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G ed ru ck t a uf 1 00 P ro ze nt R ec yc lin gp ap ie r Stadt Karlsruhe | Allgemeinverfügung Ordnungs-und Bürgeramt Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen Stand: 14. Dezember 2018 Nach amtlicher Feststellung der Blauzungenkrankheit - Serotyp 8 (Bluetongue-disease-Virus - BTV-8) in einem Betrieb im Landkreis Rastatt und öffentlicher Bekanntmachung des Seuchenausbruchs durch das Landratsamt des Landkreises Rastatt erlässt das Bürgermeisteramt des Stadtkreises Karlsruhe als untere Tiergesundheitsbehörde folgende Allgemeinverfügung 1. Das gesamte Kreisgebiet des Stadtkreises Karlsruhe wird zum Sperrgebiet erklärt. 2. Für das Sperrgebiet wird Folgendes angeordnet: 2.1. Wer Wiederkäuer im Kreisgebiet hält, hat die Haltung und den Standort der Tiere (Stall, Weide, Triebweg und so weiter) unverzüglich dem Bürgermeisteramt als untere Tiergesundheitsbehörde Stadt Karlsruhe, Ordnungs- und Bürgeramt, Abteilung Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen, Alter Schlachthof 5, 76131 Karlsruhe anzuzeigen. 2.2. Krankheitsanzeichen, die einen Ausbruch der Blauzungenkrankheit befürchten lassen (zu den Krankheitsanzeichen siehe unten die Erläuterungen in Nummer 1 in den informatorischen Hinweisen), sind sofort bei der unteren Tiergesundheitsbehörde (vergleiche Nummer 2.1) anzuzeigen. 2.3. Das Verbringen von Wiederkäuern, Embryonen, Samen und Eizellen aus dem Sperrgebiet ist verboten, soweit und solange keine Ausnahmegenehmigung von der unteren Tiergesundheitsbehörde (vergleiche Nummer 2.1) erteilt wurde (zur Beantragung von Ausnahmegenehmigungen siehe unten die Erläuterungen in Nummer 2 der informatorischen Hinweise). 3. Die sofortige Vollziehung der in Nummer 1, Nummer 2.1 bis 2.2 getroffenen Regelungen wird angeordnet. 4. Die Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben. Sie endet mit Ablauf des 31. Dezember 2020 solange keine öffentliche Bekanntgabe einer Fristverlängerung erfolgt. Rechtlicher Hinweis Gegen diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach deren Bekanntgabe beim Bürgermeisteramt des Stadtkreises Karlsruhe, bevorzugt beim Ordnungs-und Bürgeramt, Abteilung Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen, Alter Schlachthof 5, 76131 Karlsruhe Widerspruch erhoben werden. 14. Dezember 2018 gez. Dr. Alexandra Börner Allgemeinverfügung zur Festlegung des Kreisgebietes als Sperrgebiet zum Schutz gegen die Blauzungenkrankheit 2 | Stadt Karlsruhe | Städtisches Amt | Abteilung | Richtlinie, Vertrag, Dienstanweisung, Merkblatt: Titel Informatorische Hinweise 1. Zu der in Nummer 2.2 geregelten Pflicht, Krankheitsanzeichen der Behörde zu melden, wird zu den Krankheitsanzeichen klarstellend auf Folgendes hingewiesen: Die Erkrankung ist insbesondere durch eine Entzündung der Schleimhäute (Lippen, Maulschleimhäute, Euter und Zitzen), Gefäßstauungen, Schwellungen und Blutungen gekennzeichnet. Meist erkranken Schafe schwerer als Rinder und Ziegen. Erste Anzeichen einer akuten Erkrankung sind erhöhte Körpertemperatur, Apathie und Absonderung von der Herde. Bald nach dem Anstieg der Körpertemperatur schwellen die geröteten Maulschleimhäute an. Es kommt zu vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vor dem Maul. Die Zunge schwillt an und kann aus dem Maul hängen. An den Klauen rötet sich der Kronsaum und schmerzt. Die Tiere können lahmen und bei trächtigen Tieren kann die Krankheit zum Abort führen. Die klinischen Symptome bei Rindern sind Entzündungen der Schleimhäute im Bereich der Augenlider, der Maulhöhle, der Zitzenhaut und Genitalien. Zudem treten Ablösungen von Schleimhäuten im Bereich der Zunge und des Mauls sowie Blasen am Kronsaum auf. Diese klinischen Erscheinungen ähneln somit Symptomen der Maul- und Klauenseuche - Merkblatt Homepage Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt Aulendorf – Diagnostikzentrum (STUA-DZ). Link: http://www.ua-bw.de/pub/default.asp?subid=5&Lang=DE 2. Es können im Einzelfall Ausnahmen von dem in dieser Verfügung angeordneten Verbringungsverbot (Nummer 2.3 der Verfügung) genehmigt werden. Innerhalb derselben Restriktionszone ist der Handel mit empfänglichen Tieren gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1266/2007 unter bestimmten Bedingungen möglich. Das gilt auch für das Verbringen empfänglicher Tiere in eine Restriktionszone für denselben BTV-Serotyp in einem anderen Mitgliedsstaat der EU. 3. Ausnahmen vom Verbringungsverbot sind auf Grundlage von Artikel 8 der Verordnung (EG) 1266/2007 möglich. Danach sind für die Tiere, das Sperma, die Eizellen und Embryonen die Bedingungen gemäß Anhang III der Verordnung zu erfüllen. 4. Tiere, die zur unmittelbaren Schlachtung bestimmt sind und in deren Herkunftsbetrieb innerhalb von mindestens 30 Tagen kein Fall von Blauzungenkrankheit aufgetreten ist, sind vom Verbringungsverbot aus dem Restriktionsgebiet ausgenommen, soweit die für den Herkunftsbetrieb zuständige Behörde die geplante Verbringung der zuständigen Behörde des Bestimmungsortes (Schlachthof) termingerecht gemeldet hat (Artikel 8 Absatz 4 Verordnung (EG) 1266/2007). 5. Zudem ist eine Ausfuhr der Tiere unter bestimmten Bedingungen möglich (Artikel 8 Absatz 5a der Verordnung (EG) 1266/2007). 6. Weitere Ausnahmen betreffen die Durchfuhr von Tieren durch Restriktionsgebiete gemäß Artikel 9 der Verordnung (EG) 1266/2007. 7. Auskünfte zu den Ausnahmegenehmigungen erteilt das Bürgermeisteramt der Stadt Karlsruhe, Ordnungs- und Bürgeramt, Abteilung Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen, Alter Schlachthof 5, 76131 Karlsruhe; Telefon 0721 133-7101. 8. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die Anordnungen dieser Allgemeinverfügung Ordnungswidrigkeiten darstellen, die mit einem Bußgeld bei vorsätzlichen Verstößen bis eintausend Euro und bei fahrlässigen Verstößen bis fünfhundert Euro verfolgt werden können. 9. Die Anzeige nach Nummer 2.1 entfällt, wenn eine Registrierung bei der Stadt Karlsruhe, Ordnungs- und Bürgeramt, Abteilung Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen bereits erfolgt ist. Sollten die Tierhaltung noch nicht registriert sein, teilen Sie uns dies bitte umgehend unter der Telefonnummer 0721 133 7101 mit.
https://www.karlsruhe.de/b4/buergerdienste/luv/veterinaer/tierseuchen/HF_sections/content/1490349776714/ZZnTpz2Aidpgga/2018_12_14%20Allgemeinverf%C3%BCgung_Blauzungenkrankheit.pdf
G ed ru ck t a uf 1 00 P ro ze nt R ec yc lin gp ap ie r Stadt Karlsruhe Marktamt Stand: Oktober 2021 Ausschreibungszeitraum 1. April 2022 bis 31. März 2025. Eine Bewerbung ist vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2021 möglich. Danach eingehende Bewerbungen können nur berücksichtigt werden, wenn noch Plätze verfügbar sind oder durch andere Gründe frei werden. Zurück an: Stadt Karlsruhe, Marktamt Postfach 76124 Karlsruhe oder per E-Mail: wochenmarkt@ma.karlsruhe.de 1. Kontaktdaten Bitte tragen Sie die entsprechenden Kontaktdaten ein. Sämtliche Daten sind für die Durchführung des Zulassungsverfahrens erforderlich. Eine Übersicht nur mit Namen (mit * gekennzeichnet) und Sortiment der zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber wird auf digitalen und konventionellen Plattformen der Stadt Karlsruhe, in der örtlichen Presse und am Veranstaltungsort veröffentlicht. Darüber hinaus willigen Sie ein, dass alle Daten, die Sie ankreuzen, für Werbezwecke und für die Weitergabe an Kundinnen und Kunden verarbeitet werden dürfen. Diese Einwilligung ist freiwillig. Die folgenden Daten möchte ich für die Kundschaft noch zusätzlich auf der Website der Stadt Karlsruhe veröffentlichen. Bitte ankreuzen. Name* Vorname* Firma Ansprechpartner/in Straße PLZ, Ort Telefon Mobil E-Mail Homepage Name eigener Verkaufsladen Adresse eigener Verkaufsladen Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte für eine Probezulassung beziehungsweise für eine befristete Zulassung für bis zu drei Jahre 2 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte 2022 bis 2025 Sie sind ☐ Neubewerberin/Neubewerber ☐ Marktbeschickerin/Marktbeschicker auf den Karlsruher Wochenmärkten seit ___________ (Jahreszahl) 2. Angaben zu Wochenmarktplätzen und Wochenmarkttagen Bitte geben Sie an, für welche Wochenmärkte und Wochenmarkttage Sie sich bewerben. Je mehr Tage pro Wochenmarktplatz in der Woche beschickt werden können, desto mehr Punkte erhalten Sie im Auswahlverfahren. Pro Wochenmarktplatz ist nur eine Zulassung möglich. Der Wochenmarktspiegel ist als Anlage beigefügt. Wochenmarkt Wochenmarkttage _________________________________________ _______________________________________ _________________________________________ _______________________________________ _________________________________________ _______________________________________ _________________________________________ _______________________________________ 3. Angaben zum Sortiment Bitte tragen Sie die von Ihnen angebotenen Waren auf den Linien detailliert ein. Erläuterungen zu den Ziffern finden Sie unter Punkt 5. Auflistung der Waren Eigenerzeugte Waren¹ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ Händlerwaren² _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ 3 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte 2022 bis 2025 Bitte ankreuzen, wenn Folgendes auf Ihre angebotenen Waren zutrifft und geeignete Nachweise beifügen: (Erläuterungen zu den Ziffern siehe Punkt 5) ☐ Erzeugerstatus¹ Ich erzeuge mindestens 70 Prozent meines Gesamtsortiments/der verwendeten Rohstoffe für ein Hauptendprodukt nachweislich selbst. ☐ Händlerware² Ich beziehe die Ware von Lieferantinnen und Lieferanten ☐ Regionalität³ Mindestens 70 Prozent meines Gesamtsortiments/meiner verwendeten Rohstoffe für ein Hauptendprodukt werden im Umkreis von 100 Kilometern zu Karlsruhe (bezogen auf die Nähe der Produktions- oder Anbaustätte) erzeugt und verarbeitet. ☐ Landwirtschaftsform⁴ Mindestens 70 Prozent meines Gesamtsortiments/der verwendeten Rohstoffe für ein Hauptendprodukt sind zertifizierte Waren mit europäischem Bio-Siegel. Europäisches Bio-Siegel = ☐ Klimaneutrales Arbeiten und Produzieren⁵ Ich arbeite und produziere nachweislich klimaneutral. (zum Beispiel bei Anbau, Ernte, Produktion, Verkauf, Umgang mit übriggebliebenen Produkten am Ende des Markttages, Verpackungsmaterialien, Umweltfreundlichkeit…) 4. Angaben zur Verkaufseinrichtung 4.1 Art der Verkaufseinrichtung Bitte kreuzen Sie alle geplanten Verkaufseinrichtungen an: ☐ Verkaufsanhänger mit Deichsel in Verkaufsrichtung ☐ rechts ☐ links ☐ Selbstfahrer (Verkaufswagen), Verkauf in Fahrtrichtung ☐ rechts ☐ links ☐ Zelt ☐ Tisch ☐ Schirm ☐ (Steh-) Tische (für den Verzehr an Ort und Stelle) Anzahl: _______ ☐ Sonstiges: ________________________________________________________________________________ 4.2 Größe der Verkaufseinrichtung Bitte tragen Sie die entsprechenden Größen ein: Frontlänge ohne Dachüberstand ________ Meter (maximal 15 Meter) mit seitlichem Dachüberstand ________ Meter Tiefe ohne Vordach ________ Meter mit Vordach ________ Meter Höhe Durchgangshöhe unter dem Vordach ________ Meter (mindestens 2,10 Meter) Gesamthöhe ________ Meter (maximal 3 Meter) Hinweis: Mitgebrachte Fahrzeuge, die nicht zum direkten Verkauf der Ware gebraucht werden, müssen auf eigene Kosten auf umliegenden Parkplätzen untergebracht werden. 4 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte 2022 bis 2025 4.3 Angaben zum Strombedarf Bitte kreuzen Sie den benötigten Strombedarf an. Bitte beachten Sie, dass der Strom nur in begrenztem Umfang auf den Wochenmarktplätzen verfügbar ist. ☐ kein Strombedarf ☐ 230 V Schuko (Haushaltsstrom) ☐ 2 x 230 V Schuko (Haushaltsstrom) ☐ 16 A Drehstrom ☐ Strom ist optional, Geschäft/Stand ist auch ohne Strom betreibbar ☐ Sonstiges: _________________________________________ 4.4 Nutzung von Gasanlagen Wird eine Gasanlage genutzt? Bitte kreuzen Sie an: ☐ ja (Vorlage einer gültigen Prüfbescheinigung nach erfolgter Zulassung) ☐ Nein 5. Beizufügende Anlagen Bitte fügen Sie alle Pflicht-Nachweise bei, nur dann ist Ihre Bewerbung vollständig und kann gewertet werden. Die freiwilligen Nachweise bringen in der Kategorie „Klimaneutrales Arbeiten und Produzieren“ Zusatzpunkte. Pflicht-Nachweise ☐ gültiger Haftpflichtversicherungsnachweis ☐ Bilder der Frontansicht der Verkaufseinrichtung ☐ Bilder der Waren ☐ detaillierte Skizze der Verkaufseinrichtung mit den jeweiligen Maßen (Grundfläche, seitliche Dachüberstände/Dachklappen, Vordach, Stützen, blinde Fronten, Anbauten, Türen) ☐ ¹bei eigenerzeugten Waren: - aktueller Berufsgenossenschaftsausweis - oder eindeutiger Nachweis der Eigenproduktion ☐ ²bei Händlerwaren: - Nachweis der eigenen Gewerbeanmeldung ☐ ³bei regionaler Ware: - Händlerinnen und Händler: Lieferschein oder Bestätigung des Lieferanten über den Kauf von regionalen Produkten - Erzeugerinnen und Erzeuger: Nachweis über den Ort der Produktionsstätte ☐ ⁴bei Bio-Produkten: - Nachweis über Produkte mit europäischem Bio-Siegel Freiwillige Nachweise ☐ ⁵Nachweise zu klimaneutralem Arbeiten (zum Beispiel bei Anbau, Ernte, Produktion, Verkauf, Verpackungsmaterial…) 5 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte 2022 bis 2025 6. Datenschutzhinweise und Einwilligung in die Datenverarbeitung 6.1 Zwecke der Datenverarbeitung und Rechtsgrundlage Die personenbezogenen Daten werden aufgrund von Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe d EU- Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Verbindung mit § 67 Gewerbeordnung und der Satzung für die Wochenmärkte der Stadt Karlsruhe (Wochenmarktsatzung) zum Zweck der Durchführung des Bewerbungs- und Zulassungsverfahrens zu den Karlsruher Wochenmärkten erhoben und verarbeitet. Dazu gehört auch die Veröffentlichung der zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber mit Namen und Sortiment auf digitalen und konventionellen Plattformen der Stadt Karlsruhe, in der örtlichen Presse und am Veranstaltungsort. Ihr Name und Ihr Sortiment können gemäß § 4 Landesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg auch für Werbezwecke der Stadt Karlsruhe verarbeitet werden. Für die Veröffentlichung weiterer personenbezogener Daten und die Weitergabe Ihrer personenbezogenen Daten an Kundinnen und Kunden ist Ihre Einwilligung (gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) DSGVO) erforderlich. Diese haben Sie freiwillig durch Ankreuzen der entsprechenden Daten unter Ziffer 1 dieses Formulars erteilt. Es entstehen Ihnen gegenüber der Stadt Karlsruhe keinerlei Nachteile, wenn Sie die Einwilligung insgesamt oder in Bezug auf bestimmte Daten nicht erteilen. Sie können die erteilte Einwilligung jederzeit ohne Angabe von Gründen mit Wirkung für die Zukunft gegenüber dem Marktamt abändern oder gänzlich widerrufen. 6.2 Geplante Speicherdauer Die Daten werden ab sofort bis zum Ablauf von 10 Jahren nach Beendigung der Zulassung beziehungsweise nach Zustellung einer Absage für die Karlsruher Wochenmärkte gemäß der Wochenmarktsatzung gespeichert. Freiwillig mitgeteilte Daten werden bis zu einem Widerruf, längstens bis zum Ende Ihrer Wochenmarktzulassung, gespeichert. 6.3 Empfänger oder Kategorien von Empfängern der Daten (Stellen, denen gegenüber die Daten offengelegt werden) Die Daten werden an veranstaltungsrelevante Ämter und Stellen, insbesondere an das Ordnungs- und Bürgeramt, die Branddirektion und die Stadtwerke Karlsruhe GmbH sowie an die mit Sicherheitsaufgaben betrauten Behörden, insbesondere Polizei, Rettungsleitstellen und Notarzt weitergegeben. Freiwillig mitgeteilte Daten werden auf digitalen und konventionellen Plattformen der Stadt Karlsruhe, in der örtlichen Presse und am Veranstaltungsort veröffentlicht und an Kundinnen und Kunden weitergegeben. 6.4 Verpflichtung, Daten bereitzustellen; Folgen der Verweigerung Sie sind verpflichtet, die zum oben genannten Zweck erforderlichen personenbezogenen Daten bereitzustellen. Andernfalls kann Ihre Bewerbung zur Zulassung auf den Karlsruher Wochenmärkten nicht bearbeitet werden. Informationen zu den freiwilligen Daten finden Sie unter 6.1. 6.5 Weitere Hinweise Weitere Hinweise zum Datenschutz finden Sie unter www.karlsruhe.de/datenschutz. 7. Sonstige Hinweise Weitere Informationen zu Satzung und Gebühren finden Sie auf unserer Homepage unter https://www.karlsruhe.de/b3/maerkte/wochenmarkte.de. Bei Rückfragen wählen Sie die Telefonnummer 0721 133-7220. Es werden nur vollständig ausgefüllte Bewerbungsformulare berücksichtigt. Das Marktamt behält sich vor, einzelne Produkte des aufgeführten Sortiments zu streichen. Ein Rechtsanspruch auf Zulassung besteht nicht. Gleiches gilt für die Zuteilung eines bestimmten Standplatzes. Die Richtigkeit aller Angaben wird hiermit bestätigt: Datum Unterschrift http://www.karlsruhe.de/datenschutz https://www.karlsruhe.de/b3/maerkte/wochenmarkte.de 6 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte 2022 bis 2025 Anlage Wochenmarktspiegel Anmerkung: Die geplanten, neuen Märkte (Abendmarkt Neureut am Dienstag, Wochenmarkt in Durlach auf dem Saumarkt von Donnerstag bis Samstag und der Wochenmarkt Südstadt auf dem Platz am Wasserturm am Donnerstag) sind in dieser Aufstellung nicht enthalten. Es wird zu diesen Märkten auf den Text der Ausschreibung der Karlsruher Wochenmärkte 2022 bis 2025 verwiesen. Bitte beachten: Geplanter Pyramidenmarkt auf dem Marktplatz Samstag ab März bis Oktober. © Stadt Karlsruhe | Layout: Hauska | Stand: Oktober 2021 2. Angaben zu Wochenmarktplätzen und Wochenmarkttagen 3. Angaben zum Sortiment 4. Angaben zur Verkaufseinrichtung 4.2 Größe der Verkaufseinrichtung 4.3 Angaben zum Strombedarf 4.4 Nutzung von Gasanlagen 5. Beizufügende Anlagen 6. Datenschutzhinweise und Einwilligung in die Datenverarbeitung 6.1 Zwecke der Datenverarbeitung und Rechtsgrundlage 6.2 Geplante Speicherdauer 6.3 Empfänger oder Kategorien von Empfängern der Daten (Stellen, denen gegenüber die Daten offengelegt werden) 6.4 Verpflichtung, Daten bereitzustellen; Folgen der Verweigerung 6.5 Weitere Hinweise 7. Sonstige Hinweise MarktbeschickerinMarktbeschicker auf den Karlsruher Wochenmärkten seit: Wochenmarkt 1: Wochenmarkt 2: Wochenmarkt 3: Wochenmarkt 4: Wochenmarkttage 1: Wochenmarkttage 2: Wochenmarkttage 3: Wochenmarkttage 4: 1: 2: 1_2: 2_2: 3_2: 4: Anzahl: Sonstiges: Meter: Meter_2: Meter_3: Meter_4: Meter mindestens 210 Meter: Meter maximal 3 Meter: Strom ist optional GeschäftStand ist auch ohne Strom betreibbar: Datum: Name: Vorname: Firma: Ansprechpartner/in: Straße: PLZ, Ort: Telefon: Mobil: E-Mail: Homepage: Name eigener Verkaufsladen: Adresse eigener Verkaufsladen: Check Box24: Check Box25: Check Box26: Check Box27: Check Box28: Check Box29: Check Box30: Check Box31: Check Box32: Check Box33: Check Box34: Check Box35: Check Box36: 3: 3a: Check Box37: Check Box38: 0: 2: 3: 4: 5: 0: 0: 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 1: 2: 3: 4: 0: 0: 8: 0: 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: Check Box40: 0: 0: 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: Drucker:
https://www.karlsruhe.de/securedl/sdl-eyJ0eXAiOiJKV1QiLCJhbGciOiJIUzI1NiJ9.eyJpYXQiOjE3MTM2Mjg5NzEsImV4cCI6MzMyMTc2MjY0NTYsInVzZXIiOjAsImdyb3VwcyI6WzAsLTFdLCJmaWxlIjoiZmlsZWFkbWluL3VzZXJfdXBsb2FkLzA0X0t1bHR1cl9GcmVpemVpdC8wNDlfVmVyYW5zdGFsdHVuZ2VuL01hZXJrdGUvQmV3ZXJidW5nc2Zvcm11bGFyZV9Ba3R1ZWxsL1dvY2hlbm1hcmt0X0Jld2VyYnVuZ3Nmb3JtdWxhcl8yMDIyX2Jpc18yMDI1LnBkZiIsInBhZ2UiOjI0ODh9.dLN0NjdirJw5AT1ARYdln70ZRwkIBNG1RAaPEL_IW5g/Wochenmarkt_Bewerbungsformular_2022_bis_2025.pdf
G ed ru ck t a uf 1 00 P ro ze nt R ec yc lin gp ap ie r Stadt Karlsruhe Marktamt Stand: Oktober 2021 Zurück an: Stadt Karlsruhe Marktamt Postfach 76124 Karlsruhe oder per E-Mail: wochenmarkt@ma.karlsruhe.de 1. Kontaktdaten Bitte tragen Sie die entsprechenden Kontaktdaten ein. Sämtliche Daten sind für die Durchführung des Zulassungsverfahrens erforderlich. Eine Übersicht nur mit Namen (mit * gekennzeichnet) und Sortiment der zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber wird auf digitalen und konventionellen Plattformen der Stadt Karlsruhe, in der örtlichen Presse und am Veranstaltungsort veröffentlicht. Darüber hinaus willigen Sie ein, dass alle Daten, die Sie ankreuzen, für Werbezwecke und für die Weitergabe an Kundinnen und Kunden verarbeitet werden dürfen. Diese Einwilligung ist freiwillig. Die folgenden Daten möchte ich für die Kundschaft noch zusätzlich auf der Website der Stadt Karlsruhe veröffentlichen. Bitte ankreuzen. Name* Vorname* Firma Ansprechpartner/in Straße PLZ, Ort Telefon Mobil E-Mail Homepage Name eigener Verkaufsladen Adresse eigener Verkaufsladen Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte für eine Tagesplatzzulassung 2 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte für eine Tagesplatzzulassung Sie sind ☐ Neubewerberin/Neubewerber ☐ Marktbeschickerin/Marktbeschicker auf den Karlsruher Wochenmärkten seit ___________ (Jahreszahl) 2. Angaben zu Wochenmarktplätzen und Wochenmarkttagen Bitte geben Sie an, für welche Wochenmärkte und Wochenmarkttage Sie sich bewerben. Je mehr Tage pro Wochenmarktplatz in der Woche beschickt werden können, desto mehr Punkte erhalten Sie im Auswahlverfahren. Pro Wochenmarktplatz ist nur eine Zulassung möglich. Der Wochenmarktspiegel ist als Anlage beigefügt. Wochenmarkt Wochenmarkttage _________________________________________ _______________________________________ _________________________________________ _______________________________________ _________________________________________ _______________________________________ _________________________________________ _______________________________________ 3. Zeitraum Wann möchten Sie auf den Karlsruher Wochenmärkten beschicken? von bis (Datum) (Datum) 4. Angaben zum Sortiment Bitte tragen Sie die von Ihnen angebotenen Waren auf den Linien detailliert ein. Erläuterungen zu den Ziffern finden Sie unter Punkt 6. Auflistung der Waren Eigenerzeugte Waren¹ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ Händlerwaren² _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________ 3 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte für eine Tagesplatzzulassung Bitte ankreuzen, wenn Folgendes auf Ihre angebotenen Waren zutrifft und geeignete Nachweise beifügen: (Erläuterungen zu den Ziffern siehe Punkt 6) ☐ Erzeugerstatus¹ Ich erzeuge mindestens 70 Prozent meines Gesamtsortiments/der verwendeten Rohstoffe für ein Hauptendprodukt nachweislich selbst. ☐ Händlerware² Ich beziehe die Ware von Lieferantinnen und Lieferanten ☐ Regionalität³ Mindestens 70 Prozent meines Gesamtsortiments/meiner verwendeten Rohstoffe für ein Hauptendprodukt werden im Umkreis von 100 Kilometern zu Karlsruhe (bezogen auf die Nähe der Produktions- oder Anbaustätte) erzeugt und verarbeitet. ☐ Landwirtschaftsform⁴ Mindestens 70 Prozent meines Gesamtsortiments/der verwendeten Rohstoffe für ein Hauptendprodukt sind zertifizierte Waren mit europäischem Bio-Siegel. Europäisches Bio-Siegel = ☐ Klimaneutrales Arbeiten und Produzieren⁵ Ich arbeite und produziere nachweislich klimaneutral. (zum Beispiel bei Anbau, Ernte, Produktion, Verkauf, Umgang mit übriggebliebenen Produkten am Ende des Markttages, Verpackungsmaterialien, Umweltfreundlichkeit…) 5. Angaben zur Verkaufseinrichtung 5.1 Art der Verkaufseinrichtung Bitte kreuzen Sie alle geplanten Verkaufseinrichtungen an: ☐ Verkaufsanhänger mit Deichsel in Verkaufsrichtung ☐ rechts ☐ links ☐ Selbstfahrer (Verkaufswagen), Verkauf in Fahrtrichtung ☐ rechts ☐ links ☐ Zelt ☐ Tisch ☐ Schirm ☐ (Steh-) Tische (für den Verzehr an Ort und Stelle) Anzahl: _______ ☐ Sonstiges: ________________________________________________________________________________ 5.2 Größe der Verkaufseinrichtung Bitte tragen Sie die entsprechenden Größen ein: Frontlänge ohne Dachüberstand ________ Meter (maximal 15 Meter) mit seitlichem Dachüberstand ________ Meter Tiefe ohne Vordach ________ Meter mit Vordach ________ Meter Höhe Durchgangshöhe unter dem Vordach ________ Meter (mindestens 2,10 Meter) Gesamthöhe ________ Meter (maximal 3 Meter) Hinweis: Mitgebrachte Fahrzeuge, die nicht zum direkten Verkauf der Ware gebraucht werden, müssen auf eigene Kosten auf umliegenden Parkplätzen untergebracht werden. 4 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte für eine Tagesplatzzulassung 5.3 Angaben zum Strombedarf Bitte kreuzen Sie den benötigten Strombedarf an. Bitte beachten Sie, dass der Strom nur in begrenztem Umfang auf den Wochenmarktplätzen verfügbar ist. ☐ kein Strombedarf ☐ 230 V Schuko (Haushaltsstrom) ☐ 2 x 230 V Schuko (Haushaltsstrom) ☐ 16 A Drehstrom ☐ Strom ist optional, Geschäft/Stand ist auch ohne Strom betreibbar ☐ Sonstiges: _________________________________________ 5.4 Nutzung von Gasanlagen Wird eine Gasanlage genutzt? Bitte kreuzen Sie an: ☐ ja (Vorlage einer gültigen Prüfbescheinigung nach erfolgter Zulassung) ☐ Nein 6. Beizufügende Anlagen Bitte fügen Sie alle Pflicht-Nachweise bei, nur dann ist Ihre Bewerbung vollständig und kann gewertet werden. Die freiwilligen Nachweise bringen in der Kategorie „Klimaneutrales Arbeiten und Produzieren“ Zusatzpunkte. Pflicht-Nachweise ☐ gültiger Haftpflichtversicherungsnachweis ☐ Bilder der Frontansicht der Verkaufseinrichtung ☐ Bilder der Waren ☐ detaillierte Skizze der Verkaufseinrichtung mit den jeweiligen Maßen (Grundfläche, seitliche Dachüberstände/Dachklappen, Vordach, Stützen, blinde Fronten, Anbauten, Türen) ☐ ¹bei eigenerzeugten Waren: - aktueller Berufsgenossenschaftsausweis - oder eindeutiger Nachweis der Eigenproduktion ☐ ²bei Händlerwaren: - Nachweis der eigenen Gewerbeanmeldung ☐ ³bei regionaler Ware: - Händlerinnen und Händler: Lieferschein oder Bestätigung des Lieferanten über den Kauf von regionalen Produkten - Erzeugerinnen und Erzeuger: Nachweis über den Ort der Produktionsstätte ☐ ⁴bei Bio-Produkten: - Nachweis über Produkte mit europäischem Bio-Siegel Freiwillige Nachweise ☐ ⁵Nachweise zu klimaneutralem Arbeiten (zum Beispiel bei Anbau, Ernte, Produktion, Verkauf, Verpackungsmaterial…) 5 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte für eine Tagesplatzzulassung 7. Datenschutzhinweise und Einwilligung in die Datenverarbeitung 7.1 Zwecke der Datenverarbeitung und Rechtsgrundlage Die personenbezogenen Daten werden aufgrund von Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe d EU- Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Verbindung mit § 67 Gewerbeordnung und der Satzung für die Wochenmärkte der Stadt Karlsruhe (Wochenmarktsatzung) zum Zweck der Durchführung des Bewerbungs- und Zulassungsverfahrens zu den Karlsruher Wochenmärkten erhoben und verarbeitet. Dazu gehört auch die Veröffentlichung der zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber mit Namen und Sortiment auf digitalen und konventionellen Plattformen der Stadt Karlsruhe, in der örtlichen Presse und am Veranstaltungsort. Ihr Name und Ihr Sortiment können gemäß § 4 Landesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg auch für Werbezwecke der Stadt Karlsruhe verarbeitet werden. Für die Veröffentlichung weiterer personenbezogener Daten und die Weitergabe Ihrer personenbezogenen Daten an Kundinnen und Kunden ist Ihre Einwilligung (gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) DSGVO) erforderlich. Diese haben Sie freiwillig durch Ankreuzen der entsprechenden Daten unter Ziffer 1 dieses Formulars erteilt. Es entstehen Ihnen gegenüber der Stadt Karlsruhe keinerlei Nachteile, wenn Sie die Einwilligung insgesamt oder in Bezug auf bestimmte Daten nicht erteilen. Sie können die erteilte Einwilligung jederzeit ohne Angabe von Gründen mit Wirkung für die Zukunft gegenüber dem Marktamt abändern oder gänzlich widerrufen. 7.2 Geplante Speicherdauer Die Daten werden ab sofort bis zum Ablauf von 10 Jahren nach Beendigung der Zulassung beziehungsweise nach Zustellung einer Absage für die Karlsruher Wochenmärkte gemäß der Wochenmarktsatzung gespeichert. Freiwillig mitgeteilte Daten werden bis zu einem Widerruf, längstens bis zum Ende Ihrer Wochenmarktzulassung, gespeichert. 7.3 Empfänger oder Kategorien von Empfängern der Daten (Stellen, denen gegenüber die Daten offengelegt werden) Die Daten werden an veranstaltungsrelevante Ämter und Stellen, insbesondere an das Ordnungs- und Bürgeramt, die Branddirektion und die Stadtwerke Karlsruhe GmbH sowie an die mit Sicherheitsaufgaben betrauten Behörden, insbesondere Polizei, Rettungsleitstellen und Notarzt weitergegeben. Freiwillig mitgeteilte Daten werden auf digitalen und konventionellen Plattformen der Stadt Karlsruhe, in der örtlichen Presse und am Veranstaltungsort veröffentlicht und an Kundinnen und Kunden weitergegeben. 7.4 Verpflichtung, Daten bereitzustellen; Folgen der Verweigerung Sie sind verpflichtet, die zum oben genannten Zweck erforderlichen personenbezogenen Daten bereitzustellen. Andernfalls kann Ihre Bewerbung zur Zulassung auf den Karlsruher Wochenmärkten nicht bearbeitet werden. Informationen zu den freiwilligen Daten finden Sie unter 7.1. 7.5 Weitere Hinweise Weitere Hinweise zum Datenschutz finden Sie unter www.karlsruhe.de/datenschutz. 8. Sonstige Hinweise Weitere Informationen zu Satzung und Gebühren finden Sie auf unserer Homepage unter https://www.karlsruhe.de/b3/maerkte/wochenmarkte.de. Bei Rückfragen wählen Sie die Telefonnummer 0721 133-7220. Es werden nur vollständig ausgefüllte Bewerbungsformulare berücksichtigt. Das Marktamt behält sich vor, einzelne Produkte des aufgeführten Sortiments zu streichen. Ein Rechtsanspruch auf Zulassung besteht nicht. Gleiches gilt für die Zuteilung eines bestimmten Standplatzes. Die Richtigkeit aller Angaben wird hiermit bestätigt: Datum Unterschrift http://www.karlsruhe.de/datenschutz https://www.karlsruhe.de/b3/maerkte/wochenmarkte.de 6 | Stadt Karlsruhe | Marktamt | Bewerbungsformular Karlsruher Wochenmärkte für eine Tagesplatzzulassung Anlage Wochenmarktspiegel Anmerkung: Die geplanten, neuen Märkte (Abendmarkt Neureut am Dienstag, Wochenmarkt in Durlach auf dem Saumarkt von Donnerstag bis Samstag und der Wochenmarkt Südstadt auf dem Platz am Wasserturm am Donnerstag) sind in dieser Aufstellung nicht enthalten. Es wird zu diesen Märkten auf den Text der Ausschreibung der Karlsruher Wochenmärkte 2022 bis 2025 verwiesen. Bitte beachten: Geplanter Pyramidenmarkt auf dem Marktplatz Samstag ab März bis Oktober. © Stadt Karlsruhe | Layout: Hauska | Stand: Oktober 2021 2. Angaben zu Wochenmarktplätzen und Wochenmarkttagen 3. Zeitraum 4. Angaben zum Sortiment 5. Angaben zur Verkaufseinrichtung 5.2 Größe der Verkaufseinrichtung 5.3 Angaben zum Strombedarf 5.4 Nutzung von Gasanlagen 6. Beizufügende Anlagen 7. Datenschutzhinweise und Einwilligung in die Datenverarbeitung 7.1 Zwecke der Datenverarbeitung und Rechtsgrundlage 7.2 Geplante Speicherdauer 7.3 Empfänger oder Kategorien von Empfängern der Daten (Stellen, denen gegenüber die Daten offengelegt werden) 7.4 Verpflichtung, Daten bereitzustellen; Folgen der Verweigerung 7.5 Weitere Hinweise 8. Sonstige Hinweise undefined_3: Die folgenden Daten möchte ich für die Kundschaft noch zusätzlich auf der Website der Stadt Karlsruhe veröffentlichen Bitte ankreuzenTelefon: Die folgenden Daten möchte ich für die Kundschaft noch zusätzlich auf der Website der Stadt Karlsruhe veröffentlichen Bitte ankreuzenMobil: Die folgenden Daten möchte ich für die Kundschaft noch zusätzlich auf der Website der Stadt Karlsruhe veröffentlichen Bitte ankreuzenEMail: Die folgenden Daten möchte ich für die Kundschaft noch zusätzlich auf der Website der Stadt Karlsruhe veröffentlichen Bitte ankreuzenHomepage: Die folgenden Daten möchte ich für die Kundschaft noch zusätzlich auf der Website der Stadt Karlsruhe veröffentlichen Bitte ankreuzenName eigener Verkaufsladen: Die folgenden Daten möchte ich für die Kundschaft noch zusätzlich auf der Website der Stadt Karlsruhe veröffentlichen Bitte ankreuzenAdresse eigener Verkaufsladen: MarktbeschickerinMarktbeschicker auf den Karlsruher Wochenmärkten seit: Wochenmarkt 1: Wochenmarkt 2: Wochenmarkt 3: Wochenmarkt 4: Wochenmarkttage 1: Wochenmarkttage 2: Wochenmarkttage 3: Wochenmarkttage 4: von: bis: vonRow1: bisDatum: Datum: Auflistung der Waren: 1: 2: 3: Händlerwaren²: 1_2: 2_2: 3_2: 4: Anzahl: Sonstiges: Meter: Meter_2: Meter_3: Meter_4: Meter mindestens 210 Meter: Meter maximal 3 Meter: Sonstiges_2: Strom ist optional GeschäftStand ist auch ohne Strom betreibbar: Datum_2: Unterschrift: Name: Vorname: Firma: Ansprechpartner/in: Straße: PLZ, Ort: Drucker:
https://www.karlsruhe.de/securedl/sdl-eyJ0eXAiOiJKV1QiLCJhbGciOiJIUzI1NiJ9.eyJpYXQiOjE3MTM2Mjg5NzEsImV4cCI6MzMyMTc2MjY0NTYsInVzZXIiOjAsImdyb3VwcyI6WzAsLTFdLCJmaWxlIjoiZmlsZWFkbWluL3VzZXJfdXBsb2FkLzA0X0t1bHR1cl9GcmVpemVpdC8wNDlfVmVyYW5zdGFsdHVuZ2VuL01hZXJrdGUvQmV3ZXJidW5nc2Zvcm11bGFyZV9Ba3R1ZWxsL1dvY2hlbm1hcmt0X0Jld2VyYnVuZ3Nmb3JtdWxhcl9UYWdlc3BsYXR6LnBkZiIsInBhZ2UiOjI0ODh9.mf1WeZYLOEY0vWyG4nX8BPsGg4-q5FqBt3QlsUxODzQ/Wochenmarkt_Bewerbungsformular_Tagesplatz.pdf
