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Ganzumschlag_10mm Rücken_Langfassung IfZ.indd A nl ag e II – In ha lt sk on ze pt Fo ru m R ec ht K ar ls ru he Konzept für Forum Recht, Karlsruhe Autoren: Axel Drecoll, Frieder Günther, Johannes Hürter, Michael Schwartz, Martina Steber Andreas Wirsching, Magnus Brechtken Konzept für Forum Recht, Karlsruhe Anlage II Inhaltskonzept des Instituts für Zeitgeschichte IfZ, München – Berlin Gesamtschau der Themen I. Alles, was Recht ist. Grundbegriffe und Grundprobleme II. Recht in Deutschland. Eine lange Geschichte 1. Der Weg zum modernen Rechtsstaat 2. Streben nach Freiheit. Bürgerliche Grundrechte 3. Die Gesellschaft ordnen. Arbeits- und Sozialrecht 4. Pervertierung des Rechts. Das NS-Regime 5. Recht in der SED-Diktatur. Die DDR III. Rechtsstaat Bundesrepublik. Kernfragen der Demokratie 6. Freiheit und Sicherheit. Ein Balanceakt 7. Die Ordnung der Wirtschaft durch Recht 8. Rechtsstaat und soziale Gerechtigkeit 9. Das Erbe der Diktaturen. Erfahrungen und Aufarbeitung 10. „Furchtbare Juristen“. Die nationalsozialistische Belastung der Justiz 11. Inländer und Ausländer. Wer ist deutscher Staatsbürger? 12. Kampf um Gleichheit. Recht und Geschlecht 13. Verbraucherschutz und Umwelt. Gesellschaftliche Mobilisie- rung und rechtliche Innovation IV. Der Rechtsstaat auf dem Prüfstand. Lob, Kritik, Verachtung 14. „Recht muss Recht bleiben“. Verfassungspatriotismus und Rechtsstaatsvertrauen 15. „Die Kleinen hängt man, und die Großen lässt man laufen“. Kritik und Enttäuschung 16. „Legal, illegal, scheißegal“. Angriffe von links und rechts V. Kulturen des Rechts. Symbole, Medien, Orte 17. Justitia, Waage und Richterrobe 18. Gesetzbuch und Kommentar, Akte und Paragraf 19. Vertrag und Unterschrift 20. Ampel und Strafzettel 21. Theater und Spielfilm 22. Gerichtsreportagen und Gerichtssendungen 23. Universität 24. Gerichtssaal 25. Gefängnis VI. Gestalter des Rechts. Menschen und Institutionen 26. Bürgerinnen und Bürger. Teilhaben und Mitwirken 27. Das Recht und seine Berufe. Von Richtern, Anwälten und Rechtspflegern 28. Durch alle Instanzen. Vom Amtsgericht zum Bundesgerichtshof 29. „Bürokratie“. Verwaltung und rechtsstaatliche Praxis 30. Parlamente. Orte der Rechtsetzung 31. „Karlsruhe“. Das Bundesverfassungsgericht im politischen Kon- fliktfeld 32. Ein Volk von „Prozesshanseln“? Die Deutschen und der Rechtsweg VII. Recht international. Europa und das Globale 33. Völkerrecht und Souveränität 34. Europäische Union und nationales Recht 35. Asyl, Flucht und Migration. Die Herausforderung des Globalen 36. Recht in einer globalisierten Welt. Freihandel und Menschen- rechte Meilensteine des Bundesdeutschen Rechtsstaats 20.09.1945 Kontrollratsgesetz Nr. 1 zur Aufhebung von NS-Recht: Gesetze dürfen nicht mehr angewandt werden, die jemanden „aufgrund seiner Rasse, Staatsangehörigkeit, seines Glaubens oder seiner Opposition zur NSDAP oder ihrer Lehren“ benachteiligen könnten 20.11.1945 Beginn des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärtribunal der Alliierten 24.05.1949 Inkrafttreten des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland 01.10.1950 Gründung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe als oberste Instanz für Zivil- und Strafsachen 28.09.1951 Gründung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe 23.09.1952 Gründung des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin als zentrale Instanz zur bundesweiten Vereinheitlichen der Verwaltungsrechtsprechung 03.09.1953 Inkrafttreten der Europäischen Menschenrechtskonvention, Gründung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte am 20.04.1959 24.06.1954 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den Rechten eines Bedürftigen bei gesetzlichen Pflichten des Fürsorgeträgers gegenüber dem Bedürfti- gen: Gewährleistung subjektiver Rechte in der sozialstaatlichen Leistungsverwaltung 25.03.1957 Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), Festschreibung von vier Grundfreiheiten und Schaffung neuer europäischer Instituti- onen 15.01.1958 Lüth-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Die Grundrechte konstituieren eine objektive Wertordnung, die auch gegenüber dem Privat- recht eine mittelbare Drittwirkung entfaltet; das Bundesverfassungsgericht entwickelt sich vor diesem Hintergrund in Richtung einer obersten Re- visionsinstanz für alle Rechtsbereiche 20.12.1963 Beginn des ersten Auschwitz-Prozesses am Landgericht in Frankfurt am Main gegen frühere Täter im NS-Konzentrationslager Auschwitz 30.05.1968 Verabschiedung einer Notstandsverfassung durch den Bundestag trotz massiver öffentlicher Proteste: Die „Notstandsgesetze“ sollen die Hand- lungsfähigkeit des Staates und zugleich rechtsstaatliche Standards in Krisensituationen sichern 01.09.1969 Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafrechts, mit der eine Liberalisierung des bundesdeutschen Strafrechts eingeleitet wird (Große Strafrechtsreform) 14.03.1972 Das besondere Gewaltverhältnis fällt: Das Bundesverfassungsgericht erklärt, dass Grundrechte grundsätzlich auch in Schulen, im Militär oder im Gefängnis gelten 01.01.1977 Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes: erstmalige Kodifizierung der wichtigsten allgemeinen Regeln des Verwaltungsrechts 01.07.1977 Inkrafttreten des ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts im Sinne einer Gleichberechtigung der Ehepartner 03.10.1990 Wiedervereinigung: Beitritt der fünf neuen Bundesländer zum Geltungsbereich des Grundgesetzes 01.11.1993 Gründung der Europäischen Union durch den Vertrag von Maastricht, der die europäische Integration – auch im Hinblick auf den Rechtsstaat – voranbringt 01.01.2002 Inkrafttreten des Sicherheitspaketes II als bundesdeutsche Reaktion auf die Terror-Anschläge vom 11.09.2001, weitere Anti-Terror-Gesetze folgen, breite öffentliche Debatte über den „attackierten Rechtsstaat“ Inhaltskonzept Gliederung des Inhaltskonzepts Einführung 1 I. Alles, was Recht ist. Grundbegriffe und Grundprobleme 4 II. Recht in Deutschland. Eine lange Geschichte 6 1. Der Weg zum modernen Rechtsstaat 6 2. Streben nach Freiheit. Bürgerliche Grundrechte 7 3. Die Gesellschaft ordnen. Arbeits- und Sozialrecht 9 4. Pervertierung des Rechts. Das NS-Regime 10 5. Recht in der SED-Diktatur. Die DDR 13 III. Rechtsstaat Bundesrepublik. Kernfragen der Demokratie 15 1. Freiheit und Sicherheit. Ein Balanceakt 15 2. Die Ordnung der Wirtschaft durch Recht 16 3. Rechtsstaat und soziale Gerechtigkeit 17 4. Das Erbe der Diktaturen. Erfahrungen und Aufarbeitung 20 5. „Furchtbare Juristen“. Die nationalsozialistische Belastung der Justiz 22 6. Inländer und Ausländer. Wer ist deutscher Staatsbürger? 23 7. Kampf um Gleichheit. Recht und Geschlecht 25 8. Verbraucherschutz und Umwelt. Gesellschaftliche Mobilisierung und rechtliche Innovation 27 IV. Der Rechtsstaat auf dem Prüfstand. Lob, Kritik, Verachtung 30 1. „Recht muss Recht bleiben“. Verfassungspatriotismus und Rechtsstaatsvertrauen 30 2. „Die Kleinen hängt man, und die Großen lässt man laufen“. Kritik und Enttäuschung 31 3. „Legal, illegal, scheißegal“. Angriffe von links und rechts 34 V. Kulturen des Rechts. Symbole, Medien, Orte 35 1. Justitia, Waage und Richterrobe 35 2. Gesetzbuch und Kommentar, Akte und Paragraf 36 3. Vertrag und Unterschrift 37 4. Ampel und Strafzettel 39 5. Theater und Spielfilm 40 6. Gerichtsreportagen und Gerichtssendungen 42 7. Universität 43 8. Gerichtssaal 44 9. Gefängnis 44 VI. Gestalter des Rechts. Menschen und Institutionen 46 1. Die Bürger und Bürgerinnen. Teilhaben und Mitwirken 46 2. Das Recht und seine Berufe. Von Richtern, Anwälten und Rechtspflegern 47 3. Durch alle Instanzen. Vom Amtsgericht zum Bundesgerichtshof 49 4. „Bürokratie“. Verwaltung und rechtsstaatliche Praxis 50 5. Parlamente. Orte der Rechtsetzung 52 6. „Karlsruhe“. Das Bundesverfassungsgericht im politischen Konfliktfeld 53 7. Ein Volk von „Prozesshanseln“? Die Deutschen und der Rechtsweg 55 VII. Recht international. Europa und das Globale 57 1. Völkerrecht und Souveränität 57 2. Europäische Union und nationales Recht 58 3. Asyl, Flucht und Migration. Die Herausforderung des Globalen 60 4. Recht in einer globalisierten Welt. Freihandel und Menschenrechte 62 Auswahlbibliographie Meilensteine des Bundesdeutschen Rechtsstaats 1 Einführung Recht und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland in ihrer historischen Di- mension, ihrer gegenwärtigen Bedeutung und ihren zukünftigen Po- tentialen begreifbar und erlebbar zu machen – das ist das Ziel des Fo- rums Recht. Dabei stellt die Erinnerung an den Rechtsstaat in Deutsch- land eine besondere Herausforderung dar. Denn sie grenzt sich einer- seits ab von der dominierenden Erinnerung an die Herrschaft von Dik- tatur, Unrecht und Gewalt im 20. Jahrhundert und geht andererseits in der Erinnerung an die Demokratie nicht auf. Der Rechtsstaat reicht historisch viel weiter zurück. Die oftmals verborgene historische Tie- fendimension von Recht und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland prägt aktuelle Zusammenhänge und setzt Pfade für zukünftige Handlungs- möglichkeiten. Dies legt das Forum Recht offen und lädt zur Diskussion ein. Es schlägt folglich ganz neue inhaltliche und gestalterische Wege ein. Vier Kernaussagen sollen im Forum Recht im Mittelpunkt stehen: 1. Erleben: Recht bestimmt und prägt den Alltag der Menschen. Die Besucher/innen sollen das Recht und den Rechtsstaat als Teil ihrer Lebenswirklichkeit erkennen, um von dort aus weiterführende Per- spektiven zu entwickeln. Es gilt, durch die Art der interaktiven und multiperspektivischen Vermittlung die Abstrakta Recht und Rechts- staat nicht als hermetisches System, sondern als unmittelbar erlebbar, vielfältig erfahrbar und folgerichtig in verschiedensten Rechts-Räumen begehbar zu machen. Dies wird erleichtert durch die Lage des Forums in Karlsruhe als einem zentralen authentischen Ort des Rechts in der Bundesrepublik. 2. Geschichte: Recht und Rechtsstaat sind nicht einfach gegeben, sondern nur zu verstehen, wenn man ihre historische Entwicklung berücksichtigt. Der Rechtsstaat besitzt eine einzigartige historische Dimension. Sie prägt gegenwärtiges Handeln und zukünftige Problem- konstellationen. Dies wird jeweils in unterschiedlichen thematischen Kontexten verdeutlicht. Die Erfahrung der Geschichte führt zu der Er- kenntnis, dass nichts – auch nicht der Rechtsstaat – selbstverständlich und unveränderlich ist, dass es der Anstrengung zu seiner Bewahrung bedarf und dass Veränderungen von Rechtsanschauungen nichts Au- ßergewöhnliches, sondern historisch gesehen der Regelfall sind. Insbe- sondere gilt es aufzuzeigen, wie der Rechtsstaat in der bundesdeut- schen Geschichte immer wieder neu verhandelt und in verschiedenen politischen und sozialen Konstellationen durchgesetzt bzw. modifiziert wurde. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf neueste Rechtsent- wicklungen – etwa im Kontext von Europäisierung oder neuen Medien – zu richten, wobei aber auch hier an die historische Dimension und an Parallelen zu früheren Entwicklungen explizit zu erinnern ist. 3. Ambivalenz: Recht schützt und ermöglicht individuelle Freiheit, aber es kann sie auch beschränken. Das Forum folgt keinem linearen und kontinuierlich voranschreitenden Fortschritts- oder Erfolgsnarra- tiv, sondern verdeutlicht die Ambivalenzen, Spannungsfelder und Wi- dersprüchlichkeiten von Recht und Rechtsstaatlichkeit sowie die Wan- delbarkeit rechtsstaatlicher Anschauungen und Praktiken aus ver- schiedenen thematischen Perspektiven und in verschiedenen narrati- 2 ven Anläufen. Die dem Recht innewohnende Gefahr, Ungleichheit zu reproduzieren, repressiv zu wirken oder – im Extremfall – sogar Un- recht zu schaffen, tritt besonders deutlich beim Blick auf die national- sozialistische Herrschaft und die SED-Diktatur hervor. Aber auch die Geschichte der Bundesrepublik von 1949 bis heute weist solche Aspek- te auf. 4. Partizipation: Der einzelne Bürger, die einzelne Bürgerin kann das Recht selbst beeinflussen und mitgestalten. Recht ist nichts Stati- sches, sondern unterliegt – zumal in der parlamentarischen Demokra- tie – einem permanenten, dynamischen und situationsbedingten Aus- handlungsprozess. An diesem Prozess sind verschiedenste Akteure, darunter ausgebildete Jurist/innen, Politiker/innen, die Öffentlichkeit, aber auch einzelne Bürger/innen, beteiligt. Die Besucher/innen sollen im Forum und seiner Ausstellung motiviert werden, der geltenden Rechtsordnung als mündige Bürger/innen konstruktiv-kritisch zu be- gegnen, sich in die Rechtsdebatten einzumischen und somit am Aus- handlungsprozess über den Rechtsstaat bewusst teilzuhaben. Sich auf einer informierten Grundlage in gesellschaftliche Debatten einzubrin- gen – das ist ein demokratisches Grundrecht, dessen Wert im Forum Recht deutlich und erfahrbar gemacht wird. Dabei stellt das Forum – trotz aller Ambivalenzen – das Recht und den Rechtsstaat als etwas unbedingt Erhaltenswertes und Schützenswertes, ja für eine freie, plu- ralistische Gesellschaft unerlässlich Notwendiges dar. Zugleich ist zu fragen, ob das Recht zuweilen nicht überfordert wird, ob nicht immer wieder überzogene Erwartungen auf den Rechtsstaat gerichtet wer- den. Das Inhaltskonzept für das Forum Recht folgt einem Verständnis von Rechtsgeschichte im Sinne einer modernen Sozial- und Kulturgeschich- te, die zwar den normativen Aspekt des Rechts ernst nimmt, zugleich aber die enge Wechselwirkung des Rechts mit Politik und Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur aufzeigt und die Frage nach Formen, Symbo- len, Deutungen, Praktiken und Aushandlungsprozessen in den Vorder- grund rückt. Das Inhaltskonzept konzentriert sich auf die Bundesre- publik, die in längeren Entwicklungslinien und in deutsch-deutschen Zusammenhängen verankert wird. Sieben übergeordnete Themenein- heiten, die wiederum in Module unterteilt sind, behandeln Recht und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland: I. Alles, was Recht ist. Grundprobleme und Grundbegriffe II. Rechtsstaat in Deutschland. Eine lange Geschichte III. Rechtsstaat Bundesrepublik. Kernfragen der Demokratie IV. Der Rechtsstaat auf dem Prüfstand. Lob, Kritik, Verachtung V. Kulturen des Rechts. Symbole, Medien, Orte VI. Gestalter des Rechts. Menschen und Institutionen VII. Recht international. Europa und das Globale Gleichzeitig durchziehen fünf Themenstränge die Ausstellung, die auf- grund ihrer zentralen Bedeutung kontinuierlich präsent sind. Sie keh- ren in den einzelnen Modulen immer wieder und werden dort auf un- terschiedliche Weise und mit Hilfe verschiedener Beispiele angespro- chen und problematisiert: 1. Sprache des Rechts: Das Recht verfügt über eigene Begriffe und Rechtsfiguren (z.B. formeller und materieller Rechtsstaat, Verhält- nismäßigkeit, Eigentum), deren Bedeutung sich dem Nicht-Juristen 3 nicht einfach erschließt. Für die Kommunikation unter Juristen be- sitzt das sogenannte „Juristendeutsch“ eine zentrale Bedeutung. 2. Biografien und das Recht: Menschen haben eine Geschichte, mit deren Hilfe sich ihr Verhalten – beispielsweise gegenüber dem Recht – erklären und veranschaulichen lässt. Menschen prägen aber auch mit ihren biographischen Erfahrungen das Recht und den Rechtsstaat. 3. Erinnerungsorte des Rechtsstaats: In symbolisch aufgeladenen Erinnerungsorten – wobei der Begriff nicht nur den geografischen Ort meint – manifestieren sich historisch-soziale Vorstellungen, die wiederum kollektive Identitäten stiften. Zentrale Erinnerungsorte des Rechtsstaats sind z.B. Karlsruhe, Straßburg oder das Grundge- setz. 4. Erfahrungen mit dem Unrechtsstaat: Die Menschen in Deutsch- land erlebten im 20. Jahrhundert mit der nationalsozialistischen Herrschaft und der DDR zwei Diktaturen, die ihr Verständnis des bundesdeutschen Rechtsstaats und ihren Umgang mit dem Recht maßgeblich beeinflussten. 5. Technik und das Recht: Das Recht und der Rechtsstaat stehen immer wieder vor der Herausforderung, auf technische Neuerungen (z.B. „Automation“, Internet, Digitalisierung, „Industrie 4.0“) zu rea- gieren und zugleich die neuen Möglichkeiten für die Rechtsanwen- dung zu nutzen. Die verschiedenen Teilgebiete des Rechts (mit allen Einzelgebieten des Öffentliches Rechts, des Strafrechts und des Zivilrechts) werden nicht als separate thematische Blöcke behandelt. Vielmehr werden Module, Themen und Beispiele so ausgewählt, dass sie zusammen die Vielfalt und die Breite des Rechts anschaulich zum Ausdruck bringen. Mit Hilfe der Themeneinheiten und Themenstränge soll die Vorstellung einer geschlossenen „Metaerzählung“ (Jean-François Lyotard) über den Rechtsstaat infrage gestellt werden. Stattdessen werden die Besu- cher/innen des Forums mit unterschiedlichen, teilweise sogar sich wi- dersprechenden Deutungsangeboten und Themenperspektiven kon- frontiert. Sie sollen auf diese Weise darin bestärkt werden, sich im Sinne der pluralistischen Demokratie eine sachlich begründete eigene Meinung zu bilden und so als mündige Bürger/innen die Zukunft des Rechtsstaats aktiv mitzugestalten. 4 I. Alles, was Recht ist. Grundprobleme und Grundbegriffe Was ist Recht? Ganze Bibliotheken sind gefüllt worden, um diese scheinbar so einfache Frage zu beantworten. Dass es keine einfache Antwort darauf gibt, dass diese Antwort immer wieder neu ausgehan- delt werden muss und dass die Geschichte eine Reihe von alternativen Antworten bereithält, all dies zeigt das Forum Recht. Verallgemeinernd kann man indes sagen: Recht ist die Gesamtheit der gesellschaftlich als verbindlich festgelegten Rechtsnormen, also der Regeln mit allgemei- nem Geltungsanspruch. Man kann diese Gesamtheit auch als „Rechts- ordnung” oder „Rechtssystem” bezeichnen. Was ist ein Rechtsstaat? Nicht alle Staaten sind Rechtsstaaten, denn ein Rechtsstaat ist nur ein solcher Staat, dessen verfassungsmäßige Gewalten jeweils durch das Recht in ihrer Handlungsmacht an Regeln gebunden sind. Auch die Rechtsentwicklung im Rechtsstaat ist damit an rechtlich geordnete Verfahren gebunden. Im Rechtsstaat sichert das Recht die Freiheit des Einzelnen gegen staatliche Willkür und schafft Rechtssicherheit, auch im Zivilrecht. In der Ordnung der Bun- desrepublik fallen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zusammen. His- torisch gesehen ist dies keine Zwangsläufigkeit ‒ es gab und gibt un- demokratisch organisierte Rechtsstaaten. Rechtsstaatlichkeit ist je- doch eine unerlässliche Vorbedingung für Demokratieentwicklung. Durch die Gewaltenteilung der modernen Demokratie (und gegebe- nenfalls durch eine föderalistische Staatsverfassung) wird umgekehrt die Rechtsstaatlichkeit am wirksamsten gegen Gefährdungen gesi- chert. Diese können allerdings ebenso der Demokratie innewohnen: Auch demokratisch legitimierte Verfassungsorgane können rechts- staatswidrige Wege gehen. Der demokratische Rechtsstaat ist ein Versprechen für seine Bür- ger/innen. Er verspricht Freiheit, Sicherheit, Ordnung und Gerechtig- keit. Die deutsche Nationalhymne drückt die Hoffnung nicht nur auf Einigkeit, sondern eben auch auf „Recht und Freiheit” aus. Dabei ste- hen all diese Versprechen des demokratischen Rechtsstaats in elemen- tarer Spannung zueinander. Eindeutige Antworten gibt es im Rechts- staat selten, viel eher Uneindeutigkeiten, Widersprüche und Span- nungsfelder. Immer wieder müssen Kompromisse neu ausgehandelt werden ‒ etwa zwischen Freiheit und Sicherheit oder zwischen Ord- nung und Gerechtigkeit. Dies zu vermitteln ist ein zentrales Anliegen des Forums Recht. Die erste Themeneinheit des Forums führt in diese Grundfragen ein und konfrontiert die Besucher/innen mit den Spannungsfeldern von Rechtsstaatlichkeit. Sie werden ihnen an vielen Stellen begegnen. So können vier gebrochene Säulen die vier Versprechen des Rechts- staats symbolisieren ‒ vier gebrochene Säulen wohlgemerkt, die das Nicht-Selbstverständliche und das stets neu Auszuhandelnde versinn- bildlichen. Multimediale Module sollen sie umrunden, welche die wi- dersprüchlichen Dimensionen der einzelnen Grundbegriffe aufschlüs- seln. 1) Recht soll Freiheit sichern, etwa die Meinungsfreiheit, die Religions- freiheit, die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Briefgeheimnis und vieles mehr. Aber zugleich engt Recht Freiheit ein, bindet diese an Re- 5 geln. Die Freiheit der Einzelnen ist nur so weit unbeschränkt, wie dadurch nicht die Freiheit anderer beeinträchtigt wird. In der frühen Bundesrepublik wurde individuelle Freiheit in der Rechtsprechung zu- dem sehr stark durch Abwägung mit dem Interesse der Gesamtheit der Bevölkerung relativiert, während heute individuelle Freiheitsrechte höher gewichtet werden. 2) Recht soll Sicherheit gewährleisten, insbesondere im Inneren (inne- re Sicherheit), aber auch nach außen, im Verkehr mit anderen Staaten, Menschen und Nationen. Die rechtsstaatliche Balance zwischen Frei- heit und Sicherheit ist das Kerndilemma jeder wehrhaften Demokratie. Zugleich ist die alltägliche Anerkennung der Gültigkeit des Rechtsstaats ‒ also die freiwillige Unterordnung der Einzelnen unter dessen Nor- men und Verfahrensregeln ‒ eine sich ständig wiederholende Frie- densstiftung, indem das Gewaltmonopol des Rechtsstaats alltäglich neu anerkannt wird. 3) Recht soll Ordnung schaffen und sichern. Dies geschieht staatlicher- seits durch die Organisation einer allgemeinen Verwaltung, die für alle Bürger/innen möglichst gleiche und jederzeit überprüfbare Verfahren gewährleistet. Darüber hinaus hält der Rechtsstaat für den Umgang von Privatpersonen untereinander geordnete Verfahren bereit: Recht ordnet das Private, Recht ordnet die Wirtschaft. Die Ordnung, die das Recht schafft, gerät indes grundsätzlich mit der Freiheit in Konflikt, die der Rechtsstaat verspricht. Zudem muss sich die ordnende Kraft des Rechts stets mit dem Anspruch auf Gerechtigkeit auseinandersetzen. 4) Recht und Gerechtigkeit sind eng miteinander verbunden. Das Ver- sprechen von Gerechtigkeit basiert im Rechtsstaat der Bundesrepublik in hohem Maße auf der Gewährleistung subjektiver Gleichheitsrechte – beginnend mit der Menschenwürde, aber eben auch mit der Gleich- heit vor dem Recht. Allerdings kann sich der Rechtsstaat dem Ziel der Gerechtigkeit allenfalls durch die Einhaltung geregelter Verfahren an- nähern. Auch wenn formale Gleichheit im Recht gegeben ist, behin- dern soziale und kulturelle Ungleichheiten immer wieder den gleichbe- rechtigten Zugang zum Recht. Der Staat sucht hier ausgleichend einzu- greifen, wodurch Freiheitsrechte, aber auch formale Gleichheitsrechte berührt sind. Zugleich ist die Frage, was gerecht ist, einem steten Wandel unterworfen ‒ die Geschichte des Rechtsstaats illustriert diese oftmals mühsame Suche nach der Gerechtigkeit. 6 II. Recht in Deutschland. Eine lange Geschichte 1. Der Weg zum modernen Rechtsstaat Der Rechtsstaatsbegriff entstand im Vormärz. Er meinte zunächst vor allem die Bindung des Monarchen an das Recht und bezog sich damit auf eine zentrale Forderung der Aufklärung. Von nun an unterlag die Frage, wie der Rechtsstaatsbegriff zu verstehen ist und welche Krite- rien er umfassen sollte (z.B. geschriebene Verfassung, Gleichheit vor dem Gesetz, Vorbehalt des Gesetzes, Gerechtigkeit, Justizrechte, Grundrechte), einem grundlegenden Wandlungsprozess. Seine all- mähliche Verwirklichung im 19. Jahrhundert – die beispielsweise in der Durchsetzung des Rechtsetzungs- und Gewaltmonopols des Staates, in der zunehmenden Kodifizierung des Rechts und der Verrechtlichung vieler Lebensbereiche zum Ausdruck kam – befriedete gewaltsame innerstaatliche Konflikte, ermöglichte bürgerliche Rechtssicherheit : und sicherte somit die Parameter, in denen die moderne kapitalisti- sche Gesellschaft sich evolutionär zu entfalten und Deutschland als Industriestaat herauszubilden vermochte. Dabei ist es für die Entwicklung des Rechtsstaats in Deutschland wäh- rend des 19. Jahrhunderts charakteristisch, dass er häufig als Kompen- sation für die fehlende politische Partizipation angesehen wurde. Der Begriff war im 20. Jahrhundert so populär geworden, dass sich teilwei- se sogar Jurist/innen während der nationalsozialistischen Herrschaft und in der DDR unter Bezugnahme auf den „nationalen Rechtsstaat” oder den „sozialistischen Rechtsstaat” (bzw. die „sozialistische Ge- setzlichkeit” als Ersatzbegriff) darauf beriefen. Durch das Grundgesetz erfuhr der Rechtsstaat eine spezifische Ausformung, die sich erst aus der Gesamtschau verschiedener Artikel ergibt: vor allem Art. 1 III und 20 III (Verfassungs- und Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt, Gesetzesbindung von Justiz und Verwaltung), Art. 20 II (Gewaltenglie- derung), Art. 28 I 1 (Rechtsstaatlichkeit der Länder), Art. 19 IV (Rechtsweggarantie), Art. 97 I (Unabhängigkeit der Richter), Art. 103 II (keine unzulässige Rückwirkung insbes. bei Strafen) und Art. 79 III (Verbot der Beseitigung des Rechtsstaats). Für die Entwicklung in der Bundesrepublik ist es entscheidend, dass der zunächst vor allem for- mal verstandene Rechtsstaatsbegriff seit den 1960er Jahren materiell aufgeladen wurde und damit zum Synonym für den Gerechtigkeits- staat wurde. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Darstellung der Legende vom Rechtsstreit des Müllers Arnold und seiner Unterstützung durch Friedrich II. von Preußen ● Das Reichskammergericht in Speyer und Wetzlar als Ort vor- moderner Rechtsprechung ● Kontrastierung der unterschiedlichen Rechtsstaatskriterien auf einer interaktiven politischen Landkarte Deutschlands seit dem 18. Jahrhundert, auf diese Weise differenzierte Antwort auf die Fragen: Wie entwickelte sich der Rechtsstaat? Inwiefern waren z.B. das Deutsche Kaiserreich oder das „Dritte Reich” Rechts- 7 staaten? Hervorhebung der besonderen Bedeutung des Föde- ralismus ● Kontrastierung der „rechtsstaatlichen Landkarte” (Verwirkli- chung des Rechtsstaats) mit der „demokratischen Landkarte” (Verwirklichung politischer Rechte) Deutschlands seit dem aus- gehenden 18. Jahrhundert in interaktiver Form ● Der Modernisierungsschub durch die Einführung des Code civil in westlichen Teilen Deutschlands ( „Rheinbund”) und dessen Fortgeltung nach 1815 ● Karl von Rotteck / Carl Theodor Welcker, Staats-Lexikon, 1838 (Rechtsstaat) ● Rudolf von Gneist: Der Rechtsstaat, Berlin 1872, als juristisches Zentralwerk des frühen Kaiserreichs ● Praxis der Patrimonialgerichtsbarkeit, teilweise bis ins späte 19. Jahrhundert hinein ● Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahr 1900 als entscheidender Schritt der Kodifizierung des Zivilrechts ● Hochverratsprozess gegen Adolf Hitler nach Hitler-Putsch und anschließende Festungshaft in Landsberg ● Prozess „Preußen contra Reich” vor dem Staatsgerichtshof in Leipzig nach dem Preußenschlag 1932 ● Aufsatz: Otto Koellreutter, Der nationale Rechtsstaat, in: Deut- sche Juristenzeitung 38 (1933), Sp. 517-524, als Beispiel für die Diskussion um den Rechtsstaat ab 1933 ● Ernst Forsthoff/Otto Bachof, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaats, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deut- schen Staatsrechtslehrer 12 (1954), S. 8-125. ● Staat und Recht 1967, Bd. 2, S. 1492-1494 (Sozialistischer Rechtsstaat) 2. Streben nach Freiheit. Bürgerliche Grundrechte Der Gegensatz zwischen der Staatsgewalt und der Freiheit des Einzel- nen begleitete die politische und gesellschaftliche Entwicklung des deutschen Nationalstaats. Nach dem Vorbild der amerikanischen Bill of Rights und der französischen Erklärung der Menschen- und Bürger- rechte (beide 1789) forderten auch deutsche Liberale im 19. Jahrhun- dert die Verbriefung von bürgerlichen Freiheitsrechten als Abwehr- rechte des Individuums gegen staatliche Eingriffe. Darunter wurden und werden vor allem der Schutz der Person und seiner Privatsphäre, der Schutz des Eigentums, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren sowie Meinungs- und Pressefreiheit, Versammlungs- und Vereinsfrei- heit, Gewissens- und Religionsfreiheit verstanden. Anders als die Paulskirchenverfassung von 1849 enthielt jedoch die Reichsverfas- sung von 1871 keinen Grundrechtskatalog, so dass erst die Weimarer Verfassung von 1919 Freiheitsrechte für ganz Deutschland gültig wer- den ließ. Die Aufhebung dieser Rechte durch das NS-Regime, insbe- sondere durch die „Reichstagsbrandverordnung“ von 1933, begrün- dete den NS-Unrechtsstaat. Nach diesen Erfahrungen besaß der Schutz der bürgerlichen Freiheits- rechte beim Aufbau des „republikanischen, demokratischen und so- 8 zialen Rechtsstaats” (Art. 28 GG; siehe v.a. auch Art. 20 und 79 III GG) umso höhere Priorität, zusätzlich gefördert durch den Transfer demo- kratischer Leitbilder aus dem sogenannten Westen. Mit dem „Pathos der Geste ‘nie wieder’“ (Michael Stolleis) wurden die Freiheitsrechte als Grundrechte an den Anfang des Grundgesetzes von 1949 gestellt und zum unmittelbar geltenden Recht erklärt (Art. 1 III). Eine Voraus- setzung von Freiheit ist die allgemeine Gleichheit vor dem Gesetz, aber auch die Entwicklung von Gleichberechtigungsnormen, so dass Frei- heitsrechte eng mit der Gewährung von Gleichheitsrechten verknüpft sind. Über Verfassungsbeschwerden von „jedermann“ gegen die Ver- letzung von Grundrechten durch die öffentliche Gewalt entscheidet das Bundesverfassungsgericht (Art. 93 I 4a), das 1951 seine Arbeit auf- nahm. Dem Bundesverfassungsgericht kommt seither die rechtsstaatli- che Schlüsselstellung zu, die unmittelbare Geltung der Grundrechte umzusetzen und zu konkretisieren. Außerdem sind auch die Fachge- richtsbarkeiten, etwa die Verwaltungsgerichte, in diese Aufgabe ein- gebunden. Auch die erste Verfassung der DDR von 1949 enthielt einen umfas- senden Grundrechtskatalog, der in der Praxis jedoch zur Disposition der SED-Diktatur gestellt wurde. Die zweite DDR-Verfassung von 1968 formulierte neben diesen „Grundrechten” – ähnlich wie schon die Weimarer Reichsverfassung – ausdrücklich auch „Grundpflichten” und schränkte diverse Grundrechte wieder ein: So galt Freizügigkeit nur für das Staatsgebiet der DDR, das Recht auf Wohnraum wurde an ökono- mische und örtliche Bedingungen geknüpft. Auf der anderen Seite pos- tulierte die DDR-Verfassung konkrete soziale Grundrechte wie das Recht auf Arbeit, auf Bildung, auf Gesundheit, auf Freizeit und Erho- lung – wenngleich das reale Niveau faktisch begrenzt blieb. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Freiheitsbaum im Rheinland, ca. 1800 (Abbildung, noch besser: Original) ● Grundrechte des Deutschen Volkes, Frankfurt 1848 (Abbildung) ● Weimarer Verfassung von 1919, Beginn des Zweiten Hauptteils: Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen (Text) ● Grundrechte im Grundgesetz von 1949: Wochenschau über Debatte und Verkündung, Text, öffentliche Resonanz (Presse, juristische Kritik etc.) ● „DDR: Verfassung. Für immer beseitigt”, in: Der Spiegel, 15.4.1968 ● Soziale Grundrechte der DDR-Verfassung von 1968/74; Debat- ten um individuelle und soziale Grundrechte im Kontext der KSZE-Konferenzen ● Beispiel für eine frühe (die erste?) Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht ● Beispiel für (das aktuelle) Spannungsfeld Freiheitsrech- te/Sicherheit: Massenbeschwerde gegen Vorratsdatenspeiche- rung (z.B. Foto: 12 Kisten mit Beschwerdeschriften in Karlsruhe) 9 3. Die Gesellschaft ordnen. Arbeits- und Sozialrecht Die Regulierung von Arbeitsverhältnissen zählt zu den ältesten Gegen- ständen der europäischen Rechtsentwicklung. Doch die Fortschreibung des Arbeitsrechts erhielt eine ganz neue Intensität unter den Bedin- gungen der industriellen und dann der post-industriellen Gesellschaf- ten der letzten zweihundert Jahre. Das moderne Arbeitsrecht entwi- ckelte sich im 19. Jahrhundert als Interventionsrecht des Staates zur Einschränkung der generellen Vertragsfreiheit, mit dem Ziel des Schut- zes des schwächeren Vertragspartners vor Übervorteilung oder Über- forderung. