kinderinteressenvertretung Beteiligungsprojekte mit Kindern, wie zum Beispiel zum Neubau der Kinderklinik sowie Projekte zum Thema Kinderrechte, etwa für Kinder mit Behinderung. Die verschiedenen Arbeitsbereiche regen dazu an, Beiträge zur fachlichen Weiterentwicklung und Verbesserung von Standards zu leisten (z. B. im Jugendschutz zu häuslicher oder sexualisierter Gewalt oder zum Aufbau der Frühen Prävention).
Mich freut es sehr, wenn Projekte und Maßnahmen, die in Kooperation mit dem Kinderbüro entstanden sind, auch heute noch Bestand haben und die Wirkung der Arbeit zeigen.
Hierzu gehören zum Beispiel:
Der 24hLauf für Kinderrechte, inzwischen in Trägerschaft des Stadtjugendausschuss e. V. Karlsruhe,
interkulturelle Familienbildungsangebote, das Projekt Alt & Jung – Hand in Hand oder der Elterntag in Kooperation mit der Volkshochschule,
der Jugendschutz mit der Entwicklung von Materialien, die seit vielen Jahren auch bundesweit nachgefragt werden (z. B. Zuhause bei Schulzes, ein Heft für Kinder zum Thema häusliche Gewalt) und dem jährlich stattfindenden Tag der gewaltfreien Erziehung,
das Logo für das Karlsruher Bündnis für Familie, entwickelt in Kooperation mit der Carl-Hofer- Schule und die jährliche Ausrichtung des Karlsruher Kinderfreundlichkeitspreises,
die Überführung bestehender Angebote, wie dem Mutter-Kind-Programm in das Fachteam Frühe Kindheit im Rahmen der Frühen Prävention und regelmäßig
stattfindende Fachveranstaltungen.
TEAMENTWICKLUNG UND ZUSAMMENARBEIT MIT ERWACHSENEN, KINDERN UND JUGENDLICHEN
Das Besondere an der Arbeit im Kinderbüro war für mich die vertrauensvolle Kooperation im Team, mit Kolleginnen und Kollegen in der Sozial- und Jugendbehörde und der Stadtverwaltung sowie mit Haupt- und Ehrenamtlichen aus unterschiedlichen Institutionen, z. B. zusammengeschlossen in der Arbeitsgemeinschaft Kinder in Karlsruhe (KiK).
Außergewöhnliche Erfahrungen ergaben sich auch aus der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Rahmen von Partizipationsprojekten. Ich habe Mädchen und Jungen erlebt, die sich mit großer Ernsthaftigkeit mit ihrem Stadtteil auseinandersetzten, in Jurys zu verschiedenen Themen wie „Spielen am Haus“ und „Wohnen mit Kindern“ mitarbeiteten, beeindruckende Reden bei Preisverleihungen und Pressekonferenzen hielten, sich bei Veranstaltungen beteiligten oder diese sogar organisierten. Sie hatten keine Scheu, sich qualifiziert zu Themen wie „Coming- out“ homosexueller Jugendlicher, zur „Kopftuchdebatte“, Trennung und Scheidung der Eltern und Gewalt zu äußern.
Der Höhepunkt zum Ende meiner Tätigkeit im Kinderbüro war die Premiere des Präventionsfilms „Ein Tag wie jeder andere?!“ zu Risikoverhalten und selbstverletzendem Verhalten.
DAS KINDERBÜRO NACH 20 JAHREN
Das Kinderbüro als Team hat sich kontinuierlich entsprechend gesellschaftlicher Veränderungen und neuer Zusammensetzung der Mitarbeiterinnen weiter entwickelt. Bestimmte Themen sind geblieben wie Gewalt gegen Kinder und Jugendliche oder Kinderarmut. Manches wurde vom Randthema zum „Mainstream“ und bedarf nicht mehr der expliziten politischen Unterstützung durch das Kinderbüro, wie der Ausbau der Kindertageseinrichtungen. Anderes ist dazu gekommen, wie die rasante Entwicklung der neuen Medien und die bundesweite Entwicklung der so genannten Frühen Hilfen. Beständigkeit und Wandel schlagen sich besonders in der Arbeit des Sekretariats nieder. Nach wie vor werden jeden Monat tausende von Elternbriefen an Karlsruher Mütter und Väter versandt. Gleichzeitig managt Daniela Schell die Büroorganisation und Öffentlichkeitsarbeit für die gewachsene Zahl von Mitarbeiterinnen und wechselnder Projekte.
Viele Kooperierende sind immer noch da, andere haben sich neue Arbeitsschwerpunkte gesucht, einzelne wurden in Trauer verabschiedet. Projekte wurden angestoßen, anderen
DR. SUSANNE HEYNEN
EHEMALIGE LEITERIN
KINDERBÜRO
GEMEINSAM MIT ENGAGIERTEN ERWACHSENEN, KINDERN UND JUGENDLICHEN IDEEN ENTWICKELN, UMSETZEN UND SICH AN ERFOLGEN FREUEN
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Trägern übergeben oder losgelassen, um Freiraum für Neues zu haben bzw. andere Schwerpunkte setzen zu können. Die fünf Arbeitsbereiche sind ausgewogen. Mitarbeiterinnen, die sich beruflich verändert haben, wurden verabschiedet, neue integriert. Mitarbeiterinnen, die dem Kinderbüro über lange Zeit treu geblieben sind, wie Sabine Pfortner, haben sich zu Spezialistinnen in ihrem Arbeitsgebiet entwickelt.
Dem Kinderbüro kommt nach wie vor die wichtige Aufgabe zu, die Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und ihren Bezugspersonen zu stärken und sich immer wieder stellvertretend und unvoreingenommen für ihre Belange einzusetzen. Dabei wünsche ich dem Kinderbüroteam und seiner Leiterin Dr. Frauke Zahradnik von Herzen eine gute Balance zwischen den vielfältigen Möglichkeiten, sich für eine Verbesserung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen zu engagieren, und den realen Ressourcen. Möge es gelingen, gesellschaftliche Wellenbewegungen zum Zeitpunkt der größten Kraft vorherzusehen und zu nutzen, insbesondere bei Themen, wie z. B. Inklusion oder Kinderarmut, für die man Geduld und einen langen Atem braucht.
Ich danke allen für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit und freue mich, dass ich als Jugendamtsleiterin den Arbeitsfeldern und den Verantwortlichen der Kinderbüroarbeit verbunden bleibe.
8 | 20 JAHRE KINDERBÜRO
Mein Start im Kinderbüro der Stadt Karlsruhe im Juli 2008 wurde mir leicht gemacht. Ich fand ein tolles Team von sechs motivierten, kreativen und gut eingespielten Kolleginnen vor, ebenso ein fundiertes und durchdachtes Konzept der Frühen Prävention, welches auf die Umsetzung wartete.
Das Kinderbüro setzt sich mit seinen fünf unterschiedlichen Fachgebieten auf ganz unterschiedliche Art und Weise für die Belange von Kindern, Jugendlichen und Familien ein.
Die Aufträge kommen sowohl aus dem Jugendhilfeausschuss und Gemeinderat oder ergeben sich aus aktuellen gesellschaftspolitischen Themen in Karlsruhe oder bundesweit.
THEMEN UND VERANSTALTUNGEN, DIE MIR IN BESONDERER ERINNERUNG GEBLIEBEN SIND:
2008 Frühe Prävention und Familienbildung
Verabschiedung des Jugendhilfeplans Frühe Prävention und kontinuierlicher Ausbau der Startpunkt- Familienzentren und der Unterstützungsangebote
Einführung des Landesprogramms STÄRKE und somit Stärkung der Familienbildung
2009 Zwangsheirat
zwei Fachveranstaltungen
ein Schulhoftheaterprojekt
2010 familiäre Armut und Kinderarmut
Entwicklung der Leitlinien gegen Kinderarmut mit Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartnern und deren Verabschiedung im Gemeinderat am 14. Dezember 2010
Veranstaltungsreihe des Kinderbüros „Arm oder reich, sind wir alle gleich“ mit der Ausstellung „Prekäre Lebenswelten“, einem Kinderkleider- und Spielsachentauschmarkt, einem Fachtag „Familienbildung ist mehr als Elternkurse“ und einem Vortrag von Götz Werner „Zukunft ohne Kinderarmut“
2010 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
Das Beteiligungskonzept von Kindern und Jugendlichen, gemeinsam mit dem Stadtjugendausschuss, Jugendamt, Sozialen Dienst usw. und dessen Verabschiedung im Gemeinderat am 14. Dezember 2010
2011 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
Schwerpunktthema im Kinderbüro mit einer Plakataktion „Karlsruhe beteiligt“, einer gemeinsamen Internetseite mit dem Stadtjugendausschuss, einer Fortbildung zum Thema „Politische Partizipation von Jugendlichen in online-Netzwerken“ und der Umsetzung der Bürgermeistersprechstunde für Kinder
2012 Vereinbarkeit von Familie und Beruf
RegioKonferenz
Stärkere Positionierung des Bündnisses für Familie als Motor und Ideengeber für Familienfreundlichkeit in Unternehmen, Etablierung eines Arbeitgeberforums mit zahlreichen Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartnern
DR. FRAUKE ZAHRADNIK
LEITERIN KINDERBÜRO
... FÜR KINDER, JUGENDLICHE UND FAMILIEN
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Weitere Höhepunkte sind zum Teil jährlich wiederkehrend wie das Weltkindertagsfest im Schlossgarten, das 2012 sein 20-jähriges Jubiläum feiert, das Kinderrechtefest im Tollhaus oder die regelmäßig stattfindenden Jahrestagungen des Karlsruher Bündnisses für Familie sowie die jährliche Verleihung des Kinderfreundlichkeitspreises. Aber auch die stetige Fortentwicklung des Projekts „Alt & Jung – Hand in Hand“, welches 2011 sein 15-jähriges Jubiläum feierte.
WICHTIGE THEMEN, DIE IM KINDERBÜRO STÄNDIG PRÄSENT SIND
Kinderrechte
Kinder und häusliche Gewalt und Kinder von psychisch kranken Eltern
Förderung der Mobilität von Kindern, zum Beispiel durch das gemeinsame ämterübergreifende Projekt „Elternhaltestellen an Schulen"
Informations- und Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Mobbing und Cybermobbing
Informations- und Fortbildungsveranstaltungen im Bereich Jugendmedienschutz
Sexuelle Aggression unter Jugendlichen/ Umgang mit Pornografie
Förderung der Erziehungskompetenz durch Elternbriefe, Elterncafés und Elternveranstaltungen
Fortentwicklung der Familienbildung
Permanenter Einsatz für Familienfreundlichkeit des Karlsruher Bündnisses für Familie mit seinen Partnerinnen und Partnern und die Entwicklung von Leitlinien für ein familienfreundliches Karlsruhe
FRÜHE PRÄVENTION
Der Ausbau der Frühen Prävention und die Koordination der Kooperierenden ist meine zweite Aufgabe neben der Leitung des Kinderbüros.
Nach und nach wurden in zahlreichen Stadtteilen in Kooperation mit verschiedenen Trägerinnen und Trägern Startpunkt-Familienzentren eröffnet, Familienhebammen ergänzten das Netzwerk der Frühen Prävention, das familienentlastende Projekt „wellcome" wurde in Kooperation in Karlsruhe etabliert und die Anzahl der Kolleginnen, die aufsuchende Beratung und Begleitung machen (Beratungsstelle Frühe Hilfen und Fachteam Frühe Kindheit) hat sich erhöht.
Zwei große gemeinsam mit dem Landkreis durchgeführte Fachtage stärkten die Vernetzung der Fachleute untereinander und hatten insbesondere den Austausch mit Medizin und Psychiatrie im Blick. Die Teilnahme an zwei Qualitätsentwicklungsprojekten „Aus Fehlern lernen
– Qualitätsentwicklung im Kinderschutz“ des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen und dem Projekt „Netzwerk Frühe Hilfen und Kinderschutz“ des Sozialministeriums Baden-Württemberg und der Universität Ulm, trugen sehr zur inhaltlichen Entwicklung des Konzepts der Frühen Prävention bei. Das neue Bundeskinderschutzgesetz, welches zum 01. Januar 2012 in Kraft getreten ist, bietet neue Herausforderungen für die bestehende Struktur des Netzwerks, gleichzeitig wird die Bedeutung der Frühen Prävention durch das neue Gesetz hervorgehoben. Die breite Unterstützung seitens der Träger, der Politik und anderer Berufsgruppen wie z. B. aus der Medizin, ist unschätzbar wertvoll. Die Feinfühligkeit der Eltern zu fördern und gute Bedingungen für einen gelingenden Start ins Leben zu schaffen, dabei die Eltern aber nicht zu bevormunden, bleibt weiterhin mein großes Anliegen.
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Die Diskussion um die Einrichtung hauptamtlicher Kinderbeauftragter bekam im Jahr 1989 bundesweit und auch in Karlsruhe eine starke Dynamik. Die Stadt und die kommunalen Gremien waren der Forderung nach der Einrichtung eines oder einer Kinderbeauftragten gegenüber sehr aufgeschlossen und so kam es relativ schnell zur Gründung des Kinderbüros.
Damit war eine sichtbare administrative Lobby für das Wohlergehen und ein gesundes Aufwachsen von Kindern geschaffen, die in den vergangenen 20 Jahren Kinderinteressen maßgeblich und mit zahlreichen Aktionen – u. a. Kinderaktionstage, Karlsruher Bündnis für Familien, 24hLauf für Kinderrechte, Verleihung des Kinderfreundlichkeitspreises – deutlich gemacht hat.
Auch auf Bundesebene gab es in dieser Zeit maßgebliche Verbesserungen, um das Bewusstsein dafür zu stärken, dass Kinder nach wie vor die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft sind und dass es nach wie vor in zahllosen Fällen an dem selbstverständlichen, altersentsprechenden Respekt gegenüber Kindern fehlt. Hierzu zählt die Novellierung des § 1631 Abs. 2 BGB, die nach jahrelanger Diskussion – auch wieder maßgeblich mit Unterstützung der Kinderkommission des Deutschen Bundestages – im November 2000 in Kraft trat.
Die neue Vorschrift lautet:
„KINDER HABEN EIN RECHT AUF GEWALTFREIE ERZIEHUNG. KÖRPERLICHE BESTRAFUNGEN, SEELISCHE VERLETZUNGEN UND ANDERE ENTWÜRDIGENDE MASSNAHMEN SIND UNZULÄSSIG.“
Dieses gesetzliche Verbot von körperlicher Züchtigung und seelischen Verletzungen muss man – auch wenn es immer noch nicht voll ins Bewusstsein vieler Menschen gedrungen ist – als einen gigantischen Meilenstein auf dem Weg der Anerkennung einer Bevölkerungsgruppe bewerten, die oft und leicht als das „Beste, was wir haben“ bezeichnet wird, die aber trotzdem seit Jahrhunderten in ignoranter Weise unterdrückt und missachtet wurde.
So könnte man denn denken, dass es um die Kinderinteressen inzwischen gut bestellt ist in diesem unserem Lande. Und das ist leider ein großer Irrtum.
Bei allen Fortschritten im Großen und im Kleinen ist festzustellen, dass die negativen Megatrends moderner Gesellschaften so nachhaltig wirksam sind, dass Kinder wieder auf eine andere, subtilere, aber nicht weniger schädliche Weise Einflüssen ausgesetzt sind, die ihre Entwicklung massiv beeinträchtigen. Zu diesen Megatrends zählen: Gewaltstrukturen in der Gesellschaft, mediale Reizüberflutung, Hektik und Stress im Beruf und im Alltag der Eltern sowie eine ständig und fast systemimmanente Konsummentalität, der man sich kaum entziehen kann.
Die Folgen sind überforderte Eltern, familiäre Armut, zunehmend gewaltorientierte Kinder, Suchtabhängigkeit, psychische Störungen, Versagen in Schule und Ausbildung.
Diesen neuen Herausforderungen hat sich die Stadt Karlsruhe durch ein mehr und mehr ausgebautes Präventionskonzept – darunter das Angebot „Frühe Hilfen“ – gestellt und ist bemüht, diese negativen Trends auch durch Einsatz erheblicher finanzieller und personeller Mittel zu begegnen.
Bei der Entwicklung dieses Präventionskonzepts spielte das Kinderbüro – unterstützt durch ein breit angelegtes Bündnis verschiedener sozialer Verbände* – eine maßgebliche Rolle. Diese Zusammenarbeit zwischen dem Kinderbüro und den Verbänden profilierte sich im politischen Raum unter der Kurzbezeichnung „KiK“ („Kinder in Karlsruhe“).
FRANZ HOSS AWO KREISVERBAND KARLSRUHE-STADT E. V.
EHRENVORSITZENDER
WIR REDEN VIEL UND TUN IMMER NOCH ZU WENIG
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Wenn man sich vor Augen führt, dass – trotz all dieser Bemühungen – leider immer noch viel zu viele Kinder in unserer Gesellschaft unter Deprivation, Missachtung, Unterdrückung, Armut und mangelndem Respekt leiden, dann kann einem dies Tränen in die Augen drücken. Wir sind immer noch viel zu blind für die Belange der Schwachen! Wir sind leider immer noch zu oft entfernt von einem humanen Umgang mit Kindern!
Das gilt insbesondere für die Kinder von Migrantinnen und Migranten und Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. Ich selber habe ja mein Aufgabenfeld verlagert und bin seit sechs Jahren als Rechtsanwalt für Ausländerinnen und Ausländer und Asylantinnen und Asylanten tätig. Was ich da bisweilen erlebe, wie Migrantenkinder bzw. Kinder von abgelehnten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in unserem Lande seit Jahren oder sogar seit Jahrzehnten behandelt wurden, das tut richtig weh und geht unter die Haut. Hier wurden Ressourcen in unverantwortlicher Weise verschleudert und missachtet.
WIE GUT, DASS WIR EIN KINDERBÜRO HABEN: ES BLEIBT VIEL ZU TUN!
*www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/kinderbuero/buendnis/kinder
12 | 20 JAHRE KINDERBÜRO
Der Deutsche Kinderschutzbund Ortsverband Karlsruhe e. V. (DKSB), dessen erklärtes Ziel es ist, die Verbesserung der Situation der Kinder und Jugendlichen in Karlsruhe voran zu treiben, hatte sich im Jahr 1989 intensiv mit der Schaffung einer Stelle der oder des Kinderbeauftragten auseinandergesetzt.
Mit einem Diskussionspapier zur Thematik wurde der damalige Bürgermeister Norbert Vöhringer um Unterstützung gebeten, eine diesbezügliche Fachdiskussion in Gang zu bringen.
Darüber hinaus lud der DKSB Vertreterinnen und Vertreter der Parteien, Behörden und Verbände zu einem Fachgespräch ein. All diese Gespräche, Informationen aus anderen Städten und interne Diskussionsprozesse führten zu der Überzeugung, dass über das vorhandene politische und administrative Instrumentarium hinaus eine Kinderbeauftragte oder ein Kinderbeauftragter, also eine konkrete Person als Anwalt der Kinder, unter bestimmten Voraussetzungen die Effizienz der kinderpolitischen Arbeit in unserer Stadt erheblich verbessern kann.
In einem weiteren Schritt wurden Aufgaben und Voraussetzungen, die mit einer solchen Stelle verbunden sind, formuliert, unter anderem:
Berichtspflicht über die Situation der Kinder am Ort,
Einflussnahme auf politische Gestaltung,
Beratung der Bürgerinnen und Bürger,
Unterstützung von Verbänden und Initiativen,
eine gute Erreichbarkeit (telefonisch oder in Form fester Sprechzeiten),
die oder der Kinderbeauftragte muss über ein umfängliches Fachwissen über alle Kinder betreffende Fragen verfügen und sowohl politische wie auch Verwaltungsstrukturen genau kennen,
die oder der Kinderbeauftragte muss von allen Abteilungen der Verwaltung in Planungsvorhaben frühzeitig eingeweiht werden. Ihre oder seine Stellungnahme zu den Vorhaben muss in den einzelnen Abteilungen durch Dienstanweisungen sichergestellt werden,
vor den städtischen Gremien (Ratsausschüsse und Rat) muss die oder der Kinderbeauftragte Rederecht haben,
die oder der Kinderbeauftragte muss sich mit ihren oder seinen Stellungnahmen an der öffentlichen Diskussion beteiligen können.
Gegen die Form der oder des ehrenamtlichen Kinderbeauftragten sprach vor allem, dass die große Zahl von Aufgaben als ehrenamtliche Nebenbeschäftigung nicht zu leisten sei und niemandem zugemutet werden kann. Eine Verringerung der Aufgaben würde das Amt zwangsläufig zum Alibi und Feigenblatt verkommen lassen. Nicht zuletzt auch wegen geringer Einflussmöglichkeiten auf die Verwaltung.
Gegen die hauptamtliche Kinderbeauftragte oder den hauptamtlichen Kinderbeauftragten bei einem freien Verband angesiedelt sprach, dass auch hier die Zusammenarbeit mit den Behörden und anderen Institutionen weitgehend von deren Bereitwilligkeit abhängig wäre. Bei diesem Modell entstünde der geringste Handlungsdruck auf Politik und Verwaltung. Konkurrenz zwischen verschiedenen Behörden könne die Arbeit lähmen.
Daher plädierte der DKSB für eine Kinderbeauftragte oder einen Kinderbeauftragten, die oder der bei der Verwaltung über möglichst viele Kompetenzen verfügt und in ihrem oder seinem Handeln außerhalb der Hierarchie steht und bat den Jugendwohlfahrtsausschuss, diesem Vorschlag zuzustimmen.
HELGA LANGE-GARRITSEN DEUTSCHER KINDERSCHUTZBUND
ORTSVERBAND KARLSRUHE E. V.
STELLUNGNAHME ZUR FRAGE DER EINRICHTUNG EINER ODER EINES KINDERBEAUFTRAGTEN
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ZUNÄCHST: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUM 20-JÄHRIGEN JUBILÄUM
Das Kinderbüro ist in dieser Zeit zu einem Markenzeichen für Karlsruhe geworden, auch wenn die Idee am Anfang nicht von allen mit offenen Armen begrüßt wurde.