Karlsruhe: Natur- und Umweltschutz Häufig gestellte Fragen zum Umweltschutz Agenda21 Was ist die Agenda21 in Karlsruhe? Der Name ist Programm! "Agenda" kommt aus dem lateinischen und heißt soviel wie "was zu tun ist". Agenda21 ist ein Handlungsauftrag für das 21. Jahrhundert. Ziel der Agenda21 ist eine nachhaltige Entwicklung. Nachhaltig bedeutet, dass wir heute so leben und handeln, dass auch unsere Kinder und Enkelkinder eine lebenswerte Welt vorfinden können. Dabei geht es nicht alleine um den Umweltschutz. Vielmehr sind ökologische, soziale und wirtschaftliche Kriterien gleichwertig. Wie ist die Idee der Agenda21 entstanden? 1992 haben sich 178 Nationen auf dem bisher größten "Umweltgipfel" der Welt in Rio de Janeiro getroffen, weil erkannt wurde, dass nur ein gemeinsames Programm das ökologische, wirtschaftliche und soziale Gleichgewicht unserer Erde wiederherstellen und für das 21. Jahrhundert sichern kann. Daher wurde ein gemeinsames Aktions- und Handlungsprogramm entworfen, welches "Agenda21" getauft wurde. Auf der Konferenz in Rio 1992 wurden alle Kommunen der Erde aufgefordert, dieses Handlungsprogramm umzusetzen und ihre Entwicklung in eine dauerhaft tragfähige Richtung zu lenken. Wie gesagt, Ziel der Agenda21 ist das ökologische, wirtschaftliche und soziale Gleichgewicht: Diese drei Teilziele sollen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. So einfach dieses Prinzip erscheint, so kompliziert ist jedoch die die praktische Umsetzung. Die Schwierigkeit besteht darin, dass diese drei Bereiche mit ihren verschiedenen Zielsetzungen von verschiedenen Interessengruppen jeweils unterschiedlich beurteilt und gewichtet werden. Daher müssen die Akteure in jedem Agenda21-Projekt dieses Gleichgewicht im Konsens neu ausloten. Kann ich beim Agend­a­pro­­zess in Karlsruhe mitar­­bei­ten? Ausgehend von den Forde­run­­gen der Agenda21 hat der Gemein­­de­rat Karlsruhe 1997 Leitlinien beschlos­­sen, um bei der Stadt­­ent­wick­­lung soziale, ökono­mi­sche und ökolo­gi­sche Gesichts­­punkte im Sinne der Agenda21 umzusetzen. Verschie­­den Projekt- und Arbeits­­grup­­pen in Karlsruhe entwickeln vor diesem Hinter­­grund Projekte und gestalten so die Stadt­­ent­wick­­lung im Sinne der Agenda21 mit Projekten und Arbeits­­grup­­pen mit. Die Agenda-Geschäfts­stelle ist beim Umwelt- und Arbeits­­schutz (Tel.:133-3101). Altlasten Wie erhalte ich eine Altlas­ten­aus­­kunft? Näheres hierzu erfahren Sie in unserer Rubrik "Altlas­ten". Altlastenauskunft Aushub/Gebäuderückbau Wann muss ein Rückbau- und Entsorgungskonzept vorgelegt werden? Die Erfordernis eines detaillierten Rückbau- und Entsorgungskonzeptes hängt grundsätzlich von der Art und der Nutzung des abzubrechenden Gebäudes statt. Im gegebenen Fall erfolgt die Auflage der Vorlage eines solchen Konzeptes innerhalb des Baugenehmigungsverfahrens. Beim Kenntnisgabeverfahren steht es der zuständigen Fachbehörde (Umwelt- und Arbeitsschutz) frei bei Bedarf direkt mit dem Bauherrn in Verbindung zusetzen, um mit diesem die fachtechnischen Anforderungen eines Rückbau- und Entsorgungskonzepte entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen abzustimmen. Neben der Gewährleistung der ordnungsgemäßen Entsorgung der beim Rückbau anfallenden Abfälle erhöht ein Rückbau- und Entsorgungskonzept auch die Planungssicherheit sowie die wirtschaftliche Abwicklung einer Rückbaumaßnahme. Detaillierte Informationen zum Thema Rückbau und Entsorgung auf den Seiten des Umwelt- und Arbeitsschutzes. Eine Handlungshilfe zur Abbruchplanung für Bauherren kann über die Homepage der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) kostenlos heruntergeladen werden. Detail­­lierte Infor­­ma­tio­­nen zum Thema Rückbau und Entsorgung LUBW Handlungs­­hilfe zur Abbruch­­pla­­nung für Bauherren Boden Wann sind Auffül­lun­gen mit Boden­­ma­te­rial geneh­­mi­­gungs­­­be­dürf­tig? Auffül­lun­gen von mehr als 300 m³ Volumen oder 3 m Höhe sind geneh­­mi­­gungs­­­be­dürf­tig. Für Auffül­lun­gen im bebauten Bereich ist eine baurecht­­li­che Geneh­­mi­­gung beim Bauord­­nungs­­amt erfor­­der­­lich. Auffül­lun­gen im Außen­be­reich bedürfen dagegen einer natur­­schutz­recht­­li­chen Geneh­­mi­­gung bei der Unteren Natur­­schutz­­be­hörde beim Zentralen Juris­ti­­schen Dienst der Stadt Karlsruhe. Ein"Merk­blatt" sowie ein "Antrags­­for­mu­lar für Auffül­lun­gen landwir­t­­schaft­­lich genutzter Flächen" finden sie nachs­te­hend. Merkblatt "Auffüllungen mit Bodenmaterial" (PDF, 39 KB) Antrags­­for­mu­lar für Auffül­lun­gen landwir­t­­schaft­­lich genutzter Flächen (PDF, 437 KB) Ehrenamtliche Arbeit Welche Möglich­kei­ten der ehren­­am­t­­li­chen Mitarbeit im Umwelt­­schutz/Na­tur­­schutz gibt es bei der Stadt Karls­ru­he? Es gibt ehren­­am­t­­li­che Gruppen, die in unter­­schie­d­­li­cher Art und Weise vom Umwelt- und Arbeits­­schutz betreut werden: Die Natur­­schutz­warte werden vom Umwelt- und Arbeits­­schutz direkt betreut, dazu zählen regel­mä­­ßi­ge Fortbil­­dungs­­­ver­­an­­stal­tun­­gen und gesel­­li­ge Treffen für die Aktiven. Alle Aktivi­tä­ten werden vom Umwelt- und Arbeits­­schutz organi­­siert und betreut. Die Gruppe der Gewäs­­ser­­füh­­rer ist eine selbstän­­di­ge Gruppe ehren­­am­t­­lich engagier­ter Personen im Agenda-Arbeits­­kreis Mensch und Gewässer. Treffen, Fortbil­­dun­­gen und Einsätze werden von der Gruppe selbst organi­­siert. Engagierte Einzel­­per­­so­­nen sowie Gruppen, Vereine und Verbände können für Bäume, Biotope und Bäche Paten­­schaf­ten übernehmen (wobei gesagt sein muss, dass in Karlsruhe für praktisch alle in Frage kommenden Gewässer bereits eine Paten­­schaft besteht). Die Vergabe der Paten­­schaf­ten und die Beratung von Inter­es­­sen­ten erfolgt beim Garten­­bau­amt (Baum­pa­ten) und beim Umwelt- und Arbeits­­schutz (Biotop- und Bachpaten). Was sind Natur­­schutz­war­te? Natur­­schutz­warte sind von der Natur­­schutz­­be­hör­de beauf­­tragte Personen, die die Bevöl­ke­rung aufklären, geschützte Gebiete überwachen und die Natur­­schutz­­be­hör­de über Vorkom­m­­nisse unter­rich­ten. Was sind Gewässerführer? Die Gewässerführer sind eine Gruppe ehrenamtlich engagierter Menschen, die viel Wissen und Liebe zu den Karlsruher Gewässern verbindet. Sie haben eine umfassende Grundausbildung erhalten und bilden sich selbst in regelmäßigen Abständen fort. Ihr Wissen geben sie gern in Führungen zu Alb, Pfinz und anderen Gewässern in Karlsruhe an Gruppen weiter. Die Gruppe organisiert sich selbst, bei Interesse an Führungen oder an einer Mitarbeit hilft die Internetseite www.gewaesserfuehrer-karlsruhe.de weiter. Erdwärme Ich möchte die Geothermie in Karlsruhe nutzen. Was ist zu beach­ten? Die Nutzung von Geothermie im Stadt­­­ge­­biet ist durch Erdwär­­me­­son­­den oder durch Grund­­was­­ser­wär­­me­­pum­­pen grund­­sätz­­lich möglich. Allerdings sind immer Einzel­fall­­be­trach­tun­­gen erfor­­der­­lich, dabei wird z. B. überprüft, ob das Grundstück in einem Wasser­­schutz­­ge­­biet liegt, wie die Grund­­was­­ser­­si­tua­tion in dem Bereich ist, welche Tiefe für Erdwär­­me­­son­­den­­boh­run­­gen möglich ist (es gibt im Stadt­­­ge­­biet eine Tiefen­­be­­gren­­zung) usw. Diese Infor­­ma­tio­­nen sind beim Umwelt- und Arbeits­­schutz erhältlich. Weiterhin muss ausrei­chend Platz auf dem Grundstück sein (z. B. Abstand zwischen den beiden Brunnen bei Grund­­was­­ser­wär­­me­­pum­­pen mind. 10 m in Grund­­was­­ser­fließ­rich­tung, erfor­­der­­li­che Abstände zu Bohrungen zu Nachbar­­grun­d­­stücken von ca. 5 m usw.) Für Erdwär­­me­­son­­den sowie für Grund­­was­­ser­wär­­me­­pum­­pen ist im Stadt­­­ge­­biet eine wasser­recht­­li­che Erlaubnis erfor­­der­­lich, d. h. es muss ein Wasser­rechts­an­­trag bei der unteren Wasser­­be­hörde (Stadt Karlsruhe, Zentraler Juris­ti­­scher Dienst, 76124 Karlsruhe) gestellt werden. Luft Welche Luftmessstationen gibt es im Stadtgebiet Karlsruhe? Werden die gesetzlichen Immissionsgrenzwerte eingehalten? Das Land Baden-Württemberg unterhält in Karlsruhe momentan zwei dauerhafte Luftmessstationen (Karlsruhe-Nordwest und Karlsruhe-Straße) sowie eine Spotmessstelle (Karlsruhe-Kriegsstraße). Erhoben werden die Daten von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Die Messstationen Karlsruhe-Straße und Karlsruhe-Kriegsstraße sind überwiegend vom Straßenverkehr beeinflusst und stellen repräsentative Messpunkte für die Umweltzone dar. An diesen beiden Punkten wurden bereits Grenzwertüberschreitungen nachgewiesen und sich auch für die Zukunft zu erwarten. Dies betrifft in erster Linie die ab dem Jahr 2010 geltenden verschärften Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2). Die Station Karlsruhe-Nordwest repräsentiert die städtischen Hintergrundbelastung, dort ist auch eine industrielle Beeinflussung zu beobachten. Die Grenzwerte werden an der Station Karlsruhe-Nordwest bislang deutlich unterschritten. Informationen zur Luftreinhaltung in Karlsruhe Wo erhalte ich Auskünfte über Luftmesswerte in Karlsruhe? Die LUBW veröffentlicht sowohl tagesaktuelle Werte und Jahresberichte, als auch mehrjährige Datenreihen zur Luftqualität im Internet. Auch die Werte für die Karlsruher Messstationen lassen sich hier abrufen. Eine weitere Informationsmöglichkeit ist über den Videotext des SWR-Fernsehens gegeben. Aktuelle Ozonwerte können in der Zeit von Mai bis September zudem telefonisch über das Ozontelefon der Stadt Karlsruhe (automatisierte Ansage) unter der Telefonnummer 0721/133-1004 abgefragt werden. Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) Ozontelefon Luftrein­hal­te­­­plan und Aktions­­­­­plan: Was steckt dahinter? Die Immis­­­si­­­ons­­­mes­­­sun­­­gen an hoch belas­te­ten Straßen­ab­schnit­ten im Regie­rungs­­­­­be­­­zirk Karlsruhe haben gezeigt, dass in fünf Städten (darunter auch Karlsruhe) die ab dem Jahr 2010 geltenden verschär­f­ten Immis­­­si­­­ons­­­grenz­wer­te für Stick­­­stoff­­­di­oxid (NO2) nur einge­hal­ten werden können, wenn zusätz­­­li­che Maßnah­men zur Luftrein­hal­tung ergrif­fen werden. Das Regie­rungs­­­prä­­­si­­­dium Karlsruhe hat deshalb im Frühjahr 2006 einen Luftrein­hal­te­­­plan für den Regie­rungs­­­­­be­­­zirk mit einem­­Teil­­plan für die Stadt Karlsruhe in Kraft gesetzt. Darüber hinaus führten Spott­­­mes­­­sun­­­gen der LUBW im Jahr 2006 zum Ergebnis, dass in mehreren Städten (darunter auch Karlsruhe) der seit 01.01.2005 einzu­hal­ten­de Tages­­­­­mit­tel­wer­t für Feinstaub (PM10) an mehr als den zulässigen 35 Tagen im Jahr überschrit­ten wird. Gemein­sam mit den betrof­­­fe­­­nen Städten hat das Regie­rungs­­­prä­­­si­­­di­um deshalb Aktions­­­pläne zur Bekämp­­fung der Feinstaub­­­be­las­tung erarbeitet und in den Luftrein­hal­te­­­plan integriert. Der entspre­chen­d fortge­­­schrie­­­bene Luftrein­halte- und Aktions­­­­­plan für die Stadt Karls­ru­he wurde im Januar 2008 veröf­­­fent­­­licht. Wesent­­­li­cher Bestan­d­­­teil ist die Einrich­tung der Karls­ru­her­Um­welt­­zone zum 01.01.2009 mit Fahrver­­­­­bo­ten für Kraft­fahr­­­zeuge bestimm­ter Schad­­­stoff­­­klas­­­sen. Luftreinhalte- und Aktionsplan Karlsruhe Welches Gebiet umfasst die Umweltzone in Karlsruhe? Welche Regelungen sind zu beach­ten? Alle Infor­­ma­tio­­nen sowie eine Karte der Karls­ru­her Umweltzone haben wir für Sie auf einer eigenen Inter­­netseite zusam­­men­­ge­­stellt. Alle Zufahrten zur Umweltzone sind im Straßen­­ver­­kehr entspre­chend gekenn­­zeich­­net. Informationen zur Karlsruher Umweltzone Ökofaires Karlsruhe Unter­­stützt die Stadt Karlsruhe den Fairen Handel? Ja: Karlsruhe ist in zahlrei­chen Bereichen aktiv gegen Kinder­aus­­beu­tung und für einen fairen und gerechten Handel mit Ländern der Dritten Welt. Karlsruhe trägt seit 2010 den Titel "Fair Trade Stadt", die städti­sche Beschaf­­fung erfolgt nach Kriterien des Fairen Handels, die Stadt hat eine relativ hohe Dichte an Geschäften und Gaststät­ten mit Produkten des Fairen Handels, zahlrei­che Vereine, Kirchen­­ge­­mein­­den oder Schulen engagieren sich für die "Eine Welt" oder den "Fairen Handel" und die Stadt­­­ver­­wal­tung unter­­stützt diese Aktivi­tä­ten in vielfacher Hinsicht. Infor­­mie­ren Sie sich darüber auf unseren Seiten unter "Ökofaires Karlsruhe". Wo bekomme ich umweltfreundliche Baumaterialien her? Der Einkaufsführer "Grüner Marktplatz Karlsruhe" hat eine Liste mit Fachgeschäften und Baumärkten, die umweltgerechte Baumaterialien anbieten. Er kann an verschiedenen Stellen in Karlsruhe kostenlos bezogen werden, beispielsweise im Gebäude von Umwelt- und Arbeitsschutz oder bei der Rathauspforte. Im Internet finden Sie ihn unter www.grünermarktplatz.de. Schadensfälle Was ist bei einem Schadens­fall mit wasser­ge­fähr­den­den Stoffen (Ölunfall) zu tun? Näheres hierzu in unserer Rubrik " Schadens­fälle". Schadensfälle mit wassergefährdenden Stoffen Umweltbildung Gibt es städtische Angebote zu Umwelt­the­­men für Karls­ru­her Schulen? Ja: Dienst­s­tel­len mit fachlichem Bezug zu Umwelt oder Natur haben zahlreiche Angebote für Karlsruher Schulen. Eine Zusam­­men­s­tel­­lung finden Sie auf unseren Seiten unter Umwelt­päd­a­go­­gik. Auch die Angebote der Dienst­­stel­le Umwelt- und Arbeits­­schutz finden Sie dort ausführ­­lich beschrie­­ben. In der Regel sind die städti­­schen Angebote für Karlsruher Schulen kostenlos. Wasser Was muss bei der Errichtung eines Öltanks beachtet werden? DieAn­la­­gen­­ver­­ord­­nung wasser­ge­fähr­den­der Stoffe - VAwS des UM in der jeweils geltenden Fassung. Anlagenverordnung wassergefährdender Stoffe - VawS Was muss ich bei der Nieder­­schlags­­was­­ser­­ver­­­si­cke­rung auf meinem Grundstück beachten? Das Wichtigste bei der Nieder­­schlags­­was­­ser­­ver­­­si­cke­rung ist, dass die Einleitung oberir­­disch über die sogenannte belebte Oberbo­­den­­schicht erfolgt. Diese circa 30 Zenti­me­ter mächtige, humus­hal­tige Mutter­­bo­­den­­schicht wirkt als Filter, Puffer, Trans­­for­­ma­tor und als Reten­ti­­ons­­schicht. Eine unter­ir­­di­­sche Versi­cke­rung, zum Beispiel in einem Sicker­schacht ohne Passage der Oberbo­­den­­schicht ist in Karlsruhe nicht zulässig. Weitere Infor­­ma­tio­­nen sind in unserer Broschüre "Regen bringt Segen" zu finden. Broschüre Regen bringt Segen (PDF, 3.38 MB) Benötige ich zur Grundwassernutzung eine Genehmigung? Die Nutzung des Grundwassers zur Gartenberegnung in einem Einfamilienhaus ist beim Zentralen Juristischen Dienst / Wasser-, Abfallrechts- und Bodenschutzbehörde der Stadt Karlsruhe anzuzeigen. Alle andere Nutzungen bzw. Nutzer (auch zur Gartenberegnung in Mehrfamilienhäusern) bedürfen einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Formulare zur Anzeige bzw. zum Antrag auf wasserrechtliche Erlaubnis sind beim Zentralen Juristischen Dienst / Wasser-, Abfallrechts- und Bodenschutzbehörde erhältlich. Ich möchte einen Brunnen bohren lassen. Was ist zu beachten? Grundwasserstände können beim Tiefbauamt erfragt werden. Im Rahmen der Stellungnahme zur Anzeige beim Zentralen Juristischen Dienst / Wasser-, Abfallrechts- und Bodenschutzbehörde bzw. zum Antrag auf wasserrechtliche Erlaubnis werden die Fragen nach der Lage in einem Wasserschutzgebiet evtl. Tiefenbeschränkungen, zu Bodenverunreinigungen und Altlasten geklärt. Evtl. können hier Untersuchungen/Analysen des Grundwassers durch ein Labor erforderlich werden. Je nach Nutzung können auch seitens des Gesundheitsamtes Analysen gefordert werden. In der wasserrechtlichen Erlaubnis wird in Nebenbestimmungen der ordnungsgemäße Bau und Betrieb des Brunnens geregelt. Insbesondere sind Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verunreinigung des Grundwassers ausschließen. Gibt es auf Karlsruher Gemarkung Quellen mit Trinkwasserqualität? Alle Quellen auf Gemarkung Karlsruhe sind nicht zum Trinken geeignet. Die Quellen im Stadtgebiet sind nach unserem Kenntnisstand von Oberflächenwasser beeinflusst. Nach Regenereignissen wurden z. B. bei sporadischen Untersuchungen mikrobiologische Verunreinigungen festgestellt. Manche Quellen treten erst nach stärkeren Regenereignissen zu Tage. Das Quellwasser wird nicht regelmäßig analytisch überwacht. Weitere Informationen sind auch beim Gesundheitsamt Karlsruhe erhältlich. Darf ich mein Auto auf meinem Grundstück selbst waschen? Das Abspritzen von Fahrzeugen im öffent­­­­li­chen Verkehrs­­­­raum ist gemäß § 2, Absatz 1 der Polizei­­­­ver­­­­ord­­­­nung der Stadt Karls­ru­he über die öffent­­­­li­che Sicherheit und Ordnung auf den Straßen verboten. Dies gilt auch für solche Grund­­­­stücks­flä­chen, die unmit­tel­­­­bar an die Straße angrenzen und ohne Benzi­n­ab­­­­schei­­­­der zur Straße hin entwässert werden. Bei Zuwider­han­d­­­­lung stellt dies eine Ordnungs­­­­­wi­d­­­­rig­keit dar und kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Polizeiverordnung der Stadt Karlsruhe über die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf den Straßen (Straßenpolizeiverordnung)
https://www.karlsruhe.de/b3/natur_und_umwelt/umweltschutz/oftgefragt_umweltschutz
Form der öffentlichen Bekanntmachungen Der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe hat am 22. Juni 2021 beschlossen, dass die öffentlichen Bekanntmachungen der Stadt Karls- ruhe ab dem 1. August 2021 durch Bereitstellung im Internet erfolgen. Die öffentlichen Bekanntmachungen werden auf der Inter- netseite der Stadt Karlsruhe www.karlsruhe.de im Bereich „Amtliche Bekanntmachungen“ vorgenommen. Als Tag der Bekannt- machung gilt der Tag der Bereitstellung im Internet. Der Wortlaut der Bekanntmachungen kann während der Sprechzeiten an der Pforte im Rathaus am Marktplatz, Karl-Friedrich- Straße 10, 76133 Karlsruhe kostenlos eingesehen werden. Dieser kann gegen Kostenerstattung als Ausdruck zur Verfügung gestellt und unter Angabe der Bezugsadresse zugesandt werden. Die öffentlichen Bekanntmachungen werden zusätzlich zu Informationszwecken im Amtsblatt der Stadt Karlsruhe abgedruckt. Bitte beachten Sie, dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung im Amtsblatt vom Tag der Bereitstellung abweichen kann. Die öffentlichen Bekanntmachungen zu Auslegungsbeschlüssen von Bauleitplänen erfolgen auch weiterhin im Amtsblatt der Stadt Karlsruhe. Bodenrichtwerte zum Jahresbeginn 2023 sowie Änderungen der Bodenrichtwerte zum Stichtag 1. Januar 2022 ermittelt Der Gutachterausschuss in Karlsruhe hat am 13. Juni 2023 gemäß § 193 Abs. 5 des Baugesetzbuchs (BauGB) für das Gebiet der Stadt Karlsruhe die Bodenrichtwerte (durchschnittliche Lagewerte nach § 196 BauGB) zum Stichtag 1. Januar 2023 ermit- telt. Des Weiteren wurden Anpassungen der Bodenrichtwerte gemäß BauGB § 196 so- wie § 196 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 2 (Bemes- sungsgrundlage für die Grundsteuererhe- bung) rückwirkend zum Stichtag 1. Januar 2022 beschlossen. Die Anpassungen sind in der Bodenrichtwerthöhe, der Bodenricht- wertdenition oder der Bodenrichtwertzo- nenabgrenzung vorgenommen worden. Bei folgenden Bodenrichtwertzonen wur- den Änderungen vorgenommen: 36200202, 36200231, 36200236, 36200561, 36200562, 36200714, 36200715, 36204301, 36204302, 36205005, 36206213, 36206270, 36207324, 36207644, 36208252, 36211000, 36211003, 36211015, 36211100, 36211101, 36211102, 36211104, 36211111, 36211405, 36211410, 36212570, 36214690, 36216544, 36217383, 36219595, 36219701, 36221681, 36221684 Die Geschäftsstelle des Gutachteraus- schusses empehlt den Grundstückseigen- tümern in den betroffenen Zonen die An- gaben der Bodenrichtwerte im Rahmen der Grundsteuerermittlung auf mögliche Än- derungen zu prüfen. Die Bodenrichtwerte können in der Zeit vom 3. Juli bis 28. Juli 2023 immer am Montag und Mittwoch zwischen 8:30 Uhr und 12 Uhr und am Dienstag und Donners- tag zwischen 14 Uhr und 15:30 Uhr bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses, Karl-Friedrich-Straße 14 – 18, Hinterhaus im 3. OG., von jedermann eingesehen oder unter der Telefonnummer 0721 133-3092 erfragt werden. Mündliche Auskünfte in- nerhalb dieses Zeitraums sind bis zu einer Anzahl von höchstens fünf Auskünften pro Antragsteller gebührenfrei. Für schriftliche Bodenrichtwertauskünfte bzw. für Auskünfte nach dem genannten Zeitraum ist gemäß der Verwaltungsge- bührensatzung der Stadt Karlsruhe eine Gebühr von 25 Euro je Bodenrichtwertaus- kunft zu entrichten. Die Bodenrichtwerte zum Stichtag 1. Janu- ar 2023 sind in das Wertermittlungsinfor- mationssystem des Gutachterausschusses im Internet eingestellt. Orts- und zeitunab- hängig können aus dem umfangreichen Informationsangebot Bodenrichtwerte und sonstige Immobilienmarktinformationen einschließlich der für die Wertermittlung erforderlichen Daten für den Bereich der Stadt Karlsruhe abgerufen werden. Weitere Informationen zu städtebaulichen Boden- richtwerten sind auf der Internetseite: www.karlsruhe.de/mobilitaet-stadtbild/ bauen-und-immobilien/gutachteraus- schuss und zu steuerlichen Bodenricht- werten frühestens ab dem 1. Juli 2023 auf der Internetseite: www.gutachteraus- schuesse-bw.de/boris-bw zu nden. Gutachterausschuss für die Ermittlung von Grundstückswerten und sonstige Wertermittlungen in Karlsruhe – Geschäftsstelle – Die Stadt Karlsruhe trauert um Gerhard Leiser Stadtrat von 1968 bis 1980 Träger des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland Er verstarb am 23. Juni 2023 im Alter von 94 Jahren. Mit Gerhard Leiser verlieren wir einen allseits geschätzten Kommunalpolitiker und eine prolierte Persönlichkeit. Über ein Jahrzehnt konnte er als Stadtrat mit Sachverstand und großem Engagement die Stadtpolitik mitgestalten. In beispiel- hafter Weise setzte er sich für die Belange der Karlsruher Bürgerinnen und Bürger vor allem im sozialen Bereich ein. Mit seinem verbindlichen Wesen und seiner vermittelnden Art wurde er fraktionsübergreifend geschätzt. Die Karlsruher Partnerstädte waren ihm ein Herzensanliegen. Unvergessen bleibt auch sein Wirken als Pfarrer der evangelischen Stadt- kirche und sein unermüdlicher Einsatz für die Menschen in der Hardtstiftung und im Bodelschwingh-Haus. Gerhard Leiser hat sich um die Stadt Karlsruhe und ihre Bürgerinnen und Bürger verdient gemacht. Der Gemeinderat und die Stadtverwaltung danken ihm dafür. Seinen Angehörigen gilt unser tiefes Mitgefühl. Dr. Frank Mentrup Oberbürgermeister Bekanntmachung der Stadt Karlsruhe Aufteilung Kehrbezirk Karlsruhe-Stadt Nr. 11 Bestellung bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk Karlsruhe-Stadt Nr. 1 Der Kehrbezirk Karlsruhe-Stadt Nr. 11 wird aufgelöst und mit Wirkung zum 1. Juli 2023 auf die umliegenden Kehrbezirke Karlsru- he-Stadt Nr. 2, Karlsruhe-Stadt Nr. 15 und Karlsruhe-Stadt Nr. 19 wie folgt aufgeteilt: Der Kehrbezirk Karlsruhe-Stadt Nr. 2 des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers Thomas W. Kurtz, Carl-Goerdeler-Straße 9, 75180 Pforzheim wird um folgende Gebiete ergänzt: Nördliche Seite Kanalweg ab Kreuzung Linkenheimer Landstraße bis Kreuzung Linkenheimer Allee – Westliche Seite Lin- kenheimer Allee bis Kreuzung Rintheimer Querallee – Südwestliche Seite Rintheimer Querallee bis Kreuzung Eggensteiner Allee – Westliche Seite Eggensteiner Allee bis Kreuzung An d. Trift – Südwestliche Seite An d. Trift in Verlängerung Moldaustraße bis Kreuzung Linkenheimer Landstraße in Verlängerung Südwestliche Seite Neureu- ter Querallee bis Kreuzung Bahnlinie – Nordwestliche Seite der Bahnlinie bis vor Friedhof mit westlicher Seite der gedach- ten Linie bis Grabener Straße – Westliche Seite Grabener Straße bis Gemarkungs- grenze nach Eggenstein – Südliche Seite entlang der Gemarkungsgrenze bis Kreu- zung Hauptsammelkanal – Östliche Seite Hauptsammelkanal bis Treffpunkt B36 – Östliche Seite B36 bis Kreuzung Bahnlinie – Nordwestliche Seite Bahnlinie bis Nord- östliche Seite der gedachten Verlängerung der Schweigener Straße bis Kreuzung Kai- serslauterner Straße – Nördliche Seite Kai- serslauterner Straße in Verlängerung nörd- liche Seite Alter Postweg bis Kreuzung Klammweg – Nordöstliche Seite Klamm- weg bis Kreuzung Am Wald – Nördliche Seite Am Wald in Verlängerung nördliche Seite Bocksdornweg bis Kreuzung Linken- heimer Landstraße – Östliche Seite Linken- heimer Landstraße bis Kreuzung Kanalweg Der Kehrbezirk Karlsruhe-Stadt Nr. 15 des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers Dirk Krebs, Pfarrer-Schweiger-Straße 40, 76689 Karlsdorf wird um folgende Gebiete ergänzt: Alfons-Fischer-Allee – Ab Kreuzung Al- fons-Fischer-Allee westliche Seite Erzber- gerstraße – Westliche Seite Weißdornweg bis Kreuzung Klammweg – Südwestliche Seite Klammweg – Alter Postweg – In Ver- längerung Kaiserslauterner Straße bis Bahnlinie – Östliche Seite der Bahnlinie bis südliche Flughafengrenze Der Kehrbezirk Karlsruhe-Stadt Nr. 19 des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers Bernd Kurbel, Mannheimer Straße 63, 76131 Karlsruhe wird um folgende Gebiete ergänzt: Nordwestliche Seite Adenauerring bis Kreuzung Linkenheimer Landstraße – Westliche Seite Linkenheimer Landstraße bis Kreuzung Bocksdornweg – Südliche Seite Bocksdornweg in Verlängerung Am Wald bis Kreuzung Klammweg – Südwest- liche Seite Klammweg bis Kreuzung Weiß- dornweg – Östliche Seite Weißdornweg in Verlängerung östliche Seite Erzbergerstra- ße bis Kreuzung Knielinger Allee – Nördli- che Seite Knielinger Allee bis Adenauer- ring. Stadt Karlsruhe – Bauordnungsamt Stadt beteiligt Öffentlichkeit an Bauleitplanung Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens „Grünzug am Wettersbach“ führt das Stadtplanungsamt Karlsruhe am Mittwoch, 12. Juli 2023, 17 Uhr in der Aula der Heinz-Barth-Schule, Esslinger Straße 2, 76228 Karlsruhe Schulbeirat tagt öffentlich Zur nächsten öffentlichen Sit- zung treffen sich die Mitglieder des Schulbeirats am kommenden Mittwoch, 5. Juli, um 16:30 Uhr, im Bürgersaal des Karlsruher Rat- hauses. Unter der Leitung von Bürger- meister Martin Lenz wird folgen- de Tagesordnung besprochen: 1. Bericht Arbeitskreis der Karls- ruher Schülervertretungen (AKS) 2. IT-moderne Schule – Vierter Zwischenbericht: Umsetzung 2022/23 3. Ausbau des Schulversuchs Ausbildungsvorbereitung dual (AVdual) an der Elisabeth-Sel- bert-Schule zum Schuljahr 2023/24 4. Heinrich-Hertz-Schule: Neueinrichtung einer Zusatz- qualikation zum Erwerb der Fachhochschulreife (ZQFHSR) 5. Carl-Hofer-Schule: Neueinrichtung des Bildungs- gangs “Zweijähriges Berufskol- leg für Foto- und Medientech- nik (2BKFO)“ zum Schuljahr 2024/25 6. Bismarck-Gymnasium: Teilnahme am Schulversuch „Informatik in der Oberstufe“ mit dem Modul „Basisfach“ 7. Ludwig Guttmann Schule: Investitionskostenzuschuss 8. Mitteilungen des Bürgermeis- teramtes eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlich- keit gem. § 3 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) durch. Hierbei soll über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die voraussichtlichen Aus- wirkungen der Planung informiert werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Bebauungsplan zu erörtern sowie sich zur Planung zu äußern. Zur Erleichterung der Information der Öf- fentlichkeit kann der Bebauungsplanent- wurf im Zeitraum vom 13. Juli 2023 bis 31. Juli 2023 auch im Internet unter www.karlsruhe.de/bebauungsplanung eingesehen werden. Hier sind in diesem Zeitraum über ein Formular Stellungnah- men möglich. Der Bebauungsplanentwurf wird zu einem späteren Zeitpunkt für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt. Während dieser Zeit können nochmals Stellungnahmen abgegeben werden. Stadtplanungsamt Aus dem Gemeinderat3 Nr. 26 ∙ Freitag, 30. Juni 2023 Aus dem Gemeinderat Amtliche Bekanntmachungen Die Stadt wird Mitglied beim Deutschen Werkbund, der eine Umwelt für alle interdisziplinär ge- stalten will. Dies hat der Gemeinde- rat beschlossen. Städte wie Stutt- gart, Mannheim und Heidelberg sind bereits Teil der Vereinigung. Karlsruhe gesellt sich mit seinem Beitritt zu Gestaltern, engagierten Personen und Unternehmen. -pli- Mitglied beim Werkbund Die freien Träger von Kinderta- geseinrichtungen sollen mehr Unterstützung erhalten. Darüber war sich der Gemeinderat einig und beschloss die Annäherung der Gebühren von städtischen Kitas an die der freien Träger. So wurde die Erhöhung der Bei- tragsgebühren für städtische Ki- tas um rund acht Prozent zum 1. September mit großer Mehr- heit angenommen. Auch der maximale Erstkinder- zuschuss wird zeitgleich erhöht. 40 Prozent der Erhöhung sollen so kompensiert werden. Bürger- meister Martin Lenz erklärte die Hintergründe für die Anpassung: „Wir wollen ein möglichst einheit- liches gesamtstädtisches Niveau erreichen.“ Maßgeblich seien ne- ben den steigenden Personalkos- ten wachsende Sach- und Raum- kosten sowie die Inflation, heißt es in der Beschlussvorlage. BM Lenz sieht die Erhöhung als angemes- sen und vertretbar. Benjamin Bau- er (Grüne) betonte, dass die Erhö- hungen spürbar abgedämpft wür- den. Bettina Meier-Augenstein (CDU) sagte, dass viele jetzt schon von der Beitragszahlung befreit seien, etwa durch die Geschwis- terkindregel. Yvette Melchien (SPD) unterstrich, dass die Erhö- hung moderat bleibe. „Das ist si- cher der richtige Weg.“ Anders sah es Lüppo Cramer (KAL/Die Partei), der Beitragsfreiheit als „unser politisches Ziel“ bezeich- nete. Tom Høyem (FDP) sprach von einem traurigen Tag. Er ärger- te sich ebenso wie Karin Binder (Linke), weiter weg vom kosten- freien Kindergarten zu kommen. Friedemann Kalmbach (FW|FÜR) hingegen sagte: „Unser Credo war schon immer, dass wohlha- bende Eltern zahlen sollen.“ Für Dr. Paul Schmidt (AfD) ist vor al- lem wichtig, dass „die freien Trä- ger nicht untergehen.“ Ellen Fen- rich (parteilos) forderte Vorstöße beim Land, um mehr Geld zu er- halten. Abschließend hob Ober- bürgermeister Dr. Frank Mentrup hervor, dass es mit der Maßnahme vor allem um die Stärkung des Subventionsprogrammes für die freien Träger gehe. -gia- Beitragsdebatte: Stärkung von freien Kitaträgern Rat beschließt Erhöhung Um freie Träger zu stärken, hat der Rat eine moderate Erhöhung der städtischen Kita-Beiträge beschlossen. Archivfoto: Enderle Nach dem Austritt von Ellen Fen- rich aus der AfD-Fraktion und de- ren damit verbundenen Auflösung ergeben sich für die Ausschüsse und Beiräte Veränderungen. Die Einzelstadträtin Fenrich ist hier nicht mehr Mitglied, so dass ihre ehemaligen Fraktionskollegen ei- nige Positionen übernehmen. „Wir versuchen im Einverneh- men mit dem Gemeinderat die Be- setzungen zu lösen“, erläuterte OB Dr. Frank Mentrup und bedankte sich „schon jetzt für die konstrukti- ve Zusammenarbeit mit den Frak- tionen und darüber hinaus.“ Nach dem einstimmigen Ratsbeschluss sind etwa im Hauptausschuss Dr. Paul Schmidt und Oliver Schnell weiterhin vertreten. Das Gleiche gilt für weitere Ausschüsse, im Mi- grationsbeirat erhält Jürgen Wenzel (FW|FÜR) den Sitz von Ellen Fen- rich. Alle Veränderungen in den Ausschüssen stehen unter karlsru- he.de/gemeinderat. Bei den städti- schen Aufsichtsgremien ergibt sich ein anderes Bild. Sind bei der Strukturkommission Schmidt und Schnell weiterhin dabei, entfällt der Sitz ersatzlos in der Drogenkommis- sion. Im Aufsichtsrat der Fächer GmbH erhält Gemeinderätin Leo- nie Wolf (Grüne) den Sitz. Bei den Redezeiten zum Dop- pelhaushalt Ende 2023 kam der Gemeinderat zu einer mehrheitli- chen Zustimmung bei einigen Nein-Stimmen. FDP-Fraktions- vorsitzender Tom Høyem erinner- te daran, dass „Demokratie Zeit braucht“. „Redezeiten können nicht davon abhängig sein, wie viele Menschen hintendransit- zen“, so Lüppo Cramer (KAL/Die Partei), dem wiedersprach Grü- nen-Fraktionsvorsitzender Aljo- scha Löffler, der an die Stimmen- verhältnisse erinnerte, was auch SPD-Fraktionsvorsitzenden Yvet- te Melchien unterstützte. Dem- nach erhalten Fraktionen und Gruppierungen zehn Minuten, Einzelvertreter acht und einzelne Mitglieder zwei Minuten Redezeit etwa für die Haushaltsreden. Mehrheitlich abgelehnt wurde dagegen ein Ergänzungsantrag der LINKE-Fraktion auf gleiche Redezeit für alle Fraktionen. -cf- Gremienarbeit neu geregelt Austritt von Ellen Fenrich aus der AfD-Fraktion als Auslöser / Redezeiten verteilt Noch keinen Beschluss fasste der Gemeinderat über die Zu- kunft der nördlichen Karlstraße. Stattdessen soll das Thema zu- nächst im Hauptausschuss vor- beraten und dann am 18. Juli dem Gremium erneut zur Ent- scheidung vorgelegt werden. Auf Basis der Ergebnisse eines Reallabors im vergangenen Jahr hatte die Verwaltung vorge- schlagen, in der nördlichen Karl- straße eine Fußgängerzone ein- zurichten und gleichzeitig den Straßenbahnhalt in der Karlstra- ße (Bild) barrierefrei auszubau- en. Hierzu gab es allerdings aus den Fraktionen noch Gesprächs- bedarf. Insbesondere die CDU hatte einen umfangreichen Fra- genkatalog eingebracht und um Klärung gebeten, damit „wir kei- nen Grundfehler machen“, so Stadtrat Tilman Pfannkuch. OB Dr. Frank Mentrup sicherte ei- nen „transparenten Diskussions- prozess“ im weiteren Verfahren zu. -eck-/Foto: Müller-Gmelin Zur weiteren Beratung Die Handwerkskammer schlug dem Gemeinderat vor, für die ver- bleibende Amtszeit den sachkundi- gen Einwohner Jakob Theiler als ordentliches Mitglied in den Schul- beirat zu berufen. Er nimmt den Platz von Anja Menges ein, die den Beirat aus beruflichen Gründen verlässt. Das Gremium gab diesem Wechsel seine Zustimmung. -pli- Wechsel im Schulbeirat Der Eigenbetrieb „Fußballstadi- on im Wildpark“ (EiBS) erhält eine neue Doppelspitze. Wie der Ge- meinderat einstimmig beschloss, übernimmt ab sofort Marianne San- schi das Amt der technischen und gleichzeitig der Ersten Betriebslei- terin. Ihr zur Seite steht Laura Win- terer als kaufmännische Betriebs- leiterin. Mit dieser Neuorganisati- on, die sich auch in der geänderten Betriebssatzung des EiBS nieder- schlägt, reagiert die Stadt auf das Ausscheiden der bisherigen Be- triebsleiterin Caroline Streiling. Des Weiteren stimmte der Ge- meinderat ohne Diskussion dem Jahresabschluss 2022 des EiBS zu. Aufgrund des Betriebskostenzu- schusses der Stadt Karlsruhe in Höhe von rund 1,78 Millionen Euro weist das Jahresergebnis eine aus- geglichene Bilanz auf. -eck- Doppelspitze im Eigenbetrieb Der Gemeinderat hat mit großer Mehrheit einer Änderung der bis- lang gültigen Bekanntmachungs- satzung der Stadtverwaltung zu- gestimmt. Damit ist der Weg frei, um amtliche Bekanntmachungen ausschließlich online auf der Homepage der Stadt Karlsruhe unter karlsruhe.de zu veröffentli- chen. Diese Änderung war insbe- sondere im Hinblick auf die ange- spannte Haushaltslage und den gestiegenen Kostendruck nötig geworden. Bislang hat die Stadt- verwaltung amtliche Bekanntma- chungen auf freiwilliger Basis zu- sätzlich in der Stadtzeitung veröf- fentlicht. Die Satzung tritt ab dem 1. August 2023 in Kraft. -ds- Neuer Modus bei Bekanntmachungen
https://www.karlsruhe.de/securedl/sdl-eyJ0eXAiOiJKV1QiLCJhbGciOiJIUzI1NiJ9.eyJpYXQiOjE3MTM2MDAyNDYsImV4cCI6MzMyMTc2MjY0NTYsInVzZXIiOjAsImdyb3VwcyI6WzAsLTFdLCJmaWxlIjoiZmlsZWFkbWluL3VzZXJfdXBsb2FkLzA1X01vYmlsaXRhZXRfU3RhZHRiaWxkLzA1NF9CYXVlbl91bmRfSW1tb2JpbGllbi8zX0d1dGFjaHRlcmF1c3NjaHVzcy9BbXRsaWNoZV9CZWthbm50bWFjaHVuZ19hdXNfU3RhZHR6ZWl0dW5nX3ZvbV8zMF9KdW5pXzIwMjMucGRmIiwicGFnZSI6Mzc0MH0.rhO2IaFvv90Zo2_pu2DBnrHBcun3OW090fpUw_HnCWQ/Amtliche_Bekanntmachung_aus_Stadtzeitung_vom_30_Juni_2023.pdf