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zu den 1920er Jahren ergänzten die Gewerkschaften, zunächst vom Staate behindert und erst seit dem Ersten Weltkrieg als Tarifpartner akzeptiert, mit dem Tarifvertragsrecht die individuelle Ebene des Arbeitsrechts um eine kollektive Ebene. Diese „Tarifpartnerschaft” ab 1949 führte in der Bundesrepublik zu einer vergleichsweise starken Zurückhaltung des Staates in diesem Bereich. Dagegen wurde in der DDR mittels einer gleichgeschalteten Einheitsgewerkschaft und der weitgehenden Ent- eignung privaten Unternehmertums ein ganz anderer planwirtschaftli- cher Ansatz realisiert. Mit der Etablierung einer wirtschaftlichen Schiedsgerichtsbarkeit eröffnete bereits die Weimarer Republik eine wichtige neue Traditionslinie für die deutsche Rechtsentwicklung, an welche die Bundesrepublik anknüpfte – und die heute die aktuelle Debatte bestimmt. Stärker noch als die Weimarer Reichsverfassung von 1919 sicherte das Grundgesetz ab 1949 in der Bundesrepublik die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer/innen (Recht auf gewerkschaftliche Vertretung) und damit sehr weitgehend auch deren Streikrecht, das lediglich den Be- amten vorenthalten blieb. Zugleich wurden in der Bundesrepublik – anders als etwa in der Weimarer Republik, wo der reaktionäre „Kapp- Putsch” 1920 durch einen Generalstreik zur Bewahrung der Demokra- tie beendet wurde – politische Streiks verpönt. Der strukturelle Kon- flikt zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern wurde als „Tarifpartnerschaft” kooperativ abgemildert und in die ausgeprägte deutsche Tradition eines konfliktdämpfenden Korporatismus gestellt. Das viel genutzte Instrument der kompromissorientierten Schlichtung von Arbeitskämpfen zur Vermeidung ihrer (kostenträchtigen) Eskalati- on trug ebenfalls dazu bei. Zu dieser Zeit hatte der die Arbeitsbeziehungen regelnde Staat längst begonnen, weitere soziale Verhältnisse interventionistisch zu beein- flussen – beginnend mit Regelungen zur Alters-, Invaliden- und Unfall- versicherung seit den 1880er Jahren, mit denen die Ausdifferenzierung eines immer komplexeren Sozialrechts begann. Ging es zunächst da- rum, nach dem Versicherungsprinzip (Leistung gegen Gegenleistung) Einzelne vor Überforderung in Notfällen zu bewahren, weitete sich der sozialrechtlich organisierte Sozialstaat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem expansiven Akteur der Beeinflussung fast aller sozialer Beziehungen aus – in der westdeutschen Demokratie ebenso wie in der einheitsparteilich beherrschten DDR. Dieser Prozess hält trotz einer gegenläufigen Tendenz zum Rückbau von Sozialstaatlich- keit (Deregulierung) durch den parallelen Trend zu fortwährender Aufgabenexpansion bis heute an. Ungelöst ist bis heute der damit verbundene Konflikt um das Ausmaß sozialer Gleichheit: Haben Sozial- politik und Sozialrecht dem Ideal größtmöglicher sozialer Gleichheit zu 10 folgen? Oder allenfalls dem Ideal größtmöglicher Chancengleichheit, was die Akzeptanz höchst unterschiedlicher Ergebnisse der individuel- len Wahrnehmung von Chancen impliziert? Zugleich sieht sich die nationalstaatlich organisierte Arbeits- und Sozi- algesetzgebung durch neuere Entwicklungstrends zu übergeordnetem internationalem Recht (europäische Rechtsebene), aber auch durch alternative Formen von Rechtsetzung und Konfliktlösung jenseits der rechtsstaatlichen Ordnung (Auswirkungen von internationalen Frei- handelsabkommen wie TTIP) ergänzt oder in Frage gestellt. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Einschränkung von Kinderarbeit seit dem 19. Jahrhundert; Zu- sammenhang mit Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht ● Fabrikinspektionen im 19. Jahrhundert; Arbeitsschutz heute ● Bismarcksches Sozialversicherungsmodell; Sozialistengesetze ● Christliche Sozialbewegung des 19. Jahrhunderts; patriarchali- sche Modelle der Arbeiterfürsorge ● Arbeitskämpfe im 19. und frühen 20. Jahrhundert ● Betriebliche Konfliktkommissionen und Arbeitsrechtskonflikte in der DDR; Vergleich mit Betriebsjustiz in der Bundesrepublik ● Debatten über den Nutzen von Rentenversicherung 1880 – nach 1945 – um 2000 – heute ● Entwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit – historische Tiefendi- mension der gegenwärtigen Debatten um internationale Schiedsgerichte (TTIP usw.) 4. Pervertierung des Rechts. Das NS-Regime Das nationalsozialistische Regime pervertierte die Prinzipien des libe- ralen Rechtsstaats. An die Stelle der Gewaltenteilung trat der totalitäre „Führerstaat“. Fundamentalprinzipien wie Freiheit, Sicherheit und Gleichheit sollten durch eine auf rassischen Homogenitätsvorstellun- gen basierende „Volksgemeinschaft“ ersetzt werden, die auf Ungleich- heit, Unfreiheit und das ungehemmte Konkurrenzprinzip zielte. Sie und nicht mehr die Gesamtheit der Staatsbürger/innen war der Bezugs- punkt des „Rechts“ im Nationalsozialismus. Alle Gruppen, die als nicht zugehörig oder nicht leistungskonform galten, wurden brutal verfolgt und häufig ermordet. Es galt das absolute Primat des Politischen: Al- les, was Hitler oder hohe Vertreter der NSDAP als notwendig erachte- ten, konnte und musste umgesetzt werden. Rechtliche Schranken für den „Führerwillen“ sollte es nicht geben, im Gegenteil: Er wurde als oberste Rechtsquelle konstruiert. Der deutsch-jüdische Jurist und Poli- tologe Franz Neumann hat das nationalsozialistische Regime daher als „Unstaat“ bezeichnet, sein Kollege Ernst Fraenkel sprach von einem „Belagerungszustand“, um die „Verfassung des Dritten Reiches“ zu charakterisieren. „Recht“, so soll es der Chefideologe der NSDAP Alf- red Rosenberg formuliert haben, „ ist das, was arische Männer für Recht befinden“. Diese vollkommene Aushöhlung des liberalen Rechtsstaats sollte al- lerdings nicht zu der Annahme verleiten, der Nationalsozialismus habe jede Form rechtbasierten Handelns über Bord geworfen. Seine Hülle blieb weiterhin bestehen. Um die Leistungsfähigkeit des Staates ge- währleisten zu können, behielt das NS-Regime, etwa in einzelnen Be- 11 reichen des Wirtschaftssystems, schriftlich fixierte und zum Teil auch einklagbare Normen aus dem liberalen Rechtsstaat der Weimarer Re- publik bei. Das galt etwa für den Bereich der Rüstungsindustrie und ihrer Unternehmen, die auf die Vorhersehbarkeit und Regulierung staatlichen Handelns zwingend angewiesen waren. Und selbst die bru- tale Gegnerverfolgung kleidete das Regime, um sie mit bürokratischer Effizienz durchführen zu können, in scheinlegale Gewänder. So war es vor allem eine Flut von Gesetzen und Verordnungen, die Juden, politi- sche Gegner und andere Minderheiten stigmatisierten, aus dem wirt- schaftlichen und sozialen Leben ausschlossen und sie, durch die er- zwungene Emigration oder durch Ermordung, endgültig ihrer (deut- schen) Identität berauben sollten. Ernst Fraenkel hat das dadurch hervorgerufene Nebeneinander von willkürlichen Gewaltakten und normenbasiertem Handeln als Doppel- staat beschrieben. Im immer stärker ausufernden Bereich der „Geg- nerverfolgung“ ging es demnach nur um den Zweck der Bekämpfung, gegen die es für die Opfer keinerlei rechtlichen Schutz gab (Maßnah- menstaat). Und nur dort, wo der Maßnahmenstaat nicht unbedingt erforderlich war, blieben Rudimente einer liberalen Rechtsordnung bestehen (Normenstaat). Der hohe NS-Funktionär, SS Obergruppen- führer und Jurist Werner Best bezeichnete die Staatstätigkeit des „Dritten Reiches“ prinzipiell als „normfrei“, da sich Recht von „Volks- gemeinschaft“ als „höherem Prinzip“ ableite. Normen konnten nach Best nur noch gegenüber den „positiv aufbauenden Kräften des Staa- tes“, also der „rassenreinen Volksgemeinschaft“, Gültigkeit haben. Die „Gegner“ waren nach Best hingegen nach Maßgabe des Notwen- digen zu verfolgen, ohne dass es hier rechtliche Hindernisse geben dürfe. Wer als „Gegner“ im „Dritten Reich“ zu gelten hatte, definierte freilich das NS-Regime selbst. Dieses Modul setzt sich als wichtiges Element im Forum Recht mit der Pervertierung des Rechtsgedankens und den Konsequenzen für die Millionen Opfer im In- und Ausland auseinander. Es ist ein zentraler Bezugspunkt für die anderen Module im Forum Recht, da konstitutive Elemente des liberalen Rechtstaatsgedankens vor dem Hintergrund der Massenverbrechen des „Dritten Reiches“ analysiert und diskutiert werden können. Es nähert sich dem Thema auf mehreren themati- schen Pfaden. Neben besonders prägnanten Äußerungen oder Darle- gungen hochrangiger NS-Funktionäre sollen jeweils eine Verfolgungs- maßnahme, ein maßgeblicher NS-Protagonist sowie ausgewählte Ver- folgtenbiografien im Zentrum des Moduls stehen. So kann der unmit- telbare Zusammenhang zwischen Pervertierung des Rechtsstaats, NS- „Rechtsetzung“ und Gewalt gegen Minderheiten deutlich gemacht werden. Einbezogen werden soll auch die gesellschaftliche Dimension der Rechtsstaatspervertierung: die Handlungen gewöhnlicher Männer und Frauen, die als Mitglieder der „Volksgemeinschaft“ zur Beteiligung an den Unrechtsmaßnahmen aufgefordert waren. 12 Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● NS-Staat und die Verfolgung von Minderheiten: Gesetz zur „Einziehung volksfeindlichen und kommunistischen Vermö- gens“, „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamten- tums“, „Nürnberger Gesetze“, Gesetze zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz, die 11. Verordnung zum Reichsbür- gergesetz, der Schutzhaftbefehl u.ä. (in Beziehung mit den nicht rechtlich geregelten Gewaltakten, etwa Boykotten und Pogromen); große Bandbreite an verfolgten Gruppen: Juden, Sinti und Roma, homosexuelle Frauen und Männer, politisch Verfolgte etc. ● Die gesellschaftliche Dimension des Unrechts: Täter, Akteure und Profiteure (bspw. „Arisierung“ jüdischen Vermögens) ● Die Etablierung der neuen Ordnung: Ermächtigungsgesetz, Reichstagsbrandverordnung und deren Folgen ● Denker und Protagonisten der Pervertierung (bspw. Werner Best, Carl Schmitt, Heinrich Himmler – Posener Reden, Karl Larenz) ● Schleichende Pervertierung: NS-„Recht“ im Alltag der „Volks- gemeinschaft“ (bspw. Steueranpassungsgesetz von 1934 = Steuern sind nach Maßgabe der „NS-Weltanschauung“ zu ver- anlagen; Privat und Öffentlich: wie und inwieweit griff der NS- Staat in die Privatsphäre der Bürger/innen ein) ● „Recht”-Sprechung in NS Gerichten (Volksgerichtshof) und die Karrieren von NS-Juristen (bis in die Zeit nach 1945 hinein – Schnittstelle zu „furchtbare Juristen”) 13 5. Recht in der SED-Diktatur. Die DDR Der „zweite deutsche Staat”, den es neben der Bundesrepublik zwi- schen 1949 und 1990 gab und der bis auf die letzten Monate seiner Existenz von einer straffen kommunistischen Parteidiktatur der SED gelenkt wurde, verstand sich dezidiert als Gegenentwurf zur bürgerli- chen Demokratie und deren Rechtsordnung. Zwar gab sich die „Deut- sche Demokratische Republik” (DDR) erst 1968 eine sozialistische Ver- fassung, während deren Vorläuferin 1949 noch an bürgerlich- demokratische Traditionen anzuknüpfen schien. Dies war – mitsamt der in der DDR-Verfassung garantierten Grundrechte – jedoch im Kon- fliktfall wenig wert, wenn es darum ging, den politischen Willen der herrschenden Partei durchzusetzen. Gerade weil Recht in der DDR grundsätzlich nicht herrschaftsbegrenzend wirken konnte, sondern zur Durchsetzung des Gestaltungsanspruchs der herrschenden Partei in- strumentalisiert wurde, war die DDR ganz bewusst kein Rechtsstaat im westlich-demokratischen Sinne. Als hochentwickelte Industriegesellschaft konnte die Gesellschaft der DDR das Recht als Steuerungsinstrument nicht entbehren. Bezeich- nenderweise blieb das „Bürgerliche Gesetzbuch” (BGB) des Kaiserrei- ches auch in der DDR lange in Kraft, bevor es 1976 durch ein eigenes „Zivilgesetzbuch” (ZGB) ersetzt wurde. Auch das leicht modifizierte „Reichsstrafgesetzbuch” blieb in der DDR längere Zeit gültig, wobei allerdings manche Verschärfungen der NS-Zeit frühzeitig getilgt wur- den, bevor mit dem „Strafrechtsergänzungsgesetz” von 1957 größere Eingriffe erfolgten und 1968 schließlich ein gänzlich neues „Strafge- setzbuch” (StGB) der DDR verkündet wurde. Schon 1965 setzte ein eigenständiges „Familiengesetzbuch” (FGB) für die DDR innovative Akzente. Bei alledem war die Rechtsentwicklung in der DDR von einer tiefgreifenden Ambivalenz geprägt. Auf der einen Seite diente Recht der Herrschaftssicherung der SED. So zielte das „Gesetz zum Schutze des Friedens” von 1950 auf die Unter- drückung unerwünschter politischer Meinungsäußerung und Selbstor- ganisation, wobei es sich formal gegen nationalsozialistische Hetzerei- en zu richten schien. Auch Kritik an der Anerkennung der Oder-Neiße- Grenze zu Polen, die die DDR-Regierung 1950 vollzogen hatte und die in der Bundesrepublik von sämtlichen politischen Parteien außer der KPD geäußert wurde, konnte auf Basis dieses Gesetzes schwer bestraft werden. Einige Jahre später schuf die DDR-Regierung verschärfte Strafbestimmungen gegen den illegalen Grenzübertritt ihrer Bür- ger/innen nach Westdeutschland, um die diffamierend so genannte „Republikflucht” zu bekämpfen, die dem Ansehen des SED-Regimes ebenso schadete wie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der DDR. Auch das „Gesetz über die Bildung eines Ministeriums für Staatssi- cherheit” von 1950 zeigt die enge Verklammerung von Recht und Un- recht im SED-Staat. Auf der anderen Seite wurde in der DDR eine gesellschaftspolitische Rechtsentwicklung sichtbar, die häufig auf Reformdebatten der Wei- marer Arbeiterbewegung (KPD und SPD) zurückgriff und nicht selten parallelen Reformen der Bundesrepublik vorauseilte. Namentlich die Arbeits- und Sozialgesetzgebung der DDR war von sozialdemokrati- schen Reform-Traditionen geprägt. Durch das FGB wurde 1965 das Scheidungsrecht am Zerrüttungsprinzip orientiert, während die Bun- desrepublik 1961 ein scheidungsbehinderndes Schuld- und Konsens- 14 prinzip eingeführt hatte, das erst 1977 zugunsten des Zerrüttungsprin- zips wieder aufgegeben wurde. Zudem verankerte das FGB die rechtli- che Gleichstellung unehelicher Kinder, die in Westdeutschland mit dem „Nichtehelichengesetz” erst 1970 vollzogen wurde. Die Straf- rechtsreform der DDR entkriminalisierte homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen 1968 schon vor der ähnlich ausgerichteten bundesrepublikanischen Reform von 1969 und beendete die Ungleich- behandlung von Homosexuellen im Strafrecht schon 1988/89, was für den westdeutschen Teil der 1990 vereinigten Bundesrepublik erst 1994 nachvollzogen wurde. Ein anderes Beispiel ist der Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen (Reformgesetz 1972). Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Friedensschutzgesetz der DDR 1950 (Gesetzestext; Tagebuch- notiz des Volkskammerabgeordneten Victor Klemperer; Fallbei- spiel für Prozess nach diesem Gesetz) ● Familiengesetzbuch (FGB) 1965 (Einschränkung des elterlichen Erziehungsrechts durch sozialistisches Erziehungsziel; Gleich- stellung unehelicher Kinder) ● Schwangerschaftsunterbrechungsgesetz 1972 (DDR-Recht 1950 und West-§ 218 StGB; Geheimerlass 1965; Haltung der Kirchen 1965 und 1972; CDU-Abstimmungsverhalten in Volkskammer 1972; West-Reaktionen 1972ff.) ● Alltagsbeispiele (Literatur: Markovits, Gerechtigkeit in Lüritz; Behling, Die Kriminalgeschichte der DDR; Wolff, Einigkeit und Recht; Werkentin, Politische Strafjustiz in der Ära Ulbricht) 15 III. Rechtsstaat Bundesrepublik. Kernfragen der Demokratie 1. Freiheit und Sicherheit. Ein Balanceakt Die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik ist mit einem Sicherheitsversprechen des Staates gegenüber den Bür- ger/innen verbunden. Im weiteren Sinne meint dies auch soziale Absi- cherung, im engeren Sinne zuerst die Innere Sicherheit vor Kriminali- tät, Radikalismus und politisch motivierter Gewalt. „Demokratie und innere Sicherheit gehören zusammen“, formulierte Willy Brandt und folgte damit dem Konzept der „wehrhaften Demokratie“, die, anders als die als „schwach“ wahrgenommene Weimarer Republik, den frei- heitlichen Rechtsstaat sicherte und verteidigte. Die Geschichte der Bundesrepublik durchzieht eine Kette an exekutiven, legislativen und judikativen Maßnahmen zum Republikschutz, der sich seit 1949 zu- nächst vor allem auf die Abwehr der „kommunistischen Gefahr” rich- tete und in den 1960er Jahren zu teilweise heftigen Diskussionen um das Notstandsrecht führte, bevor dann Anfang der 1970er Jahre der Kampf gegen Terrorismus in den Mittelpunkt der staatlichen Sicher- heitsarchitektur rückte. Ausbau und Modernisierung der Strafverfol- gungsbehörden, Parteienverbote und Einstellungsverbote für „Radika- le“, Prozesse gegen linke wie rechte Extremisten und Terroristen, Son- dergesetze gegen den Terrorismus, Änderungen von Strafrecht und Strafprozessrecht, Eingriffe in den Datenschutz – in solchen Maßnah- men und ihrer Kritik spiegelt sich bis heute das Dilemma der engen Verknüpfung von Freiheit und Sicherheit: Wie lässt sich der liberale Rechtsstaat westlicher Prägung wirksam schützen, ohne die Grund- rechte und damit das, was seinen Kern ausmacht, anzutasten und zu gefährden? Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Verbotsverfahren SRP (1952) und KPD (1956); Vergleich mit dem gescheiterten Verbotsverfahren gegen die NPD (2017) ● Debatte um Notstandsgesetzgebung: Demonstrationen, Bun- destagsdebatten etc. ● Radikalenerlass (1972) und Kritik aus Politik, Recht und Gesell- schaft ● „Terroristengesetze“ gegen die RAF: Beispiel Kontaktsperrege- setz (1977) ● Ausbau der Polizei, besonders des Bundeskriminalamts, in den 1970er und 1980er Jahren und öffentliche Gegenbewegung ge- gen den „Überwachungsstaat“ ● „Terroristengesetze“ zur Inneren Sicherheit nach 9/11 und Ur- teile des Bundesverfassungsgerichts: Beispiele Luftsicherheits- gesetz (2006) und Vorratsdatenspeicherung (2007) ● Aktuelle Debatten um Verfassungsschutz: Reform des Verfas- sungsschutzes, gemeinsames Terrorabwehrzentrum, NSA- Affäre etc. ● Auszug aus Thomas Fischer (Bundesrichter a.D.), Sicherheit und Sinn, in: Die Zeit Nr. 26 v. 22.6.2017 16 2. Die Ordnung der Wirtschaft durch Recht Die Soziale Marktwirtschaft gehört zu den Fundamenten, auf denen die zweite deutsche Demokratie errichtet wurde. Dieses wirtschafts- und gesellschaftspolitische Konzept, das von der ordoliberalen Frei- burger Schule in Auseinandersetzung mit den Totalitarismen in den 1930er und 1940er Jahren entwickelt worden war, fußt auf dem Prin- zip der Ordnungspolitik. Dem Staat wird zur Aufgabe gemacht, zum einen eine funktionierende Rechtsordnung zu strukturieren, innerhalb derer sich wirtschaftliche Tätigkeit entfalten kann. Auf der anderen Seite hat der Staat den freien und fairen wirtschaftlichen Wettbewerb zu sichern – und damit zugleich das demokratische Prinzip individueller Freiheit zu schützen. Dem kommt er mittels Rechtsetzung nach. Die Ordnung der Wirtschaft wird in der Bundesrepublik über das Recht gewährleistet. Die demokratietheoretische Bedeutung des Wirtschaftsrechts wird in diesem Modul zunächst am Beispiel der Kartellgesetzgebung aufge- zeigt. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das auch als „Grundgesetz der Sozialen Marktwirtschaft“ bezeichnet wird, wurde 1957 unter der Ägide des Bundeswirtschaftsministers Ludwig Erhard verabschiedet. Über die Vorgeschichte des Gesetzes sowie die hitzigen Debatten, die ihm vorangingen, lässt sich der Einfluss alliierter Besat- zungspolitik, die Bedeutung des warnenden Beispiels der Weimar Re- publik und des NS-Regimes für die frühe Bundesrepublik sowie die Rolle, die dem Recht in der Sozialen Marktwirtschaft zuerkannt wurde, aufzeigen. Die jüngst erfolgte Übernahme von Tengelmann durch Ede- ka macht die aktuelle Bedeutung des Wettbewerbsrechts anschaulich. Dies aktuelle Beispiel lässt sich durch die Darstellung der wichtigsten Stationen der Kartellgesetzgebung in die historische Perspektive set- zen. Dabei wird der Grundkonflikt der Ordnungspolitik, nämlich das Verhältnis zwischen Freiheit und Ordnung sowie jenes zwischen Staatsintervention und Ordnung durch das Recht, aufgezeigt. Vier weitere Beispiele vertiefen diese Perspektiven: 1. Handelsrecht: Wer ist ein Kaufmann? Was ist ein Unterneh- men? An der multimedialen Darstellung der Definition des Kauf- manns im Handelsrecht und des historischen Wegs vom Kauf- mann zum Unternehmer sowie der unterschiedlichen Rechts- formen des Unternehmensrechts (Aktiengesellschaft, GmbH, KG, OHG etc.) und ihrer historischen Entwicklung wird die Komplexität der Regelungen sowie die Differenz zwischen All- tags- und Rechtssprache verdeutlicht. 2. Gewerblicher Rechtsschutz: Markenrecht Über die ubiquitäre Verbreitung von Marken im Alltag der Kon- sumgesellschaft wird das Markenrecht aufgeschlossen. Dabei wird einerseits das Verfahren zur Eintragung einer Marke (Markenschutz) dargestellt, andererseits werden bekannte Ver- fahren und Entscheidungen erläutert: 1) Haribo gegen Lindt & Sprüngli: Gummibär „Goldbär“ vs. Schokoladenbär „Teddy“; 2) Sparkasse gegen Santander: Rot; 3) Puma gegen Thomas Horn: springender Puma vs. springender Pudel. 17 3. Wirtschaftsstrafrecht Der Bedeutungsgewinn sowie die Konkretisierung des Wirt- schaftsstrafrechts gehört zu den wichtigsten rechtshistorischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte. Dabei spielen Prozesse eine wichtige Rolle. Dementsprechend wird an dem Beispiel ei- nes großen Prozesses, des Mannesmann-Prozesses, 2004-2006, zum einen die rechtliche wie politische Problematik entfaltet, die mit der Verfolgung von schwer zu greifenden und zu bewei- senden Straftatbeständen im Wirtschaftsrecht einhergeht, und zum anderen die Medialisierung und Popularisierung der Rechtsprechung kritisch beleuchtet. Als Ausblick dient die ak- tuelle Diskussion über die Strafbarkeit von Unternehmen, die zudem auf die internationale Bedeutung des Themas hinweist. 4. Steuerrecht Das deutsche Steuerrecht ist in der Spezifik und Komplexität seiner Bestimmungen einzigartig. In ihm drücken sich das Stre- ben nach Gerechtigkeit und Ordnung so plastisch aus wie in kaum einem anderen Rechtsbereich. Zugleich offenbart es die Gefahren staatlicher Überregulierung, der Entfremdung der Bürger/innen vom Staat und der Nutzung von komplexitätsbe- dingten „Steuerschlupflöchern” durch findige Steuerpflichtige. Am jüngsten Beispiel von Cum-Ex-Geschäften, von prominen- ten Prozessen wegen Steuerflucht und der Debatte um die Erb- schaftssteuerreform wird das Thema entfaltet. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Wand mit einer Fülle von Markenlogos; multimediale Darstel- lung der Markenschutz-Prozesse ● Multimediale Station: Wer ist ein Kaufmann? Was ist ein Un- ternehmen? ● Mannesmann-Prozess: Einführung der Verfahrensbeteiligten und ihrer Hintergründe über Personenstationen; Pressebe- richterstattung; ikonische Bilder aus dem Prozess; Darstellung des gesamten Verfahrens in einem Schaubild ● Soziale Marktwirtschaft und Kartellgesetzgebung: Filmstatio- nen (Bundestagsdebatten) und Hörstationen (Radiobeiträge); Darstellung der gegensätzlichen Positionen über paradigmati- sche Zitate ● Tengelmann-Fall: Einkaufswagen mit Lebensmitteln im Zent- rum; Markenlogos usw. ● Steuerrecht: Friedrich Merz’ Bierdeckel; Cum-Ex-Geschäfte: Grafik; Schweizer Daten-CDs 3. Rechtsstaat und soziale Gerechtigkeit Wie kann soziale Gerechtigkeit realisiert werden? Die Gründerväter und -mütter der zweiten Demokratie versprachen den neuen Bundes- bürger/innen nicht allein Freiheit, sondern auch soziale Sicherheit und Gerechtigkeit. So erhielt insbesondere das sich ausbildende Sozial- und Arbeitsrecht eine wichtige demokratiestabilisierende Funktion und 18 wurde mit dem gesellschaftspolitischen Anspruch bundesrepublikani- scher Politik verknüpft. Der Ausbau des Sozialstaats als „sozialer Rechtsstaat“ im Sinne des Grundgesetzes (Sozialstaatsprinzip Art. 20 und 28 GG) kennzeichnet die Geschichte der Bundesrepublik. In dem Begriff kristallisiert sich das sozialpolitische Versprechen der Bundesrepublik. Deren Geschichte ist durchzogen von der Diskussion, wie soziale Gerechtigkeit tatsächlich zu realisieren ist, wie ein Ausgleich von Freiheit und Gerechtigkeit ge- funden werden kann, und gleichermaßen von der Kritik an einem Zu- viel sozialstaatlicher Intervention, zumal vor dem Hintergrund des Sys- temkonflikts mit der DDR. Mit dem Ausbau des Sozialstaats und der Verrechtlichung der Leis- tungsverwaltung etablierte sich seit den 1950er Jahren das Sozialrecht als Teilbereich des öffentlichen Rechts, welches das Verhältnis zwi- schen Bürger/in und Staat im Bereich der Sozialverwaltung regelt. Um Gerechtigkeit in der Wirtschaft (Befriedungsfunktion) und um den Schutz des Arbeitnehmers (Schutzfunktion) kreist das Arbeitsrecht. Der obligatorische Einsatz ehrenamtlicher Richter an Sozial- wie Ar- beitsgerichten unterstreicht die Bedeutung des Sozial- und Arbeits- rechts für das Selbstverständnis der bundesrepublikanischen Gesell- schaft. Ein erster Bereich dieses Moduls verdeutlicht die Bedeutung des Sozial- und Arbeitsrechts für die Legitimation der Bundesrepublik (1), fokussierend auf die Debatten um: ● Rentenreform 1957 ● Arbeitsförderungsgesetz 1969 ● Hartz-Reformen 2003-2006 Vier weitere Bereiche dienen der Vertiefung: Das Verhältnis der Bürger/innen zum Staat wurde im Sozialrecht im Laufe der 1950er Jahre in entscheidender Weise neu definiert. Erst durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wurden dem Einzelnen im Bereich der Leistungsverwaltung einklagbare Rechte zugesprochen. Die Subjektivierung des Verhältnisses von Bürger und Staat (2) (Otto Bachof) markierte das Ende des Untertanenverhältnis- ses in der Leistungsverwaltung, es lag am Grunde des Sozialrechts und der Sozialgerichtsbarkeit. Diese Entwicklung wird am Beispiel wegwei- sender historischer Urteile sowie unter Darstellung der aktuellen Tä- tigkeit der Sozialgerichte verdeutlicht. Am Beispiel des Fürsorgerechts (3) wird die Entwicklung des Rechts auf soziale Teilhabe diskutiert und an ausgewählten Biografien er- schlossen. Erst das Bundessozialhilfegesetz 1962 ersetzte das aus ar- menpolizeilichen Begründungszusammenhängen stammende Konzept der „Fürsorge” durch das der „Sozialhilfe” und etablierte einen ein- klagbaren Anspruch auf Leistungen. Zugleich wurde die gegenseitige Bezogenheit von bürgerlichen und sozialen Rechten verankert, aus denen das Recht auf soziale Teilhabe abgeleitet wurde. Mit der Aus- weitung von Leistungen und Zugangsberechtigung in den 1970er Jah- ren entwickelte sich die Sozialhilfe zu einem umfassenden System der Daseinssicherung, das seither zu einer steten Expansion sozialstaatli- cher Instrumente geführt hat. An diesem Beispiel kann die Frage nach den Grenzen des Sozialstaats und damit des Rechts auf soziale Teilha- be diskutiert werden, wofür sich die Zusammenlegung von Arbeitslo- sen- und Sozialhilfe mitsamt der Bindung der Anspruchsberechtigung an die Erbringung von Leistungen in der Hartz IV-Reform anbietet. 19 Die hitzige Debatte um die betriebliche wie unternehmerische Mitbe- stimmung (4) von Arbeitnehmer/innen der 1960er und 1970er Jahre, die schließlich in die Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 (Neufassung des Gesetzes von 1952) und das Mitbestimmungs- gesetz 1976 mündete, illustriert die Bedeutung der Arbeitsverfassung für die Geschichte der Bundesrepublik. An ihrem Beispiel wird sowohl die Entwicklung des kollektiven Arbeitsrechts wie des Gesellschafts- rechts deutlich. Es gewährt zudem einen Blick in eine Zeit, als Arbeit- nehmer-Arbeitgeber-Konflikte vor dem Hintergrund von Klassenmo- dellen als Auseinandersetzungen zwischen „Kapital” und „Arbeit” ge- sehen wurden und den Gewerkschaften als organisierte Vertretung von Arbeitnehmerinteressen eine weit höhere Bedeutung zukam, als dies in der Gegenwart der Fall ist. Am historischen Wandel der Arbeitszeitregime (5) wird das individuel- le Arbeitsrecht illustriert. Geregelt bis 1994 in der Arbeitszeitordnung, dann im Arbeitsgesetz, strukturiert die Arbeitszeitregelung die Zeit- ordnung, innerhalb derer sich das Leben von Millionen von Arbeit- nehmer/innen abspielt. Während die gesetzliche Regelung einen Rah- men definiert, war und ist Zeitpolitik stets auch ein wichtiges Element in tarifvertraglichen Übereinkommen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Dabei setzte sich seit den 1980er Jahren ein Flexibilisie- rungsparadigma durch, das Arbeitszeitregime individualisierte (Gleit- zeit, Teilzeit, Arbeitszeitkonten usw.), damit zunehmend der gewerk- schaftlichen Verhandlungsmasse entzog und dabei einerseits als emanzipatorisches Projekt daherkam, andererseits die unternehmeri- sche Verfügungsgewalt über den Arbeitnehmer verstärkte (neue For- men der Zeitmessung und -kontrolle, Arbeitsverhältnisse auf Abruf usw.). An seinem Beispiel lassen sich die Ambivalenz von Individuali- sierung und Flexibilisierung sowie die Wirkungen der Digitalisierung in der Arbeitswelt aufzeigen ‒ ein brandaktuelles Thema. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Stechuhr, digitale Arbeitszeiterfassungssysteme usw. ● Schaumodelle zur Stimmverteilung in Aufsichtsräten; aktuelle Beispiele aus Unternehmen ● Betriebsverfassungsgesetz 1976 ● Filmstationen: Ausschnitte aus entscheidenden Bundestagsde- batten; Originalaufnahmen von Arbeitskämpfen (z.B. Ausei- nandersetzungen um 35-Stunden-Woche, 1984) ● Plakate der Gewerkschaften („Samstags gehört Vati mir”, DGB, 1956, usw.) ● Hörstationen: Interviews mit ehrenamtlichen Richtern an Sozi- al- und Arbeitsgerichten ● Entscheidende Passagen aus Urteilen des Bundesverwaltungs- gerichts zur Definition staatsbürgerlicher Rechte bzgl. sozial- staatlicher Unterstützung ● Multimediale, interaktive Stationen zur Erschließung der ein- zelnen inhaltlichen Schwerpunkte 20 4. Das Erbe der Diktaturen. Erfahrungen und Aufarbeitung Die Nachwirkungen der nationalsozialistischen Diktatur beeinflussen bis heute unser politisches und gesellschaftliches Leben. Das Grundge- setz der Bundesrepublik Deutschland ist eine unmittelbare Reaktion auf das totalitäre Regime: Die Formulierung und Festigung individuel- ler und fundamentaler Freiheitsrechte war eine unmittelbare Antwort auf den NS-Unterdrückungsapparat, der eben diese Rechte negierte und die Verfolgung von Minderheiten aus rassischen, politischen und religiösen Gründen zum Staatsziel erhob. In vielfältiger Weise prägen die Erfahrungen mit der Pervertierung von Recht im Unrechtsstaat daher auch aktuell Debatten in Politik und Gesellschaft. Dazu gehören etwa Diskussionen über die Verwendung verfassungsfeindlicher Sym- bole (§ 86 a und b StGB), das NPD-Verbotsverfahren, ausgesprochen kontrovers erörterte Themen wie der sogenannte große Lauschangriff oder die Restitution von verfolgungsbedingt entzogenen Kunst- und Kulturgütern, die in den größeren Kontext der Rückerstattung und Entschädigung von nationalsozialistischem Unrecht (Wiedergutma- chung) einzuordnen ist. Stets vergangenheitspolitisch beeinflusst sind Debatten um die Zentralisierung polizeilicher Aufgaben, etwa zur ver- besserten Terrorismusbekämpfung. Das Thema „Recht im ‚Unrechtsstaat‘“ verweist daher auf die funda- mentale Bedeutung historischer Erfahrungen für unsere heutige Rechtsauffassung und Verfassung. Es verweist zudem auf den ausge- sprochen dynamischen Charakter von Recht, als Resultat von kritischer Diskussion, Definition, Verhandlung und Anpassungsleistungen. Auch hierbei geht es – in einer stark politisierten historischen Dimension – um Recht und Freiheit, Recht und Ordnung, Recht und Gerechtigkeit. Eine der zentralen Arenen, in der in der Bundesrepublik Deutschland über die Unrechtsstaaten auf deutschem Boden verhandelt wird, ist der Gerichtssaal. In dieser Funktion sind Sitzungsräume zu zentralen Orten bundesdeutscher und internationaler Erinnerungskultur avan- ciert. In zahlreichen Verfahren wurde und wird versucht, das diktatori- sche Unrecht mit den Mitteln der Justiz zu bewältigen. Bis heute sind diese Sitzungsräume gleichzeitig Orte der Vergangenheitsverhandlung und Orte, in denen selbst Geschichte geschrieben wird. Die tragende Rolle dieser Verfahren im erinnerungskulturellen Kon- text erklärt sich durch ihre Funktion als Projektionsflächen für den liberalen Rechtsstaat. Als Foren des Rechts sollen sie die formalrecht- lich verbrämte Unrechtsherrschaft der Diktaturen kontrastieren und wissen sich dem Sühnegedanken für begangene Taten verpflichtet. Die Geschichte der Vergangenheit vor Gericht zeigt allerdings auch die enge Verflechtung juristischer Aufarbeitungsversuche mit politischen und gesellschaftlichen Formen der Geschichtsverarbeitung. Gerade die vergleichsweise geringe Zahl entsprechender Verfahren nach 1949 und nach 1990 stößt bis heute auf harsche Kritik. Unverständnis ruft häufig die Notwendigkeit des individuellen Schuldnachweises hervor, die mit gängigen Gerechtigkeitsvorstellungen nur schwer in Einklang zu brin- gen ist. Insofern ist die Geschichte der NS-Prozesse immer auch die Geschichte der Schwierigkeiten ihrer juristischen und gesellschaftspolitischen Durchsetzung und reflektiert dem Rechtsstaat immanente Spannungs- 21 verhältnisse. Dies kann an prominenten Beispielen wie dem Ulmer Einsatzgruppenprozess 1958 oder den drei Frankfurter Auschwitz- Prozessen von 1963 bis 1968 demonstriert werden. Für die Aufarbei- tung der SED-Diktatur bieten sich vergleichbare Prozesse zu Mauer- schützen und Schießbefehl an. Wichtig ist auch die 1958 erfolgte Einrichtung der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen” in Ludwigsburg, die mit zehn Staatsanwälten begann, zehn Jahre später bereits 121 Mitarbeiter beschäftigte. Fragen der schwierigen Abwägung und Gewichtung verschiedener Rechtsgüter und Rechtssätze mit Bezug zur Diktaturerfahrung können anhand verschiedener Schnittstellen von Rechtsdiskursen aufgewor- fen, im historischen Kontext verortet und auf dieser Grundlage erör- tert werden. Das Modul fokussiert zudem auf aktuelle Prozesse mit Vergangenheitsbezug. Ausgehend von diesen Verhandlungen im Zent- rum der Sektion werden historische Prozesse in der Bundesrepublik und der DDR dargestellt, die die Charakteristika der (und Debatten über die) gegenwärtigen Prozesse erklären können. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland: Lernen aus Diktaturerfahrung (Grundsätze – Bezug zu „Staat und Gesell- schaft I”) ● Abwägungssache: Sicherheit versus Persönlichkeitsrechte („großer Lauschangriff“, damit Bezug zu Thema „Freiheit und Sicherheit“, „Staat und Gesellschaft I”) ● Abwägungssache: Wehrhafte Demokratie versus Freiheitsrech- te (NPD Verbotsverfahren, § 86 a und b StGB, Verbot von „Mein Kampf“, damit: Bezug zu Thema „Freiheit und Sicher- heit“) ● Abwägungssache: Strafrecht, Sühne und Wiedergutmachung versus Integration, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit ● Aus Opfern werden Berechtigte: Restitution und Entschädi- gung; vergessene Opfer; die späte Wiedergutmachung von Ver- folgtengruppen; zweite Verfolgung: BGH Urteile und verweiger- te Wiedergutmachung gegenüber Sinti und Roma ● Aburteilung oder Wiedereingliederung: zum Umgang mit Tä- tern und Verbrechen ● Demjanjuk und Hanning: Verjährungsdebatte ● Erinnerungsort Gerichtssaal: Nürnberg; Frankfurter Auschwitz- prozess ● Die Mauerschützenprozesse: BGHSt 39 und 41 (Frage des Rückwirkungsverbots) ● Richter und Rechtsbeugung: Das BGH Urteil vom 15. September 1995; wann wird aus formalem Recht erkennbares Unrecht? ● Exponatvorschläge: z.B. Auszüge aus dem NPD-Urteil des BVerfG, NS-Symbole, die illegal verwendet wurden (Bestand Ainring IfZ), (kommentierte) Ausgabe von „Mein Kampf); Einzel- fall(akte) zu Restitution und Entschädigung mit biographischen 22 Erläuterungen bezüglich Anspruchsteller, Pflichtigen und zu- ständigen Beamten und Richtern; Faksimile, audiovisuelle Er- klärungen und Kommentare; interaktive Stationen, in denen Leitsätze aufgerufen und dann erläutert werden können; Nürn- berg: Kopfhörer von Hermann Göring, Bestand USHMM; Auschwitzprozess 5. „Furchtbare Juristen“. Die nationalsozialistische Belastung der Justiz Am Wiederaufbau des demokratischen Rechtsstaats nach 1945 betei- ligten sich Tausende Juristen in Justiz und Verwaltung, die durch die Mitwirkung am NS-Unrechtsstaat belastet waren. Die Kehrseite dieser Integrationsleistung war, neben den fragwürdigen personellen (und teilweise auch sachlichen) Kontinuitäten, ein weitgehender Verzicht auf die Strafverfolgung und Aufarbeitung von justiziellen NS- Verbrechen in der Bundesrepublik. Nach dem amerikanischen Mili- tärtribunal in Nürnberg gegen führende NS-Juristen (1947) wurden in Westdeutschland so gut wie keine Richter und Staatsanwälte für ihre Tätigkeit im Dritten Reich verurteilt (einzige Ausnahme: der Jurist und RSHA-Mitarbeiter Walter Huppenkothen; vgl. dazu das heute scharf kritisierte Urteil des BGH von 1956; vgl. auch den Prozess gegen den ehemaligen Richter am Volksgerichtshof Hans-Joachim Rehse, der in erster Instanz 1967 wegen Beihilfe zum Mord zu einer Zuchthausstrafe verurteilt, im Revisionsverfahren jedoch 1968 freigesprochen wurde). In der SBZ/DDR hingegen wurden 130 Juristen 1950 in den berüchtig- ten „Waldheimer Prozessen” ohne angemessene Verteidigung und mit politisch festgelegten Urteilen abgeurteilt. Die Richter dieser Schauprozesse wurden nach 1990 ihrerseits von der bundesdeutschen Justiz vor Gericht gestellt. Schon in den 1950er und 1960er Jahren wurde der Umgang mit dem Erbe der NS-Justiz und die personelle Kontinuität im Justizwesen wie- derholt öffentlich thematisiert, etwa in der „Blutrichter-Kampagne” (seit 1957) und den „Braunbüchern” der DDR, dem erfolgreichen Kino- film „Rosen für den Staatsanwalt” (1959) oder der Wanderausstellung „Ungesühnte Nazijustiz” des SDS-Aktivisten Reinhard Strecker (1959- 1962). Konkrete Folgen für das Rechtswesen blieben allerdings aus. Größere Publizität bekam das Thema 1978 durch die Affäre um den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und ehemaligen Mari- nerichter Hans Filbinger (CDU), der vom Schriftsteller Rolf Hochhuth als „furchtbarer Jurist“ bezeichnet wurde und sich selbst mit dem seit- her geflügelten Wort zu verteidigen suchte: „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.” Nach der Pionierstudie von Ingo Mül- ler (1987) förderte schließlich auch das Bundesjustizministerium die (freilich späte) Aufklärung über die Justiz im Nationalsozialismus und die Karrieren der Täter nach 1945 (Wanderausstellung seit 1989, Ro- senburg-Projekt seit 2012). Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Beispiele für NS-Unrechtsjustiz und personelle Kontinuität, et- wa: Josef Schafheutle, vor 1945 im Reichsjustizministerium (zu- ständig für politisches Strafrecht) und Landgerichtsdirektor (Karlsruhe), nach 1949 als Ministerialdirektor Leiter der Abtei- 23 lung II (Strafrecht) im BMJ; Eduard Dreher, vor 1945 Erster Staatsanwalt am Sondergericht Innsbruck, nach 1949 Ministe- rialdirigent im BMJ; Theodor Maunz, vor 1945 NSDAP-Mitglied und Rechtsprofessor in Freiburg i.Br., nach 1949 einer der füh- renden Verfassungsrechtler der Bundesrepublik; Karl Larenz, einflussreicher Theoretiker des Zivilrechts sowohl im NS-Staat als auch in der Bundesrepublik. ● Eröffnungserklärung Telford Taylors im Nürnberger Juristen- prozess, 5. März 1947: Die Angeklagten hätten den „deutschen Tempel des Rechts“ entweiht und Deutschland der Diktatur ausgeliefert, „mit allen ihren Methoden des Terrors und ihrer zynischen und offenen Verweigerung der Herrschaft des Rechts“. (Bild/Ton) ● Waldheimer DDR-Schauprozesse auch gegen NS-Juristen 1950: teilweise berechtigte Anklagen, jedoch keine Rechtsstaatlich- keit des Verfahrens. ● Verfahren gegen die SS-Juristen Thorbeck und Huppenkothen: 1955 Verurteilung durch Landgericht Augsburg wegen Beihilfe zum Mord, 1956 Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs: Frei- spruch für Thorbeck. (Fotos, Presse) ● Beispiele für Kritik in den 1950er und 1960er Jahren: DDR- Broschüre „Gestern Hitlers Blutrichter – Heute Bonner Justiz- Elite” (1957), Braunbuch-Kampagne der DDR, Kinofilm „Rosen für den Staatsanwalt” (1959, Wolfgang Staudte), Wanderaus- stellung „Ungesühnte Nazijustiz” (1959-1962, Reinhard Stre- cker). ● Filbinger-Affäre 1978 (Bild, Ton, Printmedien). ● Auslage wichtiger „Aufarbeitungsbücher“: Rüthers, Die unbe- grenzte Auslegung (1968); Müller, Furchtbare Juristen (1987); Gruchmann, Justiz im Dritten Reich 1933-1940 (1988); Ausstel- lungskatalog „Im Namen des Deutschen Volkes – Justiz und Na- tionalsozialismus“ (1989); Görtemaker/Safferling, Die Akte Ro- senburg (2016). Dazu: öffentliche Wahrnehmung dieser Projek- te (Bild, Ton, Printmedien). ● Aktuelle filmische Schlaglichter: „Im Labyrinth des Schweigens” (2014); „Der Staat gegen Fritz Bauer” (2015); „Die Akte Gene- ral” (2016); „Landgericht” (2017) – sämtlich auch zur Thematik der personellen NS-Kontinuitäten in der Justiz der Bundesre- publik. 6. Inländer und Ausländer. Wer ist deutscher Staatsbürger? Wer ist deutscher Staatsbürger? Der Rechtsstaat regelt Zugehörigkeit und definiert die Kriterien für Staatsbürgerschaft. Diese wurden und werden immer wieder neu verhandelt – und zwar vor allem immer dann, wenn Menschen in großen Zahlen aus dem Ausland zuwandern und die deutsche Gesellschaft mit deren Anfragen nach rechtlicher Gleichstellung konfrontiert wird. Das Modul erzählt entlang exemplari- scher Biografien und aus der Perspektive der Betroffenen die Entwick- lung des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts sowie der anderer Sta- tusdefinitionen hin zu einem System gestufter Zugehörigkeit. Die gro- ßen Wanderungsbewegungen seit 1945 geben der Erzählung Struktur und erschließen die historische Dimension der aktuellen Debatte. 24 Mit der ersten großen Wanderungsbewegung war die Bundesrepublik zum Zeitpunkt ihrer Entstehung konfrontiert: Die Integration der soge- nannten Vertriebenen war eine der großen Aufgaben, die sich der jun- gen Republik stellte. Das Bundesvertriebenengesetz regelte 1953 die Staatsangehörigkeitsfrage: Es ging vom Abstammungsprinzip aus und integrierte völkische Interpretamente des NS-Regimes. Sie schliffen sich nur langsam ab, das ius sanguinis hingegen blieb in seiner auf das Reichsbürgergesetz von 1913 zurückgehenden Form bis zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 bestehen. Die zweite Wanderungsbewegung, die eine Debatte um die Zugehörig- keit anstieß, war die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte in den 1950er und 1960er Jahren. Im Ausländergesetz von 1965 wurde ihr Aufenthalt in der Bundesrepublik geregelt, wobei die Hürden für eine Einbürgerung hoch angesetzt waren. Der Anwerbestopp 1973 und die Regelung des Familiennachzuges veränderten die Situation der Einge- wanderten grundsätzlich. Das Modul thematisiert die Folgen für die bundesrepublikanische Gesellschaft, in der die Integration der „Gast- arbeiter“ beiderseits zunächst nicht gewollt war und daher auch in vielen Fällen nicht gelang. Die dritte große Wanderungsbewegung erfolgte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in den 1990er Jahren. Sie wurde geprägt von soge- nannten „Spätaussiedlern”, Asylbewerbern aus afrikanischen Staaten sowie jugoslawischen Bürgerkriegsflüchtlingen und stieß eine ambiva- lente Entwicklung des Rechts an: zum einen eine exkludierende, zu- wanderungsbegrenzende Reihe von Rechtsänderungen, zum anderen eine inkludierende integrationspolitische Debatte über die Grundsätze des Staatsangehörigkeitsrechts, die schließlich in das große Reformge- setz des Jahres 2000 floss. Es führte nach heftigen politischen Ausei- nandersetzungen – allerdings in einem engen Rahmen – die doppelte Staatsbürgerschaft ein. Eine bedeutende Veränderungsdynamik setzte zudem die europäische Integration frei. Mit der im Vertrag von Maastricht (1992) definierten Unionsbürgerschaft sind Zuwanderungs- und Partizipationsrechte ver- bunden, die in den Mitgliedstaaten geltend gemacht werden können. Deutlichen Ausdruck findet die Unionsbürgerschaft im kommunalen Wahlrecht sowie im Sozialrecht. Die aktuelle Zuwanderungswelle wird in Kapitel VII.3 in ihren interna- tionalen Zusammenhängen ausführlich dargestellt; hier wird nur da- rauf verwiesen. Der Ausgang der erneuten Debatte über das Staatsan- gehörigkeitsrecht ist offen. Darstellungsform: Exemplarische Biografien ● durch den Zweiten Weltkrieg und NS-Regime ausgelöste Wanderungsbewegungen: Vertriebene aus Gebieten des Rei- ches in den Grenzen von 1937; Vertriebene, die als „Volksdeut- sche” klassifiziert wurden; „displaced persons” (NS- Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge, aber auch frühere NS- Kollaborateure aus Osteuropa), die über das Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (1951) zwar gegenüber anderen Ausländern über einen privilegierten Status verfügten, aber nicht automatisch die Staatsangehörig- keit erhielten und gegenüber Vertriebenen diskriminiert wur- den 25 ● „Gastarbeiter”: „Gastarbeiter” aus verschiedenen Ländern und ihre Familiengeschichten (Italien, Spanien, Türkei); Angehörige der zweiten und dritten Generation ● „Aussiedler”, afrikanische Asylbewerber und Bürgerkriegs- flüchtlinge; „Aussiedler” aus der Ukraine und Russland; Bürger- kriegsflüchtlinge aus Bosnien und Kroatien; Asylbewerber aus Mali (2. Tuareg-Rebellion, 1990-1995) und Eritrea (Unabhän- gigkeit 1993, Krieg gegen Äthiopien, 1998-2000) ● Zuwanderung von EU-Bürgern: junger Südeuropäer im MobiPro-Programm; EU-Bürger aus Rumänien; europäische Ehen Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Passdokumente, Asylbescheid, Bescheid über Flüchtlingsstatus oder Duldung, Staatsangehörigkeitsausweis usw. ● Hörstationen mit Interviews ● Symbole für Flucht, Vertreibung usw.: Koffer, Leiterwagen, Plastiktüte usw.; zeitgenössische Hörfunk-Dokumente (Radio- reportagen, Interviews) ● zentrale Paragrafen aus Staatsangehörigkeitsgesetz (Bsp. §10), um die Sprache des Rechts zu verdeutlichen ● Nachbau einer Behörden-Szenerie: Wie und wo wird über die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden? 7. Kampf um Gleichheit. Recht und Geschlecht Geschlechterverhältnisse wurden auf vielfältige Weise durch den Rechtsstaat beeinflusst – sie wurden durch das Recht entweder ze- mentiert oder aber durch neue Gesetze oder gerichtliche Entscheidun- gen aufgebrochen. Dabei werden Spannungen zwischen Ordnung und Freiheit sichtbar – konkret: zwischen der jeweils etablierten Ge- schlechter-Ordnung und der Freiheit privater Akteure, selbst nach ei- genen Vorlieben entscheiden zu können. Dazu kommt mit dem Thema Jugendschutz im Sexualstrafrecht oder bei zivilrechtlichen Anordnun- gen gegen häusliche Gewalt auch das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit als Schutz vor Gewalt. Das Spannungsverhältnis zwischen Recht und Gerechtigkeit spielt bei Rehabilitierungsfragen zur Wiedergutmachung von in früheren Geschlechterordnungen erlittenen Strafen eine Rolle, die – wie die Strafbarkeit schwuler Sexualität – da- mals als rechtens, aber heute als rechtsstaatlich praktiziertes Unrecht bewertet werden. Das Grundgesetz legte die Gleichberechtigung von Männern und Frauen als Grundrecht fest (ähnlich wie die erste Verfassung der DDR), doch was unter dieser „Gleichberechtigung” konkret zu verstehen war, blieb Sache gesellschaftlicher, politischer und damit auch rechtspoliti- scher Aushandlungsprozesse von denkbar großer inhaltlicher Spann- breite. In der DDR ging es zunächst primär um die Steigerung der weib- lichen Erwerbstätigkeit, die hingegen in der frühen Bundesrepublik politisch nicht erwünscht war. Noch bis 1989/90 zeichneten sich beide deutsche Staaten durch stark unterschiedliche Frauenerwerbsquoten aus; im internationalen Vergleich liegt die Quote bis heute niedrig. In 26 der Bundesrepublik entschied der Gesetzgeber erst 1957 für ein erstes begrenztes Gleichberechtigungsgesetz, das den Gleichberechtigungs- grundsatz des Grundgesetzes erstmals konkretisierte; nicht vor 1977 wurde das gleichberechtigte Partnerschaftsprinzip in der Ehe durch- gesetzt und das 1961 durch das Verschuldensprinzip verschärfte Scheidungsrecht wieder auf das Zerrüttungsprinzip zurückgeführt, was im Familiengesetzbuch der DDR schon 1965 geschehen war. Verände- rungen hat hier vielfach das Bundesverfassungsgericht erzwingen müs- sen. Großen Einfluss auf den Wandel von Geschlechterrollen hatte eben diese Entwicklung des Ehe- und Familienrechts (Verhältnis der Ehe- gatten, Arbeitsrecht der Ehefrau, Scheidungs- und Unterhaltsrecht). Nur an Frauen gerichtete Bestimmungen im Arbeits- und Arbeits- schutzrecht, die auf Reproduktionsfähigkeit und Mutterschaft Rück- sicht nahmen, wurden erst in jüngster Zeit – und wiederum aufgrund verfassungsgerichtlicher Entscheidung – durch differenzierte Regelun- gen ersetzt, um Diskriminierung zu verhindern. Im frühen 20. Jahrhun- dert spielte die Erkämpfung politischer Partizipationsrechte für Frauen eine zentrale Rolle (Wahlrecht 1919), im späten 20. Jahrhundert ging es vor allem um die Durchsetzung gesellschaftlicher Emanzipation, ggf. auch durch frauenspezifische Förderregeln (die sogenannte „Quo- te“ oder auch Frauenbeauftragte). Eine wichtige, auch symbolpolitische Rolle spielten Konflikte um das den Schwangerschaftsabbruch (Abtreibung) betreffende Strafrecht (§ 218 StGB): Während dieses in beiden deutschen Staaten restriktive Strafrecht 1972 in der DDR einer Fristenlösung wich, die die Entschei- dung innerhalb einer bestimmten Frist der werdenden Mutter über- antwortete, wurde eine ähnliche in der Bundesrepublik 1974 einge- führte Fristenlösung durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aufgehoben und 1976 vom Gesetzgeber durch ein erweitertes Indika- tionenmodell ersetzt, das seinerseits in den 1990er Jahren reformiert wurde. Die Entdiskriminierung und Gleichstellung sexueller Minderheiten (insb. homosexueller Männer oder Frauen) erfolgte erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, nachdem insbesondere die NS-Diktatur den Höhepunkt der Verfolgung homosexueller Handlungen unter Männern markiert hatte (unter anderem massive Verschärfung des § 175 StGB, darüber hinaus oft KZ-Inhaftierung). Weitaus stärker als in der DDR wurde seit 1949 in den ersten beiden Jahrzehnten der bun- desrepublikanischen Demokratie im Zuge konservativ-christlicher Sitt- lichkeitspolitik auch in der Rechtspolitik (z.B. Strafrechtsreform, Bun- desverfassungsgerichtsurteil 1957) männliche Homosexualität krimina- lisiert und männliche sowie weibliche Homosexualität diskriminiert. Erst die Erosion der heterosexuell-bürgerlichen Geschlechterrollen ermöglichte eine wachsende Akzeptanz bisher diskriminierter und zum Teil strafrechtlich verfolgter sexueller Lebensformen. Die Entkriminali- sierung homosexueller Handlungen zwischen Männern beschloss der Gesetzgeber erst zwischen 1968/69 und 1988/94 (für die DDR bzw. den Westteil der vereinigten Bundesrepublik). Zugleich wuchs die Sen- sibilität für gesellschaftliche, aber auch juristische Diskriminierungen von homosexuellen Frauen (die in der DDR zwischen 1968 und 1988/89 mit Blick auf sexuellen Jugendschutz auch strafrechtlich eben- so kriminalisiert wurden wie Männer) sowie von trans- und interge- schlechtlichen Menschen. 27 Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● § 218 StGB und § 175 StGB als Symbole umstrittenen Straf- rechts; Bundesverfassungsgericht und (männliche) Homosexua- lität: Urteile von 1957 (Billigung der Kriminalisierung) und von 2002 (Lebenspartnerschaft) und 2015 (Sukzessivadoption; dort ausdrücklich gegen 1957); Konflikte um die Reform des Abtrei- bungsstrafrechts: insb. 1974 – 1976 – 1990er Jahre; Urteile des Bundesverfassungsgerichts 1975 und 1993 ● Geschlechterverhältnisse und Erwerbsarbeit im Recht (Bundes- republik und DDR, bis hin zu „Frauen in die Aufsichtsräte“, Zeit- schiene) ● Familien- und Eherecht (Bundesrepublik und DDR, Zeitschiene) ● Gleichstellungsrecht von Art. 3 Grundgesetz 1949 über Gleich- berechtigungsgesetz 1957 bis zum AGG; DDR-Verfassungen 1949 und 1968 ● Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte: Institutionen des Rechtsschutzes (im Vergleich mit Datenschutzbeauftragten u.ä.) ● Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Rechtliche Regelungen zur Elternzeit ● Bundeswehr und Geschlechterrollen: Militär als „Männerbund“ vs. Frauen, Homosexuelle; Streit um Einführung eines obligato- rischen Wehrersatzdienstes auch für Frauen; Entscheidung des EuGH (Rs. Kreil) und Änderung des Grundgesetzes als Beispiel für Europäisierung ● Geschäfte machen: Verbot der Diskriminierung bei Waren und Dienstleistungen (am Beispiel des Streits um Versicherungstari- fe, auch als Beispiel für Europäisierung) ● Rehabilitierung und Entschädigung von strafrechtlich verfolgten Homosexuellen: Zum Wandel gesellschaftlicher und juristischer Anschauungen ● Kinder? Gemeinsame Sorge, Adoptionsrecht homosexueller Paare (Zeitschiene seit 1990) ● Geschlechteridentitäten und Recht (Transsexualität, Transgen- der, Intersexualität, am Beispiel Personenstandsrecht und Zu- weisung bei Geburt, dazu auch Völkerrecht) 8. Verbraucherschutz und Umwelt. Gesellschaftliche Mobilisierung und rechtliche Innovation Das Recht entwickelt sich so dynamisch wie die Gesellschaften, für die es formuliert ist. Die Verwobenheit von Recht und Gesellschaft zeigt sich kaum besser als in der Geschichte des Verbraucherschutz- und Umweltrechts. Beide Rechtsbereiche gewannen erst in den 1960er und 1970er Jahren an Form wie Substanz, als ein tief greifender gesell- schaftlicher, kultureller und politischer Wandel die Bundesrepublik erfasste und die Grundlagen des demokratischen Gemeinwesens neu verhandelt wurden. Zudem spielten internationale Debatten und Insti- tutionen bei der Entstehung und Kodifizierung beider Rechtsbereiche eine bedeutende Rolle, nicht zuletzt durch Rechtsvorgaben der Euro- päischen Union. Globales und nationales Handeln sind seit diesen 28 Jahrzehnten eng verflochten, das lässt sich diesen beiden Beispielen paradigmatisch zeigen. Emanzipierende Hilfe zugunsten des Schwächeren kannte zwar bereits das 19. Jahrhundert, doch erst seit den frühen 1960er Jahren wurde „Verbraucherschutz“ bzw. „consumer protection“ zu einem Schlag- wort, das das Versprechen der westlichen, kapitalistischen Demokratie im Kalten Krieg verkörperte: Der Zugang zum Markt sollte nicht nur frei, sondern ebenso von Gleichheit geprägt sein, der Machtasymmet- rie, die im Institut der Privatautonomie nicht abgebildet ist, durch ge- setzliche Regelung begegnet werden. Der Schutz des Verbrauchers vor Übervorteilung und Betrug wurde zu einem Ausweis von Gerechtigkeit in den westlichen Gesellschaften, in denen der allgemeine Wohl- standsschub alltäglichen Konsum zu einer Selbstverständlichkeit hatte werden lassen. In der Bundesrepublik, in der Verbraucherschutzver- bände bereits seit den 1950er Jahren auf Reform drängten, machte vor allem der Contergan-Skandal seit 1961 die Notwendigkeit gesetzli- cher Regulierung deutlich. Die Reform des Arzneimittelrechts 1967 durch die Große Koalition war neben der Ausformulierung des sozialen Mietrechts (1963-1967) dann auch eine der ersten Maßnahmen, auf die eine ganze Reihe von Gesetzen, für die die sozialliberale Koalition verantwortlich zeichnete, folgten. Die Überzeugung, dass für einen effektiven Schutz des Verbrauchers in alle Rechtsbereiche eingegriffen werden musste, hatte sich in Rechtswissenschaft und Politik durchge- setzt, wobei in der Rechtsauslegung bereits seit den 1950er Jahren den Verbraucher schützende Argumente zum Tragen gekommen waren. Allerdings folgte die Gesetzgebung keinem einheitlichen Konzept, sie wurde nicht in einem Gesetzbuch zusammengefasst und systematisch ins Privatrecht eingebaut, sondern in bestehende Gesetze eingebun- den oder über Sondergesetze realisiert. Erst die Schuldrechtsreform brachte 2001 eine Einbindung großer Teile des Verbraucherschutzes in das BGB. Im Kern des Verbraucherschutzrechts steht die Frage nach dem Ver- hältnis zwischen Freiheit, Gleichheit und Sicherheit. Sie wird die Leit- frage dieses Moduls bilden: Wie kann der Schutz des Verbrauchers gewährleistet werden, ohne die Vertragsfreiheit zu beschneiden? Wie kann der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes mit dem Grundsatz der Privatautonomie ausbalanciert werden? Als Konsument/innen sind wir mit dem Verbraucherschutzrecht täglich konfrontiert, das sollte den Besucher/innen deutlich werden. Dafür eignen sich drei Beispiele, an denen a) die historische Entwicklung und b) die Problematik des Verbraucherschutzes zwischen Freiheit, Gleich- heit und Sicherheit jeweils von einem aktuellen Beispiel ausgehend aufgezeigt werden: 1. Das Mietrecht 2. Das Arzneimittelrecht 3. Das AGB-Gesetz 1977 und folgende Regelungen Das Umweltrecht ist ebenfalls ein Kind der 1960er und 1970er Jahre, als die Umweltverschmutzung als globales Phänomen erkannt und politisiert wurde. Mittels Gesetzgebung versuchten Regierungen der Umweltzerstörung Einhalt zu gebieten, 1994 wurde der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen als Staatszielbestimmung in das Grund- gesetz aufgenommen. Neue soziale Bewegungen machten den Um- 29 weltschutz zu ihrem Anliegen und entwickelten neue Lebensstile. Die Warnung vor der Umweltzerstörung kippte dabei nicht selten in Apo- kalyptik. Es gilt, diese gesellschaftliche Dimension in der Entwicklung des Umweltrechts darzustellen. Am Beispiel des Abfallbeseitigungsgesetzes von 1972 und seiner Ent- wicklung über das Abfallgesetz 1986 (Integration von Verwertungsas- pekten) hin zum Kreislaufwirtschaftsgesetz (1996, 2012) kann die Ge- schichte des Umweltrechts, das immer auch eine wirtschaftsrechtliche Komponente hatte, plastisch erzählt werden. Dabei bietet es sich an, internationale Perspektiven einzubinden, um die Spezifik des deut- schen umweltpolitischen Weges aufzuzeigen. Die sorgfältige Abfallent- sorgung ist geradezu zu einem Symbol und Identitätsmarker des Bildes vom Deutschen geworden. Zugleich gilt es, auf Problematiken und Widersprüche der deutschen Umweltrechtspolitik aufmerksam zu ma- chen (z.B. Scheitern des Wertstoffgesetzes). Als zweites Beispiel mag die Umweltverträglichkeitsprüfung dienen, mittels derer zum einen die Bedeutung europarechtlicher Initiativen (EU-Richtlinie 1985, deutsche Umsetzung 1990) und zum anderen der Wandel hin zum Konzept der „nachhaltigen Entwicklung“ (Brundt- landt-Bericht „Our Common Future“, 1987) demonstriert werden kann. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Contergan-Skandal: Pillenschachtel; Fotos; Beipackzettel; Pres- seberichterstattung; Fotos rund um das Verfahren; Urteilsbe- gründung ● Arzneimittelrecht: Beipackzettel aus verschiedenen Jahrzehn- ten ● Mietrecht: Modell eines Hauses bzw. einer Wohnung ● AGB-Gesetz: große Tafel/Projektion mit AGB in vielen Variatio- nen; Widerrufsbelehrungen ● Abfallbeseitigung: typische Recycling-Tonnen; Anweisungen für die Müllsortierung; Bilder/Projektionen von Müllverbrennungs- anlagen, Wertstoffhöfen, Müllbergen usw.; Warnungen vor Müllmengen in Werbespots und in der Presse; Karikaturen ● Umweltverträglichkeitsprüfung: Modell mit Begriff der Nach- haltigkeit im Zentrum; internationale Definitionen von Nachhal- tigkeit; EU-Richtlinie, Gesetze usw.; multimediale Station: Ver- fahrensweg Umweltverträglichkeitsprüfung 30 IV. Der Rechtsstaat auf dem Prüfstand. Lob, Kritik, Verachtung Die Besucher/innen des Forums Recht erhalten in dieser Themenein- heit die Möglichkeit, ihre eigene Meinung zu äußern, wie sie den Rechtsstaat wahrnehmen und bewerten. Diese Stellungnahmen soll- ten festgehalten werden, wobei multiple mediale Wege der Aufnahme (Audio, Video, Schrift) und Kommunikation (Twitter, Facebook etc.) denkbar sind. 1. „Recht muss Recht bleiben“. Verfassungspatriotismus und Rechtsstaatsvertrauen Nach der Erfahrung mit dem nationalsozialistischen Unrechtsstaat und in Abgrenzung vom anderen „Unrechtsstaat” in der DDR erfreut sich der durch das Grundgesetz 1949 geschaffene Rechtsstaat in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung breiter Akzeptanz. Das Vertrauen in seine Funktionsfähigkeit ist groß. Dafür sprechen nicht nur die Zu- stimmungswerte des Rechtsstaatsbegriffs bei statistischen Meinungs- umfragen, sondern auch, mit welch positiven Assoziationen das Recht und der Rechtsschutz beispielsweise in der Werbung konnotiert sind. Unter Jurist/inn/en entwickelte sich der Rechtsstaat schon bald nach 1949 sogar zum neuen Konsensbegriff. Als die Wiedervereinigung während der 1970er Jahre in immer weitere Ferne rückte, entwickelte sich eine Debatte, ob nicht in Anlehnung an das Konzept der Zivilreligion in den USA ein neuer Verfassungspatrio- tismus die traditionelle Orientierung am Nationalstaat ersetzen könne. Damit einher gingen Versuche konservativer Intellektueller (bspw. Dolf Sternberger, Wilhelm Hennis, Hans Maier), die Begriffe des Grundge- setzes bewusst zu besetzen, um sie damit „linker” Vereinnahmung zu entziehen und so die bestehende Verfassungsordnung zu „retten”. In dieser Linie ist auch die Entstehung des Handbuchs des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland durch Paul Kirchhof und Josef Isensee zu sehen. Im sogenannten Historikerstreit der 1980er Jahre, der auch ein Intellektuellenstreit um das historische Selbstverständnis der Bun- desrepublik war, wurde der Begriff Verfassungspatriotismus schließlich als Alternative zu angeblichen Versuchen nationalhistorischer Sinnstif- tung ins Feld geführt. Bei der Wiedervereinigung wollte man sich auf das Experiment einer neuen gesamtdeutschen Verfassung nicht einlas- sen, sondern vollzog den Beitritt der fünf neuen Bundesländer über Art. 23 GG a.F. Auch eine anschließend eingesetzte Gemeinsame Ver- fassungskommission sah die bestehende Verfassungsordnung und ih- ren Rechtsstaat als weitgehend bewährt an und schlug nur marginale Veränderungen am Grundgesetz vor. Insgesamt sind politische Debat- ten in der bundesdeutschen Öffentlichkeit von einer starken Verrecht- lichung der Argumente geprägt. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Statistische Zufriedenheit der deutschen Bevölkerung mit dem Rechtsstaat in zahlreichen Meinungsumfragen ● In Fernsehwerbungen der Rechtsschutzversicherung „Allianz” der 1980er Jahre wird Glück und Sicherheit versprochen 31 ● Verhandlungsgegenstand „Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaats” in der Staatsrechtslehrervereinigung 1953, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staats- rechtslehrer 12 (1954), S. 8-125 ● Willy Brandts Politik „Mehr Demokratie wagen” war überwie- gend als eine Reform mit Gesetzen und durch Gesetze konzi- piert, der Rechtsstaat erschien hier als Reformstaat ● Artikel von Dolf Sternberger über Verfassungspatriotismus, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.5.1979 ● Art. 23 a.F. in Kontrast zu Art. 146 des Grundgesetzes ● Abschlussbericht der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 5.11.1993 ● Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler am 31.5.2010 nach dem Vorwurf von Jürgen Trittin: „Es ist mit unserer Verfassung nicht zu vereinbaren, Kanonenbootpolitik zu betreiben.” Dar- stellung der Ereignisse mit Hilfe von Filmausschnitten aus Nachrichtensendungen. Zudem starke Verrechtlichung der poli- tischen Debatten um Auslandseinsätze der Bundeswehr, die Eurorettung oder die Flüchtlingskrise. ● Rechtsstaat als Exportartikel: L’État de droit im französischen Verfassungsrecht der Fünften Republik, Art. 2 des EU-Vertrages 2. „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“. Kritik und Enttäuschung Solange Recht und Rechtsstaatlichkeit existieren, waren sie der gesell- schaftlichen Kritik ausgesetzt. Einen zentralen Kritikpunkt – nämlich die Ungleichbehandlung einflussreicher und weniger einflussreicher Personen – formuliert das volkstümliche Sprichwort „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“. Schon die Entnazifizierung durch Spruchkammerverfahren, bei denen die einfachen Fälle vorgezogen, die komplexeren später oft eingestellt wurden, speisten diese Wahr- nehmung. Noch bei der juristischen Aufarbeitung der Verantwortung für das Massenunglück bei der Duisburger Loveparade 2010 wurde dieser langlebige Kritikpunkt reaktiviert. Als wenig später ein Steuer- strafverfahren gegen den Fußballmanager Uli Hoeneß das Gegenteil bewies, wandte sich ein Teil der öffentlichen Meinung wiederum ge- gen diese Anwendung rechtsstaatlicher Sanktionen, während andere die Bestrafung dieses Prominenten und die rasche Strafaussetzung als viel zu milde kritisierten. Vielbeachtet und hoch umstritten war schon die juristische Aufarbeitung der Parteispendenaffäre („Flick-Affäre”) der 1980er Jahre – bis hin zur Aussageverweigerung des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl 1999. In neuerer Zeit spielten gerichtliche Verfahren zu Wirtschaftsaffären (Mannesmann-Verfahren 2004-2006) und Banken-Affären im Zuge der Weltfinanzkrise ab 2008 eine ver- gleichbare Rolle. In Deutschland wurde in den letzten Jahren zudem die Frage der Verfolgung von Steuerhinterziehung – nicht nur im Fall Hoeneß – zum Testfall für Strafverfolgung ohne Ansehen der Person. Dies verband sich nicht selten mit der Frage, ob andere Delikte (z.B. 32 Datendiebstahl via „Steuer-CD“) zum Zwecke der Strafverfolgung in Kauf genommen werden sollten oder nicht. Die sozial bedingte Ungleichbehandlung im Rechtsstaat ist seit länge- rem auch das selbstkritische Thema von Juristen - insbesondere von sozialdemokratischer oder sonstiger „linker” Seite. „Streitbare Juris- ten” und „kritische Juristen” haben im Laufe der Geschichte der Bun- desrepublik immer wieder zu dieser Selbstreflexion des Rechtsstaats beigetragen. Die Rechtssoziologie bemüht sich um unpolemisch- nüchterne Erörterung des Problems der sozialen Befangenheit. Eine politisch-ideologische Variante bietet überdies die alte marxisti- sche Grundsatzkritik an der „Klassenjustiz“ der kapitalistischen Ge- sellschaftsordnung, die nach 1949 auch seitens der DDR artikuliert und in der Bundesrepublik im Zuge der „68er”-Bewegung ebenfalls geäu- ßert wurde. Diese Kritik ist auch im vereinigten Deutschland ab 1990 nicht völlig verschwunden. Enttäuschung über den Rechtsstaat mani- festierte sich bei DDR-Bürgerrechtlern, die große Erwartungen und Hoffnungen mit der rechtsstaatlichen Demokratie verbunden hatten. Bärbel Bohleys Kritik an der rechtsstaatlichen Aufarbeitung der SED- Diktatur wurde zum viel zitierten Aphorismus: „Wir wollten Gerechtig- keit und bekamen den Rechtsstaat.” Zugleich wurde bei der Aufarbei- tung von DDR-Unrecht oft kritisiert, dass wiederum angeblich nur „die kleinen” Täter der untersten Ebene (z.B. Mauerschützen) zur Rechen- schaft gezogen würden – obwohl sich auch einige ehemalige Politbü- romitglieder der SED vor Gericht verantworten mussten. Nachdem die „Rassenjustiz” der NS-Diktatur in Deutschland 1945 ihr Ende gefunden hat, wurde in jüngerer Zeit die Befangenheit der Justiz gegenüber ethnischen Minderheiten bzw. Migranten kritisch disku- tiert. Die Wendung in den Kopftuch-Urteilen des Bundesverfassungs- gerichts von 2003 und 2015 verweist eher auf das Gegenteil. Die De- batte erweiterte sich mittlerweile in Bezug auf muslimische Einwan- derer zu einem Disput über Diskriminierung oder (kulturalistisch mo- tivierte) Privilegierung – je nach juristischer Beurteilung von Delikten wie den sogenannten Ehrenmorden. Auch das Kölner “Beschneidungs- urteil” motivierte Debatten über „Rassismus und Justiz”. Gleichzeitig wurden kritische Debatten über die Existenz einer islamischen „Paral- leljustiz” in Deutschland geführt. Ein weiteres Problem von „groß” und „klein” im Rechtsstaat ist der durchaus ungleiche Einfluss auf die Rechtsetzung selbst – die zuneh- mende Problematik von Lobbyisten-Einflüssen und des Gesetzge- bungs-Outsourcing in Richtung hochspezialisierter Anwaltskanzleien oder Verbandsjuristen. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Entnazifizierung nach 1945 (Felbick, Schlagwörter der Nach- kriegszeit; Reichel, Vergangenheitsbewältigung) ● Kürzinger, Private Strafanzeige und polizeiliche Reaktion, 1978: Je höher das Bildungsniveau, desto seltener die Zustimmung zu dieser Volksweisheit ● Ralf Geffken, Klassenjustiz, Frankfurt/M. 1972 (Marxistische Ta- schenbücher) 33 ● Theo Rasehorn, Recht und Klassen. Zur Klassenjustiz in der Bundesrepublik, 1974 ● Gerhard Struck, Rechtssoziologie, 2011: „Klassenjustiz und Be- fangenheit” ● ADAC Motorwelt 2008 (Umweltplakette, Ausnahmegenehmi- gung für Fahrzeuge des Berliner Senats und der Polizei) ● SPIEGEL-Titel 49/1982: „Haben wir eine Bakschisch-Republik?” (Medienkommentare zur Flick-Affäre) ● Vorurteile gegen die „in Nadelstreifen“ (Tödter, Affentheater, 2013); Bankmanager-Prozesse nach der Weltfinanzkrise 2008ff. (SPIEGEL 2010: „Sehnsucht nach Sühne”) ● Anwendung des Rechts oder Milde? Der Fall Hoeneß in den Medien ● Benachteiligung oder Privilegierung von Migranten? „Ehren- mord”-Prozesse in Deutschland ● Migrationsrat Berlin-Brandenburg e.V., „Rassismus und Justiz”, Berlin ca. 2015 ● BMJV-Studie: „Gibt es eine Paralleljustiz in Deutschland?” ● Unterschiedliche Kopftuch-Urteile des Bundesverfassungsge- richts 2003 und 2015 ● „Outsourcing im Bundestag: Steuergelder für Gesetz- Ghostwriter”, in: taz (Tageszeitung) v. 2.12.2009 34 3. „Legal, illegal, scheißegal“. Angriffe von links und rechts Die Protestbewegung von „1968“ unternahm einen Tabubruch auch darin, dass sie vehement und in aller Öffentlichkeit die Autorität und Legitimität des bundesdeutschen Rechtsstaats und seiner Justiz an- zweifelte. Die Kritik gründete auf der Wahrnehmung, dass die Justiz als Instrument eines repressiven Staates politischen Zwecken diene („Poli- tische Justiz“), mit antiliberalen Gesetzen (teilweise aus der Zeit vor 1945) gegen den linken Protest vorgehe und von „Altnazis“ durchsetzt sei. Während der „Justizkampagne“ der Außerparlamentarischen Op- position (APO) kam es seit 1967 zu gezielten Protestaktionen vor Ge- richt, mit denen nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form rechts- staatlicher Verfahren diskreditiert werden sollte. Der Gerichtssaal wurde als politische Bühne genutzt, um juristische Akteure und Ord- nungen in Frage zu stellen, der Lächerlichkeit preiszugeben und Ver- fahren zu verschleppen. Damit wurde ein performatives Vorgehen zur Delegitimierung rechtsstaatlicher Instanzen eingeführt, das in den folgenden Jahrzehnten in vielen Varianten von linksextremen, anar- chistischen, autonomen, später auch rechtsextremen Aktivisten und Gruppen angewandt wurde, oft begleitet von einer radikal justizkriti- schen Publizistik und Subkultur. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● „Justizkampagne“ 1967/68: Gerichtsverhandlung als politisches Happening – Rainer Langhans und Fritz Teufel im Berliner „Brandstiftungsprozess“ („… wenn es der Wahrheitsfindung dient“) ● Stammheim-Prozess (1975-1977): Auftreten der angeklagten RAF-Terroristen und ihrer Anwälte vor Gericht – gezielte Pro- vokationen und Beleidigungen des Gerichts (Tondokumente!) ● Lied „Legal, illegal, scheißegal“ der deutschen Punkband Slime (1982) ● Hausbesetzungen, Instandsetzung und Eigentumsrechte (Kon- flikte in Zeitschiene) ● Rechtsradikale Strategien zur Delegitimierung und zugleich Ausnutzung rechtsstaatlicher Verfahren: „Katz-und-Maus-Spiel“ von Neonazis mit § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen ver- fassungswidriger Organisationen), Prozessverschleppung im NSU-Prozess seit 2013, „Reichsbürger” 35 V. Kulturen des Rechts. Symbole, Medien, Orte 1. Justitia, Waage und Richterrobe Die Göttin Justitia, häufig mit Augenbinde, Schwert und Waage, war seit der Antike, das Auge des Gesetzes seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert eine weit verbreitete symbolische Darstellungsform für das Recht, seinen Anspruch auf Gerechtigkeit und den Rechtsstaat. Aber in Kunstwerken des 20. Jahrhunderts wird auf diese Motive kaum mehr zurückgegriffen. Laut Michael Stolleis zeigen sich darin die For- malisierung und das Verblassen des metaphysischen Wahrheitsan- spruchs des Rechts seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Wenn man beide Darstellungsformen überhaupt noch findet, so steht folglich der historische Aspekt im Vordergrund – die Stadt bzw. der Staat stellten das eigene Rechtssystem in ein historisches Kontinuum. Insgesamt zeigt sich seit 1949 eine deutliche Versachlichung, Entper- sonalisierung und Abstrahierung der Rechtssymbole, welche in Kunst- werken verarbeitet und dargestellt werden. In bundesdeutschen Kari- katuren wird überwiegend mit Hilfe von Paragrafenzeichen, Richterro- be, Richterhut, Richterhammer und Waage auf das Rechtssystem ver- wiesen. Gerichtsgebäude und Gerichtssäle verzichten meist ganz auf Kunstwerke und auf eine symbolische Selbstdarstellung und sind oft von einer betonten Sachlichkeit geprägt, sofern sie nicht noch aus „re- präsentativen” Epochen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts stam- men. In der öffentlichen Debatte wird häufig auf Schlagwörter wie „Nürnberg”, „Straßburg” oder „Karlsruhe” zurückgegriffen, die sich auf einen symbolischen Erinnerungsort des Rechts beziehen. Allenfalls in der politischen Karikatur lebt die Figur der blinden Justitia noch weiter – um sich ungesehen von Bankern bestechen zu lassen oder Angehöri- gen der im afghanischen Kundus durch einen Bundeswehreinsatz Ge- töteten Recht zu verwehren. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Das Auge des Gesetzes z.B. auf der Ein-Dollar-Note oder auf dem Titelblatt der Juristischen Zeitung für das Königreich Han- nover, Nr. 1, vom 1.1.1826 ● Blinde Justitia als Skulptur auf dem Gerechtigkeitsbrunnen auf dem Römerberg in Frankfurt a. M. oder in der Fassade des Rat- hauses von Lüneburg ● Die Skulptur „Die Gerechtigkeit” von André Bucher im Gebäude des Bundesverfassungsgerichts ● Das Relief „Die Waage” von Karl Heinz Türk am Eingang des Amtsgerichts Nürtingen ● Zeitungs- und Zeitschriftenkarikaturen mit Rechtssymbolen aus verschiedenen Zeitabschnitten der bundesdeutschen Geschich- te; z.B. diverse Paragrafen-Karikaturen, u.a. mit „Der Schrei” von E. Munch ● Abbildungen oder Nachbildung von aktuellen Gerichtsgebäu- den und Gerichtssälen 36 ● Als Beispiel für den Rückgriff auf das Schlagwort „Nürnberg”: Thomas Darnstädt, Nürnberg. Menschheitsverbrechen vor Ge- richt 1945, München/Berlin 2015 ● Inszenierung von Richter/innen mit Richterrobe auf offiziellen Portraits zu verschiedenen Zeiten: z.B. Eduard von Simson als Präsident des Reichsgerichts (Fritz Paulsen 1880); Ausschnitt des Richters aus „Die Stützen der Gesellschaft” von George Grosz 2. Gesetzbuch und Kommentar, Akte und Paragraf Das deutsche Rechtssystem charakterisiert ein ungewöhnlich hohes Maß an Schriftlichkeit und Kodifikation. Der Vorrang der Rechtsetzung durch Gesetze unterscheidet den deutschen vom anglo- amerikanischen Rechtskreis, in dem das Fallrecht (case law), also die Rechtsetzung durch Rechtsprechung, eine wesentlich größere Rolle spielt. Recht wird in Deutschland traditionell und bis heute mit dicken Gesetzbüchern und umfangreichen Kommentaren sowie allgemein mit Schriftstücken und Paragrafen identifiziert. Besonders große Symbolkraft besitzt dabei das Bürgerliche Gesetz- buch (BGB), das neben dem Grundgesetz und dem Strafgesetzbuch das bekannteste Gesetzbuch Deutschlands ist. Seit 1900 in Kraft, steht das BGB für die Einheit der Privatrechtsordnung nach Jahrhunderten der Rechtszersplitterung. Neben der Rechtseinheit symbolisiert es den Schutz von Individualrechten in der bürgerlichen Gesellschaft und da- mit den Rechtsstaat. Auch weil es mehrere Systembrüche und zwei Diktaturen – wenn auch mit grundlegenden Modifikationen – über- dauert hat, ist das BGB ein zentraler symbolischer Erinnerungsort und ein Denkmal der Rechtskultur, das liebste Rechtsbuch der Deutschen. Entsprechend bekannt und bedeutsam sind seine wichtigsten Kom- mentare, als Langkommentar „der“ Staudinger und als Kurzkommen- tar „der“ Palandt, von dem unter Juristen der Spruch kursiert: Quod non est in Palandto, non est in mundo („was nicht im Palandt steht, gibt es nicht“). Doch auch die anderen großen Gesetzbücher und ihre grundlegenden Kommentare werden nicht allein in ihrer normativen Bedeutung, son- dern auch als Rechtsdenkmäler wahrgenommen, allen voran das Grundgesetz (GG), das in der Bundesrepublik alles Recht verfassungs- rechtlich überformt, dann das Strafgesetzbuch (StGB), das Sozialge- setzbuch (SGB), das Handelsgesetzbuch (HGB) sowie die Strafprozess- ordnung (StPO) und die Zivilprozessordnung (ZPO), außerdem als wich- tige Kodifikationen des Verwaltungsrechts das Verwaltungsverfah- rensgesetz (VwVfG) und die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sinnbilder für die Geltungsmacht von Schrifttum und „gesetztem“ Recht im deutschen Rechtssystem sind außerdem „die“ Akte und „der“ Paragraf mit seinem Zeichen (§). Diese bekanntesten Symbole des Rechts und der Justiz werden sowohl zu ihrer Hochschätzung als auch zu ihrer Karikierung und Abwertung verwendet – bis in die All- tagssprache hinein: „Aktenhuber“, „Paragrafenreiter“, „Paragrafen- dschungel“ etc. 37 Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Wandfläche: künstlerische Verarbeitung oder großes Graffiti des Paragrafenzeichens ● Karte der Rechtszersplitterung Deutschlands bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ● Gedicht auf das BGB aus Anlass seiner Inkraftsetzung: Ernst von Wildenbruch, Das Deutsche Recht, in: Deutsche Juristen- Zeitung, 1.1.1900, S. 1 ● BGB: Erstausgabe und verschiedene weitere Ausgaben (Wei- mar, NS, BRD, DDR – hier vielleicht auch Ersetzung durch Zivil- gesetzbuch der DDR im Jahr 1976 thematisieren) ● Auslage der anderen wichtigsten Gesetzbücher (GG, StGB, SGB, HGB, VwVfG) ● Als Beispiel für „klassische“ Kommentare (beide zu BGB): Stau- dinger, Palandt. Außerdem vielleicht die wichtigsten Grundge- setzkommentare ● Foto: Verteilung des Grundgesetzes an Bürger/innen, z.B. in der Schule ● Foto: Aktenberg in einem Gerichtssaal, etwa bei einem Wirt- schaftsstrafverfahren ● Herkunft und Entwicklung des Paragrafenzeichens ● „§ 218” oder „§ 175” als weithin bekannte Einzelbestimmungen des Strafrechts (Symbol für Schutz des ungeborenen Lebens oder aber für Entrechtung von Frauen; Symbol für Verfolgung homosexueller Männer und ihrer Sexualität) ● Karikaturen, welche die Symbole Akte und Paragraf verwenden ● Und vielleicht: Rechtsdatenbank für Besucher/innen mit der Suchfunktion, über bestimmte Begriffe zu einem dazu passen- den Gesetz zu gelangen 3. Vertrag und Unterschrift Unser Leben spielt sich von der Geburt bis zum Tod in Urkunden und Verträgen ab ‒ dies soll dieses Modul des Forums Recht verdeutlichen. Täglich sind wir mit Verträgen konfrontiert, täglich schließen wir Ver- träge, doch in den meisten Fällen erfolgt dies unbewusst. Der Einkauf im Supermarkt oder in der Drogerie wird durch einen Kaufvertrag be- siegelt, das Herunterladen von MP3-Dateien im Internet ebenfalls. Eine Unterschrift der Vertragsparteien ist in diesen Fällen nicht nötig – ein Vertrag kommt zustande, wenn sich beide Parteien durch Willens- erklärung über den Inhalt des Vertrages einigen, und das kann auch mündlich geschehen. Allerdings schreibt der Gesetzgeber oftmals die schriftliche Abfassung (Textform) sowie in besonderen Fällen die schriftliche Abfassung sowie die ein- oder beiderseitige Unterschrift vor (Schriftformerfordernis): etwa bei der Kündigung eines Miet- oder Arbeitsvertrages, dem Schuldanerkenntnis oder bei einem Verbrau- cherdarlehensvertrag. Öffentlich-rechtliche Verträge bedürfen eben- falls der Schriftform. In einigen Fällen ist zusätzlich eine notarielle Be- urkundung nötig: so bei Schenkungsversprechen oder bei Grund- stücksgeschäften. Dabei stellt die Digitalisierung der Korrespondenz die handschriftliche Unterschrift zunehmend infrage. Die qualifizierte elektronische Signatur, die indes nicht in allen Fällen das Schriftfor- 38 merfordernis erfüllt, ist für Vertragsabschlüsse eine seit 2001 beste- hende Möglichkeit, eine digitale Unterschrift zu leisten. Die Unterschrift ist aber nicht allein bei Verträgen gesetzlich bindend: Die Patientenverfügung bedarf der eigenhändigen Unterschrift, ein privatschriftliches Testament ist nur gültig, wenn es vom Erblasser ei- genhändig geschrieben und unterschrieben wurde. Und nicht zuletzt ist eine vor dem Standesamt geschlossene Ehe nur gültig, wenn der Ehebucheintrag von beiden Partnern unterschrieben wird. Der eigen- händigen Unterschrift kommt im Rechtsverkehr eine hohe Bedeutung zu: Sie ist der unverwechselbare Ausweis des Rechtssubjekts, sie drückt die Identität des mit vollen Rechten ausgestatteten Bürgers aus, sie sichert Authentizität und die Echtheit der Zertifizierung. Die Fäl- schung einer Unterschrift wird daher streng geahndet. Die handschrift- liche Unterschrift trägt hohe symbolische Bedeutung. Wird einem mit der Unterschrift besiegelten Vertragsabschluss eine weitere öffentliche Bedeutung zugeschrieben, wird dieser in vielen Fällen inszeniert, ritualisiert und medial transportiert: so besonders bei zwischenstaatlichen Verträgen vor einer internationalen Öffentlichkeit, aber auch bei der standesamtlichen Trauung. Solche Bilder sind Teil des kollektiven Gedächtnisses. Hier setzt das Modul, erstens, an. Dar- aus wird die Bedeutung von a) Vertrag und b) Unterschrift erklärend erschlossen, genauso wie in die Problematik der Digitalisierung einge- führt wird. Ein zweiter Themenbereich greift die Debatte um die Vertragstreue, um den ursprünglich religiös motivierten Grundsatz pacta sunt ser- vanda, auf: Müssen Verträge tatsächlich in allen Fällen eingehalten werden? Die Darstellung des schwierigen Verhältnisses der Prinzipien von Sicherheit und Freiheit steht hier im Zentrum. Denn die Leitidee des Vertragsrechts, wie sie im BGB definiert wird, ist die Privatauto- nomie des freien, mündigen Bürgers. Allerdings wird die Vertragsfrei- heit seit den 1960er Jahren nicht nur durch den Grundsatz pacta sunt servanda, sondern auch durch neue Formerfordernisse immer stärker eingeschränkt, mit der Maßgabe des Schutzes der strukturell benach- teiligten Vertragspartei. Besonders der Verbraucherschutz, seit den 1990er Jahren zusätzlich durch europäische Regelungen vorangetrie- ben, entfaltet eine starke Dynamik. Am Beispiel von Widerrufsbeleh- rungen lässt sich das plastisch zeigen. Zum Dritten thematisiert das Modul die Geschäftsfähigkeit. Welche Verträge kann eine Minderjährige, kann ein Minderjähriger abschlie- ßen? Was darf erworben werden? Wer haftet bei Rechtsverletzungen, etwa bei Downloads aus dem Internet? Welche Voraussetzungen müs- sen gegeben sein, dass die Geschäftsfähigkeit entzogen wird? Mittels einer multimedialen Darstellung oder eines Quizes kann an diesem Beispiel die Schutzfunktion des Rechts veranschaulicht werden. Dar- über hinaus wird die Bedeutung des Rechts in einer alternden Gesell- schaft erklärt (Betreuungsvollmacht, Vorsorgevollmacht, Patientenver- fügung etc.). Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Ikonische Inszenierungen von Vertragsabschlüssen aus der Ge- schichte der Bundesrepublik (internationale Verträge; Rund- funkstaatsvertrag; Kirchenstaatsverträge; Tarifverträge) sowie 39 von Bildern von Vertragsunterzeichnungen aus dem privaten Bereich (Hochzeit; Testament; Mietvertrag; Arbeitsvertrag) ● Projektion von einer Fülle von Unterschriften, jeweils gekoppelt mit dem Porträt des Unterschreibenden ● „Pacta sunt servanda?” ‒ Schriftzug, wenn möglich dreidimen- sional; rechtswissenschaftliche Diskussion über paradigmati- sche, kurze Debattenbeiträge; zwei Modelle des Bürgers ge- genüberstellen ● Geschäftsfähigkeit: multimediale Station ‒ Quiz mit konkreten Fragen; über Antworten wird die Rechtslage erschlossen; Pati- entenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsvollmacht etc. 4. Ampel und Strafzettel In kaum einem anderen Bereich greift Recht in das Alltagsleben der Bürger/innen so offensichtlich ein wie im Straßenverkehr. Laut Anga- ben des Kraftfahrt-Bundesamts betrug die Anzahl zugelassener Kraft- fahrzeuge im Januar 2017 62,6 Millionen. Statistisch gesehen ist damit nur auf jeden vierten Deutschen kein Auto zugelassen. Ob bei der Füh- rerschein- und Zulassungsstelle, der gekennzeichneten Parkbucht, dem Verkehrsschild, der Ampel oder dem sogenannten Strafzettel: Überall begegnen wir Rechtssätzen, die ein ausgesprochen komplexes System von Berechtigungen, Beschränkungen oder Schutzmechanismen etab- lieren; und das nicht nur für Autofahrer. Auch andere Verkehrsteil- nehmer wie etwa Fahrradfahrer oder Fußgänger sind vielfältigen Stra- ßenverkehrsregelungen unterworfen. Was aber genau beinhalten die mit den Symbolen „Ampel” und „Straf- zettel” verbundenen Rechtsregelungen für den Straßenverkehr? Wie ist das für viele Verkehrsteilnehmer oft undurchsichtige System der Ahndung von Verstößen aufgebaut und begründet? Wer ist für was wann zuständig? Wie sind die Bürger/innen in das Rechtssystem Stra- ßenverkehr eingebunden? Ampel und Strafzettel stehen in diesem Modul synonym für die Rege- lungs- und Sanktionsnotwendigkeiten im Rechtssystem Straßenver- kehr, das grundlegende Prinzipien wie etwa Ordnung, Sicherheit oder Gerechtigkeit gewährleisten soll. Gleichermaßen illustrieren diese Bei- spiele die Bedeutung von Verwaltungsakten im Alltag der Bür- ger/innen. In dem Modul verdeutlichen ausgewählte Situationen im Straßenverkehr die verschiedenen Rechte und Pflichten, die das kom- plexe Regelsystem aufrechterhalten und die Notwendigkeit von Rechtsregelungen erklären helfen. Ziel ist es also, die tatsächliche oder intendierte Wirksamkeit rechtsstaatlicher Prinzipien anhand eines be- sonders lebensnahen Beispiels zu diskutieren. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Beispiel I: Fahrsimulatoren. In Fahrsimulatoren können Besu- cher/innen virtuell am Straßenverkehr teilnehmen. Bei Regel- verstößen wird auf die Folgen hingewiesen und die Notwendig- keit von Sanktionsmaßnahmen (Unfallstatistik, Reaktionszeit bei überhöhter Geschwindigkeit etc.) erläutert. ● Beispiel II: Don’t drink and drive. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Thema Alkohol am Steuer. Diskutiert wird der Zu- 40 sammenhang von verkehrsgefährdendem Verhalten und dar- aus resultierenden Regelungs- und Sanktionsnotwendigkeiten. Hier besteht ebenfalls die Möglichkeit, die eingeschränkte oder fehlende Fahrtüchtigkeit nach Alkoholkonsum zu simulieren, um dadurch ein Problembewusstsein zu schaffen. ● Beispiel III: Der „Strafzettel“. Ein besonders geeignetes Beispiel, um die Komplexität des Regelungssystems darzustellen. Der Begriff ist insofern irreführend, als es sich eben nicht um eine Strafe, sondern um eine Buße handelt und zunächst nicht die Justiz, sondern die Exekutive zuständig ist. Hier lässt sich die Frage „Mit wem habe ich es (nach einem Verstoß) im Straßen- verkehr wann, wo und warum zu tun?“ exemplarisch aufwer- fen; vgl. hier: ARD/BR-Comedy „Grünwald”, Folge „Der Straf- zettel”; Mr. Bean – Folge: „Traffic Lights” (An der Ampel). 5. Theater und Spielfilm Das Verhältnis zwischen Recht und Gerechtigkeit ist sowohl für das Medium Theater als auch für die jüngeren Medien Spielfilm und Fern- sehen ein zentrales, schier unerschöpfliches Thema. Seit zweihundert Jahren ist der die eigene Untat verbergende Dorfrichter Adam aus Heinrich von Kleists „Zerbrochenem Krug“ (Uraufführung 1808) eine beständige Theaterfigur; Bertolt Brecht stellte im „Kaukasischen Krei- dekreis“ (1948) die Suche nach Gerechtigkeit über das herkömmliche Elternrecht (soziale Mutterschaft steht über leiblicher Mutterschaft); eine jüngste Ausprägung hat das Genre des Gerichtsdramas mit Ferdi- nand von Schirachs „Terror“ (2016) über die Berechtigung zum Ab- schuss einer von Terroristen entführten Passagiermaschine erhalten – ein Drama, das zum Beweis seiner Aktualität bereits umgehend seine Fernsehverfilmung erlebt hat, die übrigens mit einer höchst fragwürdi- gen Zuschauer-Abstimmung endete. Das öffentlich-rechtliche Fernse- hen führte mit dieser Demonstration des juristisch ungeschulten „Volksempfindens” den Rechtsstaat regelrecht vor. Ebenso verbreitet ist die Thematik der Rechtsfindung im Gerichtsver- fahren im Medium Spielfilm – ganz abgesehen vom unüberschaubaren Genre des Kriminalfilms. Allein für Hollywood stellt das Gerichtsdrama eine stark ausdifferenzierte Geschichte dar – von Klassikern wie „Die 12 Geschworenen“ (1957, US-Neuverfilmung 1997) – der auch eine deutsche und sogar eine russische Nachverfilmung (2007) erlebte – über „The Verdict“ (Anwaltsdrama, 1982) bis hin zu „Philadelphia“ (Aids-Drama, 1993). Die absurde Übermacht eines unbegreiflichen Justizapparates war schon Gegenstand des Kafka-Romans „Der Pro- zess” (1915), den Orson Welles 1962 verfilmte. Auch der deutschspra- chige Film verfolgte das Thema von Justiz und Rechtsstaatlichkeit im- mer wieder – von diversen Filmadaptionen des um verwehrte Gerech- tigkeit kämpfenden Kleist-Helden „Michael Kohlhaas“ (1967-2013) über Geißendörfers die Manipulierbarkeit des Justizsystems offenle- gende Romanverfilmung von Dürrenmatts „Justiz“ (1993) bis zu Terro- risten-Strafprozessen („Stammheim“, 1986). Einen Sonderfall – inter- national wie national – stellen Verfilmungen des Nürnberger Prozesses gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher von 1946 dar („Das Urteil von Nürnberg”, 1961; „Nürnberg – Im Namen der Menschlichkeit”, 2000; „Speer und Er”, 2005). Ein spektakulärer Gerichtsprozess um die ver- heerenden Nebenwirkungen des Medikaments Contergan in den 41 1960er Jahren wurde 2007 in Deutschland ebenfalls verfilmt – und prompt Anlass für einen weiteren Prozess, da die seinerzeit verant- wortliche Firma und ein beteiligter Anwalt gegen die Ausstrahlung klagten. Auch die Medien Rundfunk und Fernsehen sind – ähnlich wie vom Kriminalfilmgenre – maßgeblich vom Genre des Gerichtsfilms geprägt. Sendungen wie „Königlich Bayerisches Amtsgericht“ (ZDF, 1969-1972) oder die erfolgreiche Anwaltsserie „Liebling Kreuzberg“ (ARD, 1986- 1998) wussten dem Genre erhebliche humoristische, im letzteren Fall aber auch informative Aspekte abzugewinnen. Ähnlich arbeitete aus der Perspektive einer Ermittlungsbürokratie (jenseits der verbreiteten Kripo- oder Polizeifilme) die Zollfahndungsserie „Schwarz-Rot-Gold” (ARD, 1982-1996). Verspätet kam auch „Der Staatsanwalt” zu gesamt- deutschen Fernseh-Ehren (ZDF/SRF/ORF, seit 2005), nachdem „Der Staatsanwalt hat das Wort” im Fernsehen der DDR bereits ein lange erfolgreiches Format gewesen war (DFF, 1965-1991). Doch auch der Alltagsbezug von Recht wurde bei filmisch inszenierten Konflikten inszeniert – so bei der folgenschweren Klage eines Nach- barn wegen Verstoßes gegen die Baugenehmigung eines Eigenheims („Einmal im Leben – Geschichte eines Eigenheims”, 1972). Schließlich wurden gerade in jüngster Zeit auch spektakuläre Justizirrtümer zum Thema von Fernsehspielen gemacht (Fall Wörtz 2014; Fall Mollath 2015). Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: Heinrich von Kleist, „Der zerbrochene Krug“; Ernst Toller, „Die blinde Göttin”; Bertolt Brecht, „Kaukasischer Kreidekreis“; Fer- dinand von Schirach, „Terror“ Theateradaptionen, Verfilmungen und Comic-Adaptionen der Roman-Dystopie „Der Prozess” von Franz Kafka; die geschilder- te Absurdität und Hilflosigkeit kann beitragen, den Wert rechtsstaatlicher Verfahren herauszuarbeiten (Verfilmungen Orson Welles 1962, Steven Soderbergh 1991, David Hugh Jones 1993, Cornelia Köhler 2015; Comics: Guido Crepax, Il processo di Franz Kafka, Piemme 1999; Chantal Montellier/David Zane Mairowitz, The Trial. A Graphic Novel, London 2008). Spielfilm-Versionen von „Die 12 Geschworenen“ (1957 von Sid- ney Lumet, 1963 von Günter Gräwert, 1997 von William Friedkin, 2007 von Nikita Michalkow) Fernsehfilme/-serien: „Königlich Bayerisches Amtsgericht“ (Fol- ge „Die Haberer”, 1970/71); „Liebling Kreuzberg“ („Wissen ist Macht”, 1994); „Schwarz-Rot-Gold” (Folge „Hammelsprung”, 1990); „Der Staatsanwalt” (ZDF/SRF/ORF, Folge, „Amtsmiss- brauch”, 2011); „Der Staatsanwalt hat das Wort”(DFF, Folge „Risiko”, 1979, Flucht über die Mauer, produziert, bis 1989 nicht ausgestrahlt); „Einmal im Leben – Geschichte eines Ei- genheims” (ARD/NDR, 1972; Gewährleistungsprozess gegen Handwerker); Verfilmung eines Justizirrtums: „Unter Anklage: 42 Der Fall Harry Wörtz”, 2014; Dokumentarfilm über den Jus- tizskandal Gustl Mollath „Und plötzlich bist du verrückt” (2015) 6. Gerichtsreportagen und Gerichtssendungen Gerichtsberichterstattung in der Presse ist seit dem 19. Jahrhundert als mediales Genre der Vermittlung zwischen Justiz und Öffentlichkeit etabliert. In einem freiheitlichen Gemeinwesen kann sie dazu dienen, Strafverfolgung und Justiz kritisch zu begleiten und an ihren rechts- staatlichen Ansprüchen zu messen. Reportagen aus dem Gericht bie- ten außerdem die Möglichkeit, einem Laienpublikum komplizierte fo- rensische und juristische Verfahrenswege zu erklären und damit das allgemeine Verständnis für den Rechtsstaat in der Gesellschaft zu för- dern. Da in Deutschland Ton- und Bildaufnahmen im Gerichtssaal ver- boten sind, kommen dem Gerichtsreporter und auch dem Gerichts- zeichner eine besonders große Bedeutung zu. In Gerichtsreportagen spiegelt sich die Entwicklung der Rechtspraxis sowie der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Tätern und Opfern, Kriminalisten, Juristen und Gutachtern. In der frühen Bundesrepublik fanden vor allem die Reportagen der großen überregionalen Tageszei- tungen Beachtung. Nach 1964 wurde dann der „Justiz- und Kriminalre- porter“ des SPIEGEL, Gerhard Mauz, für über drei Jahrzehnte zum ein- flussreichsten Gerichtsreporter der Bundesrepublik. Seit den 1960er Jahren erfreuen sich außerdem Gerichtssendungen in Rundfunk und Fernsehen großer Beliebtheit. Sie sind wegen ihrer in der Regel stark vereinfachenden oder sogar schlichtweg falschen (Beispiel: angebliche Kreuzverhöre in deutschen Gerichtssälen) Darstellung von fiktionalen oder nachgestellten realen Rechtsfällen bis heute stark umstritten. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Beispiel für frühe westdeutsche Gerichtsreportagen, etwa in der Süddeutschen Zeitung, möglichst mit Gerichtszeichnungen ● Foto/Gerichtszeichnung: Gerichtsreporter bei der Arbeit ● Prozess über Soldatenmorde von Lebach 1970: Urteil des Bun- desverfassungsgerichts von 1972 verhindert die Ausstrahlung eines ZDF-Dokumentarspiels, zum Schutze der Resozialisierung eines Verurteilten; Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1999 wegen geplanter SAT.1-Dokumentation schränkt das Ur- teil von 1972 ein ● Porträt Gerhard Mauz und ein Beispiel seiner SPIEGEL- Reportagen, etwa Strafverfahren gegen Marianne Bachmeier (1982) ● Gerichtssendungen („Gerichtsshows“) in Bild und Ton sowie Kontextualisierung und Kritik, etwa „Das Fernsehgericht tagt“ (ARD, 1961-1978), „Ehen vor Gericht“ (ZDF, 1970-2000), „Rich- terin Barbara Salesch” (SAT.1, 2000-2012), „Richter Alexander Hold“ (SAT.1, 2001-2013) ● Dokumentation von besonders schwerwiegenden Fehlern der Darstellung von Recht in Gerichtssendungen 43 7. Universität Juristische Fakultäten sind Orte der Auslese, der Ausbildung und der Sozialisation von Jurist/innen als Berufsgruppe. Angehende Ju- rist/innen sollen hier das spezifisch juristische Denken, das juristische Argumentieren und die juristische Sprache erlernen. Außerdem wird den Jura-Student/innen an der Universität auf unbewusste Weise der juristische Habitus vermittelt. Während der Ausbildung an der Univer- sität, aber auch in juristischen Fachschaften und Studentenverbindun- gen bilden sich Netzwerke, die später den Austausch und das Voran- kommen im Berufsleben erleichtern sollen. Darüber hinaus werden an Universitäten innovative juristische Konzepte entwickelt, die zur Rechtsfortbildung beitragen und später von der Rechtsprechung oder vom Gesetzgeber aufgegriffen werden. In der Vergangenheit bildeten akademische Lehrer Schulen, die durch einen gemeinsamen juristi- schen Ansatz zusammengehalten wurden, manchmal über eigene Pub- likationsorgane verfügten und später beispielsweise bei Lehrstuhlbe- setzungen zusammenarbeiteten. Das Thema sollte mit Hilfe persönlicher Erfahrungsberichte vermittelt werden, in denen fertig ausgebildete, bekannte Juristen (z.B. Otto Schily, Frank-Walter Steinmeier, Andreas Voßkuhle, Thomas Fischer, Bernhard Schlink, Ferdinand von Schirach) von ihrer Studentenzeit an der Universität erzählen. Auf diese Weise wird die Erzählung vom be- sonderen Profil juristischer Fakultäten mit unterhaltsamen Anekdoten verbunden. Themen, die dabei angesprochen werden könnten, sind: ● Unterbringung von juristischen Fakultäten häufig in besonders prestigeträchtigen, zentral gelegenen, altehrwürdigen Gebäu- den (z.B. Neue Aula in Tübingen, Altes Palais und die „Kommo- de” der Humboldt Universität zu Berlin), Ausdruck des hohen Sozialprofils von Juristen ● Vergleichsweise gute Ausstattung der juristischen Fakultäten mit Personal, Räumlichkeiten und Sachmitteln ● Besondere Pflege der Tradition an juristischen Fakultäten, so- mit Zielscheibe der Studentenbewegung 1968 ● Traditionelle Männerdominanz, besonders unter Professoren, unter Studenten/innen heute im Schwinden ● Besonderer Leistungsdruck unter Studenten/innen, anfangs große Studentenzahlen und am Ende geringere Abschlusszah- len ● Anspruch der Universitäten, Generalisten für alle in Frage kommenden juristischen Berufsfelder auszubilden, um dem Leitbild des Richters zu entsprechen ● Große Vorlesungen und Fallbesprechungen als üblicher Veran- staltungstyp an juristischen Fakultäten ● Zurückdrängen der Grundlagenfächer angesichts zunehmender „Vermarktlichung” der Universität Darüber hinaus sollte eine akademische Schule von Juristen beispiel- haft dargestellt werden, etwa die Carl Schmitt-Schule mit Carl Schmitt als Gründungsfigur, Ernst Forsthoff und Werner Weber als einflussrei- che Vertreter der ersten Schülergeneration sowie Ernst-Wolfgang Bö- ckenförde und Roman Schnur als Vertreter der zweiten Schülergenera- tion. Außerdem: die Zeitschrift „Der Staat” als „eigenes” Publikations- organ; Ausstellung der Stammtafeln der Staatsrechtslehrer von Hel- muth Schulze-Fielitz. 