Kinderbeauftragte, schon der Name stieß auf unterschiedliche Begeisterung.
Doch die damalige erste Leiterin Dr. Christine Dörner begann ihre Arbeit mit viel Umsicht, Ideenreichtum und Mut. Natürlich musste sie nicht völlig neu anfangen. Das Jugendamt und auch das Gartenbauamt hatten manche Vorarbeiten geleistet, aber sie waren für neuen Schwung und neue Ideen aufgeschlossen.
Für das Kinderbüro ging es damals nicht nur um die Bewusstseinsförderung für eine kindgerechte Umwelt, sondern auch um Kinderrechte in der Praxis. Wichtige Aktionen waren aus meiner Sicht die Öffnung der Schulhöfe und ihre kindgerechte Umgestaltung mit und durch die Kinder oder die Aktionen „Kinder erforschen ihren Stadtteil“, was in Oberreut und in der Oststadt auf große aber da und dort auch auf widersprüchliche Interessen stieß. Und doch wurden diese Aktionen von der Stadtplanung aufgegriffen und schufen so neue Impulse und veränderten die Einstellung zu kindgerechter Planung.
Überhaupt halte ich es für einen der größten Erfolge des Kinderbüros in dieser Zeit, dass sich immer stärker ämterübergreifende Kooperationen durchsetzten und auch die Wohnungsbaugesellschaften für wohnortnahe Spielplätze immer aufgeschlossener zeigten.
Dazu zählte auch die Bereitschaft des damaligen Oberbürgermeisters Gerhard Seiler, das Rathaus für einen ganzen Tag den Kindern für ein Kinderparlament zur Verfügung zu stellen.
Heute ist vieles selbstverständlich, was damals als Utopie abgetan wurde.
Mögen auch manche Ziele des Kinderbüros oft nur temporär zu erreichen sein, so müssen sie doch um so mehr immer wieder neu in die Öffentlichkeit getragen werden. Noch immer sehen viele Bürgerinnen und Bürger die Kinder als Lärmfaktor und Belastung für ihre Umgebung.
Ich beglückwünsche das Kinderbüro zu den vielen neuen Aufgaben, zu denen ich die Frühe Prävention zähle. Ich wünsche dem gesamten Team den langen Atem, der auch in Zukunft unerlässlich sein wird, um sich für Kinderrechte einzusetzen.
NORBERT VÖHRINGER BÜRGERMEISTER A. D.
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DIE RECHTE DER „KURZEN“
Vor nun schon 20 Jahren wurde vom Karlsruher Gemeinderat die Tür zu mehr Schutz, Gerechtigkeit, Teilhabe und Sichtbarmachung von Kindern in unserer Stadt aufgestoßen.
Ich bin stolz darauf, dass ich damals als Stadtrat der SPD daran beteiligt war!
Und dann habe ich mich immer wieder als zuständiger Bürgermeister darüber gefreut, dass das Kinderbüro unter der Führung von starken Frauen konsequent die Rechte der „Kurzen“ in unserer schönen Stadt Karlsruhe mit Vehemenz, Kompetenz und politischem Geschick vertreten haben und sicher auch in Zukunft vertreten werden.
Ich wünsche dem Team weiterhin viel Kraft und Zuversicht sowie politischen Rückhalt in der Vertretung unserer Karlsruher Kinder!
HARALD DENECKEN BÜRGERMEISTER A. D.
20 JAHRE KINDERBÜRO
20 JAHRE KINDERBÜRO BEDEUTET FÜR MICH ...
... Kinderinteressensvertretung in vorbildlicher Art und Weise!
RÜCKBLICK AUF 20 JAHRE
Ist das Kinderbüro eine Kaderschmiede?
MARTIN LENZ BÜRGERMEISTER
JOSEF SEEKIRCHER DIREKTOR
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STARTHILFE FÜR DAS KINDERBÜRO
Die Frage, wer die Einrichtung des Kinderbüros initiierte, ist müßig. Viele Autofreunde gedachten kürzlich des Erfinders des Automobils und sind doch täglich froh, dass ihr derzeitiges Fahrzeug erhebliche Verbesserungen gegenüber dem Urmodell aufweist. Viel wichtiger ist der Prozess; welche Widerstände wirkten, wie wurden Chancen erkämpft, wo waren die Unterstützenden.
Tatsächlich verpflichtet das Kinder- und Jugendhilfegesetz das Jugendamt, alles erdenklich Gute für Kinder zu tun, damit ihre Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten gedeihe. Um aber Interessen diesen Umfangs vertreten zu können, muss diskutiert, erforscht und formuliert werden, damit die Politik Umsetzungen ermöglicht. Realistisch betrachtet schafft eine Verwaltung das kaum. Denn welche Abteilung eines Amtes soll mit Kindern die Spielplatzsituation eines Stadtteils erforschen, wer sich mit Vermietern wegen kinderunfreundlicher Hausordnungen anlegen, von wem sollen Demonstrationen, kreative Aktionen im Wohnbereich ausgehen und begleitet werden? Wer könnte freie Trägerinnen und Träger der Jugendhilfe zum Widerstand gegen eingefrorene Verwaltungsstrukturen im eigenen Haus versammeln? Der viel zitierte „Dienstweg“ erlaubt keinen linearen Transport. An vielen Stationen lauern Handwerker, die verändern, ab- oder zufügen und am Ende werden parteipolitische Kosmetik und machtpolitische Verformungen angesetzt und aus ist der Impuls.
Die Chancen des Kinderbüros lagen und liegen in der Verkürzung des Dienstweges und in der Gestaltung unkonventioneller Formen. Es muss kinderpolitische Forderungen erheben.
Persönlich war ich zu Beginn des Kinderbüros neuer Jugendamtsleiter. Mit dem Einsatz freier Kräfte nicht ganz ungeübt, konnte ich raten, wie etwas gelingen könnte.
Dabei setzte ich mich gezielt durch: Ein Kinderbüro ohne Finanzrahmen ist Bittsteller bei Unqualifizierten. So wurden dem Kinderbüro die Elternbildung sowie der Jugendschutz samt Finanzen zugeordnet. Entsprechend konnte manches in eigener Verantwortung begonnen werden.
HANS ULRICH GRAF JUGENDAMTSLEITER A. D.
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Nur kurz vor der Aufnahme des Betriebes des Kinderbüros startete ich als Geschäftsführer des Stadtjugendausschusses e. V. Karlsruhe (StJA). In dieser Zeit war beim StJA eine lebhafte Diskussion darüber im Gange, warum denn das neu geschaffene Kinderbüro nicht beim StJA angesiedelt sei und dass es zu großen Überschneidungen mit den MOBIs und eventuell auch zu Konkurrenzen, Doppelungen und Missverständnissen kommen könne. Kann so die Lobbyarbeit für Kinder in Karlsruhe Schaden nehmen?
Nach inzwischen 20 Jahren hat sich eine intensive Zusammenarbeit zwischen StJA inklusive der MOBIs und dem Kinderbüro gefestigt. Von allen drei bisherigen Leiterinnen – ebenso wie von allen Kolleginnen des Kinderbüros – ist die Kooperation sehr konstruktiv und offen gestaltet worden, so dass man von einer sinnvollen und effektiven Ergänzung sprechen kann.
Das Kinderbüro ist auch innerhalb der Verwaltung mit großen Spielräumen ausgestattet. Sicherlich wurde dies auch aufgrund der kompetenten Besetzungen der Leitungsstelle gesichert. Mit diesem Freiraum und einer gelungenen Netzwerkarbeit hat das Kinderbüro einen sehr guten politischen Stand in der Lobbyarbeit für Kinder erreicht.
Die Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich der politischen Interessensvertretung, der Beteiligungsentwicklung und im Bereich Medienpädagogik, kann als bereichernd und sehr effizient bezeichnet werden. Der gemeinsame Austausch befruchtet den Diskurs, und die jeweiligen unterschiedlichen Blickwinkel ergänzen sich effektiv im Dienste der Sache.
Mit den drei bisherigen Leiterinnen hat die Stadt Karlsruhe das Kinderbüro mit fachlicher Kompetenz und politischem Fingerspitzengefühl ausgestattet.
KLAUS PISTORIUS EHEMALIGER GESCHÄFTSFÜHRER
STADTJUGENDAUSSCHUSS E. V. KARLSRUHE
20 JAHRE KINDERBÜRO
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PERSÖNLICHE ERINNERUNGEN VERBINDE ICH MIT:
Dr. Christine Dörner
Nach einem ersten Antasten in der Startphase entstand bei der Kinderbeteiligung eine beispielhafte Zusammenarbeit. Beim Oststadtforscher-Projekt und der Straßengestaltung vor Ort gingen die Planungs- und Koordinationsarbeiten des Kinderbüros und die Kinder-Aktionen der MOBIs Hand in Hand.
Daneben entstand bereits da ein gemeinsames politisches Verständnis, was in Veranstaltungen der Gewaltprävention oder gegen Rechtsradikale mündete. Aus dieser Zeit ist mir noch in Erinnerung, dass das Kinderbüro Drohungen aus der rechten Szene erhielt. Diese erzeugten eine große Solidarität, die in verschiedenen Aktionen mündete – bis hin zur Kontaktaufnahme mit allen Oberbürgermeistern der TechnologieRegion.
Dr. Susanne Heynen
In ihrer Zeit wurde das Thema Kindeswohl und öffentliche Räume für Kinder weiter entwickelt. Mit ihr verbindet mich vor allem die intensive Netzwerkarbeit, die in der Gründung von KiK (Kinder in Karlsruhe) gipfelte. KiK ist ein Netzwerk quasi aller Verbände, Vereine, Organisationen sowie Einzelpersonen, die sich um Kinder in unserer Stadt bemühen. Eine politisch-pädagogische Haltung zu dem was Kinder heute brauchen wurde entwickelt und in politischen Gremien vorgestellt. Inhaltlich ist das der Vorläufer des Familienbündnisses. Im Besonderen erinnere ich mich an eine Aktion während des Weltkindertages. Damals ließ ein Dutzend Mitglieder von KiK als politische Mahnung große schwarze Luftballons vor dem Rathaus aufsteigen – als Symbol für die düstere Aussicht bei den anstehenden Haushaltsberatungen für die Sache der Kinder. War das der Grund, warum die Sache der Kinder gerettet werden konnte?
Dr. Frauke Zahradnik
Bis heute traten vor allem zwei Themen in den Vordergrund der Zusammenarbeit: Das „Armutsbekämpfungsprogramm“ inklusive Kinderpass und Karlsruher Pass sowie Leitlinien gegen Kinderarmut und das „Gesamtkonzept Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Karlsruhe“. In diesen beiden Themenbereichen konnten StJA und Kinderbüro mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Ressourcen wichtige Impulse für Karlsruhe entwickeln.
Das gemeinsame, abgestimmte Auftreten im Jugendhilfeausschuss und anderen Gremien zeigt deutlich, wie gewachsen die gemeinsame Haltung zu den die Kinder betreffenden Themen ist und wie klar und selbstverständlich das „Ziehen an einem Strang“ wurde.
Insofern bin ich heute der Meinung, dass das Kinderbüro und der StJA eine hervorragende Zusammenarbeit pflegen und sich gegenseitig befruchten. Grundlage dafür ist ein gemeinsames Grundverständnis der Aufgaben und Bedarfe, aber auch eine sehr hohe gegenseitige Wertschätzung!
Herzlichen Dank und herzlichen Glückwunsch! Und auf die nächsten 20 Jahre für die Kinder unserer Stadt!
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Mit dem Kinderbüro verbinde ich eine kreative Werkstatt, Parteilichkeit für Kinder und Jugendliche, Aufbruch, Lust und Leidenschaft zur Einmischung und Gestaltung.
Thematisch war dies für mich insbesondere erkennbar beim Engagement für die Gestaltung des Stadtraums mit und für die Interessen von Mädchen und Jungen in der Anfangszeit mit Dr. Christine Dörner, dem systematischen Augenmerk auf die Situation und Bedürfnisse von Kindern bei häuslicher Gewalt mit Dr. Susanne Heynen und schließlich bei der Frühen Prävention und Armutsbekämpfung in jüngster Vergangenheit mit Dr. Frauke Zahradnik.
Das Kinderbüro war und ist ein wichtiger Knoten im Netzwerk. Das Team des Kinderbüros bildet gerade in der jeweiligen Verschiedenheit ein Basislager für gemeinsame Veränderungsunternehmen ebenso wie für sachorientierte, kompetente, unkomplizierte und verlässliche Zusammenarbeit im Alltag. Genannt sei in diesem Zusammenhang und für das „Überdauern“ dieser Qualitäten besonders die dienstälteste Kollegin Sabine Pfortner.
Allen unseren herzlichen Dank und Glückwunsch zum Jubiläum. Wir freuen uns auf die nächste Runde!
ANNETTE NIESYTO GLEICHSTELLUNGSBEAUFTRAGTE
KREATIVE WERKSTATT UND PARTEILICHKEIT FÜR KINDER
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MEILENSTEINE AUS DER SICHT DER VOLKSHOCHSCHULE? NATÜRLICH DIE GEMEINSAMEN ELTERNTAGE!
Im Jahr 2004 entstand die Idee, gemeinsam eine Art Elternkongress zu veranstalten.
Und das haben wir – Kinderbüro Karlsruhe und vhs Karlsruhe – dann auch gemeinsam geschafft: Im Januar 2005 war es soweit. Der 1. Karlsruher Elterntag stand unter dem Motto „Kinder brauchen Wurzeln und Flügel – Eltern auch“, die Hauptreferentin war Prof. Dr. Sigrid Tschöpe- Scheffler. Circa 120 Eltern interessierten sich für den Vortrag, die zehn Workshops und die Abschlussveranstaltung.
Die Grundidee wurde im Lauf der Jahre weiterentwickelt, aber die zentralen Elemente sind auch heute, nach der achten Runde, noch immer dieselben: Einführender Vortrag mit namhaften Referentinnen und Referenten, am Alter der Kinder orientierte Workshops zur Wahl, bewirtete Pause – und das Ganze mit Kinderbetreuung. Denn wir wollten sowohl Alleinerziehenden als auch Elternpaaren eine Teilnahme ermöglichen. Und die Rechnung ging auf: Der Elterntag ist mit 100 bis 150 Personen, darunter sind sehr viele Väter, hervorragend besucht. Die Ermäßigungsregeln unterstützen vor allem Alleinerziehende. Der Elterntag erhält tolle Bewertungen und er ist ein jährliches Highlight im vhs-Programmbereich Familienbildung.
Möglich war und ist das nur, weil die Zusammenarbeit mit dem Kinderbüro – das heißt mit den entsprechenden Mitarbeiterinnen: die ersten Jahre mit Frau Dr. Heynen, der damaligen Leiterin des Kinderbüros, dann viele Jahre lang mit Henrike Litzler, dazwischen interimsweise mit Sabine Pfortner und künftig mit Gaby Keite – immer unproblematisch, effektiv und unterstützend war. Dafür bedanke ich mich an dieser Stelle herzlich und hoffe, dass wir weiterhin ungezwungen aber verlässlich zusammen arbeiten werden. Ob anlässlich eines Elterntages oder eines anderen Themas.
BARBARA BOHN VOLKSHOCHSCHULE KARLSRUHE (VHS) PROGRAMMDIREKTORIN, FACHBEREICHSLEITERIN TREFFPUNKT FAMILIE
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Sofort fallen mir viele wertvolle Dinge ein. Ich lege deshalb einen kleinen roten Zeitfaden, um die Erinnerungen ein wenig zu ordnen.
Da sind vor allem drei Leiterinnen. Jede in ihrer Weise herausragend in ihrem fachlichen Wissen, klug und charmant in ihrem Auftreten, stets voller Ideen (die in der Regel sehr groß sind), voller Tatendrang (der nur durch viel zu geringe Ressourcen beschränkt wird) – und alle drei habe ich immer als besonders konstruktive Kooperationspartnerinnen erlebt.
Da ist das Team im Kinderbüro. Frauen, die sich der Sache (die Kinder in Karlsruhe in den Mittelpunkt zu stellen!) mit ebenso viel Schwung und vor allem mit großer Fachlichkeit widmen …
… und gemeinsam den MOBIs zum Geburtstag ein Lied anstimmten …
Seit 20 Jahren arbeite ich mit den Kolleginnen vom Kinderbüro zusammen – ich ahne, dass ich einer der ersten und längsten Wegbegleiter bin.
Seit 20 Jahren denken wir gemeinsam nach – und vor allem denken wir vor. So entwickeln wir immer wieder neue Projekte, die wir häufig zusammen umsetzen, seit 20 Jahren entwerfen wir gemeinsam Welten, die für alle Karlsruher Kinder, deren Eltern und dem gemeinschaftlichen bürgerlichen Miteinander dienen.
EINEN KURZEN ÜBERBLICK DAZU MÖCHTE ICH SEHR GERNE VERSUCHEN:
Seit 1992 organisieren wir jährlich am 20. September den Weltkindertag und darauffolgend das Weltkindertagsfest. Dabei sind wir uns schon immer einig – wir beteiligen die Kinder, wir setzen uns für sie ein, wir geben ihnen Zeit, Raum und Aufmerksamkeit. „Kinder sehen und hören“ – das verbindet uns!
RALF BIRKNER STADTJUGENDAUSSCHUSS E. V. KARLSRUHE
MOBILE SPIELAKTION (MOBI)
SEIT 20 JAHREN HAT MOBI EINE WUNDERBARE ZUSAMMENARBEIT MIT DEM KINDERBÜRO!
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EINE KLEINE AUSWAHL UNSERER GEMEINSAMEN PROJEKTE IST:
Seit 1996 bewegen wir einen großen Stein den Berg hinauf – „Kinder und Verkehr“, ein Thema, das so viele betrifft.
1997 – wurden zwei Schulhöfe in Karlsruhe zum ersten Mal in einem großen Beteiligungsprojekt zu einem sinnlicheren Lebensort für Menschen umgestaltet (Anne-Frank-Schule, Adam-Remmele- Schule).
1998 – haben wir mit dem Gartenbauamt in einem ausführlichen Beteiligungsprojekt „Mädchengerechte Spielplätze“ bewirkt.
2000 – stand die Sanierung Weststadt und hier die Umgestaltung des Spielplatzes Mondstraße an – und seit 2000 haben das Kinderbüro und MOBI eine gemeinsame Jahresplanung!
2001 – wurde mit vielen Kindern das Thema: „Kinder gegen Gewalt“ bearbeitet, eine Straßenbahn bemalt, ein Buch herausgegeben, Kindermusik lebte mit „Voll eins auf's Ohr“ auf.
2002 – Kinder sind auch Mieterinnen und Mieter – und es war Zeit für eine kinderfreundliche Hausordnung.
2002 – sogar beim Neubau der Karlsruher Kinderklinik flossen Ideen und Gestaltungen von Kindern mit ein.
2003 – ließen wir uns fürs Laufen begeistern und bewegten mit so vielen anderen zusammen den „24hLauf für Kinderrechte“, die charmanteste und frischeste Veranstaltung in Karlsruhe!
2004 – mehr verkehrsberuhigte Bereiche! Das war eine zentrale Forderung.
2006 – immer noch dieser Verkehr. In den Fokus wurden die temporären Parkzonen gestellt – exemplarisch in der Bürklinstraße.
2007 – kam es dann zum ersten „Kinderrechtefest“.
2008 – wurde es Zeit für den „Weltspieltag“ in Zusammenarbeit mit dem Bündnis Recht auf Spiel – wer erinnert sich nicht gerne an die 1.000 Kartons, die vor dem Schlossplatz standen.
2009 – unsere Zusammenarbeit zeigte sich auch zum ersten Mal in einem gemeinsamen „Jahresprogramm“.
2009 – erschien die wunderbare „Kinderrechte DVD“.
2010 – wurde unser jahrelanges Arbeiten mit und für die Kinder mit der Einrichtung der „Kindersprechstunde“ verfeinert.
WIE ES WEITER GEHT?
Sicherlich in höchster Professionalität und spielerisch im besten Sinne des Wortes – und sicher jederzeit mit größter Wertschätzung füreinander!
22 | 20 JAHRE KINDERBÜRO
Das erste, was mir dazu einfällt, ist, dass die Kinder, mit denen man in den Anfangsjahren noch von der Stephanienstraße aus in Kontakt kam, inzwischen schon gestandene Erwachsene sein müssen. Deren Erinnerungen und was sie davon in ihr gegenwärtiges Leben eingebaut haben, wären sicher auch einen Beitrag wert.
Für mich war das Kinderbüro schon immer eine ganz großartige kulturelle und zivilisatorische Errungenschaft und zeigt ein Stück freiheitliche Großzügigkeit eines Gemeinwesens. Die Stadt leistet sich im Interesse ihrer jüngsten Bewohnerinnen und Bewohner eine Einrichtung, die den Auftrag hat, die eigenen urbanen und gesellschaftlichen Mängel und Versäumnisse, aufzudecken und durch kreatives und beteiligendes Wirken anzugehen.
Hierbei haben sicher die Mitarbeiterinnen des Kinderbüros den größten Respekt verdient. Immer wieder ist es ihnen gelungen, professionell zu überzeugen und zu bleiben, statt ihren Auftrag quasi politisch zu verstehen.
Ich erinnere mich an unzählige Besprechungen zur Vorbereitung von Veranstaltungen, an viele Beteiligungen an der Umsetzung gemeinsamer Vorhaben in Sachen Medienkompetenz, an sehr wirkungsvolle Kooperationen etwa beim Kinderfest im Schlossgarten, schulischen Veranstaltungen oder bei dem Projekt „Jugendschutz Karlsruhe“, und immer war viel Begeisterung dabei.
Dafür vielen Dank.
DIETER MOSER JUGEND- UND DROGENBERATUNG
PRÄVENTIONSBÜRO
GEDANKEN ZU 20 JAHRE KINDERBÜRO
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ERINNERUNGEN AN DIE ZUSAMMENARBEIT MIT DEM KINDERBÜRO
Seit langen Jahren schon arbeitet der Kinderschutzbund Karlsruhe mit dem Kinderbüro der Stadt Karlsruhe zusammen. Das Kinderbüro gehört zu den wichtigsten Netzwerkpartnern des Ortsverbandes und gemeinsam wurden wichtige und nachhaltige Projekte ins Leben gerufen.