DER LANDESBEAUFTRAGTE FÜR DEN DATENSCHUTZ Datenschutz im Verein nach der Daten- schutzgrundverordnung (DS-GVO) Informationen über die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen beim Umgang mit personenbezogenen Daten in der Vereinsarbeit - Gültig ab 25. Mai 2018 - Seite 2 Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg Königstraße 10a 70173 Stuttgart Telefon 0711/615541-0 Telefax 0711/615541-15 E-Mail: poststelle@lfdi.bwl.de (Schutzbedürftige Daten sollten nicht unverschlüsselt per E-Mail oder via Telefax übertragen werden.) PGP-Fingerprint: E4FA 428C B315 2248 83BB F6FB 0FC3 48A6 4A32 5962 Homepage: www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de Seite 3 Inhaltsübersicht 1. Rechtsgrundlagen für den Umgang mit personenbezogenen Daten von Mitgliedern und sonstigen Personen ........................................................ 5 1.1 Datenschutzgrundverordnung und Bundesdatenschutzgesetz-neu als Rechtsgrundlage .......................................................................................... 5 1.2 Begriffsbestimmungen ................................................................................. 5 1.3 Rechtmäßigkeit der Verarbeitung ................................................................ 6 1.3.1 Rechtsgrundlagen ............................................................................... 6 1.3.2 Informationspflichten ........................................................................... 7 1.3.3 Schriftliche Regelungen zum Datenschutz: Datenschutzordnung ........................................................................... 8 1.3.4 Einwilligung ....................................................................................... 10 2. Erhebung personenbezogener Daten durch den Verein .............................. 12 2.1 Erhebung von Daten der Vereinsmitglieder ............................................... 12 2.2 Erhebung von Daten Dritter ....................................................................... 13 2.3 Erhebung von Personaldaten der Beschäftigten des Vereins .................... 14 2.4 Hinweispflicht bei Datenerhebung ............................................................. 14 3. Speicherung personenbezogener Daten ........................................................ 15 3.1 Sicherheit personenbezogener Daten ....................................................... 15 3.2 Datenverarbeitung im Auftrag .................................................................... 15 3.3 Cloud-Mitgliederverwaltungsdienste .......................................................... 18 4. Nutzung von personenbezogenen Daten ....................................................... 19 4.1 Nutzung von Mitgliederdaten ..................................................................... 19 4.2 Nutzung von Daten Dritter ......................................................................... 19 4.3 Nutzung der Daten des Vereins für Spendenaufrufe und Werbung ........... 19 5. Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Verein, insbesondere Übermittlung an Dritte ............................................................. 20 5.1 Datenübermittlung an Vereinsmitglieder .................................................... 21 5.2 Bekanntgabe zur Wahrnehmung satzungsmäßiger Mitgliederrechte ........ 22 5.3 Mitteilungen in Aushängen und Vereinspublikationen ............................... 22 5.4 Datenübermittlung an Dachverbände und andere Vereine ........................ 24 5.5 Datenübermittlung an Sponsoren und Firmen zu Werbezwecken (insbesondere Versicherungen) ................................................................. 25 5.6 Veröffentlichungen im Internet ................................................................... 27 5.7 Veröffentlichungen im Intranet ................................................................... 28 5.8 Personenbezogene Auskünfte an die Presse und sonstige Massenmedien .......................................................................................... 29 Seite 4 5.9 Übermittlung für Zwecke der Wahlwerbung ............................................... 29 5.10 Übermittlung von Mitgliederdaten an die Gemeindeverwaltung ................. 29 5.11 Datenübermittlung an den Arbeitgeber eines Mitglieds und an die Versicherung .............................................................................................. 30 6. Recht auf Löschung und Einschränkung personenbezogener Daten ......... 30 7. Organisatorisches ............................................................................................ 31 7.1 Benennung eines Datenschutzbeauftragten .............................................. 31 7.2 Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten .................................................. 33 7.3 Datenschutz-Folgeabschätzung ................................................................ 34 8. Anhang .............................................................................................................. 35 Seite 5 1. Rechtsgrundlagen für den Umgang mit personenbezogenen Daten von Mitgliedern und sonstigen Personen 1.1 Datenschutzgrundverordnung und Bundesdatenschutzgesetz-neu als Rechtsgrundlage Ab dem 25. Mai 2018 wird die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) in Deutsch- land und in allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geltendes Recht. Die DS-GVO ist ab diesem Zeitpunkt unmittelbar anwendbar und verdrängt die bis- her geltenden datenschutzrechtlichen Regelungen. An einigen Stellen der Grundver- ordnung ist der nationale Gesetzgeber ermächtigt, die Regelungen der Verordnung zu konkretisieren und zu ergänzen (sogenannte Öffnungsklauseln). Hiervon hat der Gesetzgeber durch die Schaffung des BDSG-neu Gebrauch gemacht. Rechtsgrund- lage für die Verarbeitung personenbezogener Daten sind daher ab dem 25. Mai 2018 die DS-GVO (mitsamt ihren „Erwägungsgründen“) und das BDSG-neu. Verarbeitet ein Verein (Verband) ganz oder teilweise automatisiert personenbezoge- ne Daten seiner Mitglieder und sonstiger Personen oder erfolgt eine nichtautomati- sierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, ist nach Art. 2 Abs. 1 DS-GVO deren Anwen- dungsbereich eröffnet. Unerheblich ist dabei, ob der Verein ins Vereinsregister eingetragen ist und damit eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, oder ob es sich um einen nicht rechtsfähi- gen Verein handelt. Da die DS-GVO nicht mehr zwischen öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen un- terscheidet, gelten für Vereine grundsätzlich sämtliche Vorschriften der DS-GVO. 1.2 Begriffsbestimmungen Personenbezogene Daten sind nicht nur die zur unmittelbaren Identifizierung einer natürlichen Person erforderlichen Angaben, wie etwa Name, Anschrift und Geburts- datum, sondern darüber hinaus alle Informationen, die sich auf eine in sonstiger Weise identifizierte oder identifizierbare natürliche Personen beziehen (Art. 4 Nr. 1 DS-GVO), wie beispielsweise Familienstand, Zahl der Kinder, Beruf, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Anschrift, Eigentums- oder Besitzverhältnisse, persönliche Interes- sen, Mitgliedschaft in Organisationen, Datum des Vereinsbeitritts, sportliche Leistun- gen, Platzierung bei einem Wettbewerb und dergleichen. Dies gilt für Informationen jedweder Art, also für Schrift, Bild oder Tonaufnahmen. Nicht von der DS-GVO ge- schützt werden Angaben über Verstorbene, wie etwa in einem Nachruf für ein verstorbenes Vereinsmitglied im Vereinsblatt oder die Nennung auf einer Liste der Verstorbenen (Erwägungsgrund 27 DS-GVO). Seite 6 Statt einer Unterteilung in die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten wie bisher wird in der DS-GVO einheitlich der Begriff Verarbeitung verwendet. Der Be- griff ist sehr weit gefasst und umfasst jeden Vorgang oder jede Vorgangsreihe in Zu- sammenhang mit personenbezogenen Daten. Als Verarbeitungsarten nennt die DS- GVO neben dem Erheben, Erfassen, Verwenden, Offenlegen, Verbreiten, Abglei- chen das Löschen sowie das Vernichten (Art. 4 Nr. 1 DS-GVO). Dateisystem ist jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob die Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird (Art. 4 Nr. 6 DS-GVO). Dazu zählen auch Papier-Akten. Verantwortlicher ist die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung o- der andere Stelle, die alleine oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mit- tel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet (Art. 4 Nr. 7 DS- GVO). Dem Verein (Verband) sind seine unselbständigen Untergliederungen wie Ab- teilungen, Ortsvereine oder Ortsgruppen sowie seine Funktionsträger, Auftragneh- mer (s. u. Nr. 3.2), und seine Mitarbeiter, soweit diese im Rahmen der Aufgabenerfül- lung für den Verein tätig werden, zuzurechnen. Die Vereinsmitglieder einerseits so- wie die Dachverbände andererseits, in denen der Verein selbst Mitglied ist, sind da- gegen als außerhalb des Vereins stehende Stellen und damit als Dritte anzusehen. Auftragsverarbeiter ist die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeitet (Art. 4 Nr. 8 DS-GVO). Eine Auftragsverarbeitung spielt beispielsweise bei der Verlagerung der Mitgliederverwaltung in eine Cloud eine wichtige Rolle (s. u. Nr. 3.3), auch bei der EDV-Wartung und der Aktenvernichtung. 1.3 Rechtmäßigkeit der Verarbeitung Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 DS-GVO. Damit eine Verarbeitung rechtmäßig ist, müssen personenbe- zogene Daten mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen zu- lässigen Rechtsgrundlage, die sich aus der DS-GVO, aus dem sonstigen Unions- recht oder dem Recht der Mitgliedsstaaten ergibt, verarbeitet werden (Art. 6 Abs. 1 DS-GVO; Erwägungsgrund 40 DS-GVO). Datenschutzrechtlich ist nicht etwa alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist. Vielmehr bedarf umgekehrt jede Verar- beitung personenbezogener Daten einer Rechtsgrundlage. 1.3.1 Rechtsgrundlagen Als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten kommen insbe- sondere Art. 6 Abs. 1 lit. b) und lit. f) DS-GVO in Betracht (Näheres dazu unter 2.1). Seite 7 Die Mitgliedschaft in einem Verein ist als Vertragsverhältnis zwischen den Mitglie- dern und dem Verein anzusehen, dessen Inhalt im Wesentlichen durch die Vereins- satzung und sie ergänzende Regelungen (z.B. eine Vereinsordnung) vorgegeben wird. Eine Vereinssatzung bestimmt insoweit die Vereinsziele, für welche die Mit- gliederdaten genutzt werden können. Erhebt ein Verein personenbezogene Daten von einer betroffenen Person (z. B. Ver- einsmitglied, Teilnehmer an einem Wettbewerb oder Lehrgang), so sind die Zwecke, für welche die Daten verarbeitet oder genutzt werden sollen, konkret festzulegen (Art. 5 Abs. 1 lit. b) DS-GVO). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Vereinssatzung einer Inhaltskontrolle nach § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unterliegt. Das Vereinsmitglied ist vor unbillig überraschenden Bestimmungen und Belastungen zu schützen, mit denen es beim Vereinsbeitritt nicht rechnen konnte. Regelungen in der Vereinssatzung, die verfassungsrechtlich geschützte Positionen der Mitglieder beeinträchtigen, sind da- her unwirksam. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Verein durch die Sat- zung eine Verarbeitung personenbezogener Daten vorsieht, die weder für die Be- gründung und Durchführung des zwischen Mitglied und Verein durch den Beitritt zu- stande kommenden rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses noch für die Er- reichung des Vereinszwecks erforderlich ist. Auch später darf die Vereinsatzung in Bezug auf die Verarbeitung personenbezoge- ner Daten nicht einfach durch Mehrheitsbeschluss geändert werden. Erfordert der neue Vereinszweck eine weitergehende Verarbeitung personenbezogener Daten, darf die Satzung nur insoweit geändert werden, wie der neue Verarbeitungszweck mit dem ursprünglichen in einem Zusammenhang steht (vgl. Art. 6 Abs. 4 lit. a) DS- GVO, Erwägungsgrund 50). Aus dem Vertragsverhältnis folgt, dass der Verein bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten die Datenschutzgrundrechte seiner Mitglieder angemessen berücksichtigen muss. 1.3.2 Informationspflichten Erfolgt eine Erhebung personenbezogener Daten direkt bei der betroffenen Per- son, so hat der Verein aus Gründen der Transparenz von Datenverarbeitungspro- zessen zum Zeitpunkt der Datenerhebung eine entsprechende datenschutzrechtli- che Unterrichtung vorzunehmen (Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 DS-GVO). Daraus folgt, dass der Verein in jedem Formular, das er zur Erhebung personenbezogener Daten nutzt, auf Folgendes hinweisen muss:  Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie ggf. seines Vertreters  Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten  Zwecke der Verarbeitung (bitte im Einzelnen aufzählen) Seite 8  Rechtsgrundlage der Verarbeitung  berechtigte Interessen i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO  Empfänger oder Kategorien von Empfängern (z.B. Weitergabe personenbezo- gener Daten an eine Versicherung, an den Dachverband, an alle Vereinsmit- glieder, im Internet)  Absicht über Drittlandtransfer (z.B. bei Mitgliederverwaltung in der Cloud), so- wie Hinweis auf (Fehlen von) Garantien zur Datensicherheit  Speicherdauer der personenbezogenen Daten  Belehrung über Betroffenenrechte (Auskunft, Berichtigung, Löschung, Ein- schränkung der Verarbeitung, Widerspruchsrecht gegen Verarbeitung)  Hinweis auf jederzeitiges Widerrufsrecht der Einwilligung  Hinweis auf Beschwerderecht bei einer Aufsichtsbehörde Teilt der Verantwortliche die vorgesehenen Informationen nicht, nicht vollständig oder inhaltlich unrichtig mit, so verletzt er seine Informationspflichten. Das ist gemäß Art. 83 Abs. 5 lit. b) DS-GVO bußgeldbewehrt. Werden personenbezogene Datei auf andere Weise als bei der betroffenen Person erhoben, so richten sich die Informationspflichten nach Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 DS- GVO. Die meisten der Informationspflichten aus Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 DS-GVO haben denselben Inhalt wie Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 DS-GVO. Zusätzlich muss der Verein die betroffene Person über die Kategorie der verarbeiteten personenbezoge- nen Daten und über die Quelle der erhobenen Daten informieren. Der Verein muss diese Informationen innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch inner- halb eines Monats nach der Erhebung erteilen (Art. 14 Abs. 3 lit a) DS-GVO). Ein Verstoß gegen die Informationspflicht kann eine Geldbuße gemäß Art. 83 Abs. 5 lit. b) DS-GVO zur Folge haben. 1.3.3 Schriftliche Regelungen zum Datenschutz: Datenschutzordnung Den Verein trifft die Pflicht, die Grundzüge der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung schriftlich festzulegen. Entsprechende Datenschutzregelungen können entweder in die Vereinssatzung aufgenommen oder in einem gesonderten Regel- werk niedergelegt werden. Für Letzteres gibt es keine feste Bezeichnung; am ge- bräuchlichsten sind noch die Begriffe „Datenschutzordnung“, „Datenschutzricht- linie“ oder „Datenverarbeitungsrichtlinie“. Die Datenschutzordnung kann, wenn die Vereinssatzung nichts anderes bestimmt, vom Vorstand oder von der Mitglieder- versammlung beschlossen werden und muss nicht die Qualität einer Satzung haben. Es ist empfehlenswert, sich beim Aufbau der Datenschutzregelungen am Weg der Daten von der Erhebung über die Speicherung, Nutzung, Verarbeitung (insbesonde- re Übermittlung) bis zu ihrer Sperrung und Löschung zu orientieren. Dabei ist jeweils Seite 9 konkret festzulegen, welche Daten (z.B. Name, Vorname, Adresse, E-Mail- Adresse usw.) welcher Personen (z.B. Vereinsmitglieder, Teilnehmer an Veranstal- tungen oder Lehrgängen, Besucher von Veranstaltungen) für welche Zwecke ver- wendet werden, ggf. auch, ob Vordrucke und Formulare zum Einsatz kommen. Die bloße Wiedergabe des Wortlauts der Bestimmungen der DS-GVO bzw. des BDSG- neu sind in keinem Fall ausreichend. Die DS-GVO bzw. das BDSG-neu machen die Zulässigkeit der Verarbeitung von Daten vielfach von Interessenabwägungen abhän- gig oder stellt sie unter den Vorbehalt der Erforderlichkeit. Im Interesse der Rechtssi- cherheit sollten diese abstrakten Vorgaben soweit irgend möglich konkretisiert und durch auf die Besonderheiten und Bedürfnisse des jeweiligen Vereins angepasste eindeutige Regelungen ersetzt werden. Der Verein sollte insbesondere schriftlich festlegen, welche Daten beim Vereinsein- tritt für die Verfolgung des Vereinsziels und für die Mitgliederbetreuung und -verwaltung notwendigerweise erhoben werden. Auch sollte geregelt werden, wel- che Daten für welche andere Zwecke des Vereins oder zur Wahrnehmung der Inte- ressen Dritter bei den Mitgliedern in Erfahrung gebracht werden. Ferner muss gere- gelt werden, welche Daten von Dritten erhoben werden, wobei hier auch der Erhe- bungszweck festzulegen ist. Auch sollte erkennbar sein, welche Angaben für Leis- tungen des Vereins erforderlich sind, die nicht erbracht werden können, wenn der Betroffene nicht die dafür erforderlichen Auskünfte gibt. Der Verein sollte außerdem regeln, welcher Funktionsträger zu welchen Daten Zu- gang hat und zu welchem Zweck er Daten von Mitgliedern und Dritten verarbeiten und nutzen darf. Ferner sollte geregelt werden, welche Daten zu welchem Zweck im Wege der Auftragsdatenverarbeitung (s. u. Nr. 3.2) verarbeitet werden. Des Weiteren sollte der Verein festlegen, zu welchem Zweck welche Daten von wem an welche Stellen (das können auch Vereinsmitglieder sein) übermittelt werden bzw. welche Daten so gespeichert werden (dürfen), dass Dritte - also Personen, die die nicht zur regelmäßigen Nutzung der Daten befugt sind (s. u. Nr. 4.1) - darauf Zu- griff nehmen können. Der Kreis dieser Zugriffsberechtigten muss genau beschrieben sein. Auch muss geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen welche Daten- übermittlung erfolgen darf, insbesondere welche Interessen des Vereins oder des Empfängers dabei als berechtigt anzusehen sind. Auch sollte festgelegt werden, zu welchem Zweck die Empfänger die erhaltenen Daten nutzen dürfen und ob sie sie weitergeben können. Ferner sollte geregelt sein, welche Daten üblicherweise am „Schwarzen Brett“ oder in den Vereinsnachrichten offenbart und welche in das Internet oder Intranet eingestellt werden. Diese Datenschutzordnung sollte von der Mitgliederversammlung beschlossen wer- den. Wegen einer späteren Änderung s.o. Nr. 1.3.1. Seite 10 1.3.4 Einwilligung Eine Einwilligung in die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist erforderlich, soweit der Verein in weitergehendem Maße personenbezoge- ne Daten verarbeitet, als er aufgrund der unten unter Nr. 2, 4 und 5 dargestellten Regelungen befugt ist. Es empfiehlt sich nicht, Einwilligungen für Datenverarbei- tungsmaßnahmen einzuholen, die bereits aufgrund einer gesetzlichen Erlaubnis möglich sind. Denn dadurch wird beim Betroffenen der Eindruck erweckt, er könne mit der Verweigerung der Einwilligung oder ihrem späterem Widerruf die Datenverar- beitung verhindern. Hat der Verein aber von vornherein die Absicht, im Falle der Verweigerung des Einverständnisses auf die gesetzliche Verarbeitungsbefugnis zu- rückzugreifen, wird der Betroffene getäuscht, wenn man ihn erst nach seiner aus- drücklichen Einwilligung fragt, dann aber doch auf gesetzliche Ermächtigungen zu- rückgreift. Eine Einwilligung ist datenschutzrechtlich nur wirksam, wenn sie auf der freien Ent- scheidung des Betroffenen beruht und dieser zuvor ausreichend und verständlich darüber informiert worden ist, welche Daten aufgrund der Einwilligung für welchen Zweck vom Verein verarbeitet werden sollen. Insbesondere soll darauf aufmerksam gemacht werden, welche verschiedenen Verarbeitungsvorgänge i.S. des Art. 4 lit. a) DS-GVO vorgesehen sind, unter welchen Voraussetzungen die Daten an Dritte wei- tergegeben werden, dass die Erklärung freiwillig ist, wie lange die Daten bei wem gespeichert sein sollen und was die Einwilligung rechtlich für die betroffene Person bedeutet. Soweit es nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich ist, oder wenn die betroffene Person das verlangt, soll sie auch über die Folgen der Verweigerung der Einwilligung belehrt werden (§ 51 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BDSG-neu). Auch soll die betroffene Person vor der Abgabe der Einwilligung darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie diese stets widerrufen kann (§ 51 Abs. 3 Satz 3 BDSG-neu). Eine Dokumentation dieser Informationen ist nicht vorgeschrieben, doch ist der Erklä- rungsempfänger ggf. beweispflichtig, dass bzw. mit welchem Inhalt die Hinweise er- folgt sind. Die Aufnahme in einem Verein darf grundsätzlich nicht von der Einwilli- gung in die Datenverarbeitung für vereinsfremde Zwecke abhängig gemacht werden (Art. 7 Abs. 4 DS-GVO). Im Gegensatz zum BDSG, das für Einwilligungen grundsätzlich die Schriftform und nur ausnahmsweise auch die elektronische Form zulässt, ermöglicht die DS-GVO, dass die Einwilligung schriftlich, elektronisch, mündlich oder sogar konkludent erfolgen kann. Jedoch muss der Verein für den Fall, dass die Verarbeitung auf einer Einwilligung beruht, nachweisen können, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat (Art. 7 Abs. 1 DS-GVO). Aus diesem Seite 11 Grund ist zu anzuraten, Einwilligungen zum Zwecke des Nachweises schriftlich ein- zuholen oder die Abgabe einer Einwilligung anderweitig zu dokumentieren. Erfolgt die Einwilligung der betroffenen Person durch eine schriftliche oder elektroni- sche Erklärung, muss bereits das Ersuchen um Einwilligung in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache so erfolgen, dass es von anderen Sachverhalten klar zu unterscheiden ist (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 DS-GVO; § 51 Abs. 2 BDSG-neu). Nicht zuletzt deswegen muss die Einwilligungspassage selbst, wenn sie Teil eines größeren Textes ist, optisch hervorgehoben werden. Dies kann durch drucktechnische Hervorhebung oder Absetzen vom sonstigen Erklä- rungstext geschehen. Da grundsätzlich für jede Art der Datenverarbeitung i. S. des Art. 6 lit. a) DS-GVO und für jeden Verarbeitungsvorgang eine gesonderte Einwil- ligung eingeholt werden muss (Erwägungsgrund 43 DS-GVO), soll bei Einwilligun- gen zu Datenübermittlungen an verschiedene Empfänger für unterschiedliche Zwe- cke der Vordruck so gestaltet sein, dass ein Beitrittswilliger bei der Abgabe seiner Erklärung durch Ankreuzen differenzieren kann. Datenschutzrechtliche Einwilligungen der Vereinsmitglieder können nicht durch Mehrheitsbeschlüsse der Mitgliederversammlung oder des Vorstands ersetzt wer- den. Eine sogenannte „Widerspruchslösung“, wonach die Einwilligung unterstellt wird, wenn der Betroffene einer Datenverarbeitungsmaßnahme - etwa der Veröffent- lichung seiner Personalien im Internet - nicht ausdrücklich widerspricht, stellt keine wirksame Einwilligung dar. Eine starre Altersgrenze in Bezug auf die Einwilligungsfähigkeit kennt die DS-GVO außerhalb des Art. 8 DS-GVO (diese Vorschrift gilt nur im Zusammenhang mit kindorientierten Telemedien, wie z.B. an Kinder gerichtete Onlineshops und -spiele) nicht. Kinder und Jugendliche können daher in die Verarbeitung ihrer personenbe- zogenen Daten selbst einwilligen, wenn sie in der Lage sind, die Konsequenzen der Verwendung ihrer Daten zu übersehen und sich deshalb auch verbindlich dazu zu äußern. Maßgeblich ist der jeweilige Verwendungszusammenhang der Daten und der Reifegrad bzw. die Lebenserfahrung des Betroffenen. Bei Kindern unter 13 Jah- ren ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie die Konsequenzen der Verwendung ihrer Daten nicht übersehen können. Ist die Einsichtsfähigkeit zu verneinen, ist die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten nur mit Einwilligung seines Sorgebe- rechtigten zulässig. Als Anlage ist das Muster einer Einwilligungserklärung für die Veröffentlichung personenbezogener Mitgliederdaten im Internet beigefügt. Es empfiehlt sich, eine solche Einwilligung von Neumitgliedern bereits bei der Aufnahme in den Verein ein- zuholen. Altmitglieder können über die Vereinsmitteilungen eine allgemeine Informa- Seite 12 tion mit einer derartigen Einwilligungserklärung und dem Hinweis auf das jederzeitige Widerrufsrecht erhalten. Dabei sollte ein Formular Folgendes berücksichtigen: – Das Vereinsmitglied erteilt seine Einwilligung freiwillig und kann sie jederzeit wi- derrufen. Das Mitglied kann den Umfang der zu veröffentlichenden Daten von vornherein beschränken. – Dem Mitglied muss die Tragweite seiner Erklärung bewusst sein. Das ist nur der Fall, wenn es weiß, welche seiner Daten in das Internet eingestellt werden sollen. 2. Erhebung personenbezogener Daten durch den Verein 2.1 Erhebung von Daten der Vereinsmitglieder Ein Verein darf aufgrund des Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO beim Vereinsbeitritt (Auf- nahmeantrag oder Beitrittserklärung) und während der Vereinsmitgliedschaft nur sol- che Daten von Mitgliedern erheben, die für die Begründung und Durchführung des zwischen Mitglied und Verein durch den Beitritt zustande kommenden rechtsge- schäftsähnlichen Schuldverhältnisses erforderlich sind. Damit dürfen alle Daten er- hoben werden, die zur Verfolgung der Vereinsziele und für die Betreuung und Verwaltung der Mitglieder (wie etwa Name, Anschrift, in der Regel auch das Ge- burtsdatum, ferner Bankverbindung, Bankleitzahl und Kontonummer) notwendig sind. Der Abschluss von Versicherungsverträgen zugunsten des Vereins oder seiner Mitglieder ist vom Vereinszweck gedeckt, soweit Risiken bestehen, gegen die sich der Verein nicht zuletzt aus Fürsorgegründen versichern muss, so dass die Daten, die dafür erforderlich sind, erhoben werden dürfen. Grundsätzlich nicht erforderlich ist dagegen die Frage nach der früheren Mitgliedschaft des Beitrittswilligen in einer konkurrierenden Organisation. Die vom Verein erhobenen Daten werden nur dann „gleichzeitig“ Daten eines anderen Vereins, etwa eines Dachverbandes, wenn das Vereinsmitglied auch der anderen Vereinigung ausdrücklich und aufgrund eigener Erklärung beitritt. Es genügt dafür nicht, dass der Verein selbst Mitglied eines ande- ren Vereins oder Dachverbands ist. Dann ist Art. 26 DS-GVO zu beachten. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO kann der Verein Daten bei seinen Mitgliedern für einen anderen Zweck als zur Verfolgung eigener Vereinsziele und zur Mitgliederbe- treuung und -verwaltung erheben, wenn der Verein ein berechtigtes Interesse da- ran hat. Berechtigt in diesem Sinne ist jeder Zweck, dessen Verfolgung nicht im Wi- derspruch zur Rechtsordnung steht und von der Gesellschaft nicht missbilligt wird. Aus dem vertraglichen Vertrauensverhältnis zwischen den Vereinsmitgliedern und dem Verein folgt jedoch, dass der Verein bei der Verarbeitung der personenbezoge- nen Daten seiner Mitglieder stets auf deren Datenschutzgrundrecht besonders Rück- Seite 13 sicht zu nehmen hat. Die Mitgliederdaten dürfen deswegen nur ausnahmsweise für einen anderen Zweck als zur Betreuung und Verwaltung der Mitglieder und zur Errei- chung des Vereinszwecks verwendet werden. Soll die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten aufgrund des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO erfolgen, ist dies nur zulässig, sofern nicht die Inte- ressen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (Daten- schutzgrundrechte) überwiegen. Neu ist, dass die DS-GVO davon ausgeht, dass ein solches Überwiegen insbesondere dann vorliegt, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein „Kind“ handelt. Bei Kindern unter 16 Jahren überwiegen hierbei re- gelmäßig die schutzwürdigen Interessen des betroffenen Kindes, im Alter zwischen 16 und 18 Jahren kann hingegen eine Abwägung mit anderen Interessen erfolgen. Überwiegende Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten können wirtschaftli- che und berufliche Belange ebenso sein, wie der Wunsch des Betroffenen, dass sei- ne Privat-, Intim- und Vertraulichkeitssphäre gewahrt wird. Neumitglieder sollten beim Eintritt in den Verein danach gefragt werden, ob es derartige schutzwürdige Belange in ihrer Person gibt. Es ist aber durchaus auch möglich, später in einem Rundschrei- ben, im Vereinsblatt oder per E-Mail die Mitglieder aufzufordern, derartige Belange vorzubringen, wenn der Verein eine Datenverarbeitung aufgrund des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO beabsichtigt. Der Verein sollte in einer Datenschutzordnung (s. o. Nr. 1.3.3) regeln, auf welchem Weg die Betroffenen ihre schutzwürdigen Interessen gel- tend machen können. 2.2 Erhebung von Daten Dritter Nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO kann der Verein Daten von anderen Personen als von Vereinsmitgliedern (z.B. von Gästen, Zuschauern, Besuchern, fremden Spielern, Teilnehmern an Lehrgängen und Wettkämpfen) erheben, soweit dies zur Wahrneh- mung berechtigter Interessen des Vereins erforderlich ist und sofern nicht die Inte- ressen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwie- gen. Ein berechtigtes Interesse besteht grundsätzlich nur an den Daten, die für eine eindeutige Identifizierung erforderlich und ausreichend sind, d.h. Name, Vorname, Anschrift und Geburtsdatum, nicht jedoch Personalausweis- oder Passnummer. So kann es zulässig sein, beim Verkauf von Eintrittskarten etwa für ein Fußballspiel Identifizierungsdaten von dem Verein nicht bekannten Zuschauern zu erheben, um abzuklären, ob gegen sie ein Stadionverbot ausgesprochen worden ist oder ob sie als gewaltbereit anzusehen sind. Von den Meldebehörden darf der Verein keine Gruppenauskünfte nach § 32 Abs. 3 Satz 1 des Meldegesetzes Baden-Württemberg einfordern. Dies ist selbst dann nicht zulässig, wenn der Verein karitative Ziele ver- folgt. Vereine sind datenschutzrechtlich grundsätzlich ohne Einwilligung nicht be- Seite 14 rechtigt, bei Dritten Erkundigungen (etwa als Zuchtverband bei den Käufern von Tieren einer bestimmten Hunderasse) - oder Kontrollen (etwa als Tierschutzverein) vorzunehmen, selbst wenn sich die Vereinigung solches zum satzungsmäßigen Ziel gesetzt hat. 2.3 Erhebung von Personaldaten der Beschäftigten des Vereins Die Verarbeitung personenbezogener Daten von Beschäftigten für Zwecke des Be- schäftigungsverhältnisses ist in Art. 88 DS-GVO und § 26 BDSG-neu gesondert ge- regelt. Als Beschäftigte sind die in § 26 Abs. 8 BDSG-neu aufgeführten Personen anzusehen. Soweit ein Verein daher Personen in einem abhängigen hauptamtlichen Verhältnis beschäftigt (z.B. Mitarbeiter der Vereinsgeschäftsstelle, Trainer) ist § 26 BDSG-neu anwendbar. Danach dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus ei- nem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung erge- benden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist. 2.4 Hinweispflicht bei Datenerhebung Bei der Gestaltung von Erhebungsbögen und (Online-)Formularen, die zur Datener- hebung eingesetzt werden, ist die Hinweispflicht des Art. 13 DS-GVO zu beachten. Erhebt ein Verein personenbezogene Daten vom Betroffenen, muss dieser nach Art. 13 DS-GVO belehrt werden (siehe dazu oben Nr. 1.3.2). Vereinsmitglieder sind deswegen bei der Datenerhebung darauf aufmerksam zu ma- chen, welche Angaben für die Mitgliederverwaltung und welche für die Verfolgung des Vereinszwecks bestimmt sind. Sollen Daten zum Zwecke der Verfolgung des Vereinsziels oder der Mitgliederverwaltung und -betreuung an andere Stellen über- mittelt werden (etwa an einen Dachverband, damit dieser Turniere ausrichten kann, an eine Unfallversicherung oder an die Gemeinde [s. u. Nr. 5.10]), muss auch darauf hingewiesen werden. Insbesondere ist das Mitglied darauf hinzuweisen, welche An- gaben im Vereinsblatt veröffentlicht oder in das Internet eingestellt werden, etwa im Falle der Wahl als Vorstandsmitglied (s. u. Nr. 5.3 und 5.6). Kann dem Vereinsmit- glied ein bestimmter Vorteil, etwa ein Versicherungsschutz, nur gewährt werden, wenn es dazu bestimmte Angaben macht, muss es darauf aufmerksam gemacht werden, welche Nachteile die Verweigerung dieser Informationen mit sich bringt. Weitere Informationen zum diesem Thema finden Sie im Kurzpapier der DSK unter https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp- content/uploads/2017/08/DSK_KPNr_10_Informationspflichten.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2017/08/DSK_KPNr_10_Informationspflichten.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2017/08/DSK_KPNr_10_Informationspflichten.pdf Seite 15 3. Speicherung personenbezogener Daten Der Verein kann Daten mittels herkömmlicher Karteien oder automatisiert speichern (vgl. Art. 2 Abs. 1 DS-GVO). Die Speicherung kann auch durch ein Serviceunter- nehmen im Wege der Auftragsdatenverarbeitung erfolgen. Sofern der Verein eigene Beschäftigte hat, müssen deren Personaldaten getrennt von den sonstigen Daten, insbesondere den Mitgliederdaten, gespeichert werden. 3.1 Sicherheit personenbezogener Daten Nach Art. 32 DS-GVO sind bei der Verarbeitung personenbezogener Daten geeigne- te technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um ein dem Risiko an- gemessenes Schutzniveau zu gewährleisten. Hierbei müssen die Maßnahmen einen Schutz gegen jegliche Arten (datenschutz-) rechtswidriger Verarbeitung von perso- nenbezogenen Daten bieten. In Art. 32 Abs. 1 DS-GVO werden beispielhaft Mindestanforderungen wie Pseudo- nymisierung, Verschlüsselung und Maßnahmen zur Gewährleistung von Vertraulich- keit, Integrität und Verfügbarkeit der Daten sowie technische und organisatorische Maßnahmen zur schnellen Wiederherstellung von Systemen bei technischen Zwi- schenfällen und solche zur regelmäßigen Evaluierung der Wirksamkeit aller tech- nisch-organisatorischen Maßnahmen genannt. Diese Maßnahmen sollte der Verein - unabhängig von gesetzlichen Vorgaben - be- reits aus eigenem Interesse umsetzen. So ist - um z.B. zu verhindern, dass die in einem Computersystem abgelegten Mitgliederdaten von Unbefugten genutzt werden können - an die Einrichtung von passwortgeschützten Nutzer-Accounts und eines Firewall-Systems sowie eine Verschlüsselung der Mitgliederdaten zu denken. Grundsätzlich sind die Maßnahmen auch dann geboten, wenn die Datenverarbeitung von Mitgliedern ehrenamtlich zu Hause mit eigener EDV-Ausstattung erledigt wird. Die technischen und organisatorischen Maßnahmen sind von Art. 32 DS-GVO unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der Eintritts- wahrscheinlichkeit und Schwere des Risikos für die Rechte und Freiheiten der be- troffenen Personen zu treffen. 3.2 Datenverarbeitung im Auftrag Insbesondere kleine Vereine bedienen sich zur Finanzierungs- und Adressverwal- tung mitunter Sparkassen und sonstiger Dienstleister. Diese werden als Auftragsver- arbeiter nach Weisung des Vereins tätig. Eine Datenverarbeitung im Auftrag ist auch dann gegeben, wenn ein Verein seine Mitgliederdaten nicht auf einer eigenen EDV- Anlage speichert, sondern hierfür über das Internet einen Datenbankserver nutzt, Seite 16 den ein Dienstleistungsunternehmen zu diesem Zweck zur Verfügung stellt. Durch die Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Post (Briefversand) oder des Betrei- bers eines Mailservers (beim Versenden von E-Mails) kommt keine Datenverarbei- tung im Auftrag zustande. Nach der DS-GVO ist für die Auftragsverarbeitung kennzeichnend, dass der Auf- tragsverarbeiter über die bloße Beauftragung hinaus gegenüber dem Verantwortli- chen weisungsabhängig ist, selbst wenn der Auftragsverarbeiter über ein umfas- senderes Know-how als sein Auftraggeber verfügt und einen gewissen Spielraum für selbständige Entscheidungen hat, und der Auftragsverarbeiter vom Verantwortlichen überwacht wird, selbst wenn der Verantwortliche dazu eine andere Stelle einschal- tet. Gegenüber den bisher geltenden Regelungen des § 11 BDSG schreibt die DSGVO teils erheblich weitergehende Pflichten und Verantwortlichkeiten für den Auftragsverarbeiter fest. Er tritt insoweit nicht mehr hinter seinen Auftraggeber zu- rück, sondern ist selbst Adressat eigenständiger, also nicht mehr nur vom Verant- wortlichen abgeleiteter Pflichten, bei deren Nichtbeachtung er unmittelbar vom Be- troffenen bzw. von den Behörden in Anspruch genommen werden kann. Im Fall der Datenverarbeitung im Auftrag ist zu beachten, dass der Verein nur Auf- tragsverarbeiter einsetzen darf, die eine hinreichende Garantie für eine datenschutz- konforme Datenverarbeitung gewährleistet ist (vgl. Art 28 Abs. 1 DS-GVO). Der Nachweis für diese Qualifikation kann über entsprechende Zertifizierungen gemäß Art. 42 DS-GVO und anerkannte Verhaltenskodizes nach Art. 40 DS-GVO geführt werden (Art. 28 Abs. 5 DS-GVO). Die Auftragsverarbeitung darf nur auf der Grundlage eines bindenden Vertrages erfolgen. Art. 28 Abs. 3 und Abs. 6 DS-GVO sieht vor, dass auch „ein anderes Rechtsinstrument“ als ein eigens ausgehandelter Vertrag nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedsstaaten Basis der Auftragsdatenverarbeitung sein kann. Die Auftraggeber bzw. Auftragnehmer haben somit künftig die Auswahl zwischen individuellen Verträgen, Standardverträgen, die die EU-Kommission bereitstellt, Standardverträgen, die die Aufsichtsbehörde bereitstellt, und zertifizierten Vertrags- mustern. Sowohl der Vertrag als auch die alternativen Rechtsinstrumente müssen den in Art. 28 Abs. 3 DS-GVO festgelegten Anforderungen genügen. Im Einzelnen muss festgelegt sein:  Gegenstand und Dauer der Auftragsdatenvereinbarung  Umfang, Art und Zweck der Datenerhebung  Art der zu verarbeitenden personenbezogenen Daten  Kategorie der von der Datenverarbeitung betroffenen Personen  Pflichten und Rechte des Verantwortlichen  Umfang der Weisungen, die zu dokumentieren sind Seite 17  Verpflichtung des vom Auftragsverarbeiter eingesetzten Personals auf das Da- tengeheimnis  technische und organisatorische Maßnahmen  zulässige Unterauftragsverhältnisse  Unterstützung des Verantwortlichen durch den Auftragsverarbeiter bei der Er- füllung der in Kapitel III der DS-GVO vorgeschriebenen Rechte der betroffe- nen Personen  Unterstützung des Verantwortlichen durch den Auftragsverarbeiter bei den in Art. 32 ff. DS-GVO festgeschriebenen Verpflichtungen, insbesondere bei der Meldepflicht von Datenschutzverstößen  Abwicklung nach Beendigung der Auftragsverarbeitung  Kontrollrechte des Auftraggebers Gemäß Art. 28 Abs. 9 DS-GVO muss der Vertrag entweder schriftlich oder in ei- nem elektronischen Format, also nicht mehr – wie bisher – mit qualifizierter elekt- ronischer Signatur, abgefasst sein. Hierfür genügt jedoch nicht jede bestätigende E- Mail, vielmehr sind nur solche elektronische Formate akzeptabel, die beiden Parteien zu ihrer Information zugänglich sind, und wenn damit dokumentiert ist, welcher Ver- tragsinhalt bestätigt wurde. Die Erklärung soll deswegen der „Textform“ i. S. des § 126b BGB entsprechen. Im Ergebnis muss der Vertragspartner in der Lage sein, das akzeptierte Dokument „bei sich“ zu speichern und auszudrucken. Nach bisheriger Rechtslage war der Auftragnehmer nicht als Dritter, sondern als Teil der verantwortlichen Stelle anzusehen mit der Folge, dass keine Datenübermittlung vorlag und somit und auch keine Einwilligung der Mitglieder in die Auftragsdatenver- arbeitung erforderlich war. Eine solche Privilegierung kennt die DS-GVO jedoch nicht. Die Weitergabe von personenbezogenen Daten an den Auftragsverarbeiter stellt daher eine Übermittlung dar. Rechtsgrundlage für diese Verarbeitung ist Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO. Denn ein berechtigtes Interesse i. S. des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS- GVO ist dann zu bejahen, wenn sich der Verantwortliche für diese Organisation sei- ner Datenverarbeitung entschieden hat. Der Verantwortliche ist grundsätzlich für jedwede Verarbeitung personenbezogener Daten, die er selbst vornimmt oder von ihm durch einen Auftragsverarbeiter veran- lasst wird, verantwortlich (Art. 24, Art. 4 Nrn. 2, 7 und 8 DS-GVO). Der Verantwortliche hat die Gewährleistung der in Kapitel III der DS-GVO aufge- führten Betroffenenrechte (Informationspflichten, Auskunftsansprüche, Recht auf Lö- schung und Berichtigung, Recht auf Einschränkung der Verarbeitung, Recht auf Da- tenübertragbarkeit, Widerspruchsrecht) sicherzustellen. Dabei er den betroffenen Personen nach Art. 13 Abs. 1 lit. e) und f), Abs. 3, Art. 14 Abs. 1 lit. e) und f), Abs. 4, Art. 15 Abs. 1 lit. c) DS-GVO auch mitteilen, dass Auftragsverarbeiter als Empfänger Seite 18 ihrer Daten in Betracht kommen und ob die Daten in Drittländern bzw. zu einem an- deren Zweck als zum Zeitpunkt ihrer Erhebung von diesen verarbeitet werden (s.o. Nr. 1.3.1) Auch muss der Verantwortliche nach Art. 19 DS-GVO den Auftragsverar- beiter als Empfänger von Daten unterrichten, wenn diese berichtigt oder gelöscht wurden bzw. wenn deren Verarbeitung nach Art. 18 DS-GVO einzuschränken ist. Der Verantwortliche hat den Auftragsverarbeiter grundsätzlich fortwährend zu kon- trollieren, ob dieser die Einhaltung der Datenschutzvorschriften gewährleisten kann. Nach Art. 29 DS-GVO ist der Verantwortliche berechtigt und verpflichtet, dem Auf- tragsverarbeiter Weisungen zu erteilen, soweit diese zur Durchsetzung des AV- Vertrags oder der gesetzlichen Pflichten des Verantwortlichen bzw. des Auftragsver- arbeiters erforderlich sind. Weitere Informationen zum diesem Thema finden Sie in Kurzpapier Nr. 13 der Da- tenschutzkonferenz „Auftragsverarbeitung“ abrufbar unter https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp- content/uploads/2018/02/DSK_KpNr_13_Auftragsverarbeitung.pdf 3.3 Cloud-Mitgliederverwaltungsdienste Auch bei der Verlagerung personenbezogener Daten von Vereinsmitgliedern in eine Cloud liegt eine Auftragsdatenverarbeitung vor. Auftragsverarbeiter können nach den Vorschriften der Auftragsverarbeitung grundsätzlich sowohl im EU-Raum wie auch in Drittländern tätig werden. Der räumliche Anwendungsbereich der DS-GVO umfasst nach deren Art. 3 Abs. 1 alle Datenverarbeitungsvorgänge, die in der EU erfolgen, und die von einem Verant- wortlichen oder einem Auftragsverarbeiter mit Hauptsitz oder einer Niederlassung in der EU veranlasst werden, unabhängig davon, wo die Datenverarbeitung konkret erfolgt. Die Regelungen der DS-GVO finden ferner unter bestimmten Voraussetzun- gen Anwendung, wenn zwar der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter nicht in der EU ansässig ist, aber die betroffene Person sich in der EU befindet (Art. 3 Abs. 2 DS-GVO). Die Weitergabe von personenbezogenen Daten an Auftragsverarbeiter in ein Land außerhalb der EU ist im Gegensatz zum BDSG nach der DS-GVO grundsätzlich zu- lässig. Zu beachten sind dabei insbesondere die zusätzlichen Anforderungen an die Sicherstellung des Datenschutzniveaus beim Auftragsverarbeiter nach Kapitel V der DS-GVO. So muss gemäß Art. 28 Abs. 1, Art. 44 DS-GVO den Anforderungen der Art. 45 ff. DS-GVO auch im Ausland Rechnung getragen werden. Dies gilt auch bei einer Weiterübermittlung der personenbezogenen Daten durch die empfangende Stelle im Drittland (Art. 44 S. 1 DS-GVO). https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2018/02/DSK_KpNr_13_Auftragsverarbeitung.