44 8. Gerichtssaal Ob in zahlreichen Dokusoaps, Fernsehspielen, Hollywoodfilmen, Ro- manen oder in der täglichen medialen Berichterstattung: Als Ort, an dem Recht gesprochen wird, steht der Gerichtssaal in vielfältiger Wei- se und wie wohl kein anderes Symbol für das Recht und die Judikative als wichtiges Organ der Gewaltenteilung. Schuld und Sühne, Wahrheit und Lüge, Täter und Opfer, Rache und Gnade, Verantwortung und Verantwortungslosigkeit, Politik und Ver- fassung, Freiheit und Zwang: Es scheinen die Grundsatzfragen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu sein, die mit dem Gericht in Verbindung stehen und die dort immer wieder aufs Neue verhandelt werden. Wann und warum stehen Menschen vor Gericht? Welche Gerichte gibt es, für welche Bürgerrechte und -pflichten stehen diese Gerichte? Welchen Rechtsregelungen folgt die so häufig inszenierte Kommuni- kation vor Gericht, wie wird dort rechtsrelevante Wahrheit ermittelt? Das Modul greift solche Fragen auf und verbindet verschiedene The- men des Forums Recht (Freiheit und Sicherheit; Recht im Unrechts- staat; legal, illegal, scheißegal; Karlsruhe). Erklärt werden Funktionen und Aufgaben der verschiedenen Prozessparteien, sowie die Regeln, nach denen vor Gericht verhandelt und entschieden wird. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Diese Sektion sollte so gestaltet sein, dass in der Arbeit mit Gruppen verschiedene Prozessgeschehen simuliert und damit Rechtsprobleme durchgespielt und erörtert werden können. Durch eine interaktive Zeitleiste können die Veränderungen der deutschen Rechtssysteme am Beispiel des Verhandlungsgrun- des, der Verhandlungsführung und der Urteilsfindung aufge- zeigt werden. ● Räumliche Darstellung des Gerichtssaals mit den verschiedenen Parteien; Veränderungen je nach Prozessart (Strafprozess, Zi- vilprozess o.ä.) und Verhandlungszeitraum (bspw. frühe Neu- zeit, 19. Jahrhundert, Nationalsozialismus, frühe Bundesrepub- lik, Gegenwart) ● Eine besondere Bedeutung kommt hier dem Urteil als symbol- trächtiger Entscheidung auf rechtsstaatlicher Basis zu. Formale Vorgaben der Urteilsfindung und Verkündigung können hier genauso diskutiert werden, wie verschiedene geschichtsträch- tige oder besonders kritisch diskutierte Gerichtsurteile. 9. Gefängnis Rechtsstaatlichkeit wird auch an einem humanen Strafvollzug gemes- sen, der in Deutschland Teil der Justizverwaltung und damit der Exeku- tive ist. Vor dem Erfahrungshintergrund der NS-Verbrechen an Inhaf- tierten stand die Organisation des Haftvollzugs seit Gründung der Bundesrepublik immer wieder auf der politischen Agenda und in der öffentlichen Kritik. Dabei wurde zunehmend der sanktionsrechtliche Aspekt der Strafe und Vergeltung durch die progressive Idee der Reso- zialisierung und Rehabilitierung überlagert. Skandale über Missstände in Gefängnissen förderten in den 1960er Jahren den politischen und 45 administrativen Willen, den Strafvollzug zu modernisieren und zu re- formieren. Die Strafrechtsreform von 1969 schaffte die Zuchthausstra- fe ab, durch das Strafvollzugsgesetz von 1976 wurde das Ziel der Re- sozialisierung gesetzlich verankert. Ungeachtet dieser Reformen wurde das Gefängnis in den 1970er Jah- ren zu einem Brennpunkt der Auseinandersetzung zwischen Staat und Terrorismus. Die Frage, unter welchen Bedingungen Gewalttäter und andere Inhaftierte im Gefängnis radikalisiert und zusätzlich kriminali- siert statt diszipliniert und resozialisiert werden, steht bis heute zur Debatte. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Spiegel-Titel „Aus dem Blechnapf“ – Artikel von Bertrand Rus- sell, in: Der Spiegel, 1961, Nr. 4, mit der These, der Strafvollzug in der Bundesrepublik habe sich seit Ende der NS-Diktatur nicht verbessert ● „Klingelpütz“ und „Glocke“ – Synonyme für die Gefängnisskan- dale der 1960er Jahre: 1964 Tod eines Untersuchungshäftlings nach Festsetzung in einer schalldichten Sonderzelle („Glocke“); 1967 Skandal wegen der Misshandlung von Häftlingen in der Kölner JVA „Klingelpütz“ ● Protest nach „1968“ gegen „repressive Einsperrung“ in Gefäng- nissen, Heimen und Psychiatrien: Beispiel „Knastcamp“ in E- brach, Juli 1969 ● Sozialwissenschaftliche Kritik am Gefängnis: Foucault, Überwa- chen und Strafen; Goffman, Asyle („totale Institution“) ● JVA Stuttgart-Stammheim (Neubau 1959-1963) als Muster ei- ner zugleich sicheren und menschenwürdigen Reformhaftan- stalt (Presse, Fotos, Architekturpläne) ● Konträre Wahrnehmungen von Gefängnis während der „bleier- nen Jahre“: „Isolationsfolter“ und „Vernichtungshaft“ versus „Privilegien für Terroristen“ (Haftbedingungen in Stammheim) ● Öffentliche Thematisierung von Gefängnis im Fall Uli Hoeneß ● Einblicke in die gegenwärtige Vollzugspraxis (Fotos aus JVA, Ta- gesplan, Interviews mit Häftlingen etc.) ● „Jurastudenten verordnen sich Knast-Aufenthalt”, Spiegel Onli- ne, 19.4.2013 46 VI. Gestalter des Rechts. Menschen und Institutionen 1. Bürger und Bürgerinnen. Teilhaben und Mitwirken Aus postmoderner Perspektive lassen sich das Recht und der Rechts- bereich nicht eindeutig bestimmen. Eine klare Abgrenzung gegenüber der Sitte und der Moral ist nicht möglich. Recht ist aus dieser Perspek- tive das, was beansprucht, Recht zu sein, und was tatsächlich von den Menschen als Recht angesehen wird. Folglich erweitert sich der Kreis möglicher Rechtsakteure deutlich. Jede/r Bürger/in hat Einfluss auf das Recht, indem er/sie dem Recht folgt oder nicht oder indem er/sie Rechtsverstöße sanktioniert oder nicht. Speziell gewinnen vor diesem Hintergrund die Medienöffentlichkeit und die Zivilgesellschaft zentrale Rollen, da sie beispielsweise zum Rechtsbewusstsein beitragen, auf Rechtsmissstände hinweisen und Gesetzesinitiativen anregen, um das Recht den gesellschaftlichen Realitäten anzupassen. Nicht die autoritä- re Rechtsetzung von oben, sondern das pluralistische Aushandeln von Recht – und teilweise auch von Rechtsstaatlichkeit – besitzt somit eine zentrale Bedeutung. Beispielhaft kann die Verjährungsdebatte über die Verjährungsfrist nationalsozialistischer Morde behandelt werden. Sie begann Ende der 1950er und setzte sich bis zum Ende der 1970er Jahre fort. Sie fällt damit in einen Zeitabschnitt, als Liberalisierungstendenzen in der bun- desdeutschen Gesellschaft eine immer größere Rolle spielten. Es ging hierbei um die grundlegende Frage, ob eine rückwirkende Verlänge- rung der Verjährungsfrist gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz „Nul- la poena sine lege” verstieß oder ob die Opfer und ihre Nachfahren sich auf einen übergesetzlichen Anspruch zur Ahndung auch lange zu- rückreichender NS-Verbrechen berufen konnten, zumal entsprechende Verfahren von der Justiz jahrelang verschleppt worden waren. Eine zentrale Rolle spielten hierbei linksliberale Medien, das Ausland und Interessengruppen speziell von NS-Opfern, die auf den bundesdeut- schen Gesetzgeber Druck ausübten, entsprechende Gesetzgebungsini- tiativen zu ergreifen. Bundesregierung und Bundestag agierten hinge- gen in dieser Frage zurückhaltend und tendierten, potentiell täter- freundlich, zu einem Schlussstrich. Erst aufgrund der Einflussnahme von außen sahen sie sich gezwungen, aktiv zu werden, um eine Verjäh- rung zu verhindern. Der Aushandlungscharakter zeigt sich darin, dass 1960, 1965 und 1969 jeweils die Verjährung nur um eine bestimmte Frist verlängert wurde, um dem öffentlichen Druck entgegenzukom- men, und erst 1979 die Verjährung ganz aufgehoben wurde. Auf diese Weise wurde ein tief greifender Wandel im Rechtsbewusstsein bei der Bewertung von Mord angeregt, so dass selbst heute, gut 70 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft greise NS-Täter noch zur Rechenschaft gezogen werden (siehe z.B. den Fall Oskar Gröning). Der hier zum Aus- druck kommende grundlegende Einstellungswandel wirkte sich bei- spielsweise auch auf die jüngste Verlängerung von Verjährungsfristen bei sexuellem Missbrauch aus. 47 Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Kontinuierliche Behandlung von Fragen der Gleichberechtigung in den Zeitschriften „Brigitte”, „Emma” und anderen Frauen- zeitschriften ● Das Beispiel Sexualstrafrecht: Unterordnung des Rechts unter moralische Mehrheitsmeinung während der 1950er und 1960er Jahre, neuerdings Reduzierung auf „moralisches Minimum” ● Immer wiederkehrende Diskussion über die Wiedereinführung der Todesstrafe nach grausamen Gewalttaten, so auch nach tödlichen Angriffen auf Polizeibeamte bei Demonstration gegen die Startbahn West in Frankfurt a. M. 1987 ● Anpassung der Rechtsprechung und der Gesetzgebung zur ehe- ähnlichen Gemeinschaft an gesellschaftliche Realitäten seit den 1990er Jahren ● Debatte zum Embryonenschutz und zur pränatalen Diagnostik und anschließende Regelung der Fragen durch den Gesetzge- ber ● Breite öffentliche Debatte nach Androhung von Folter gegen- über Magnus Gäfgen, dem Entführer des Bankierssohns Jakob von Metzler, 2002/2003 ● Hartes Strafmaß gegen Jugendliche nach Mord an Dominik Brunner in München 2010, nachdem die Tat große öffentliche Anteilnahme erregt hatte ● Verschärfung der Strafe für Blockieren der Rettungsgasse auf Autobahnen durch Gesetzgeber nach öffentlicher Empörung 2017 ● Bedeutung des Petitionsrechts, um sich als Individuum mit ei- genem Anliegen an Parlamente und andere staatliche Instituti- onen zu wenden und auf Rechtsetzung Einfluss auszuüben ● Buchreihe „Recht für Dummies” soll dem juristisch nicht ge- schulten Leser Grundverständnis für Rechtsprobleme im Alltag vermitteln 2. Das Recht und seine Berufe. Von Richtern, Anwälten und Rechtspflegern Der Rechtsstaat ist auch deshalb in der bundesrepublikanischen Ge- sellschaft verankert, weil die Praktiker des Rechts diese als Bür- ger/innen mitprägen. Der Rechtsstaat hat eine Vielzahl an Rechtsberu- fen in Gerichten, Verwaltungen und Unternehmen, in Rechtsanwalt- schaft und Staatsanwaltschaft, Notariat und Universität ausgebildet, worunter sich auch viele weniger bekannte Berufe wie Rechtspfle- ger/in, Rechtsanwaltsfachangestellte/r oder Justizvollzugsbeamter bzw. -beamtin befinden. Dabei ist es eine deutsche Besonderheit, dass der Staat die Ausbil- dungswege und Abschlüsse exklusiv definiert. Besonders die beiden juristischen Staatsexamina, die für alle akademischen Rechtsberufe Voraussetzung sind, sorgen für eine einzigartige Einheitlichkeit in der deutschen Juristenausbildung. Sie fördert eine starke berufliche Iden- 48 tität, die sowohl Ansprüche begründet als auch einem ethischen Code verpflichtet ist. Sie war rechtlich durch Standesprivilegien gestützt, die zum Teil bis heute im Berufsrecht überdauert haben. Männer in aka- demischen Rechtsberufen gehörten seit dem späten 18. Jahrhundert zum Kern des deutschen Bürgertums und gestalteten Politik und Ge- sellschaft an vorderster Stelle mit. Die überkommenen Privilegien des Juristenstandes wurden in Westdeutschland ‒ anders als in der SBZ/DDR ‒ auch über das Jahr 1945 hinaus tradiert. Ein gutes Beispiel ist dafür die Verfasstheit der Anwaltschaft in Anwaltskammern und in der Bundesrechtsanwaltskammer. Erst ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1987 hob eine Reihe von Standesrichtlinien auf und liberalisierte das Anwaltswesen einschneidend. Die Aufhebung des Verbots überörtlicher Sozietäten führte zur Etablierung von Großkanzleien, jene des Spezialisierungs- verbots zur Herausbildung einer Vielzahl von Fachanwaltsqualifizie- rungen; neue Formen von Dienstleistungen entstanden, so etwa die Mediation und die telefonische Beratung. Im Jahr 2000 fiel zudem die Beschränkung auf den Ort der Zulassung, schließlich brachte das Euro- parecht das Ende der nationalen Zulassungsbeschränkung. Die Zahl der Rechtsanwälte stieg seit den 1980er Jahren exponentiell an. Dazu kam, dass der Beruf weiblicher wurde: Waren 1970 nur 4,52 % aller zugelassenen Rechtsanwälte weiblich, machten Rechtsanwältin- nen 2016 bereits ein Drittel (33,87 %) ihres Berufsstandes aus. Beson- ders an deutschen Gerichten ist indessen eine Verweiblichung seit den 1980er Jahren festzustellen. Das Sozialprofil des Juristen bzw. der Ju- ristin wandelte sich damit beträchtlich. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Geschichte von Vereinen, Vereinigungen und Verbänden: Deut- scher Anwaltverein; Juristische Gesellschaften in ausgewählten Städten; Verband der Rechtspfleger; Richterbund ● Rechtsanwaltsfachangestellte und Rechtsanwälte: Beispiele aus Fernsehserien und Filmen ● Juristen in Parlamenten: biographische Beispiele und zahlen- mäßige Entwicklung (Bundestag, 18. Wahlperiode: 136 Ju- rist/innen von 634 Bundestagsabgeordneten) ● Frauen in Rechtsberufen: biographische Beispiele (bedeutende Frauen, z.B. Elisabeth Selbert, Erna Scheffler, Jutta Limbach usw.; aktuelle Beispiele aus dem Rechtswesen); zahlenmäßige Entwicklung; Deutscher Juristinnenbund (Einsatz für Gleichbe- rechtigung der Geschlechter, Familienrecht, Rentenrecht) ● Habitus eines Juristen im Wandel: 1) Selbstbilder: private Foto- grafien, Fotografien wichtiger Karrierestationen (zweites Staatsexamen, Assessortitel, Verpartnerung in Kanzlei, Ernen- nung zum Richter, zum Staatsanwalt usw.), Egodokumente; 2) Fremdbilder: Juristen in der Karikatur ● Juristen in Karlsruhe: Leben in einer besonderen Stadt (Wohn- viertel, Engagement in der Stadt, Leben mit Personenschutz): historische Veränderung des Milieus am lokalen Beispiel auf- zeigen 49 3. Durch alle Instanzen. Vom Amtsgericht zum Bundesgerichtshof „Das lasse ich mir nicht gefallen“, „ich klage mich durch alle Instanzen“ oder „damit gehe ich bis zum Bundesverfassungsgericht“, solche oder ähnliche Sätze sind inzwischen geflügelte Worte. Was im heutigen Sprachgebrauch wie selbstverständlich Verwendung findet, beinhaltet nicht weniger als fundamentale Errungenschaften des liberalen Rechtsstaats. Gemeint ist damit das durch die Verfassung gewährleis- tete Recht (Art. 19 IV GG) von Bürger/innen, gegen Entscheidungen der ausübenden Gewalt (Exekutive), gegen Rechtsverletzungen durch Dritte sowie gegen Entscheidungen von Gerichten mit Hilfe der Justiz (Judikative) vorzugehen und dabei – wie auch in allen anderen Berei- chen gerichtlicher Auseinandersetzungen – die Entscheidung zur Nachprüfung vor ein Gericht höherer Ordnung (nächste Instanz) zu bringen. Gemeint ist darüber hinaus, auf dem Zivilrechtsweg die Mög- lichkeit der Überprüfung durch ein unabhängiges Gericht zu erhalten. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde ist es Bürger/innen sogar möglich, bei mutmaßlicher Verletzung ihrer Grundrechte durch die öffentliche Gewalt nach Ausschöpfung des Rechtsweges das Bundes- verfassungsgericht anzurufen. Durch die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung durch unabhängige Gerichte werden Bürger/innen zu berechtigten Akteuren des Rechtsstaats. Dieses Prinzip sichert ihnen fundamentale Freiheitsrechte durch den Schutz vor staatlichen Willkü- rentscheidungen und garantiert ihnen die durch das Grundgesetz ge- währleistete Gleichheit vor dem Gesetz. Gleichzeitig garantiert das Grundgesetz die Unabhängigkeit von Richter/innen (Art. 97 GG). In welchen Fällen ist allerdings welches Gericht zuständig und welche Instanzen können wann angerufen werden? Dieses Modul gibt den Besucher/innen einen Überblick über die verschiedenen Rechtsberei- che (Strafrecht, Zivilrecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht, Verwaltungsrecht, Steuerrecht) und erläutert Zuständigkeiten und Kompetenzen der ver- schiedenen Gerichte. Ein aktueller Trend geht hingegen zu einer Infragestellung der Ge- richtsbarkeit – Mediationsverfahren gewinnen zunehmend an Attrak- tivität, sowohl im innergerichtlichen als auch im außergerichtlichen Bereich. Diese Entwicklung hat bislang unabsehbare Folgen für die Konstruktion des Rechtsstaats. Auch sie ist im Forum Recht zu thema- tisieren. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Anhand ausgewählter Klagegründe oder Straftatbestände („Fallkarten“) können Besucher/innen verschiedene Instanzen- züge „durchspielen“, um mehr über die fundamentalen Rechts- instrumente der Klage/Anklage, Berufung, Revision oder der Beschwerde zu erfahren. ● Dargestellt werden kann zudem die Einspruchsmöglichkeit ge- genüber einem behördlichen Entscheid vor den Verwaltungsge- richten (zudem evtl. Finanzgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbar- keit) ● Eine besondere Bedeutung kommt hier den Letztenscheidun- gen des BGH zu, anhand derer die (notwendig) komplexe Ent- scheidungsstruktur verdeutlicht werden kann. ● Nach einem erläuternden Schauspiel gibt es multimediale Sta- tionen, die die Charakteristika der jeweiligen Instanz für die Be- 50 sucher/innen zugänglich machen. Durch interaktive Schnittstel- len ist es möglich, je nach „Fallkarte“ verschiedene Instanzen- wege aufzuzeigen und Lösungsmöglichkeiten anzubieten. ● Diese Sektion basiert auf multimedialen Stationen bzw. Schau- bildern. Bilder einzelner Gerichtsgebäude können die jeweilige Instanz symbolisieren, ansonsten bedarf es keiner originalen Exponate. ● interaktive Mehrebenen-Karte, auf der alle Bundesgerichte zu historisch jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten eingetragen sind (Kaiserreich, Weimarer Republik, Bundesrepublik vor und nach 1990), davon ausgehend werden die jeweiligen Instanzen- züge erläutert ● Darstellung und Erläuterung von gerichtsinternen und außerge- richtlichen Mediationsverfahren: Entwicklung (Debatten bis hin zur EU Richtlinie 2008/52/EG und zum Mediationsgesetz 2012) – Felder – Folgen der zunehmenden Attraktivität von Mediati- onsverfahren für den Rechtsstaat und vor allem die Gerichts- barkeit 4. „Bürokratie“. Verwaltung und rechtsstaatliche Praxis Bürokratie oder Verwaltung prägen die Alltagserfahrungen aller Bür- ger/innen mit Recht in vielfältiger Weise. Intensivster Begegnungsort mit solchem Verwaltungshandeln ist die Kommunalverwaltung in ih- ren vielfältigen Ausprägungen. Für Deutschland ist die kommunale Ebene durch eine hochgradige Unabhängigkeit von Vorgaben höherer Ebenen (Länder, Bund) gekennzeichnet, so dass dortiges Verwaltungs- handeln stark durch politische und bürgerschaftliche Mitsprache be- einflusst wird. Bürokratie und Verwaltung sind als klassische Verkörperung von Recht und Ordnung eine langfristig entwickelte, zentrale Dimension eines jeden Rechtsstaats. Ursprünglich als Werkzeug des absolutistischen Fürstenstaats entstanden, vermochte die Beamtenschaft die monar- chische Spitze sukzessive selbst rechtlich zu binden. Dadurch wurden die Beamten faktisch zur herrschenden Schicht des Verwaltungsstaats unter rechtsstaatlichen Bedingungen, worauf schon im 18. Jahrhun- dert der „Bürokratie“-Begriff (Herrschaft der Amtsstuben) polemisch hinwies, aber zugleich auch zu einem zentralen Akteur beim Ausbau dieses Verwaltungsstaats zum liberalen Verfassungsstaat im 19. Jahr- hundert. Die „Machtergreifung” der Beamtenschaft mit den Mitteln des Rechts – im Wechselspiel zwischen Verwaltung und „Beamtenpar- lamenten” – war somit ambivalent; gegen „Bürokratie“ wurde (schon in der französischen Ursprungsform des Begriffs) permanent polemi- siert, doch andererseits interpretierten maßgebende Soziologen wie Max Weber dieselbe Bürokratie als rationale Form legaler Herrschaft und haben die Herrschaft der Verwaltung damit dezidiert legitimiert. In dieser etatistisch-bürokratischen Tradition wurde noch nach Grün- dung der Bundesrepublik ein folgenschweres „Erbe der Monarchie” identifiziert (Thomas Ellwein 1954). Auch wenn sich seither das Ver- ständnis heutiger Verwaltung von einer Repräsentanz des hoheitlichen Staates bzw. von einer Selbstdeutung als den eigentlichen Trägern der „Staatsidee” hin zu einer bürgernahen Dienstleistungsorganisation verschoben hat, bleibt die rechtsstaatliche Bindung der Bürokratie unverändert wichtig. Letztere soll die Gleichbehandlung aller sachlich 51 identischen Verwaltungsvorgänge ohne Ansehen der Person und zu- gleich deren dokumentierte (akten- oder datenbasierte) Nachprüfbar- keit sichern. Die damit einhergehende Umständlichkeit und Zeitdauer der Verfahren wurde und wird allerdings immer wieder kritisiert. Der Dauerkonflikt zwischen Verwaltungsexpansion und Verwaltungsver- einfachung dürfte jedoch auch in Zukunft erhalten bleiben, denn bei- des wird von der Zivilgesellschaft gleichermaßen erwartet. Gerade für die Rechtsstaatsentwicklung in Deutschland ist die kritische Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen durch eine ausgeprägte Verwaltungsgerichtsbarkeit ein bedeutendes Merkmal, das nur unter den NS- und SED-Diktaturen systematisch missachtet wurde. Mittler- weile ist das Verwaltungsrecht von starker Europäisierung geprägt – ein wichtiger Faktor für eine weitere Verrechtlichung und Rechtsex- pansion. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Bürokratie in der modernen Industriegesellschaft: Aufgabenex- pansion, gesellschaftliche Kritik, wissenschaftliche Deutungen ● Totalitäre Kritik bürokratischer Verwaltung und Zerstörung rechtsstaatlicher Administration: Nationalsozialismus und Kommunismus ● Autoritäre Verwaltung und Demokratie: Lernprozesse in der frühen Bundesrepublik ● Aufgabenexpansion versus Bürgerorientierung und Deregulie- rung: Verwaltungsreformen der jüngsten Zeit ● „St. Bürokratius“ – die Geschichte eines Begriffs ● Wolfgang Bruno, Der heilige Bürokratismus. Beamtenhumores- ken, 1937 ● Max Zachert, Der Bürokratismus und seine Überwindung, Mün- chen 1948 ● Karl Korn, Sprache in der verwalteten Welt, 1962 ● Herbert Lattmann, Bürokratismus. Der Staat ist uns abnehmend lieb und zunehmend teuer, 1979 ● „Passierschein A38“ in „Asterix erobert Rom“ (Zeichentrickfilm 1976) ● Reinhard Meys Lied „Ein Antrag auf Erteilung eines Antragfor- mulars“ (1977) ● Absurde Bürokratie-Szenen im dystopischen Kultfilm „Brazil“ von Terry Gilliam (1985) ● Absurde Bürokratie im US-Spielfilm „Terminal“ von Steven Spielberg (2004) ● „Untersuchung deckt erhebliche Mängel bei Asylverfahren auf”, in: Die Welt 31.5.2017 ● „Unternehmen versinken in der Bürokratie”, in: Handelsblatt 5.10.2012 52 5. Parlamente. Orte der Rechtsetzung In der Demokratie kommt die Gesetzgebungsfunktion den in allgemei- nen, unmittelbaren, freien, geheimen und gleichen Wahlen gewählten Parlamenten zu. Das demokratische Prinzip der Gewaltenteilung (Le- gislative, Exekutive, Judikative) wird in diesem Modul des Forums Recht eingeführt und in seiner freiheitssichernden Funktion erläutert (1). Dabei wird die Rechtsetzung über parlamentarische Gesetzgebung als formelle Rechtsetzung eingeordnet und von der materiellen Recht- setzung über Verordnungen geschieden. Die Bedeutung der Rechtset- zung der Europäischen Union und ihr Einfluss auf die nationale Gesetz- gebungspraxis in der Bundesrepublik sind ebenfalls zu adressieren. Neben dem Deutschen Bundestag verfügen in der Bundesrepublik die Länderparlamente über Gesetzgebungskompetenz. Der deutsche Fö- deralismus (2) manifestiert sich in der Staatlichkeit der Länder und der Bundesstaatlichkeit der Bundesrepublik. Die Landesverfassungen der einzelnen Bundesländer dürfen jedoch nur innerhalb des durch das Homogenitätsprinzip definierten Rahmens vom Grundgesetz abwei- chen. Der Gesetzgebungsprozess folgt einer festgeschriebenen Struktur. In ihn sind eine Vielzahl von Institutionen und Personengruppen einge- bunden. Nicht zuletzt ist eine Reihe von Gesetzen von der Zustimmung des Bundesrats abhängig. Von besonderer Bedeutung für den Gesetz- gebungsprozess sind die jeweils zuständigen Fachausschüsse des Bun- destages; in ihnen erfolgt die Beratung über eingebrachte Gesetzent- würfe unter Heranziehung von Experten, Ministerien, Lobbygruppen, zivilgesellschaftlichen Akteuren usw. in enger Abstimmung mit den Fraktionen. Ist ein Gesetz verabschiedet, bedarf es der Unterschrift des Bundespräsidenten. Bleibt diese aus, wird ein Organstreitverfah- ren (3) vor dem Bundesverfassungsgericht angestrengt. An der Nicht- Unterzeichnung des Flugsicherheitsgesetzes 2006 durch Horst Köhler wird dieser Fall exemplifiziert. Dieses Beispiel weist zudem auf Prob- leme einer Gesetzgebung im Eilverfahren hin. Eine wichtige Funktion im Gesetzgebungsverfahren kommt der abs- trakten und konkreten Normenkontrolle (4) zu, durch welche die Ver- fassungsbindung des Gesetzgebers zusätzlich gewährleistet wird. Sie stellt ein weiteres Machtpotential des Bundesverfassungsgerichts bzw. der Landesverfassungsgerichte dar und gibt der Opposition in den deutschen Parlamenten ein scharfes Schwert an die Hand. Am Beispiel der Normenkontrollklage der Bayerischen Staatsregierung gegen den Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR 1973 sowie der SPD-regierter Länder und SPD-Bundestagsabgeordneter ge- gen das „Kriegsdienstverweigerer-Neuordnungsgesetz” 1985 wird die- ses Rechtsinstrument vorgestellt. Die Komplexität des Gesetzgebungsverfahrens wird in der allgemeinen Presseberichterstattung selten deutlich. Umso wichtiger ist es, sie den Besucher/innen zu veranschaulichen. Als Beispiel dafür dient die Gro- ße Strafrechtsreform (5), die vornehmlich in den 1960er und 1970er Jahren eine grundlegende Reform des Strafgesetzbuches bewerkstel- ligte. Die Beratungen, die 1953 durch eine Initiative von Justizminister Thomas Dehler ihren Anfang nahmen, wurden von einer aktiven Rolle von Rechtswissenschaftlern und Richtern geprägt, die sowohl in den bestellten Kommissionen arbeiteten als auch von außen kritisch in die Diskussion eingriffen. Die schließlich 1969, 1970, 1973 und 1974 ver- 53 abschiedeten Gesetze waren das Ergebnis einer vielschichtigen Debat- te, die im Bundestag ihr Zentrum hatte. Gesetzgebung, das illustriert dieses Beispiel, ist Ausfluss gesellschaftlicher Debatten, ist in der De- mokratie ein multidimensionaler, gesellschaftlich verankerter Prozess. Zugleich indes liegen in ihm auch Gefahren verborgen. Durch die Ein- bindung von zivilgesellschaftlichen Kräften und Experten in die Formu- lierung und Beratung von Gesetzen wird Lobbyinteressen (6) ein direk- ter Zugang zur Gesetzgebung gegeben. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Bilder der 16 Landesparlamente und eine interaktive Grafik, die die bundesstaatliche Verfasstheit erläutert; Schulsystem in der Bundesrepublik: interaktive Karte ● Multimediale Station: Gesetzgebungsverfahren auf Bundes- ebene ‒ jeweils mit Hintergrundinformationen zu den einzel- nen beteiligten Institutionen ● Organstreitverfahren, Flugsicherheitsgesetz 2006: Medienbe- richterstattung, Begründung von Horst Köhler, Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ● Große Strafrechtsreform: Strafgesetzbuch in verschiedenen Auflagen und Ausführungen; Porträts der beteiligten Protago- nisten (Justizminister, Juristen, Politiker); verschiedene Entwür- fe (Große Strafrechtskommission, Alternativ-Entwurf); Proto- kolle des Rechtsausschusses; Hörstation: Auszüge aus Diskussi- onen im Bundestag und im Rechtsausschuss ● Schaubild: Was sind Lobbyisten?; zugelassene Lobbyisten beim Bundestag; Methoden des Lobbying (Monitoring; Agenda- Setting; Bereitstellen von Expertise usw.); Kritik an Lobbyismus, z.B. Anti-Lobby-Organisationen (LobbyControl u.a.); Karikatu- ren 6. „Karlsruhe“. Das Bundesverfassungsgericht im politischen Konfliktfeld Als Verfassungsorgan und „oberster Hüter der Verfassung” besitzt das Bundesverfassungsgericht eine herausragende Stellung im politischen System der Bundesrepublik. Diese Stellung war mit seiner Konstituie- rung im Jahr 1951 nicht automatisch gegeben, sondern musste vom Gericht erst erkämpft werden. Nachdem es sich im Statusstreit von der Aufsicht durch das Bundesjustizministerium losgelöst hatte, weitete es seine Prüfungskompetenz und Entscheidungswirkung zulasten von Parlament, Regierung und anderen Gerichten kontinuierlich aus. Sein Charakter als hochpolitisches und „entgrenztes Gericht” (Matthias Jestaedt) entwickelte sich also als Ergebnis institutioneller Konflikte (und der öffentlichen Anerkennung ihrer Resultate) und immer neuer rechtsargumentativer Herausforderungen. Das Gericht beanspruchte Macht in einem Umfang, der im internationalen Vergleich einzigartig ist, der aber aus Sicht der Richter notwendig war, um antiliberale Überhänge in Recht, Politik und Gesellschaft aus der Zeit vor 1945 zu beseitigen. Insofern kommt ihm eine maßgebliche Rolle beim Prozess der gesellschaftlichen Liberalisierung und der Demokratisierung des politischen Systems zu. 54 Das Bundesverfassungsgericht erfreut sich weiter der Zustimmung in der Bevölkerung, aber es zieht auch immer wieder öffentliche Kritik auf sich. Dies zeigte sich besonders während der 1970er Jahre, als es wiederholt als konservativer Bremser sozialliberaler Reformpolitik in Erscheinung trat (Deutschlandpolitik, Abtreibungsrechtsreform). Wäh- rend der 1990er Jahre stand es vor einer ähnlichen Herausforderung wie schon in den 1950er Jahren, denn im Zuge der deutschen Vereini- gung ab 1990 galt es, erneut größere Teile der Bevölkerung in ein Ge- meinwesen, das sie überwiegend als fremd wahrnahmen, zu integrie- ren, sie von der freiheitssichernden Wirkung des Rechtsstaats zu über- zeugen und zugleich als vergangenheitspolitischer Akteur in Erschei- nung zu treten. Aufgrund von Globalisierung und Europäisierung spricht manches dafür, dass das Gericht seit einiger Zeit an Einfluss und Bedeutung verliert und sich dieser Prozess in Zukunft fortsetzen wird. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Als Eyecatcher werden die auffälligen scharlachroten Richter- roben der Bundesverfassungsrichter verwendet, die der Richt- ertracht der Stadt Florenz aus dem 15. Jahrhundert nachemp- funden wurden. ● Aus didaktischen Gründen erscheint es sinnvoll, ein oder zwei beispielhafte Fälle vor dem Bundesverfassungsgericht in den Mittelpunkt zu stellen und diese mit ihren unterschiedlichen Verfahrensschritten darzustellen, um so das Besondere des Verfassungsgerichtsprozesses deutlich zu machen (Klageerhe- bung, Auswahl des Berichterstatters unter den Richtern, Anfor- derung von Gutachten und Stellungnahmen, mündliche Ver- handlung mit Prozessparteien, Zeugen und Gutachtern, evtl. Ortsbegehung, geheime interne Beratung und Abstimmung un- ter den Richtern, Versuche der Einflussnahme von außen, Ver- fassen von Sondervoten, Urteilsverkündung, Reaktion der Pro- zessparteien und der politischen Öffentlichkeit). Aufgrund der 60-Jahre-Sperrung der internen Bundesverfassungsgerichtsak- ten würde sich hierfür das KPD-Verbotsverfahren eignen. Die- ses Verfahren von 1956 ließe sich dem gescheiterten NPD- Verbotsverfahren von 2017 gegenüberstellen. ● Zugleich soll ein Überblick über maßgebliche Richtungsent- scheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die in der Medi- enöffentlichkeit eine besondere Resonanz fanden, und ihren historischen Kontext gegeben werden, z.B. 131er, Fernseh- streit, Grundlagenvertrag, Schwangerschaftsabbruch I und II, Volkszählung, Maastricht, „Soldaten sind Mörder”, Kruzifix und Luftsicherheitsgesetz. ● Darstellung der Architektur des Gebäudes des Bundesverfas- sungsgerichts ● Aufriss der Biografie einzelner Richterpersönlichkeiten, z.B. Wil- li Geiger, Gerhard Leibholz, Ernst Benda, Wiltraut Rupp-von Brünneck, Ernst-Wolfgang Böckenförde, Roman Herzog, Jutta Limbach ● Behandlung der gescheiterten Nominierung Horst Dreiers 2008 als Beispiel für komplexes und parteipolitisch gesteuertes Aus- 55 wahlverfahren der Bundesverfassungsrichter und die wichtige Veto-Rolle der Medienöffentlichkeit ● Zunehmendes Konfliktverhältnis zwischen Bundesverfassungs- gericht und Europäischem Gerichtshof 7. Ein Volk von „Prozesshanseln“? Die Deutschen und der Rechtsweg Gleichheit vor dem Recht war – in Bezug auf die Möglichkeit der An- strengung juristischer Verfahren – stets auch materiell bedingt. Zur Abmilderung sozialer Ungleichheit wurden staatliche Hilfen durch Kos- tenübernahme geschaffen. Das Institut des ggf. von der Staatskasse bezahlten Pflichtverteidigers in Strafprozessen hat eine solche Wir- kung, die beim 1980 eingeführten Beratungshilfegesetz „für Bürger mit geringem Einkommen” auch intentional gegeben ist. Ebenso ver- hält es sich für die auf Antrag zu gewährende Prozesskostenhilfe. Auch die Zivilgesellschaft wusste sich zu helfen – namentlich durch das freiwillige Vertragsinstitut der Rechtsschutzversicherung, das wiede- rum auf gilden- und genossenschaftlichen Selbsthilfe-Vorläufern auf- baute. Die Rechtsschutzversicherung in Deutschland entwickelte sich – anknüpfend an internationale Vorläufer insbesondere in Frankreich – seit den 1920er Jahren infolge des wachsenden Automobilverkehrs. Bis heute ist der KfZ-Rechtsschutz das häufigste Einstiegsszenario. Doch bereits seit den 1930er Jahren wurden auch andere Rechtsberei- che versichert. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts scheint der weltkriegsbedingte Drang der Deutschen zur „Suche nach Sicherheit” (Eckart Conze) einen wichtigen alltagsgeschichtlichen Ausdruck in der Zunahme der Rechtsschutzversicherungen zu finden: Heute ist das Beitragsvolumen deutscher Rechtsschutzversicherer deutlich höher als das aller übrigen europaweit Versicherten. Die damit verbundene materielle Erleichterung für Prozessführung mündete in den letzten Jahrzehnten in gesteigerte Verfahrenszahlen. Gegen notorisch klagefreudige „Prozesshanseln“ wehren sich jedoch Versicherer durch Kündigungen und die Anlage „schwarzer Listen”. Zugleich diente in jüngster Zeit die erweiterte Möglichkeit der Wahr- nehmung von Schiedsverfahren und Mediationen vor einem Ge- richtsprozess der Kosten- und Prozesszahlen-Senkung. 2012 konnte der Direktor einer großen Rechtsschutzversicherungsgesellschaft da- her beruhigt feststellen: „Die Deutschen sind keine Prozesshanseln mehr.“ Freilich könnte diese Erfolgsmeldung auch anders gelesen wer- den – als womöglich schwindendes Vertrauen in den Rechtsstaat. Zugleich bedeutet der versicherungsbasierte Zugang zum Klageweg auch eine erhebliche soziale Demokratisierung des Rechtsweges – auf dem Wege seiner seit den 1990er Jahren EU-weit intensivierten Ver- marktlichung. Dieser Zugang wird unterschiedlich in Anspruch ge- nommen: Großstädter nutzen die Rechtsschutzversicherung in dieser Hinsicht häufiger als Bewohner ländlicher Gebiete, Westdeutsche stär- ker als Ostdeutsche, Familien stärker als Alleinstehende. Am häufigs- ten sind vertrags- und arbeitsrechtliche Konflikte Ursache von versi- cherungsfinanzierten Prozessen. 56 Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Franz A. Mathy, Rechtsschutz-Alphabet, Karlsruhe 2. Aufl. 2000, S. 661-662: Mediale Klagen über Deutsche als klagefreudige „Prozesshanseln“ und den Hintergrund steigender Zahlen der Rechtsschutzversicherungen ● Ratgeberliteratur: z.B. Stiftung Warentest 2002; NTV 2015, „Tenhagens Tipps: Braucht man eine Rechtsschutzversiche- rung?“ ● Werbungen für Rechtsschutzversicherungen, z.B. „Advocard ist Anwalts Liebling”, Fernsehwerbung 1991 mit „Liebling Kreuz- berg”-Star Manfred Krug ● Rechtsschutzversicherung Cartoons im Netz ● Prozesskostenhilfe am Beispiel Scheidungsverfahren: Ausgleich geschlechtstypischer Ungleichheiten (nichtberufstätige Ehe- partner/innen) 57 VII. Recht international. Europa und das Globale 1. Völkerrecht und Souveränität Das Problem, wem die Souveränität, das heißt die Letztentscheidungs- befugnis in einem Staatswesen, zukommt, wirft eine doppelte Frage auf. Innenpolitisch geht es um die Staatsform. Die westlichen Demo- kratien, die zumeist aus Monarchien hervorgingen, ruhen heute auf dem Prinzip der Volkssouveränität, sei es in kodifizierter Form wie in den Republiken der USA, Frankreichs, Italiens oder Deutschlands; sei es de facto wie in den parlamentarischen Monarchien Großbritanni- ens, Schwedens oder der Niederlande. Auf der internationalen Bühne geht es dagegen darum, ob der in Frage stehende Staat, rechtlich frei von äußeren Einflüssen, die uneingeschränkte Entscheidungsmacht über seine inneren und äußeren Angelegenheiten besitzt. Historisch betrachtet, ist die Geschichte der Nationalstaaten seit dem 17. Jahrhundert und zugleich die Entwicklung des europäischen Völ- kerrechts eng mit dem Streben nach nationaler Souveränität und un- beschränkter Selbstbestimmung verbunden – wobei die äußere Sou- veränität tatsächlich nie unbegrenzt war. Dennoch ist das Prinzip, wo- nach niemand anders als der Träger der Souveränität – heute also die Nation – über die eigenen Belange zu entscheiden habe, bis in die Ge- genwart hinein ein wichtiger Maßstab für die internationale Politik. So ist das britische Votum für den Austritt aus der Europäischen Union („Brexit“) maßgeblich mit dem Prinzip der Souveränität des britischen Parlaments („parliamentary sovereignty“) begründet worden. Und auch in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union regen sich Skepsis oder sogar Widerstand gegen einen zu großen Einfluss der Brüsseler Kommission auf das nationale Recht (siehe VII.2.). Allerdings wird immer wieder die Frage gestellt, ob die (national- )staatliche Souveränität heute nicht ohnehin eine Fiktion sei. Die weltweite Verflechtung nimmt ebenso zu wie die Anzahl gültiger in- ternationaler Verträge sowie das Gewicht internationaler Organisatio- nen wie der Vereinten Nationen oder des Internationalen Währungs- fonds. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die meist durch bestimmte Interessen oder ethisch begründete Positionen ange- trieben werden, erhöhen ihren internationalen Einfluss und leisten einen zunehmenden Beitrag zur Durchsetzung des Völkerrechts. Zu- gleich sind globale Herausforderungen wie der Klimawandel, Ernäh- rungsfragen oder auch die weltweiten Flüchtlings- und Migrations- ströme schon längst nicht mehr auf der nationalstaatlichen Ebene al- lein zu bewältigen. Darüber hinaus wurden massive Menschenrechts- verletzungen in jüngster Zeit zum Anlass genommen, um ein humani- täres Interventionsrecht zu begründen und mit militärischer Gewalt in die inneren Angelegenheiten eines Staates einzugreifen (z.B. Irak, So- malia, ehemaliges Jugoslawien). Diese Entwicklungen weisen darauf hin, dass das traditionelle Konzept des geschlossenen und souveränen Rechtsstaats kaum mehr die Wirklichkeit angemessen erfasst. Andererseits zeigen zahlreiche jüngste Beispiele staatlichen Handelns die nach wie vor bestehende, partiell sogar wieder ansteigende Be- deutung der nationalen Souveränität oder zumindest dessen, was als solche beansprucht wird. Insofern ist die Balance zwischen national- 58 staatlicher Letztentscheidung und übernationalen Interventionen und Einflüssen historisch wandelbar, und es ist auch nicht erkennbar, dass es eine lineare Entwicklung zu einem „postnationalen“ oder „nicht- staatlichen“ Zeitalter gäbe. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Klassische Darstellung des Souveräns auf dem Titelblatt von Thomas Hobbes’ „Leviathan“ (1651) evtl. als dreidimensionales Objekt ● Briefmarke zur „weitgehenden Souveränität” der Bundesrepub- lik 1955, ARD-Tagesschau, 12.9.1990: „Souveränität erklärt” (Zwei-plus-Vier-Vertrag) ● Die Völkerrechtsfreundlichkeit und „offene Staatlichkeit“ des Grundgesetzes – die Artikel, die Lehre, die Rechtsprechung, da- bei Völkerrecht bis 1990 als Klammer für den bundesdeutschen Anspruch auf Wiedervereinigung ● Vom Umweltkonflikt zum kalkulierten Rechtsverstoß: Aktionen von Greenpeace ● Chronologische Darstellung des Jugoslawien-Konfliktes, der entsprechenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, der Auseinandersetzung um eine deutsche Beteiligung an UN- bzw. NATO-Operationen und der Prozesse gegen die Kriegsverbre- cher vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemali- ge Jugoslawien in Den Haag ● Das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015, die Kündigung durch die USA und die Reaktionen der bundesdeutschen und internationalen Öffentlichkeit 2. Europäische Union und nationales Recht Die Europäische Union hat sich zu einem historisch singulären Staa- tenverbund entwickelt, da die Mitgliedstaaten zunehmend ihre Souve- ränitätsrechte an sie abgetreten haben. Die Europäische Union verfügt über einen direkten Durchgriff auf die innerstaatlichen Rechtsordnun- gen und stellt damit das traditionelle Konzept des nationalen und ge- schlossenen Rechtsstaats grundlegend infrage. Bereits die Keimzelle der heutigen EU, die 1951 gegründete Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, sah entsprechende Regelungen vor und vergemein- schaftete den Markt für schwerindustrielle Rohstoffe und Produkte. Die Gründungsmitglieder – die Bundesrepublik Deutschland, Frank- reich und Italien sowie die Benelux-Staaten – verzichteten dement- sprechend auf nationale Souveränitätsrechte im Bereich der Zölle, Marktregulierungen und Kontingentierungen und übertrugen diese auf die neu geschaffene „Hohe Behörde“. Über die Römischen Verträge von 1957, den Vertrag von Maastricht von 1992 und zuletzt den Ver- trag von Lissabon von 2007 hat sich dieses supranationale Prinzip der Europäischen Union, Rückschläge wie das Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1954 mit eingerechnet, kontinuierlich wei- terentwickelt. Heute ist die Europäische Wirtschafts- und Währungs- union über weite Strecken realisiert. Auch firmiert die europäische Außen- und Sicherheitspolitik als gemeinsames Ziel. Die supranationa- 59 len Akteure verkörpern dabei die Kommission als Nukleus einer euro- päischen „Exekutive“ mit einem noch recht schwachen Europäischen Parlament als Gegenüber, zudem der Europäische Gerichtshof und – für den Euroraum – die Europäische Zentralbank. Sie werden freilich ergänzt durch den Ministerrat und den Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs, die das für die EU weiterhin konstitutive zwi- schenstaatliche, „intergouvernementale“ Prinzip verkörpern. Nach wie vor werden hier die entscheidenden politischen Weichenstellungen Europas verhandelt, und diese Verhandlungen entsprechen zumindest der Form nach weitgehend dem gleichberechtigten Interessenaustrag zwischen den Regierungen souveräner Nationalstaaten. Europäisches Recht beruht auf den zwischen den Mitgliedstaaten ge- schlossenen Verträgen (europäisches Primärrecht). Hiervon abgeleite- tes Recht kann auf dem Wege der europäischen Gesetzgebung durch Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse gesetzt werden; seine Kom- patibilität und Rechtsförmigkeit wird ggf. durch den EuGH geprüft. Auf diese Weise hat sich das europäische Recht bereits tief in das jeweilige nationale Recht der Mitgliedstaaten eingeschrieben. Der Rechtsalltag der EU-Bürger/innen ist auf vielfältige Weise vom europäischen Recht geprägt. Neben den Verfahren der Europäischen Union gibt es weitere Rechts- gebiete, die im europäischen Rahmen geregelt sind, und zwar durch herkömmliche multilaterale Abkommen. Hierzu gehören zum Beispiel die Festsetzung eines Menschenrechtsstandards durch die Europäi- sche Menschenrechtskonvention mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, das Patentwesen mit der Europäi- schen Patentorganisation mit Sitz in München, die Regelung der Schiff- fahrt auf dem Rhein mit der Zentralkommission für die Rheinschiff- fahrt in Straßburg, aber auch die Freizügigkeit im sogenannten Schen- gen-Raum. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Darstellung der Befugnisse der EU-Institutionen (Kommission, Parlament, EuGH) – mit historischer Dimension (EGKS, Römi- sche Verträge) ● Darstellung von „Costa ./. ENEL“ als klassischer Fall von 1964, in dem der EuGH den Vorrang von Europäischem Gemeinschafts- recht vor nationalem Recht begründet ● Die rechtlichen Grundlagen der Währungsunion: die Europäi- sche Zentralbank und die Beschneidung der griechischen Sou- veränität in der Euro-Krise, zur Visualisierung Ausstellung von Ein-Euro-Münzen aus den verschiedenen Ländern der Europäi- schen Währungsunion ● Ausschreibungspflicht: Öffentliche Einrichtungen müssen ab ei- nem bestimmten Schwellenwert Aufträge europaweit aus- schreiben, Darstellung eines einzelnen beispielhaften Falles durch die Dokumentation sämtlicher Arbeitsschritte ● EG-Bananenmarktverordnung vom 16.9.1994 (Nr. 2257/94): Zunächst intergouvernemental ausgehandelte Kontingentie- rung mit sehr unterschiedlichen Interessen zwischen (überwie- gend in Außereuropa) produzierenden Ländern und reinen Konsumentenländern (Handelsrecht); dann die Verordnung, die 60 Qualität und Beschaffenheit der „Finger“ regelt (Verbraucher- schutz, Transportaspekte); Kritik am Brüsseler „Bürokratismus” ● Kopftuchstreit: Unterschiedliche und differenziert argumentie- rende Rechtsprechung auf nationaler und europäischer Ebene, ob Kopftuch im öffentlichen Dienst oder bei privaten Arbeitge- bern getragen werden darf und welcher rechtlichen Anforde- rungen Verbote genügen müssen (z.B. BVerfGE 108, 282, 1 BvR 471/10; EuGH: C 157/15; EGMR: Beschwerde-Nr. 6484611) ● Privatisierung von Post, Telekommunikation und Bahn; ent- scheidende Rolle der Europäischen Richtlinien (z.B. 91/440/EWR); genaue Darstellung des Zustandekommens der Richtlinie und der Umsetzung in bundesdeutsches Recht ● Personenfreizügigkeit als Kernbereich des Unionsrechts, zudem freier Personenverkehr im Schengen-Raum (Visualisierung, z.B. durch Ausstellung von Pässen, Visa und Aufenthaltsgenehmi- gungen als historische Exponate) ● Europalandkarte zur Darstellung der allmählichen Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften und der unterschiedlichen Integrationsgebiete (z.B. Schengen-Raum, Wirtschafts- und Währungsunion) ● Als Beispiel für positive Auswirkungen der EU für den einzelnen Verbraucher: Abschaffung der Roaming-Gebühren zum 15.6.2017 ● Am Beispiel des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001, das in einer „großen Lösung” eine tiefgreifen- de Reform des BGB bewerkstelligte, wird die Wirkung von EU- Richtlinien auf nationales Recht dargestellt. ● Vertragsverletzungsverfahren; Verfahren gegen Mitgliedslän- der bei Nicht-Umsetzung von EU-Richtlinien 3. Flucht, Asyl und Migration. Die Herausforderung des Globalen Kaum ein Lebensbereich ist stärker durch die Verschränkung unter- schiedlicher Rechtsgebiete gekennzeichnet als die Regulierung von Asyl, Flucht und Migration. Die Staaten Europas – und Deutschland im Besonderen – sind über das ganze 20. Jahrhundert hinweg Zielländer für Migrant/innen gewesen; ein Prozess, der sich durch die Flücht- lingswellen aus Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten seit ca. 2010 und dann vor allem 2015/16 massiv zugespitzt hat. In der rechtli- chen Behandlung der Flüchtlinge und Migrant/innen verschränken sich unterschiedliche Rechtsnormen: Zunächst gelten in ganz Europa – ab- gesehen von den Vorschriften der nationalen Rechtsordnungen – die Menschenrechte bestehend aus der 1950 vom Europarat verabschie- deten Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der 2009 in Kraft getretenen EU-Grundrechtecharta. Außerdem einigte man sich 1951 auf einer UN-Sonderkonferenz auf die Genfer Flüchtlingskonven- tion. Alle diese internationalen Verträge begründen verbindliches Völker- recht; für die Ausgestaltung des konkreten Flüchtlings- und Asylrechts sind sie bindend. Darüber hinaus hat das Zusammenwachsen Europas die Diskussion über die Notwendigkeit eines gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingsrechts intensiviert. Derzeit besteht dieses einerseits aus 61 mehreren europäischen Richtlinien (Aufnahme-, Qualifikations- und Asylverfahrensrichtlinie), die einen menschenrechtskonformen Min- deststandard beim Umgang von Behörden mit Flüchtlingen gewähr- leisten sollen. Europarechtlich zentral sind andererseits das Dublin- Abkommen und die dazugehörige sogenannte „Dublin III- Verordnung“, mit der die nationalen Zuständigkeiten und die territori- ale Zuweisung des einzelnen Flüchtlings geregelt wurden. In der Praxis hat sich dies nicht bewährt, denn aufgrund des Fehlens eines Rechts auf legale Zuwanderung landen die meisten Flüchtlinge an den Außen- grenzen der EU, das heißt in den Anrainerstaaten des Mittelmeers, die mit dieser Bürde chronisch überlastet sind. Auch die partiellen prakti- schen Modifikationen von Dublin III wie das Aussetzen der Rückschie- bung von Flüchtlingen nach Griechenland und das sog. „Selbsteintritts- recht“ – also die Möglichkeit der Staaten, Asylverfahren unabhängig vom Einreiseland durchzuführen – haben die funktionalen Defizite von Dublin III nicht beseitigt. Die bislang 2016 einmalig eingeführten Quo- ten zur europäischen Weiterverteilung von Flüchtlingen sind ebenfalls kaum umgesetzt und schon gar nicht zu einem Regelverfahren erwei- tert worden. Einzelne EU-Mitgliedstaaten klagten gegen diese Vertei- lungsquote vor dem Europäischen Gerichtshof. Neben den sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Ver- hältnissen in den Mitgliedstaaten der EU – aus denen für die Flüchtlin- ge unterschiedlich starke Anziehungs-Faktoren resultieren – liegt dies auch an dem national zersplitterten Asyl- und Einwanderungs- bzw. Staatsbürgerrecht. So kennt Deutschland kein kohärentes Einwande- rungsrecht, zugleich aber ein nach wie vor relativ liberales Asylrecht. In Zeiten internationaler Massenmigration ist dieses jedoch funktional überlastet, wie nicht zuletzt die ambivalente Tätigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge unterstreicht. Die Behörde prüft die Asylanträge im Einzelfallverfahren gemäß den geltenden, zum Teil wi- dersprüchlichen Rechtsnormen. Angesichts des Massenandrangs von Asylbewerbern mit sehr unterschiedlichen Lebensgeschichten und Migrationsmotivationen stoßen die Mitarbeiter der Behörde an ihre Grenzen. In diesem Modul soll einerseits die Verschränkung der Rechtsquellen, die hier in besonders plastischer Weise das „Mehrebenensystem“ der Europäischen Union dokumentiert, verdeutlicht werden. Andererseits gilt es, anhand von Einzelfällen und Einzelschicksalen die Erfahrungs- geschichte der Betroffenen greifbar und erlebbar zu machen. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Chronologische Darstellung der Entwicklung der Migration und Einwanderung in Deutschland seit dem späten 19. Jahrhundert ● Darstellung der territorialen Verteilung von Flüchtlingen und Asylbewerber/innen gemäß Dublin III auf interaktiver, chrono- logisch voranschreitender Europalandkarte ● Flucht- und Migrationsgeschichten – sowohl „positive“ mit langfristigem Aufenthalt bis hin zum Erwerb der Staatsangehö- rigkeit; Dokumentation der einzelnen rechtlichen Etappen; als auch „negative“ mit prekärer Rechtslage und möglicher Ab- schiebung; Darstellung der verschiedenen Stationen des Fluchtweges vom Heimatland ins Zielland und dem Weg der Abschiebung 62 ● Interviews mit Personen, die auf verschiedenen Ebenen mit Flüchtlingen, Asylbewerber/innen und Immigrant/innen zu tun haben (z.B. Polizei, Richter/innen, Anwält/innen, Mitarbei- ter/innen des BAMF, des Bundesgrenzschutzes, von Frontex, von Flüchtlingsunterkünften) ● Medienstation mit Filmausschnitten zur jüngsten Flüchtlingskri- se; Darstellung der Zusammenkünfte des Europäischen Rates und der Europäischen Ministerräte sowie der außerordentli- chen Treffen der europäischen Regierungschefs und -innen; Verschränkung der Diskurse über Migration, innere Sicherheit, Frauenrechte und Terrorismusbekämpfung 4. Recht in der globalisierten Welt. Freihandel und Menschenrechte Tendenzen der Globalisierung durchziehen die gesamte Geschichte der Neuzeit, sie erlangten aber seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und noch einmal verstärkt mit dem Ende des Ost-West-Konflikts eine neue Dimension. Solche Entwicklungen manifestierten sich einerseits im Recht, indem Staaten neue internationale Verpflichtungen eingingen und zugleich Rahmenbedingungen mit Hilfe des Völkerrechts schufen, die die welt- weite Zirkulation von Menschen, Waren, Kapital und Ideen ermögli- chen, erleichtern und regulieren sollten. Um den Freihandel zunächst innerhalb des Bündnissystems der USA zu regeln und zu fördern, schlossen 1947 – im Anschluss an die Konferenz von Bretton Woods (1944) – 23 Staaten das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT). In den folgenden 40 Jahren unterzeichneten 100 weitere Staa- ten das Abkommen, darunter schon 1950 die Bundesrepublik Deutsch- land. Im Rahmen des GATT fanden verschiedene Verhandlungsrunden statt, um Probleme beim Abbau von Zöllen und Handelsschranken zu lösen, weil Staaten ihre nationalen Produktionszweige weiterhin vor internationaler Konkurrenz schützen wollten. Da sich vor allem die „Entwicklungsländer“ in diesem System aufgrund der Ungleichgewich- te beim Handel zwischen Nord und Süd benachteiligt fühlten, trat 1995 an die Stelle des GATT die Welthandelsorganisation (WTO) mit Sitz in Genf. Diese ist ebenfalls im Sinne einer Liberalisierung des Welthandels für die Koordination der nationalen Wirtschaftspolitiken sowie für Streitschlichtung zwischen den Mitgliedsstaaten zuständig. Heute gehören der WTO 164 Mitglieder an. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Initiativen, dass Staaten weitere Institutionen schaffen, um den Handel untereinander zu liberalisieren und zu steuern. Das viel- leicht bekannteste Beispiel solcher Verhandlungen ist gegenwärtig die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), die zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union ausge- handelt und von massiven öffentlichen Protesten begleitet wird, da viele Menschen befürchten, dass soziale Rechte sowie – aufgrund der vorgesehenen Schiedsgerichtsbarkeit – nationale Standards an Rechts- staatlichkeit geschwächt werden. Andererseits wird auf das Recht zurückgegriffen, um Konflikte im Kon- text der Globalisierung auszutragen und beizulegen. Besondere Bedeu- tung erlangten hierbei die 1948 von den Vereinten Nationen kodifizier- ten Menschenrechte („Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“) im Sinne einer neuen universalen „säkularen Religion“ mit hegemonia- lem Anspruch. Unabhängigkeitsbewegungen in Staaten der „Dritten 63 Welt“ – oft unterstützt von Teilen der Zivilgesellschaften des „Wes- tens“ – nutzten die Sprache der Menschenrechte, um ihrem Kampf um eine Beendigung der Kolonialherrschaft Nachdruck zu verleihen. Zu- gleich stößt der Universalitätsanspruch der Menschenrechte bei be- stimmten Regimen auf kulturrelativistische Einwände, die in der Regel vor allem deren genuiner Herrschaftslegitimation und -stabilisierung dienen. So proklamierten 1993 in der gemeinsamen Erklärung von Bangkok führende asiatische Staaten (China, Singapur, Malaysia) aus ihrer Sicht mit dem universalen Menschenrechtskonzept unvereinbare „asiatische Werte“. Namentlich seit der Islamischen Revolution im Iran 1979 stellt sich ebenfalls weltweit zunehmend die Frage nach dem Verhältnis zwischen islamischer Religion, abgeleiteter Gesellschafts- ordnung und universalen Menschenrechten. Außerdem wurde im Ost- West-Konflikt der Vorwurf der Menschenrechtsverletzung von den Regierungen auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs genutzt, um gegenüber dem Gegner den Anspruch auf moralische Überlegenheit zu untermauern (z.B. KSZE-Prozess der 1970er und 1980er Jahre). Seit einigen Jahren versucht die Bundesrepublik, die Rechtsstaatlichkeit in außereuropäischen Ländern zu fördern, indem sie mit einzelnen Staa- ten in einem kontinuierlichen Rechtsstaatsdialog steht (z.B. deutsch- chinesischer Rechtsstaatsdialog seit dem Jahr 2000) und zudem die Vergabe von Entwicklungshilfe davon abhängig macht, dass Kriterien wie „Good Governance“ und Menschenrechte verwirklicht sind. Aufgrund der Globalisierung deuten sich im nationalen Recht tief grei- fende Transformationen an, die mittelfristig einen Bedeutungsverlust des nationalen Rechts und einen Einflussverlust nationaler politischer Institutionen bewirken und damit traditionelle Schutzmechanismen des Rechtsstaats schwächen dürften. Exemplarische Vertiefungen, Ausstellungsmodi und konkrete Exponate: ● Vom Bretton Woods-System über GATT zur WTO: Historische Darstellung der allmählichen Liberalisierung des Welthandels seit 1945 und ihrer Gegenkräfte ● Darstellung der Gründung der Vereinten Nationen mit UN- Charta 1945 und Allgemeiner Erklärung der Menschenrechte 1948 ● Die Schlussakte von Helsinki von 1975 (Korb III) als zentrales Dokument, um Menschenrechtsverletzungen im sogenannten Ostblock im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusam- menarbeit in Europa zu thematisieren; subversive Wirkung, da die Schlussakte von osteuropäischen Menschenrechtsgruppen als zentraler Bezugspunkt genutzt wurde (z.B. Charta 77 in der CSSR) ● Darstellung des globalen Kampfes gegen das Apartheitsregime in Südafrika und für die Freilassung Nelson Mandelas als Bei- spiel für eine zunehmende Bedeutung der Berufung auf univer- sale Menschenrechte ● Entwicklung hin zur UN-Kinderrechtskonvention von 1989 und ihre Auswirkungen ● Darstellung kulturrelativistischer Positionen in der außerwestli- chen Welt: Erklärung von Bangkok 1993, in der führende asiati- 64 sche Staaten (darunter VR China, Singapur, Malaysia, Süd- Korea) mit dem westlichen Menschenrechtskonzept unverein- bare „asiatische Werte“ proklamierten, oder Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam von 1990 ● Vereinbarung zum Austausch und der Zusammenarbeit im Rechtsbereich vom 30.06.2000 zwischen der Volksrepublik Chi- na und der Bundesrepublik Deutschland: Rechtsstaatsdialog mit jährlich stattfindenden Rechtssymposien ● Das Unternehmen google mit Hauptsitz in Kalifornien als Bei- spiel für einen multinationalen Technologiekonzern, der sich der nationalen Kontrolle weitgehend entzieht ● Reiserecht, das den internationalen Tourismus ermöglicht und sich aus Regelungen des nationalen, europäischen und interna- tionalem Rechts (z.B. Montrealer Abkommen über den Flugver- kehr, Fremdenrecht) zusammensetzt ● Maßnahmen der Europäischen Union als Reaktion auf autoritä- ren Umbau der Türkei und auf die Nichtbeachtung von Men- schenrechten 2017: Senkung von Kreditzusagen und Debatte über Aussetzung von Beitrittsverhandlungen 1 Auswahlbibliographie Die vorliegende Bibliographie bezieht sich auf die inhaltlichen Schwerpunkte des Ausstellungskonzepts. Primär- und Sekundärtexte werden aus pragmati- schen Gründen nicht unterschieden, sondern nach Sachgesichtspunkten auf- geführt. Übergreifendes zur Rechtsgeschichte Aichele, Alexander, Rechtsgeschichte, München 2017. Ebel, Friedrich/Thielmann, Georg, Rechtsgeschichte. Von der Römischen An- tike bis zur Neuzeit, 3. Aufl., Heidelberg 2003. Falk, Ulrich/Luminati, Michele/Schmoeckel, Mathias, Fälle aus der Rechtsge- schichte, München 2008. Fasel, Urs, Repetitorium zur Rechtsgeschichte, Bern u.a. 2004. Haft, Fritjof, Aus der Waagschale der Justitia. Eine Reise durch 4000 Jahre Rechtsgeschichte, 4. Aufl., München 2009. Hähnchen, Susanne, Rechtsgeschichte, 5., neu bearb. Aufl., Heidelberg 2016. Meder, Stephan, Rechtsgeschichte. Eine Einführung, Köln u.a. 2014. Oestmann, Peter, Wege zur Rechtsgeschichte: Gerichtsbarkeit und Verfah- ren, Köln u.a. 2015. Olechowski, Thomas (Hrsg.), Rechtsgeschichte: Materialien und Übersichten, Wien 2015. Schlegel, Johann Ulrich, Achterbahn des Rechts: Rechtsgeschichte und Rechtsentwicklung, Zürich 2014. Senn, Marcel, Rechtsgeschichte – Ein kulturhistorischer Grundriss, 3. Aufl., Zürich 2003. Senn, Marcel/Gschwend, Lukas, Rechtsgeschichte II: Juristische Zeitgeschich- te, Zürich 2010. Senn, Marcel/Gschwend, Lukas/Pahud de Mortanges, René, Rechtsgeschich- te. Auf kulturgeschichtlicher Grundlage, Zürich 2012. Stolleis, Michael, Rechtsgeschichte schreiben. Rekonstruktion, Erzählung, Fiktion?, Basel 2008. Wesel, Uwe, Geschichte des Rechts. Von den Frühformen bis zur Gegenwart, 4., neu bearb. 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Flyer Stadtarchiv und historische Museen Stadt Karlsruhe Kulturamt Stadtarchiv & Historische Museen Karlsruhe IN KARLSRUHE KULTUR Karlsruher Stadtgeschichte im Viererpack – Stadtarchiv, Stadtmuseum, Pfinzgaumuseum und Erinnerungsstätte Ständehaus. Haben Sie Fragen zur Stadtgeschichte? Möchten Sie mit Ihrer Schulklasse oder Ihren Freunden Stadtgeschichte erleben oder erforschen? Dann sind Sie bei uns im Stadtarchiv und in den historischen Museen richtig. Wir bieten Ihnen die Geschichte Durlachs – der „Mutter“ Karlsruhes – im Pfinzgaumuseum, die Geschichte der neuzeitlichen Stadt Karlsruhe im Stadtmuseum, die badische Demokratiegeschichte in der Erinnerungsstätte Ständehaus und einen Einblick in die Gesamtgeschichte mit der Möglichkeit zu eigenen Forschungen im Stadtarchiv. Für einen reich bebilderten ersten Einstieg in die Karlsruher Stadtgeschichte empfehlen wir Ihnen die virtuelle Ausstellung „Vom Privilegienbrief zum Bundesverfassungsgericht“ der Deutschen Digitalen Bibliothek, kuratiert vom Stadtarchiv Karlsruhe: http://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/ka300 und einen Blick in unser Stadtlexikon: http://stadtlexikon.karlsruhe.de Stadtarchiv Karlsruhe Das Stadtarchiv ist die zentrale Anlaufstelle für alle Fragen zur Karlsruher Stadtgeschichte und steht für alle an der Stadtgeschichte Interessierten offen. Als „Gedächtnis der Stadt und der Stadtgesellschaft“ archivieren wir stadtgeschichtlich wichtige Unterlagen wie Urkunden, Rechnungen, Amtsbücher und Akten vom 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Darüber hinaus liefern die Sammlungen, mehr als 200.000 Fotos, Landkarten und Pläne, der größte Bestand originaler Karlsruher Zeitungen, Film- und Tondokumente sowie eine stadt- und regionalgeschichtliche Bibliothek, vielfältige historische Informationen. Wir beraten Sie gerne in unserem großzügigen Lesesaal. Viele Dokumente und insbesondere Fotos sind mittlerweile digitalisiert. Sie können am PC im Lesesaal und zunehmend auch im Internet recherchiert werden. Stadtgeschichtliche Forschungsergebnisse publizieren wir in unseren Buchreihen. Das Projekt „Gedenkbuch für die Karlsruher Juden“, an dem alle Bürgerinnen und Bürger mitarbeiten können, ist ein zentraler Baustein der städtischen Erinnerungskultur. Unsere umfangreichen digitalen Angebote, darunter die Übersicht über die Bestände des Stadtarchivs, das Stadtlexikon Karlsruhe und zahlreiche Publikationen zur Geschichte Karlsruhes zum freien Download sind über unsere Internetseite erreichbar. Im Eingangsbereich des Archivs zeigen wir Ausstellungen und ausgewählte Archivalien. Führungen Im Stadtarchiv sind Führungen für Schulklassen ab Klasse 4 und Gruppen nach vorheriger Anmeldung möglich. www.karlsruhe.de/pfinzgaumuseum Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais Große und kleine Stadtgeschichte(n) erzählt die Dauer- ausstellung des Stadtmuseums. Wie wurde Karlsruhe Großstadt und welche Rolle spielten dabei Migration und Innovation? Erkunden Sie mit unserem 3-D-Stadtmodell die baulichen Veränderungen von der Zeit als Residenzstadt bis ins Jahr 2015 und lernen Sie über die vielfältigen Objekte unterschiedlichste Aspekte des Stadt- und Alltagslebens kennen. Stöbern Sie in Dokumentationen der Fußballbegeisterung von 1910 bis 1928 oder lehnen Sie sich in unserem Filmtheater der 1950er Jahre zurück, um in die Geschichte der Stadt einzutauchen. Auch bedeutende Zeugnisse zweier berühmter Karlsruher Pioniere der Mobilitätsgeschichte können sich sehen lassen: das originale Drais‘sche Zweirad von 1817, das die Geschichte des Fahrrads einläutete und der Nachbau eines Benz-Patent-Motorwagens aus dem Jahr 1885. Der Eintritt in die Dauerausstellung und zu den regelmäßig dort stattfindenden öffentlichen Führungen ist frei. Ergänzt wird die Dauerausstellung regelmäßig durch Sonderausstellungen mit einer breiten Palette von Begleitveranstaltungen. Sehr beliebt ist auch das jährliche Hausfest, das die im Prinz-Max-Palais angesiedelten Kultureinrichtungen gemeinsam organisieren. Führungen Gruppen – Kinder (etwa Kindergeburtstage), Schulklassen oder Erwachsene – können neben einem Übersichtsrundgang, je nach Alter und Interesse, auch Führungen mit unter- schiedlichen Themenschwerpunkten oder Kostümführungen buchen. Alle Führungen für Kinder von 6 bis 12 Jahren können mit einer Bastelaktion verbunden werden. finzgaumuseum n der Karlsburg Durlach Das Pfinzgaumuseum ist ein lebendiges Stadt(teil)museum und befasst sich mit der Kultur- und Alltagsgeschichte Durlachs. Seit seiner Eröffnung 1924 befindet es sich in der Karlsburg, der ehemaligen Residenz der badischen Markgrafen. Die Dauerausstellung präsentiert einen abwechslungsreichen Rundgang durch die Geschichte Durlachs. Gezeigt werden Objekte zur Kunst-, Kultur-, Sozial- und Alltagsgeschichte. Modelle der Karlsburg und der Stadt, eine große Sammlung Durlacher Fayencen, der Spritzenwagen der ältesten Freiwilligen Feuerwehr Deutschlands, zahlreiche Erzeugnisse der Durlacher Industriebetriebe, Dokumente, Gemälde und Fotos veranschaulichen die bewegte Vergangenheit des heute größten Stadtteils von Karlsruhe. Der Renaissanceflügel des Schlosses, der Prinzessenbau, beherbergt ein Lapidarium mit wertvollen Grabsteinen. Ein weiterer Teil der Dauerausstellung erstreckt sich über den historischen Dachspeicher der Karlsburg. Gezeigt werden hier, unter dem beeindruckenden Dachstuhl von 1700, Objekte zum Durlacher Handwerk und zur Geschichte der Landwirtschaft. Regelmäßige Sonderausstellungen zu verschiedenen Themen der Stadtgeschichte ergänzen das Angebot. Wichtige Veranstaltungstermine sind das Museumsfest im Frühjahr sowie der Kindertag im September. Führungen Im Pfinzgaumuseumuseum finden regelm g Führungen statt, die Sie ohne Anmeldung besuchen können. Für (Erwachsenen-)Gruppen und Schulklassen können zudem Sonder- führungen gebucht werden, nach vorheriger spra he au h au erhal der nungsze en. r nnerungss e ndehaus Zum 175. Geburtstag der Badischen Verfassung wurde 1993 die Erinnerungsstätte Ständehaus eröffnet. Ihre Dauerausstellung präsentiert die Höhepunkte der badischen Parlaments- und Demokratiegeschichte vom Erlass der Badischen Verfassung über die Revolutionen von 1848/49 und 1918 bis hin zum Ende des badischen Parlaments nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Abschließend wirft die Ausstellung einen Blick auf die Verfolgung, aber auch den Widerstand der Parlamentarier unter der nationalsozialistischen Diktatur. Das zweite Thema der Erinnerungsstätte ist die Geschichte des badischen Ständehauses, des 1944 bei einem Luftangriff zerstörten ersten deutschen Parlamentsgebäudes. In der Ausstellung sind unter anderem ein detailliertes Modell des Gebäudes und der Inhalt seines Grundsteins von 1820 zu sehen. Das multimediale Informationssystem Ständehaus ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern anhand von Filmen, Texten und Fotomaterial einen historischen Streifzug vom Erlass der Badischen Verfassung im Jahr 1818 bis hin zur Diskussion um den Bau des Neuen Ständehauses, in dem heute die Erinnerungsstätte untergebracht ist. Darüber hinaus sind auch gezielte Recherchen zu Wahlergebnissen, Abgeordneten und Sachthemen möglich. Führungen Führungen zur Demokratiegeschichte und zur Geschichte des badischen Parlaments sind ab Klassenstufe 11 sowie für Erwachsene möglich. Stadtarchiv Karlsruhe Markgrafenstraße 29, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 133-4225 E-Mail: archiv@kultur.karlsruhe.de Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch 8:30 bis 15:30 Uhr, Donnerstag 8:30 bis 18 Uhr; keine Beratung und Aushebung von 12 bis 13:30 Uhr Weitere Informationen unter www.karlsruhe.de/stadtarchiv Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Haltestelle Kronenplatz Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais Karlstraße 10, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 133-4230, -4231 oder -4234 E-Mail: stadtmuseum@kultur.karlsruhe.de Öffnungszeiten: Dienstag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag 10 bis 19 Uhr, Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag 14 bis 18 Uhr, Sonntag 11 bis 18 Uhr, Montag und Mittwoch geschlossen Weitere Informationen unter www.karlsruhe.de/stadtmuseum Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Haltestelle Europaplatz/Postgalerie finzgaumuseum n der arls urg urla h Pfi nztalstraße 9 (Eingang B), 76227 Karlsruhe Telefon: 0721 133-4217 oder -4222 E-Mail: pfi nzgaumuseum@kultur.karlsruhe.de Öffnungszeiten: Mittwoch 10 bis 18 Uhr, Samstag 14 bis 18 Uhr und Sonntag 11 bis 18 Uhr Weitere Informationen unter www.karlsruhe.de/pfi nzgaumuseum Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Haltestelle Schlossplatz r nnerungss e ndehaus m euen ndehaus Ständehausstraße 2, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 133-4221 oder -4225 E-Mail: archiv@kultur.karlsruhe.de Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 bis 18:30 Uhr, Samstag 10 bis 14 Uhr Weitere Informationen unter www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/staendehaus Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Haltestelle Herrenstraße www.facebook.com/karlsruhe.stadtgeschichte © Stadt Karlsruhe | Layout: Setzer | Bilder: Stadtarchiv, ONUK, Roland Fränkle, Dirk Altenkirch, Gustavo Alabiso Druck: Rathausdruckerei, Recyclingpapier | Stand: November 2018