Eines der wichtigsten Projekte war die Erstellung der DVD „Kinder haben Rechte“. Federführend von Seiten des Kinderbüros war damals Katrin Schmidt-Sailer.
Die Vorstellung dieser DVD war Anlass für die Planung und Durchführung des KinderRechteFestes im Tollhaus, das wir nun schon seit einigen Jahren gemeinsam mit dem Kinderbüro, bisher durch Iris Tschukewitsch, zukünftig mit Franziska Stork, und weiteren Kooperierenden sehr erfolgreich durchführen.
Das Programm STÄRKE der Landesregierung ermöglicht es uns als Kinderschutzbund Elternkurse zur Unterstützung vor allem von Familien in besonderen Lebenslagen anzubieten. Die Beratung und Begleitung bei diesem Programm von der Koordinatorin im Kinderbüro Gaby Keite empfinden wir als äußerst kompetent und hilfreich.
Unsere ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als Sprachpatinnen und -paten Grundschulkinder begleiten und betreuen, brauchen für ihre wichtige Arbeit eine gute Fortbildung. Dies hat uns Sabine Pfortner zum Thema „Mobbing an Schulen“ sehr kompetent und anschaulich vermittelt.
Dies sind nur einige Themen und Projekte, die Liste ließe sich weiterführen.
Auf eine weitere so gute und bereichernde Zusammenarbeit wie bisher! Herzliche Grüße aus dem Kinderschutzbund und alles Gute zum Jubiläum.
INGRID MAIERHOFER-EDELE DEUTSCHER KINDERSCHUTZBUND ORTSVERBAND KARLSRUHE E. V.
24 | 20 JAHRE KINDERBÜRO
Als ich im Jahr 2000 die Stelle der Psychiatrie- und Behindertenkoordination angetreten habe, gab es rasch Berührungspunkte mit dem Kinderbüro, war ich doch für Menschen mit Behinderungen aller Altersstufen zuständig, so eben auch für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und deren Eltern. So richtig in Fahrt gekommen ist unsere Zusammenarbeit dann im Jahr 2003, dem Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen. Im Rahmen der Kinderaktionstage führten wir eine gemeinsame Veranstaltung von Eltern, Vereinen, dem Kinderbüro und mir durch zum Thema „Kinderrechte auch für Kinder mit Behinderungen“.
Wir haben viele Ideen gesammelt, die sich schwerpunktmäßig auf die Freizeitsituation behinderter Kinder bezogen haben. Der Wunsch nach Integration behinderter Mädchen und Jungen in Sportvereine, bedarfsgerechte Freizeitangebote und Spielplätze wurde sehr deutlich formuliert. Das führte dann zu einer Bestandsaufnahme der Freizeitangebote und in Folge zu einer intensiven Kooperation mit Lebenshilfe und Stadtjugendausschuss zur Entwicklung einer Freizeit in den Sommerferien auch für Kinder mit hohem Hilfebedarf. Mit Spenden, auch aus dem 24hLauf für Kinderrechte, gelang es, das Projekt zu starten und schließlich als festes Angebot zu etablieren. In einer Fragebogenaktion fragten wir die Bedarfe an Sportangeboten bei den Familien ab und führten eine Erhebung zu den Karlsruher Spielplätzen durch. Unter dem Motto „Wir bringen Bewegung ins Spiel – Karlsruher Sportvereine integrieren Menschen mit Handicap“ gab es einen Workshop auf der REHAB 2005.
All diese Aktivitäten waren Kooperationsprojekte städtischer Ämter wie Schul- und Sportamt, Gartenbauamt, aber auch mit Elternvertretungen und Vereinen gemeinsam gesteuert von Kinderbüro und Behindertenkoordinatorin. Als integrative Vorläufer haben sie aus meiner Sicht den Weg bereitet, dass wir in Karlsruhe schon viel in Richtung Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen erreicht haben.
Aber auch das Thema psychische Gesundheit von Kindern und Eltern hat uns gemeinsam beschäftigt. Im Jahr 2003 stand der Welttag der seelischen Gesundheit unter dem Motto „Auswirkungen von Gewalt und Traumatisierung auf die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“. Wir organisierten eine Fachtagung für Erwachsene, aber auch – zum ersten Mal – ein spezielles Programm für Kinder und Jugendliche mit Theater und Filmprogramm. 2005 haben wir das Thema unter dem Aspekt „Kinder psychisch kranker Eltern“ wieder aufgegriffen und in einem Fachtag die „Igelgruppe“ als neues Angebot für Kinder psychisch kranker Eltern vorgestellt sowie ein Projekt zur Vernetzung „Schule und Psychiatrie“ durchgeführt. 2006 führten wir zum Schwerpunktthema „Suizidalität und seelische Gesundheit“ erneut gemeinsam eine Fachtagung durch, bei der wir uns mit der Suizidalität von Kindern und Jugendlichen mit selbstverletzendem Verhalten und Risikoverhalten auseinandergesetzt haben. Das Thema „Eltern mit psychischer Erkrankung“, ihre Möglichkeiten hier in Karlsruhe niederschwellig Hilfe zu finden und wie ist die Situation der Kinder, beschäftigte uns weiter. Im Rahmen des Forums Gemeindepsychiatrischer Verbund (GPV) 2010 befassten wir uns mit der Vernetzung zwischen dem System Jugendhilfe und dem psychiatrischen Hilfesystem. Inzwischen wurde eine Arbeitsgruppe des GPV zum Thema „Eltern mit psychischer Erkrankung“ initiiert, die vom Kinderbüro moderiert und koordiniert wird.
Liebe Kolleginnen des Kinderbüros, es war toll über all die Jahre mit euch zusammenzuarbeiten. Macht weiter so und auch in meiner neuen beruflichen Funktion wird es Anknüpfungspunkte zur Kooperation geben. Ich freue mich darauf!
MARTINA WARTH-LOOS, EHEMALIGE PSYCHIATRIE- UND BEHINDERTENKOORDINATORIN
WAS FÄLLT MIR EIN, WENN ICH AN DAS KINDERBÜRO DENKE? ... EIN RÜCKBLICK AUF DIE GEMEINSAME ZEIT
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SPONTANE GEDANKEN
Durch die Zusammenarbeit in den Arbeitsgruppen im Karlsruher Bündnis für Familie sind viele neue Ideen und Kontakte entstanden, um das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie in die Öffentlichkeit und in die Unternehmen zu bringen. Dies braucht eine gute und verlässliche Koordination – diese liegt im Kinderbüro.
Hierfür vielen Dank.
WIR ZEIGENS’S EUCH
Meilensteine für mich waren der Umzug von der Stephanien- in die Kaiserstraße und die Installation des Festes und der Aktionswoche im Rahmen des Weltkindertages.
Gemeinsame Projekte von jubez und Kinderbüro sind die „Inforallye“ zu unterschiedlichen Themen und das Projekt „Wir zeigen´s Euch“!
Als Mutter beeindruckt mich die Beteiligungsarbeit hinsichtlich Stadtteilentwickung und Spielplatzentwicklung und die kinderfreundliche Hausordnung.
MEIN MEILENSTEIN – DIE EINRICHTUNG DES AK KIMOVE IN 2004
Als Erinnerung daran schicke ich Euch/Ihnen ein Foto einer Sitzung mit leckeren Muffins ... Die Sitzungen finden immer in toller Atmosphäre im Kinderbüro statt.
SILKE HARNAPP HANDWERKSKAMMER KARLSRUHE
TANJA HARTMANN STADTJUGENDAUSSCHUSS E. V. KARLSRUHE, JUBEZ
VERENA WAGNER STADTPLANUNGSAMT
26 | 20 JAHRE KINDERBÜRO
Das Arbeitgeberforum „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ ist eine gemeinsame Initiative der TechnologieRegion Karlsruhe und des Karlsruher Bündnisses für Familie mit den Bündnispartnerinnen Agentur für Arbeit Karlsruhe, Handwerkskammer Karlsruhe sowie Industrie- und Handelskammer Karlsruhe. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Bedeutung der Balance von Arbeit, Familie und Gesundheit für Beschäftigte und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber will das Forum Unternehmen und Institutionen der TechnologieRegion Karlsruhe eine Plattform bieten, sich zu dieser Thematik auszutauschen, zu vernetzen und gemeinsam Maßnahmen zu entwickeln, die die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Region bei der Umsetzung einer familienbewussten Personalpolitik unterstützen. Als konkrete Angebote bietet das Forum Netzwerkveranstaltungen, einen E-Mail-Newsletter-Service sowie eine Kinderbetreuungsdatenbank.
ANDREA ZECHNALL KOORDINIERUNGSSTELLE FÜR
EUROPÄISCHE UND REGIONALE BEZIEHUNGEN (EUREGKA)
VEREINBARKEIT VON BERUF UND FAMILIE
SOZIAL- UND JUGENDBEHÖRDE | 27
www.karlsruhe.de
DAS INTEGRATIONSBÜRO ERINNERT SICH
Herzlichen Glückwunsch zum 20-jährigen Jubiläum und herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit in den zurückliegenden Jahren!
Highlights waren insbesondere unsere Vernetzung im „Bündnis für Familie“, im Bereich der Startpunkte und Müttercafés und bei den „Anschlusstreffen zu den Integrationskursen“, die den Familien mit Migrationshintergrund die vielfältigen Angebote des Kinderbüros näher brachten und sie so noch mehr in das Leben in Karlsruhe eingebunden haben.
In diesem Sinne freue ich mich auf weitere gemeinsame Projekte.
ANITA BREITBACH BÜRO FÜR INTEGRATION INTEGRATIONSSTELLE
28 | 20 JAHRE KINDERBÜRO
Verkehrserziehung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der die Polizei einen wichtigen Beitrag leisten will.
Vor diesem Hintergrund kann die Verkehrserziehung beim Polizeipräsidium Karlsruhe auf eine fast 20-jährige Kooperation mit dem Kinderbüro der Stadt Karlsruhe zurückblicken.
In ihren Anfängen wurde die Verkehrserziehung mit anderen, in der Verkehrssicherheitsarbeit tätigen Institutionen, vom Kinderbüro zu Beratungen hinzugezogen mit dem Ziel, eine weitere Verbesserung der Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmenden – unserer Kinder – zu erreichen.
Darüber hinaus erfolgte eine Mitwirkung bei Veranstaltungen des Kinderbüros anlässlich der alljährlichen Weltkindertage durch Gastspiele der Verkehrspuppenbühne und verschiedene verkehrspräventive Aktionen sowie durch – gemeinsam mit dem Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) durchgeführten – theoretischen und praktischen Verkehrsunterricht an Karlsruher weiterführenden Schulen zum Thema „Sicherheit in Bus und Bahn“.
Seit der Gründung des behörden- und ämterübergreifenden Arbeitskreises „Kinder, Mobilität und Verkehr“, dessen Federführung dem Kinderbüro obliegt, konnte die Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Umsetzung von verschiedensten Projekten im Hinblick auf die Verkehrssicherheit für Kinder erweitert und intensiviert werden.
Die Verkehrserziehung beim Polizeipräsidium Karlsruhe gratuliert dem Kinderbüro der Stadt Karlsruhe zu seinem „20. Geburtstag“ ganz herzlich und freut sich auf eine weiterhin vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit.
WILFRIED FRITSCH ERSTER POLIZEIHAUPTKOMMISSAR UND LEITER VERKEHRSERZIEHUNG
POLIZEIPRÄSIDIUM KARLSRUHE
KINDERBÜRO UND POLIZEILICHE VERKEHRSERZIEHUNG – EINE BEWÄHRTE KOOPERATION
SOZIAL- UND JUGENDBEHÖRDE | 29
www.karlsruhe.de
INTERKULTURELLE FAMILIENBILDUNG ALS KOOPERATION ZWISCHEN KINDERBÜRO UND DEM KINDER- UND JUGEND-TREFF SÜDSTADT DES STADTJUGENDAUSSCHUSSES E. V. KARLSRUHE
Eine erfolgreiche Kooperation zwischen den einzelnen Institutionen ist die Voraussetzung für gelingende Arbeit im interkulturellen Bereich.
Beispiele für Projekte aus der Kooperation zwischen dem Kinderbüro und dem Kinder- und Jugendtreff Südstadt des Stadtjugendausschusses e. V. Karlsruhe:
Das interkulturelle Mütter-Café
Interkulturelles Lernen mit Schülerinnen, Eltern, Lehrerinnen Wöchentliches Angebot mit dem Ziel der Vermittlung interkultureller Kompetenzen, Elternbildung sowie Zusammenarbeit und Vernetzung der verschiedenen Erziehungsinstanzen Familie, Schule, Sozialer Dienst, Kinderbüro und Kinder- und Jugendtreff Südstadt.
„Internationale Mamis“ Mütter-Café für Mütter aus Afrika
Schulter an Schulter (Omuz Omuza) Projekt im Rahmen des Landesprogramms STÄRKE Alle Teilnehmerinnen sind aufgefordert bei der Aufarbeitung des Themas aktiv mitzuwirken. Themen sind dabei Erziehung, Konflikte zwischen eigenen und den fremden Werten und Normen, Trauer, Heimweh, Stress und Umgang mit Aggressionen und Wut, Gewaltprävention sowie Deeskalationstraining, Kommunikation zwischen Paaren, ... Dieses Projekt hat auch ein sehr großes Interesse unter den Migrantinnen ausgelöst.
Egal in welchem Land, Eltern sind wir überall – Müttertreff für afrikanische Mütter Projekt im Rahmen des Landesprogramms STÄRKE Ein Integrationskurs mit unterstützender muttersprachlicher Vermittlung und Selbstmitteilung auf Deutsch, der den Teilnehmerinnen eine gute Möglichkeit bietet, Sprachbarrieren abzubauen, ihren Wortschatz zu erweitern und Hilfen für Alltagsaufgaben zu bekommen.
Vieles habe ich hier nicht erwähnt, das würde diesen Rahmen sprengen.
Für die gute Unterstützung und Begleitung in der Entwicklungs- und Umsetzungsphase möchte ich mich noch mal bei meinen Gesprächs- und Kooperationspartnerinnen im Kinderbüro ganz herzlich bedanken.
FATMA SÖNMEZ STADTJUGENDAUSSCHUSS E. V. KARLSRUHE KINDER- UND JUGENDTREFF SÜDSTADT
www.karlsruhe.de
IMPRESSUM Herausgegeben von: Stadt Karlsruhe | Sozial- und Jugendbehörde | Kinderbüro
Stand: September 2012; gedruckt in der Rathausdruckerei auf 100% Recyclingpapier Redaktion: Kinderbüro Layout: SJB-ÖA, Petra Zimmermann Titel-Illustrationen: Markus Dürr Fotos: Kinderbüro; SJB-ÖA, Petra Zimmermann; Atila Erginos; Sandra Jacques; Verena Wagner; Mobile Spielaktion; fotolia.de; pixelio.de, Bremse, Hofschläger, Jenzig, Meyer, Torloxten
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/kinderbuero/infomaterial/HF_sections/content/ZZkNvaXXV67wtz/ZZkNvaLWuR4Xqi/20%20Jahre%20Kinderb%C3%BCro_Broschur.pdf
untitled
Materialien aus den Bundesländern
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit« Klosterbergschule Bad Berka, Thüringen
Antje Sänger
unter Mitarbeit von:
Ingo Wachtmeister
Katja Milker
Impressum 3
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
Impressum
Dieses Material ist eine Veröffentlichung aus der Reihe der „Praxisbausteine” des
BLK-Programms „Demokratie lernen & leben” und wurde in Thüringen entwickelt.
Kopieren und Weiterreichen der Materialien sind bis zum Ende des Programms am
31. März 2007 ausdrücklich gestattet. Die Inhalte geben nicht unbedingt die
Meinung des BMBF, der BLK oder der Koordinierungsstelle wieder; generell liegt
die Verantwortung für die Inhalte bei den Autoren.
Die Materialien stehen als kostenlose Downloads zur Verfügung:
www.blk-demokratie.de (Bereich Materialien/Praxisbausteine)
BLK-Programm „Demokratie lernen& leben” Koordinierungsstelle
Programmträger: Interdisziplinäres Zentrum für Lehr- und Lernforschung
Freie Universität Berlin
Leitung: Prof. Dr. Gerhard de Haan
Arnimallee 12
14195 Berlin
Telefon: (030) 838 564 73
info@blk-demokratie.de
www.blk-demokratie.de
Autorin des Praxisbausteins: Antje Sänger
schulleitung.klosterberg@t-online.de
Externe Entwicklerin: Katja Milker
kmilker@gmx.de
Verantwortlicher Netzwerkkoordinator Thüringen: Ingo Wachtmeister
IWachtmeister@thillm.thueringen.de
Berlin 2006
Inhalt 5
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
Inhalt
Allgemeine Kurzbeschreibung des Ansatzes 7
1. Kontext, Begründungen, Ziele bei der Entwicklung 9
2. Voraussetzungen für die Einführung bzw. Durchführung des Ansatzes 13
3. Durchführung bzw. Ablauf 15
4. Zwischenbilanz 21
5. Förderliche und hinderliche Bedingungen 25
6. Qualitätsweiterentwicklung: Standards und Kriterien für die Selbstevaluation des Ansatzes 29
7. Besondere Bemerkungen 31
Angaben zur Schule und Kontakt/Ansprechpartner 33
Materialien 35
Allgemeine Kurzbeschreibung des Ansatzes 7
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
Allgemeine Kurzbeschreibung des Ansatzes
Innerhalb des BLK Programms „Demokratie lernen & leben“ wurde eine
Fortbildungsreihe mit dem Titel „Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung im
Unterricht“ für interessierte Programmschulen angeboten. Diese wurde durch
Mitarbeiter der Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl Pädagogische
Psychologie und Gesundheitspsychologie durchgeführt. Ziel war die Verbesserung
der Lernmotivation, des Schulklimas und das Leistungsniveaus der Schüler.
Selbstwirksamkeit beinhaltet, eigene kompetente Handlungen ausführen zu
können und Personen mit einem starken Glauben an die eigene Kompetenz legen
größere Ausdauer bei der Bewältigung von Aufgaben an den Tag, sind also
motivierter und erfolgreicher.
In Thüringen haben sich zwei Schulen am Modul „Selbstwirksamkeitsförderung”
beteiligt. Diese Dokumentation bezieht sich auf die Umsetzung
an der Klosterbergschule Bad Berka, einer Regelschule, die seit 2003 an
diesem Projekt teilnimmt und die Module Sozialverhalten, Motiviertes Lernen
und Proaktives Handeln nicht nur im Unterricht, sondern im gesamten
schulischen Kontext umsetzt.
Die Klosterbergschule vereint Schülergruppen mit sehr differenziertem
Lern- und Leistungsanspruch und versucht für Schüler und Lehrer ein
produktives und prosoziales Umfeld zu schaffen, um Schule zu einem Ort zu
machen, der für jeden Einzelnen Raum zur Entfaltung und Entwicklung bietet.
Diese Dokumentation orientiert sich im allgemeinen am Verlauf des Projektes
im gesamten Schulbetrieb, mit einem Schwerpunkt auf der Entwicklung in der
Fokusklasse 9c.
Klosterbergschule, Bad Berka.
8
1 Kontext, Begründungen, Ziele bei der Entwicklung 9
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
1 Kontext, Begründungen, Ziele bei der Entwicklung
1.1 Verbesserung des Schulklimas und Abbau von „Schulfrust”
Die Klosterbergschule ist keineswegs eine Schule, die einen sozialen Brennpunkt
darstellt und dennoch hat sich das Lehrerkollegium die Aufgabe gestellt, das
Miteinander von Lehrern und Schülern noch stärker auszubauen, um einen
individuelleren Bezug zu einzelnen Schülern zu ermöglichen. Besonders Schüler,
die im unteren Bereich des Leistungsspektrums einer Klasse angesiedelt sind,
verbinden mit Schule und Lehrern oft ein sehr negatives Bild. Die geringe Aussicht
auf einen hochwertigen Schulabschluss und die nachfolgende Perspektive mindern
die Motivation des Einzelnen sich am Schulgeschehen zu beteiligen. Nach
intensiver Diskussion fasste die Schulkonferenz der Klosterbergschule den
Beschluss, am BLK Modellprogramm „Demokratie lernen & leben” teilzunehmen.
Auf großes Interesse stieß bei der Lehrerschaft das Fortbildungsprogramm
„Selbstwirksamkeitsförderung”.
Die Gesamtkonferenz beschloss sich daran zu beteiligen. Eine Steuergruppe aus
den Reihen der interessierten Kollegen wurde gebildet.
Es sind 16 von insgesamt 30 Lehrern an der Klosterbergschule am Projekt
„Selbstwirksamkeit” beteiligt und dennoch hat das Kollegium eine Methode
10
gefunden, um allen Lehrerinnen und Lehrern die Entwicklungen der einzelnen
Module, sowie die Informationen der Lehrveranstaltungen zukommen zu lassen.
Jeder informierte Lehrer sucht sich einen nicht informierten Kollegen und gibt sein
Wissen an diesen weiter. So wird allen Lehrern ermöglicht, die entwickelten
Theorien in der Praxis anzuwenden.
Das Gelernte wurde zeitnah in 3 Fokusklassen angewandt. Das Programm soll
nach Aussage der Lehrer auf eine Veränderung des Verhaltens zielen. Sozial- und
Selbstkompetenz sollen verbessert werden, dies soll ebenso die Basis für ein
verbessertes Schulklima sein, ein Schulklima das bestimmt sein soll, durch den
respektvollen Umgang miteinander, durch intensive Kommunikation und
Beteiligung der Betroffenen an relevanten Entscheidungen. Auch das
Lehrerverhalten wird sich ändern durch intensive Teamarbeit, veränderte
Unterrichtsführung und Bewertung. Förderung von Lernfreude und Verbesserung
des Leistungsniveaus.