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2018/02/DSK_KpNr_13_Auftragsverarbeitung.pdf Seite 19 4. Nutzung von personenbezogenen Daten 4.1 Nutzung von Mitgliederdaten Innerhalb eines Vereins sind die Aufgaben in der Regel abgegrenzt und bestimmten Funktionsträgern zugewiesen. Wer für was zuständig ist, wird durch die Satzung o- der die Geschäftsordnung bestimmt. Für den Umgang mit Mitgliederdaten gilt, dass jeder Funktionsträger nur die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Mitglie- derdaten kennen, verarbeiten oder nutzen darf. So darf etwa der Vorstand auf alle Mitgliederdaten zugreifen, wenn er diese zur Aufgabenerledigung benötigt. Auch müssen der Vereinsgeschäftsstelle alle Mitgliederdaten regelmäßig für die Mitglie- derverwaltung und -betreuung zur Verfügung stehen, während es in der Regel für den Kassierer genügt, wenn er die für den Einzug der Mitgliedsbeiträge relevanten Angaben (Name, Anschrift und Bankverbindung) kennt. Dabei dürfen die Daten grundsätzlich nur zur Verfolgung des Vereinszwecks bzw. zur Betreuung und Verwal- tung von Mitgliedern genutzt werden (Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO). Nur ausnahms- weise ist es möglich, diese Daten für sonstige berechtige Interessen des Vereins o- der Dritter zu nutzen, vorausgesetzt, dem stehen keine schutzwürdigen Interessen der Vereinsmitglieder entgegen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO). 4.2 Nutzung von Daten Dritter Daten Dritter, etwa von Lieferanten, Besuchern oder Aushilfsspielern anderer Verei- ne, dürfen gespeichert und genutzt werden, wenn dies für die Begründung oder Durchführung eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses (Vertrag) mit diesen Personen erforderlich ist (Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO) oder der Verein ein berechtig- tes Interesse daran hat und nicht erkennbar ist, dass dem schutzwürdigen Interessen der Betroffenen entgegenstehen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO, s. o. Nr. 2.1). Diese Daten dürfen grundsätzlich nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie der Verein erhoben oder erhalten hat. Lediglich dann, wenn eine Weiterverarbeitung der Daten mit dem Zweck der ursprünglichen Datenerhebung als vereinbar anzusehen ist, ist eine Zweckänderung zulässig (Art. 6 Abs. 4 DS-GVO). Denn ein Vertrags- partner darf sich in der Regel darauf verlassen, dass der Verein seine Daten nur im Rahmen des Vertragsverhältnisses nutzt. 4.3 Nutzung der Daten des Vereins für Spendenaufrufe und Werbung Vereine haben regelmäßig ein erhebliches Interesse an der Mitglieder- und Spen- denwerbung, um einen ausreichenden Mitgliederbestand und genügend finanzielle Mittel sicherzustellen. Die Daten seiner Vereinsmitglieder darf der Verein nur für Spendenaufrufe und für Werbung zur Erreichung der eigenen Ziele des Vereins nutzen (Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO). Die Nutzung von Mitgliederdaten für die Wer- Seite 20 bung Dritter ist ohne Einwilligung der Mitglieder (s. o. Nr. 1.3.4) grundsätzlich nicht zulässig. Daten Dritter, die dem Verein bekannt sind, etwa von Personen, die regelmäßig Ein- trittskarten für Spiele beziehen, darf der Verein für Werbezwecke nutzen, wenn diese entweder darin eingewilligt haben (s.o. Nr. 1.3.4) oder der Verein berechtigte Interes- sen an der Nutzung zu Werbezwecken hat und keine Interessen oder Grundrechte des Dritten überwiegen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO). Einzubeziehen in diese Inte- ressenabwägung sind die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen (Erwägungsgrund 47 DS-GVO). Die vernünftigen Erwartungen werden bei werblichen Ansprachen maßgebend durch die Informationen nach Art. 13, 14 DS-GVO zu den Zwecken der Datenverarbeitung bestimmt (s.o. Nr. 1.3.2). Informiert der Verein daher transparent und umfassend über eine vorgesehene Nutzung der Daten, geht die Erwartung der betroffenen Per- son in aller Regel auch dahin, dass ihre Daten entsprechend genutzt werden. Zu be- achten ist jedoch, dass die von der Werbung betroffene Person ein jederzeitiges Widerspruchsrecht hat (Art. 21 Abs. 2 DS-GVO), auf das der Verein ausdrücklich hinzuweisen hat (Art. 21 Abs. 4 DS-GVO). Ein solcher Widerspruch hat zur Folge, dass die personenbezogenen Daten für Werbezwecke nicht mehr verwendet werden dürfen (Art. 21 Abs. 3 DS-GVO). Widerspricht der Adressat der Nutzung seiner Da- ten für Werbezwecke gegenüber dem Verein, ist dies zu respektieren. Telefonische Werbung bei Dritten ist ohne ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen nicht zuläs- sig, ebenso wenig in der Regel E-Mail-Werbung. Der Verein kann auch eine Firma beauftragen, mit Hilfe der Daten, die ihr der Verein im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung zugänglich macht, solche Werbemaß- nahmen durchzuführen (s. o. Nr. 3.2). Dabei ist die eingeschaltete Firma zu verpflich- ten, sowohl die vom Verein überlassenen, als auch die bei der Werbeaktion erhobe- nen Daten nicht für eigene Zwecke - insbesondere für Werbeaktionen für Dritte - zu nutzen und sämtliche Daten nach Abschluss der Aktion vollständig an den Verein abzuliefern. 5. Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Verein, insbesondere Übermittlung an Dritte Zur Datenübermittlung gehört jede Art von Veröffentlichung personenbezogener An- gaben, z.B. in einer Tageszeitung oder im Internet. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO können die Daten von Mitgliedern weitergegeben werden, wenn dies zur Erreichung des Vereinszwecks, insbesondere zur Verwaltung und Betreuung der Mitglieder er- forderlich ist. Darüber hinaus darf der Verein die Daten seiner Mitglieder und anderer Personen auch zu einem anderen Zweck als zu dem, zu dem sie erhoben worden Seite 21 sind, übermitteln, wenn der Verein oder der Empfänger daran ein berechtigtes Inte- resse hat und sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO, s.o. Nr. 2.1). 5.1 Datenübermittlung an Vereinsmitglieder Bei den Vereinsmitgliedern handelt es sich im Verhältnis zum Verein um Dritte. Ver- einsmitglieder dürfen also nicht einfach auf die Daten der anderen Mitglieder Zugriff nehmen, sei es, dass an sie Mitgliederlisten ausgegeben werden, sei es, dass die Personalien aller Mitglieder im Vereinsheim oder an einer anderen Stelle ausgehängt oder so in das Internet eingestellt werden, dass die anderen Mitglieder die Daten un- ter Verwendung eines Passworts abrufen können. Vielmehr müssen die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Übermittlung vorliegen. Besteht der Vereinszweck darin, die persönlichen oder geschäftlichen Kontakte zu pflegen, ist die Herausgabe einer Mitgliederliste zur Erreichung des Vereinsziels nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO zulässig. Dieser Vereinszweck muss sich aus der Satzung ergeben. Dies kann insbesondere bei Selbsthilfe- und Ehemaligenvereinen der Fall sein. Welche Angaben dabei in die Mitgliederliste aufgenommen werden dür- fen, hängt vom jeweiligen Vereinszweck ab, wobei die Interessen und die schutzwür- digen Belange der Mitglieder angemessen zu berücksichtigen sind (s. o. Nr. 2.1). Der Verein muss dabei sicherstellen, dass die Mitglieder, die ihre schutzwürdigen Inte- ressen durch die Herausgabe der Mitgliederliste beeinträchtigt sehen, die Möglichkeit haben, der Aufnahme ihrer Daten in diese zu widersprechen. Die Daten in der Mit- gliederliste sollten sich möglichst auf die zur Kontaktaufnahme notwendigen Anga- ben beschränken. Bei der Herausgabe der Mitgliederliste ist darauf hinzuweisen, dass diese nur für Vereinszwecke verwendet werden darf und eine Verwendung für andere Zwecke (insbesondere für kommerzielle Zwecke) sowie die Überlassung der Liste an außenstehende Dritte nicht zulässig ist. Ein solcher Hinweis soll verhindern, dass beispielsweise Vereinsmitglieder oder außenstehende Dritte die Liste für ihre beruflichen oder politischen Zwecke nutzen. Dient die Datenübermittlung an andere Vereinsmitglieder nicht der Förderung des Vereinszwecks, können personenbezogene Daten der Vereinsmitglieder durch den Verein an andere Vereinsmitglieder nur übermittelt werden, wenn der Verein oder der Empfänger ein berechtigtes Interesse daran hat. Dabei hat die Übermittlung zu un- terbleiben, wenn erkennbar ist, dass Interessen oder Grundrechte und Grundfrei- heiten der betroffenen Person überwiegen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO; s.o. Nr. 2.1). Es darf nicht verkannt werden, dass Vereinsmitglieder sich grundsätzlich darauf verlassen dürfen, dass der Verein ihre Daten ausschließlich für die Förderung der Vereinszwecke und zu Verwaltung und Betreuung der Mitglieder nutzt. Seite 22 5.2 Bekanntgabe zur Wahrnehmung satzungsmäßiger Mitgliederrechte Regelungen in Vereinssatzungen sehen vielfach vor, dass beispielsweise Anträge auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung oder auf Ergänzung der Tagesordnung der Mitgliederversammlung davon abhängig gemacht werden, dass eine bestimmte Mindestzahl von Mitgliedern die Einberufung bzw. Ergänzung verlangt. Wenn der Verein nicht generell eine Mitgliederliste oder ein Mitgliederver- zeichnis herausgibt (vgl. dazu Nr. 5.1), kann es erforderlich sein, dass er Mitgliedern beispielsweise durch Einsicht in diese Unterlagen oder durch Überlassung einer Adressliste ermöglicht, eine ausreichende Anzahl anderer Mitglieder für die Unter- stützung eines solchen Antrags zu erreichen. Die Bekanntgabe von Mitgliederdaten für diesen Zweck ist wegen der Pflicht des Vereins, die Ausübung satzungsmäßiger Rechte zu ermöglichen, regelmäßig im Vereinsinteresse erforderlich, ohne dass Interessen oder Grundrechte und Grund- freiheiten der betroffenen Person überwiegen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO). Um Missbräuchen entgegenzuwirken, empfiehlt es sich, von den Mitgliedern, denen die Adressen bekannt gegeben werden, eine Zusicherung zu verlangen, dass die Adres- sen nicht für andere Zwecke verwendet werden. Bei Vereinen, bei denen ein Interes- se der Mitglieder besteht, dass ihre Daten vertraulich behandelt werden oder bei de- nen die Zugehörigkeit zum Verein ein besonders sensitives Datum darstellt (z.B. Par- teien, Gewerkschaften, Selbsthilfegruppen), können jedoch Interessen oder Grund- rechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person dem Interesse einer Bekannt- gabe ihres Namens und ihrer Anschrift überwiegen. In solchen Fällen sollte der Ver- ein eine Regelung in der Satzung treffen oder die Mitglieder ausreichend informieren, ohne ihre Daten bekannt zu geben. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass in ei- ner Vereinspublikation auf den beabsichtigten Antrag, die Gründe und den Antrag- steller hingewiesen und auf diese Weise interessierten Mitgliedern die Möglichkeit der Kontaktaufnahme zur Unterstützung eröffnet wird. 5.3 Mitteilungen in Aushängen und Vereinspublikationen In vielen Vereinen ist es üblich, personenbezogene Informationen an einem „Schwarzen Brett“ oder in Vereinsblättern bekannt zu geben. Obwohl sich das „Schwarze Brett“ meist auf dem Vereinsgelände befindet und das „Vereinsnachrichtenblatt“ in erster Linie für Vereinsmitglieder bestimmt ist, handelt es sich hier um die Übermittlung dieser Angaben an einen nicht überschaubaren Kreis von Adressaten, die davon Kenntnis nehmen können, weil nie ausgeschlossen wer- den kann, dass auch Fremde die Anschlagtafeln auf dem Vereinsgelände oder das Mitteilungsblatt lesen. Personenbezogene Daten dürfen dabei nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) und lit. f) DS-GVO nur offenbart werden, wenn es für die Erreichung des Ver- Seite 23 einszwecks unbedingt erforderlich ist - was etwa bei Mannschaftsaufstellungen oder Spielergebnissen angenommen werden kann - oder wenn der Verein oder die Per- sonen, die davon Kenntnis nehmen können, ein berechtigtes Interesse an der Veröf- fentlichung haben und Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der be- troffenen Person nicht überwiegen. Letzteres ist stets bei Mitteilungen mit ehrenrüh- rigem Inhalt der Fall, etwa bei Hausverboten, Vereinsstrafen und Spielersperren. Insbesondere die Veröffentlichung von Sportgerichtsurteilen in vollem Wortlaut würde die Betroffenen unnötig an den Pranger stellen und damit deren schutzwürdige Be- lange beeinträchtigen. In diesen Fällen genügt es nämlich, wenn der Betroffene und die Funktionsträger des Vereins oder die von ihm Beauftragten (z.B. Schiedsrichter) davon wissen. Doch müssen letztere dabei nicht über die Höhe der verhängten Geldbuße, die Art des Verstoßes, über die Verfahrenskosten sowie über die Urteils- begründung im Einzelnen unterrichtet werden. Soll das Urteil zur Warnung anderer Sportler oder sonstiger Mitglieder eines Vereins veröffentlicht werden, genügt hierfür eine Veröffentlichung in anonymisierter Form. Persönliche Nachrichten mit einem Bezug zum Verein wie Eintritte, Austritte, Spen- den, Geburtstage und Jubiläen können veröffentlicht werden, wenn dem Verein keine schutzwürdigen Belange des Betroffenen bekannt sind, die dem entgegenstehen. Es empfiehlt sich, beim Eintritt in den Verein darauf aufmerksam zu machen, welche Ereignisse üblicherweise am „Schwarzen Brett“ oder im Vereinsblatt veröffentlicht werden und darum zu bitten, mitzuteilen, wenn dies nicht gewünscht wird. Informati- onen aus dem persönlichen Lebensbereich eines Vereinsmitglieds (z.B. Eheschlie- ßungen, Geburt von Kindern, Abschluss von Schul- und Berufsausbildungen) dürfen nur veröffentlicht werden, wenn das Mitglieder ausdrücklich sein Einverständnis er- klärt hat (s. o. Nr. 1.3.4). Vergleichbares gilt für die Bekanntgabe der Höhe der Spende eines Vereinsmitgliedes. Spender und Sponsoren außerhalb des Vereins dürfen nur mit ihrem Einverständnis öffentlich bekannt gegeben werden, da ihr Inte- resse an vertraulicher Behandlung grundsätzlich überwiegt. Die „dienstlichen“ Erreichbarkeitsdaten von Funktionsträgern des Vereins, insbe- sondere der Vorstände, können in der Regel in der genannten Form bekannt gege- ben werden. Dagegen dürfen Mitgliederlisten für gewöhnlich nur am „Schwarzen Brett“ ausgehängt oder im Vereinsblatt veröffentlicht werden, wenn die Betroffenen insoweit eingewilligt haben (s. o. Nr. 1.3.4). 5.4 Datenübermittlung an Dachverbände und andere Vereine Dachverbände, bei denen ein Verein Mitglied ist, sind im Verhältnis zu seinen Mit- gliedern datenschutzrechtlich Dritte. Personenbezogene Daten der eigenen Mitglie- der dürfen an andere Vereine im Rahmen der Erforderlichkeit nur übermittelt werden, Seite 24 soweit diese dort benötigt werden, um die Vereinsziele des übermittelnden Vereins oder um die Ziele des anderen Vereins zu verwirklichen, etwa bei der überregionalen Organisation eines Turniers, und sofern keine Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen (Art. 6 Abs. 1 lit. b) und lit f) DS-GVO; s. o. Nr. 2.1). Ist ein Verein verpflichtet, die Daten seiner Mitglieder regelmäßig einer Dachorgani- sation - beispielsweise einem Bundes- oder Landesverband - zu übermitteln (etwa in Form von Mitgliederlisten), sollte dies in der Vereinssatzung geregelt werden. Dadurch wird klargestellt, dass die Übermittlung im Vereinsinteresse erforderlich ist und keine Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Vereinsmitglieder überwiegen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO). Fehlt eine Satzungsregelung, sollten die Mitglieder (Neumitglieder möglichst bereits im Aufnahmeverfahren) über die Über- mittlung ihrer Daten an die Dachorganisation und den Übermittlungszweck informiert und ihnen Gelegenheit zu Einwendungen gegeben werden. Der Verein ist darüber hinaus verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die von ihm weitergegebenen Mit- gliederdaten vom Dritten nicht zweckentfremdet genutzt werden (etwa durch Ver- kauf der Mitgliederadressen für Werbezwecke) oder dies allenfalls mit Einverständnis des Vereins und Einwilligung der betroffenen Mitglieder geschieht. Sollen Mitgliederlisten oder im Einzelfall sonstige Mitgliederdaten auf freiwilliger Basis ohne vertragliche oder sonstige Verpflichtung an Dachverbände oder andere Vereine weitergegeben werden, ist dies nur unter den oben genannten Vorausset- zungen zulässig. Soweit die Weitergabe im berechtigten Interesse des Vereins oder des Empfängers erfolgen soll, empfiehlt es sich in Zweifelsfällen, die Mitglieder vor der beabsichtigten Datenübermittlung zu informieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, Einwendungen gegen die Weitergabe ihrer Daten geltend zu machen. Bietet der Dachverband eine Versicherung für die Mitglieder eines Vereins an, die in erster Linie dem Verein dient, um sich gegen Haftungsansprüche seiner Mitglieder zu schützen, wenn diese beim Sport oder bei vergleichbar gefahrgeneigten Tätigkeiten verunglücken, hat der Verein ein berechtigtes Interesse, die für die Begründung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Daten seiner Mitglieder dem Dachverband zuzuleiten, es sei denn, das Mitglied hat ein überwiegendes schutzwürdiges Interes- se, dass dies unterbleibt, wenn es etwa selbst bereits gegen dieses Risiko versichert ist. Will aber der Dachverband nur erreichen, dass sich die Vereinsmitglieder in eige- nem Interesse bei ihm oder bei einer von ihm vermittelten Versicherung versichern können, darf der Verein deren Daten nur mit ihrer Einwilligung (s. o. Nr. 1.3.4) an den Dachverband übermitteln. Andererseits ist es zulässig, dass ein Verein, der eine bestimmte Anzahl Delegierter zur Delegiertenversammlung des Dachverbandes entsenden darf, dem Dachverband Seite 25 eine Namensliste seiner Mitglieder übermittelt, damit dieser feststellen kann, ob die entsandten Delegierten auch Mitglieder eines Vereins sind, der Delegierte entsenden darf. Es muss stets durch entsprechende Vereinbarungen mit dem Dachverband si- chergestellt sein, dass die ihm zugänglich gemachten Daten dort für keinen anderen Zweck genutzt werden, also nicht etwa für Werbemaßnahmen des Dachverbandes oder gar Dritter. 5.5 Datenübermittlung an Sponsoren und Firmen zu Werbezwecken (insbesondere Versicherungen) Nicht selten verlangen Sponsoren als Gegenleistung für ihre Unterstützung die Be- kanntgabe von Mitgliederdaten, die dann zu Werbezwecken eingesetzt werden. Aber auch für manche Wirtschaftsunternehmen sind die Daten von Vereinsmitgliedern für Werbezwecke interessant. Die Bekanntgabe von Mitgliederdaten für Werbezwe- cke ist aber in der Regel vom Vereinszweck nicht gedeckt. Sofern also die Bekannt- gabe von Mitgliederdaten an Sponsoren und Wirtschaftsunternehmen für Werbezwe- cke weder in der Satzung noch durch Mitgliederbeschluss festgelegt ist, sollten die Vereine bei der Übermittlung von Mitgliederdaten an Sponsoren und Wirtschaftsun- ternehmen zu Werbezwecken grundsätzlich zurückhaltend verfahren. Bei einer Mit- gliedschaft in einem Verein handelt es sich um ein personenrechtliches Rechtsver- hältnis, aus dem sich für den Verein besondere Rücksichtnahmepflichten in Bezug auf die schutzwürdigen Belange seiner Mitglieder ergeben, die je nach Art des Ver- eins unterschiedlich stark sind. Insbesondere Mitglieder örtlicher Vereine vertrauen regelmäßig darauf, dass der Verein ihre Daten grundsätzlich nicht für vereinsfremde Zwecke verwendet. Bei größeren Vereinen hingegen - wie z.B. einem Automo- bilclub - kann eine andere Situation gegeben sein. Der Verein darf personenbezogene Daten der Mitglieder für Werbezwecke daher nur übermitteln, wenn diese entweder darin eingewilligt haben oder der Verein oder ein Dritter berechtigte Interessen an der Nutzung zu Werbezwecken hat und keine In- teressen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Mitglieder überwiegen. Ent- scheiden sind auch hier die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person. Infor- miert der Verein transparent und umfassend über eine entsprechende werbliche Nut- zung, geht die Erwartung der betroffenen Person in aller Regel auch dahin, dass ihre Daten entsprechend genutzt werden (vgl. insoweit die Ausführungen oben unter Nr. 4.3) Zu beachten ist auch hier, dass das Mitglied ein jederzeitiges Wider- spruchsrecht hat, auf das der Verein ausdrücklich hinweisen muss. Dies kann bei- spielsweise dadurch geschehen, dass in den Aufnahmeantrag oder in die Satzung ein entsprechender Hinweis aufgenommen wird. Es ist darüber hinaus empfehlens- wert, im Rahmen der Jahreshauptversammlung nochmals auf das Widerspruchs- recht hinzuweisen. Erfolgt ein solcher Widerspruch, hat dies zur Folge, dass die per- Seite 26 sonenbezogenen Daten für Werbezwecke nicht mehr verwendet werden dürfen (Art. 21 Abs. 3 DS-GVO). Die Namen der Vereinsmitglieder, die der Übermittlung ihrer Daten für Werbezwecke widersprochen haben, sind in eine separate sogenannte Sperrdatei aufzunehmen. Vor jeder Übermittlung der Mitgliederdaten an Sponsoren und Wirtschaftsunternehmen zu Werbezwecken ist dann ein Abgleich mit der Sperr- datei durchzuführen. Soweit Vereine ihren Mitgliedern gegenüber zur Rücksichtnahme verpflichtet sind, dürfen Mitgliederdaten nur mit Einwilligung der betroffenen Mitglieder an Sponsoren oder Wirtschaftsunternehmen (z.B. Versicherungen, Banken, Zeitschriftenverlage) übermittelt werden. Dies gilt in besonderem Maße, wenn es sich um besonders schutzbedürftige Daten i.S. des Art. 9 DS-GVO handelt (Angaben über die rassi- sche und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheitsdaten etc.). Oft ergibt sich das Geheimhaltungsinteresse der Mitglieder schon aus dem Vereinszweck, so beispielsweise bei einer Suchtkranken-Selbsthilfegruppe oder einer Elterninitiative verhaltensgestörter Kinder. Darüber hinaus kann sich die besondere Sensibilität und damit die erhöhte Schutzwürdigkeit der Daten auch aus der Vereinsmitgliedschaft ergeben, wenn sich daraus Rückschlüsse z.B. auf die rassische oder ethnische Her- kunft oder Gesundheitsdaten ziehen lassen. Bei der Weitergabe der Mitgliederdaten muss jedoch auch der Umstand berücksich- tigt werden, dass der Datenempfänger diese Daten wiederum für Werbezwecke an- derer Unternehmen weitergeben oder nutzen kann. Deshalb sollte die Verwendung der weitergegebenen Daten unbedingt auf den konkreten Werbezweck des Daten- empfängers beschränkt und eine Nutzung oder Übermittlung der Daten für fremde Werbezwecke vertraglich ausgeschlossen werden. Daten von Mitgliedern, bei denen ein entgegenstehendes Interesse erkennbar ist, dürfen auf keinen Fall weitergege- ben werden. In der Praxis ergeben sich bei Vereinen häufig Probleme mit der Weitergabe von Mitgliederdaten an Versicherungsunternehmen oder Versicherungsvertreter im Rah- men von Gruppenversicherungsverträgen. Dabei handelt es sich um Rahmenver- träge zwischen Vereinen und Versicherungsunternehmen, die den Vereinsmitglie- dern unter bestimmten Voraussetzungen den Abschluss von Einzelversicherungsver- trägen zu günstigeren als den üblichen Konditionen ermöglichen. Die Datenschutzaufsichtsbehörden vertreten hierzu inzwischen die Auffassung, dass ein Verein im Rahmen eines Gruppenversicherungsvertrags dem Versicherungsun- ternehmen bzw. dem Versicherungsvertreter die Daten seiner Mitglieder nur übermit- teln darf, wenn das betreffende Mitglied eine ausdrückliche und informierte schriftli- che Einwilligung erteilt hat. Dies gilt für Neu- und für Altmitglieder, die bei Ab- Seite 27 schluss des Gruppenversicherungsvertrags bereits Vereinsmitglieder waren, gleich- ermaßen. Die Einwilligungserklärung sollte zweckmäßigerweise bereits in der Bei- trittserklärung oder im Aufnahmeantrag vorgesehen werden, wobei das Mitglied dar- über aufzuklären ist, welche Daten an welches Unternehmen weitergegeben werden sollen. Einzelne Versicherungen haben für Vereine eine „Stellungnahme zur Zulässigkeit von Datenübermittlungen“ oder ähnlich betiteltes Papier erarbeitet, in dem geringere Anforderungen an den Datenschutz genannt werden. Vereine sollten sich hiervon nicht irritieren lassen und der Rechtsauffassung der Datenschutzaufsichtsbehörden folgen. Dies empfiehlt sich auch im Hinblick auf die künftig im Raum stehenden Buß- gelder. 5.6 Veröffentlichungen im Internet Das Internet bietet für Vereine und Verbände große Chancen zur Selbstdarstellung, birgt aber auch Risiken für die betroffenen Vereinsmitglieder. Die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten im Internet ohne Passwortschutz stellt datenschutz- rechtlich eine Übermittlung dieser Daten an Jedermann dar. Sie ist nicht zuletzt we- gen der weltweiten Verbreitung der Informationen, weil dieses Medium nichts mehr vergisst, wegen der elektronischen Recherchierbarkeit und weil die Möglichkeit der Auswertung von Internetinformationen für Zwecke der Profilbildung und Werbung besteht, grundsätzlich nicht unproblematisch. So besitzt die Information, dass je- mand z.B. eine bestimmte Sportart ausübt, einer bestimmten Altersgruppe zuzurech- nen ist oder ein unfallträchtiges Hobby hat, u.U. auch für andere Stellen Relevanz (Arbeitgeber, Werbeindustrie). Auch können diese Daten in Staaten abgerufen wer- den, die keine der DS-GVO vergleichbare Schutzbestimmungen kennen. Ferner ist die Authentizität der Daten nicht garantiert, da diese einfach verfälscht werden kön- nen. Deswegen ist die Veröffentlichung personenbezogener Daten durch einen Verein im Internet grundsätzlich unzulässig, wenn sich der Betroffene nicht aus- drücklich damit einverstanden erklärt hat (s. o. Nr. 1.3.4). Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. So dürfen die Funktionsträger eines Ver- eins auch ohne ausdrückliche Einwilligung mit ihrer „dienstlichen“ Erreichbarkeit in das Internet auf der Homepage des Vereins eingestellt werden. Die private Adresse des Funktionsträgers darf allerdings nur mit seinem Einverständnis veröffentlicht werden (s. o. Nr. 1.3.4). Informationen über Vereinsmitglieder (z.B. Spielergebnisse und persönliche Leis- tungen, Mannschaftsaufstellungen, Ranglisten, Torschützen usw.) oder Dritte (z.B. Spielergebnisse externer Teilnehmer an einem Wettkampf) können ausnahmsweise auch ohne Einwilligung kurzzeitig ins Internet eingestellt werden, wenn die Betroffe- Seite 28 nen darüber informiert sind und keine schutzwürdigen Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Veröffentlichung im Einzelfall überwiegen. Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO. Die zulässige Dauer der Veröffentlichung hängt von der Bedeutung des Ereignisses, auf das sich die Veröffentlichung bezieht, und dem daraus abzuleitenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit ab. Die von einem Verein oder Verband ausgerichteten Veranstaltungen (z. B. Spiele in der Bezirksklasse) sind öffentlich. Die Namen und die Ergebnisse werden im Rah- men solcher Veranstaltungen üblicherweise öffentlich bekannt gegeben. Die in Rang- listen enthaltenen Daten sind zwar nicht allgemein zugänglich, stammen jedoch aus allgemein zugänglichen Quellen und stellen nur eine Zusammenfassung und Aus- wertung dieser Daten dar. Um den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht in Grenzen zu halten, dürfen bei derarti- gen Veröffentlichungen jedoch allenfalls Nachname, Vorname, Vereinszugehörig- keit und eventuell in begründeten Ausnahmefällen der Geburtsjahrgang aufgeführt werden. Bei einer Veröffentlichung eines Fotos, des vollen Geburtsdatums (Tag, Mo- nat und Jahr), der privaten Anschrift oder der Bankverbindung des Betroffenen über- wiegen dessen Interessen oder Grundrechts oder Grundfreiheiten berechtigte Ver- eins oder Verbandes; sie wäre daher nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Be- troffenen zulässig. Im Übrigen muss - wie oben aufgeführt - sichergestellt sein, dass die Daten nach angemessener Zeit gelöscht werden. 5.7 Veröffentlichungen im Intranet Wenn ein Verein seinen Mitgliedern und Funktionsträgern Informationen über das Internet in passwortgeschützten Bereichen (Intranet) zur Verfügung stellt, können über die Vergabe von Benutzerkennungen und Passwörtern individuelle Zugriffs- berechtigungen eingerichtet werden. Dies hat den Vorteil, dass beliebige Dritte die Daten nicht einsehen können, berechtigte Nutzer jedoch jederzeit über das Internet auf diejenigen personenbezogenen Daten zugreifen können, die sie zur Wahrneh- mung ihrer Rechte und Pflichten als Mitglied oder Funktionsträger des Vereins benö- tigen (s. o. Nr. 4.1 und 5.1) 5.8 Personenbezogene Auskünfte an die Presse und sonstige Massenmedien Veröffentlichungen in Verbandszeitschriften und in sonstigen allgemein zugänglichen Publikationen dürfen genauso wie Pressemitteilungen und -auskünfte nur in perso- nenbezogener Form erfolgen, wenn es sich um ein Ereignis von öffentlichem Inte- resse handelt. Dabei ist darauf zu achten, dass die schutzwürdigen Belange der be- troffenen Vereinsmitglieder gewahrt werden (s. o. Nr. 2.1). Ausschlaggebend ist, ob die Veranstaltung, über die berichtet werden soll, öffentlich ist oder war, was der Be- Seite 29 troffene gegenüber der Presse selbst erklärt hat und was die Presse ihrerseits in Er- fahrung bringen konnte. Personenbezogene Daten können dabei u.U. offenbart wer- den, wenn es um besondere Leistungen eines Mitglieds geht oder wenn der Verein wegen des Ausschlusses eines Mitglieds in der Öffentlichkeit ins Gerede gekommen ist und eine Information im Interesse des Vereins oder der Öffentlichkeit erforderlich erscheint. Stets darf der Verein dabei nur die unbedingt notwendigen persönlichen Angaben offenbaren. Auskünfte zum privaten, nicht vereinsbezogenen Bereich eines Vereinsmitglieds sollten ohne Einwilligung (s. o. Nr. 1.3.4) grundsätzlich nicht erfol- gen. Hier überragt das schutzwürdige Interesse des Betroffenen stets das Informa- tionsinteresse der Allgemeinheit. 5.9 Übermittlung für Zwecke der Wahlwerbung Die Übermittlung von Mitgliederdaten an politische Parteien bzw. Gruppierungen oder an Kandidaten bei Wahlen für Zwecke der Wahlwerbung ist ohne schriftliche Einwilligung der Betroffenen (s. o. Nr. 1.3.4) unzulässig. Mitglieder des Vereins- vorstands, andere Personen, die im Verein eine Funktion haben, oder Vereinsmit- glieder dürfen für Zwecke der eigenen Wahlwerbung nicht auf personenbezogene Daten der Mitglieder des Vereins zurückgreifen. Diese Daten wurden für die Verfol- gung des Vereinszwecks (der Vereinszwecke) erhoben und gespeichert. Eine Nut- zung für jede Art von Wahlwerbung verletzt schutzwürdige Belange der Mitglieder und ist deswegen unzulässig. 