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/HF_sections/content/ZZo1sthZ0BCgCy/Hausflyer_web.pdf
Karlsruhe: Stadtgeschichte Evangelische Lutherkirche Lutherkirche bei Nacht, um 1962, Foto: Archiv der Luthergemeinde) Überall am Gebäude der Luther­kir­che kann man innen wie außen den Einfluss fremder Baumeister, vor allem aus Amerika und England, erkennen. Die Archi­tek­ten Robert Curjel & Karl Moser griffen offen­sicht­lich bereit­wil­lig deren Ideen und Lösungs­wege auf und setzten sie in eine eigen­stän­di­ge Archi­tek­tur um. Zwar baute man schon seit der deutschen Reichs­grün­dung öffent­li­che Gebäude bewusst in Nachah­mung mittel­al­ter­li­cher Bauformen wie Romanik und Gotik, aber eine ganze Fassade mit Bossen­stei­nen verkleidet, große Rundbo­gen­fens­ter, ein gedrun­ge­nes Portal, ein randstän­di­ger Turm weisen auf eine moderne, zeitge­nös­si­sche Inter­pre­ta­tion des romani­schen Stils (Modern Romanes­que) im Sinne des ameri­ka­ni­schen Archi­tek­ten Henry Hobson Richardson hin, dessen Werke erst nach seinem Tod 1886 in Deutsch­land bekannt wurden. Die Verwendung des bossierten Mauerwerks als Zeugnis der Wehrhaf­tig­keit und Urtüm­lich­keit ist noch heute gut an der Luther­kir­che zu erkennen - „ein feste Burg ist unser Gott“. Englischer Einfluss zeigt sich in den Jugend­stil­ele­men­ten der Fassade und vor allem im Innenraum der Kirche. Die „arts and crafts-Bewegung“, Mitte des 19. Jahrhun­derts als Gegen­re­ak­tion zur Indus­tria­li­sie­rung in England entstanden, wollte das mittel­al­ter­li­che (Kunst-) Handwerk wieder­be­le­ben bzw. fördern, nicht nur theore­tisch, sondern in gelebter Zusam­men­ar­beit verschie­de­ner Künstler. Curjel & Moser arbei­te­ten dement­spre­chend auch in vielen Projekten mit denselben Künstlern zusammen - hier waren es Oskar Kiefer (Bauplas­tik), Max Laeuger (Fenster) und Heinrich Altherr (Mosaik im Innenraum). Ziel war die Verwirk­li­chung eines in sich harmo­ni­schen Gesamt­kunst­wer­kes aus verschie­de­nen singu­lä­ren Elementen. Und so fügt sich in der Kirche die geome­trisch flächige Ausmalung der Gurtbögen mit Anklängen an den Wiener Jugendstil zusammen mit den an tradi­tio­nel­les Handwerk erinnern­den Elementen wie die ausge­stanz­ten Rechtecke der Lampen­schirme unter den Emporen, der Ring des Kronleuch­ters, die Heizungs­ab­de­ckun­gen oder die Türen im Altarraum. Im Bergpre­digt-Relief von Hermann Binz lässt sich der Wunsch nach einfachem Leben nachweisen, in der Kleidung, der bäuer­li­chen Haartracht der Frauen oder der Bärte der Männer. Text: Dany Jacqueline Gotzmann Lutherkirche Innenraum, 2007, Foto: Thomas Goldschmidt, Bretten Bauherr: Evange­li­sche Kirchen­ge­meinde Karlsruhe Archi­tek­tur­büro: Curjel & Moser Künst­le­ri­sche Mitar­bei­ter: Hermann Binz (Kanzel­wand), Oskar Kiefer (Bauplas­tik), Max Laeuger (Fenster), Voit & Söhne (Orgel), Gebrüder Bachert (Glocken), Heinrich Altherr (Mosaik) Baupro­gramm: Kirche mit Gemein­de­saal, Pfarrhaus und Garten Bauge­schichte: Planung seit 1889, Bauzeit 1905-1907, Einwei­hung 10.11.1907 Verän­de­run­gen: Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, Wieder­auf­bau bis 1948 (Weihe­got­tes­dienst 24.09.1948), in einigen Details vom originalen Bestand abweichend, Fenster 1961 (Klaus Arnold), Taufstein 1971 (Kurt Wesch), Innen­raum­re­stau­rie­rung 1984 (Wieder­ein­wei­hung 2.12.1984), Orgel 2001 (Mönch) Literatur: Dany Gotzmann, Jürgen Krüger: Die Luther­kir­che in Karlsruhe, arte factum, Karlsruhe 2007 Elisabeth Bergmann et al.: Die Karlsruher Luther­kir­che und der moderne Sakralbau, Wasmuth-Verlag, 2008
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/kulturdenkmale/denkmaltag_archiv/2010/lutherkirche_oststadt
Karlsruhe: Stadtgeschichte Künstlerkneipe zurück zur Übersicht Daxlanden "Künstlerkneipe", Ehemaliges Gasthaus Krone, Pfarrstr. 18 Das heutige Anwesen der „Künst­ler­knei­pe“ entstand in mehreren Bauphasen im 19. Jahrhun­dert. Typisch für seine Entste­hungs­zeit sind die Parallelen zu den Karls­ru­her Modell­häu­sern. Der vordere Teil mit der histo­ri­schen Wirtsstube und dem darüber liegenden Tanzsaal, der 1871 aufge­stockt wurde, ist ein Eckgebäude mit Walmdach, das entgegen der anderen Häuser aus dem 18. Jahrhun­dert trauf­stän­dig zur Straße steht. Daran schließen sich die Weinstube und der Biergarten an. Die einzelnen Teile sind sowohl als Mauer­werk­bau als auch in Fachwerk­kon­struk­tion erbaut. Nach außen zur Straßen­seite ist das Fachwerk verputzt, wohingegen in der Hofein­fahrt und im Zwischen­gar­ten die alten Balken sichtbar sind. Die Anbauten auf dem hinteren Teil des Grund­stücks entstanden zum größten Teil zwischen 1903 und den späten 20er Jahren des 20. Jahrhun­derts, sie wurden anstelle oder durch Umbauten der ehemaligen Ökono­mie­ge­bäude errichtet. Zu diesen Verän­de­run­gen zählte zunächst 1903 der Bau einer Kegelbahn entlang der Querstrasse mit einer kleinen Stube als Eingangs­be­reich. Schon 1910, als eine der ersten Maßnahmen des um die „Künst­ler­knei­pe“ engagier­ten Malers Wilhelm Volz (1877-1926), wird diese Kegelstube umgebaut und vergrößert. Sie wird durch eine Mauer von der Kegelbahn abgetrennt, und das Dachge­schoss wird mit Räumen für das Personal ausge­stat­tet. Zu der Erwei­te­rung zählte bereits der Bereich der heute noch erhaltenen „Fischer­stu­be“ (heute „Leo Faller Stube“), wohingegen die Kegelbahn zunächst umgenutzt und später dann abgebro­chen wurde. Den Namen „Fischer­stu­be“ trug sie allerdings erst ab 1914.Gegenüber der Kegelbahn und der neu entstan­de­nen Fischer­stube entlang der Grund­stücks­grenze zur Pfarr­straße 16 befand sich das Schlacht­haus, dessen Erzeug­nisse z. T. im hausei­ge­nen Laden, rechts neben der Einfahrt, verkauft wurden. Der Trakt wurde in dieser Zeit durch eine Geschirr­kam­mer erweitert und 1919 aufge­stockt. In die neuen Räume kamen nicht nur Zimmer für das Personal, sondern auch einen Abstell­raum für Maleru­ten­si­lien der Künstler, die damals schon häufig im Wirtshaus zu Gast waren. Auch nach dem 2. Weltkrieg fanden noch mehrfach Umbauten und Renovie­rungs­maß­nah­men statt. So wurde 1968 das Haupt­ge­bäude um einen einstö­cki­gen Anbau ergänzt, in dem sich die heutige „Egler Stube“ befindet. In diesem Raum, der für 8-12 Personen Platz bietet, sind - wie der Name schon sagt - Arbeiten der Brüder Egler zu sehen. Zuletzt wurde in den vergan­ge­nen drei Jahren das Anwesen in weiten Teilen durch den heutigen Besitzer Manfred Freisinger saniert und restau­riert. Künstlerkneipe, Gasthausschild Von 1859 bis 2001 war das ehemalige "Gasthaus Krone" im Besitz der Familie Schwall. Als erster erwarb der Huf- und Wagen­schmied Markus Schwall das Anwesen. In dieser Zeit wurde die ländliche Dorfgast­stätte haupt­säch­lich von Förstern, Jägern und Fischern, die in den Rheinauen unterwegs waren, besucht. Doch schon um die Jahrhun­dert­wen­de kamen Künstler der Karlsruher Akademie der Bildenden Künste wie Hans Thoma (1839-1924), Ludwig Dill (1848-1940) und Wilhelm Trübner (1851-1917) in das Gasthaus, um sich nach dem Malen in der freien Natur hier zu stärken. Mit der Gründung der „Daxlander Sezession“ durch den Maler Wilhelm Volz entstand dann auch ein regel­mä­ßi­ger künst­le­ri­scher Stammtisch, zu dem nicht nur Maler und Bildhauer, sondern auch Literaten, Musiker und Kunst­mä­ze­ne kamen. In dieser Zeit, dem begin­nen­den 20. Jahrhun­dert, wurde das Gasthaus auch als „Künst­ler­knei­pe“ bekannt. Als Zeichen dessen wurde das schmie­de­ei­serne Gasthaus­schild, das in Bezug auf das Kurfürs­ten­tum (1803-06) mit dem Kurhut ausge­stat­tet ist, um den Schat­ten­riss eines Malers ergänzt. Unter der Leitung von Wilhelm Volz wurde das Innere neu gestaltet, vieles davon brachte er von Trödel- und Antiqui­tä­ten­märk­ten mit, wenn er August Schwall auf seinen Einkaufs­fahr­ten ins Elsass begleitete. Auch die heutige „Leo Faller Stube“ baute Volz 1911 im hollän­di­schen Stil aus. Das ganze Anwesen wurde wie ein scheinbar gewach­se­nes Ensemble aus einzelnen Gebäuden um einen Innen­hof­gar­ten mit Wandbrun­nen geschaffen. Ad. Hans Müller: Künstlerstammtisch im Gasthaus „Krone“ an Silvester 1927, Zeichnung, Privatbesitz Nach dem 1. Weltkrieg kam der Akademie Professor Albert Haueisen (1872-1954) mit seinen Schülern und Künst­ler­freun­den hier her. Viele von ihnen hinter­lie­ßen Werke, die noch heute im Restaurant der „Künst­ler­knei­pe“ zu sehen sind. Zu ihnen gehörten vor allem die Brüder Carl (1896-1982) und Willi (1887-1953) Egler. Carl Egler studierte bei Hermann Föry und Christoph Voll, er war der Bildhauer in der Künst­ler­fa­mi­lie. Der ältere Willi Egler war Schüler bei den Akade­mie­leh­rern Walter Conz und Albert Haueisen. Viele weitere besuchten die „Künst­ler­knei­pe“, nicht zuletzt der Musiker der drei Egler Brüder, Ludwig, aber auch andere bekannte Künstler wie August Kutterer (1898-1954), Ad. Hans Müller und Willi Münch (1885-1960), der letzte Meister­schü­ler Hans Thomas. Nach der letzten Renovie­rung wurde der gastro­no­mi­sche Betrieb im Mai 2004 durch die Pächter Beate und Horst Dietz wieder aufge­nom­men. Text: Simone Dietz, statt­rei­sen Karlsruhe e.V.
https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/kulturdenkmale/denkmaltag_archiv/denkmaltag_2004/daxlanden-knielingen/kuenstlerkneipe
Karlsruhe: Stadtgeschichte Rheingold zurück zur Übersicht Daxlanden Die Gewinnung von Rheingold, Schlaucherplatz Johann Michael Volz, „Das Goldwaschen bei Carlsruhe“, Radierung um 1820, Stadtarchiv Karlsruhe Woher kommt es? Rheingold, das heute im Rheintal zum Beispiel zwischen Basel und Mainz gewaschen werden kann, stammt aus alten Quarz­gän­gen des Grund­ge­bir­ges der Alpen. Nach deren Abtragung ist es zunächst den im schwei­ze­ri­schen Mittel­land (etwa im Raum Bern/Lu­zern bis Basel) entstan­de­nen Konglo­me­ra­ten und Sandstei­nen des jüngeren Tertiärs zugeführt worden. Aus diesen Ablage­run­gen und Moränen des älteren Pleisto­zäns (vor cirka 1,5 Millionen Jahren) gelangte das Gold während der letzten Eiszeit (Würmeis­zeit vor cirka 18.000 Jahren) in die Kiese der Nieder­ter­rasse des Rheins. Im Rhein­tal­gra­ben liegt nun dieses Gold sehr fein verteilt in den Kiesen und Sanden, haupt­säch­lich in den obersten zehn Metern. Wenn man Glück hat, ist in 1 Tonne (=1000 kg) Sand etwa ein Zehntel Gramm Rheingold zu finden. Kurzbe­schrei­bung des Rhein­gol­des Bei der Goldge­win­nung fällt das Rheingold in die Kategorie "Gold­staub" bzw. "Gold­flit­ter". Die einzelnen Flitter sind sehr klein; sie sind am Mittleren Oberrhein so gut wie nie größer als ein 150/tau­sends­tel Millimeter. Für 1 Gramm benötigt man etwa 50.000 Flitter. Goldgehalt sowie Anteile der im Rheingold gebun­de­nen Mineralien; d. h. im geschmol­ze­nen Rheingold sind enthalten: cirka 928/1000-Teile Gold; cirka 63/1000-Teile Silber und cirka 9/1000-Teile andere Mineralien. Goldge­win­nung im 18. Jahrhun­dert im Raum Karlsruhe Die Goldwä­scher wuschen das goldhal­tige Material über großen hölzernen Wasch­trö­gen oder Wasch­ti­schen, die mit rauen Tüchern belegt waren. Die Tücher, auf denen sich das Goldkon­zen­trat anrei­cherte, wurden dann in einem großen Kübel ausge­wa­schen, und aus diesem Konzentrat wurde schließ­lich mit der Wasch­pfanne das Gold ausge­wa­schen. Leider gibt es in der Literatur nur wenige Angaben über das in unserer Region gewaschene Rheingold. Da das Waschgold gegen Entschä­di­gung an den jeweiligen Landes­herrn abgeführt werden musste, sind aus der Einlie­fe­rung einige Daten bekannt. Die nachfol­gend aufge­führ­ten Daten stammen aus der Zeit gegen Ende der Rhein­gold­wä­sche­rei, die mit der Rhein­kor­rek­tur Tullas zum Erliegen kam. Rheingold-Ausbeute im 19. Jahrhun­dert Jahr Daxlanden Knielin­gen Eggen­stein Kronen (3,4 g) Gramm Kronen (3,4 g) Gramm Kronen (3,4 g) Gramm Lot (14,6 g) Lot (14,6 g) Lot (14,6 g) 1814 45 Kronen 153 67 Kronen 228 214 Kronen 728 tätige Wäscher 4 11 19 1818 Beginn Rhein­kor­rek­tur durch Tulla 1834/35 2 Kronen 7 7 Kronen 24 77 Kronen 262 1839/40 4 Kronen 14 7 Kronen 24 10 Kronen 34 1844 1/ 4 Lot 3,6 1 Lot 14,6 8 Lot 116,8 1849 1/ 2 Lot 7,3 2 Lot 29,2 3 Lot 43,8 1854 1/2 Lot 7,3 1 Lot 14,6 1855 1 Lot 14,6 Rhein­gold­ge­win­nung in der Gegenwart Das Goldwa­schen am Rhein wird heute nur noch von wenigen als Hobby prakti­ziert - zwar im Prinzip nach dem histo­ri­schen Vorbild, aber mit modernen Materialen und Techniken. Man verwendet heute Wasch­ge­räte verschie­dens­ter Art. Am gebräuch­lichs­ten sind Wasch­rin­nen (slui­ce­bo­xes), die mit speziellen Goldfallen (Teppichen, Riffeln usw.) ausge­stat­tet sind. Letztlich muss aber das Gold auch heute aus dem mit den Rinnen gewonnenen Konzentrat mit der Wasch­pfan­ne ausge­wa­schen werden. Am "Tag des offenen Denkmals" lebt die alte Daxlander Goldwasch-Tradition für einige Stunden wieder auf. Auf dem Daxlander "Schlau­cher­platz" werden alte und moderne Goldwasch­ge­räte gezeigt, und jeder, der Lust hat, kann sich mit der Wasch­pfanne einige Goldflit­ter erwaschen. Text: Manfred Common
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Karlsruhe: Stadtgeschichte Blick in die Geschichte Nr. 62 vom 19. März 2004: Eine Laterne für Karlsruhe Die Stadt­ge­schichte von 1728 von Klaus P. Oesterle Es ist eine kalte dunkle Nacht im Januar 1728. An der alten Landstraße von Durlach nach Mühlburg, seit einigen Jahren "Lange Straße" genannt, im Volksmund noch "Mühl­bur­ger Straße" geheißen, viel später als "Kaiser­stra­ße" bezeichnet, sind seit etwa einem Jahrzehnt hölzerne Häuser entstanden. Im Oberge­schoss eines langge­streck­ten zweistö­cki­gen Baus sitzt einsam in einer großen Stube ein Mann von Mitte Fünfzig, der Prorektor des Gymnasiums. Er hat die Zopfpe­rücke abgelegt und trägt eine Nachtmütze, denn die Stube ist nur spärlich durch ein Holzfeuer erwärmt. Vor sich hat er einen Tisch mit Tintenfass, Gänse­fe­dern und Papier. Schmales Licht kommt vom Docht einer Lampe, die mit Rapsöl betrieben wird. Der mit kratzender Feder schrei­bende Mann ist Professor Johann Caspar Malsch (1673 bis 1742). Er will in der noch winzig kleinen Hauptstadt des Ländchens Markgraf­schaft Baden Durlach etwas für die Bildung tun, und zwar nicht nur durch Unterricht am Gymnasium sowie Privat­stun­den für die Söhne des Adels, sondern durch das ehrgeizige Projekt einer wissen­schaft­li­chen Zeitschrift. Die erste Nummer soll die Geschichte der jungen Stadt Karlsruhe enthalten. Dadurch soll der Stadt­grün­der Markgraf Karl Wilhelm geehrt und das Publikum zum Bezug der Zeitschrift und zur Mitarbeit angeregt werden. Für die Arbeit an diesem Vorhaben kommen nur die Stunden der Nacht in Frage; denn am Tage ist der Mann durch die Arbeit des Unter­rich­tens gegen kärglichen Lohn voll einge­spannt. So nennt er sich mit leichter Selbstiro­nie den Nacht­ar­bei­ter, und sein geplantes Magazin heißt "Laternen der arbeits­freien Nächte". Die einzelnen Hefte sollen als erste, zweite usw. Laterne bezeichnet werden. Mit seiner "Ersten Laterne" - "Lucerna Prima" - ist Malsch zum ersten Geschichts­schrei­ber von Karlsruhe geworden. Er bedient sich, was seinerzeit durchaus üblich war, der latei­ni­schen Sprache. Sein Büchlein ist 1728 in Karlsruhe gedruckt worden; eine deutsche Überset­zung ist ebenda 2003 in der Zeitschrift "Badische Heimat" erschienen. Das Kultur- und Wissen­schafts­ma­ga­zin des Karls­ru­her Gymna­si­al­pro­fes­sors hat es, soweit wir sehen, nur auf zwei Nummern gebracht. Für einen dauernden Erfolg fehlte in der kleinen Markgraf­schaft das Publikum. Aber schon mit jenem ersten Heft hat Malsch sich den Anspruch auf einen Ehrenplatz in der Karlsruher Geschicht­ser­in­ne­rung erworben. Nur dreizehn Jahre nach der Grund­stein­le­gung des Schlos­sturms hat er die erste Stadt­ge­schichte - auf eigenes Risiko - veröf­fent­licht. Dabei begnügte er sich nicht mit einer trockenen Auflistung von Fakten, sondern zeigte den Ehrgeiz, einen eleganten Text zu liefern, der höheren litera­ri­schen Ansprüchen genügte. Überrascht wird der heutige Leser besonders durch einge­streute Gedichte, mit denen Malsch seinen Bericht geschmückt und aufge­lo­ckert hat. Der ehemalige Schüler und Lehrer des fürst­li­chen Gymna­si­ums in Durlach war schon bei vielen Gelegen­hei­ten als Verfasser latei­ni­scher Lyrik hervor­ge­tre­ten. An den Höfen des Herzogs von Württem­berg und sogar des Kaisers in Wien hielt er einen Vortrag. Daheim fungierte er als eine Art Hofpoet bei Anlässen des markgräf­li­chen Hauses. Das erste Gedicht auf Karlsruhe Seiner Stadt­ge­schichte hat Malsch Verse im Stil des antiken Dichters Ovid voran­ge­stellt. Es handelt sich dabei seltsa­mer­weise nicht nur um ein Gedicht, sondern um deren zwei. So lesen wir: Erstes Gedicht auf Karlsruhe (Epigramma 1 in Caroli Hesycheum) Dort wo neu sich erhebt unter Karl, unserm Fürsten, ein Wohnsitz Und seines fürst­li­chen Heims hochauf­ra­gen­des Dach, - Staune nur, wenn du dies siehst - war Wald noch vor kurzem und Wildnis, Weit und breit ohne Weg, finster, schreck­lich und öd. Traurig war dieser Wald, mit Büschen und Stechlaub bewachsen, Kaum ein Mensch fand sich ein; Tiere nur lebten darin. Aber gleich als beschloß, in jener Gegend zu weilen Mein Beschützer und Fürst, Liebling des badischen Lands, Ward aus dem Wald, der wild weithin und abweisend starrte, Rasch für Karl, unsern Herrn, würdig gestaltet ein Heim. Davon habe ich vor, der Nachwelt nun zu berichten. Also gib mir geschwind, erste Laterne, das Licht. Deutlich, aber nicht unerwartet, tritt bei diesen Worten die Huldigung an den Fürsten hervor. Malsch, ein Leibei­ge­ner des Markgrafen, hat an anderen Stellen noch viel tiefer in die Kiste der unter­wür­fi­gen Schmei­che­lei gegriffen. Übertrie­ben ist die Schil­de­rung des Hardt­wal­des als Wildnis. Sie demons­triert die barock künst­le­ri­sche Auffassung des Verhält­nis­ses von Natur und Kultur. Vor allem aber erlaubt sie, die kulti­vie­rende Leistung des Bauherrn noch höher zu preisen. Besonders auffällig erscheint jedoch der Umstand, dass hier keineswegs von einer Stadt, sondern nur von einer fürst­li­chen Wohnung die Rede ist. Es folgt ein "Epigramma 2", in dem Karl Wilhelm mit dem sagen­haf­ten Gründer der "großen Stadt" Theben verglichen und sein Vorhaben eindeutig als Gründung einer Haupt und Residenz­stadt gekenn­zeich­net wird. Das erste Gedicht geht offenbar auf jenes Stadium der Entstehung von Karlsruhe zurück, in dem die Entschei­dung für eine neue Stadt noch nicht gefallen war. Malsch hat auch bei anderen Gelegen­hei­ten ältere Einge­bun­gen seiner Muse verwertet, schon um sie vor dem, Verges­sen­wer­den zu bewahren. Freizeit­park oder neue Stadt? Obwohl Karlsruhe eine Planstadt besonderer Qualität ist, stand der Entschluss des Markgrafen zur Stadt­grün­dung nicht von vornherein fest. Darauf hat Karl Wilhelm selbst 1728 in einer Inschrift am Schloss hinge­wie­sen. In der neueren Literatur zum Thema wird der Wahrheits­ge­halt dieser Äußerung in Zweifel gezogen und eine bereits 1715 festlie­gen­de Planung angenommen. Warum der Markgraf zu seiner anders­lau­ten­den Aussage kam, die von Zeitzeugen kontrol­liert werden konnte und sogar noch einmal in seiner Grabschrift anklingt, wird nicht erklärt. Zu wenig beachtet wurde auch der Umstand, dass der Schlos­sturm an eine Stelle gesetzt wurde, die nach Norden reichlich Raum für ein Jagdrevier, nach Süden aber recht wenig Platz für eine Stadt bot. Schon am heutigen Ettlinger Tor verlief die Landes­grenze. Niemand konnte damals den Erbvertrag mit Baden Baden 1765 und die Wieder­ver­ei­ni­gung der badischen Markgraf­schaf­ten 1771 voraus­se­hen, wodurch eine Ausdehnung der Residenz­stadt nach Süden möglich wurde, welche dann nach der aberma­li­gen Vergrö­ße­rung des Landes Baden 1803/1806 langsam einsetzte. Noch 1783 war die Ausstrah­lung des Karlsruher Stadt­pro­jekts so bescheiden, dass auf einer im Elsass neu erschie­ne­nen großen Straßen­karte zwar Mühlburg, Durlach, Ettlingen und sogar Frauenalb verzeich­net sind, aber nicht die Haupt­stadt der Markgraf­schaft. Aus der ältesten Stadt­ge­schichte lässt sich erkennen, dass der Entschluss zur Verlegung der Residenz und zur Stadt­grün­dung nach Baubeginn des Schlosses gereift ist. Nachdem die Entschei­dung gefallen ist, feiert Malsch seinen Fürsten als Stadt­grün­der; und er wählt dieses Thema, um seiner geplanten Schrif­ten­reihe einen guten Start zu verschaf­fen. Er setzt den Namen des Fürsten prächtig auf das Titelblatt und rundet sein kleines Werk im Schluss­ka­pi­tel mit Lobge­dich­ten auf Karl Wilhelm ab. Dafür hat er in die Schublade in seinen Vorrat an früher verfassten lyrischen Texten gegriffen. Die Gedichte auf den Geburtstag des Fürsten 1717 und 1718 erwähnen unter den vielerlei Taten des Geehrten keine Stadt­grün­dung, noch nicht einmal die feierliche Grund­stein­le­gung für den Schlos­sturm wird angespro­chen. Diese Dinge wurden erst wichtig, als es wirklich zum Bau der Stadt kam. Der Gründungs­be­richt Seinen Bericht über die Anfänge von Karlsruhe hat Malsch in Betrach­tun­gen zur badischen Landes­ge­schichte einge­bet­tet. Er sichtet die vorhandene Literatur und schildert die schwierige Quellen­lage, die durch den Verlust von Aufzeich­nun­gen in den zahlrei­chen Kriegen am Oberrhein gekenn­zeich­net ist. Die Katastro­phe von 1689 hat Malsch selbst miterlebt. "Ich habe das Elend gesehen und war ein Teil davon", schreibt er mit Worten des Vergil. Er preist Baden als gesegneten Landstrich und klagt über dessen Schicksal als Zankapfel zwischen Germanien und Gallien. Die Reste der reichen Überlie­fe­rung zu sammeln, hat der Markgraf Mitglieder seines Hofrats beauftragt. Malsch wollte dazu beitragen, aber seine gesam­mel­ten Materia­lien wurden im Krieg 1707 geplündert und landeten als Streu im Pferde­stall. Auch aus diesem Grund wendet er sich dem Thema Stadt­grün­dung zu, das er aus eigenein Wissen als Zeitzeuge bestrei­ten kann. Einen Schwer­punkt bildet zunächst der Gedanke des Fürsten an einen Ruhesitz zur Erholung von den Staats­ge­schäf­ten. Hier holt Malsch weit aus und recht­fer­tigt dieses Unter­neh­men seines Herrn mit zahlrei­chen Beispielen ähnlicher Vorhaben von "könig­glei­chen Fürsten". Sogar vom römischen Kaiser Augustus behauptet er ein solches Projekt - wohl wider besseres Wissen -, Hauptsache, es fällt besonderer Glanz auf den Markgrafen. Ausführ­li­che Erwägungen stellt der Professor über einen Namen in der Gelehr­ten­spra­che für die Neugrün­dung an. Unter Verwendung des altgrie­chi­schen Wortes "hesyche-Ruhe" schlägt er "Caroli Hesychia" oder einfach "Hesychia" vor, später abgewan­delt in "Caroli Hesycheum". Die Angabe des Druckorts auf dem Titelblatt seiner Schrift "In karlsruhe" lautet dann "Caroli Hesycheo". Allmählich zur Sache kommend, erläutert Malsch, warum aus dem Plan eines Sommer­sit­zes im Wald schließ­lich die Verlegung des Haupt­sit­zes der fürst­li­chen Regierung wurde. Den Grund sieht er im Wesent­li­chen darin, dass nach dem Ende des Spanischen Erbfol­ge­krie­ges 1714 die Staats­kasse einen angemes­se­nen Wieder­auf­bau der Karlsburg in Durlach nicht verkraften konnte. Karls Vater Friedrich Magnus hatte 1698 den Neubau überaus großzügig geplant und einen Schloss­flü­gel fertig gestellt. Er gab dem Gebäude eine bedeutende Höhe, um in den Schloss­ge­mä­chern nicht vom Dunst der sumpfigen Umgebung belästigt zu werden. Nachdem die Weiter­füh­rung dieses Projekts nicht finan­zier­bar war und die beschei­de­nere Gründung im Hardtwald sich gut entwi­ckelte, verfügte der Fürst die Verlegung der Residenz. Die Grund­stein­le­gung für den Schlos­sturm schildert Malsch nach Berichten von Mitglie­dern des Hofstaats, zu deren Amtspflich­ten die Anwesen­heit bei derartigen Anlässen gehörte. Er selbst war nicht dabei, erinnert sich aber, ein Gedicht geschrie­ben zu haben, das dem Grundstein beigefügt werden sollte, und versäumt nicht, dieses Gedicht abzudru­cken. Das für den Aufbau der Stadt tätige Personal findet bei Malsch ehrende Erwähnung. Er nennt auch die Geist­li­chen der Stadt­kir­che und mit besonderer Sympathie die der refor­mier­ten Kirche - heute "Kleine Kirche" - neben dem Gymnasium, mit denen er freund­li­che Nachbar­schaft pflegt. Er erwähnt Ärzte, Apotheker und Garten­fach­leute. Im Anhang seines Berichts gibt er ein Perso­nal­ver­zeich­nis der markgräf­li­chen Behörden und den Wortlaut der Stadt­pri­vi­le­gien. Deutlich betont wird das persön­li­che Eingreifen des Markgrafen in alle öffent­li­chen Angele­gen­hei­ten. Was die Stadt­pla­nung betrifft, so hebt Malsch hervor, dass Karl Wilhelm im Wesent­li­chen sein eigener Architekt war. Er beschreibt die Geometrie des Stadt­grund­ris­ses und die wichtigs­ten Gebäude. Dabei wird die Schloss­kir­che durch ein Gedicht ausge­zeich­net, das die evange­li­sche Recht­gläu­big­keit des Bauherrn und auch des Verfassers demons­triert. Dem Gymnasium, Sitz der Musen und seiner eigenen Schrift­stel­le­rei, will Malsch bald eine besondere "Lucerna" widmen. Lob der Gärten Viel ausführ­li­cher als die Darstel­lung der Bauten gerät Malsch die Schil­de­rung des Wildparks und der Gärten. Gärten muss man sagei denn er nutzt die Gelegen­heit, Verse über den Schloss­gar­ten in Durlach abzudru­cken, die er vor Jahren verfasst hat. Sein Hund Philander war bei einer illegalen Entenjagd im Garten erwischt und getötet worden. Malsch hat seinem Liebling einen Trauer­ge­sang gewidmet, darin den Garten geschil­dert und dessen Pracht als gleich­wer­tig mit den Gärten des Augustus gepriesen. Nun hat er das Problem, für den neuen Garten vor dem Schloss im Hardtwald Worte zu finden, um dessen noch größere Vortreff­lich­keit zu würdigen. Er meistert diese Aufgabe durch eine ausführ­li­che Schil­de­rung der Anlage und der Blumen­zucht und krönt das Ganze durch ein weiteres Gedicht. Darin lässt er Chloris, die Göttin der Gärten, auftreten, die ihr Amt beschämt an den Markgrafen Karl Wilhelm abtritt, der sie als Garten­ar­chi­tekt übertrof­fen hat. Der kritische Untertan Das für den heutigen Leser befremd­li­che und auch nach den Maßstäben der damaligen Zeil sehr dick aufge­tra­ge­ne Fürstenlob zeigt die Abhän­gig­keit des Schul­meis­ters Malsch vom absolu­tis­tisch regie­ren­den Markgrafen. Aber trotz der demütigen Unter­wer­fung blitzt in den Worten des gelehrten Philologen und Poeten doch auch kritisches und freiheit­li­ches Denken auf. In seinem Widmungs­brief an den gnädigsten Herrn spricht er von der "Gelehr­ten­re­pu­blik", in der die Freiheit des kritischen Denkens unbegrenzt ist. Das Glück der Menschheit, so betont er, herrsche dort, wo man seine Meinung frei sagen und auch publi­zie­ren dürfe. In diesem Sinn will er seine Zeitschrift gründen. Unter den wichtigen Gebäuden der Stadt hebt Malsch ein Projekt hervor, das es vielleicht niemals gegeben hat, das jedenfalls nicht ausgeführt wurde. Er behauptet, neben zwei Gewächs­häu­sern, die im Anschluss an den Westflügel des Schlosses bereits standen, sei der Bauplatz für ein Gerichts­ge­bäude vorgesehen. Es handelt sich um das Areal, auf der heute das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt steht. Dem Markgrafen Karl Wilhelm war die sichere Überwin­te­rung seiner Pflanzen wichtiger als ein Gerichts­ge­bäude, und so hat er denn an dieser Stelle ein drittes Orange­rie­haus bauen lassen. Das Hofgericht blieb nach der geltenden Kanzlei­ord­nung Teil des Hofrats; Justiz und Verwal­tung wurden nicht getrennt. Malsch gefällt es nicht, dass die Gerichts­bar­keit "gewis­ser­ma­ßen zur Miete" unter­ge­bracht ist. Er träumt von einem unabhän­gi­gen Gericht und fügt seiner Stadt­ge­schichte elegische Verse ein, die er für die Einweihung jenes Neubaus sozusagen auf Vorrat verfasst hat. Darin beschwört er mit flammenden Worten die Göttin der Gerech­tig­keit, die mit Augenbinde und Lanze vor der Tür und für Urteile steht, die ohne Ansehen der Person gefällt werden und auch den schützen, der schuldlos angeklagt ist. Eine Justiz, in der Hass und Gunst regieren, so betont Malsch, führt zum Verderben des Landes. Der Verfasser zeigt damit eine beacht­li­che Zivil­cou­rage, die vom Fürsten offen­sicht­lich toleriert wurde. Als eifriger Anwalt von Bildung, Wissen­schaft und Recht gehört Malsch zu den Menschen, die unter dem Dach des Absolu­tis­mus den Aufbruch ins Zeitalter der Aufklärung gefordert haben. Dieses Bestreben drückt sich schon auf dem Titelblatt seiner Zeitschrift aus, wo er sich als denjenigen vorstellt, der in der neuen fürst­li­chen Residenz "die Fackel vorantrug, Dunkelheit vertrieb und Licht brachte". Mit seiner Laterne für Karlsruhe war ein hoher Anspruch verbunden. Dr. Klaus A. Oesterle, Oberstu­di­en­di­rek­tor a.D., Karlsruhe × Titelblatt des "Lucerna Prima". Titelblatt des "Lucerna Prima".