Die Lernmotivation soll sich verbessern und somit die Lernergebnisse des
einzelnen Schülers. Es ist eine Binsenweisheit, dass Lernfreude und Leistungs-
niveau eng zusammenhängen. Aber welche Methoden wenden Lehrer wirklich an,
um dies zu erreichen? Dabei kommt es darauf an, über die einmalige Aktion
hinauszukommen. Der Regelunterricht muss verrändert werden. Eine Individuali-
sierung des Unterrichts ist nötig, um beim einzelnen Schüler anzukommen. Jeder
Schüler braucht Anregungen auf seinem Niveau, Herausforderungen und die
Möglichkeit ein selbst gestecktes Ziel zu erreichen.
So ist er motiviert und selbst bestimmt und das Niveau wird allmählich ansteigen.
In Arbeitsberatungen und pädagogischen Nachmittagen werden ebenfalls
verschiedene Erfahrungen und Eindrücke bezüglich der Anwendbarkeit und
Wirksamkeit des Projektes ausgetauscht.
Methoden zur Anhebung einer Lernmotivation verbunden mit Lernerfolgen,
wurden den Lehrern in verschiedenen Workshops vorgestellt. Der erste Workshop
zum Modul A der Selbstwirksamkeitsförderung, der im Dezember 2004 im
Thueringer Institut fuer Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien
(THILLM) in Bad Berka stattfand, dokumentiert die drei Förderbereiche
„Kompetentes Sozialverhalten”, „Motiviertes Lernen” und „Proaktives Handeln”
und einzelne Methoden zu deren Umsetzung. Den Lehrern wurden konkrete
Arbeitsmittel zur Anwendung gegeben, deren Wirksamkeit im Unterricht zu testen
war.
1.2 Selbstbestimmung und Selbstverantwortung
Mehr Transparenz, mehr Verantwortung und mehr Mitbestimmung bei der
Unterrichtsgestaltung seitens der Schüler sind Kernpunkte der Verbesserungen.
Nach Klassenarbeiten füllen alle Schüler eine so genannte Selbstbeurteilung aus.
Jeder Schüler soll seine eigene Leistung und Arbeit einschätzen, bevor sie vom
1 Kontext, Begründungen, Ziele bei der Entwicklung 11
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
Lehrer beurteilt wird und schließlich in eine Lernerfolgseinschätzung übergeht.
Beurteilung und individueller Lernerfolg werden wesentlich transparenter und für
den Schüler nachvollziehbarer.
Die Möglichkeiten eigene Leistungen zu optimieren werden erkennbarer und der
Schüler kann eigenverantwortlich darüber entscheiden, wie viel Arbeit er
investieren muss und seine Leistungen über das Jahr hinweg selbst einteilen bzw.
überprüfen.
Alle Aufzeichnungen werden in einem Portfolio gesammelt und somit die
Entwicklung jedes Schülers individuell protokolliert (siehe Evaluationsbogen
Englisch, Portfolio).
Die Mitbestimmung der Unterrichtsinhalte und Sozialform im Unterricht stellen
zum einen eine Herausforderung für den Schüler dar, motivieren ihn jedoch
zugleich selbst bestimmte Themen zu bearbeiten und Verantwortung zu
übernehmen. Dabei ist es egal, ob es sich um die Wahl eines Zieles für die
Klassenfahrt oder ein Referatsthema im Unterricht handelt.
Eine weitere Methode der Selbstbestimmung, welche an der Klosterbergschule
zur gemeinschaftlichen Feststellung des Klassenklimas verwendet wird, ist die
Klimakarte.
Ein größeres Papier (ca. A2) wird in vier Bereiche vom Zentrum des Blattes
ausgehend geteilt. Jeder dieser Bereiche wird mit einer Frage besetzt, die
entweder die persönliche Zufriedenheit oder die Befindlichkeit im Klassenverband
hinterfragt: Bin ich mit meinen schulischen Leistungen im 1. Halbjahr zufrieden?
Fühle ich mich in meiner Klasse wohl?
Klimakarte
12
Die Schüler werden dazu angehalten, sich mit einem Punkt oder einem Zeichen,
wobei ein Punkt anonymer ist, auf dem Blatt zu positionieren. Je weiter sie sich in
der Mitte positionieren, desto zufriedener sind sie in diesem Bereich.
Eine extrem effektive Methode, um allen Beteiligten zu visualisieren, wie der
Einzelne sich fühlt und welche Tendenzen sich daraus in der gesamten Gruppe
ergeben.
2 Voraussetzungen für die Einführung bzw. Durchführung des Ansatzes 13
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
2 Voraussetzungen für die Einführung bzw. Durchführung des Ansatzes
2.1 Workshops und Schulungen zu den 3 Modulen:
Kompetentes Sozialverhalten
Motiviertes Lernen
Proaktives Handeln
Es gab an der Klosterbergschule vor Beginn des Schuljahrs 3 Workshops für
jeweils 2 Tage (in den Ferien). Lehrer aus dem Kollegium, welche an diesen
Workshops nicht teilnehmen können, werden von ihren Kollegen über den Verlauf
informiert und weiterhin um Unterstützung gebeten.
Ein Erfolg ist nur möglich, wenn Lehrer, Schüler und im Idealfall auch deren
Eltern, an diesem Prozess aktiv beteiligt sind. Die Beteiligung und das Interesse
der Eltern ist bisher jedoch sehr gering (siehe Elternfragebogen).
Die Lehrer müssen bereit sein ihr bisheriges Unterrichtskonzept zu reflektieren
und eventuell gänzlich neu zu formen. Es erfordert enorme Aufmerksamkeit für
den einzelnen Schüler und der Lehrer sollte einen persönlichen Bezug zu ihnen
schaffen. Keinesfalls eine leichte Aufgabe, jedoch muss ein Schüler das Gefühl
14
haben, dass er mit seinen Problemen an die Lehrer herantreten kann, in den
meisten Fällen den Klassenlehrer. Zugleich soll der Schüler als Individuum
akzeptiert und mit Eigenverantwortlichkeit vertraut werden. Die Leistungs-
veränderungen werden verstärkt individuell und nicht am Durchschnitt der
gesamten Klasse gemessen.
Die Schüler müssen erkennen, welche Chancen für sie in diesen Innovationen
liegen. Sie sollen zum einen verstehen, was der Lehrer damit erreichen möchte
und zum anderen diesem gegenüber offen sein. Dies alles muss in Gesprächen
und gemeinsamen Workshops artikuliert und vermittelt werden.
Eine sehr wichtige Voraussetzung für die Umsetzung der Ziele war die Bereitschaft
der Lehrer ihre Arbeitszeiten um viele Stunden unentgeltlich zu erweitern,
beziehungsweise ihre Freizeit zu verwenden, um gemeinsam über einzelne
Schritte und Vorgehensweisen zu beraten.
3 Durchführung bzw. Ablauf 15
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
3 Durchführung bzw. Ablauf
3.1 Das Modul „Kompetentes Sozialverhalten”
In diesem Modul geht es um die Verbesserung der sozialen Kompetenzen von
Schülern, die gegenseitige Unterstützung und die Verbesserung des
Klassenklimas. Dazu machten sich die Lehrer mit einem breit gefächerten
Methodenrepertoir vertraut. Das Erstellen von Klassenregeln (siehe Umfrageaus-
wertung Klassenklima, Auswertung Selbstevaluation Klassenklima, Klassenregeln
Lob, Klassenregeln 9b, Klassenregeln 7c) und deren Einhaltung ist eine
Möglichkeit der Umsetzung. Die Arbeit mit der in Kapitel 1 bereits erwähnten
Klimakarte ist eine weitere.
Verschiedene kooperative Lernformen, Planspiele, Gruppenpuzzle, Projektarbeiten
oder die Projektplanung (z.B. eine Abschlussfeier - s. Abschlussfeier Aufgaben-
blatt, Abschlussfeier Brainstorming, Abschlussfeier Zielbestimmung) sind
Anwendungen, die alle 3 Module vereinen. An der Klosterbergschule wurden
verschiedene Methoden ausprobiert und die sich als praktikabel erwiesen in den
Regelunterricht eingeführt. So zum Beispiel haben sich die Schüler im Natur- und
Technikunterricht verschiedene Themen durch die Gruppenpuzzlemethode
erarbeitet.
16
Auch im Biologie-, Sozialkunde- und Chemieunterricht hat sich diese Methode als
äußerst effektiv erwiesen. In der Fokusklasse 9c wurde die Durchführung von
Gruppenpuzzles im Natur- und Technikunterricht grundsätzlich immer gut
angenommen. Nur in wenigen Ausnahmefällen gestaltete sich die Umsetzung
schwieriger, zum einen, da die Inhalte von den Schülern teilweise nicht erfasst
wurden und zum anderen sank in den letzten Wochen des Schuljahres die
Bereitschaft sich auf Neues einzulassen.
Dennoch entwickelte sich, vor allem in der Fokusklasse 9c, vermehrt die Fähigkeit
Konflikte untereinander in angemessener Form zu lösen und ein Gemeinschafts-
gefühl im Klassenverband zu entwickeln.
Beim Erstellen von Klassenregeln wird an der Klosterbergschule folgendermaßen
vorgegangen: Es werden Fragebögen erarbeitet und ausgeteilt, um die Schüler
bewerten zu lassen, was für sie im Unterricht gut und was weniger gut
funktioniert. Daraus lassen sich Punkte ableiten, die verbessert werden können
und die Schüler überlegen gemeinsam, wie sie sie verbessern würden. Danach
werden die abgeleiteten Regeln notiert, vervielfältigt und von allen Schülern
unterzeichnet (siehe Umfrageauswertung Klassenklima, Auswertung Selbst-
evaluation Klassenklima, Klassenregeln Lob, Klassenregeln 9b, Klassenregeln 7c).
Jeder Schüler der Klasse ist dazu angehalten, diese Regeln in seinem
Hausaufgabenheft/ Notizheft oder Timeplaner aufzubewahren.
Eine Lehrerin bemerkte, dass man die Schüler grundsätzlich mehr loben und
anspornen muss und unbedingt auch Interesse an ihnen zeigen, sie wertschätzen
und ihnen Verantwortung übertragen sollte, um ihr Selbstvertrauen zu stärken
und somit auch die Kommunikation und das Miteinander zu verbessern.
Klassenregeln
3 Durchführung bzw. Ablauf 17
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
3.2 Das Modul „Motiviertes Lernen”
Das Modul „Motiviertes Lernen” fokussiert sich auf die Förderung von Leistungs-
und Lernmotivationen. Wie können Schüler gestärkt werden, um ihre persönlichen
Fähigkeiten optimal auszubauen?
An der Klosterbergschule wird, seit dem Workshop zum 2. Modul, sehr intensiv mit
der Methode des Transparenzpapiers gearbeitet (siehe Kontrollpapier
Vorbereitung Abschlussprüfung, Transparenzpapier Klassenarbeit Gleichungen,
Transparenzpapier Klassenarbeit Ähnlichkeit, Transparenzpapier WTR,
Transparenzpapier WPF Naturwissenschaften, Stoffverteilungsplan).
Der Lehrer macht den Schülern mithilfe dieser Übersicht deutlicher, welche
Anforderungen er an sie stellt, welche Themen sie beherrschen sollten
und welche Gewichtung einzelne Komplexe innerhalb der Bewertung haben.
Vor und nach einer Klassenarbeit werden diese an die Schüler verteilt und
selbständig ausgefüllt.
Dem Schüler werden somit längerfristige Möglichkeiten zur eigenen Lernplanung
Leistungsverbesserung gegeben und erläutert, wie und wann sie ihre Leistungen
im Laufe des Schuljahres präsentieren sollen. Weiterhin findet der Schüler auf
dem Transparenzpapier Hinweise auf Hilfsmittel zum Lernen des Stoffes, sowie
eine klare Information darüber, in welche Aufgabenformen (Struktur) die Arbeit
gegliedert sein wird. Dadurch können sich die Schüler konkret und intensiv
vorbereiten.
Nach Aussagen der am Projekt beteiligten Lehrer ist das Transparenzpapier die
Methode, welche nach Einführung der 3 Module am besten in die Praxis
umzusetzen ist und große Erfolge bewirkt hat.
Die Erarbeitung dieses Materials ist für einen Lehrer sehr aufwendig. Das Portfolio
(siehe Evaluationsbogen Englisch, Portfolio) ist als eine Sammlung aus
Bewertungen durch den Lehrer und eigener Einstufung des Leistungsniveaus
gedacht und soll über einen längeren Zeitraum von mindestens einem Schuljahr
vom Schüler selbständig geführt werden. Das Portfolio zeigt Fortschritte in
einzelnen Bereichen oder auch bestimmte Problemfelder an und macht eine
Entwicklung nachvollziehbarer. Für die Schüler ist die Arbeit mit Portfolio ebenso
keine Selbstverständlichkeit, die Einführung gestaltete sich schwierig. Man
versucht diese Methode bei jüngeren Klassen von Beginn an zu etablieren, da es
schwer ist, sie in einer 9. oder 10. Klasse innerhalb eines Schuljahres zu
etablieren.
18
3.3 Das Modul „Proaktives Handeln”
„Proaktives Handeln” bedeutet in Eigenverantwortung auf Konflikte und
Herausforderungen reagieren zu können. Das dritte Modul ist darauf ausgerichtet,
diese Fähigkeit zu fördern, indem man den Schülern bestimmte Aufgaben zur
Unterrichts- und Schulgestaltung überträgt. Dies wurde an der Klosterbergschule
in einer höheren Klassenstufe versucht umzusetzen, stellte sich jedoch z. T. als
unpraktikabel heraus. Ursache dafür könnte sein, dass die Zielstellung erst mitten
im Prozess vorgestellt wird und nicht zu Beginn. Die Schüler konnten mit dieser
Struktur aus Unkenntnis weniger anfangen, deshalb verwendeten die Lehrer die
für sie brauchbarsten Formen. Die Verantwortung an die Schüler zu übertragen ist
eine Chance, aber auch ein Wagnis für den Lehrer, wenn Abläufe ständig
überprüft werden müssen und gegebenenfalls zu wenig Zeit verbleibt, um die
Aufgabe wieder zu übernehmen (siehe Graphik „Proaktives Handlungsmodell“).
3.4 Step by step
Erfahrungen in der Projektarbeit wurden von den Lehrern, innerhalb eines
Schulhalbjahres, im so genannten „Logbuch” festgehalten. Dieses dokumentiert
neben allgemeinen Fakten, zum Beispiel wie oft sich das Team trifft, aber auch
sehr konkrete Fortschritte und Schwierigkeiten in einzelnen Unterrichtsfächern.
Wie gut funktioniert die Umsetzung der Methoden zu den einzelnen Modulen? Was
wird weitergeführt und warum? Was wird in den einzelnen Fächern konkret
versucht? Wie die Arbeit im Projektteam funktioniert wird ebenfalls darin
festgehalten. Die Arbeitsberatungen umfassten neben der Arbeit am Logbuch,
Klassenkonferenzen und die Ausarbeitung des jeweiligen aktuellen Maßnahmen-
plans, mit den konkreten Einzelschritten des Teams bis zum nächsten Treffen.
Außerdem wurde die Selbstevaluation weiter vorbereitet, indem Fragebögen
ausgewertet, Methoden und Ziele zugeordnet und ein eigener Leitfaden entwickelt
wurde, an dem sich der Erfolg messen lässt (siehe Auswertung Selbstevaluation
Teil 1, Auswertung Selbstevaluation Teil 2, Fragebogen Englisch, Schülerfrage-
bogen über Lehr- und Lernmethoden, Elternfragebogen).
17.05.2004 Die Hauptthemen des Arbeitstreffens am 17.05.2004 war die Auswertung der
Schüler- und Lehrerfragebögen aus einer Umfrage im Herbst 2003, gefertigt von
der Humboldt-Universität Berlin und die Feststellung sich daraus ergebender
Ursachen und Konsequenzen.
3 Durchführung bzw. Ablauf 19
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
Die Lehrer leiteten aus den Ergebnissen der Schülerbefragung eine Notwendigkeit
für die Neugestaltung des Unterrichts ab. Eine weitere war die Verbesserung der
Lehrer-Schüler-Beziehung sowie des Klassenklimas.
Ursachen für die Ergebnisse der Umfrage wurden in zwei Gruppen geteilt.
Zu Gruppe A zählte das Team folgende Faktoren: Die ungünstige Formulierung
der Fragen im Fragebogen und die sich daraus teilweise ergebenden Fehlinter-
pretationen (z.B. Freiräume= Nichtstun) sowie die zu diesem Zeitpunkt noch
fehlende Fortbildung zum Modul „Motiviertes Lernen”.
Gruppe B umfasst folgenden Faktoren: Die Schaffung von Freiräumen im
Unterricht, beispielsweise durch das Angebot von Wahlaufgaben, binnen-
differenziertes Arbeiten, die positive Hervorhebung von Lernerfolgen bei einzelnen
Schülern und eine allgemein positivere Einstellung. Ebenfalls als notwendig
erkannt wurde eine gemeinsame Begriffsklärung zur „Selbstbestimmung” mit den
Schülern, um ihnen die Ziele klarer zu veranschaulichen.
Etwas überraschend wurde auch die Einhaltung der Dienstwege als Notwendigkeit
festgehalten, um die Kompetenzen des Einzelnen klarer zu definieren, außerdem
sollte die Erreichbarkeit der Lehrer für die Eltern durch Kontaktdaten und
schriftliche Terminanfragen verbessert werden.
15.11.2004 Die Mitschrift einer Arbeitsberatung zum Thema „Selbstwirksamkeit” vom
15.11.2004 dokumentiert folgenden Ablauf:
Klassenkonferenz
Ausfüllen des Logbuches
Planung weiterer Maßnahmen bis Januar 2005
die Vorbereitung der Selbstevaluation
Die Lehrer vermitteln ihre bisherigen Erfahrungen bei der Umsetzung der
Maßnahmen an nicht beteiligte Lehrer. Welche Erfolge und Schwierigkeiten traten
bisher auf und welche einheitlichen Festlegungen müssen zukünftig getroffen
werden?
In Bezug auf die Fokusklasse (damals 8c) wurde bereits festgehalten, dass sich
das Aufstellen von Klassenregeln und die Information über deren Einhaltung und
Feedback an die Eltern, als erfolgreich herausstellte und Schüler sogar Vorschläge
für das Lob Einzelner aussprachen.
Die Arbeit in kooperativen Lernformen verlief jedoch etwas schwieriger, mit der
Begründung, dass dies in einer Hauptschulklasse nicht gut funktioniert, da z. T.
die Regelakzeptanz gering ausgeprägt ist.
Eine transparentere Unterrichtsgestaltung und Bewertung wurde eingeführt und
bis dato als günstig empfunden. Im zweiten Halbjahr wurde von der
20
Klassenlehrerin der 8c die Erarbeitung eines Portfolios erprobt, um
Klassenarbeiten besser vor- und nachzubereiten.
27.02.2006 Das Protokoll vom 27.02.2006 dokumentiert die Auswertung einer erneuten,
umfangreichen Befragung im Sommer 2005.
Fortschritte in Lernmotivation und Leistungsentwicklung wurden von den Lehrern
festgestellt. Ebenso verbesserte sich nach Einschätzung der Lehrer das
Sozialverhalten. Unterschiede bei der Entwicklung der „normalen” und der
„Fokusklassen” wurden konstatiert. Die Lehrerseite will verstärkt an
Fortbildungsinhalten zum Thema kooperative Lernformen und Entwicklung des
Sozialverhaltens arbeiten.
Stand 1. Schulhalbjahr 2005/06
Der aktuellste Stand der Entwicklung lässt sich aus dem Logbuch des 1.
Schulhalbjahres 2005/ 2006 entnehmen. Es dokumentiert in einer kurzen
Übersicht die Entwicklungen seit dem Workshop zum Modul „Proaktives Handeln”.
Aus dem Modul Proaktives Handeln wurden die Maßnahmen für den Fachunter-
richt, fächerübergreifenden Unterricht, Klassenklima und Leistungsverhalten
besprochen und die Unterrichtserfahrungen ausgetauscht.
Konkret wurde versucht, ein proaktives Handlungsmodell bei der Organisation
einer Klassenfahrt und im Biologie- und Mathematikunterricht zur Festlegung der
Jahresziele zu verwenden.
Im Mathematikunterricht hat eine abgewandelte Form des Modells gute
Ergebnisse bei der persönlichen Ziel- und Wegbestimmung zur Abschlussnote
erwirkt. Im Englischunterricht wurde mit Hilfe von Fragebögen die Lerneinstellung
und das Klassenklima analysiert und ausgewertet (siehe Fragebogen Englisch,
Evaluationsbogen Englisch).
Aus den Modulen „Kompetentes Sozialverhalten” und „Motiviertes Lernen” wurden
Maßnahmen ebenfalls weitergeführt, wenn sie sich als wirksam erwiesen.
Kooperatives Lernen, Erstellen von Klassenregeln, Übertragung von Verant-
wortung auf die Schüler und die Diagnose des Klassenklimas wurden besonders
im Natur und Technik- und Biologieunterricht weiter verstärkt angewendet. Die
Transparenz von Bewertungsmaßstäben, Trennung von Lern- und Leistungsraum
und Autonomie sind Maßnahmen, welche an der Klosterbergschule seit der
Einführung des Bausteins zur Förderung der Selbstwirksamkeit eingesetzt und auf
die Schulbedürfnisse weiterentwickelt werden.
4 Zwischenbilanz 21
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
4 Zwischenbilanz
Die Klosterbergschule ist seit 2004 am Projekt „Selbstwirksamkeit” beteiligt, viele
Implementierungen sind noch nicht perfektioniert und die Schule befindet sich in
bestimmten Bereichen noch in der Testphase. Dennoch lässt sich für die
vergangenen 2 Jahre folgende Zwischenbilanz ziehen: Viele in den Workshops
vorgeschlagene Methoden haben sich in der Praxis als äußerst gewinnbringend
herausgestellt. Es gibt verschiedene Gründe dafür, warum Theorie manchmal
nicht in Praxis umzusetzen ist, beziehungsweise eine Abwandlung stattfindet.
4.1 Methoden und ihre Anwendbarkeit
Die Vorbereitung und Umsetzung der neuen Methoden brachte für die beteiligten
Lehrer einen hohen zeitlichen Mehraufwand mit sich.