5.10 Übermittlung von Mitgliederdaten an die Gemeindeverwaltung Verlangt eine Gemeindeverwaltung, die an einen Verein freiwillige finanzielle Leis- tungen erbringt, deren Höhe von der Mitgliederzahl oder der Anzahl bestimmter Mit- glieder (etwa der Anzahl der Jugendlichen, die in Mannschaften mitspielen) abhängt, zu Kontrollzwecken die Vorlage von Listen mit den Namen der Betroffenen, ist der Verein grundsätzlich berechtigt, diese Daten zu übermitteln, weil es sowohl zur Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen - nämlich um in den Genuss der Ver- einsförderung durch die Gemeinde zu kommen - als auch zur Wahrnehmung berech- tigter Interessen eines Dritten - der Gemeinde - erforderlich ist und Interessen oder Grundrechte der betroffenen Vereinsmitglieder einer Datenübermittlung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO nicht überwiegen. Der Verein kann sich darauf verlassen, dass die Gemeinde diese Daten nur verwendet, um nachzuprüfen, ob die ihr vom Verein übermittelten Zahlen zutreffend sind und die Daten umgehend wieder löscht. Seite 30 5.11 Datenübermittlung an den Arbeitgeber eines Mitglieds und an die Versicherung Krankenversicherungen sind grundsätzlich berechtigt zu erfahren, gegen wen und in welchem Umfang ihnen ein Regressanspruch wegen der Verletzung einer Person, an die sie deswegen Leistungen erbracht haben, durch ein Vereinsmitglied zusteht. Für die gesetzlichen Krankenversicherungen ergibt sich dies aus § 67a des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs, für die privaten Krankenversicherer aus Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO wegen des Versicherungsvertrags zwischen dem Geschädigten und seiner Versicherung. Der Verein darf diese Anfragen grundsätzlich nach Art. 6 Abs. 1 lit f) DS-GVO beantworten. Dabei wird es allerdings genügen, der Versicherung nur den Namen des Schädigers mitzuteilen, damit sie sich an diesen wenden kann. Soll- te dies nicht ausreichen, können auch weitere Angaben, etwa über den Spielverlauf, erfolgen. Um auch hier die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigen zu können (s. o. Nr. 2.1), sollte dieser vor der Übermittlung der Da- ten angehört werden. Vergleichbares gilt, wenn ein Arbeitgeber eines Vereinsmit- glieds beim Verein in Erfahrung bringen will, ob sein Arbeitnehmer an einer Vereins- veranstaltung teilgenommen hat, obwohl dieser krankheitsbedingt nicht zur Arbeit erschienen ist. 6. Recht auf Löschung und Einschränkung personenbezogener Daten Das Recht auf Löschung richtet sich nach Art. 17 Abs. 1 DS-GVO. Danach sind per- sonenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern sie für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind, die betroffene Person ihre Einwilligung widerruft oder Widerspruch gegen die Verar- beitung einlegt, die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden oder wenn die Löschung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist. Bezüglich des Zwecks muss der Verein daher festlegen, welche Arten von Daten bis zu welchem Ereignis (z.B. Austritt aus dem Verein, Tod) oder für welche Dauer ver- arbeitet werden. Mit Erreichen des festgelegten Zeitpunkts muss eine Einschrän- kung der Verarbeitung erfolgen, sofern die betroffene Person sie zur Geltendma- chung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen benötigt und eine Ein- schränkung verlangt (Art. 18 Abs. 1 lit c) DS-GVO; sog. Protokolldatei). Ansonsten sind sie mit Zweckerreichung zu löschen. Die Länge der Einschränkung der Verar- beitung orientiert sich grundsätzlich daran, wie lange mit Rückfragen des Betroffe- nen, mit Gerichtsverfahren oder mit sonstigen Vorgängen zu rechnen ist, die die Kenntnis des Datums noch erforderlich machen. Auch die Länge der Dokumentati- onsfristen sollte für jede Datenart vorgegeben werden. Eingeschränkte Daten dürfen ohne Einwilligung des Betroffenen (s. o. Nr. 1.3.3) nur noch verarbeitet werden, wenn Seite 31 Rechtsansprüche durch den Verantwortlichen geltend gemacht, ausgeübt oder ver- teidigt werden, wenn Rechte einer anderen natürlichen oder juristischen Person ge- schützt werden sollen oder wenn dies aus Gründen eines wichtigen öffentlichen Inte- resses der Union oder des Mitgliedsstaates geschieht (Art. 18 Abs. 2 DS-GVO). Der Verein hat die Möglichkeit, ein Vereinsarchiv zu führen und dort auch Vorgänge mit personenbezogenen Daten, die für eine aktive Nutzung nicht mehr benötigt wer- den, aufzubewahren. Dabei sollte jedoch sichergestellt sein, dass nur ein sehr kleiner zuverlässiger Personenkreis dazu Zugang hat. Die Nutzung des Archivguts in perso- nenbezogener Form ist nur sehr eingeschränkt zulässig. Die Einzelheiten sollten ebenfalls geregelt werden. Wichtig ist auch, dass der Verein Unterlagen, die nicht mehr benötigt werden, so entsorgt, dass Dritte keine Kenntnis von den darin enthal- tenen personenbezogenen Daten erlangen können. Insbesondere dürfen Mitglieder- und Spenderlisten nicht unzerkleinert in Müllcontainer geworfen werden. Beim Ausscheiden oder dem Wechsel von Funktionsträgern ist sicherzustellen, dass sämtliche Mitgliederdaten entweder ordnungsgemäß gelöscht oder an den Nachfolger oder einen anderen Funktionsträger des Vereins übergeben werden und keine Kopien und Dateien mit Mitgliederdaten beim bisherigen Funktionsträger ver- bleiben. Auch hierzu sollte der Verein Regelungen treffen. Die erforderlichen Regelungen zu Speicherfristen sowie zur Sperrung und Löschung von Daten und ggfs. zur Nutzung von Archivgut können entweder in der Vereinssat- zung oder außerhalb der Satzung in einer Datenschutzordnung (s.o. Nr. 1.3.3) bzw. in einer gesonderten Datenlöschkonzeption getroffen werden. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in Kurzpapier Nr. 11 der Daten- schutzkonferenz „Recht auf Löschung / Recht auf Vergessenwerden“, abrufbar unter https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp- content/uploads/2017/08/DSK_KPNr_11_Recht-auf-Vergessenwerden.pdf 7. Organisatorisches 7.1 Benennung eines Datenschutzbeauftragten Der Verein hat einen Datenschutzbeauftragen zu benennen, wenn dessen Kerntä- tigkeit in der Durchführung von Verarbeitungsvorgängen besteht, welche aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs oder ihrer Zwecke eine umfangreiche regelmäßige und sys- tematische Überwachung der betroffenen Person erforderlich macht (z.B. Video- überwachung im Stadion) oder die Kerntätigkeit in der Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten gemäß Art. 9 DS-GVO (z.B. Gesundheitsdaten in Selbsthil- fegruppen) oder von personenbezogenen Daten über strafrechtliche Verurtei- lungen und Straftaten gemäß Art. 10 DS-GVO besteht (Art. 37 Abs. 1 lit. b) und https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2017/08/DSK_KPNr_11_Recht-auf-Vergessenwerden.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2017/08/DSK_KPNr_11_Recht-auf-Vergessenwerden.pdf Seite 32 lit c) DS-GVO). Die Verarbeitung personenbezogener Daten als primärer Geschäfts- zweck dürfte jedoch bei Vereinen in der Regel nicht der Fall sein. Darüber hinaus ist ein Datenschutzbeauftragter zu benennen, wenn mindestens 10 Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind. Nimmt der Verein Verarbeitungen vor, die einer Datenschutzfolge- abschätzung gemäß Art. 35 DS-GVO (s.u. Nr. 7.2) unterliegen, so ist ebenfalls ein Datenschutzbeauftragter zu benennen (§ 38 Abs. 1 BDSG-neu). Der Datenschutzbeauftragte wird auf der Grundlage seiner beruflichen Qualifikation und insbesondere des Fachwissens benannt. Nähere Informationen zu den Min- destanforderungen an Fachkunde und Unabhängigkeit des betrieblichen Beauftrag- ten für den Datenschutz finden Sie in einem Beschluss des Düsseldorfer Kreises, abrufbar unter https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp- content/uploads/2013/03/Beschluss-des-D%C3%BCsseldorfer-Kreises-2010- Mindestanforderungen_an_DSB_nach_4f_II_und_III_BDSG.pdf). Zur Vermeidung einer Interessenkollision dürfen die Aufgaben des Datenschutzbe- auftragten nicht vom Vereinsvorstand oder dem für die Datenverarbeitung des Ver- eins Verantwortlichen wahrgenommen werden, da diese Personen sich nicht selbst wirksam überwachen können. Der Datenschutzbeauftragte muss nicht Mitglied des Vereins sein (Art. 37 Abs. 6 DS-GVO). Die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten sind in Art. 39 DS-GVO geregelt. Insbe- sondere obliegt dem Datenschutzbeauftragten die Pflicht, den Verein bzw. die dort mit der Verarbeitung personenbezogener Daten Beschäftigten hinsichtlich ihrer da- tenschutzrechtlichen Pflichten zu unterrichten und zu beraten. Zudem wirkt er auf die Überwachung und Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften hin. Er hat insbesondere die ordnungsgemäße Anwendung der Datenverarbeitungsprogramme, mit deren Hilfe personenbezogene Daten verarbeitet werden sollen, zu überwachen. Zu diesem Zweck ist er über Vorhaben der automatisierten Verarbeitung personen- bezogener Daten rechtzeitig zu unterrichten. Der Verein hat die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten zu veröffentlichen und die Daten der zuständigen Aufsichtsbehörde mitzuteilen. Für die Veröffentli- chung der Kontaktdaten ist es ausreichend, wenn die E-Mail-Adresse des Daten- schutzbeauftragten auf der Vereinshomepage frei zugänglich genannt wird. Besteht keine Verpflichtung zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten, muss sich der Vereinsvorstand selbst um die Einhaltung des Datenschutzes durch den Verein kümmern. Er kann auch auf freiwilliger Basis einen Datenschutzbeauftragten bestellen. https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2013/03/Beschluss-des-D%C3%BCsseldorfer-Kreises-2010-Mindestanforderungen_an_DSB_nach_4f_II_und_III_BDSG.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2013/03/Beschluss-des-D%C3%BCsseldorfer-Kreises-2010-Mindestanforderungen_an_DSB_nach_4f_II_und_III_BDSG.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2013/03/Beschluss-des-D%C3%BCsseldorfer-Kreises-2010-Mindestanforderungen_an_DSB_nach_4f_II_und_III_BDSG.pdf Seite 33 Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in Kurzpapier Nr. 12 der Daten- schutzkonferenz „Datenschutzbeauftragte bei Verantwortlichen und Auftragsverar- beitern“, abrufbar unter https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp- content/uploads/2018/01/DSK_KPNr_12_Datenschutzbeauftragter.pdf. 7.2 Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten Gemäß Art. 30 DS-GVO hat jeder Verantwortliche ein Verzeichnis aller Verarbei- tungstätigkeiten zu führen. Zwar besteht bei Verantwortlichen, bei denen weniger als 250 Mitglieder beschäftigt sind, zunächst eine Ausnahme von der Verzeichnisfüh- rungspflicht. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht, wenn die Verarbeitung ein Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen birgt, wenn die Verarbeitung nicht nur gelegentlich oder eine Verarbeitung sensibler Daten i.S. von Art. 9 oder Art. 10 DS-GVO erfolgt (Art. 30 Abs. 5 DS-GVO). Da jedoch in jedem Verein die Ver- arbeitung personenbezogener Daten nicht nur gelegentlich erfolgt, ist auch bei Ver- einen mit weniger als 250 Mitarbeitern ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten zu führen. Das Verzeichnis muss zwingend folgende Angaben enthalten (Art. 30 Abs. 1 DS-GVO):  Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie ggf. seines Vertreters  Zwecke der Verarbeitung  Beschreibung der Kategorien betroffener Personen und der Kategorien perso- nenbezogener Daten  Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind bzw. noch offengelegt werden  Angaben über Drittlandtransfer einschließlich Angabe des Drittlandes sowie Dokumentierung geeigneter Garantien  wenn möglich Fristen für die Löschung der verschiedenen Datenkategorien  wenn möglich Beschreibung der technischen und organisatorischen Maßnah- men gemäß Art. 32 Abs. 1 DS-GVO Das Verarbeitungsverzeichnis muss schriftlich oder in einem elektronischen For- mat (s.o. Nr. 3.2) geführt werden (Art. 30 Abs. 3 DS-GVO). Der Verantwortliche ist verpflichtet, der Aufsichtsbehörde das Verzeichnis auf deren Anfrage zur Verfügung zu stellen. Ein Einsichtsrecht für betroffene Personen oder „Jedermann“ besteht nach der DS-GVO nicht mehr. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in Kurzpapier Nr. 1 der Daten- schutzkonferenz „Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten – Art. 30 DS-GVO“, ab- rufbar unter https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp- con- https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2018/01/DSK_KPNr_12_Datenschutzbeauftragter.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2018/01/DSK_KPNr_12_Datenschutzbeauftragter.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2017/07/DSK_KPNr_1_Verzeichnis_Verarbeitungst%C3%A4tigkeiten.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2017/07/DSK_KPNr_1_Verzeichnis_Verarbeitungst%C3%A4tigkeiten.pdf Seite 34 tent/uploads/2017/07/DSK_KPNr_1_Verzeichnis_Verarbeitungst%C3%A4tigkeiten.p df 7.3 Datenschutz-Folgeabschätzung Der Verein hat nur dann eine Datenschutz-Folgeabschätzung vorzunehmen, wenn die Form der Verarbeitung aufgrund der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten für die betroffene Person zur Folge hat (Art. 35 Abs. 1 DS-GVO). Dies insbesondere dann der Fall, wenn eine um- fangreiche Verarbeitung besonderer Kategorie von Daten gemäß Art. 9 DS-GVO erfolgt oder wenn im Wege der Verarbeitung auf Grundlage von personenbezogenen Daten systematische und umfassende Bewertungen persönlicher Aspekte vor- genommen werden, die als Grundlage für Entscheidungen dienen, die Rechtswir- kungen gegenüber natürlichen Personen entfalten oder diese in ähnlich erheblicher Weise beeinträchtigen (Art. 35 Abs. 3 DS-GVO). Eine Datenschutz-Folgeabschätzung hat eine Beschreibung der geplanten Verarbei- tungsvorgänge und ihrer Zwecke sowie möglicher berechtigter Interessen des Ver- antwortlichen, eine Beschreibung der Notwendigkeit der Abwicklung sowie ihrer Ver- hältnismäßigkeit, eine Bewertung der Risiken und eine Beschreibung des Maßnah- men zur Risikoreduzierung zu enthalten (Art. 37 Abs. 7 DS-GVO). Eine Datenschutz- Folgeabschätzung dürfte aber bei Vereinen nur in den seltensten Fällen notwendig sein. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in Kurzpapier Nr. 5 der Daten- schutzkonferenz „Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 DS-GVO“, abrufbar unter https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp- content/uploads/2013/02/DSK-Kurzpapier-5-DSFA.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2017/07/DSK_KPNr_1_Verzeichnis_Verarbeitungst%C3%A4tigkeiten.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2017/07/DSK_KPNr_1_Verzeichnis_Verarbeitungst%C3%A4tigkeiten.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2013/02/DSK-Kurzpapier-5-DSFA.pdf https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2013/02/DSK-Kurzpapier-5-DSFA.pdf Seite 35 Muster einer Einwilligungserklärung für die Veröffentlichung von Mitgliederdaten im Internet Der Vereinsvorstand weist hiermit darauf hin, dass ausreichende technische Maßnahmen zur Gewährleistung des Datenschutzes getroffen wurden. Dennoch kann bei einer Veröffent- lichung von personenbezogenen Mitgliederdaten im Internet ein umfassender Datenschutz nicht garantiert werden. Daher nimmt das Vereinsmitglied die Risiken für eine eventuelle Persönlichkeitsrechtsverletzung zur Kenntnis und ist sich bewusst, dass:  die personenbezogenen Daten auch in Staaten abrufbar sind, die keine der Bundesre- publik Deutschland vergleichbaren Datenschutzbestimmungen kennen,  die Vertraulichkeit, die Integrität (Unverletzlichkeit), die Authentizität (Echtheit) und die Verfügbarkeit der personenbezogenen Daten nicht garantiert ist. Das Vereinsmitglied trifft die Entscheidung zur Veröffentlichung seiner Daten im Internet freiwillig und kann seine Einwilligung gegenüber dem Vereinsvorstand jederzeit widerrufen. Erklärung „Ich bestätige das Vorstehende zur Kenntnis genommen zu haben und willige ein, dass der Verein ....................................................................................................................................... (Name des Vereins) folgende Daten zu meiner Person: Allgemeine Daten Spezielle Daten von Funktionsträgern Vorname Anschrift Zuname Telefonnummer Fotografien Faxnummer Sonstige Daten (z.B.: Leistungsergebnisse, Lizenzen, Mannschaftsgruppe u.ä.) E-Mail-Adresse wie angegeben auf folgender Internetseite des Vereins ................................................................................................................................ (Online-Dienst / Internet ; Zugangsadresse) veröffentlichen darf.“ Ort und Datum: Unterschrift: ........................................................................... ............................................... (Bei Minderjährigen Unterschrift eines Erziehungsberechtigten)
https://www.karlsruhe.de/b4/stadtteile/osten/groetzingen/leben-groetzingen/vereine/HF_sections/content/ZZnxz351jmmDYy/OH-Datenschutz-im-Verein-nach-der-DSGVO.pdf
Minijob_2018.indd Minijob Da ist mehr für S ie d rin ! Inhaltsverzeichnis Vorwort _______________________________________ 4  Auch für Sie gilt das Arbeitsrecht! __________________ 7  Wann ist Ihr Job ein Minijob? _____________________ 8  Sie haben Anspruch auf Tarifl ohn _________________ 10  Ihr Anspruch auf Mindestlohn ___________________ 11  Wem nutzt ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag? ____ 13  Sie können tarifvertragliche Leistungen beanspruchen __ 14  Ihnen steht Erholungsurlaub zu __________________ 15  Der Feiertag muss bezahlt werden ________________ 17  Arbeit auf Abruf ______________________________ 18  Ihr Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit _______ 19  Versicherungsschutz bei einem Arbeitsunfall _________ 20  Lohnfortzahlung, wenn Ihr Kind krank wird __________ 21  Ihr Recht bei einer Schwangerschaft _______________ 22  Ihr Recht bei Kündigung ________________________ 24  ... durch Sie selbst ____________________________ 26  Der Betrieb ist insolvent ________________________ 27  Steuern und Beiträge im Minijob __________________ 28  Sie sind rentenversichert _______________________ 29  Ihr Anspruch auf Riester-Förderung ________________ 30  Beitrag ohne Gegenleistung in der Krankenversicherung _ 32  Als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer im Privathaushalt ____________________________ 33  Was muss die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber im Privathaushalt beachten? _______________________ 34  „Midijob“ und „Gleitzone“ _____________________ 35  Vorsicht bei Überschreitung der Entgeltgrenze ________ 36  Die Einkommensgrenze überschreiten und gleichzeitig etwas für die Rente tun – wie geht das?____________ 38  Setzen Sie sich durch! _________________________ 40  Auszüge aus Gesetzestexten _____________________ 43 2 | Minijob  Hilfreiche Adressen ___________________________ 46  Frauenbeauftragte und Gleichstellungsbeauftragte __ 46  Kontaktstelle „Frau und Beruf“ ________________ 47  Gewerkschaften ___________________________ 48  Versicherungen ____________________________ 49  Agentur für Arbeit __________________________ 50  Finanzämter ______________________________ 51  Arbeitsgericht _____________________________ 51  Arbeitsschutz _____________________________ 52  Integrationsamt ____________________________ 53  Informationen zum Mindestlohn ________________ 53  Allgemeine Adressen ________________________ 53 Impressum ____________________________________ 54 Da ist mehr für Sie drin! | 3 Vorwort „Brutto für Netto“ hört sich für viele Menschen besonders attraktiv an. Wer zahlt schon gerne Steuern und Sozialabgaben? Deshalb sind Minijobs bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sehr beliebt. Doch bedenken Sie: In vielen Fällen ist ein Minijob nicht empfehlenswert. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Sie keine anderen eigenen Einkünfte haben. Wenn Sie über einen längeren Zeitraum nur einen Minijob ausüben, ist Altersarmut vorprogrammiert. Für 10 Jahre Arbeit im Minijob bei 450 Euro erhalten Sie weniger als 45 Euro Rente im Monat. Für Studierende, Rentnerinnen und Rentner kann der Minijob aber durchaus sinnvoll sein. Zum 1. Januar 2015 wurde in ganz Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt. Dieser betrug im Jahr 2017 pro Stunde 8,84 Euro. Ausdrücklich müssen die 8,84 Euro auch den Beschäftigten im Minijob gezahlt werden. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Gleichzeitig darf bei geringfügig Beschäftigten die Entgeltgrenze von 450 Euro monatlich nicht überschritten werden. Hier müssen im Minijob Beschäftigte die versicherungsrechtlichen Folgen beachten. Übrigens: Unternehmen tragen für einen Minijob in der Regel eine höhere Abgabenlast, als für einen „normalen“ Arbeitsplatz. Kostenersparnisse haben manche Arbeitgeberinnen beziehungsweise Arbeitgeber nur durch die Nicht-Gewährung von Leistungen, die Ihnen zustehen. Hierzu zählen der bezahlte Urlaub und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die Nicht-Gewährung bedeutet jedoch, dass Arbeitgebende gegen Gesetze verstoßen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie es bewusst tun oder weil sie nicht ausreichend informiert sind. Mit Sorge betrachten wir die nach wie vor hohe Zahl der Beschäftigungsverhältnisse im Minijob. Im Stadt- und Landkreis Karlsruhe waren es im Jahr 2017 insgesamt 81.603 Frauen und Männer, die in einem Minijob arbeiteten – diese Zahl erhob die Bundesagentur für Arbeit zum Stichtag 30. Juni 2017. Der Minijob bleibt eine Frauendomäne, fast 60 Prozent der Minijobbenden sind weiblich. In Stadt- und Landkreis Karlsruhe ist damit rund jedes vierte Beschäftigungsverhältnis einer Frau ein geringfügiges. Für beide Geschlechter gilt: Die Mehrheit der Minijobenden arbeiten ausschließlich geringfügig. Aus unserer Arbeit wissen wir, dass sich viele von ihnen kurz- oder mittelfristig eine voll sozialversicherungspfl ichtige Tätigkeit wünschen, die ihnen eine eigenständige Existenzsicherung ermöglicht. Dies gelingt oft nicht: Nach einer Studie des Delta- 4 | Minijob Instituts im Auftrag des Bundesfrauenministeriums fi ndet mehr als die Hälfte der Frauen im „Minijob pur“ nicht mehr den Anschluss an den Arbeitsmarkt. Die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt bietet jedoch für Fachkräfte bessere Chancen. Rechte im Minijob? Diese nehmen viele Frauen und Männer nicht in Anspruch oder kennen sie nicht. So haben beispielsweise zwei Drittel der Minijobbenden noch nie den ihnen zustehenden Urlaub genommen. Zu diesem Ergebnis kommt das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in einer aktuellen Studie. Mit der vorliegenden Veröffentlichung möchten wir Sie, Frauen und Männer in Minijobs und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, über die aktuelle rechtliche Situation informieren. Wichtige Adressen für weitergehende Information und Beratung fi nden Sie ebenfalls in dieser Broschüre. Dabei haben wir auch die Adressen von Stellen aufgenommen, die für Sie da sind, wenn Sie mehr als einen Minijob suchen. Übrigens: Wir haben auch eine Fassung dieser Broschüre in Leichter Sprache veröffentlicht. Wir wünschen uns, dass Ihnen diese Informationen hilfreich sind, um ihre Rechte und Möglichkeiten zu nutzen sowie ihren weiteren berufl ichen Weg zu fi nden und zu meistern. Ihre Gleichstellungsbeauftragten aus Stadt- und Landkreis Karlsruhe Annette Niesyto Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Karlsruhe Astrid Stolz Gleichstellungsbeauftragte im Landratsamt Karlsruhe Sabine Riescher Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bruchsal Silke Benkert Gleichstellungsbeauftragte für Mitarbeitende der Stadt Ettlingen Karin Sälzler Frauenbeauftragte der Stadt Waghäusel Da ist mehr für Sie drin! | 5 6 | Minijob Auch für Sie gilt das Arbeitsrecht! Teilzeitbeschäftigte dürfen gegenüber Vollzeitbeschäftigten nicht benachteiligt werden, das ist ganz klar gesetzlich festgelegt: Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (siehe unter „Auszüge aus Gesetzestexten“, Seite 43) darf die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber Teilzeitbeschäftigte nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber Vollzeitbeschäftigten unterschiedlich behandeln, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Das Vorliegen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses (Minijob) ist kein sachlicher Grund, so dass alle arbeitsrechtlichen Regelungen und Vorschriften auch hier anzuwenden sind. Da in Minijobs überwiegend Frauen arbeiten, sehen die Gerichte in einer Benachteiligung dieser Arbeitnehmerinnen häufi g auch eine mittelbare Diskriminierung von Frauen, die gesetzlich verboten ist. Die folgenden Seiten sollen Sie über die wichtigsten Regelungen des Steuerrechts und aus dem Bereich der Sozialversicherung sowie viele Rechte informieren, von denen Sie vielleicht glauben, dass diese Ihnen nicht zustehen:  Arbeitsvertrag  gesetzlicher Mindestlohn  tarifl iche Bezahlung  Feiertagsvergütung  Erholungsurlaub  Urlaubs-, Weihnachtsgeld  Lohnfortzahlung im Krankheitsfall  Kündigungsschutz  gesetzliche Unfallversicherung  Rentenversicherung  Riester-Förderung  Insolvenzgeld  Mutterschaftsgeld Ihrer Arbeitgeberin oder Ihrem Arbeitgeber sind diese Rechte häufi g nicht bekannt, vor allem, wenn Sie in einem Kleinbetrieb tätig sind. Dann sollten Sie diese Broschüre an die Betriebs- leitung weitergeben. Bitte beachten Sie: Diese Broschüre enthält allgemeine wichtige Informationen. Eine auf Ihre persönlichen Fragen zugeschnittene Beratung erhalten Sie zum Beispiel beim Finanzamt, Steuerberatungs- büro, bei der Krankenkasse oder der Arbeitsagentur. Adressen finden Sie im Anhang ab Seite 46. Da ist mehr für Sie drin! | 7 Wann ist Ihr Job ein Minijob? Als „geringfügig beschäftigt“ gelten Sie nach dem Sozialgesetzbuch, 1. wenn Sie nicht mehr als 450 Euro im Monat verdienen, 2. wenn die Beschäftigung innerhalb eines Jahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist. Auf diese sogenannte „kurzfristige Beschäftigung“ wird in dieser Broschüre nur am Rande eingegangen. Es gibt dazu sehr viele spezielle Regelungen. Mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Punkt 1 werden zusammengerechnet. Wenn damit die 450-Euro- Grenze überschritten wird, entfallen die Sonderregelungen nach dem 450-Euro-Gesetz: Es handelt sich um „normale“ Beschäftigungen mit voller Sozialversicherungspfl icht. Bis zu einem Verdienst von 850 Euro müssen Sie selbst einen eingeschränkten Sozialversicherungsbeitrag, die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber den vollen Beitrag bezahlen. Eine geringfügige Beschäftigung können Sie neben einem Hauptberuf wahrnehmen, ohne dass Versicherungspfl icht besteht. Für jede weitere geringfügige Beschäftigung neben dem Hauptjob besteht allerdings volle Renten-, Kranken- und Pfl egeversicherungspfl icht, auch wenn Sie mit mehreren Minijobs die 450-Euro-Grenze nicht überschreiten. Nur von der Arbeitslosenversicherung sind auch die weiteren Beschäftigungen ausgenommen. Manche gemeinnützige Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber kombinieren auch die sogenannte „Übungsleiter- oder Ehrenamtspauschale“ (§ 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz) mit dem Minijob. Das ist zulässig. Achten Sie in diesem Fall unbedingt darauf, dass die Pauschale auf alle Jahresmonate verteilt wird. Lassen Sie sich gegebenenfalls beraten. Warum Sie einen schriftlichen Arbeitsvertrag abschließen sollten Grundsätzlich ist zu empfehlen, einen schriftlichen Arbeitsvertrag abzuschließen1. Doch auch mündliche Arbeitsverträge sind schriftlichen gleichzusetzen. Sollte es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Ihnen und Ihrem Betrieb kommen, welche Leistungen vereinbart waren, müssten Sie es beweisen. Das ist natürlich bei einer nur mündlichen Vereinbarung schwieriger oder sogar ganz unmöglich. 1 Einen Musterarbeitsvertrag erhalten Sie bei der Minijobzentrale (Adresse im Anhang). 8 | Minijob Schließen Sie daher einen schriftlichen Arbeitsvertrag! Durch das Nachweisgesetz haben Sie sogar einen rechtlichen Anspruch auf schriftliche Festlegung folgender Punkte:  Name und Anschrift der Vertragsparteien  Arbeitsort  Beginn und gegebenenfalls Befristung  Bezeichnung der zu leistenden Arbeit  Höhe und Zusammensetzung der Vergütung  die vereinbarte Arbeitszeit  die Dauer des Erholungsurlaubs  die Kündigungsfristen  die anzuwendenden Tarifverträge Sollten Sie bisher ohne schriftlichen Arbeitsvertrag tätig sein, können Sie Ihre Arbeitgeberin beziehungsweise Ihren Arbeitgeber auffordern, diese schriftlichen Angaben zu machen. Dieser Forderung muss innerhalb von zwei Monaten nachgekommen werden. Sollten Sie vor diesem Schritt zurückschrecken: Alle in dieser Broschüre aufgeführten Rechte gelten auch ohne schriftlichen Arbeitsvertrag. Da ist mehr für Sie drin! | 9 Sie haben Anspruch auf Tarifl ohn Geringfügig Beschäftigte haben Anspruch auf anteilig gleichen Lohn wie Vollzeitbeschäftigte. Wenn im Betrieb generell ein Tarifvertrag angewandt wird oder eine Betriebsvereinbarung besteht, gelten die Regelungen auch für Sie. Dies bezieht sich sowohl auf Monats-, als auch auf Wochen- und Stundenlöhne. Bei einer Tariferhöhung haben Sie dann grundsätzlich auch Anspruch darauf. Wichtig kann es hierfür sein, dass Sie bereits vorab im Arbeitsvertrag die Zahl der Arbeitsstunden festgelegt haben. Stundenkürzungen aus diesem Grunde müssen Sie nicht hinnehmen. Diese können jedoch dann sinnvoll sein, wenn durch die Lohnerhöhung die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird, das heißt, wenn Sie mehr als 450 Euro im Monat verdienen würden und Sie dieses nicht wollen. 10 | Minijob Ihr Anspruch auf Mindestlohn Wenn in Ihrem Betrieb kein Tarifvertrag gilt, können Sie vom gesetzlichen Mindestlohn profi tieren. Der Mindestlohn beträgt in ganz Deutschland einheitlich 8,84 Euro brutto pro Stunde (Stand 1. Januar 2017) für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist egal wie groß der Betrieb ist, in dem Sie arbeiten. Der Mindestlohn gilt auch für Minijobs und Beschäftigungen im Privathaushalt. Auch Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende haben Anspruch auf den Mindestlohn. Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, ehrenamtlich Tätige, manche Praktikantinnen und Praktikanten sowie Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten der Tätigkeit müssen keinen Mindestlohn erhalten. Damit die Einhaltung des Mindestlohns überprüfbar ist, müssen branchenunabhängig die Arbeitszeiten für alle geringfügig Beschäftigten nachvollziehbar aufgezeichnet werden. Nur für Beschäftigte im Privathaushalt entfällt dies. Zur Arbeitszeit gehören auch Vor- und Nachbereitungszeiten, zu denen Sie der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin verpfl ichtet. Sie dürfen im Minijob maximal 50,9 Stunden im Monat arbeiten, sonst wird der Mindestlohn unterschritten. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihnen der Mindestlohn wirklich gezahlt wird, machen Sie sich selbst Notizen! Ein kleines Heft, in dem Sie Datum, Arbeitsbeginn, Pausen und Arbeitsende handschriftlich notieren, reicht aus. Das Bundesarbeitsministerium hat auch eine bequem zu nutzende „App“ zur Erfassung der Arbeitszeiten entwickelt: „einfach erfasst“ für Android und iOS. www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsrecht/Mindestlohn/ mindestlohn-app-einfach-erfasst.html An dieser Stelle können nicht alle Fragen zum Mindestlohn beantwortet werden. Es gibt sehr hilfreiche Internetseiten des Bundesarbeitsministeriums und des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Mindestlohn sowie Telefonhotlines (siehe Adressen ab Seite 46). Zusätzlich können Sie dort auch Faltblätter und Broschüren anfordern. Da ist mehr für Sie drin! | 11 Noch ein wichtiger Hinweis: Der gesetzliche Mindestlohn ist eine Untergrenze, die nicht unterschritten werden darf. Wenn in Ihrem Betrieb ein für Sie günstigerer Tarifvertrag gilt oder andere Beschäftigte einen höheren Stundenlohn bekommen, haben auch Sie Anspruch darauf! 12 | Minijob Wem nutzt ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag? Es ist besonders günstig für Sie, wenn Sie in einem Betrieb beschäftigt sind, für den ein Tarifvertrag für „allgemeinverbindlich“ erklärt worden ist. Dann gilt für Sie oder Ihren Betrieb der Manteltarifvertrag, auch wenn Sie nicht Mitglied der Gewerkschaft sind oder der Betrieb nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes ist. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag wirkt wie ein Gesetz. Alle Arbeitgeberinnen beziehungsweise Arbeitgeber sind daran gebunden und alle Beschäftigten können sich darauf berufen. Beim Bundesarbeitsministerium können Sie Auskunft erhalten, ob dieses auf den für Ihren Betrieb geltenden Tarifvertrag zutrifft (Adresse siehe „Informationen zum Mindestlohn“, Seite 53). Beispiele für allgemeinverbindliche Tarifverträge: Friseurhandwerk und Gaststätten sowie Beherbergung in vielen Bundesländern. Außerdem gibt es Mindestlohn-Tarifverträge, die (jeweils befristet) für allgemeinverbindlich erklärt wurden. Das betrifft zum Beispiel Leiharbeit, die Pfl egebranche sowie die Gebäudereinigung, jeweils für ganz Deutschland. Sie müssen in diesen Branchen einen höheren als den gesetzlichen Mindestlohn für Ihre Arbeit erhalten. Die Tarifvertragsparteien, also die Gewerkschaft oder der Arbeitgeberverband, müssen Ihnen den Tarifvertrag gegen Kostenerstattung (Kopiergebühr, Porto) aushändigen. Wenn ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag für Sie Anwendung fi ndet, dürfen Sie nicht nur die für Sie günstigen Regelungen in Anspruch nehmen, Sie sind auch an die Fristen gebunden, innerhalb derer Sie Ihre Ansprüche anmelden müssen. Diese sind in der Regel sehr kurz, zum Beispiel zwei Monate. Wenn Sie Ihre fälligen Ansprüche nicht innerhalb dieser Frist beim Betrieb geltend gemacht haben, sind diese verfallen. In jedem Fall gilt: Informieren Sie sich über Ihre Rechte beim Betriebsrat oder bei der für Sie zuständigen Gewerkschaft. Wenn Sie kein Gewerkschaftsmitglied sind, können Sie auch von der Arbeitgeberin oder vom Arbeitgeber Auskunft verlangen. Da ist mehr für Sie drin! | 13 Sie können tarifvertragliche Leistungen beanspruchen Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz stehen Ihnen alle Leistungen zu, die auch Vollzeitbeschäftigte in Ihrem Betrieb erhalten. Das Bundesarbeitsgericht spricht von einer verbotenen Diskriminierung, wenn geringfügig Beschäftigte von Leistungen ausgenommen werden, die andere Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer erhalten (3 AZR 370/88 vom 28. August 1993). Das heißt, Sie haben Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld, wenn der Tarifvertrag die Zahlung von Urlaubs- beziehungsweise Weihnachtsgeld vorsieht oder die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber freiwillig Urlaubs- oder Weihnachtsgeld an Vollzeitbeschäftigte im Betrieb bezahlt. In beiden Fällen besteht Anspruch auf anteilige Leistung. Entsprechend haben Sie Anspruch auf Zahlung von vermögenswirksamen Leistungen durch den Betrieb. 14 | Minijob Ihnen steht Erholungsurlaub zu Alle Beschäftigten haben einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Während des Urlaubs ist das Entgelt weiterzuzahlen, das zu zahlen wäre, wenn Sie arbeiten würden. Es gilt: Keine Lohn- und Gehaltsabzüge bei Urlaub. Im Tarifvertrag oder im Arbeitsvertrag ist geregelt, wie lange der Urlaub dauert, das sind heutzutage meist fünf bis sechs Wochen. Falls kein gültiger Tarifvertrag besteht und auch im Arbeitsvertrag nichts geregelt wurde, haben Sie nach dem Bundesurlaubsgesetz einen Mindestanspruch von 24 Werktagen. Samstage werden allerdings mitgezählt. Das entspricht einem Jahresurlaub von vier Wochen. Schwerbehinderten stehen in jedem Fall fünf zusätzliche Tage zu. Regelmäßig beschäftigungsfreie Werktage werden mitgezählt. Beispiel 1: Ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen bei einer Fünf-Tage-Woche ergibt sechs Wochen Jahresurlaub. Angenommen, Sie arbeiten drei Tage in der Woche, dann haben Sie Anspruch auf 3/5 des Jahresurlaubs, also 18 Urlaubstage (sechs Wochen Jahresurlaub), bei zwei Arbeitstagen pro Woche haben Sie nur Anspruch auf 2/5, also zwölf Arbeitstage, die auch sechs Wochen Jahresurlaub ergeben und so weiter. Wenn Sie keinen tarifl ichen Urlaubsanspruch haben, gilt das Bundesurlaubsgesetz: Beispiel 2: Der Urlaubsanspruch von 24 Werktagen bei einer Sechs-Tage-Woche (egal ob in Ihrem Betrieb nur an fünf Tagen pro Woche gearbeitet wird) ergibt vier Wochen Jahresurlaub. Bei drei Arbeitstagen in der Woche haben Sie Anspruch auf 3/6 des Jahresurlaubs, also zwölf Urlaubstage (vier Wochen Jahresurlaub), bei zwei Arbeitstagen pro Woche haben Sie Anspruch auf 2/6, also acht Arbeitstage, die wiederum vier Wochen Jahresurlaub ergeben. Wenn Sie unregelmäßig viele Arbeitstage pro Woche arbeiten, muss ein Durchschnitt berechnet werden, der sich an der Urlaubshöhe der Vollzeitbeschäftigten orientiert. Da ist mehr für Sie drin! | 15 Beispiel 3: Sie haben innerhalb eines Monats folgendermaßen gearbeitet: Woche 1 Woche 2 Woche 3 Woche 4 5 Tage - 2 Tage 1 Tag Das ergibt durchschnittlich zwei Arbeitstage pro Woche. Sie haben dann einen Urlaubsanspruch von 2/5 des Urlaubsanspruchs einer vollzeitbeschäftigten Kraft. Diese Urlaubstage dürfen Sie so einsetzen, dass Sie auf vier Wochen Jahresurlaub kommen, für den Fall, dass in Ihrem Betrieb nur das Bundesurlaubsgesetz (siehe Beispiel 2) gilt und kein weitergehender Tarifvertrag. Die Urlaubsdauer darf wegen Krankheiten oder anderer Fehlzeiten, wie zum Beispiel Mutterschutz, nicht gekürzt werden (Ausnahme: Elternzeit). Wenn Sie im Urlaub krank werden, müssen Sie ein ärztliches Attest über die Arbeitsunfähigkeit vorlegen. Auf den vollen Jahresurlaub haben Sie in der Regel Anspruch, wenn Sie eine sechsmonatige „Wartezeit“ erfüllt haben, es sei denn, der Tarifvertrag sieht etwas anderes vor. Waren Sie über einen kürzeren Zeitraum beschäftigt, steht Ihnen anteiliger Urlaub zu. Endet Ihr Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte, haben Sie Anspruch auf den vollen Jahresurlaub (§ 5 Bundesurlaubsgesetz). Gehen Sie auf keinen Fall ohne die Zustimmung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers in Urlaub, denn dann müssen Sie mit einer fristlosen Kündigung rechnen. 