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Karlsruhe: Stadtgeschichte Digitale Angebote: Stadtchronik Karlsruhe Die Chronik bietet Einträge zur Geschichte der Stadt Karlsruhe von ihrer Gründung als Residenz­stadt im Jahre 1715 an bis in die Gegenwart als Zentrum der Techno­lo­gie­Re­gion Karlsruhe. Stadt­teilchro­ni­ken der einge­mein­de­ten, ehemals selbstän­di­gen Stadtteile, die zum Teil sehr viel älter sind als Karlsruhe, liefern histo­ri­sche Infor­ma­tio­nen über die Entwick­lung des geogra­fi­schen Raumes, den die Großstadt Karlsruhe heute einnimmt. Die den Einträgen zugeord­ne­ten Bilder veran­schau­li­chen auch das jeweilige Zeitko­lo­rit, und an der Folge histo­ri­scher Stadtpläne kann die stadt­pla­ne­ri­sche Entwick­lung nachvoll­zo­gen werden. 1750 Beginn der im Vorjahr beschlossenen Totalrenovierung des Schlosses. Aus mehreren Entwürfen werden die von Leopold v. Retty aus Ansbach gewählt und von dem jungen Ingenieurleutnant Friedrich v. Kesslau abgeändert. Er leitet zusammen mit L. Philippe de la Guepière die Arbeiten. 1750 Baubeginn eines Steinschiffkanals unter Einbeziehung des Landgrabens (1583 - 1610 angelegt). Damit wird der Transport der Steine aus den Steinbrüchen des Pfinztals erleichtert, mit denen Karlsruhes Schloss und die neuen Häuser nun gebaut werden. Beim Rüppurrer Tor am Ende der Kronenstraße befindet sich eine Ausladestelle. Beginn der Arbeiten für einen großen Exerzierplatz im Westen der Stadt im Hardtwald, der 1760 fertig gestellt ist. Verlegung des Linkenheimer Tores von der Wald- zur Akademiestraße. 1751 In der evangelischen Volksschule wird der Unterricht für Jungen und Mädchen getrennt. Die Mädchenschule wird der Witwe des Lehrers Glaser übertragen, die auf diese Weise unterstützt werden soll. 28. Januar 1751 Markgraf Karl Friedrich vermählt sich in Darmstadt mit Prinzessin Karoline Luise von Hessen-Darmstadt und nimmt nun auf Dauer seinen Wohnsitz in Karlsruhe. Die Markgräfin, in der anregenden Atmosphäre des Darmstädter Hofes aufgewachsen, hat großes Interesse an allen wissenschaftlichen Bestrebungen ihrer Zeit. Ihre größte Passion ist die Kunst. Das von ihr aufgebaute "Mahlerey-Cabinet" und das Naturalien-Kabinett bilden später einen wichtigen Bestand der beiden großen Karlsruher Museen. Dezember 1751 Die Gemeindevertretung beklagt beim Markgrafen die Überbesetzung aller Gewerbe, das Überwiegen der Schutzbürger und Hintersassen über die grund- und hausbesitzenden Bürger, den Überfluss an Wirtschaften und die jüdische Konkurrenz für Metzger und Krämer. Diese Klagen zielen auf Abhilfe bei der bevorstehenden Erneuerung der Stadtprivilegien. 1752 In der Stadt gibt es über 70 Schild- und Straußenwirte. In 50 Gasthäuser stehen 222 Gästebetten zur Verfügung. Gasthaus \"Zum Bären\" an der nordwestlichen Ecke des Marktplatzes, Aquarell um 1800.StadtAK 8/PBS XIVe 87 1752 Die Pflasterung der Waldhornstraße, durch die die Steine für den Neubau des Schlosses von der Ausladestelle des Steinschiffkanals herangeschafft werden, ist fertig gestellt. Die Kosten müssen die Anlieger dem Markgrafen zurückzahlen. Erst ab 1772 werden auch die anderen Straßen nach und nach gepflastert. Für den Hausbau wird ein neues Modell vorgeschrieben, das nun aus Stein gebaut werden soll. Die alten Holzhäuser sollen allmählich ersetzt werden. 12. Juni 1752 Erneuerung des Privilegienbriefes für Karlsruhe durch Markgraf Karl Friedrich. 1753 Zusätzlich zur Hof- und Stadtpfarrei wird eine Garnisonspfarrei eingerichtet. 1756 Hofschlosser Melchior Hugenest stellt das Tor zum Fasanengarten fertig. Dieses Meisterwerk der Rokoko-Schmiedekunst wird 1846 an seine heutige Stelle am Beginn der Richard-Willstätter-Allee versetzt. 1756 Eine Verordnung verbietet, in der Öffentlichkeit und in Wirtshäusern über "Kriegs- und Religionssachen" zu diskutieren. Dies führe nur zu "höchst schädlichen Verbitterungen" und sei Beweis "pöbelmäßigen Betragens". Diese Verordnung steht im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges. 29. Dezember 1756 Das "Carlsruher Wochenblatt oder Nachrichten zum Behuf der Policey, des Haushaltungs- und Handlungswesens, wie auch der Gelehrsamkeit" erscheint erstmals. Verleger ist der 28-jährige Michael Macklot. Mit dieser ersten Zeitung in Karlsruhe und Baden wird teilweise die "ausschellende Ortspolicey" überflüssig und damit die Nachrichtenübermittlung auf eine neue Basis gestellt. 13. Januar 1757 Michael Macklot erhält das Privileg für die Eröffnung einer Buchhandlung. Das ältere Wirsumsche Geschäft war im Besitz Cottas in Tübingen. 23. November 1757 Michael Macklot gibt, ausgestattet mit einer markgräflichen Alleinberechtigung in den "fürstlichen Landen", die erste Nummer der "Carlsruher Zeitung" heraus. Die zweimal wöchentlich erscheinende Zeitung hat politischen Charakter. Macklot eröffnet auch eine "Leseanstalt", in der gegen eine monatliche Gebühr seine und andere Zeitungen und sonstige Veröffentlichungen gelesen werden können. Die "Leseanstalt" hat ihr Domizil bis 1780 in der Waldhorngasse und siedelt dann in den Zirkel um. 1758 Erlass einer Brandversicherungsordnung durch Markgraf Karl Friedrich. Darin wird der Gedanke, auch Gebäude gegen Wasser, Erdbeben- und Sturmschäden zu versichern, als "noch nicht" vorgesehen bezeichnet. 1758 Die stillgelegte Bierbrauerei des Kammergutes Gottesaue wird auf Anordnung des Markgrafen wieder in Betrieb genommen. Der gestiegene Preis für Wein hatte zu steigendem Bierkonsum geführt. 5. August 1758 Der französische Philosoph Voltaire besucht den Karlsruher Hof. 1759 Eine Polizeiverordnung verbietet Abfälle auf die Straßen zu werfen und gebietet, zweimal wöchentlich die Straßen zu reinigen. 1768 wird auf Kosten der Hauseigentümer eine wöchentliche Straßenreinigung eingeführt. 1759 Erste abendliche Beleuchtung mittels Öllampen in einigen Straßen der Stadt. Weitere Links zum Thema Ausführliche Informationen zur Stadtchronik Stadtteilchroniken Kurze Karlsruher Stadtgeschichte Suche in der Chronik 1715 - 1719 1720 - 1729 1730 - 1739 1740 - 1749 1750 - 1759 1760 - 1769 1770 - 1779 1780 - 1789 1790 - 1799 1800 - 1809 1810 - 1819 1820 - 1829 1830 - 1839 1840 - 1849 1850 - 1859 1860 - 1869 1870 - 1879 1880 - 1889 1890 - 1899 1900 - 1909 1910 - 1919 1920 - 1929 1930 - 1939 1940 - 1949 1950 - 1959 1960 - 1969 1970 - 1979 1980 - 1989 1990 - 1999 2000 - 2007
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Karlsruhe: Stadtgeschichte Digitale Angebote: Stadtchronik Karlsruhe Die Chronik bietet Einträge zur Geschichte der Stadt Karlsruhe von ihrer Gründung als Residenz­stadt im Jahre 1715 an bis in die Gegenwart als Zentrum der Techno­lo­gie­Re­gion Karlsruhe. Stadt­teilchro­ni­ken der einge­mein­de­ten, ehemals selbstän­di­gen Stadtteile, die zum Teil sehr viel älter sind als Karlsruhe, liefern histo­ri­sche Infor­ma­tio­nen über die Entwick­lung des geogra­fi­schen Raumes, den die Großstadt Karlsruhe heute einnimmt. Die den Einträgen zugeord­ne­ten Bilder veran­schau­li­chen auch das jeweilige Zeitko­lo­rit, und an der Folge histo­ri­scher Stadtpläne kann die stadt­pla­ne­ri­sche Entwick­lung nachvoll­zo­gen werden. 1761 Der elsässische Dichter Gottlieb Konrad Pfeffel schlägt die Errichtung einer Universität in der Residenzstadt vor. 1761 Die Landstraße von Karlsruhe nach Ettlingen, die bisher am Hofgut Scheibenhardt vorbeiführte, wird in gerader Linie über Rüppurr neu angelegt. März 1761 Im Auftrag der Pariser Akademie kommt der Direktor der Pariser Sternwarte Cäsar Franz de Cassini de Thury nach Karlsruhe, um auch hier Gradmessungen vorzunehmen. Die Markgräfin lässt sich ausführlich in seine Arbeiten einweihen. 1762 Bau eines Brunnenturmes an der Lammstraße. Der über ein von Pferden betriebenes Göpelwerk mit Grundwasser gespeiste Behälter versorgt in erster Linie das Schloss und den Schlossgarten mit Wasser. Der Brunnenturm wurde 1762 errichtet, sein Betrieb 1830 eingestellt und 1833 erfolgte der Abriss. Er nahm den ursprünglich für die katholische Kirche vorgesehenen Platz ein.StadtAK 8/PBS oXIVa 1288 Dezember 1763 Die Katholiken bitten den Markgrafen, ihren Weihnachtsgottesdienst durch einige Soldaten vor Störungen durch Andersdenkende schützen zu lassen. 1764 Gründung der selbständigen Zimmermeisterzunft. 1765 Aus Basel wird die markgräfliche Bibliothek, die dort seit 1674 lagerte, mit Rheinkähnen nach Karlsruhe in den östlichen Anbau des Schlosses gebracht. Die Aufstellung der Magazinregale Rücken an Rücken stellt eine Neuheit auf dem europäischen Kontinent im Bibliothekswesen dar. 1765 Nach Plänen von Friedrich v. Kesslau und unter Mitarbeit von Wilhelm Jeremias Müller wird das Fasanengarten-Schlösschen mit figurierter Fassade und chinesischem Dach bis 1773 gebaut. 1765 Eine Häuserzählung ergibt einen Bestand von 328 Haupt- und 398 Nebengebäuden. 1765 Beginn der ersten regelrechten Verlängerung einer der Radialstraßen über die Lange Straße hinaus. Die Kronenstraße wird als Neue Rüppurrer Straße verlängert. 8. Februar 1765 Markgraf Karl Friedrich gründet eine "Gesellschaft der nützlichen Wissenschaften". Hier sollen wirtschaftliche Theorie und ihre Anwendung in der Praxis diskutiert werden. Mangelndes Interesse führt im April 1766 zur Auflösung der Gesellschaft. 26. Juli 1765 Grundsteinlegung für den Neubau des katholischen Bethauses, das am 6. Juli 1766 geweiht wird. Das Gebäude - ohne Turm und Glocken - befindet sich Ecke Zirkel/Lammstaße. Hier wird auch die erste katholische Schule eingerichtet. 1766 Die Durlacher Lichter- und Seifenfabrik wird nach Karlsruhe verlegt. 1767 Entlang dem Steinschiffkanal wird eine breite, gut befestigte Straße angelegt, an der der Markgraf eigenhändig die ersten Pappeln pflanzt. Die schnurgerade Allee ersetzt die frühere Verbindung zwischen Durlach und Karlsruhe, die über Gottesaue und Rintheim führte. 1768 Nachdem bereits 1764 eine Kommission über den Ausbau und die Erweiterung der Stadt beraten hat, wird auf Drängen der Stadt, die auf die Wohnungsnot und steigende Haus- und Grundstückspreise verweist, eine Stadterweiterung erörtert. Geplant wird die Verlängerung der Fächerstraßen nach Süden, die diagonal verlaufenden Erbprinzenstraße und Spitalgasse sowie die Anlage eines vergrößerten Marktplatzes, für den die Konkordienkirche und der Friedhof verlegt werden müssten. Über die Ausführung des Planes beschließt Markgraf Karl Friedrich nur von Fall zu Fall, d. h. er genehmigt ihn nicht im Ganzen. Karlsruher Fächergrundriss 1768 Die Spitzenfabrikation von P. Bouhon nimmt ihren Betrieb auf. 1768 Gründung einer Architektonischen Zeichenschule durch Baudirektor Friedrich v. Kesslau. Diese führt Friedrich Weinbrenner 1798 als Bauschule weiter. 1768 Um den Fasanengarten wird eine Mauer errichtet. Die Arbeiten sind 1773 abgeschlossen. 4. November 1768 Auf Vorschlag von Kirchenrat Johann Leonhard Walz überträgt der Markgraf dem Gymnasium die Aufgabe, besonders begabten Schulkandidaten eine einjährige Ausbildung zu vermitteln. Diese Ausbildungsstätte für Lehrer muss 1809 geschlossen werden. Weitere Links zum Thema Ausführliche Informationen zur Stadtchronik Stadtteilchroniken Kurze Karlsruher Stadtgeschichte Suche in der Chronik 1715 - 1719 1720 - 1729 1730 - 1739 1740 - 1749 1750 - 1759 1760 - 1769 1770 - 1779 1780 - 1789 1790 - 1799 1800 - 1809 1810 - 1819 1820 - 1829 1830 - 1839 1840 - 1849 1850 - 1859 1860 - 1869 1870 - 1879 1880 - 1889 1890 - 1899 1900 - 1909 1910 - 1919 1920 - 1929 1930 - 1939 1940 - 1949 1950 - 1959 1960 - 1969 1970 - 1979 1980 - 1989 1990 - 1999 2000 - 2007
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Karlsruhe: Stadtgeschichte Digitale Angebote: Stadtchronik Karlsruhe Die Chronik bietet Einträge zur Geschichte der Stadt Karlsruhe von ihrer Gründung als Residenz­stadt im Jahre 1715 an bis in die Gegenwart als Zentrum der Techno­lo­gie­Re­gion Karlsruhe. Stadt­teilchro­ni­ken der einge­mein­de­ten, ehemals selbstän­di­gen Stadtteile, die zum Teil sehr viel älter sind als Karlsruhe, liefern histo­ri­sche Infor­ma­tio­nen über die Entwick­lung des geogra­fi­schen Raumes, den die Großstadt Karlsruhe heute einnimmt. Die den Einträgen zugeord­ne­ten Bilder veran­schau­li­chen auch das jeweilige Zeitko­lo­rit, und an der Folge histo­ri­scher Stadtpläne kann die stadt­pla­ne­ri­sche Entwick­lung nachvoll­zo­gen werden. 1780 435 Öllaternen sorgen in den Straßen nachts für bessere Sicht. Die Hälfte der Kosten dafür tragen die Hausbesitzer, die andere Hälfte teilen sich der Karlsruher Hof, die Landes- und die Stadtverwaltung. 1780 Bau des Jagdzeughauses nach Plänen von Wilhelm Jeremias Müller beim Durlacher Tor im Stil des französischen Barock. Das Zeughaus an der Langen Straße wurde während der Revolution am 13. Mai 1849 vergeblich belagert.StadtAK 8/PBS oXIVa 1303 August 1780 Der Friedhof hinter der Konkordienkirche wird in die östlich davon gelegenen Gärten erweitert. Gleichzeitig wird der Friedhof hinter der Kleinen Kirche geschlossen. Der neue Friedhof wird von den Konfessionen gemeinsam genutzt. 1781 Die Kutschen- und Chaisenfabrik Heinrich Reiß beginnt ihre Produktion. Sie beschäftigt eine größere Zahl in- und ausländischer Arbeiter. 15. Juli 1781 Auf dem Lohfeld beim Rüppurrer Tor wird ein neues Begräbnisfeld angelegt und benutzt. Im Jahr 1804 wird der Friedhof hinter dem Marktplatz endgültig geschlossen und nun gilt der Lohfeld-Friedhof (heute das Parkgelände an der Kapellenstraße) als städtischer Friedhof. 19. November 1781 In einer Bürgerversammlung wird mehrheitlich beschlossen, dass die Bürger gegen eine Ablösesumme von jedem Wachdienst befreit werden, der dafür vom Militär übernommen wird. 1782 Der Innenausbau des Schlosses ist beendet. Der erste Blitzableiter zum Schutz eines Wohngebäudes wird installiert. 1782 Verlegung der Tabakfabrik Christian Griesbach von Durlach nach Karlsruhe. 1782 Am Linkenheimer Tor wird ein "Comoedienhaus" eingerichtet, in dem die Wandertruppen nun eine feste Bühne vorfanden. Seit 1752, als der Theatersaal im Schloss wegen des Umbaus geschlossen wurde, gastierten die Schauspieler in Lagerschuppen oder Orangeriegebäuden. 16. September 1782 Großfürst Paul von Russland, der spätere Zar, weilt zu Besuch am Karlsruhe Hof. 1783 Das Mühlburger Tor wird in Höhe des heutigen Hauses Kaiserstraße 138 errichtet. 8. April 1783 Markgräfin Karoline Luise stirbt während einer Reise in Paris. 23. Juli 1783 Markgraf Karl Friedrich hebt die Leibeigenschaft auf. Betroffen davon ist ein Teil der städtischen und die Mehrheit der ländlichen Bevölkerung, für die nun eine Reihe von Abgaben wie z. B. beim Wohnortwechsel im Lande oder beim Wegzug aus dem Lande entfallen. 1784 Carl Christian Gmelin löst als Leiter der markgräflichen Gartenverwaltung Joseph Koelreuter ab. Die Pflege der Gärten wird verbessert, ihre Artenvielfalt erklärt. Ein Katalog von 1790 verzeichnet etwa 4.000 Arten von Pflanzen. 16. Juni 1784 Einrichtung einer Bürgerwitwenkasse, die bis 1885 existiert. 3. Dezember 1784 Gründungsversammlung der "Karlsruher Lesegesellschaft", die sich seit 1808 offiziell "Museum" nennt. Initiator und erster Sekretär der Gesellschaft ist der Stadtvikar Wilhelm Friedrich Ring. An der Gründungsversammlung nehmen 40 Männer teil, 1791 gehören der Lesegesellschaft 192 Mitglieder an. Mitglieder können Männer werden, die ein Studium absolviert oder "Rang und Charakter" haben. Im wesentlichen trifft sich hier die Hofgesellschaft und die landesherrliche Beamtenschaft, wobei Standesgrenzen offiziell keine Bedeutung haben. Frauen bleiben von der Mitgliedschaft ausgeschlossen, nur bei Bällen und musikalischen Veranstaltungen sind sie eingeladen. 1785 Der bei der Schlossrenovierung unverändert gebliebene Turm erhält nach Plänen von Wilhelm Jeremias Müller ein neues kuppelartiges Dach und wird dadurch niedriger. Carl Christian Gmelin wird hauptamtlich Betreuer des Naturalienkabinetts der verstorbenen Markgräfin Karoline Luise. Schlossansicht von der Stadt mit der neuen Turmhaube.StadtAK 8/PBS XIVa 460 1785 In der geplanten Verlängerung der Bärengasse (heute Karl-Friedrich-Straße) jenseits des Landgrabens werden erste Häuser errichtet. Zuvor war 1784 eine Notbrücke über den Landgraben geschlagen worden. 11. Januar 1785 In der Zeit des Karnevals finden erstmals Maskenbälle im Theatersaal statt. 2. November 1785 Markgraf Karl Friedrich tritt dem Fürstenbund bei, in dem sich die kleineren deutschen Staaten und Preußen zusammenschließen, um die Machtansprüche des Wiener Kaiserhofs abzuwehren. Im Zusammenhang mit diesem Ereignis entwickelt sich eine rege diplomatisch-politische Geschäftigkeit am Karlsruher Hof. 1786 Für die Kinder der durch die Vergrößerung des Landes 1771 gewachsenen Garnison wird eine eigene Schule eingerichtet, in der Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet werden. Sie besteht bis 1861. 1786 Baubeginn für ein zweistöckiges Gebäude in der Nähe des Linkenheimer Tores, in das die Gemäldegalerie einziehen soll. Januar 1786 Zur Unterstützung Bedürftiger eröffnet der Markgraf Ecke Kronen-/Spitalstraße ein Arbeitshaus. Durch Spinnarbeit, später auch durch andere Tätigkeiten, sollen sich die Armen einen Teil ihrer Unterstützung verdienen. Bereits seit 1767 hatte man versucht, durch Spinnarbeiten Bedürftigen zu helfen. Im Jahre 1800 erhält die Anstalt die Bezeichnung "Fürstliches Gewerbhaus". 1787 Baubeginn für das neue Kanzlei- und Archivgebäude zwischen Lamm- und Ritterstaße am Zirkel, das wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Österreich erst etwa 1802 bezogen werden kann. 1787 Seit dem Beginn der Bebauung der Schlossstraße (heute Karl-Friedrich-Straße) wird gefordert, Pläne zur Gestaltung des Marktplatzes vorzulegen. Verschiedene bekannnte Baumeister, u. a. Mauritius Pedetti und Salins de Montfort, reichen bis 1790 Entwürfe ein und erhalten dafür auch Honorare. Vorerst kommt es zu keiner Realisierung. Dieser städtebauliche Wettbewerb führt aber zu zahlreichen Bauanfragen, so dass die Zähringerstraße zum Marktplatz geöffnet und die Spitalstraße (heute Markgrafenstraße) bebaut werden. 1787 Gründung einer Privatschule für Mädchen. Nach ihrem Besitzer nennt man diese höhere Mädchenschule Rufsches Institut. 1787 Der Hofgärtner Friedrich Schweickardt wird maßgeblich an der von Karl Friedrich gewünschten Umgestaltung der Schlossanlagen beteiligt. Diese ist seit längerem im Gange und wird nach englischen Vorbildern vorgenommen. Im Zuge dieser Arbeiten wird das Wildgehege hinter dem Schloss aufgelöst und der dort entstehende Park den Karlsruhern geöffnet. 1787 Johann Georg Schlosser, Goethes Schwager, wird Mitglied des Geheimen Rates, aus dem er 1794 wieder ausscheidet. 1787 Für die Residenzstadt richtet der Markgraf eine eigene Polizeideputation ein zur Pflege der Ruhe und Ordnung, der Sicherheit sowie der Reinlichkeit und Gesundheit. Der Markgraf nimmt zunächst jeden Sonntag den Polizeibericht persönlich entgegen. 5. März 1787 In einem Artikel in der Karlsruher Zeitung erläutert Professor Johann Lorenz Böckmann das magnetische Lehrsystem, das als Modeerscheinung in Karlsruhe eine durch alle Schichten reichende Anhängerschaft gewinnt. Die Karlsruher Ärzte wenden sich entschieden gegen den "heilenden Magnetismus", der Markgraf lehnt jedoch ein Einschreiten der Obrigkeit ab, so dass es wohl noch Jahre später Anhänger dieser Lehre in Karlsruhe gibt. 12. März 1787 Gründung des ersten öffentlichen Karlsruher Hoftheaters, das 1789 wegen der Auswirkungen der französischen Revolution als Privattheater weitergeführt, von 1791 - 1797 dann ganz geschlossen wird. 24. November 1787 Markgraf Karl Friedrich vermählt sich in zweiter Ehe mit Reichsgräfin Luise Karoline von Hochberg. 15. Dezember 1788 Eröffnung des von Wilhelm Jeremias Müller Ecke Adler-/Spitalstraße erbauten Bürgerspitals. Es bietet Platz für 120 Patienten. Hier und im Gymnasium hält Christian Ludwig Schweickhard in den folgenden Jahren medizinische Vorlesungen. 1789 Einrichtung einer Hofschreinerei im Schlossgarten mit ca. 20 Arbeitern für die Herstellung von Möbeln, die in Baden, Württemberg und der Schweiz Absatz finden. August 1789 Während des gut besuchten Jahrmarktes in Durlach werden an den Stadttoren Karlsruhes strenge Kontrollen durchgeführt. Um eventuellen revolutionären Ausschreitungen wie im nahen Straßburg besser begegnen zu können, wird das Militär durch Bürgerpatrouillen verstärkt. August 1789 In der Folge der Revolution in Frankreich findet sich in Karlsruhe eine größere Zahl französischer Emigranten ein, die die Gastfreundschaft des Landes und des Markgrafen dankbar in Anspruch nehmen. Die Aufstellung bewaffneter Korps untersagt der Markgraf jedoch nachdrücklich. Zeitgenössische Reisende klagen noch 1792, dass Karlsruhe voll von Emigranten und kein Quartier zu finden sei. Weitere Links zum Thema Ausführliche Informationen zur Stadtchronik Stadtteilchroniken Kurze Karlsruher Stadtgeschichte Suche in der Chronik 1715 - 1719 1720 - 1729 1730 - 1739 1740 - 1749 1750 - 1759 1760 - 1769 1770 - 1779 1780 - 1789 1790 - 1799 1800 - 1809 1810 - 1819 1820 - 1829 1830 - 1839 1840 - 1849 1850 - 1859 1860 - 1869 1870 - 1879 1880 - 1889 1890 - 1899 1900 - 1909 1910 - 1919 1920 - 1929 1930 - 1939 1940 - 1949 1950 - 1959 1960 - 1969 1970 - 1979 1980 - 1989 1990 - 1999 2000 - 2007
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Karlsruhe: Stadtgeschichte Digitale Angebote: Stadtchronik Karlsruhe Die Chronik bietet Einträge zur Geschichte der Stadt Karlsruhe von ihrer Gründung als Residenz­stadt im Jahre 1715 an bis in die Gegenwart als Zentrum der Techno­lo­gie­Re­gion Karlsruhe. Stadt­teilchro­ni­ken der einge­mein­de­ten, ehemals selbstän­di­gen Stadtteile, die zum Teil sehr viel älter sind als Karlsruhe, liefern histo­ri­sche Infor­ma­tio­nen über die Entwick­lung des geogra­fi­schen Raumes, den die Großstadt Karlsruhe heute einnimmt. Die den Einträgen zugeord­ne­ten Bilder veran­schau­li­chen auch das jeweilige Zeitko­lo­rit, und an der Folge histo­ri­scher Stadtpläne kann die stadt­pla­ne­ri­sche Entwick­lung nachvoll­zo­gen werden. 1790 In der Schlossstraße (heute Karl-Friedrich-Straße) wird der Landgraben überwölbt. Versicherung für Dienstboten geschaffen. 1837 erfolgt die Umwandlung in den Hospitalverein, der jedem Karlsruher offen steht. Dessen Aufgaben übernimmt 1852 der "Städtische Krankenverein", in dem die Dienstboten von der Herrschaft versichert werden müssen. 1790 Die vor dem Bürgerspital gelegene Fläche wird als öffentlicher Platz ausgewiesen und hergerichtet. Auf dem Spitalplatz (seit 1892 Lidellplatz) findet regelmäßig der Heu- und Holzmarkt statt, er wird zum Zentrum der südöstlichen Stadterweiterung . 8. September 1790 Der Marktplatz wird nach Plänen des Architekten Salins de Montfort abgesteckt. 1791 Der Hofbuchhändler und Verleger der Karlsruher Zeitung Michael Macklot veröffentlicht einen Artikel, in dem Argumente gegen aber auch für die französische Konstitution wiedergegeben werden. Er wird dafür zu drei Tagen Haft verurteilt, die wegen seines hohen Alters gnadenhalber sein Sohn für ihn verbüßen darf. 1791 Eröffnung des Militärhospitals Ecke Kreuzstraße/Spitalgasse, das von Wilhelm Jeremias Müller geplant wurde. 1791 Berufung von Johann Peter Hebel als Lehrer an das Gymnasium, dessen Direktor er 1808 wird. Johann Peter Hebel 1792 Gründung der Gesellschaft "Zum Haarenen Ring". Sie besteht bis 1813. Die Männer und Frauen tragen bei ihren wöchentlichen Sitzungen einen Ring aus den Haaren der Mitglieder. Bei ihren Zusammenkünften sprechen sie über neue Bücher, wissenschaftliche Erkenntnisse und politische Ereignisse. Auch ein geselliges Vereinsleben wird gepflegt. Die Gesellschaft "Zum Haarenen Ring", in der Männer und Frauen gleichberechtigt waren, bei einer ihrer Sitzungen.StadtAK 8/PBS oIV 165 1. Oktober 1792 In der Stadt verbreitet sich die Nachricht, die Franzosen hätten den Rhein überschritten. Die markgräfliche Familie und viele Bürger verlassen die Stadt oder bereiten sich darauf vor. Das markgräfliche Archiv wird über Pforzheim nach Ulm in Sicherheit gebracht. Die Nachricht erweist sich zwar als falsch, aber schon am 7. Oktober greift erneut die Furcht vor einer französischen Invasion um sich. Viele Bürger fliehen, der Markgraf begibt sich mit dem Militär nach Ettlingen. 11. Oktober 1792 Markgraf Karl Friedrich tritt in einem Dekret dem Gerücht entgegen, er habe wegen aufrührerischer Stimmungen der Bürger Karlsruhes die Stadt verlassen. Tatsächlich scheinen manche Bürger sich eine Kokarde besorgt zu haben. Ob nur aus Vorsicht für den Fall französischer Besetzung oder aus Überzeugung, ist nicht überliefert. 1793 Beginn der Hausnummerierung in den Straßen der Stadt. 22. März 1793 Nach der Kriegserklärung des Reiches gegen Frankreich marschieren verschiedene Truppenkontingente durch die Stadt. 27. August 1793 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen, trifft mit großem Gefolge auf dem Weg zu seinen Truppen in Karlsruhe ein. 1. November 1793 Badische Truppen in der Stärke von 754 Mann treten von Karlsruhe aus für drei Jahre in englischen Dienst. Eine größere Zahl von Frauen ermuntert die Soldaten offensichtlich zur Fahnenflucht. 6. Dezember 1793 Tod des Freiherrn Wilhelm von Edelsheim, Staatsminister, enger Vertrauter und Ratgeber des Markgrafen. 1794 Ein dritter Wochenmarkt wird eingeführt. Markttage sind jetzt Montag, Mittwoch und Freitag. 1794 Durch die Bebauung der Schlossstraße (heute Karl-Friedrich-Straße) seit 1777 wird die Schließung des Schlachthauses am Landgraben notwendig. Der Neubau wird am heutigen Ludwigsplatz errichtet, aber bereits 1809 für baufällig erklärt, jedoch erst 1819 geschlossen. 1794 In Klein-Karlsruhe ist eine dampfgetriebene Griesmühle in Betrieb. März 1794 Neben der 1721 gegründeten Schützengesellschaft, der zumeist Männer von höherem Stand angehören, bildet sich eine bürgerliche Gesellschaft. Beide vereinigen sich bald und bilden die erste Kompagnie des bewaffneten Bürgerkorps. An der Rüppurrer Straße wird ein neues Schießhaus fertig gestellt. August 1794 Kaiserliche Truppen ziehen in stärkerem Umfang als zuvor durch die Stadt. 21. September 1795 Der Markgraf erhebt Klein-Karlsruhe auf Bitten der Bewohner zu einer Dorfgemeinde. 22. September 1795 Nachdem die Franzosen Mannheim am 20. September zur Kapitulation gezwungen haben, flieht der Markgraf mit großem Gefolge über Ulm nach Regensburg. 1796 Die Stadterweiterung erfordert die Verlegung des Ettlinger Tores nach Süden an das Ende der heutigen Karl-Friedrich-Straße. Es besteht zunächst aus Holz. Vom Ettlinger Tor nach Osten wird die Kriegsstraße angelegt. Ihre Verlängerung nach Westen erfolgt bis 1809/10, nachdem der Markgraf im Jahre 1800 im Tausch Beiertheimer Gemarkung für die Stadt erworben hat. 25. Februar 1796 Der Markgraf ermächtigt Theodor Kreglinger, neben einer Reichsposthalterei eine markgräfliche badische Landpost zu unterhalten. 12. Juli 1796 Französische Truppen besetzen die Stadt, nachdem der Waffenstillstand vom 1. Januar 1796 ohne Friedensschluss am 31. Mai beendet wurde. Der Markgraf hat die Residenz bereits am 29. Juni verlassen. Ein Teil der Bevölkerung verbrüdert sich mit den Franzosen. Es kommt zu Requisitionen und Kontributionen. 14. September 1796 Frühmorgens stürmen kaiserliche Truppen die von Franzosen besetzte Stadt. Im Verlauf der Kämpfe in den Straßen, die im Westen am Mühlburger Tor besonders heftig sind, werden auch einige Bürger verletzt und getötet. Schaden richtet auch die Beschießung der Stadt mit Kanonen an. Gegen 11.00 Uhr ziehen sich die Franzosen unter großen Verlusten an Gefallenen und Gefangenen zurück. Die "Franzosenfreunde" in der Stadt sehen das, wie ein Chronist der Ereignisse berichtet, mit großem Bedauern. In den folgenden Wochen marschieren fast täglich Truppen durch Karlsruhe. 12. November 1796 Tausende von Bürgern empfangen schon vor der Stadt den zurückkehrenden Markgrafen und die Stadt feiert seine Ankunft. 27. November 1796 In Stadt und Land wird das 50-jährige Regierungsjubiläum von Markgraf Karl Friedrich festlich begangen. 1797 Eröffnung der Müllerschen Hofbuchdruckerei und Buchhandlung durch Christian Friedrich Müller. C. F. Müller Verlag 1797 Friedrich Weinbrenner kehrt nach siebenjähriger Abwesenheit nach Karlsruhe zurück. Er legt 1798 seine Pläne für die Stadtbebauung, die Gestaltung des Marktplatzes und der Schlossstraße (heute Karl-Friedrich-Straße) vor. Friedrich Weinbrenner Friedrich Weinbrenner, der Baumeister des "klassizistischen" Karlsruhe.StadtAK 8/PBS III 1698 22. April 1797 Mit einem Extrablatt meldet die Karlsruher Zeitung den Abschluss des Friedens von Campo Formio zwischen Österreich und Frankreich. 15. Dezember 1797 Der von Freiherr Ernst v. Reitzenstein in geheimen Verhandlungen in Paris vorbereitete Separatfrieden zwischen der Markgrafschaft Baden und Frankreich wird abgeschlossen. Sigmund Freiherr von Reitzenstein, der als eigentlicher Begründer des badischen Staates gilt.StadtAK 8/PBS oIII 613 1798 Das Tabakrauchen sowie das freie Umherlaufen von Schweinen und Gänsen auf den Promenaden im vorderen und hinteren Schlossgarten wie unter den Arkaden wird verboten. 10. Juni 1798 Grundsteinlegung zum Bau der neuen Synagoge an der Ecke Kronen-/Lange Straße. In dem nach den Plänen Friedrich Weinbrenners errichteten Bau konnten seit 1800 Gottesdienste stattfinden. Feierlich eingeweiht wird er in Anwesenheit des Großherzogs Karl Friedrich am 18. Juli 1806. 1799 Die Bijouterie-Fabrik Oelenheinz verlegt ihren Betrieb nach Karlsruhe. März 1799 Als die Franzosen erneut den Rhein überschreiten, um gegen kaiserliche Truppen zu kämpfen, bleibt der Markgraf in seiner Residenz. Zusagen, Frankreich werde Baden als befreundetes Land behandeln, und Befürchtungen, ein neuerlicher Rückzug aus Karlsruhe könnte den revolutionären Geist stärken, führten zu diesem Entschluss. Karlsruhe bleibt 1799 von Einquartierungen und Besetzungen verschont. 12. Dezember 1799 Große Kälte herrschte vom 12. Dezember bis 13. Januar. Der Rhein führt Treibeis und gefriert zu. In der Stadt wurden auf Bitten des Hofdiakons milde Gaben für die "verschämten Armen" gesammelt. Weitere Links zum Thema Ausführliche Informationen zur Stadtchronik Stadtteilchroniken Kurze Karlsruher Stadtgeschichte Suche in der Chronik 1715 - 1719 1720 - 1729 1730 - 1739 1740 - 1749 1750 - 1759 1760 - 1769 1770 - 1779 1780 - 1789 1790 - 1799 1800 - 1809 1810 - 1819 1820 - 1829 1830 - 1839 1840 - 1849 1850 - 1859 1860 - 1869 1870 - 1879 1880 - 1889 1890 - 1899 1900 - 1909 1910 - 1919 1920 - 1929 1930 - 1939 1940 - 1949 1950 - 1959 1960 - 1969 1970 - 1979 1980 - 1989 1990 - 1999 2000 - 2007
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