Der Arbeitsaufwand ist oft für ein kleines Team zu groß. Die Umsetzung müsste
also von einer größeren Gruppe von Lehrern an einer Schule gemeinsam
durchgeführt werden. Für die Klosterbergschule stellte sich bei einigen
Anwendungen heraus, dass sie zu gering differenziert, auf unterschiedliche
Leistungsniveaus zugeschnitten sind und intensiver Vorarbeit mit der Klasse
bedürfen.
Das Gruppenpuzzle zum Beispiel ist eine Arbeitsform, welche ein bestimmtes Maß
22
an kommunikativen Kompetenzen, Kooperation, Interesse am Thema und ein
lernproduktives Klima voraussetzt. Wenn ein Lehrer durch engagierte Vorarbeit
versucht, das Thema alterspezifisch aufzubereiten, die Klasse jedoch kaum
Motivation zeigt etwas zu lernen, oder die genannten Sozialen- und
Selbstkompetenzen nicht grundlegend besitzt, dann funktioniert es nicht.
An der Klosterbergschule funktionierte das Gruppenpuzzle vorrangig in
Realschulklassen, aber auch in Hauptschulklassen.
Wichtig bleibt: dass alle Schüler innerhalb einer Gruppe die Aufgabenstellung
erfassen und bearbeiten. Es ist darauf zu achten, ob einige Gruppenmitglieder
Inhalte nur von den Arbeitsblättern der anderen abschreiben. So bleibt der Sinn,
das Sich gegenseitige unterstützen und Voneinander-Lernen, auf der Strecke.
Gruppenpuzzle in Klasse 9c.
Gemeinsame Auswertung des Gruppenpuzzles.
4.2 Entwicklungsverlauf in der Klasse 9c im Zeitraum 2003-2006/ Schulbericht
In der jetzigen Klasse 9c, einer Hauptschulklasse, herrscht in Abhängigkeit vom
Unterrichtsfach ein mehr oder weniger angenehmes Arbeitsklima. Bei den
Schülern besteht wenig Schulfrust, es gibt keine Schulschwänzer und wenig
unentschuldigtes Fehlen. Die Schule nimmt bei den Schülern den nötigen
Stellenwert ein. Das Unterrichts- und Klassenklima wurde immer wieder zum
4 Zwischenbilanz 23
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
Thema von Schülerversammlungen gemacht und es zeigte sich, dass die Schüler
ihre selbst aufgestellten Klassenregeln ernst nahmen und sich gegenseitig
erzogen. Viele Lehrer, die in der Klasse unterrichten, nehmen an der Fortbildung
„Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit im Unterricht” teil und setzen die
Inhalte im Unterricht um.
Der Einsatz kooperativer Lernformen funktioniert recht gut, vorausgesetzt, die
Schüler haben ein Grundmaß an Kompetenzen, werden richtig angeleitet und die
zu erarbeitenden Themen sind angemessen.
Die Schüler sind im Laufe der Zeit immer selbstständiger geworden und haben
ihre Aufgaben sehr ernst genommen. In den Fächern Mathematik und Natur-
wissenschaften sind diese Methoden oft mit Erfolg eingesetzt worden, dabei zeigte
sich, dass das Verantwortungsbewusstsein der Schüler gefördert wurde. Allerdings
ist zu bemerken, dass die Abläufe und Inhalte immer sorgfältig wiederholt und
geübt werden müssen, da sonst der Lerneffekt nur gering ausfällt. Besonders
eignen sich diese Methoden beim selbstständigen Üben und beim Bearbeiten von
Wahlthemen.
Die Trennung von Lern- und Leistungsraum ist auch ohne ein sichtbares Zeichen
für die Schüler selbstverständlich, und das Vertrauen der Schüler in ihr eigenes
Leistungsvermögen und gegenüber ihren Lehrern ist stetig gewachsen. In den
Umfrageergebnissen ist festgestellt worden, dass es zu einer Zunahme der
Fürsorglichkeit der Lehrer und einer Abnahme von restriktiven Maßnahmen
gekommen ist.
Sehr dankbar werden die Maßnahmen zur Transparenz und Autonomie von den
meisten Schülern angenommen. Dadurch sind die Anforderungen an eine
Leistungskontrolle und auch die Bewertungsrichtlinien für Schüler und Eltern
bekannt und die Schüler können sich zielorientiert auf die Anforderungen
einstellen. Maßnahmen zur Förderung von Autonomie, z. B. Wahlaufgaben,
stärken das Selbstbewusstsein der Schüler und nehmen ihnen die Angst vor
Leistungsanforderungen, denn sie wissen, dass sie sich „ihr” Thema aussuchen
können.
Der Einsatz des Proaktiven Handlungsmodells bei der Klärung allgemeiner Fragen,
z. B. bei der Wahl des Klassenfahrtziels, war hilfreich, doch muss die Vorgehens-
weise bei der Klärung eines Problems zur Verinnerlichung längere Zeit geübt
werden.
In einer letzten Umfrage zum Unterricht schätzen sich die Schüler sehr realistisch
ein und sind im Allgemeinen sehr gern in der Schule. 77% der Schüler fühlen sich
in der Klasse wohl bis sehr wohl und ein Großteil ist stolz, in diese Schule gehen
zu dürfen.
24
5 Förderliche und hinderliche Bedingungen 25
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
5 Förderliche und hinderliche Bedingungen
Viele Inhalte sind den Schülern im Unterricht nicht verständlich genug und
behindern die Motivation und den Lerneffekt. Das liegt teilweise am Stoff,
teilweise auch am Lehrer, jedoch dokumentierten die Lehrer auch, dass Schüler
ihre Bemühungen den Unterricht interessanter aufzubereiten, kaum registrierten.
Dies führt beim Lehrer zu einer Resignation und Unzufriedenheit. Der Schüler
wiederum resigniert, wenn er sich selbst nicht als Adressat für eine vom Lehrer
ausgesandte Information begreift.
Die Kommunikation zwischen Lehrer - Schüler, aber auch Schüler - Schüler ist ein
sehr entscheidender Faktor. Die Bemühungen dieses Verhältnis zu verbessern sind
im Programm durch die Anwendung verschiedener Maßnahmen recht erfolgreich
gewesen. Schüler gestalten eine Unterrichtseinheit mit, sie wählen zwischen
verschiedenen Aufgaben, je nachdem, was sie am meisten interessiert und haben
weniger Hemmungen den Lehrer anzusprechen, wenn sie etwas nicht verstehen.
Ein geringes Abstraktionsvermögen, fehlende Sozial- und Selbstkompetenz
erschweren es dem Schüler andere Perspektiven und Betrachtungsweisen zu
vermitteln. Dies ist ein großes Problem, wenn man zum Beispiel fächerüber-
greifenden Unterricht gestalten möchte oder wenn Schüler ein eigenes Thema
wählen und bearbeiten sollen. Diese Problematik besteht nach wie vor und hieran
wird weiter gearbeitet werden.
26
Bei der Evaluierung der einzelnen Projektabschnitte fiel auf, dass es zu
Verständnisproblemen seitens der Schüler kam, da Fragen scheinbar irreführend
oder mehrdeutig formuliert waren. Dies führt zu einer Verfälschung der
Ergebnisse, da die Schüler entweder wahllos etwas bewerten, ohne es verstanden
zu haben, oder den Lehrer um Rat bitten und dieser durch seine Antwort zu einem
verfälschenden Faktor in der Reaktionskette werden kann. Auch ist die Selbstkritik
der Schüler sehr gering entwickelt. Dies führt einerseits dazu, dass sie ihre Fähig-
keiten nicht selbst einschätzen können und wenig Selbstvertrauen und Motivation
daraus schöpfen. Zum anderen führt es teilweise zu starken Überreaktionen, wenn
Kritik von außen auf sie einwirkt und dies wiederum verschlechtert das
Klassenklima.
Förderlich ist sicher auch ein intensiver Austausch von Schulen untereinander. Die
vorhandenen Möglichkeiten wurden aus verschiedenen Gründen nicht genutzt.
Das „Netzwerk Selbstwirksamer Schulen” ist eine Möglichkeit der Zusammen-
arbeit, da diese hervorragende Möglichkeiten bietet, sich bei Fragen und
Problemen gegenseitig zu unterstützen, statt sich alle Inhalte stets selbst zu
erarbeiten, ohne anderes professionelles Feedback. Außerdem erfährt man durch
die Erfahrungsberichte anderer Lehrer, auf was man achten sollte und was man
ändern könnte, um noch erfolgreicher bei der Durchführung zu sein. Viele Lehrer
jedoch nutzen dieses Tool überhaupt nicht, möglicherweise aufgrund des hohen
Zeitaufwandes, der mangelnden Bereitschaft sich mit neuen Medien auseinander-
zusetzen, aber auch weil man selbstbewusst hinter seiner Arbeitsweise stehen
muss und die Fähigkeit besitzen sollte, seine Erfahrungen (manchmal eben auch
Fehler) mit anderen Lehrern zu teilen. Teamarbeit auf Klassenstufenbasis ist
unerlässlich um neue Methoden wirklich zu verankern.
Die Teamarbeit der Lehrer wird durch zwei Faktoren erheblich erschwert. Erstens
arbeiten die meisten Lehrer auf einer 75% Stelle und somit waren alle beteiligten
Lehrer nur selten zur selben Zeit in der Schule anzutreffen. Des Weiteren änderte
sich die Teamstruktur, durch ständige Lehrerwechsel bedingt, öfter.
26 Lehrern besuchten den ersten Workshop im THILLM. Für einige Lehrer stellte
sich schnell heraus, daß sie mit falschen Erwartungen in das Projekt eingestiegen
sind und nach dem Workshop blieben ca. 2/3 übrig, die bereit waren am Projekt
zu arbeiten. Im Augenblick sind noch 15 Lehrer im Team, die aktiv daran
mitarbeiten und die Maßnahmen umzusetzen.
5.1 Perspektiven des Projekts „Selbstwirksamkeit” an der Klosterbergschule Bad Berka
Wenn man sich einen Überblick über die bisherige Durchführung des Projektes
„Selbstwirksamkeit” an der Klosterbergschule verschafft hat, wird man feststellen,
dass die Schule recht erfolgreich wichtige Elemente der Module im Unterricht
integriert hat. Wenn dieser Prozess konsequent weitergeführt wird, die positiven
5 Förderliche und hinderliche Bedingungen 27
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
Bedingungen erhalten werden, ein Erfahrungsaustausch zwischen beteiligten
Schulen initiiert wird und extern begleitet wird, dann kann es in den kommenden
Jahren zu einer weiteren deutlicheren Verbesserung des Leistungsniveaus und des
sozialen Klimas an dieser Schule kommen.
Eindrücke aus der Schule.
28
6 Qualitätsweiterentwicklung: Standards und Kriterien für die Selbstevaluation des Ansatzes 29
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
6 Qualitätsweiterentwicklung: Standards und Kriterien für die Selbstevaluation des Ansatzes
„Wir führen regelmäßig Lehrerkonferenzen und pädagogische Tage durch, bei
denen unter anderem die Punkte aus unserem Schulentwicklungsprogramm auf
ihre Erfüllung hin untersucht werden. Wir evaluieren mit den Fragebögen, die am
Ende des Schuljahres ausgefüllt werden und zu Beginn des nächsten Schuljahres
ausgewertet und auf einer Lehrerkonferenz besprochen werden. Ebenfalls haben
wir von der Uni Berlin regelmäßig Auswertungen zugesendet bekommen und dann
im Kollegium besprochen und Maßnahmen ergriffen,” Antje Sänger.
Um eine Selbstevaluierung erfolgreich/ sinnvoll durchzuführen, müssen
verschiedene Faktoren beachtet werden. Zum einen ist es hinderlich, sich bei der
Evaluierung zu stark am Ergebnis zu orientieren bzw. darauf hinzuarbeiten.
Eine Selbstevaluierung ist Bedingtermaßen stärker reizvoll, wenn man das Gefühl
hat, sichtbare Erfolge zu verzeichnen. Dies ist jedoch eine sehr subjektive
Sichtweise, denn es geht nicht um allgemeingültige sichtbare Erfolgserlebnisse,
sondern um eine längerfristige Wirkung. Diese lässt sich oft jedoch schwer
überprüfen, da man die Schüler meist nicht über einen entsprechend langen
Zeitraum begleitet. Wie lässt sich nun also eine Diagnose erstellen? Einige
30
Befragungen wurden direkt von der Humboldt-Universität Berlin durchgeführt und
werden zur Zeit wissenschaftlich ausgewertet.
Zur Selbstevaluation benutzte die Klosterbergschule verschiedene Instrumente wie
selbst erstellte Fragebögen oder das Thüringer Internetprogramm „Schüler als
Experten für Unterricht”.
Es ist wichtig, folgende Rahmenbedingung zu gewährleisten: Die Selbst-
evaluierung mit ihren Facetten von Planung, Durchführung, Auswertung und
Dokumentation muss im Alltagshandeln der Lehrer integriert sein. Ein personeller
und zeitlicher Mindestaufwand muss erfüllt werden und die Lehrer nicht in ihren
Zugeständnissen überfordert sein (stundenlange Analysen, Meetings oder Planung
in der Freizeit).
Die vom Kollegium selbst erarbeiteten Fragebögen werden unter Zuhilfenahme
von bereits existierenden Vorlagen und Fachliteratur erstellt.
Die Beispiele Fragebogen Englisch, Schülerfragebogen über Lehr- und
Lernmethoden zeigen auf, dass die Fragen sehr genau darauf ausgerichtet sind,
die Verbesserung des sozialen Miteinander und der Qualität des Unterrichtes beim
Schüler festzustellen. In indirekter Form wird der Schüler zu seiner persönlichen
Wahrnehmung von sich und seiner Umgebung befragt. Die Fragebögen sind sehr
konstruktiv und haben einen klaren, für den Schüler nachvollziehbaren Aufbau.
Die Auswertung der Elternfragebögen erfolgt zu den Elternabenden.
Ein letzter wichtiger Aspekt der Selbstevaluierung ist der Vergleich. Wie gut läuft
eine Umsetzung bei uns und wie funktioniert dies an anderen Schulen. Neben dem
Netzwerk „Selbstwirksamer Schulen” wurde zur Projektbegleitung die
Internetplattform Bipsy installiert. Die Nutzung und Möglichkeiten dieser
Schnittstelle müssen ausgebaut und forciert werden, um ein Netzwerk zwischen
den Schulen aufzubauen. Das Projekt „Selbstwirksamkeit” gewinnt an Komplexität
und Qualität durch einen ständigen Austausch untereinander und somit einer
permanenten Verbesserung der Struktur und der Kommunikation.
7 Besondere Bemerkungen 31
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
7 Besondere Bemerkungen
Woran erkennt man, ob es aufgrund der durchgeführten Veränderungen zu einer
Verbesserung einzelner Schüler kam, wenn man keinen Vergleich hat? Dies ist
eine der Fragen, die sich nicht so klar beantworten lässt. Die Klassenlehrerin der
Fokusklasse 9c Frau Daut ist sehr zufrieden mit der Durchführung des Projektes.
Sie hatte ein sehr gutes Verhältnis zur Klasse und sagte, dass die Schüler dieser
Klasse dem Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen waren. Das soziale
Miteinander hat bis auf geringe Zwischenfälle stets sehr gut funktioniert und es ist
schwierig für sie zu definieren, was eventuell nicht so verlaufen wäre, wenn man
die neuen Methoden nicht ausprobiert hätte. Sie hat die Klasse im siebten
Schuljahr übernommen und die Zusammenarbeit hat sofort gut funktioniert. Einige
Methoden haben für sie in Bezug auf die Fokusklasse mehr Wert als andere
gehabt. Fest steht jedoch, die Schüler sind durch mehr Transparenz und
Autonomie sehr an sich selbst gewachsen. Anfänglich gab es auch Misserfolge,
aber die ständige Verteilung von Aufgaben und Verantwortung hat im Laufe der
Jahre zu einem sehr selbständigen Denken und einer Verbesserung der Fähigkeit
Vorhaben zu organisieren geführt, was sich final in einer vollkommen selbständige
und ohne das Wissen der Lehrer erstellte Abschlusszeitung manifestierte.
Die Klasse 9c ist bis Ende ihrer gemeinsamen Schulzeit sehr zusammenge-
wachsen, vor allem im letzten halben Jahr. Ein Großteil der Schüler wird ab dem
nächsten Jahr auf die berufsbildende Schule in Weimar gehen.
32
Angaben zur Schule und Kontakt/Ansprechpartner 33
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
Angaben zur Schule und Kontakt/Ansprechpartner
Staatliche Regelschule Klosterbergschule
Friedensplatz 13
99438 Bad Berka
Tel.: (036458) 57 60
Fax: (036458) 57 613
E-Mail: schulleitung.klosterberg@t-online.de
Homepage: http://www.klosterbergschule-bad-berka.de
Schulleiterin: Beate Schmidt
Ansprechpartner: Antje Sänger
Schülerzahl (Schuljahr 05/06): 227
Anzahl der Kollegen (Schuljahr 05/06): 30
Anzahl anderer Mitarbeiter: 2
Lage, Einzugsbereich und Schülerschaft:
Bad Berka ist eine Kleinstadt. Die umliegenden Gemeinden gehören ebenfalls zum
Einzugsgebiet der Schule. Etwa ein Drittel der Schüler kommt aus Dörfern(10) im
Umland Bad Berkas.
Das Umfeld ist gemischt. Geprägt durch die beiden Kliniken, die vielen Einwohnern
eine Beschäftigung bieten. Die Arbeitslosigkeit entspricht dem bundesweiten
Durchschnitt. Der Migrant/innenanteil der Schülerschaft ist gering (ca. 5%).
In Bad Berka befindet sich ebenfalls ein Gymnasium. Die Nähe zum Wohnort ist
ein wichtiger Faktor, bei der Wahl der Schule / Ausbildung durch die Eltern.
Darum ist die Regelschule Klosterbergschule motiviert, ein besonders
ansprechendes Profil zu entwickeln.
34
Materialien 35
Praxisbaustein Das Projekt »Selbstwirksamkeit«
Materialien
Umfrageauswertung Klassenklima Statements aus einer Auswertung einer Umfrage über das Klassenklima
Auswertung Selbstevaluation Klassenklima Umfragebogen zum Klassenklima
Klassenregeln Lob eine Vorlage für eine Mitteilung an die Eltern eines Schülers, über ein erteiltes Lob
Klassenregeln 9b Das Dokument enthält die gemeinsam erstellten Regeln, sowie die Maßnahmen,
welche bei Verstoß ergriffen werden sollen
Klassenreglen 7c
Abschlussfeier Aufgabenblatt Eine Tabelle mit der Verteilung der Aufgaben, der Zuständigkeit und dem
Zeitraum der Vorbereitung
Abschlussfeier Brainstorming Ideenskizze für die Organisation der Abschlussfeier
Abschlussfeier Zielbestimmung Aufstellung der verschiedenen Aufgaben, Wünsche und Ziele zur gemeinsamen
Gestaltung der Abschlussfeier
Kontrollpapier Vorbereitung Abschlussprüfung Übersicht zur komplexen Wiederholung und Sachrechnen
Transparenzpapier Klassenarbeit Gleichungen Übersicht über die Aufgaben und notwendige Hilfsmittel zu einer Klassenarbeit in
Mathematik, Thema „Arbeiten mit Variablen und Gleichungen”
Transparenzpapier Klassenarbeit Ähnlichkeit Übersicht über die Aufgaben, unterstützende Materialien und den Aufbau einer
Klassenarbeit in Mathematik, Thema „Ähnlichkeit”
Transparenzpapier WTR Anleitung zur Planung, Entwicklung und Bau eines mehrteiligen Produktes,
Bewertungspunkte zur Orientierung
36
Transparenzpapier WPF Naturwissenschaften Übersicht über die Aufgaben und den Aufbau einer Klassenarbeit in
Naturwissenschaften, Thema „Fossilien”
Stoffverteilungsplan Übersicht über alle LK und KA im Schuljahr2004/2005, Physik, Klasse 9b
Evaluationsbogen Englisch Ein Fragebogen zur Verbesserung der Leistungen im Englischunterricht
Portfolio Verlaufsplan für die Selbsteinschätzung eines Schülers, bezüglich seiner
Leistungen in einem Fach im gesamten Schuljahr
Graphik „Proaktives Handlungsmodell“ Diese Grafik stellt die einzelnen Phasen eines optimalen Handlungsablaufes dar
Auswertung Selbstevaluation Teil 1 Auswertung eines Fragebogens vom 03.04.2006, zur Selbsteinschätzung der
Schüler der Klasse 9c, im Fachbereich Naturwissenschaften - Material der Schule
Auswertung Selbstevaluation Teil 2 Auswertung eines Fragebogens vom 03.04.2006, zur Selbsteinschätzung der
Schüler der Klasse 9c, im Fachbereich Naturwissenschaften - Material der Schule
Fragebogen Englisch Stimmungsumfrage für den Englischunterricht
Schülerfragebogen über Lehr- und Lernmethoden Fragebogen für Klasse 8 und 9
Elternfragebogen Dieser Fragebogen wird den Eltern übergeben und soll zwecks Selbstevaluation
ausgefüllt werden
Schlussfolgerungen
Wenn jemand in unserer Klasse Hilfe braucht, helfen ihm die Mitschüler nicht (gern).
In unserer Klasse gibt es keine gute Klassengemeinschaft..
Die meisten Schüler in der Klasse lernen nicht gern und strengen sich nicht für die Schule an.
Wenn jemand einen Fehler macht oder eine schlechte Note bekommt, dann freuen sich viele meiner Mitschüler heimlich.
In unserer Klasse ist es nicht allen wichtig, eine gute Leistung zu erbringen.
Es gibt in unserer Klasse häufig Streitereien zwischen den Schülern.
Bei uns ist es nicht selbstverständlich, dass die besseren Schüler den schlechteren helfen.
Einige Schüler stören immer den Unterricht, obwohl die anderen mitarbeiten möchten.
In unserer Klasse kann man schwer miteinander reden, weil keiner dem anderen zuhören will.