16 | Minijob Der Feiertag muss bezahlt werden Auch geringfügig Beschäftigte haben Anspruch auf Lohnfortzahlung an Feiertagen. Dieser Anspruch ist im § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz verankert (vgl. „Auszüge aus Gesetzestexten“, Seite 43). Voraussetzung ist, dass Sie an diesem Tag hätten arbeiten müssen, wenn kein Feiertag gewesen wäre. Den Anspruch auf Bezahlung haben Sie auch, wenn die anfallende Arbeit ersatzweise an einem anderen Tag geleistet wird. Beispiel: Regelmäßige Arbeitstage: Donnerstag Freitag Samstag Wenn Donnerstag ein Feiertag ist und Sie stattdessen Mittwoch, Freitag und Samstag arbeiten, dann müssen Sie Lohn für alle vier Tage erhalten. Da ist mehr für Sie drin! | 17 Arbeit auf Abruf Arbeit auf Abruf (KapovAz = kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit) fi ndet im Alltag recht häufi g statt, zum Beispiel im Gaststättenbereich, wenn Beschäftigte witterungs- oder saisonabhängig eingesetzt werden oder wenn unerwartete Arbeitsspitzen eintreten. Die meisten Beschäftigten wissen nicht, dass in § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes Mindeststandards festgelegt sind, die in einem Arbeitsvertrag geregelt sein müssen. So muss die Vereinbarung eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Ist dies nicht der Fall, gilt eine Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart. Das bedeutet in der Praxis, dass Sie immer dann nachträglich einen Lohnanspruch über ihre tatsächlich geleistete Arbeit hinaus haben, nämlich eine Aufstockung auf zehn Arbeitsstunden, wenn Sie weniger als 10 Stunden gearbeitet und einen den Stunden entsprechenden Lohn erhalten haben. Darüber hinaus gilt, dass die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Arbeitsleistung für mindestens drei Stunden in Anspruch nehmen und damit bezahlen muss. Wurden Sie kürzere Zeit eingesetzt, dann haben Sie trotzdem einen Zahlungsanspruch. Von dieser gesetzlichen Regelung kann allerdings durch Tarifvertrag abgewichen werden. Auf einen solchen Tarifvertrag kann im Arbeitsvertrag auch für nicht tarifl ich gebundene Parteien verwiesen werden. Für die Praxis bedeutet das: Wenn – wie so oft – nur ein mündlicher Arbeitsvertrag vorliegt, gelten die gesetzlichen Mindeststandards. Dies bedeutet, Sie können nachträglich eine erhöhte Zahlung verlangen, solange der Anspruch noch nicht verjährt oder der Anspruch bei Geltung eines Tarifvertrages verfallen ist. 18 | Minijob Ihr Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit Alle Beschäftigten haben das gleiche Recht auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Wochen, also auch alle geringfügig Beschäftigten (siehe „Auszüge aus Gesetzestexten“, Seite 43). Ihren Anspruch müssen Sie geltend machen, indem Sie dem Betrieb unverzüglich Ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage, müssen Sie spätestens am darauffolgenden Arbeitstag eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorlegen. Der Betrieb ist allerdings dazu berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Da Sie als geringfügig Beschäftigte oder Beschäftigter meist nicht selbst Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind (Familienversicherte zum Beispiel sind nicht selbst Mitglied), erhalten Sie keine ärztliche „gelbe Krankmeldung“, sondern eine einfache Bescheinigung, die für Sie kostenlos sein sollte. Entgeltfortzahlung können Sie auch für den Fall einer Kur zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation beanspruchen, sofern diese ärztlich verordnet ist und stationär in einer entsprechenden Klinik oder Einrichtung durchgeführt wird. Hierfür müssen Sie dem Betrieb den Zeitpunkt und die Dauer der Kur mitteilen sowie eine ärztliche Bescheinigung und die Bewilligung durch den Sozialleistungsträger vorlegen. Als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber bekommen Sie im Regelfall 80 Prozent der Kosten für die Lohnfortzahlung aufgrund der gezahlten Umlage erstattet. Da ist mehr für Sie drin! | 19 Versicherungsschutz bei einem Arbeitsunfall Alle geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse unterliegen der gesetzlichen Unfallversicherungspfl icht. Unfallversicherungsschutz besteht auch für die im Privathaushalt beschäftigten Personen. Nur enge Verwandte, die im Haushalt unentgeltlich arbeiten, sind grundsätzlich nicht gesetzlich unfallversichert. Genauere Informationen, welche Unfallkasse für Ihr Bundesland und Ihre Region zuständig ist, erhalten Sie bei der Unfallkasse Baden-Württemberg: www.ukbw.de Haben Sie also bei der Arbeit oder auf dem Hin- oder Heimweg einen Unfall, benachrichtigen Sie den Betrieb und den zuständigen Unfallversicherungsträger. Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) trägt alleine die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber. Wichtig: Sie sind auch dann über die Berufsgenossenschaft (= Träger der gesetzlichen Unfallversicherung) abgesichert, wenn keine Beiträge für Sie abgeführt wurden. Bei Schwarzarbeit muss die Arbeitgeberin beziehungsweise der Arbeitgeber der Berufsgenossenschaft die Kosten für einen Arbeitsunfall erstatten (§ 110 Abs. 1a SGB VII). Genauere Informationen erhalten Sie bei der Unfallkasse Baden-Württemberg: Unfallkasse Baden-Württemberg Augsburger Straße 700 70329 Stuttgart Postanschrift: 70324 Stuttgart Telefon: 0711 9321-0 Fax: 0711 9321-500 E-Mail: info@ukbw.de Internet: www.ukbw.de 20 | Minijob Lohnfortzahlung, wenn Ihr Kind krank wird Da Sie in der Regel nicht selbst Mitglied einer Krankenkasse sein werden, haben Sie in diesem Fall auch keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber muss Sie jedoch unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ von der Arbeit freistellen, wenn Sie Ihr Kind unter zwölf Jahren wegen einer Erkrankung betreuen müssen. Das ergibt sich aus § 616 BGB. In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (5 AZR 392/78) wird von einem Zeitraum von fünf Arbeitstagen pro Jahr ausgegangen. Lassen Sie sich von der Kinderärztin beziehungsweise dem Kinderarzt eine Bescheinigung darüber ausstellen, dass Ihr Kind wegen einer Erkrankung betreut werden muss, und geben Sie diese im Betrieb ab. Da ist mehr für Sie drin! | 21 Ihr Recht bei einer Schwangerschaft Auch als geringfügig Beschäftigte stehen Sie unter dem Schutz des Mutterschutzgesetzes, in dem zwingende Schutzvorschriften für Mutter und Kind festgelegt sind. Es würde den Rahmen dieser Broschüre sprengen, auf Fragen des Mutterschutzes vertieft einzugehen, nur soviel:  Sie genießen einen besonderen Kündigungsschutz.  Werdende Mütter dürfen nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und Tätigkeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädlichen Einwirkungen ausgesetzt sind oder die bestimmte körperliche Belastungen verursachen.  Es gibt Schutzfristen vor und nach der Entbindung.  Sie haben Anspruch auf Mutterschaftsgeld.  Sie haben Anspruch auf Elterngeld und Elternzeit. Falls für Sie ein Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft ausgesprochen wurde, erhalten Sie „Mutterschutzlohn“ in der Regel in Höhe Ihres Nettoverdienstes. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber bekommt diesen übrigens von der Minijobzentrale erstattet. Sind Sie geringfügig beschäftigt und nicht selbst Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung, steht Ihnen dennoch ein Mutterschaftsgeld in Höhe von insgesamt höchstens 210 Euro zu. Um dieses Mutterschaftsgeld zu erhalten, benötigen Sie eine Bestätigung Ihres Betriebes über Ihre Beschäftigung und eine Geburtsurkunde mit dem standesamtlichen Vermerk „nur gültig für die Mutterschaftshilfe“. Senden Sie diese Unterlagen an das Bundesversicherungsamt in Bonn (siehe Adresse unter „Arbeitsschutz“, Seite 52) und beantragen Sie die Zahlung des Mutterschaftsgeldes. Der Antrag kann auch im Internet online gestellt werden unter www.mutterschaftsgeld.de. 22 | Minijob Achtung: Sind Sie während der Elternzeit geringfügig beschäftigt und sind Sie weiter ein eigenständiges Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse und nicht in der Familienversicherung versichert, dann erhalten Sie von Ihrer Krankenkasse Ihren durchschnittlichen kalendertäglichen Nettoverdienst als Mutterschaftsgeld während der gesamten Mutterschutzzeit und, wenn Sie mehr als 390 Euro verdienen, noch einen Zuschuss des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin zum Mutterschaftsgeld. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (10 AZR 552/91) darf Urlaubs- und Weihnachtsgeld wegen Abwesenheit aufgrund des Mutterschutzes nicht gekürzt werden. Einer Angestellten wurden diese Leistungen zugesprochen, obwohl sie in dem entsprechenden Jahr wegen Krankheit, Mutterschutz und Erziehungsurlaub (heute entspricht dies der Elternzeit) lediglich an vier Tagen gearbeitet hatte. Anders lautende tarifvertragliche Regelungen sind aber zulässig. Da ist mehr für Sie drin! | 23 Ihr Recht bei Kündigung Das Kündigungsschutzgesetz gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb, also auch für Sie. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie mindestens sechs Monate bei Ihrer Arbeitgeberin beziehungsweise bei Ihrem Arbeitgeber beschäftigt sind und dass der Betrieb mehr als zehn Beschäftigte hat. Teilzeitkräfte werden bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl nur mit abgestuften Anteilen mitgerechnet. Wenn Sie vor dem 31. Dezember 2003 eingestellt wurden, gilt das Kündigungsschutzgesetz für Sie bereits, wenn der Betrieb mehr als fünf Beschäftigte hat. Kündigungsfristen gelten auch unabhängig vom Kündigungsschutzgesetz: Für alle Beschäftigten gelten die gleichen gesetzlichen Kündigungsfristen. Es kann grundsätzlich mit einer vierwöchigen Frist zum 15. oder Letzten eines Kalendermonats gekündigt werden. Längere Kündigungsfristen gelten nach einer mehr als zweijährigen Betriebszugehörigkeit. Diese erhöhen sich nach zwei Jahren auf einen Monat, nach fünf Jahren auf zwei Monate jeweils zum Monatsende. Sollten Sie noch länger beschäftigt sein, erkundigen Sie sich nach den dann gültigen Kündigungsfristen. In der Probezeit kann ein Arbeitsvertrag generell mit 14-Tage- Frist gekündigt werden. Sollten Sie in einem Kleinbetrieb beschäftigt sein, der weniger als 20 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat (Auszubildende werden hierbei nicht gezählt, Teilzeitbeschäftigte in abgestuften Anteilen), dann kann die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber durch Einzelvertrag mit Ihnen eine kürzere Kündigungsfrist vereinbaren. Vier Wochen dürfen dabei aber nicht unterschritten werden. Ebenfalls durch ausdrücklichen Vertrag kann mit vorübergehend (bis zu drei Monaten) beschäftigten Aushilfskräften eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden. In Tarifverträgen können andere Fristen festgelegt sein, die dann vorrangig gelten. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Mündliche Kündigungen sind unwirksam. Besonderen Kündigungsschutz haben Sie, wenn Sie schwanger oder schwerbehindert sind. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber darf Ihnen dann nur mit Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde kündigen (bei Schwangerschaft das Regierungspräsidium Karlsruhe, bei Schwerbehinderung der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden- 24 | Minijob Württemberg, Zweigstelle Karlsruhe). Auskünfte über die Zuständigkeit erteilt das Regierungspräsidium Karlsruhe, Informationen erhalten Sie auch auf der Internetseite: www.osha.europa.eu Sie sollten bei einer Kündigung unverzüglich fachlichen Rat einholen und gegebenenfalls innerhalb von 21 Tagen Klage beim Arbeitsgericht einreichen. Sie brauchen dafür keine anwaltliche Vertretung. Wenn Sie nicht wissen, wie Sie die Klage formulieren müssen, hilft Ihnen die Rechtsantragsstelle beim Arbeitsgericht kostenlos. Sollten Sie sich anwaltlich vertreten lassen, müssen Sie diese Kosten selbst tragen, auch wenn Sie den Prozess gewinnen. Befristete Arbeitsverhältnisse laufen mit Fristablauf aus. Sie müssen nicht gekündigt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine mehrmalige Befristung auch unwirksam sein. Dies wäre für Sie besonders im Fall einer Schwangerschaft wichtig. Regierungspräsidium Karlsruhe, Referat 54.4 Fachgruppe Mutterschutz Postanschrift: 76247 Karlsruhe Dienstsitz: Markgrafenstraße 46, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 926-7548, -7549, -4159, -7663 E-Mail: mutterschutz@rpk.bwl.de Internet: www.rp.baden-wuerttemberg.de Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg, Zweigstelle Karlsruhe Integrationsamt Erzbergerstraße 119, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 8107-0 Fax: 0721 8107-975 E-Mail: info@kvjs.de Internet: www.kvjs.de Da ist mehr für Sie drin! | 25 ... durch Sie selbst Sie können jederzeit ohne Angabe von Gründen kündigen, aber auch Sie sind zur Einhaltung der Kündigungsfristen verpfl ichtet, da Sie sich sonst möglicherweise schadenersatzpfl ichtig machen. Fristlos können Sie nur kündigen, wenn ein „wichtiger“ Grund vorliegt. Vor diesem Schritt sollten Sie unbedingt rechtlichen Rat einholen. Besondere Kündigungsmöglichkeiten bestehen während der Schwangerschaft, der Schutzfrist nach der Geburt und während der Elternzeit. 26 | Minijob Der Betrieb ist insolvent Wenn eine Firma Pleite macht, ist in den Geldbörsen ihrer Beschäftigten schon längst Ebbe. Denn unregelmäßige oder ausbleibende Gehalts- beziehungsweise Lohnzahlungen gehören fast immer zu den Vorboten einer Firmeninsolvenz. Doch die Betroffenen müssen neben dem Verlust des Arbeitsplatzes nicht auch noch ausstehende Gehaltszahlungen für zurückliegende Zeiten in Kauf nehmen. Alle, die wegen Zahlungsunfähigkeit des Betriebes den ihnen zustehenden Lohn nicht erhalten haben, haben Anspruch auf Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit, also auch die geringfügig Beschäftigten. Das Insolvenzgeld sichert den Gehalts- oder Lohnanspruch für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen wird oder – falls ein Insolvenzverfahren mangels Masse offensichtlich nicht in Betracht kommt – wenn die Betriebstätigkeit vollständig beendet wird. Gezahlt wird das Insolvenzgeld in Höhe des geschuldeten Nettoarbeitsentgelts. Wer bei der Insolvenz seiner Firma nicht zu kurz kommen will, der sollte spätestens innerhalb von zwei Monaten zur Agentur für Arbeit gehen, um Insolvenzgeld zu beantragen. Während des Insolvenzverfahrens beträgt die Kündigungsfrist für Ihr Arbeitsverhältnis maximal drei Monate. Nähere Auskünfte erhalten Sie bei der Agentur für Arbeit. Sie können sich auch im Internet auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit umfangreich informieren: www.arbeitsagentur.de – dort fi nden Sie unter anderem das Merkblatt und die Antragsvordrucke. Da ist mehr für Sie drin! | 27 Steuern und Beiträge im Minijob Die Beschäftigten müssen in der Regel weder Steuern noch Sozialabgaben auf eine Beschäftigung bis zu 450 Euro zahlen. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber zahlt in den meisten Fällen eine Pauschale von 31,29 Prozent (Stand 2017) des Arbeitslohns. Für Privathaushalte gelten andere Abgaben (siehe unter „Arbeitgeber im Privathaushalt“, Seite 33). Davon gehen 15 Prozent an die Renten- und in der Regel 13 Prozent an die Krankenversicherung. Dazu kommen 1,29 Prozent als Umlage zum Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen für Krankheit und Mutterschaft beziehungsweise den Anspruch der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers auf Insolvenzgeld. Hinzu kommt ein individueller Beitrag zur Unfallversicherung. Näheres dazu in den folgenden Kapiteln. Die pauschalen Abgaben zur Sozialversicherung muss allein die Arbeitgeberin beziehungsweise der Arbeitgeber bezahlen. Wenn diese Pauschalen abgeführt werden, fallen noch 2 Prozent Steuern, inclusive Solidaritätsbeitrag und Kirchensteuer an. Steuern können aber immer auch nach der Lohnsteuerkarte sowie einem anderen pauschalen Verfahren erhoben werden, wenn zum Beispiel aufgrund der Zusammenlegung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen kein pauschaler Beitrag zur Rentenversicherung gezahlt wird. Sollte dies auf Sie zutreffen, lassen Sie sich vom Finanzamt beraten, welches die für Sie günstigste Lösung wäre. Die Steuern, also auch die pauschale Lohnsteuer, kann die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber Ihnen vom Lohn abziehen. Bei einer kurzfristigen Beschäftigung, die nicht länger als drei Monate oder 70 Arbeitstage im Jahr dauern darf, fallen keine pauschalen Sozialabgaben an. Die Einkünfte müssen aber über die Lohnsteuerkarte oder pauschal mit 25 Prozent, zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer versteuert werden. 28 | Minijob Sie sind rentenversichert Wenn Sie Ihr Beschäftigungsverhältnis ab dem 1. Januar 20132 aufgenommen haben, sind Sie in der Regel voll in der Rentenversicherung versichert. 15 Prozent Ihres Verdienstes zahlt die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber, Sie selbst müssen 3,7 Prozent bezahlen. Ihnen werden zwölf Pfl ichtbeitragsmonate pro Jahr auf die Wartezeit angerechnet, Sie sind bei Erwerbs- und Berufsunfähigkeit abgesichert, können eine medizinische Rehabilitation (zum Beispiel eine Kur) beantragen und können Riester-Förderung für die private Vorsorge erhalten. Wenn Ihr monatlicher Verdienst unter 175 Euro liegt, müssen Sie zusätzlich die Differenz zwischen dem Arbeitgeberanteil und dem Mindestbeitrag (32,73 Euro) entrichten, es sei denn, Sie sind aus einer anderen Beschäftigung oder Tätigkeit heraus pfl ichtversichert. Wenn Sie Altersvollrente beziehen, sind Sie nicht versicherungs- pfl ichtig, die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber zahlt dann nur den pauschalen Beitrag zur Rentenversicherung, durch den sich Ihre Rente nicht mehr erhöht. Wenn Sie vorzeitige Altersrente beziehen, können Sie mit dem Minijob Ihre Rente noch geringfügig erhöhen. Sie können sich von der Versicherungspfl icht befreien lassen. Damit verzichten Sie aber auf viele Vorteile der Rentenversicherung. Sie müssen dann die 3,7 Prozent Abzug vom Lohn nicht bezahlen. Ob sich die Rentenversicherung im Minijob für Sie lohnt, kann im Einzelfall sehr unterschiedlich sein. Bevor Sie auf die volle Rentenversicherung verzichten, lassen Sie sich vom Versicherungsamt, von den Versichertenältesten oder anderen Stellen beraten (Adresse siehe „Versicherungen“, Seite 49). Wenn Sie ein oder mehrere Kinder unter zehn Jahren haben, zahlt sich der volle Rentenversicherungsbeitrag besonders aus: Ihre selbst erworbene Rentenanwartschaft wird noch einmal um 50 Prozent aufgestockt. Maximum: 100 Prozent des Durchschnittseinkommens. Diesen Wert können Sie allerdings mit einer geringfügigen Beschäftigung nicht erreichen. 2 Für Beschäftigungsverhältnisse, die vor 2013 aufgenommen wurden, gelten andere Regelungen. Doch auch hier ist die volle Rentenversicherung möglich. Ihre Arbeitgeberin oder Ihr Arbeitgeber muss Sie dazu informieren oder erkundigen Sie sich bei der Minijobzentrale. Da ist mehr für Sie drin! | 29 Ihr Anspruch auf Riester-Förderung Wer „riestert“ hat Anspruch auf staatliche Förderung. Der Sparer oder die Sparerin erhält auf jeden Fall die Grundförderung in Höhe von 175 Euro (ab 1. Januar 2018)3 sowie eine Kinderzulage für jedes Kind, für das man Kindergeld erhält, in Höhe von 300 Euro pro Jahr. Ist das Kind vor dem 1. Januar 2008 geboren, beträgt die Zulage 185 Euro. Diese staatliche Förderung für Ihre private Rentenvorsorge können Sie erhalten, wenn Sie  versicherungspfl ichtig im Minijob beschäftigt sind  oder Angehörige pfl egen und dadurch rentenversichert sind  oder einen Ehegatten oder eine Ehegattin haben, der oder die zum „förderfähigen Personenkreis“ gehört  oder bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend oder arbeitslos gemeldet sind  oder arbeitslos gemeldet sind und Leistungen nach SGB II (ALG II) nur deshalb nicht erhalten, weil Ihr Partner ein zu hohes Einkommen oder Vermögen hat. Achten Sie in diesem Fall darauf, dass Sie sich alle drei Monate bei der Arbeitsagentur melden und die Meldenachweise aufbewahren. Da Sie wegen Ihres geringen Verdienstes nur mit einer geringen staatlichen Rentenzahlung rechnen können, ist es für Sie umso wichtiger, zusätzlich privat vorzusorgen. Mit einem vergleichsweise geringen Eigenbeitrag können Sie die volle Förderung in Anspruch nehmen. Das lohnt sich besonders, wenn Sie Anspruch auf Kinderzulagen haben. Als geringfügig Beschäftigte müssen Sie nur einen Mindestbeitrag in Höhe von 60 Euro pro Jahr aufbringen. 3 Bis zum 31. Dezember 2017 beträgt die Grundförderung 154 Euro. 30 | Minijob Beispiel 1 Frau A hat keine Kinder, sie ist geringfügig beschäftigt. Als Förderung erhält sie für sich 175 Euro. Sie muss einen Mindestbeitrag von 60 Euro (pro Monat 5 Euro) bezahlen. Sie legt also 235 Euro an, von denen sie nur gut ein Viertel selbst bezahlen muss. Beispiel 2 Frau B ist geringfügig beschäftigt und hat drei Kinder, die alle vor 2008 geboren wurden. Ihr Mindestbeitrag liegt bei 60 Euro. Zusätzlich erhält sie 175 Euro für sich und insgesamt 555 Euro für die Kinder. Sie spart also im Jahr insgesamt 790 Euro für ihre Altersvorsorge. Weniger als ein Zehntel zahlt sie aus der eigenen Geldbörse. Beispiel 3 Frau C ist geringfügig beschäftigt und hat zwei Kinder. Eines ist vor, eines ist nach 2008 geboren. Ihr Mindestbeitrag liegt bei 60 Euro im Jahr. Zusätzlich erhält sie 175 Euro für sich und insgesamt 485 Euro für die Kinder. Sie spart also im Jahr insgesamt 720 Euro für ihre Altersvorsorge. Nur ein Zwölftel muss sie selbst aufbringen. Auf diese Förderung sollten Sie nicht verzichten! Falls Sie später einmal den Eigenbeitrag nicht aufbringen können, können Sie aussetzen, ohne den Vertrag zu kündigen. Welches für Sie das günstigste Angebot ist, können Sie zum Beispiel in der Zeitschrift „Finanztest“ der Stiftung Warentest (in den meisten Bibliothekslesesälen kostenlos einsehbar) nachlesen oder gegen eine geringe Gebühr bei der Verbraucherzentrale erfragen. Bitte beachten Sie: Wenn Ihr Einkommen deutlich höher ist als 450 Euro, müssen Sie je nach Kinderzahl auch einen höheren Eigenbeitrag leisten, zurzeit vier Prozent vom Jahresbruttoeinkommen. Leider können wir in dieser Broschüre nicht auf alle komplizierten Regelungen zur Riester-Rente eingehen. Informationen erhalten Sie zum Beispiel beim Finanzamt oder in den meisten Geldinstituten. Da ist mehr für Sie drin! | 31 Beitrag ohne Gegenleistung in der Krankenversicherung Wenn Sie bereits in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind (familienversicherte Hausfrauen, -männer, Schülerinnen und Schüler, Studierende oder Rentnerinnen und Rentner, freiwillig Versicherte), muss die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber 13 Prozent Ihres Arbeitsentgelts an Ihre Krankenkasse abführen. Eine Gegenleistung erhalten Sie dafür nicht. Für Sie entstehen keine Ansprüche, da Sie ja bereits Krankenversicherungsschutz haben. Ein Anspruch auf Krankengeld entsteht ebenfalls nicht. Wenn Sie privat krankenversichert sind (zum Beispiel als Beamtinnen, Beamte, Selbstständige), muss kein Krankenversicherungsbeitrag entrichtet werden. Tipp: Wenn Sie Mitglied in einer privaten Krankenversicherung oder freiwilliges Mitglied in einer gesetzlichen Krankenversicherung sind und gerne Pfl ichtmitglied in einer gesetzlichen Krankenversicherung werden wollen, sollten Sie sich einen „Midijob“ suchen (siehe „Midijob und Gleitzone“, Seite 35). Es reicht ein 451 Euro Monatsverdienst. Sie können dann mit einem geringen Beitrag die volle Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. 32 | Minijob Als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer im Privathaushalt Wenn Sie in einem Privathaushalt geringfügig tätig sind, hat dies für Sie den Nachteil, dass Ihre Arbeitgeberin oder Ihr Arbeitgeber nur einen Beitrag von fünf Prozent zur Rentenversicherung leisten muss. Wenn Ihr Beschäftigungsverhältnis ab dem 1. Januar 2013 begonnen hat4, sind Sie in der Rentenversicherung pfl ichtversichert. Einen Großteil des Beitrages müssen Sie leider selbst bezahlen: 13,7 Prozent Ihres Verdienstes werden dafür abgezogen. 23,98 Euro ist Ihr Mindestbeitrag bis zu einem Verdienst von 175 Euro. Sie können sich von der Versicherungspfl icht befreien lassen. Damit verzichten Sie aber auf viele Vorteile (siehe „Sie sind rentenversichert“, Seite 29). Ob sich dies lohnt, erfahren Sie beim Versicherungsamt, von den Versichertenältesten oder anderen Stellen (siehe Adressen „Versicherungen“, Seite 49). Beachten Sie: Auch im Privathaushalt haben Sie die gleichen Rechte am Arbeitsplatz wie alle anderen Beschäftigten! 4 Für Beschäftigungsverhältnisse, die vor 2013 aufgenommen wurden, gelten andere Regelungen. Doch auch hier ist die volle Rentenversicherung möglich. Ihre Arbeitgeberin oder Ihr Arbeitgeber muss Sie dazu informieren. Erkundigen Sie sich bei der Minijobzentrale. Da ist mehr für Sie drin! | 33 Was muss die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber im Privathaushalt beachten? Es ist preiswert und bequem, jemanden im Haushalt legal zu beschäftigen. Statt 31,29 Prozent müssen nur 14,8 Prozent Abgaben an die Minijob-Zentrale (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) als zentrale Einzugsstelle für die geringfügigen Beschäftigungen abgeführt werden. Bei einem Einkommen von bis zu 450 Euro geschieht dies über den sogenannten „Haushaltsscheck“. Die Beiträge werden dann entsprechend den Lohnangaben einfach vom Konto abgebucht. Alle Versicherungen sind damit abgegolten (gesetzliche Unfallversicherung, Lohnfortzahlung). Den Haushaltsscheck erhalten Sie bei der Minijob-Zentrale (Adresse siehe „Versicherungen“, Seite 49). Auch einen Musterarbeitsvertrag können Sie dort bekommen. Für Minijobs in Privathaushalten ermäßigt sich die Einkommensteuer auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers, maximal 510 Euro im Jahr. Warnhinweis: Unangemeldete Beschäftigung im Privathaushalt kann teuer werden: Neben einem Bußgeld ist ein Arbeits- oder Wegeunfall Ihrer Haushaltshilfe ein großes fi nanzielles Risiko: Bei Schwarzarbeit muss die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber der Berufsgenossenschaft die Kosten für einen Arbeitsunfall erstatten (§ 110 Abs. 1a SGB VII). 34 | Minijob „Midijob“ und „Gleitzone“ Während die Minijobs allgemein bekannt sind, kennen nur ganz wenige die „Midijobs“. Offi ziell nennt man sie „Beschäftigung in der Gleitzone“. Früher war es so, dass auch bei einer nur unbedeutenden Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenzen volle Sozialversicherungs- und Steuerpfl icht anfi el. Es musste erheblich mehr verdient werden, um auch nur ein wenig mehr Geld netto zu bekommen. Das stellte sich als großes Hindernis heraus, wenn geringfügig Beschäftigte in einen sozialversicherungspfl ichtigen (Teilzeit-) Job wechseln wollten. Um diese Hürde abzumildern, hat man die „Gleitzone“ erfunden, in der die Kostenbelastung für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer nur ganz allmählich auf die volle Beitragslast anwächst. Die Gleitzone beginnt bei 450,01 Euro und endet bei 850 Euro, ab dann sind die vollen Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen. Wenn das Monatseinkommen in der Gleitzone liegt, muss die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die regulären halben Arbeitgeberbeiträge abführen. Für Sie als Beschäftigte reduzieren sich die Beiträge aber deutlich: Bei einem Einkommen von 460 Euro bezahlen Sie nur rund 52 Euro statt 89 Euro. Ihre Ersparnis beträgt also rund 37 Euro. Je mehr Sie verdienen, desto geringer ist die Ersparnis, ab 850 Euro müssen Sie den vollen Sozialversicherungsbeitrag bezahlen. In der gesetzlichen Krankenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung bleiben Ihnen in der Gleitzone alle Leistungen erhalten. Allerdings müssen Sie einen geringfügig niedrigeren Rentenanspruch in Kauf nehmen. Wenn Sie das nicht wollen, müssen Sie dies Ihrer Arbeitgeberin beziehungsweise Ihrem Arbeitgeber schriftlich mitteilen. Dann erhalten Sie für den vollen Sozialversicherungsbeitrag auch den Rentenanspruch, der Ihrem Einkommen entspricht. Da ist mehr für Sie drin! | 35 Vorsicht bei Überschreitung der Entgeltgrenze Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld werden bei der Ermittlung des regelmäßigen Monatslohnes berücksichtigt. Erhalten Beschäftigte zum Beispiel einen Lohn in Höhe der Geringfügigkeitsgrenze und zusätzlich ein 13. Monatsentgelt als Weihnachtsgeld, so kann Sozialversicherungspfl icht eintreten. Sonderzahlungen werden aber nur dann angerechnet, wenn sie entweder vertraglich vereinbart oder betriebsüblich regelmäßig gezahlt werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn gleichartige Sonderzahlungen in mehreren aufeinander folgenden Jahren gezahlt werden. Sozialversicherungspfl icht tritt nicht ein, wenn eine Sonderzahlung (zum Beispiel Erfolgsbeteiligung oder einmalige Leistungsprämie) nicht vertraglich vereinbart und auch nicht regelmäßig gezahlt wurde. Dreimal im Jahr darf es „mehr“ sein, zum Beispiel dann, wenn Sie als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung unvorhergesehen einspringen müssen, dann ist dieses Überschreiten der Sozialversicherungsgrenzen unschädlich. Das Gleiche gilt, wenn Sie bei einer zweiten Arbeitgeberin oder einem Arbeitgeber kurzfristig, das heißt für maximal drei Monate, ein zweites Arbeitsverhältnis eingehen. Auch können Sie bei Schwankungen im Arbeitsanfall fl exible Arbeitszeitregelungen (zum Beispiel Gleitzeit- oder Jahreszeitkonten) vereinbaren und sogenannte Wertguthabenvereinbarungen (zum Beispiel Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten) treffen. Hierfür gelten sehr spezielle Regelungen. Auskünfte dazu erteilt die Minijob-Zentrale. 36 | Minijob Und noch ein Tipp: Ihre Arbeitgeberin oder Ihr Arbeitgeber kann Ihnen steuer- und sozialversicherungsfrei einen Zuschuss zur Unterbringung nicht schulpflichtiger Kinder in einer Kindertageseinrichtung geben (§ 2, Nr. 33 Einkommensteuergesetz). Diesen Zuschuss können Sie auch ohne Probleme über die Grenze von 450 Euro hinaus erhalten. Es könnte sich also lohnen, mit der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber zu verhandeln. Steuer- und somit auch sozialabgabenfrei sind weiter Sachleistungen wie zum Beispiel ein Jobticket und unter Umständen auch ein Tankgutschein. Wichtig ist: Es darf kein Bargeld fl ießen und es gelten Höchstgrenzen. Wenn dies für Sie in Frage kommt, informieren Sie sich am besten bei einer Steuerberaterin oder einem Steuerberater. Da ist mehr für Sie drin! | 37 Die Einkommensgrenze überschreiten und gleichzeitig etwas für die Rente tun – wie geht das? Seit vielen Jahren gibt es eine Form der betrieblichen Altersvorsorge, die üblicherweise nur bei sozialversicherungspfl ichtigen Arbeitsverhältnissen angewendet wurde – die sogenannte „Entgeltumwandlung“. Bei dieser Anlageform sparen die Beschäftigten Sozialabgaben und Steuern. Für Minijobberinnen oder Minijobber scheint dieses Modell auf den ersten Blick uninteressant zu sein, weil für sie Sozialabgaben und Steuern pauschal abgeführt werden. Da bei der Entgeltumwandlung das für Sozialabgaben maßgebliche Einkommen um den Sparanteil direkt gekürzt wird, können Beschäftigte mit Minijob bis zu 242 Euro im Monat für ihre Altersvorsorge einsetzen und müssen oder können natürlich entsprechend mehr arbeiten. Es kommen auf diese Weise wirklich nennenswerte Summen zusammen, die im Alter als monatliche Rente ausgezahlt werden können. Die Vorteile einer Entgeltumwandlung:  Mehrarbeit über 450 Euro/Monat ist zulässig, wenn dieser Mehrverdienst in einen entsprechenden Sparvertrag fl ießt  Aufbau einer zusätzlichen Alterssicherung  Das so angesparte Vermögen ist „Hartz-IV-fest“, das heißt, es wird bei der Berechnung des vorhandenen Vermögens nicht mitgerechnet und ist darüber hinaus pfändungssicher  Das so angesparte Vermögen kann nicht verfallen und gehört ausschließlich Ihnen Wie können Sie und Ihre Arbeitgeberin oder Ihr Arbeitgeber von diesem „Geheimtipp“ profi tieren? Sie oder er lässt sich von seiner Steuerberaterin, seinem Steuerberater oder der Hausbank beraten, welche Form dieser betrieblichen Altersvorsorge gewählt werden soll. Wenn ihr oder ihm dies zu mühsam ist, weil es sich um einen kleinen Betrieb handelt, dann dürfen selbstverständlich auch Sie sich zum Beispiel bei Stiftung Warentest Finanztest informieren und nach der günstigsten Gesellschaft suchen. Der Abschluss der betrieblichen Altersversicherung muss durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber erfolgen, die oder der dann auch die Beiträge direkt überweisen muss. 38 | Minijob Was ist weiter zu tun? Sie vereinbaren gemeinsam eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit und der Gegenwert für diese Mehrarbeit wird ohne Abzüge in Ihre betriebliche Altersversorgung eingebracht. Da ist mehr für Sie drin! | 39 Setzen Sie sich durch! Ihrer Arbeitgeberin beziehungsweise Ihrem Arbeitgeber ist oft nicht bekannt, dass Sie ein Recht auf Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder ähnliches haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Sie in einem Kleinbetrieb arbeiten. Dann sollten Sie diese Broschüre gegebenenfalls an die Betriebsleitung weitergeben oder anregen, dass bei der Rechtsberatung des Betriebes nachgefragt wird. Ist in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat, Personalrat oder eine Mitarbeitendenvertretung vorhanden, wenden Sie sich an sie, um dort wegen Ihrer Forderungen Unterstützung zu bekommen. In der Praxis kommt es leider gar nicht so selten vor, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber verdeckt oder ganz unverhohlen offen mit dem Verlust Ihres Arbeitsplatzes drohen, wenn Sie die in dieser Broschüre aufgeführten Minimalrechte aus dem Arbeitsvertrag fordern. Wenn Sie gute Nerven haben, können Sie auf Ihren Rechten beharren. Eine daraufhin erfolgende Kündigung wäre wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) nichtig. Eine Arbeitgeberin beziehungsweise ein Arbeitgeber darf Beschäftigte bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil diese in zulässiger Weise ihr Recht ausüben. Wenn Sie aber auf genau diesen Arbeitsplatz angewiesen sind, bleibt Ihnen eventuell nichts anderes übrig, als von der Durchsetzung dieser Rechte abzusehen, da Ihre Arbeitgeberin beziehungsweise Ihr Arbeitgeber gegebenenfalls nur etwas warten muss, um Sie unter einem (anderen) Vorwand zu entlassen. Ist jedoch irgendwann einmal, egal aus welchen Gründen, das Arbeitsverhältnis beendet, können Sie nachträglich im Rahmen der gesetzlichen Verjährungsfrist beziehungsweise im Rahmen der tarifl ich geltenden Verfallsfrist rückwirkend alles einfordern, was Ihnen trotz gesetzlicher beziehungsweise tarifl icher Vorschriften nicht gewährt worden ist. Findet für Sie kein Tarifvertrag Anwendung, gilt die gesetzliche Verjährung von drei Jahren. Dies bedeutet, Sie können noch bis zum 31. Dezember 2018 Forderungen aus dem Jahr 2015 geltend machen. Ansprüche aus dem Jahr 2017 verjähren erst nach dem 31. Dezember 2019. Notieren Sie also genau, wann Sie wegen einer Erkrankung nicht arbeitsfähig waren oder für welche gesetzlichen Feiertage Sie keine Lohnfortzahlung erhielten. Urlaub können Sie nur 40 | Minijob für das laufende Kalenderjahr geltend machen, es sei denn, Sie konnten aus dringenden betrieblichen oder in Ihrer Person liegenden Gründen wie beispielsweise bei Krankheit, den Urlaub nicht antreten. „Alten“ Urlaub können Sie auch dann geltend machen, wenn Sie vergeblich (und beweisbar!) bezahlten Urlaub gefordert haben. Können Sie bis zur Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses den bezahlten Urlaub nicht oder nicht vollständig nehmen, haben Sie einen fi nanziellen Abgeltungsanspruch. Findet für Sie ein Tarifvertrag Anwendung, können Sie Ihre Ansprüche rückwirkend nur im Rahmen der tarifvertraglichen Verfallsfristen geltend machen, die unter Umständen nur wenige Monate betragen. Informieren Sie sich bei der für Sie zuständigen Gewerkschaft. Listen Sie alle Ihre Forderungen detailliert auf und machen Sie diese gegenüber Ihrer Arbeitgeberin oder Ihrem Arbeitgeber schriftlich geltend. Vergessen Sie dabei aber nicht zu prüfen, ob die gesetzliche beziehungsweise tarifl iche Kündigungsfrist eingehalten wurde. Möglicherweise steht Ihnen noch weiterer Lohn oder weiteres Gehalt zu. Die Einhaltung des Mindestlohns wird durch die „Zollverwaltung, Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ kontrolliert. Bei Fragen können Sie sich an Ihr Hauptzollamt oder an die Mindestlohnhotline des Bundesarbeitsministeriums wenden (Adresse unter „Information zum Mindestlohn“, Seite 53). Von der Zollverwaltung kann allerdings nur der ganze Betrieb überprüft werden. Ihren persönlichen Anspruch auf Mindestlohn müssen Sie selbst – ebenso wie Ihre anderen Ansprüche auch – geltend machen. Für den Mindestlohn gelten aber keine arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Ausschlussfristen. Er ist nicht „verwirkbar“. Sie müssen ihn nur vor Ablauf der Verjährung einfordern. Werden Ihre Forderungen nicht erfüllt, können Sie beim Arbeitsgericht Klage einreichen. Sie brauchen dafür keine anwaltliche Unterstützung. Wenn Sie nicht wissen, wie Sie die Klage formulieren sollen, hilft Ihnen die Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts gebührenfrei. Sie brauchen keine Bedenken zu haben, Ihre Forderungen gerichtlich durchzusetzen. Wenn Sie die in dieser Broschüre aufgeführten Minimalrechte einklagen, gehen Sie praktisch kein Kostenrisiko ein. Selbst wenn Sie möglicherweise in dem einen oder anderen Punkt verlieren, sind die Gerichtskosten nur gering. Die gegnerische Anwältin oder den Anwalt müssen Sie in der ersten Instanz nie bezahlen, denn dies muss immer die Da ist mehr für Sie drin! | 41 Auftraggeberin beziehungsweise der Auftraggeber – gleichgültig, wer den Prozess gewinnt oder verliert. Ein Kostenrisiko bezüglich eines Anwaltshonorars gehen Sie also nur ein, wenn Sie selbst eine Anwältin oder einen Anwalt beauftragen, es sei denn, Sie haben eine Rechtsschutzversicherung, die auch die Kosten des Arbeitsgerichtsverfahrens trägt. Sollten Sie Mitglied einer Gewerkschaft sein, wird von dort die Rechtsvertretung übernommen. 