Deine Klasse – deine MitschülerInnen Völlig richtig
Eher richtig
Eher falsch
Völlig falsch
1.Wenn jemand in unserer Klasse Hilfe braucht, helfen ihm die Mitschüler gern. 2 11 9
2. Manche meiner Mitschüler versuchen gut dazustehen, indem sie andere Schüler schlecht machen.
7 11 1 2
3. In unserer Klasse gibt es wirklich eine gute Klassengemeinschaft. 2 17 4
4. Die meisten Schüler in der Klasse lernen gern und strengen sich für die Schule an. 5 16
5. Wenn jemand einen Fehler macht oder eine schlechte Note bekommt, dann freuen sich viele meiner Mitschüler heimlich.
4 10 4 1
6. In unserer Klasse ist es allen wichtig, eine gute Leistung zu erbringen. 2 4 16
7. In unserer Klasse interessiert sich kaum einer für die Probleme der anderen. 2 9 10 2
8. Es gibt in unserer Klasse häufig Streitereien zwischen den Schülern. 4 10 6
9. Bei uns ist es selbstverständlich, dass die besseren Schüler den schlechteren helfen. 6 10 5
10. Viele Schüler in der Klasse lernen nur, weil sie Angst vor schlechten Noten haben – für die Schule selbst interessieren sie sich wenig.
6 6 9
11. Einige Schüler stören immer den Unterricht, obwohl die anderen mitarbeiten möchten. 13 6 1 1
12. In unserer Klasse kann man schwer miteinander reden, weil keiner dem anderen zuhören will.
1 11 6 3
13. In meiner Klasse habe ich mehrere gute Freunde/ Freundinnen 13 6 2
14. Wie zufrieden bist du mit deiner Klasse O 13O 9O O
insgesamt?
Elternmitteilung
Die Schülerin/ der Schüler _______________ erhält im Monat _________ ein Lob der Klassenversammlung der Klasse 8c für freundliches, faires und kameradschaftliches Verhalten!
Klassensprecher stellvertretender Klassensprecher
Elternmitteilung
Die Schülerin/ der Schüler _______________ erhält im Monat ___________ ein Lob der Klassenversammlung der Klasse 8c für ihr/ sein Bemühen um gute Leistungen und die Vollständigkeit von Arbeitsmitteln und Hausaufgaben!
Klassensprecher stellvertretender Klassensprecher
Klassenregeln der Klasse 9b
Aufgestellt in der Schülerversammlung am 26. März
1. Wir respektieren und achten unsere Mitschüler und akzeptieren die
Meinung anderer.
2. Wir vermeiden nervige Streitereien, d.h. wenn diese die Mitschüler am
Lernen hindern oder die Privatsphäre des Schülers in der Pause stören.
3. Wir stören und behindern den Unterricht nicht, Privatgespräche
unterbleiben.
4. Wir folgen dem Unterricht aufmerksamer, arbeiten mit und lernen besser.
5. Wir arbeiten regelmäßig in kleinen Gruppen unter Anleitung eines
Lehrers unseres Vertrauens an der Lösung der Probleme der Klasse.
6. Wir nehmen Rücksicht aufeinander und unterlassen Handlungen und
Reden, die die Mitschüler/ Lehrer belästigen oder stören.
Bei Problemen und Verstößen sollen je nach Einzelfallentscheidung folgende
Maßnahmen ergriffen werden:
Problem/ Verstoß Verantwortlich für die
Maßnahme:
Bei Stören des Unterrichts den Schüler/ die Schülerin
ausschließen, den Stoff nacharbeiten lassen und die
Nacharbeit benoten bzw. mündliche Leistungskontrolle
zum Stoff durchführen.
Fachlehrer/in
Regelmäßig Gespräche führen Schüler/in und
Mitschüler oder Lehrer
des Vertrauens
gemeinnützige Arbeit leisten (dem Hausmeister
unterstellt, Aufgaben erfüllen wie Hof säubern,
Heizkörper säubern, Klassenraum putzen, Tafeln
wischen....)
1.Gewähltes Gremium*
für das Festlegen der
Maßnahme
2. Schulleitung und
Hausmeister für die
Durchführung
Elternmitteilungen Fachlehrer
entsprechende Verhaltenszensuren erteilen Fachlehrer
Ordnungsmaßnahmen einleiten Klassenleiter/
Schulleitung
Einbeziehen des Schülerparlaments Gewähltes Gremium
*Rico Hupel, Sandra Pett, Maria Gottschall
Frau Albert, Frau Schreiber
Mit meiner Unterschrift erkenne ich die Klassenregeln an:
1.
2.
Klassenregeln der Klasse 7c
1. Niemand schlägt, rempelt oder
beleidigt eine Mitschülerin oder einen
Mitschüler!
2. Im Unterricht arbeiten alle mit,
stören nicht und lassen sich nicht
ablenken!
3. Hausaufgaben und Arbeitsmittel
sind immer vollständig!
4. Alle versprechen, sich an diese
Regeln zu halten! Bei Verstoß gegen
Regel Nr.1 sind freiwillig 5 Cent in die
Klassenkasse zu zahlen!
Welche Aufgaben müssen erledigt werden, dass unsere Abschlussfeier ein Erfolg wird?
Vorhaben Verantwortliche Unterstützung Wann? Wie? Wo?
Raum
Essen
Getränke
Musik
Programm
Dekoration
Einladungen
Abschlusszeitung
Organisation Abschlussfeier
Brainstorming – Was gehört zu einer gut gelungenen Abschlussfeier?
Raum
Essen
Getränke
Musik/Band
Tanz
Dekoration
Programm/ Rückblick
Spiele
Organisation/ Verantwortliche /Planung/Versuchen, alle einzubeziehen
Abschlusszeitung
Sitzordnung
Grillen
Gute Stimmung
Nette Gäste
Abschlussfeier
Was können wir tun? Wen können wir um Hilfe bitten?
3 Band und Soundanlage holen Lehrer, Eltern, Auskunft
1 Essen organisieren Freunde Lehrer Familie Bekannte
4 Informieren, Planen, Organisieren Eltern, Lehrer, Familienmitglieder
Welches Ziel wollen wir genau erreichen?
3 sehr schöner Abend und lustige Schüler
1 tolle Abschlussfeier
4 gelungene Abschlussfeier mit Veranstaltungsprogramm, Essen,
Abschlusszeitung, Rückblick der Vergangenen Jahre und eine
Erinnerung fürs Leben
Komplexe Wiederholung und Sachrechnen zur Vorbereitung auf die freiwillige Prüfung zum Erwerb des Qualifizierenden Hauptschulabschlusses
Thema wiederholt am
Prozent – und Zinsrechnung
- Berechnungen von Gewinn und Verlust
- Barkauf und Ratenkauf
- Kostenberechnungen
- Vermögensbildung durch Sparen bzw. Kauf von Wertpapieren
- Darlehen und Hypotheken
- Berechnungen von Löhnen und Gehältern
- Begriffe "Brutto" und "Netto"
- Ausländische Währungen
- Zinseszinsen
- Energieverbrauch
Arbeiten mit Größen
- Masse
- Länge
- Geld, auch ausländische Währungen
- Zeit
- Flächeninhalt
- Volumen
Lösen von Gleichungen
Flächenberechnungen - Umfang und Flächeninhalt
Körperberechnungen - Volumen, Mantelfläche, Oberflächeninhalt, Masse
Konstruktionen
- Flächen ( auch mit Satz des Thales )
- Körper ( Netze, Schrägbid, Zweitafelprojektion )
Proportionalitäten
- direkt
- umgekehrt
Funktionen
- Darstellung anhand der Gleichung , Ermittlung der Gleichung
- Nullstellen und Schnittpunkte mit den Achsen
- Schnittpunkte von Graphen
- Berechnug von Längen und Flächen im Koordinatensystem
Rechnen mit abgetrennten Zehnerpotenzen
Potenzen mit ganzzahligen Exponenten, Potenzgesetze
Winkel
- Winkelsummen
- Winkel am Kreis
- Winkel an sich schneidenden Geraden
Maßstab
Strahlensätze ( formal und Anwendungen )
Satzgruppe des Pythagoras ( formal und Anwendungen )
Auswertung und Beurteilung von Statistiken und Diagrammen
Auswertung von Meinungsumfragen, Wahlergebnissen
2. Klassenarbeit „Arbeiten mit Variablen und Gleichungen“
Wie du weißt, schreiben wir am Montag, den 30.1.2005 in der 4.Stunde die zweite Klassenarbeit zum Stoffgebiet „Arbeiten mit Variablen und Gleichungen“. Diese Klassenarbeit wird nur einfach gewertet.
1. Was musst du für die Arbeit können?
• Anwenden von Termumformungen: Zusammenfassen, Ausmultiplizieren, Ausklammern, Auflösen von Plus- und Minusklammern, Binomische Formeln
• Rechnen mit Bruchtermen (Grundlagen der Bruchrechnung) Angabe des Definitionsbereiches, Erweitern, Kürzen, Grundrechenarten
• Lösen von Gleichungen durch äquivalente Umformungen mit Angabe von Probe und Lösungsmenge – insbesondere Gleichungen mit Klammern und binomischen Formeln, einfache Bruchgleichungen
• Umstellen von Formeln • Lösen von Anwendungsaufgaben
2. Welche Hilfen stehen dir bei der Vorbereitung zur Verfügung?
• Bereite dich langfristig vor, am besten ab sofort! • Löse täglich ein paar Übungsaufgaben zu den genannten Themen,
insbesondere die Hausaufgaben sind eine gute Vorbereitung auf die Klassenarbeit.
• Arbeite im Unterricht konzentriert mit und frage bei Unklarheiten nach!
• Aufgabenbeispiele findest du in den Arbeitsblättern zur Partnerarbeit „Termumformungen“, in deinem Lehrbuch (S.7 – 10 und S. 66 - 88) insbesondere im „Rückspiegel“ und bei „Vermischtes“, in der letzten Leistungskontrolle und den tägliche Übungen.
• Arbeite mit dem Tafelwerk! Du darfst es auch in der Klassenarbeit benutzen!
• Gegenstand der kommenden Unterrichtsstunden sind die genannten Themenschwerpunkte.
Vergiss bitte nicht, zur Klassenarbeit deinen Taschenrechner und das Tafelwerk mitzubringen.
Deine Mathematiklehrerin
2. Klassenarbeit „Arbeiten mit Variablen und Gleichungen“
Wie du weißt, schreiben wir am Montag, den 30.1.2005 in der 4.Stunde die zweite Klassenarbeit zum Stoffgebiet „Arbeiten mit Variablen und Gleichungen“. Diese Klassenarbeit wird nur einfach gewertet.
1. Was musst du für die Arbeit können?
• Anwenden von Termumformungen: Zusammenfassen, Ausmultiplizieren, Ausklammern, Auflösen von Plus- und Minusklammern, Binomische Formeln
• Rechnen mit Bruchtermen (Grundlagen der Bruchrechnung) Angabe des Definitionsbereiches, Erweitern, Kürzen, Grundrechenarten
• Lösen von Gleichungen durch äquivalente Umformungen mit Angabe von Probe und Lösungsmenge – insbesondere Gleichungen mit Klammern und binomischen Formeln, einfache Bruchgleichungen
• Umstellen von Formeln • Lösen von Anwendungsaufgaben
2. Welche Hilfen stehen dir bei der Vorbereitung zur Verfügung?
• Bereite dich langfristig vor, am besten ab sofort! • Löse täglich ein paar Übungsaufgaben zu den genannten Themen,
insbesondere die Hausaufgaben sind eine gute Vorbereitung auf die Klassenarbeit.
• Arbeite im Unterricht konzentriert mit und frage bei Unklarheiten nach!
• Aufgabenbeispiele findest du in den Arbeitsblättern zur Partnerarbeit „Termumformungen“, in deinem Lehrbuch (S.7 – 10 und S. 66 - 88) insbesondere im „Rückspiegel“ und bei „Vermischtes“, in der letzten Leistungskontrolle und den tägliche Übungen.
• Arbeite mit dem Tafelwerk! Du darfst es auch in der Klassenarbeit benutzen!
• Gegenstand der kommenden Unterrichtsstunden sind die genannten Themenschwerpunkte.
Vergiss bitte nicht, zur Klassenarbeit deinen Taschenrechner und das Tafelwerk mitzubringen.
Deine Mathematiklehrerin
Mathematik 1. Klassenarbeit „Ähnlichkeit“
Wie du weißt, schreiben wir am Freitag, den 17.12. 2004 in der 2. und 3. Stunde die erste Klassenarbeit zum gesamten Stoffgebiet „Ähnlichkeit“.
1. Was musst du für die Arbeit können? • Strahlensätze und ihre Anwendungen (einfache Berechnungen,
Anwendungsaufgaben, Streckenteilung) • Maßstab • Ähnliche Figuren • Satzgruppe des Pythagoras (Höhensatz, Kathetensatz, Satz des Pythagoras) –
jeweils Wortlaut und Formeln Anwendung der Sätze zur Berechnung von Dreiecken (formale Aufgaben), beim Lösen von Anwendungsaufgaben aus der Geometrie, Natur und Technik und bei Konstruktionen
2. Welche Hilfen stehen dir bei der Vorbereitung zur Verfügung? • Bereite dich langfristig vor, am besten ab sofort! • Löse täglich ein paar Übungsaufgaben zu den genannten Themen. Frage bei
Unklarheiten im Unterricht nach! • Aufgabenbeispiele findest du in deinem Lehrbuch (S. 15 – 62), insbesondere im
„Rückspiegel“ und bei „Vermischtes“, in deinem Arbeitsheft (S. 36 – 50) und in den letzten 5. Leistungskontrollen, die zu diesem Stoffgebiet geschrieben wurden.
• Arbeite mit dem Tafelwerk! Du darfst es auch in der Klassenarbeit benutzen! • Gegenstand der TÜ sind die genannten Themenschwerpunkte. • Zur direkten Vorbereitung auf die Arbeit machen wir im Unterricht (ca. 3-4 h) ein
Stationslernen.
3. Wie wird die Arbeit aussehen? • Die Arbeit wird Aufgaben zu den genannten Bereichen enthalten:
formale Aufgaben Einfache Anwendungsaufgaben komplexe Anwendungsaufgaben (praktische Probleme) Konstruktionen
• Sie besteht aus Pflichtaufgaben, die von allen Schülern gelöst werden müssen und Wahlaufgaben, von denen du nur 2 bearbeiten musst.
• Die jeweils zu erreichende Punktzahl steht an jeder Aufgabe dran.
Ich hoffe, dass euch diese Angaben weiterhelfen.
Vergesst bitte nicht, zur Klassenarbeit euren Taschenrechner, das Tafelwerk und Zeichengeräte mitzubringen.
Sollten Schwierigkeiten auftreten, sprecht mich bitte im Unterricht darauf an!
Eure Mathematiklehrerin
Planung, Entwicklung und Bau eines mehrteiligen Produktes
Aufgabenstellung:
• Erstelle eine Skizze für die Befestigung eines Uhrwerkes ( Wand- oder
Tischuhr)!
• Ermittle den notwendigen Materialbedarf!
• Entwirf am Computer ein Zifferblatt ( CD- Label, r = 6cm)!
• Überlege dir deinen Arbeitsablaufplan und notiere ihn in Tabellenform!
• Fertige von einem Einzelteil eine technische Zeichnung an!
• Baue die Halterung für die Uhr nach deiner Skizze und füge die Uhr in das
Gesamtgefüge ein!
Bewertung: 5 Teilnoten
Skizze und Materialbedarf selbstständig überlegen , Lehrer vorlegen und
gegebenenfalls überarbeiten 6P
Arbeitsweise ( Disziplin, Umgang mit Werkzeugen, Selbstständigkeit,
Teamarbeit) 6P
Technische Zeichnung ( Sauberkeit, Maßgenauigkeit, Bemaßung, Schriftfeld)
6P
Arbeitsplan ( richtige Reihenfolge der Arbeitsschritte, Verwendung der
Fachtermini, Benennung der Werkzeuge und Hilfsmittel 6P
Produkt ( ästhetisches Aussehen, saubere Verarbeitung, Funktionalität)
6P
Kursarbeit Wpf „ Naturwissenschaften“
FOSSILIEN
Teil 1 : Pflichtaufgaben
1. Beschreibe eine Theorie zur Entstehung der Erde aus durchs Weltall
ziehenden Gaswolken ! Gehe dabei auch auf die zeitlichen Abläufe und die
Bedingungen zur Entstehung des Lebens ein !
2. Erläutere eine Methode zur indirekten Erforschung des Erdinneren!
Beschreibe den Schalenaufbau der Erde !
3. Beschreibe und erkläre die Altersbestimmung der Fossilien mit Hilfe
der Radiokarbonmethode !
b)Stelle in der graphischen Darstellung die Abhängigkeit der
vorhandenen
Kerne des radioaktiven Isotops C 14 von der Zeit dar und ergänze die
Jahre !
Teil 2: Wahlaufgaben ( von den Aufgaben ist eine auszuwählen und zu
bearbeiten; 2 Zusatzpunkte werden erteilt, wenn du eine weitere vollständig
bearbeitet hast)
4. Fossilien
„ Fossilien sind die wichtigsten Zeugen von der Entwicklung der
Lebewesen.“
Belege die Richtigkeit der Aussage!
Erläutere die Entstehung von Fossilien und nenne einige bekannte
Fossilien!
5.Gesteine
Erläutere den Kreislauf der Gesteine und nenne Eigenschaften der 3
Gesteinsarten!
6.Fossile Brennstoffe
Erläutere die Entstehung von Erdöl oder Kohle! Nenne einige wichtige
Lagerstätten des Brennstoffes und Verwendungsmöglichkeiten!
Physik Kl. 9b im Schuljahr 2004/05
1. Verteilung der LK und KA
Themen LK Woche vom KA Woche vom
Elektrische Felder
Magnetische Felder 26.09.05
Elektromagnetische Induktion 10.10.05 21.11.05
Elektronik
Mechanik -
Bewegungen
09.01.06
20.02.06 03.04.06
Mechanische Schwingungen 15.05.06
Dynamik- Kraft
Mechanische Arbeit und
Energie
12.06.06
2.Bewertung und Zensierung
LK und KA nach folgendem Bewertungsmaßstab :
Note 1 96%
Note 2 80%
Note 3 65%
Note 4 45%
Note 5 25%
- mündliche LK
- Stundennoten, HA, Fleiß je 3 Teilnoten ergeben 1 Fachnote
- Gruppenarbeit / Partnerarbeit ( Stoffgebiete magnetische Felder und Induktion)
- Schülerexperimente ( Transformator,Schwingungen, Elektronik)
- Kurzvorträge
Klassenarbeiten werden mit zwei Noten bewertet(Pflichtaufgaben, Wahlaufgaben)
Befragung zur Verbesserung der Leistungen im Englischunterricht
1. Damit ich meine Leistungen in Englisch verbessern kann, wünsche ich mir im Unterricht
•
•
•
•
2. Folgendes kann ich selbst dazu tun: •
•
•
•
3. Was ich sonst noch sagen möchte:
Name: Unterschrift:
25.10.20 Zweite Befragung zur Verbesserung der Leistungen im Englischunterricht
(Bitte offen und ehrlich ausfüllen. Besonders der Punkt 4. ist für sonstige Probleme gedacht, die anzusprechen sind!)
1. Im Unterricht hat sich Folgendes verbessert:
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•
•
2. Von dem, was ich mir vorgenommen hatte, habe ich schon verwirklicht:
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•
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3. Daran muss ich noch arbeiten:
•
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4. Was ich sonst noch sagen möchte:
Name: Unterschrift:
17.01.2006
Fragebogen für Schüler der Klassen 8 und 9
Klasse:
Geschlecht: männlich weiblich
Bitte gib deine Antwort, indem du den entsprechenden Kreis ankreuzt.
Die Fragebögen werden anonym behandelt.
Lehr- und Lernmethoden
Stimme völlig zu
Stimme eher zu
Stimme eher
nicht zu
Stimme gar
nicht zu
1. In den folgenden Fächern lerne ich so gut ich kann:
a) Mathematik
b) Deutsch
c) Englisch
2. In meiner Schule habe ich gelernt: a) gut mit anderen zusammenzuarbeiten
b) aufmerksam zu sein, wenn andere reden
c) die Meinungen anderer zu akzeptieren
d) zuzugeben, wenn ich Unrecht habe
e) meinen Teil zur Arbeit an der Gruppe
beizutragen
f) eine Gruppe zu führen
g) dabei zu helfen, Meinungsverschiedenheiten in der
Schule zu klären
3. Ich kann gut mit anderen auskommen
4. In meiner Schule arbeite ich gut mit Schüler/innen zusammen, die anders sind
5. In meiner Schule habe ich gelernt,
a) eigenständig an Aufgaben zu arbeiten
b) als Teil eines Teams oder in kleinen
Gruppen zu lernen
c) meine Arbeit rechtzeitig fertig zu stellen
d) zu erkennen, worin ich gut bin und worin ich besser sein könnte
e) die richtigen Informationen zu finden und
auszuwählen f) Informationen zu nutzen und sie meinen
Mitschüler/innen in der Klasse zu
erklären g) Nachzufragen, wenn ich etwas nicht
verstehe
h) aus meinen Fehlern zu lernen
6. Wenn ich etwas nicht verstanden habe, fällt es
mir leicht, Fragen zu stellen
7. Ich kann mir gut selber Ziele setzen, um mich zu verbessern
8. In meiner Schule habe ich gelernt:
a) unterschiedliche Strategien
anzuwenden, um Probleme zu lösen
b) mehr als eine Lösung für ein Problem zu
suchen
c) mit anderen über meine Gedanken zu
sprechen, wenn ich ein Problem löse
d) selbstständig Entscheidungen zu treffen
e) beim Denken und Handeln Neues auszuprobieren
f) Probleme auch aus der Sicht von anderen zu beurteilen
9. Ich kann meine eigenen Ideen gut ausdrücken
a) schriftlich
b) mündlich
10. Meine Lehrer/innen erklären uns, wie wir das,
was wir in der Schule lernen, im täglichen Leben
nutzen können.
11. Ich kann gut auf verschiedene Arten lernen
12. Ich kann gut Probleme auf verschiedene Art
lösen
13. In meiner Schule habe ich gelernt:
a) meinen Arbeitsplatz zu organisieren
b) meine Zeit einzuteilen
c) gesund zu leben
d) dabei zu helfen, die Umwelt zu schonen
e) für meine eigene Sicherheit zu sorgen
f) darüber nachzudenken, was ich in den Medien sehe und höre (Fernsehen,
Internet…)
g) mit meinem Geld vernünftig umzu- gehen
h) mit technischen Problemen im Alltag
besser fertig zu werden(z.B. DVD-Player bedienen, E-mails schicken, Modelle bauen)
14. Ich kann vieles von dem, was ich in der Schule
lerne, auch außerhalb der Schule gebrauchen (ich kann eine Bewerbung schreiben, mit
eigenem Geld umgehen, Anweisungen folgen,
jobben…)
15. Die meisten Lehrer/innen achten genau auf das,
was ich sage.
16. Mein/e Lehrer/innen helfen mir dabei zu
erkennen, wie das, was ich in einem bestimmten Fach lerne, mit dem in
Zusammenhang steht, was ich in anderen
Fächern lerne
Elternfragebogen der Klosterbergschule
Klassenstufe des Kindes: Geschlecht: männlich weiblich
Altersgruppe des Kindes: _ 11/12 _13/14 _ 15/16
Wie viele Kinder haben Sie? Wie viele Kinder haben Sie an unserer Schule?
Bitte geben Sie Ihre Antwort, indem Sie den entsprechenden Kreis ankreuzen.
Stimme
völlig zu
Stimme
eher zu
Stimme
eher
nicht zu
Stimme
gar
nicht zu
1. In den folgenden Fächern lernt mein Kind so gut es kann:
a) Mathematik
b) Deutsch
c) Englisch
2. Die Schule hat meinem Kind geholfen, gut mit
anderen auszukommen.
3. Die Lehrer/innen machen ihm klar, was es als Hausaufgabe zu tun hat.
4. Die Schule hat dazu beigetragen, dass mein
Kind gut auf verschiedene Arten lernen kann.
5. Mein Kind wird dazu ermutigt, sein Bestes zu
geben.
6. Ich bin mit der Qualität des Unterrichts
zufrieden, den mein Kind an dieser Schule erhält.
9. Nach einer Klassenarbeit/einer LK oder nach
Beendigung einer Aufgabe erklärt der Lehrer/ die Lehrerin meinem Kind, wie es sich in
Zukunft verbessern kann.
10. Die Eltern werden über die Ziele der Schule informiert.
11. Lehrer/innen, Eltern und Schüler unterstützen
die Ziele der Schule.
12. Die Schule macht deutlich, dass ihr das Lernen
der Schüler/innen am wichtigsten ist (z.B.
werden Erfolge der Schüler/innen gewürdigt, erhalten sie Anerkennung für besondere
Leistungen)
13. Wenn Entscheidungen getroffen werden, die die
Schüler/innen und Eltern betreffen, werden die Meinungen der Eltern berücksichtigt.
14. Die Lehrer/innen informieren mich über
a) die Stärken meines Kindes
b) die Schwächen meines Kindes
15. Die Schule informiert die Eltern über wichtige
Angelegenheiten.
16. Die Schule hält regelmäßig mit den Eltern
Verbindung.
17. Ich erhalte von der Schule hilfreiche
Informationen zu den Leistungen meines
Kindes.
18. Ich erhalte von der Schule Anregungen, wie ich
meinem Kind helfen kann, sich zu verbessern.
19. Die Lehrer/innen meines Kindes behandeln es gerecht.
20. Wenn an unserer Schule Schüler/innen von Mitschülern/innen geärgert oder körperlich und
seelisch schlecht behandelt werden, tun
Lehrer/innen und die Schulleitung etwas
dagegen.
21. Der Schulalltag und sonstige Ereignisse in der
Schule sind gut organisiert.
22. Die Schule arbeitet gut auf die Ziele hin, die im Schulentwicklungsprogramm festgelegt sind.
23. Die Schule ist ein sehr einladender freundlicher Ort.
24. Mein Kind fühlt sich in der Schule sicher.
25. Mein Kind ist gern an dieser Schule.
26. Die Schüler/innen kommen mit den meisten
ihrer Lehrer/innen gut aus.
27. Den Lehrer/innen ist es wichtig, dass es den
Schüler/innen gut geht.
28. Unsere Schule hat einen guten Ruf.
29. Die Schule will, dass Schüler/innen verstehen,
warum gutes Verhalten wichtig ist.
Anregungen für die Arbeit der Schule: …………………………………………………………………………………………………..
…………………………………………………………………………………………………..
…………………………………………………………………………………………………..
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/psd/machmal/texte/HF_sections/content/ZZjP4ZCKvwNHnj
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Dokumentation
1. Forum Verkehrsentwicklungsplan Stadt Karlsruhe
Termin & Ort Datum: 18. Juli 2008 Ort: Stephan-Saal, Ständehausstraße 4, Karlsruhe Zeit: 14.00 bis 18.00 Uhr
Tagesordnungspunkte Seite
1 Begrüßung und Einführung 2
2 Das Instrument Verkehrsentwicklungsplan 2
3 Zusammensetzung des Forums 3
4 Einschätzung der Forumsmitglieder zur Verkehrssituation 3
5 Zusammenfassung und Ausblick 7
Anlage 1: Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Forums 9
Anlage 2: Präsentation team ewen (TOP 1) 11
Anlage 3: Präsentation Gutachter (TOP 2) 12
Anlage 4: Einschätzungen Verkehrssituation (TOP 4) 15
Anlage 5: Zusammensetzung Forum VEP Karlsruhe 23
Anlage 6: „Steckbriefe“ der Teilnehmer und Teilnehmerinnen 25
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Ergebnisse
TOP 1: Begrüßung und Einführung
Oberbürgermeister Heinz Fenrich begrüßt die Anwesenden. Er erläutert, dass die Stadt Karlsruhe zum Thema Verkehr grundsätzlich nachdenken wolle, und dass ein zukunfts- fähig und nachhaltig organisierter Verkehr für Karlsruhe ein zentrales Ziel sei. Er erin- nert an den Prozess zum Masterplan für Karlsruhe, bei dem auch eine Vielzahl an Bür- gerinnen und Bürgern sowie an Interessengruppen einbezogen gewesen seien. Ähnlich wie dort sollen die Anregungen und Ideen aus dem Beteiligungsprozess in den Pla- nungsprozess einfließen. Er dankt den Anwesenden ausdrücklich dafür, dass sie die Zeit und das Engagement für diesen Beteiligungsprozess investieren und wünscht der Veranstaltung einen guten Verlauf.
Im Anschluss stellt der Moderator, Dr. Christoph Ewen, die Grundlagen der geplanten Arbeit im Forum dar. Er beschreibt die Aufteilung in „inneren Kreis“ und „äußeren Kreis“: Im inneren Kreis sitzen die „Akteure“, die am Verkehrsgeschehen in Karlsruhe beteiligt sind und die ihre Positionen und Ideen bzw. die Positionen und Ideen der von ihnen vertretenen Personen und Institutionen einbringen sollen. Im äußeren Kreis sit- zen Vertreterinnen und Vertreter von Politik und Verwaltung sowie Gutachter und Gäs- te, die in erster Linie zuhören und beobachten.
Der Moderator weist auf den als Tischvorlage ausgelegten Vorschlag für eine Arbeits- vereinbarung hin und bittet die Anwesenden für den Fall, dass sie Änderungswünsche daran haben, diese im Lauf der nächsten Woche der Stadtverwaltung mitzuteilen. Er erläutert den geplanten Ablauf der Sitzung (Präsentation siehe Anlage 2).
TOP 2: Das Instrument Verkehrsentwicklungsplan
Mit der Erarbeitung des Verkehrsentwicklungsplanes (VEP) ist das Büro StetePlanung gemeinsam mit dem Büro Habermehl+Follmann (Darmstadt/ Rodgau) beauftragt. Gi- sela Stete (StetePlanung) erläutert in ihrem Vortrag, dass im VEP alle Verkehrsarten gleichermaßen Berücksichtigung finden. Ziele sind Nachhaltigkeit und Zukunftsfähig- keit. Dazu gehören die Stadt- und Umweltverträglichkeit der Verkehrssituation in Karlsruhe sowie die Chancengleichheit aller Bevölkerungsgruppen im Hinblick auf Mo- bilität. Weiterhin präsentiert sie den Zeitplan und zeigt auf, an welchen Stellen das Forum in die Erarbeitung des Verkehrsentwicklungsplanes einbezogen werden soll.
Dr. Thomas Novotny (Habermehl+Follmann) zeigt, wie der Bereich Kfz-Verkehr (MIV motorisierter Individualverkehr) bearbeitet werden soll – sowohl in fließender als auch in ruhender Form (Parken). Gisela Stete erläutert ergänzend, welche Aussagen zum ÖPNV und zum Fuß- und Radverkehr zu erwarten sind.
Als ersten Schritt erarbeiten die Planungsbüros eine Zustandsanalyse. In diesem Zu- sammenhang sind die Antworten auf die unter TOP 4 zu diskutierenden Fragen eine wertvolle Grundlage für ihre Arbeit.
Aus dem Teilnehmerkreis kommt die Frage, ob die im Zeitplan für die Umsetzungs- phase vorgesehenen drei Monate im Jahr 2010 nicht sehr knapp seien. Frau Stete er- läutert, dass es nicht um die Umsetzung der Maßnahmen geht – hierfür seien in der Tat Jahre erforderlich. Vielmehr geht es um ein Konzept für die sukzessive Umsetzung bis zum Jahr 2020, dem Geltungsbereich des VEP.
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TOP 3: Zusammensetzung des Forums
Auf Vorschlag des Moderators teilen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Vierergruppen auf. Dort stellen sie sich gegenseitig vor und tauschen sich darüber aus, warum sie in dem Forum mitarbeiten wollen und was sie hier nicht erleben wol- len. Parallel erstellt jedes Forumsmitglied einen persönlichen Steckbrief (siehe Anlage 5). Die Steckbriefe werden in einer Galerie im Anschluss ausgestellt.
TOP 4: Einschätzung der Forumsmitglieder zur Verkehrssituation
Die einzelnen Bänke bearbeiten zu ihrer Einschätzung der Verkehrssituation drei Fra- gen:
| Was sind die 3 größten Probleme, die angegangen werden müssen?
| Was ist gut an der Verkehrssituation in Karlsruhe?
| Was ist störend und gefährdend?
Die Antworten auf diese Fragen wurden auf Karten festgehalten (siehe Anlage 4) und werden im Folgenden zusammengefasst.
Die Bank der ausgewählten Ver- kehrserzeuger beschreibt als drin- gende Handlungsfelder die Erreich- barkeit ihrer dezentral angesiedelten Einrichtungen (Forschungseinrich- tungen, Messe) durch den ÖPNV, die Abwicklung des Motorisierten Indivi- dualverkehrs auf der Ost-West- Achse sowie den Ausbau der Park&Ride-Parkplätze an der Peri-
pherie von Karlsruhe. Besondere Verbindungs-Bedarfe bestehen zwischen Hauptbahn- hof und Messe sowie – aufgrund ihres Zusammengehens – zwischen Universität und Forschungszentrum Karlsruhe. Dagegen sei der ÖPNV im Stadtbereich und zu umliegenden Orten/Städten gut ausge- baut und im Innenstadtbereich sei eine gute fußläufige Erreichbarkeit gegeben. Störend empfinden sie, dass überregionale Verkehrsverbindungen durch das Stadtge- biet laufen und eine hohe Schadstoffbelastung u.a. durch Staus verursacht wird.
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Vertreter der Region und des Landes sehen eine ähnliche Problemlage wie die Bank der ausgewählten Verkehrserzeuger. Sie stellen als dringende Handlungsfelder die Staus in Verkehrsspitzen dar, die zweite Ost-West-Transversale und den zweiten Rheinübergang. Gut befinden sie das Stadtbahnnetz ins Umland und das attraktive Radwegenetz. Als ausbaufähig beschreiben sie die Park & Ride - Möglichkeiten in der Peripherie,
lange Rotphasen und die Behebung kritischer Stellen im Radwegenetz. Auch der Lärm in Wohngebieten verursacht durch „Schleichwege“ ist ein störender Aspekt.
Die Bank Wirtschaft macht vorweg deutlich, welche ihre Hauptanliegen im Bezug auf den Verkehrsentwicklungsplan sind: den Kfz-Verkehrsfluss zu stärken und zu verbes- sern; die Erreichbarkeit zu sichern. Die Vertreter der Wirtschaft sehen sich als ein Hauptakteur bei der Erarbeitung des Verkehrsentwicklungsplans. Als die drei größten Probleme sehen sie die Auswirkungen der Kombi- Lösung (Bauphase) auf den Verkehr, die Ampelschaltung und zähen Ver- kehrsfluss und den mangelnden Aus- bau der Schienen- und Wasser-wege für den Gütertransport. Für gut befinden sie den ÖPNV, das Verkehrs- und Hotelleitsystem sowie die Kombination von Einwohner- parken (abends) und öffentlichen Parkplätzen (tagsüber), von denen sie sich mehr wünschen. Außerdem sprechen sie sich für den Bau der 2. Rheinbrücke und die Weiterführung der Nordtan- gente aus. Aus Sicht der Bank Wirtschaft sind die Straßenbahndichte, gemeinsame Fuß- und Radwege und fehlende Kurzpark- und Ladezonen störend. Die Anbindung peripherer Wirtschaftsstandorte mit ÖPNV (z.B. Messe) sehen sie nicht gegeben. Das Parkleitsys- tem sollte verständlichere Benennungen statt Nord, West, Süd erhalten.
Die Bank der Verkehrsteilnehmenden sieht die größten Probleme in der Domi- nanz von Autoverkehr in Quartieren (problematisch vor allen Dingen für Kinder), ein fehlender Außenring der ÖPNV-Linien, was teilweise große Umwege mit sich bringt und zu wenig Barrierefrei- heit im ÖPNV. Als vorbildlich im Sinne der Barrierefreiheit befinden sie die Haltestelle „Herrenstra- ße“. Die Nordstadt bezeichnen sie als
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einen guten Stadtteil für Kinder, der Vorbild für andere Quartiere sein sollte. Auch, dass es eigene Trassen für den ÖPNV gibt erwähnten sie lobend. Störend und gefährdend sind aus ihrer Sicht die Luftverschmutzung und der Lärm ver- ursacht durch den Kfz-Verkehr, fehlende Trennungen von Fuß- und Radwegen sowie fehlende Zugänge für Kinder zu Spielräumen z.B. aufgrund von großen Straßen.
Vertreter von Verkehrsverbän- den sehen als größte Probleme den Fernverkehr, der durch Karls- ruhe fährt. Hierbei sollte man die Priorität auf die Verlagerung des Fernverkehrs auf die Schiene legen (z.B. Ausbau Rheintalstrecke). Ein weitere unbefriedigende Situation ist die für den Radverkehr: Fahrradwege sind zu schmal und an manchen Kreuzungen entste- hen gefährliche Situationen. Wichtige Themen sind für die Ver- treter der Verkehrsverbände die Staus auf der Südtangente und geplante Nordtangente. Aufgrund der Topographie kann man in Karlsruhe gut mit dem Rad unterwegs sein. Der ÖPNV ist mit einem 10 Minutentakt bei den meisten Linien gut ausgebaut. Als störend beschreiben sie das teilweise schlechte Klima zwischen den Verkehrsarten (Auto/Rad, Rad/Fußgänger) bedingt durch mancherorts zu geparkte Gehwege. Argumente, mit denen die Vertreter der Verkehrsverbände überzeugen wollen sind: Lärmverringerung, Energie- und Flächenverbrauch und den Ausbau der Nordtangente für den Wirtschaftsverkehr sowie die Entflechtung des Stadtverkehrs.
An der Bank Umweltverbände/ Betroffene sind Vertreter des Nabu und des BUND anwesend. Aus deren Sicht zieht Karlsruhe den Verkehr regelrecht an: Die Nordtangente als überregionale Verkehrsverbindung wird ihrer Meinung nach keine Entlastung der bestehenden Verkehrssituation bringen. Kritisch sehen sie auch, dass die Struk- turpolitik nicht auf die Verkehrsplanung abgestimmt wird. Grundsätzlich finden
sie es problematisch, mit welcher Selbstverständlichkeit auch auf kurzen Strecken das Auto eingesetzt wird. Klare Pluspunkte sind die Entwicklung von Karlsruhe zu einer fahrradfreundlichen Stadt, die Frequenz des ÖPNV mit der Möglichkeit der Fahrradmitnahme sowie die Tat- sache, dass auf Konversionsflächen attraktive Wohnquartiere mit einer guten Anbin- dung an den ÖPNV entstehen. Als störende Aspekte benennen sie die Verödung der Innenstadt außerhalb der Ge-
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schäftszeiten, die Missachtung der Geschwindigkeit in 30-Zonen und die teilweise nicht klare Trennung der Verkehrsteilnehmer zu Lasten der „Schwächeren“.
Die größten Probleme sind nach An- sicht der Verkehrsdienstleister der ständige Stau auf der Südtangente; unzureichende Ampelbevorrechtigun- gen für den ÖPNV und die Rheinbrücke als Nadelöhr für Straßen- und Schienenverkehr. Positiv ist aus ihrer Sicht das erfolgrei- che Karlsruher Modell, die hohe ÖPNV- Akzeptanz durch Fahrgäste und Politik sowie die gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen ÖPNV- Unternehmen und Taxiunternehmen. Störende Aspekte sind die Radverkehrssituation, die häufig zu gefährlichen Situationen führt sowie die Bedingungen für mobilitätseingeschränkte Personen. Aspekte, die bei der Erarbeitung des Verkehrsentwicklungsplans berücksichtigt werden sollten, sind die Energie- und Kraftstoffpreise sowie die demographische Bevölkerungsentwicklung in Karlsruhe.
Aus dem äußeren Kreis setzten sich Vertreter der Fraktionen an einer Bank Gemeinderat zusammen. Hier sieht man die größten Probleme darin, dass zu viele parkende Autos im Straßenraum sind und wichtige Radrouten (noch) fehlen. Weitere Aspekte, die nach ihrer Meinung in Angriff genommen werden müssen, sind die Reinhold-Frank-Straße, die
Verkehrsverteilung im Norden, die Anbindung von Gewerbegebieten durch den ÖPNV sowie die Verkehrsbelastung der Südtangente. Auch Vertreter des Gemeinderates loben das Karlsruher ÖPNV-Modell und die Anbin- dung an den Fernverkehr. Der Parkraum in der Innenstadt wird als ausreichend be- zeichnet. Störende Aspekte sind aus ihrer Sicht die Disziplinlosigkeit mancher Verkehrsteilneh- mer, die „Parkdruck“ über Verkehrssicherheit stellen. Außerdem werden kombinierte Fuß- und Radwege sowie Ampelschaltung als störend empfunden.
Im Anschluss an die Kleingruppenarbeit interviewt der Moderator die jeweiligen Spre- cherinnen und Sprecher der Bänke hinsichtlich ihrer Ergebnisse. Über die dargestellten Antworten hinaus sind folgende Themen Gegenstand der Interviews:
| Wie kontrovers sind die Debatten innerhalb der einzelnen Bänke? Hier kann eine erstaunliche Einigkeit beobachtet werden. Es herrscht ein produkti- ves Klima. Allerdings sind die unterschiedlichen Interessen klar: Alle Verkehrs- dienstleister sprechen sich für Ampelvorrangschaltungen aus – allerdings wollen die Betreiber des ÖPNV diese Bevorrechtigungen für die Straßenbahnen und die
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Taxifahrer für die Taxis. Ähnliches ist bei der Bank der Verkehrsverbände zu beo- bachten. Die Lobby der Bahnfahrer, der Fahrradfahrer und der Autofahrer haben naturgemäß unterschiedliche Interessen. Die erarbeiteten Antworten lassen jedoch eine deutliche Konsensorientierung erkennen.
| Wer ist eigentlich „schuld“ am Verkehr im Allgemeinen? Die Bezeichnung der Bank „ausgewählte Verkehrserzeuger“ lässt den Eindruck ent- stehen, hier sei die Ursache für den Verkehr verortet. Allerdings ist das Verkehrs- geschehen komplexer: Alle in den unterschiedlichen Bänken vertretenen Akteure und Akteursgruppen tragen zum Verkehrsgeschehen bei: zu Fuß, per Auto, Fahr- rad, Straßenbahn und Bus oder Taxi.
| Wie bildet sich die Meinung bei größeren Gruppen, deren Repräsentanten im Fo- rum vertreten sind? Dieser Punkt wird beispielhaft vom Vertreter der Studierenden angesprochen. In den Interviews wird deutlich, dass die Meinungsfindung in den „Hintermannschaf- ten“ der einzelnen Forumsmitglieder unterschiedlich intensiv ist. Aber für die Grup- pen, die derartige Klärungen durchführen wollen, sollte ausreichend Zeit zur Verfü- gung stehen.
| Die Bank der Initiativen/Umweltverbände/Betroffene ist mit zwei Forumsmitglie- dern sehr klein. Eine Möglichkeit besteht darin, die nicht erschienenen eingeladenen Forumsmit- glieder noch einmal gesondert anzusprechen. Eine andere Möglichkeit wäre es, die- se Bank mit der Bank der Verkehrsverbände zusammen zu fassen.
TOP 5: Zusammenfassung und Ausblick
Abschließend äußern sich Vertreter der Stadtverwaltung sowie die Gutachter zu den Arbeitsergebnissen der Bänke. Neben Gisela Stete und Dr. Thomas Novotny befragt der Moderator Dr. Harald Ringler, Leiter des Stadtplanungsamtes, Norbert Hacker, Leiter des Amtes für Umwelt und Arbeitsschutz, Martina Warth-Loos, AK Sozialverträg- lichkeit sowie Martin Kirsch, Leiter des Tiefbauamtes.
| Es herrscht große Zufriedenheit über die Arbeitsergebnisse. Diese sind aufgrund der frühen Phase des Prozesses noch eher allgemein. Es besteht die Hoffnung, dass der konstruktive Geist und das produktive Einbringen der jeweiligen Interessen auch dann noch spürbar sein werden, wenn es um konkrete Dinge geht.