42 | Minijob Auszüge aus Gesetzestexten Bundesurlaubsgesetz in der Fassung vom 20. April 2013 (Auszüge) § 1 Urlaubsanspruch Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. § 3 Dauer des Urlaubs (1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage. § 5 Teilurlaub (1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer a) für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt; b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet; c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Entgeltfortzahlungsgesetz in der Fassung vom 16. Juli 2015 (Auszüge) § 2 Entgeltzahlungen an Feiertagen Für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. (...) § 3 Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. (...) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Abs. 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, Da ist mehr für Sie drin! | 43 die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen. Der Anspruch (...) entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses. § 4 Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts Für den in § 3 Abs. 1 bezeichneten Zeitraum ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. § 5 Anzeige- und Nachweispfl ichten Der Arbeitnehmer ist verpfl ichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpfl ichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen. (...) § 9 Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation Die Vorschriften der §§ 3 bis 4a und 6 bis 8 gelten entsprechend für die Arbeitsverhinderung infolge einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation, die ein Träger der gesetzlichen Renten-, Kranken- oder Unfallversicherung, eine Verwaltungsbehörde der Kriegsopferversorgung oder ein sonstiger Sozialleistungsträger bewilligt hat und die in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt wird. Ist der Arbeitnehmer nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse oder nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, gelten die §§ 3 bis 4a und 6 bis 8 entsprechend, wenn eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation ärztlich verordnet worden ist und in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation oder einer vergleichbaren Einrichtung durchgeführt wird. 44 | Minijob Teilzeit- und Befristungsgesetz in der Fassung vom 20. Dezember 2011 (Auszüge) § 2 Begriff des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers (1) Teilzeitbeschäftigt ist ein Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. (...) (2) Teilzeitbeschäftigt ist auch ein Arbeitnehmer, der eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ausübt. § 4 Verbot der Diskriminierung (1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. § 12 Arbeit auf Abruf (1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen. (2) Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpfl ichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt. (3) Durch Tarifvertrag kann von den Absätzen 1 und 2 auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tarifl ichen Regelungen über die Arbeit auf Abruf vereinbaren. Da ist mehr für Sie drin! | 45 Hilfreiche Adressen Frauenbeauftragte und Gleichstellungsbeauftragte Sie zeigen auf kommunaler Ebene Benachteiligungen von Frauen auf, entwickeln Lösungsmöglichkeiten und wirken darauf hin, dass in allen Lebensbereichen der Auftrag des Grundgesetzes „Frauen und Männer sind gleichberechtigt“ erfüllt wird. Sie leisten vor Ort einen entscheidenden Beitrag zum Aufbau nachhaltiger gleichstellungspolitischer Strukturen in Deutschland. Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten werden nach außen für die Bürgerschaft und – je nach Landesvorschrift – innerhalb der Stadtverwaltung für das Personal tätig. Beispiele für interne Tätigkeiten:  Beratung der Verwaltungsleitung in Gleichstellungsfragen  Mitwirkung in Personalangelegenheiten  Mitwirkung am Frauenförderplan  Beratung von Beschäftigten Beispiele für externe Tätigkeiten:  Kooperation und Vernetzung für mehr Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit  Informations-, Beratungs- und Kulturangebote für die Bürgerschaft vor Ort Stadt Karlsruhe Gleichstellungsbeauftragte Annette Niesyto Rathaus am Marktplatz, 76124 Karlsruhe Telefon: 0721 133-3062 Fax: 0721 133-3069 E-Mail: gb@karlsruhe.de Internet: www.karlsruhe.de/gleichstellung Landkreis Karlsruhe Gleichstellungsbeauftragte Astrid Stolz im Landratsamt Karlsruhe Beiertheimer Allee 2, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 936-51300 Fax: 0721 936-51599 E-Mail: gleichstellungsbeauftragte@landratsamt-karlsruhe.de Internet: www.landkreis-karlsruhe.de 46 | Minijob Stadt Bruchsal Gleichstellungsbeauftragte Sabine Riescher Rathaus am Marktplatz, Kaiserstraße 66, 76646 Bruchsal Telefon: 07251 79-364 Fax: 07251 79-11364 E-Mail: gleichstellung@bruchsal.de Internet: www.bruchsal.de Stadt Ettlingen Gleichstellungsbeauftragte für Mitarbeitende Silke Benkert Schillerstraße 7 – 9, 76275 Ettlingen Telefon: 07243 101-513 Fax: 07243 101-263 E-Mail: gleichstellung@ettlingen.de Internet: www.ettlingen.de Stadt Waghäusel Frauenbeauftragte Karin Sälzler Gymnasiumstraße 1, 68753 Waghäusel Telefon: 07254 207-2207 Fax: 07254 207-2230 E-Mail: karin.saelzler@waghaeusel.de Internet: www.waghaeusel.de Kontaktstelle „Frau und Beruf“ Die Kontaktstelle „Frau und Beruf“ in Karlsruhe berät Sie in allen Fragen des berufl ichen Wiedereinstiegs, über Weiterbildungsmöglichkeiten, Chancen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, vor allem, wenn Sie mehr als einen 450 Euro-Job wollen. Beratungsgespräche können Sie jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9 bis 12 Uhr telefonisch mit dem Sekretariat vereinbaren. Telefonische Beratung jeden Montag von 14 bis 17 Uhr bei konkreten Fragestellungen zu Aus- und Weiterbildung, Qualifi zierung, Wiedereinstieg, Neuorientierung oder Bewerbung um einen Arbeitsplatz. Da ist mehr für Sie drin! | 47 Kontaktstelle „Frau und Beruf“ Wirtschaftsstiftung Südwest Zähringerstraße 65 a, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 133-7335 Sekretariat Fax: 0721 133-7339 E-Mail: info@frauundberuf-karlsruhe.de Internet: www.frauundberuf-karlsruhe.de Gewerkschaften Gewerkschaft ver.di Die Gewerkschaft ver.di ist zuständig für Beschäftigte aus den unterschiedlichsten Branchen, zum Beispiel aus dem Einzelhandel. Etwa die Hälfte der Mitglieder von ver.di sind Frauen. Wenn Sie nicht genau wissen, ob ver.di die für Sie zuständige Gewerkschaft ist, rufen Sie einfach an und erkundigen Sie sich. ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bezirk Mittelbaden-Nordschwarzwald Rüppurrer Straße 1 a, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 3846-000 Fax: 0721 3846-335 E-Mail: bezirk.mittelbaden-nordschwarzwald@verdi.de Internet: www.mittelbaden.verdi.de IG Bauen-Agrar-Umwelt (BAU) Die IG Bauen-Agrar-Umwelt ist auch für Gebäudereinigerinnen da. Mit den Frauen und für die Frauen will die IG-BAU die Arbeitsbedingungen menschlicher machen, auf Einkommens- und Beschäftigungssicherung drängen, auf Einhaltung der Tarifverträge achten und für leistungsgerechte Entlohnung kämpfen. Zudem will sie die Schutzgesetze für Arbeitnehmende verbessern und eine eigenständige soziale Absicherung durchsetzen. In tarifl ichen und arbeitsrechtlichen Fragen werden Mitglieder beraten. IG Bauen-Agrar-Umwelt (BAU) Nordbaden Büro Karlsruhe Ettlinger Straße 3 a, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 83160-0 Fax: 0721 83160-20 E-Mail: karlsruhe@igbau.de Internet: www.igbau-nordbaden.de Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten Region Mittelbaden-Nordschwarzwald Ettlinger Straße 3 a, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 9322010 Fax: 0721 9322015 E-Mail: region.mittelbaden-nordschwarzwald@ngg.net Internet: www.ngg.net 48 | Minijob IG Metall Karlsruhe Ettlinger Straße 3 a, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 93115-0 Fax: 0721 93115-20 E-Mail: karlsruhe@igmetall.de Internet: www.karlsruhe.igm.de IG Metall Bruchsal - Gebäude 5108 - Werner-von-Siemens-Straße 2 – 6, 76646 Bruchsal Telefon: 07251 7122-0 Fax: 07251 7122-60 E-Mail: bruchsal@igmetall.de Internet: www.bruchsal.igm.de Versicherungen Minijob-Zentrale Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See 45115 Essen Service-Center Cottbus Telefon: 0355 2902-70799 Montag bis Freitag: 7 bis 17 Uhr E-Mail: minijob@minijob-zentrale.de Internet: www.minijob-zentrale.de Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg Servicezentrum Karlsruhe Gartenstraße 105, 76135 Karlsruhe Terminvergabe: 0721 825-11543 Telefon: 0721 825-11542 Fax: 0721 825-11934 E-Mail: servicezentrum.karlsruhe@drv-bw.de Internet: www.deutsche-rentenversicherung.de Sprechtag in Bruchsal, Rathaus Otto-Oppenheimer-Platz 5, 76646 Bruchsal Jeden Donnerstag, Terminvereinbarung unter der Telefonnummer 07251 82511543 Sprechtag in Waghäusel, Rathaus Gymnasiumstraße 1, 68753 Waghäusel Über aktuelle Termine informiert Sie das Bürgerbüro Telefon: 07254 207-222 Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand www.dguv.de Da ist mehr für Sie drin! | 49 Unfallkasse Baden-Württemberg Augsburger Straße 700, 70329 Stuttgart Postanschrift: 70324 Stuttgart Telefon: 0711 9321-0 Fax: 0711 9321-500 Unfallkasse Baden-Württemberg Service-Center Karlsruhe Waldhornplatz 1, 76131 Karlsruhe, Postanschrift: 76128 Karlsruhe Telefon: 0721 6098-0/-1 Fax: 0721 6098-5200 E-Mail: info@ukbw.de Internet: www.ukbw.de www.ukbw.de/versicherte/haushaltshilfen-minijobs AOK-Allgemeine Ortskrankenkasse Bezirksdirektion Mittlerer Oberrhein Kriegsstraße 41, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 91582678 Fax: 0721 3711-209 E-Mail: aok.mittlerer-oberrhein@bw.aok.de Internet: bw.aok.de Agentur für Arbeit Agentur für Arbeit Karlsruhe-Rastatt Brauerstraße 10, 76135 Karlsruhe Telefon: 0800 4555500 (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) * Telefon: 0800 4555520 (Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber) * * gebührenfrei Fax: 0721 823-2000 E-Mail: karlsruhe-rastatt@arbeitsagentur.de Internet: www.arbeitsagentur.de Agentur für Arbeit Karlsruhe-Rastatt Geschäftsstelle Bruchsal Kaiserstraße 97, 76646 Bruchsal Telefon: siehe Agentur für Arbeit Karlsruhe Fax: 07251 8004-50 E-Mail: bruchsal@arbeitsagentur.de Agentur für Arbeit Karlsruhe-Rastatt Geschäftsstelle Ettlingen Schloßgartenstraße 24, 76275 Ettlingen Telefon: siehe Agentur für Arbeit Karlsruhe Fax: 07243 5446-30 E-Mail: ettlingen@arbeitsagentur.de 50 | Minijob Finanzämter Finanzamt Karlsruhe-Stadt Schlossplatz 14, 76131 Karlsruhe Telefon: 0721 156-0 Fax: 0721 156-1000 E-Mail: poststelle-35@fi nanzamt.bwl.de Internet: www.fa-karlsruhe-stadt.de Finanzamt Karlsruhe-Durlach Prinzessenstraße 2, 76227 Karlsruhe Telefon: 0721 994-0 Fax: 0721 994-1235 E-Mail: poststelle-34@fi nanzamt.bwl.de Internet: www.fa-karlsruhe-durlach.de Finanzamt Bruchsal Schönbornstraße 1 – 5, 76646 Bruchsal Telefon: 07251 74-0 Fax: 07251 74-2111 E-Mail: poststelle-30@fi nanzamt.bwl.de Internet: www.fa-bruchsal.de Finanzamt Ettlingen Pforzheimer Straße 16, 76275 Ettlingen Telefon: 07243 508-0 Fax: 07243 508-295 E-Mail: poststelle-31@fi nanzamt.bwl.de Internet: www.fa-ettlingen.de Arbeitsgericht Arbeitsgericht Karlsruhe Ritterstraße 12, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 175-2500 Fax: 0721 175-2525 E-Mail: poststelle-ka@lag.bwl.de Internet: www.arbg-karlsruhe.de Wichtig: Klagen, Verfahrensanträge oder Schriftsätze in Gerichtsverfahren können per Email nicht rechtswirksam eingereicht werden. Bundesministerium für Arbeit und Soziales Tarifregister, Referat IIIa 3, 53107 Bonn Telefon: 0228 99527-0 Bürgertelefon Arbeitsrecht: 030 221911004 Bürgertelefon Minijob: 030 221911005 Das Bürgertelefon des BMAS ist von montags bis donnerstags zwischen 8 und 20 Uhr für Sie erreichbar. E-Mail: info@bmas.bund.de Da ist mehr für Sie drin! | 51 Internet: www.bmas.bund.de Hier fi nden Sie ein Verzeichnis der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge: www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsrecht/ Tarifvertraege/allgemeinverbindliche-tarifvertraege Arbeitsschutz Amt für Arbeitsschutz Internetseite Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Stadt Karlsruhe Umwelt- und Arbeitsschutz Markgrafenstraße 14, 76131 Karlsruhe Telefon: 0721 133-3101 Fax: 0721 133-3109 E-Mail: umwelt-arbeitsschutz@karlsruhe.de Internet: www.karlsruhe.de/b3/arbeit/arbeitsschutz Landratsamt Karlsruhe Amt für Umwelt und Arbeitsschutz Beiertheimer Allee 2, 76137 Karlsruhe Telefon: 0721 936-86700 Fax: 0721 936-87999 E-Mail: umweltamt@landratsamt-karlsruhe.de Internet: www.landkreis-karlsruhe.de Bundesversicherungsamt, Mutterschaftsgeldstelle Friedrich-Ebert-Allee 38, 53113 Bonn Telefon: 0228 619-1888 täglich von 9 bis 12 Uhr, donnerstags von 13 bis 15 Uhr Fax: 0228 619-1877 E-Mail: mutterschaftsgeldstelle@bvamt.de-mail.de Internet: www.bundesversicherungsamt.de/mutterschaftsgeld Regierungspräsidium Karlsruhe, Referat 54.4 Fachgruppe Mutterschutz Postanschrift: 76247 Karlsruhe Dienstsitz Markgrafenstraße 46, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 926-7548, -7549, -4159, -7663 E-Mail: mutterschutz@rpk.bwl.de Internet: www.rp.baden-wuerttemberg.de 52 | Minijob Integrationsamt Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg Zweigstelle Karlsruhe Integrationsamt Erzbergerstraße 119, 76133 Karlsruhe Telefon: 0721 8107-0 Fax: 0721 8107-975 E-Mail: info@kvjs.de Internet: www.kvjs.de Informationen zum Mindestlohn Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) www.der-mindestlohn-wirkt.de Mindestlohn-Hotline des BMAS: 030 60280028 Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) www.dgb.de/schwerpunkt/mindestlohn Mindestlohn-Hotline des DGB: 0391 4088003 Generalzolldirektion Zentrale Auskunft Postfach 10 07 61, 01077 Dresden Anfragen von Privatpersonen Zentrale Auskunft Telefon: 0351 44834-510 E-Mail: info.privat@zoll.de Fax: 0351 44834-590 Montag bis Freitag 8 bis 17 Uhr Allgemeine Adressen Verbraucherzentrale Kaiserstraße 167 (4. OG), 76133 Karlsruhe Telefon: 0711 669110 Fax: 0721 9845150 Internet: www.verbraucherzentrale.de Da ist mehr für Sie drin! | 53 Impressum Herausgeberinnen: Gleichstellungsbeauftragte der Städte Karlsruhe, Bruchsal, Ettlingen und des Landkreises Karlsruhe, Frauenbeauftragte der Stadt Waghäusel. Hinweis: Diese Broschüre ist auch in Leichter Sprache bei den Herausgeberinnen erhältlich. Adressen und Kontakte siehe Seite 46 Text: Ingeborg Heinze (Juristin) Christel Steylaers (Politologin) Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Remscheid für die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG), Berlin www.frauenbeauftragte.de Nachdruck und/oder Veröffentlichung im Internet, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) gestattet. Endredaktion: Katharina Weinbrecht, Ursula Zetzmann Stadt Karlsruhe, Büro der Gleichstellungsbeauftragten Layout: Stadt Karlsruhe, Zimmermann Foto: pixelio.de, Thorben Wengert Druck: Stadt Karlsruhe, Rathausdruckerei, 100 Prozent Recycling-Papier Trotz größter Sorgfalt kann es immer einmal passieren, dass es zu Druckfehlern kommt oder die Rechtslage sich kurzfristig ändert. Für die Richtigkeit der Angaben kann daher keine Gewähr übernommen werden. Stand: April 2018 54 | Minijob Notizen Da ist mehr für Sie drin! | 55 Wir sind für Sie da Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Karlsruhe und der Städte: Waghäusel
https://www.karlsruhe.de/b4/stadtverwaltung/gleichstellung/veroeffentlichungen/HF_sections/content/ZZoJK2DSOOXZZ3/ZZoJK3RCje8rly/Minijob_2018.pdf
Fluechtlinge BroschA4.indd Baden Flüchtlinge begleiten Informationen für Ehrenamtliche und Hauptamtliche in Baden-Württemberg Eine Handreichung und Arbeitshilfe Herausgeber: Diakonisches Werk der Evangelischen Landeskirche in Baden e.V. Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V. Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V. Württemberg 2 Impressum Impressum Herausgeber: Diakonisches Werk der Evangelischen Landeskirche in Baden e.V., Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. , Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V., Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V. Konzept: Teile des Textes basieren auf verschiedenen Handreichungen aus anderen Bundesländern und aus Baden-Württemberg. Wir danken herzlich für die Erlaubnis zur Verwendung. ƒ „Ratgeber für das Ehrenamt – Flüchtlinge in Köln“, Herausgeber: Caritasverbandes für die Stadt Köln e.V. ƒ „Flüchtlinge in Niedersachsen - Was kann ich tun?“, Herausgeber: Caritas in Niedersachsen, Diakonisches Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen e.V., Haus kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers ƒ „FLÜCHTLINGE Willkommen heißen – begleiten – beteiligen“, Herausgeber: Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg ƒ „Nah an Menschen von weit weg - Flüchtlinge begleiten und unterstützen“, Herausgeber: Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V. Redaktion: Jürgen Blechinger (V.i.S.d.P.), Vera Borgards, Birgit Dinzinger, Mervi Herrala, Claudia Roloff, Ottmar Schickle, Annette Stepputat, Jana-Christina von Dessien, Gisela Wolf Autoren: Bernhard Beier-Spiegler, Jürgen Blechinger, Lena Gehring, Simon Geiger, Christian Heinze, Mervi Herrala, Berthold Münch, Michael Noack, Claudia Roloff, Ottmar-Schickle, Ute Schmidt, Susanne Schupp, Giles Stacey, Annette Stepputat, Nadja Tiyma, Jana-Christina von Dessien, Mehrnousch Zaeri-Esfahani, Sibylle Zeiser Besonderer Dank geht an die Autoren in Köln und Niedersachsen für die Erlaubnis zur Verwendung ihrer Texte: Carmen Guerra, Gudrun Hallmann, Thomas Heek, Johanna Heil, Doris Kölsch, Eva Lutter, Hedwig Mehring, Lars-Torsten Nolte, Margret Pues, Susanne Rabe-Rahman und Dr. Barbara Weiser. Grafiken: Sebastian Schöne, Jana-Christina von Dessien Layout/Satz: Martin Gloge, Diakonisches Werk Baden Stand: Dezember 2015 - 3. Auflage Ausschließlich aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet. Gemeint ist stets sowohl die weibliche als auch die männliche Form. Inhaltsverzeichnis Inhalt 3 Vorwort 5 1. Flüchtlinge – wer ist gemeint? 6 2. Flüchtlinge im Asylverfahren 10 2.1 Ankunft in Erstaufnahmeeinrichtungen 11 2.2 Der Asylantrag 11 2.3 Die EU-Asyl-Zuständigkeits-Verordnung (Dublin III) und der Schutzstatus in anderen europäischen Ländern 12 2.4 Die Anhörung und Entscheidung 12 2.5 Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht 14 2.6 Alternative Bleibemöglichkeiten in Deutschland 14 2.7 Besondere Verfahrensarten und Abschiebungshaft 16 2.8 Schutz der Familieneinheit 16 3. Rahmenbedingungen der Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Baden-Württemberg 18 3.1 Flüchtlingsaufnahme/Unterbringung/Wohnen – Das neue Flüchtlingsaufnahmegesetz 18 3.2 Sprachförderung bei Erwachsenen 19 3.3 Kindertageseinrichtungen und Schule 20 3.4 Ausbildung, Anerkennung beruflicher Qualifikationen, „Zugang“ zum Arbeitsmarkt 20 3.5 Soziale Absicherung und Asylbewerberleistungsgesetz – Spezielles Sozialrecht für Flüchtlinge 23 3.6 Gesundheitsversorgung 23 3.7 Traumatisierte Flüchtlinge, Frauen, Kinder und andere besonders schutzbedürftige Flüchtlinge 25 3.8 Gesellschaftliche Integration - weitere Angebote für Flüchtlinge 27 4. Begleitung, Beratung und Unterstützung: Zusammenspiel von ehrenamtlichem Engagement und Fachberatungsstellen 28 4.1 Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements für Flüchtlinge 28 4.2 Interkulturelle Kompetenz und Ziel des Ehrenamts 33 4.3 Zusammenarbeit in Initiativen, Kooperationsformen 34 4.4 Rahmenbedingungen – Versicherungsschutz 36 4.5 Sprachliche Brücken schaffen: Wo und wie finde ich einen Dolmetscher? 37 4.6 Die Situation in Herkunftsländern – Wo gibt es Informationen? 39 4.7 Fachberatungsstellen für Flüchtlinge 40 4.8 „Stolpersteine“ im Rahmen des persönlichen Engagements 42 5. Weiterführende Links und Kontaktadressen 43 6. Abkürzungsverzeichnis 44 7. Begriffslexikon 45 8. Stichwortverzeichnis 47 4 Vorwort 5 Vorwort „Ein Fremdling soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer.“ (3.Mose 19,34) „Christus spricht: Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.“ (Mt. 25,35) Kein Flüchtling verlässt seine Heimat freiwillig ohne Not. Fluch- tursachen sind vielfältig und komplex: Krieg und Bürgerkrieg, Verfolgung, Vertreibung, Folter, drohende Todesstrafe. Welt- weit sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Die meisten bleiben im eigenen Land oder fliehen in benachbarte Länder. Sie hoffen auf eine Möglichkeit der Rückkehr. Nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge weltweit kommt nach Europa und ein noch kleinerer Teil davon nach Deutschland. Von den Menschen, die hier um Asyl nachsuchen, verbleiben nach Abschluss des Ver- fahrens etwas mehr als 50 % in Deutschland. Die Aufnahme und Annahme von Flüchtlingen ist für uns auch eine geistliche Frage und Herausforderung. So wie sie uns aus dem Matthäusevangelium gestellt ist: „Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Geschwi- stern, das habt ihr mir getan.“ (Mt. 25,40). Gott ist ein Freund der Fremden, davon legt die Bibel ein ein- drückliches Zeugnis ab. Deshalb sind der Schutz der Fremden, ihre Integration und Partizipation für uns, aber auch gesamtge- sellschaftlich eine besondere Aufgabe und Verantwortung. Diese Handreichung ist ein Baustein im gesamten Einsatz der Kirchen und der Wohlfahrtsverbände zur Bewältigung der ge- sellschaftlichen Herausforderung, die die aktuelle Fluchtbewe- gung mit sich bringt. Die Vermittlung von Hintergrundwissen zu den Themen Flucht und Asyl will dazu beitragen, die Bereit- schaft zu erhöhen, Menschen auf der Flucht in Gemeinwesen aufzunehmen. Freiwilliges Engagement ist eine wichtige Vo- raussetzung für ein interkulturelles Miteinander, das das Zu- sammenleben in den kirchlichen und kommunalen Gemeinden bereichern kann. An vielen Orten haben sich Initiativen gegründet, um Flücht- linge zu begleiten und zu unterstützen. Viele Kirchengemein- den engagieren sich für Flüchtlinge. Ehrenamtliche setzen sich mit hohem Engagement dafür ein, die Lebensverhältnisse der Flüchtlinge hier zu verbessern und sie im Asylverfahren zu un- terstützen. Wir danken ausdrücklich all denen, die sich bereits an den unterschiedlichsten Orten für Flüchtlinge engagieren. Sie leisten Unterstützung z.B. beim Erlernen der deutschen Sprache, machen mit Kindern Hausaufgaben, begleiten Asyl- suchende zur Anhörung und vieles mehr. Viele Ehrenamtliche erleben die Arbeit mit und für Flüchtlinge als eine Bereiche- rung. Ermutigen wollen wir auch diejenigen, die sich einsetzen möchten und für die Vorbereitung Informationen, Anregungen und professionelle Beratung suchen. Freiwilliges Engagement stößt auch an Grenzen, insbesondere dort, wo Ehrenamtliche mit besonders belastenden Erfah- rungen asylsuchender Männer, Frauen und Kinder konfrontiert werden oder wo das gesellschaftliche Umfeld mit Ängsten und Abwehr reagiert. Ehrenamtliche Arbeit braucht hauptamtliche Begleitung. Deshalb sind an vielen Orten aus kirchlichen Mit- teln finanzierte Stellen eingerichtet worden, die Ehrenamtliche begleiten und Flüchtlinge beraten. Die Kirchen und kirchlichen Wohlfahrtsverbände in Baden-Württemberg setzen auch eige- ne Ressourcen für die psychosoziale Begleitung und Therapie von traumatisierten Flüchtlingen ein. Darüber hinaus engagie- ren sich die Verbände in der Verfahrens- und Sozialberatung in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen sowie in der Flücht- lingssozialarbeit in den Stadt- und Landkreisen. Wir wünschen all denen, die hier beheimatet sind, und denen, die hier Heimat suchen, gute Begegnungen und für alles Mitei- nander Gottes Segen. Oberkirchenrat Urs Keller, Vorstandsvorsitzender, Diakonisches Werk der Evangelischen Landeskirche in Baden e. V. Msgr. Bernhard Appel, Diözesan-Caritasdirektor, Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V. Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender, Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. Dr. Annette Holuscha-Uhlenbrock, Diözesan-Caritasdirektorin, Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V. 6 Flüchtlinge - wer ist gemeint? Was Flüchtlinge im Gepäck haben, wenn sie bei uns ankommen Die meisten Flüchtlinge haben ihr Heimatland unter Druck und sehr spontan verlassen. Sie fliehen, weil sie oder ihre Familien- angehörigen wegen ihrer politischen Tätigkeit, ihrer Volkszuge- hörigkeit oder ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt werden, weil ihnen Inhaftierung und Folter drohen oder sie diese schon erleben mussten oder weil sie oppositionellen Gruppen zuge- rechnet werden. Viele Menschen fliehen vor Krieg, allgemein bedrohlichen oder gefährlichen Situationen in ihrem Heimat- land oder weil sie keine Existenzgrundlage finden können. In der Regel müssen Flüchtlinge ihr Heimatland schnell verlassen und dabei ihr bisheriges Leben, ihre Angehörigen und ihren Besitz zurücklassen. Die Einreise in die EU bzw. nach Deutsch- land auf legalem Weg ist hierbei kaum möglich. Tatsächlich sind Flüchtlinge auf die meist gefährliche und teure Reise mit sogenannten Schleusern angewiesen. Oftmals wissen sie nicht, wie lange sie auf der Flucht sein und in welchem Land sie am Ende ankommen werden. Der Weg nach Deutschland führt sie über die Ägäis, das Mittelmeer, über verschiedene europä- ische Länder. Die Flucht selbst wirkt auf viele Flüchtlinge nicht weniger traumatisierend als die Erlebnisse, die zur Flucht führten. Einigen Flüchtlingen bleibt die beschwerliche Flucht nach Deutschland mit einem Schleuser zumindest zum Teil erspart. Sie können im Rahmen sogenannter Resettlement-Programme oder humanitärer Aufnahmeverfahren (siehe Seite 9) legal zu- meist in organisierten Gruppenflügen einreisen. Im Jahr 2012 zählte das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Na- tionen (UNHCR) 45,2 Millionen Menschen, die weltweit ihr Land verlassen haben bzw. verlassen mussten oder innerhalb ihres Landes als „Binnenflüchtlinge“ aus ihren Wohnorten und Herkunftsgebieten vertrieben worden sind. 2015 ist diese Zahl bereits auf 60 Millionen angestiegen. Ob Vertriebene, Kriegsflüchtlinge, überlebende Katastrophen- opfer, Schutzsuchende, politische Flüchtlinge oder Armuts- flüchtlinge: 86 % von ihnen bleiben als Binnenflüchtlinge im eigenen Land oder fliehen in die angrenzenden Nachbarländer; sie haben Zuflucht in Entwicklungs- und Schwellenländern ge- funden. Lediglich 14% werden von 44 Industrienationen aufge- nommen, d.h. nur die wenigsten kommen letztlich nach Europa. Flüchtling ist nicht gleich Flüchtling. Allein für die sich in Deutschland aufhaltenden Flüchtlinge haben wir verschiedene Bezeichnungen, die auch Hinweise auf ihren rechtlichen Status geben. Wer ist also gemeint? Asylsuchende und Asylbewerber Menschen, die Schutz vor Verfolgung suchen, reisen in der Re- gel irregulär in die Europäische Union bzw. nach Deutschland ein. Sie können um Asyl nachsuchen und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag stellen. Damit sind sie Asylbewerber. Im Asylverfahren wird dann geprüft, ob sie einen Schutzstatus erhalten. In dieser Zeit erhalten die Asylbe- werber eine sog. „Aufenthaltsgestattung“. Sofern Personaldo- kumente des Heimatstaates vorhanden sind, behält die Aus- länderbehörde diese in der Regel ein. 1. Flüchtlinge – wer ist gemeint? Flüchtlinge - wer ist gemeint? 7 Fluchtwege nach Europa 170.000 Flüchtlinge über die Zentrale Mittelmeerroute Flüchtlinge über dieFlüchtlinge über dieFlüchtlinge über dieFlüchtlinge über dieFlüchtlinge über die Östliche Mittelmeerroute 50.000 45.000 Flüchtlinge über die Flüchtlinge über die Flüchtlinge über die Flüchtlinge über die Flüchtlinge über die Flüchtlinge über die Westliche Balkanroute 8.000 Flüchtlinge über die Flüchtlinge über die Flüchtlinge über die Westliche Mittel- meerroute 86% aller Flüchtinge fliehen in die Nachbarländer, die meist Entwicklungsländer sind. unter 2,0 2,0 - 2,5 2,5 - 3,0 3,0 - 3,5 3,5 - 4,5 Asylbewerber pro 1000 Einwohner -Asylbewerber in Relation zur Einwohnerzahl - Asylentscheidung noch offen über 4,5 ca. 626.710 Menschen befanden sich 2014 in einem Asylverfahren (Grafi k: Sebastian Schöne, Stand: 2014) 8 Flüchtlinge - wer ist gemeint? Asylverfahren Die verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten im Asylverfahren Flüchtlingsanerkennung Flüchtling ist nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der EU-Qualifikationsrichtli- nie, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationa- lität, seiner politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes aufhält und den Schutz dieses Landes wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen kann oder will. Im deutschen Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ist dies in §§ 3 ff geregelt. Wer als Flüchtling anerkannt wird, erhält eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 1. Alt. Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Asylberechtigung Die Asylberechtigung nach Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes erhält, wem politische Verfol- gung droht (entspricht im Grundsatz den Voraussetzungen der Flüchtlingsanerkennung). Ausgeschlossen von der Asylberechtigung sind aber alle Personen, die auf dem Landweg über einen sog. „sicheren Drittstaat“ nach Deutschland eingereist sind (alle EU-Staaten, Schweiz, Lichtenstein, Norwegen und Island). Wer „nur“ als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt wird, hat den gleichen Status wie ein Asylberechtigter mit der gleichen Rechtsstellung. Von daher ist es unerheblich, ob die Anerkennung als Asylbe- rechtigter oder als Flüchtling nach der GFK erfolgt. Beide Personengruppen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis, Asylberechtigte nach § 25 Abs. 1 AufenthG. Asylberechtigte wie Flüchtlinge nach der GFK erhalten einen von Deutschland ausgestellten GFK-Pass (blauer Pass). Nach drei Jahren Aufenthaltserlaubnis erhalten sie bei Fortbestehen der Gründe für die Flüchtlings- bzw. Asyl-Anerkennung eine Niederlassungserlaubnis (unbe- fristete Aufenthaltsgenehmigung). Subsidiärer Schutz Subsidiären Schutz nach der EU-Qualifikationsrichtlinie (siehe auch § 4 AsylVfG) erhalten Flüchtlinge, denen ein „ernsthafter Schaden“ droht, d.h. schwere Menschenrechtsverlet- zungen, die nicht zur Flüchtlingsanerkennung führen: ƒ Konkrete Gefahr der Folter oder grausame, erniedrigende, unmenschliche Behandlung ƒ Konkrete Gefahr der Todesstrafe ƒ Konkrete Gefahr für Leib und Leben in Kriegs- und Bürgerkriegssituationen Diese Personen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 2. Alt. AufenthG Nationales Abschiebungsverbot Flüchtlinge dürfen nicht abgeschoben werden, wenn ihnen konkrete Gefahren für Leib und Leben, vor allem wegen fehlender medizinischer Behandlung im Herkunftsland drohen. Diese Personen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG. Flüchtlinge - wer ist gemeint? Asylverfahren 9 Abschiebung und Duldung Wird im Asylverfahren kein Schutzstatus festgestellt und hat der Ausländer sonst kein Aufenthaltsrecht in Deutschland, ist er in der Regel ausreisepflichtig und kann nach Ablauf der Aus- reisefrist auch zwangsweise zurückgeführt werden. Die zwangsweise Rückführung heißt „Abschiebung“. Es kann un- terschiedliche tatsächliche und rechtliche Gründe geben, wa- rum eine Abschiebung nicht möglich ist. Solange der Auslän- der nicht abgeschoben werden kann, wird die Abschiebung ausgesetzt. Der Ausländer erhält die sog. „Duldung“. Diese ändert nichts an der Ausreisepflicht und begründet keinen rechtmäßigen Aufenthalt. Möglicherweise wird die Duldung über Jahre immer wieder verlängert („Kettenduldung“), bis der Ausländer abgeschoben werden kann oder aus anderen Grün- den doch ein Aufenthaltsrecht erhält (siehe 2.6). Flüchtlinge in humanitären Aufnahmeverfahren und in Resettlement-Programmen Dies sind Flüchtlinge, die im Rahmen von Aufnahmeaktionen des Bundes oder der Länder legal in Deutschland aufgenom- men werden. Dieses betrifft z.B. die Zusage Deutschlands zur Aufnahme von insgesamt 20.000 syrischen Flüchtlingen in den Jahren 2013/2014/2015. Flüchtlinge im humanitären Aufnah- meprogramm werden temporär aufgenommen und erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG für zwei Jahre. Daneben gab es Landesaufnahmeanordnungen für Fa- milienangehörige von in Baden-Württemberg lebenden Syrern, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG erhal- ten haben. Im letzten Fall mussten sich andere Personen, i.d.R. die schon lange in Deutschland lebenden Familienangehöri- gen, für die kompletten Aufenthaltskosten mittels einer sog. „Verpflichtungserklärung“ verbürgen. Der Aufenthalt von Flüchtlingen im Resettlement ist auf Dauer angelegt; dennoch erhalten sie zunächst eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG für drei Jahre (siehe hierzu auch Infoblatt Aufnahme syrische Flüchtlinge auf www.ekiba.de/migration „Rechtliches“). Illegale Flüchtlinge? Menschen ohne Aufenthaltspapiere Dieser Begriff beschreibt Menschen, die sich ohne behördliche Registrierung in Deutschland aufhalten oder sich dem Zugriff der Polizei durch “Untertauchen” entzogen haben. Ein Behör- denkontakt wäre mit Festnahme, Inhaftierung, Rück- oder Ab- schiebung verbunden. Daher können diese Menschen ohne offiziellen legalen Status keine Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Anspruch nehmen. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) Häufig melden sich minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern oder Erziehungsberechtigte nach Deutschland gekommen sind. Diese werden in Obhut genommen und kommen nicht in eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber, sondern in eine Jugendhilfeeinrichtung bzw. eine Pflegefamilie. Das zu- ständige Jugendamt kann ein Altersfestsetzungsverfahren ein- leiten, wenn Zweifel an der Minderjährigkeit bestehen (siehe dazu Handreichung der Liga der Freien Wohlfahrtspflege, ab- rufbar unter www.ekiba.de/migration unter „Rechtliches“). 