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| Gerade wenn es um konkrete Verkehrsvorhaben gehen wird, wie etwa eine zweite Rheinbrücke, dann werden Fragen der Umsetzbarkeit zentral. Hier wird die Verwal- tung eine wichtige Rolle spielen, die zwar nicht immer die Umsetzung in der Hand haben wird, aber die vielfältigen Ansprüche an den knappen Raum koordinieren muss.
| Die Arbeitsergebnisse sind nicht sehr überraschend. Vieles davon ist bekannt. Was neu ist, ist der Prozess, die unterschiedlichen Interessen zusammen zu bringen. Außerdem verändert sich der Problemdruck: Demografischer Wandel, steigende Benzinpreise und Klimaschutz tragen dazu bei, dass sich manche Probleme immer drängender stellen.
Zum Abschluss wird auf die kommenden Forumstermine hingewiesen: | Das Sonderforum zum Thema Lärm wird am 19. September 2008 in den gleichen
Räumen stattfinden. Im Unterschied zu den „normalen“ Forumsterminen ist es im Hinblick auf das Son- derforum Lärmaktionsplanung erlaubt bzw. sogar gewünscht, wenn die Institutio- nen Vertreter bzw. Vertreterinnen schicken, die einschlägig mit dem Thema befasst sind.
| Das reguläre nächste Forum wird im November oder Dezember stattfinden. Dort werden die Gutachter die Ergebnisse der Zustandsanalyse präsentieren und zur Diskussion stellen.
Dokumentation: Dr. Christoph Ewen, Yvonne Schäfer, 4. August 2008
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https://www.karlsruhe.de/b3/verkehr/verkehrsentwicklung/beteiligungsprozess/forum/HF_sections/content/ZZknaebIBrFG3o/ZZk2ifdaFcRqKQ/forumssitzung.pdf
Microsoft Word - VEP_Dokumentation_270309.doc
Dokumentation
2. Forum Verkehrsentwicklungsplan Stadt Karlsruhe
Termin & Ort Datum: 27. März 2009 Ort: Bürgersaal, Marktplatz, Karlsruhe Rathaus Zeit: 14.30 bis 18.10 Uhr
Inhalt Seite TOP 1 Begrüßung und Einführung 2
TOP 2 Vorstellung Zustandsanalyse 2
TOP 3 Rückmeldung Zustandsanalyse 4
TOP 4 Ziele und Leitlinien 4
TOP 5 Zusammenfassung und Ausblick 7
Anlage 1 Teilnahmeliste
Anlage 2 Präsentation Zustandsanalyse
Anlage 3 Anregungen Zustandsanalyse
Anlage 4 Präsentation Ziele und Leitlinien
Anlage 5 Ergebnisse der Arbeit an den Bänken
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Ergebnisse
TOP 1: Begrüßung und Einführung
Michael Obert, Baubürgermeister der Stadt Karlsruhe, begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Namen der Stadt. Er erläutert, dass an dem heutigen Forum die Gutachter die Ergebnisse zur Zustandsanalyse vorstellen und außerdem mit den Teilnehmenden zu der Frage, an welchen Zielen sich die Erarbeitung des Verkehrsent- wicklungsplans orientieren soll, gearbeitet wird. Anschließend weist er auf die große Bedeutung hin, die er und die Stadt Karlsruhe dem hier gewählten Beteiligungsprozess beimessen. Und er erinnert an das letzte Forum, bei dem das Thema Lärmminde- rungsplanung im Mittelpunkt stand. Die Ergebnisse seien in die weitere Planung einge- flossen.
Anschließend stellt die Moderatorin, Yvonne Schäfer, die Tagesordnung vor und über- gibt dann das Wort an das Gutachterteam.
TOP 2: Vorstellung Zustandsanalyse
Zu Beginn fasst Gisela Stete die Probleme des Verkehrs in Karlsruhe aus Sicht des Forums (Sitzung vom 18. Juli 2008) zusammen, auf die in der Analyse besonderes Augemerk gelegt worden ist, um die Themenfelder mit den Befunden näher zu beschreiben (siehe Anlage 2). Die aus Sicht des Forums in der Sitzung vom 18. Juli genannten Verkehrsprobleme in Karlsruhe konnten den folgenden Themenfeldern zugeordnet werden: Störungsfreiheit in der Verkehrsabwicklung (alle Verkehrsarten), Umweltqualität, Verkehrssicherheit, Gleichheit der Mobilitätschancen für alle Bevölke- rungsgruppen, Attraktivität der Stadtquartiere/des öffentlichen Straßenraums und Verknüpfung mit der Region/Erreichbarkeit. Die hierzu geäußerten Beiträge seien in die weitere Bearbeitung eingeflossen. Die Beschreibung des heutigen Zustands (Zustandsanalyse) sei nun weitgehend abgeschlossen und werde im Anschluss präsentiert.
Dr. Thomas Novotny erläutert den Stand der Bearbeitung im Bereich des fließenden motorisierten Individualverkehrs (MIV). Gisela Stete stellt im Anschluss den Bearbei- tungsstand für die Bereiche ruhender Kfz-Verkehr, ÖPNV, Radverkehr und Fußverkehr vor.
Gutachterliche Ergebnisse MIV fließend
Die in den Hauptverkehrszeiten festgestellten Beeinträchtigungen des fließenden MIV in Karlsruhe erscheinen im Vergleich mit anderen Städten dieser Größenordnung eher gering. Dennoch ergeben sich aus der Analyse Hinweise auf Verbesserungsbedarf: In der Morgenspitze ist der Rückstau auf der L605 stadteinwärts aufgrund der Verbindungsfunktion zwischen A5 und Südtangente kritisch zusehen, für die Abend- spitze erscheint die strikte Handhabung der ÖV-Priorisierung an kritischen Knoten- punkten angesichts der langen Wartezeiten aller übrigen Verkehrsteilnehmergruppen überprüfenswert. Maßnahmen zur Beseitigung von Engpässen können aber zu uner- wünschten Folgewirkungen führen wie z.B. Überstauung nachfolgender Netzabschnitte oder Änderungen der Verkehrsmittelwahl.
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Gutachterliche Ergebnisse ruhender Kfz-Verkehr
Die Analyse der innerstädtischen Parksituation zeigt ein vergleichsweise gutes Angebot von Parkmöglichkeiten in Parkhäusern. Deren Auslastung kann noch gesteigert werden, z.B. in Verbindung mit einer Entlastung von derzeit noch zum Parken genutzten Straßen.
Eine Detailuntersuchung für den Stadtteil Mühlburg zeigt, dass die Brötchentaste gut angenommen wird. Allerdings ist sowohl in der Innenstadt als auch im Stadtteil Mühlburg ein hoher Anteil an Parken ohne gültigen Parkschein zu verzeichnen.
Gutachterliche Ergebnisse ÖPNV
Das ÖPNV-Angebot in Karlsruhe wird als gut befunden. Einige Erschließungslücken gilt es zu schließen und eine Verbesserung des Angebots im Außenbereich (z.B. den Höhenstadtteilen) ist anzustreben. Bei der Erschließung des Außenbereichs mit Stadt- bahn und Tram sind die derzeitigen Qualitätsstandards von Erschließungsradien (Fuß- wegeentfernungen zu Haltestellen) aufgrund der Bevölkerungsstruktur zu überdenken (z.B. hoher Anteil an älterer Bevölkerung in Rüppurr).
Gutachterliche Ergebnisse Radverkehr
Dem Radverkehr wird in Karlsruhe eine große Bedeutung beigemessen. Von seinem heutigen Anteil von 16% aller Wege der Karlsruher Bevölkerung soll dieser bis 2015 auf 23% gesteigert werden. Das beschlossene Radwegenetz der Stadt bietet hierfür eine gute Grundlage. Verstärkt sollte das Augenmerk auf die Unfallsituation, insbeson- dere in der Innenstadt, gerichtet werden. Handlungsbedarf sehen die Gutachter in der Erweiterung des Angebots an Fahrradabstellanlagen in der Innenstadt.
Gutachterliche Ergebnisse Fußverkehr
Nach Analyse der Situation um Nahversorgungszentren unterschiedlicher Stadtteile sollte generell geprüft werden, wie dem Fußverkehr im öffentlichen Raum verstärkt Rechnung getragen werden kann. Folgende Aspekte werden hierzu angesprochen: Problem Gehwegparken angehen, Querungsangebote über Hauptverkehrsstraßen schaffen, Aufenthaltsqualität in den Zentren verbessern.
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TOP 3: Rückmeldung Zustandsanalyse
Im Anschluss an die Vorträge besteht die Möglichkeit für die Teilnehmenden, sich an Informationsständen zu den einzelnen Themen der Zustandsanalyse weitergehend zu informieren und Anregungen für die weitere Bearbeitung zu geben. Themenpaten stehen an den Ständen für Rückfragen zur Verfügung:
| MIV fließend – Dr. Thomas Novotny (Habermehl & Follmann Ingenieurgesellschaft mbH)
| MIV ruhend – Gisela Stete (StetePlanung)
| ÖPNV – Alfons Brisbois (Stadtplanungsamt)
| Radverkehr – Johannes Schell (Stadtplanungsamt)
| Fußverkehr – Dr. Annette Birgelen (StetePlanung)
Zu den Anregungen siehe Anlage 3.
TOP 4: Ziele und Leitlinien
Gisela Stete gibt eine Einführung in die Rahmenbedingungen, die für die Erarbeitung des Verkehrsentwicklungsplans berücksichtigt werden müssen und welche Schlüsse daraus folgen. Diese Rahmenbedingungen betreffen die Themenfelder Demographie, Umwelt und Klima. Vorgaben zu Ziele und Leitlinien, die beschreiben, wohin die Reise gehen soll und wofür Karlsruhe stehen möchte, werden im Rahmen der Erarbeitung des Verkehrsent- wicklungsplans von unterschiedlichen Seiten gemacht. Vorgaben und Empfehlungen kommen nicht nur vom VEP-Forum, sondern insbesondere aus der Beschlusslage der Stadt Karlsruhe, zudem aus dem regionalen Kontext, aus Gesetzen und fachlichen Richtlinien, aber auch von der Bundes- und Landespolitik (Anlage 4).
Um herauszuarbeiten, welche Ziel-Vorstellungen das VEP-Forum zu dem zu erstellenden Verkehrsentwicklungsplan hat, werden an den „Bänken“ folgende Fragen bearbeitet:
Stellen Sie sich vor, wir sind im Jahr 2020 und Sie als Vertretung Ihrer Institution
erzählen Bekannten, Kunden oder Kollegen von Ihrer Zufriedenheit mit der Verkehrs-
situation in Karlsruhe.
Woran erkennen Sie dies im Hinblick auf:
Störungsfreiheit in der Verkehrsabwicklung (aller Verkehrsarten)? Umweltqualität? Verkehrssicherheit? Gleichheit der Mobilitätschancen aller Bevölkerungsgruppen? Attraktivität der Stadtquartiere / des öffentlichen Straßenraums? Verknüpfung mit der Region / Erreichbarkeit von Karlsruhe?
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Gibt es weitere Themenfelder, die aus
Ihrer Sicht wesentlich sind?
Welche Wichtigkeit hat welches Thema für
Ihre Bank?
Jede Person hat 3 Punkte zur Wichtigkeit
der Themen zu verteilen. Die Abbildung der Ergebnisse findet sich in
Anlage 5. Zusammenfassend und in Bezug
auf die priorisierten Zielbereiche stellen
sich die Ergebnisse wie folgt dar:
Die Bank der Verkehrsdienstleister sieht im Jahre 2020 den Konflikt zwischen Individualverkehr und öffentlichem Verkehr um die grüne Welle zugunsten des ÖPNV gelöst. In attraktiven Stadtquartieren halten sich alle an die Straßenverkehrsordnung und die Region ist im 10 bis 15 Minuten Takt mit der Stadt Karlsruhe verbunden. Wichtigste Themenfelder sind die Störungsfreiheit in der Verkehrsabwicklung, die Attraktivität der Stadtquartiere und die Verknüpfung mit der Region. Umweltqualität wird im Jahr 2020 als Standard gesehen und bekommt aus diesem Grund keinen Punkt. Karlsruhe wird 2020 weiterhin die Stadt des „Karlsruher Modells“ sein.
Die Bank der Initiativen/Umweltverbände/Betroffenen sieht Karlsruhe im Jahre 2020 als Stadt, die auf ÖPNV setzt und keine 2. Rheinbrücke und Nordtangente gebaut hat. Die wichtigsten Themenfelder sind aus Sicht der Bank die Umweltqualität, die Verkehrssicherheit und die Attraktivität der Stadtquartiere und des öffentlichen Straßenraums. Im Jahre 2020 sehen die Mitglieder der Bank reduzierte Verkehrs- flächen zugunsten von mehr Grünflächen und so genannte „shared spaces“ 1, wo alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind. Außerdem gibt es viele verkehrsberuhigte Zonen in Wohngebieten. Eine Zunahme öffentlicher WCs erhöht die Attraktivität des öffentlichen Raums für Senioren.
Die Bank Wirtschaft sieht dagegen im Jahre 2020 die Rheinbrücke in Betrieb und verkehrliche Engpässe wie die Überlastung der Südtangente behoben. Der ÖPNV ist so gut ausgebaut und attraktiv, dass der Individualverkehr abnimmt bzw. stagniert. In dem Kontext sind Bereiche, in denen niemand wohnt aber Menschen arbeiten (z.B. Gewerbegebiete, Forschungseinrichtungen), ebenfalls gut mit dem ÖPNV erschlossen. Außerdem wurde erkannt, dass es Sinn macht, Verkehrssysteme jeglicher Art auszubauen und für den Güterverkehr Verkehrsträger wie das Schiff und die Bahn zu fördern. Die wichtigsten Themen sind: Störungsfreiheit in der Verkehrsabwicklung, Verkehrssicherheit, Gleichheit der Mobilitätschancen für alle Bevölkerungsgruppen, Erreichbarkeit und den Aufbau von Karlsruhe als ein attraktiver Logistik-Standort. Karlsruhe steht aus Sicht der Bank Wirtschaft für innovative Konzepte mit Weitblick in die Zukunft.
1 Shared Space, übersetzt etwa „gemeinsam genutzter Raum“, bezeichnet eine Verkehrsphilosophie, nach der alle Verkehrsteilnehmer gleichgestellt sind und über gegenseitige Rücksichtnahme den Verkehr eigenverantwortlich regeln. . Das Konzept wurde federführend vom Niederländer Hans Monderman in den 1990er Jahren entwickelt.
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Für die Mitglieder der Bank der ausgewählten Verkehrserzeuger sind vor allen Dingen die Störungsfreiheit in der Verkehrsabwicklung, die Umweltqualität und die Verkehrssicherheit Themen des Jahres 2020. Intelligente Ampelschaltung und Fahr- bahnmanagement sorgen für sauberere Luft und weniger Verkehrslärm in der Stadt. In puncto Verkehrssicherheit sehen sie ein partnerschaftliches Verhalten aller Verkehrsteilnehmer bei getrennten Bewegungsflächen (Seitenräume und Fahrspuren). Sensoren am Fahrbahnrand steuern den Verkehrsfluss und das Fahrverhalten. Hierzu haben die Forschungseinrichtungen im Jahre 2020 ein Modellprojekt mit Stadt Karls- ruhe initiiert, welches bundesweit Beachtung findet.
Vertreter der Region und des Landes sehen im Jahr 2020 ein intelligentes Verkehrsleitsystem der Stadt Karlsruhe sowie eine Gleichbehandlung aller Verkehrs- träger an den kritischen Verkehrssituationen (Störungsfreiheit Verkehrsabwicklung). Zudem sind die Südpfalz, das Pfinztal und der nördliche Landkreis sowie die PAMINA- Region gut an Karlsruhe angeschlossen und es bestehen Umstiegsmöglichkeiten vom Auto zum ÖPNV (Verknüpfung, Erreichbarkeit). Die Stadt Karlsruhe steht ihrer Ansicht nach für einen starken ÖPNV, mit dem Karlsruher Modell als Alleinstellungsmerkmal.
Vertreter von Verkehrsteilnehmenden sind im Jahr 2020 mit der Verkehrssituation zufrieden, wenn Spielräume in den Stadtquartieren ausgebaut und Freiräume für Kommunikation geschaffen worden sind. Zur Verknüpfung mit der Region nennen sie Einrichtung des PAMINA-Radweges mit Brücken über den Rheinhafen (Landschaftspark Rhein). Ein weiteres Themenfeld, dem sie hohe Bedeutung beimessen ist Barrierefreiheit im ÖPNV und kurze Wege zum Umsteigen (Gleichheit Mobilitätschancen). Karlsruhe 2020 ist für sie die Wohlfühlstadt.
Die Bank der Verkehrsverbände sieht im Jahre 2020, dass der ÖPNV und das Rad- und Fußwegenetz ausgebaut sind. Außerdem gebe es keine Privilegierung des Kfz- Verkehrs, sondern eine Förderung des Umweltverbundes. Themen, die 2020 eine wichtige Rolle spielen, sind die Störungsfreiheit der Verkehrsabwicklung und die Verkehrssicherheit. Die Stadt Karlsruhe steht aus Sicht der Verkehrsverbände für gleichberechtigte Verkehrspartner.
Aus dem äußeren Kreis setzten sich Vertreter von Fraktionen an der Bank Politik zusammen. Für sie ist die Maßgabe für Zufriedenheit mit der Verkehrssituation in 2020, dass eine optimale Mobilität geschaffen wurde. Alle Verkehrsträger sind demnach in Einklang zu bringen. Karlsruhe soll sich nicht nur Fahrradhauptstadt, sondern Mobilitätshauptstadt 2020 nennen dürfen. Die die Gleichheit der Mobilitäts- chancen aller Bevölkerungsgruppen und Störungsfreiheit der Verkehrsabwicklung sind hierzu die wichtigsten Themen.
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Der Moderator, Dr. Christoph Ewen, spricht an, dass an einigen Bänken viele Mitglieder des Forums fehlen. Es wird vereinbart, dass die Anwesenden die nicht anwesenden Mitglieder ihrer Bank ansprechen, was die Gründe für ihre Nichtteilnahme sind.
TOP 5: Zusammenfassung und Ausblick
Abschließend äußern sich Vertreter der Stadtverwaltung, des Gemeinderates und des Gutachterteams zu den Ergebnissen der Arbeit an den Bänken. Der Baubürgermeister Obert zeigt sich zufrieden mit den Ergebnissen. Er stellt allerdings in Frage, ob alle dasselbe unter „Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer“ verstehen.
Herr Kirsch, Amtsleiter Tiefbauamt, greift den Begriff „shared space“ auf, der an den Bänken eingebracht worden ist. Er erläutert, dass es in Baden-Württemberg einen Hinweis seitens der Landesregierung gibt, dass „shared spaces“ auf Grund der Regelungen der Straßenverkehrsordnung nicht umgesetzt werden können. Persönlich halte er viel von dem Konzept und hält es an geeigneten Stellen für sinnvoll. Herr Weiße, Amtsleiter Bürgerservice und Sicherheit, gibt zu bedenken, dass sie zu unklaren Verkehrssituationen viele Anrufe erhalten, die eine Klärung wünschen. Dies spreche seiner Meinung nach gegen die Annahme, „shared spaces“ funktionierten reibungslos auf Grund einer erhöhten Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer. Hierzu bedarf es seiner Meinung nach eines Wandels im gesellschaftlichen Denken. Die Gutachterin Frau Stete ist der Meinung, dass die Straßenverkehrsordnung „shared spaces“ im Jahre 2020 zulassen werde. Zum heutigen Zeitpunkt sei es noch ein junges Instrument. Ein EU-Projekt2 erprobe das Instrument unter anderem in der Stadt Bomthe und in der Schweiz ist bereits ein ähnliches Instrument in der Anwendung, das verkehrsrechtlich abgesichert ist - die so genannten Begegnungszonen.
Herr Dr. Ringler, Amtsleiter Stadtplanungsamt, sieht den Aspekt des Güterverkehrs auch als ein Thema des Verkehrsentwicklungsplans. Hierzu merkt Herr Kirsch an, dass das Abstellen von LKWs in Wohngebieten zunehme und man dies als Thema aufnehmen müsse.
Die Gutachter stellen fest, dass die von den Forumsteilnehmern genannten Zielvor- stellungen eine große Themenbandbreite abdecken. Eine hohe Umweltqualität und Qualität des ÖPNV scheinen nach Aussagen der Bänke unumstritten wichtige Themen zu sein. Allerdings liegen den Vorstellungen z.T. unterschiedliche Interpretationen von Zielen sowie der zu verfolgenden Wege zur Zielerreichung zugrunde. Im weiteren Bearbeitungsprozess werden daher Szenarien entwickelt, mit denen unterschiedliche Ausprägungen von Zielsetzungen bzw. der zielführenden Maßnahmenkonzepte abge- bildet werden. Hierbei sollen die von den Forumsmitgliedern als am wichtigsten bewerteten Themen berücksichtigt werden.
2 http://www.shared-space.org/
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Die Vertreter der Politik aus den Fraktionen des Karlsruher Gemeinderats (Frau Fromm, Herr Wirth3) schätzen die Arbeit des VEP-Forums sehr, da hier die verschiedenen Gruppen zusammenkommen und gemeinsam diskutieren. Der Gemeinderat habe in seiner Arbeit nicht in dem Maße die Möglichkeit, sich über das Thema auszutauschen. Aus diesem Grund sei die Arbeit des VEP-Forum sehr hilfreich. Für 2020 wünschen sie sich mehr gegenseitige Rücksichtnahme im Verkehr und sehen die Entwicklung zu dem Konzept „shared space“ mit der Einrichtung von Fahrradstraßen bereits auf einem guten Weg.
Das nächste VEP-Forum soll vor den Sommerferien stattfinden. Bis dahin wird das Gutachterteam die heutigen Ergebnisse strukturieren und drei Szenarien entwickeln.
Dokumentation: Dr. Christoph Ewen, Yvonne Schäfer 15. April 2009
3 die Fraktionen haben gelost, wer in der Abschlussrunde teilnehmen wird.
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https://www.karlsruhe.de/b3/verkehr/verkehrsentwicklung/beteiligungsprozess/forum/HF_sections/content/ZZknaebIBrFG3o/ZZknaigzUwobLZ/forumx.pdf