10 Flüchtlinge im Asylverfahren Überblick Überblick über das Asylverfahren (stark vereinfacht) 2. Flüchtlinge im Asylverfahren Überblick über das Asylverfahren (stark vereinfacht) Einreise/Asylgesuch (selten erfolgreich) (Grafik: Jana-Christina v. Dessien) Bescheid Asyl Ablehnung Ablehnung („offensichtlich unbegründet“) Flüchtling Subsidiärer Schutz Nat. Abschiebungsverbot Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Anhörung Dublin III (Reisewegbefragung) Bescheid über die Nicht-Zuständigkeit Deutschlands Anhörung zu den Fluchtgründen Überstellung (Dublin III) Normales Asylverfahren Aufenthaltstitel Abschiebung Verwaltungsgericht (u.U. Rechtsmittel) Überstellung (Dublin III) Verwaltungsgericht (u.U. Rechtsmittel) KLAGE KLAGE+ Antrag auf vorl. Rechtschutz KLAGE+ Antrag auf vorl. Rechtschutz Vorl. Aussetzung der Abschiebung („Duldung“) Flüchtlinge im Asylverfahren Aufnahme/ Antrag 11 Wer in Deutschland als Flüchtling anerkannt werden oder Schutz erhalten möchte, stellt in der Regel einen „Asylantrag“. Das Asylverfahren ist komplex und oftmals langwierig. Bera- tungsstellen können bei jedem Verfahrensstand eine kompe- tente Hilfe für Flüchtlinge und Ehrenamtliche sein. 2.1 Ankunft in Erstaufnahmeeinrichtungen Flüchtlinge, die ohne Visum einreisen, müssen sich unmittelbar nach Ankunft in Deutschland in eine Erstaufnahmeeinrichtung begeben, die es in jedem Bundesland gibt, oder sie werden von der Grenzpolizei oder einer Ausländerbehörde dorthin ver- wiesen. In einigen Erstaufnahmeeinrichtungen befindet sich – neben der Unterbringungseinrichtung, die durch das Regie- rungspräsidium betrieben wird - auch eine Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), welches die Asylverfahren der Flüchtlinge durchführt. Bevor ein Asyl- verfahren eingeleitet wird, wird entschieden, in welches Bun- desland der Asylsuchende verteilt wird. Die Verteilung erfolgt nach dem sog. „Königsteiner Schlüssel“. Baden-Württemberg muss ca. 13 % der Asylsuchenden aufnehmen. Zunächst wer- den die Ankommenden entweder direkt in der Landeserstauf- nahmeeinrichtung (LEA) Karlsruhe mit ihren verschiedenen Au- ßenstellen und Notunterkünften untergebracht oder in den anderen LEAs in Baden-Württemberg: wie z.B. in Mannheim, Meßstetten (Zollern-Alb-Kreis) oder Ellwangen (Ostalbkreis) bzw. in einer der zusätzlich eingerichteten Bedarfserstaufnah- meeinrichtungen (BEAs) oder im Zentralen Registrierzentrum in Heidelberg. Der Aufenthalt in der Erstaufnahme beträgt maxi- mal sechs Monate (bei den sog. „sicheren“ Herkunftsländern auch länger), in der Regel ist er kürzer. Danach erfolgt die Ver- teilung innerhalb von Baden-Württemberg auf die Stadt- und Landkreise (nach einem Einwohnerschlüssel) in die sog. vor- läufige Unterbringung (siehe 3.1). Der Aufbau weiterer LEAs und BEAs ist in Planung. Standards in der Flüchtlingsunterbringung Für die Unterbringung von Flüchtlingen in Unterkünften ist die Einhaltung von Mindeststandards wichtig (vgl. dazu auch Flüchtlingsaufnahmegesetz): Eine integrierende Lage vor Ort, abgeschlossene Wohneinheiten mit ausreichendem Küchen- und Sanitärbereich sowie Spielzimmer für Kinder bzw. Gemeinschaftsräume möglichst mit Internetzugang. Die Bedürfnisse von besonders schutzbedürftigen Personen müssen berücksichtigt werden, so sollten z.B. traumatisierte Frauen nicht in gemischtgeschlechtlichen Wohneinheiten untergebracht werden. Des Weiteren sollte qualifizierte Flüchtlingssozialarbeit durch gemeinnützige Träger, gerne unter Einbindung des ehrenamtlichen Engagements, sichergestellt werden. 2.2 Der Asylantrag Der Asylantrag ist eine mündliche oder schriftliche Äußerung, aus der hervorgeht, dass der Flüchtling Schutz vor politischer Verfolgung sucht. Der Asylbewerber soll sich unverzüglich nach der Einreise bei den Behörden melden und wird dann an die Erstaufnahmeeinrichtung weitergeleitet bzw. meldet sich selbst dort. Der Asylsuchende wird von der Landeserstaufnah- meeinrichtung (vom Regierungspräsidium) zunächst registriert: Fingerabdrücke, die Aufnahme der Personalien und die Abga- be von Pass und weiteren Dokumenten zur Identifizierung. Im Anschluss erfolgt die Gesundheitsuntersuchung nach dem In- fektionsschutzgesetz. Der Asylsuchende erhält dann einen Termin zur eigentlichen Asylantragsstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. In einer ersten Befragung (von den Flüchtlingen oft als „First Interview“ bezeichnet) werden lediglich Details zum Einreise- weg und die Personaldaten abgefragt. Zu einem späteren Ter- min wird der Asylsuchende erneut zu seiner persönlichen An- hörung zum BAMF geladen, wenn nicht eine „Dublin-Konstellation“ (siehe 2.3) vorliegt. Hier erfolgt erstmals die Befragung zu seinem persönlichen Verfolgungsschicksal. Dieser Anhörungstermin kann während des Aufenthaltes in der Erstaufnahmeeinrichtung erfolgen. Es kommt aber sehr häufig vor, dass die Flüchtlinge bereits vorher auf die Stadt- und Landkreise verteilt werden. Für die Dauer des Asylverfahrens erhält der Asylsuchende als Ausweispapier die „Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung“. Achtung: Der Stand des Asylverfahrens ergibt sich aus der Akte und den ergangenen Entscheidungen. Auch wenn die Aufent- haltsgestattung noch gültig ist, könnte eine Abschiebung bereits möglich sein, wenn die Ausreisefrist abgelaufen ist. 12 Flüchtlinge im Asylverfahren EU-Asyl 2.3 Die EU-Asyl-Zuständigkeits-Verordnung (Dublin III) und der Schutzstatus in anderen europäischen Ländern Die EU-Staaten, die Staaten des Europäischen Wirtschafts- raumes (Norwegen, Island, Liechtenstein) sowie die Schweiz müssen bei allen Personen, die sie bei illegaler Einreise bzw. beim illegalen Aufenthalt aufgreifen oder die einen Asylantrag stellen, Fingerabdrücke abnehmen. Diese werden in einer eu- ropaweiten Datei (EURODAC) gespeichert und können somit EU-weit abgeglichen werden. Dabei lässt sich feststellen, ob der Asylsuchende mit einem Visum eines anderen EU-Staates gereist ist, bereits in andere europäische Staaten eingereist war oder einen Asylantrag gestellt hatte. Wenn die EURO- DAC-Überprüfung ergibt, dass ein Asylsuchender bereits Kon- takt zu einem anderen Dublin-Staat hatte bzw. dieser zustän- dig ist, wird in der Regel innerhalb der in der Verordnung festgelegten Fristen ein Verfahren zur Überstellung eingeleitet. Es kann sich auch herausstellen, dass in einem anderen EU- Land bereits ein Schutzstatus erteilt wurde. Auch in diesem Fall kann eine Überstellung erfolgen. Hintergrund ist die EU-Asyl-Zuständigkeitsverordnung („Dublin III“), in den 90er Jahren Dubliner Übereinkommen. Hiernach können Asylbewerber ihr Verfahren nur in einem Mitgliedstaat der EU durchführen. Sie können sich den EU-Staat, der das Verfahren durchführt, nicht aussuchen. Nach den Kriterien in der EU-Asyl-Zuständigkeitsverordnung wird entschieden, welcher Mitgliedstaat für die Durchführung des Verfahrens zu- ständig ist. Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates wird eingeleitet, wenn erstmals in der EU ein Asylantrag gestellt wird. Dieser zuständig gewordene Staat bleibt dann zuständig, auch wenn sich der Asylbewerber in ei- nen anderen Mitgliedstaat begibt. Die Zuständigkeit wird nach den in den Artikeln 7 bis 17 der EU-Asyl-Zuständigkeitsverordnung niedergelegten Kriterien ermittelt. Bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist nor- malerweise der Mitgliedstaat zuständig, in dem sie den Asylan- trag stellen. In einen anderen EU-Staat darf er nur überstellt werden, wenn ein dort gestellter Asylantrag bereits abgelehnt ist. Ansonsten ist der Mitgliedstaat zuständig, der einen Auf- enthaltstitel oder ein Visum ausgestellt hat. Ist der Ausländer ohne Visum eingereist, ist derjenige EU-Staat zuständig, über dessen Außengrenze der Asylsuchende in die EU eingereist ist. Kann der zuständige Mitgliedstaat nicht ermittelt werden bzw. nimmt dieser den Asylsuchenden nicht auf, dann ist der EU- Staat zuständig, in dem der Asylantrag gestellt wurde. Beste- hen im zuständigen Mitgliedstaat gravierende Mängel im Asyl- system, so dass der Asylbewerber dort kein faires Verfahren zu erwarten hat, darf er in diesen Staat nicht überstellt werden. Vor einer „Dublin-Überstellung“ wird der Asylbewerber ange- hört und erhält einen Bescheid. Gegen diesen ist innerhalb von zwei Wochen eine Klage beim Verwaltungsgericht möglich; ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage muss allerdings innerhalb von einer Woche gestellt sein. Wird kein Antrag gestellt oder wird dieser Antrag abgelehnt, kann die Überstellung erfolgen, auch wenn noch fristgerecht Klage erhoben worden ist. 2.4 Die Anhörung und Entscheidung Das BAMF setzt nach der Asylantragstellung einen Termin zur Anhörung fest. Der Anhörungstermin liegt oftmals mehrere Monate nach der Asylantragstellung. Flüchtlinge müssen zu diesem Termin zu einer der Außenstellen des BAMF fahren, die sich oft in den Erstaufnahmeeinrichtungen befinden. Die Hin- und Rückfahrtkosten zur Anhörung werden von der kommu- nalen Behörde übernommen. Im Falle einer möglichen Dublin-Überstellung wird die Anhörung möglicherweise erst nach Abschluss des Dublin-Verfahrens terminiert, wenn fest- steht, dass der Asylsuchende in Deutschland bleibt. Die Anhö- rung beinhaltet Fragen zu den Personalien, den Fluchtgründen und dem Fluchtweg. Im Rahmen der Anhörung ist es sehr wichtig, dass der Flücht- ling möglichst umfassend und detailliert alle Umstände erläu- tert, weshalb er aus dem Herkunftsland fliehen musste, ggf. nicht in einem Drittland bleiben konnte und weshalb keine Rückkehrmöglichkeit besteht. Auch ist es hilfreich, Zeugen oder Beweismittel zu benennen. Es ist völlig normal, dass Flüchtlinge ihre Verfolgungsgründe nicht beweisen können, daher genügt die Glaubhaftmachung. Flüchtlinge müssen kei- ne Beweismittel wie Urkunden, Haftbefehle, Zeitungsberichte etc. vorlegen. Werden solche Unterlagen vorgelegt, wird ihre Echtheit in der Regel überprüft. Zu der Anhörung kann der Asylbewerber einen Rechtsanwalt mitbringen. Diesen muss er selbst bezahlen. Er kann auch eine andere (neutrale) Vertrauensperson als Beistand mitbringen (vgl. § 14 Verwaltungsverfahrensgesetz). Die Fluchtgründe – das persönlich Erlebte – muss der Asylbewerber selbst glaub- Flüchtlinge im Asylverfahren Anhörung 13 haft schildern. Die Anhörung wird mit Hilfe eines Dolmetschers durchgeführt und protokolliert. I.d.R. wird dies zeitgleich mit der Anhörung mitdiktiert. Auf eine persönliche Anhörung wird nur bei Personen unter 16 Jahren sowie in wenigen anderen Ausnahmefällen verzichtet. In einigen Fällen ist auch eine schriftliche Darlegung der Asylgründe möglich – im Einzelfall mittels eines speziellen Fragebogens zur Vereinfachung des Verfahrens, z.B. bei syrischen und einigen irakischen Asylbe- werbern. Der Antragsteller (oder der von ihm beauftragte Rechtsanwalt) erhält später eine Kopie des Protokolls. Dieses sollte auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit sorgfältig überprüft werden, be- vor die Entscheidung ergeht. Ist es 3-4 Wochen nach der An- hörung noch nicht zugesandt worden, empfiehlt es sich, das Protokoll schriftlich (per Fax) beim Bundesamt anzufordern. Eine schriftliche Entscheidung über den Asylantrag wird inner- halb mehrerer Monate vom BAMF gefällt. Die Bearbeitungs- zeiten schwanken. Der Bescheid enthält entweder die Flücht- lingsanerkennung oder die Asylberechtigung, die Gewährung des subsidiären Schutzstatus, ein nationales Abschiebungs- verbot oder die vollständige Ablehnung mit Ausreiseaufforde- rung und Abschiebungsandrohung (zu den Entscheidungs- möglichkeiten siehe Kapitel 1: „Flüchtlinge – wer ist gemeint?“). Bei einer positiven Entscheidung wendet sich der Flüchtling zwecks Ausstellung des Aufenthaltstitels an die kommunale Ausländerbehörde. Hatte der Asylsuchende keine relevanten Asylgründe oder konnte er sie dem Beamten des BAMF nicht überzeugend darlegen, wird der Asylantrag abgelehnt (bzw. teilweise abgelehnt). Hierfür gibt es mehrere Varianten: eine Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“, als „unbegrün- det“, als „unbeachtlich“ oder als „Einstellung des Verfahrens“. In jedem dieser Fälle sollte umgehend eine Beratungsstelle oder ein im Asylrecht erfahrender, sachkundiger und engagier- ter Rechtsanwalt aufgesucht werden, um Fristen für eine Klage und einen gegebenenfalls erforderlichen „Antrag auf aufschie- bende Wirkung der Klage“ (Eilantrag, siehe unten) zu wahren. Die Frist beträgt manchmal nur eine Woche! „Sichere Herkunftsländer“ Der Gesetzgeber hat die Staaten Albanien, Bosnien und Herzogowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien (ehem. jug. Republik), Montenegro, Senegal und Serbien als sog. „sichere“ Herkunftsländer eingestuft. Für Asylbewerber aus diesen Staaten besteht eine gesetzliche Vermutung, dass sie dort vor politischer Verfolgung sicher sind, die aber im Einzelfall widerlegt werden kann. Auch in diesen Fällen findet ein Asylverfahren wie hier beschrieben statt. Es wird eine Anhörung durchgeführt. Kann die vermutete Verfolgungssicherheit nicht widerlegt werden, wird der Antrag als „offensichtlich“ unbegründet abgelehnt („OU“). Das Klageverfahren hat dann ebenfalls keine aufschiebende Wirkung; neben der Klage muss wie in anderen „OU“- Fällen ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt werden (siehe dazu 2.5.). 14 Flüchtlinge im Asylverfahren Klageverfahren/ Bleibemöglichkeiten Hat das Verfahren aufschiebende Wirkung, dann findet norma- lerweise beim Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Auf dieser Grundlage spricht der Richter dann sein Urteil. Gegen diese Entscheidung, mit weiteren Rechtsbehelfen zu höheren Gerichten zu kommen, ist äußerst schwierig. Norma- lerweise ist das Verfahren mit der Entscheidung beim Verwal- tungsgericht zu Ende. Mit bestandskräftiger negativer Ent- scheidung läuft dann die Ausreisefrist und es kann abgeschoben werden. Hat das gerichtliche Verfahren keine aufschiebende Wirkung und lehnt das Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab, kann sofort abgeschoben wer- den. Das Asylverfahren kann unter Umständen mehrere Jahre andauern. 2.6 Alternative Bleibemöglichkeiten in Deutschland Wenn das Asylverfahren abgelehnt wurde und eine Abschie- bung droht, gibt es in manchen Fällen noch einige wenige, al- ternative Handlungsoptionen, um in Deutschland bleiben zu können. Manche Personen erfüllen die Voraussetzungen, um auf anderer Grundlage ein Aufenthaltsrecht zu erhalten: z.B. Aufenthalt zum Zweck des Studiums, Aufenthalt aus familiären Gründen (z.B. Ehepartner deutsch oder mit Aufenthaltsstatus, deutsches Kind) oder z.B. als internationale Fachkraft. Per- sonen, die sich schon längere Zeit in Deutschland aufhalten, fallen – wenn sie die Aufenthaltszeiten erfüllen, bestimmte Inte- grationsvoraussetzungen nachweisen und keine Ausschluss- gründe vorliegen - möglicherweise unter die neuen Bleibe- rechtsregelungen (siehe §§ 25a und 25b AufenthG, siehe Infoblatt Bleiberechtsregelung auf www.ekiba.de/migration). In wenigen Fällen macht die Anrufung der Härtefall-Kommissi- on Sinn (unbedingt den Reader für Eingaben an die Härtefall- kommission lesen; www.ekiba.de/migration). 2.5 Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Die Frist läuft mit der Zustellung der Entscheidung mittels „Postzustellungsurkunde“. Der Briefumschlag wird dem Asyl- bewerber - sofern er anwesend ist - übergeben. Andernfalls wird eine Benachrichtigung zur Abholung im Briefkasten hin- terlassen. Bereits wenn dieser „Benachrichtigungszettel“ hin- terlassen wurde oder auf der in der Unterkunft ausgehängten Postliste vermerkt ist, dass Post abgeholt werden kann, läuft die Frist. Der Asylbewerber muss sicherstellen, dass ihn die Post zuverlässig erreicht (Anbringen eines Briefkastens, Name auf dem Briefkasten, Kontrolle, ob Post da ist). Innerhalb der Frist (ACHTUNG: Zustellungs-Datum auf dem Briefumschlag) müssen die Klage und die Anträge beim Verwaltungsgericht eingegangen sein. Dazu gibt es die folgenden Möglichkeiten, sofern nicht ein Rechtsanwalt die Klage fristwahrend einlegt: Der Asylbewerber geht während der Bürozeiten persönlich zur Rechtsantragsstelle des zuständigen Verwaltungsgerichts und erhebt dort die Klage bzw. stellt die Anträge. Die schriftlich ab- gefasste Klage oder der Antrag kann dort auch eingeworfen werden (ACHTUNG: Tag- und Nacht Briefkasten, d.h. die Kla- ge/der Antrag muss vor 24.00 Uhr eingeworfen werden). Eine andere Möglichkeit ist, die Klage bzw. den Antrag per Fax dem Gericht zukommen zu lassen. E-Mail ist nicht möglich, da da- mit rechtswirksam keine Unterschrift übermittelt werden kann. Wegen der Details auf jeden Fall immer die Rechtsbehelfsbe- lehrung im Bescheid genau lesen! Der Asylbewerber darf die Unterschrift unter der Klage/dem Antrag nicht vergessen. In- nerhalb einer Familie müssen alle handlungsfähigen Personen, d.h. beide Elternteile und alle Kinder, die älter als 15 Jahre sind, unterschreiben. Das Klageverfahren gegen die Ablehnung des Asylantrages, ggf. auch das Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz, wird beim örtlich zuständigen Verwaltungsgericht durchgeführt. Wird der Asylantrag im normalen Asylverfahren nicht als „of- fensichtlich unbegründet“ abgelehnt, hat die Klage aufschie- bende Wirkung. Dies bedeutet: Solange das Gerichtsverfahren läuft, darf nicht abgeschoben werden. Hat das Verfahren keine aufschiebende Wirkung, muss nicht nur Klage eingelegt wer- den, sondern ein zusätzlicher Antrag auf Anordnung der auf- schiebenden Wirkung gestellt werden, damit der Asylbewerber während des Verfahrens in Deutschland bleiben darf. Flüchtlinge im Asylverfahren Beratung und Unterstützung 15 Beratung und Unterstützung im Asylverfahren Sehr wichtig ist eine gute, qualifizierte Beratung und Unterstützung im Asylverfahren schon zu Beginn des Verfahrens, mög- lichst schon vor der Anhörung zu den Fluchtgründen. Bei der Anhörung müssen die persönlichen Fluchtgründe umfassend glaubhaft gemacht werden. Auch im weiteren Verfahren benötigen Asylbewerber oft fachkundige Beratung und Unterstüt- zung. Asylbewerber können sich für das Verfahren beim Bundesamt oder auch nur später beim Verwaltungsgericht einen Rechts- anwalt nehmen. Sie müssen den Rechtsanwalt jedoch selbst bezahlen. Der Flüchtling kann beim Gericht auch einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen, damit das Gericht die Kosten des Anwaltes übernimmt. Prozesskostenhilfe wird für das ge- richtliche Verfahren dann gewährt, wenn der Asylbewerber mittellos ist und das Verfahren nach Ansicht des Gerichts Aus- sicht auf Erfolg hat. Die Verfahren beim Bundesamt und beim Verwaltungsgericht erfordern keine anwaltliche Vertretung, d.h. der Asylbewerber kann die Klage beim Verwaltungsgericht selbst erheben, ohne Anwalt. Flüchtlingsrecht ist ein Spezialgebiet. Die Flüchtlingsberatungsstellen wissen, welche Rechtsanwälte in Baden-Württemberg sich darauf spezialisiert haben. Die Begleitung eines Asylbewerbers im Asylverfahren ist zudem sehr zeitintensiv. Von daher ist es hilfreich, wenn auch bei einer anwaltlichen Vertretung Ehrenamtliche und Initiativen den Anwalt bzw. die Beratungsstel- le unterstützen. Die meisten Asylbewerber können sich eine qualifizierte, anwaltliche Begleitung im Verfahren nicht leisten. Auf jeden Fall sollte das Angebot der kostenlosen Flüchtlingsberatungsstellen in Anspruch genommen werden. Was können Sie tun? ƒ Klären Sie, ob der Flüchtling bereits eine Anhörung beim BAMF hatte. Wenn nicht, vereinbaren Sie einen Termin zur Anhörungsvorbereitung bei einer Beratungsstelle. ƒ Helfen Sie mit bei der Vorbereitung des Flüchtlings auf die Anhörung. ƒ Wichtig: Klären Sie, ob dem BAMF die aktuelle Anschrift des Flüchtlings mitgeteilt wurde, da das BAMF hierüber nicht automatisch von anderen Behörden unterrichtet wird. ƒ Unterstützen Sie Flüchtlinge dabei, Termine beim BAMF oder der Ausländerbehörde pünktlich wahrzunehmen, organi- sieren Sie ggf. Fahrkarte und Fahrtkostenerstattung. ƒ Beobachten sie den Posteingang und übersetzen Sie ggf. Briefe bzw. suchen Sie bei Unklarheiten Beratungsstellen auf. ƒ Wichtig: Ist der Name korrekt am Briefkasten der Unterkunft angebracht und ist sichergestellt, dass die Post den Asyl- bewerber erreicht? ƒ Begleiten Sie Flüchtlinge zu Terminen bei Beratungsstellen und weiteren Behörden. ƒ Begleiten Sie den Flüchtling auf dessen Wunsch hin zur persönlichen Anhörung als Beistand. Wenn Hinweise auf ein Dublin-Verfahren vorliegen, kontaktieren Sie dringend eine Beratungsstelle oder einen fachspezifischen Rechtsanwalt. ƒ Wichtig: Die rechtliche Situation von Asylbewerbern und Flüchtlingen ist sehr komplex. Für Nichtjuristen ist vieles da- von nicht verständlich und damit häufig nicht nachvollziehbar. Schalten Sie unbedingt Juristen, Flüchtlingsberatungs- dienste u.ä. ein (s.o.). 16 Flüchtlinge im Asylverfahren Verfahrensarten Situation im Herkunftsland und benötigt der Flüchtling keinen Schutz mehr, dann widerruft das Bundesamt die Flücht- lingsanerkennung bzw. die Gewährung des subsidiären Schut- zes/das Abschiebungsverbot. Auch bei falschen Angaben und Täuschungshandlungen kann es zu einer Rücknahme kommen. Gegen eine Widerrufs- bzw. Rücknahmeentscheidung kann das Verwaltungsgericht ange- rufen werden. Ob ein Flüchtling nach einem Widerruf in Deutschland bleiben kann, ist vor allem davon abhängig, wie weit er bereits in Deutschland integriert ist. Weitere Infos hier- zu: Infoblatt Widerrufsverfahren auf www.ekiba.de/migration Abschiebungshaft Ausländer, die abgeschoben werden sollen, können unter be- stimmten Voraussetzungen (vgl. § 62 und § 2 AufenthG) in Ab- schiebungshaft genommen werden, wenn sie sich der Ab- schiebung entziehen oder der begründete Verdacht besteht, dass sie sich der Abschiebung entziehen werden. Über die Anordnung der Haft entscheidet ein Haftrichter beim Amtsge- richt. Den Antrag stellt die Ausländerbehörde, das Regierungs- präsidium Karlsruhe oder die Bundespolizei. Die Unterbrin- gung von Abschiebungshäftlingen muss in gesonderten Hafteinrichtungen erfolgen. Eine gemeinsame Unterbringung mit Straftätern oder Personen, die in Untersuchungshaft in- haftiert werden, ist nicht zulässig. Wird ein Asylantrag gestellt, wird die Haft dadurch nicht automatisch aufgehoben. 2.8 Schutz der Familieneinheit Familienasyl und internationaler Schutz für Familienangehörige Im Asylverfahren wird für jeden einzelnen Familienangehörigen geprüft, ob dieser die Voraussetzungen für die Flüchtlingsaner- kennung erfüllt, also ob ihm selbst politische Verfolgung droht. Damit Familienangehörige innerhalb der sogenannten Kernfa- milie (Eltern, minderjährige Kinder) möglichst den gleichen Sta- tus erhalten, auch wenn nicht allen Familienmitglieder selbst persönlich politische Verfolgung droht, wurde das Familienasyl und der „Internationaler Schutz für Familienangehörige“ ge- schaffen (siehe § 26 AsylVfG). Unter bestimmten Vorausset- zungen erhalten dann der Ehegatte und die minderjährigen Kinder den gleichen Schutzstatus wie die Person, der selbst politische Verfolgung droht bzw. Gefahren, die den subsidiären Schutzstatus begründen. 2.7 Besondere Verfahrensarten und Abschiebungshaft Flughafenverfahren Das Flughafenverfahren wurde 1993 eingeführt und findet der- zeit Anwendung an den Flughäfen Frankfurt am Main, Mün- chen, Berlin, Hamburg und Düsseldorf. Das Flughafenverfah- ren wird nur bei Personen durchgeführt, die entweder aus einem als sicher erklärten Herkunftsland (Serbien, Mazedo- nien, Bosnien-Herzegowina, Ghana, Senegal) kommen oder keinen gültigen Pass oder Passersatz vorweisen können. In diesem Verfahren wird zunächst die Einreise nicht gestattet, die Personen verbleiben im Transitbereich des Flughafens. Dort wird auch die Asylanhörung durchgeführt. Wird der An- trag als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, kann inner- halb von 3 Tagen das Verwaltungsgericht angerufen werden. Kann kurzfristig nicht entschieden werden oder wird der An- trag nicht als „offensichtlich unbegründet“ eingestuft, wird die Einreise gestattet und der Asylbewerber kommt in ein „norma- les“ Verfahren und in die Erstaufnahmeeinrichtung. Folgeantrag Hat ein Asylbewerber bereits irgendwann früher einen Asylan- trag in Deutschland gestellt und stellt erneut einen Asylantrag, so ist dies ein sog. „Folgeantrag“. Dies gilt auch dann, wenn der Asylbewerber zwischenzeitig ausgereist war. Bei Folgean- trägen prüft das Bundesamt, ob neue Gründe vorliegen, die zu einer günstigeren Entscheidung führen können. Wird kein neues Verfahren durchgeführt, kann in vielen Fällen sofort ab- geschoben werden. In den Fällen des § 71 Abs. 5 AsylVfG ge- nügt bereits die Mitteilung des Bundesamtes an das Regie- rungspräsidium. Der Asylbewerber erfährt möglicherweise erst im Rahmen der Festnahme zur Abschiebung, dass kein neues Asylverfahren durchgeführt wird. Im Folgeantragsverfahren ist eine gute Beratung durch einen im Asylrecht erfahrenen Anwalt bzw. die Flüchtlingsberatungsstelle dringend zu empfehlen. Widerrufsverfahren bzw. Rücknahme der Flüchtlingsanerkennung Wird ein Asylbewerber als Flüchtling anerkannt, erhält er den subsidiären Schutzstatus, wird ein nationales Abschiebungs- verbot festgestellt, so erhält er Schutz, weil er zur Zeit der Ent- scheidung nicht in sein Herkunftsland zurück kann. Er erhält dann eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Verbessert sich die Flüchtlinge im Asylverfahren Schutz der Familieneinheit 17 In einigen Staaten wie z.B. Syrien haben kriegsbedingt die deutschen Vertretungen in den Nachbarstaaten die Visabear- beitung übernommen. Die Hinweise auf der Internetseite der zuständigen deutschen Auslandsvertretung sollten unbedingt beachten werden, vor allem auch im Hinblick auf die vorzule- genden und mitzubringenden Dokumente (www.auswaer- tiges-amt.de, „Deutsche Vertretungen im Ausland“, dort die Verlinkung zur entsprechenden Vertretung). Sofern die Person über kein gültiges Reisedokument des Heimatsstaates verfügt und dieses zumutbar nicht zu erlangen ist, muss zusätzlich noch die Ausstellung eines Reisedokuments für Ausländer be- antragt werden. Der Visaerteilung muss die zuständige Ausländerbehörde zu- stimmen. Von daher empfiehlt es sich, den kompletten Antrag nach erfolgter Antragsstellung bei der deutschen Auslandsver- tretung (zur Fristwahrung) dann auch bei der Ausländerbehör- de einzureichen und diese um eine Bestätigung zu bitten, dass sie der Visaerteilung zustimmen wird. Eine entsprechende Be- stätigung (am besten förmlich als „Vorabzustimmung“, § 31 Abs. 3 AufenthV) kann das Verfahren bei der Auslandsvertre- tung erheblich beschleunigen. Bei syrischen Flüchtlingen ist mittlerweile eine sog. „Globalzustimmung“ erteilt worden, eine Zustimmungsverfahren ist im Rahmen deren Reichweite nicht erforderlich. Nach Antragsstellung bei der Visastelle der Deutschen Aus- landsvertretung muss dann (entsprechend den Hinweisen auf der Homepage der deutschen Vertretung) ein Termin verein- bart werden zur persönlichen Vorsprache bei der zuständigen Auslandsvertretung. Zusätzlich sollte frühzeitig abgeklärt werden, wie die Person zur Visaantragsstellung in das Land einreisen kann, in dem sich die deutsche Auslandsvertretung befindet. Zum Beispiel: Sy- rer, die sich in Syrien aufhalten und das Visum in der Türkei beantragen müssen dort persönlich erscheinen. Auch muss geklärt werden, mit welchen Dokumenten die Person aus dem jeweiligen Land ausreisen und dann nach Deutschland einrei- sen kann. Familieneinheit im Rahmen der EU-Asyl- Zuständigkeitsverordnung/“Dublin III“ Die EU-Asyl-Zuständigkeitsverordnung/“Dublin III“ (s.o.) ent- hält Regelungen, damit Familienangehörige der Kernfamilie im Rahmen des Dublin-Verfahrens nicht auseinandergerissen werden bzw. zusammengeführt werden können, wenn sie in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten gelandet sind. Familiennachzug – Aufenthalt aus familiären Gründen Der Aufenthalt aus familiären Gründen von Nicht-EU-Bürgern bzw. der Familiennachzug ist in den §§ 27-36 des AufenthG geregelt. Hiernach können der Ehegatte und die minderjäh- rigen Kinder eines Deutschen oder eines Ausländers mit Auf- enthaltsrecht unter bestimmten Voraussetzungen ein Einreise- visum bzw. eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Ein Familiennachzug auf der Flucht zurückgebliebener Ehepartner oder minderjähriger Kinder ist erst möglich, wenn dem sich in Deutschland aufhaltenden Familienmitglied eine Flücht- lingsanerkennung oder ein Schutzstatus gewährt wurde. Wich- tig ist, dass der Antrag auf Familiennachzug innerhalb von drei Monaten nach der Anerkennung als Flüchtling bzw. der Ge- währung des Subsidiären Schutzes gestellt wird. Nach § 29 AufenthG gelten dann vereinfachte Voraussetzungen für den Familiennachzug. D.h. er kann auch dann erfolgen, wenn der Lebensunterhalt (noch) nicht durch eigene Mittel gesichert ist, auch ausreichender Wohnraum muss – laut den gesetzlichen Bestimmungen - dann nicht nachgewiesen werden. Der schriftliche Antrag auf Familiennachzug muss innerhalb der 3 Monats-Frist bei der entsprechenden deutschen Aus- landsvertretung/ Visastelle eingegangen sein. Er kann auch von dem in Deutschland anerkannten Familienmitglied gestellt werden; es empfiehlt sich, dies per Fax zu tun, um die Fristein- haltung nachweisen zu können. Eine Antragsstellung bei der Ausländerbehörde in Deutschland ist zur Fristwahrung nicht ausreichend. 18 Rahmenbedingungen der Integration Flüchtlingsaufnahme/Unterbringung/Wohnen 3.1 Flüchtlingsaufnahme/Unterbringung/ Wohnen – Das neue Flüchtlingsaufnahmegesetz Zunächst werden neu ankommende Asylsuchende in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht. Asylsuchende sind verpflichtet in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen. So müssen z.B. unbe- gleitete Minderjährige nicht in die Erstaufnahme. Sie werden vom Jugendamt vor Ort in Obhut genommen (weitere Ausnah- men siehe § 14 Abs. 2 AsylVfG). Zunächst melden sich die Asylsuchenden in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) z.B. in Karlsruhe. Die Unterbringung erfolgt dann in der LEA und ihren Außenstellen oder in den anderen Landeserstaufnah- mestellen bzw. Bedarfserstaufnahmestellen. Von dort werden die Asylbewerber nach einem Einwohner- schlüssel auf die Stadt- und Landkreise in die sog. „vorläufige Unterbringung“ verteilt. Nach dem neuen Flüchtlingsaufnah- megesetz (FlüAG) von 2014 können die Stadt- und Landkreise die aufgenommenen Personen sowohl in Unterkünften, genau- so aber auch in Wohnungen bzw. Wohngemeinschaften unter- bringen. Sofern die Personen eine eigene Wohnung selbst fi- nanzieren können, ist das Wohnen in der eigenen Wohnung möglich und sie können aus der Unterkunft ausziehen (vgl. § 9 FlüAG). Im Rahmen dieser „vorläufigen Unterbringung“ sind die Kreise für die Unterbringung zuständig. Die „vorläufige Un- terbringung“ endet: ƒ wenn das Asylverfahren positiv abgeschlossen ist, ƒ wenn das Asylverfahren negativ abgeschlossen ist und nicht sogleich eine Aufenthaltsbeendigung erfolgt, ƒ wenn das Asylverfahren länger als 2 Jahre andauert, ƒ bei anderen humanitär aufgenommenen Personen nach 6 Monaten. Findet die Familie/Einzelperson auf dem privaten Wohnungs- markt keine Wohnung, wird sie in den Landkreisen nach einem Einwohnerschlüssel den kreisangehörigen Gemeinden zur wei- teren Unterbringung zugewiesen, in die sog. „Anschlussunter- bringung“. Wäre die Person ansonsten obdachlos, muss die Gemeinde sie dann unterbringen. Findet die Person eine Wohnung, kann sie in der Regel ausziehen in die eigene Wohnung. Oft stehen die Kreise und Gemeinden vor dem Problem, dass sehr kurzfri- stig eine größere Anzahl von Flüchtlingen untergebracht wer- den soll und günstige Unterbringungsmöglichkeiten/Wohn- raum nur bedingt oder in abgelegenen Ortsteilen zur Verfügung stehen. Daher variiert auch die Qualität der Unterkünfte sehr stark. Es kann vorkommen, dass Flüchtlingsfamilien in einer recht guten Wohnung unterkommen, der nächste Supermarkt aber 6 km weit weg ist, oder Flüchtlinge in Mehrbettzimmern in Gemeinschaftsunterkünften leben. Die Größe der Unterkünfte, der bauliche Standard und auch die Ausstattung der Häuser oder Gemeinschaftsunterkünfte sind sehr unterschiedlich. In vielen Einrichtungen werden Gemeinschaftsküchen und Du- schräume gemeinsam genutzt. Für einen Großteil der Flüchtlinge gilt, dass sie in beengten räumlichen Verhältnissen leben müssen und unzureichende Rückzugsmöglichkeiten haben. Manchmal verfügen Familien nur über einen einzigen Raum. Hier zeigt sich häufig, dass Kin- der zu wenig Ruhe haben, um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Im neuen Flüchtlingsaufnahmegesetz von 2014 hat das Land gewisse Mindeststandards formuliert, die eingehalten werden müssen (siehe Infoblatt Neues FlüAG, www.ekiba.de/migration unter „Rechtliches“). Asylbewerber im Asylverfahren mit Aufenthaltsgestattung bzw. Personen mit Duldung können verpflichtet werden, für die Dau- er ihres Asylverfahrens in einer bestimmten Unterkunft oder Wohnung zu leben. Sie haben dann eine „Wohnsitzauflage“ und können nur mit der Erlaubnis der Behörden in eine andere Unterkunft bzw. Wohnung umziehen. Anerkannte Flüchtlinge und andere Personen mit einer humanitären Aufenthaltserlaub- nis können in eine Wohnung ziehen – sofern sie eine solche finden. Sind sie (noch) von sozialen Transferleistungen (Ar- beitslosengeld II nach dem SGB II) abhängig, gibt es Vorga- ben, bis zu welcher Höhe Mietkosten übernommen werden. In diesem Fall können die Personen nicht in einen anderen Kreis ziehen, oft haben sie auch eine „Wohnsitzauflage“, die aber geändert werden kann. Die Regelung über die sog. „Residenzpflicht“ wurde erheblich gelockert. Rechtlich ist dies die sog. räumliche Beschränkung. In der Erstaufnahme besteht die räumliche Beschränkung in der Regel für das Gebiet des jeweiligen Kreises. Ohne Erlaub- nis der Ausländerbehörde darf dieser Bezirk nicht verlassen werden. Mit der Änderung von § 61 des Asylverfahrensge- setzes erlischt nach 3 Monaten in der Regel die räumliche Be- schränkung, die sog. „Residenzpflicht“, d.h. der Asylbewerber 3. Rahmenbedingungen der Integration von Asylsu- chenden und Flüchtlingen in Baden-Württemberg Rahmenbedingungen der Integration Sprachförderung 19 Da erhalten die Kreise in der Gesamtpauschale pro überstell- tem Asylbewerber einen Betrag von ca. 91 €. Da für die Ver- mittlung solider Grundkenntnisse in einem Kurs mit qualifi- zierter Lehrkraft ca. 200 Unterrichtseinheiten gebraucht werden und die bisherige Finanzierung dafür nicht ausreicht, hat das Land Baden-Württemberg im März 2015 das neue Landespro- gramm „Chancen gestalten - Wege der Integration in den Ar- beitsmarkt öffnen“ aufgelegt. Hierüber können die Kreise zu- sätzliche finanzielle Mittel zur Finanzierung von Sprachkursen für diesen Personenkreis erhalten. Alle Asylbewerber und Ge- duldeten sollen in Zukunft ein Angebot an Grund- und Aufbau- kursen in Deutsch als Fremdsprache bekommen und auch für Integrationskurse zugelassen werden. Separate Kursangebote sollen durchgehend analog den Curricula der Integrationskurse durchgeführt werden, so dass sie in Niveau und Übergängen anschlussfähig sind. Die Kursträger müssen grundsätzlich nach den Standards des BAMF arbeiten „(siehe VwV-Deutsch für Flüchtlinge, www.ekiba.de/migration, „Rechtliches“).“ Es ist sinnvoll, diesen professionellen Sprachunterricht mit zu- sätzlichen Lern- und Unterstützungsangeboten durch ehren- amtliches Engagement zu ergänzen. Asylbewerber und Gedul- dete benötigen qualifizierte Sprachförderung durch ausgebildete Fachkräfte. Aufgrund belastender Lebensum- stände und den Folgen von Traumata mit Konzentrations- und Lernschwierigkeiten kann hier der unterstützende Einsatz von Ehrenamtlichen sehr hilfreich sein. Ehrenamtliche können sich Zeit für den Einzelnen nehmen, individuelle Fragen beantwor- ten und Unterrichtsinhalte in Alltagssituationen üben. Gleich- zeitig können Ehrenamtliche auf diesem Wege selbst viel ler- nen, indem sie kreativ neue Kommunikationsstrategien erproben, um Sprachbarrieren zu überwinden. Durch den en- gen Kontakt und die gemeinsame Arbeit am langwierigen „Pro- jekt Deutschlernen“, kann ein intensiver Austausch entstehen. Beiden Seiten gewinnen tiefe Einblicke in Kultur und Erfah- rungshintergrund des jeweils anderen. Unterstützung beim Er- lernen der deutschen Sprache kann außerdem auch nach dem Tandem-Modell stattfinden. Hierbei vermitteln beide Seiten dem jeweils anderen die eigene Muttersprache, es wird also z.B. immer im Wechsel eine Stunde lang Arabisch und eine Stunde Deutsch gelernt. Grundsätzlich gilt: Nur wer von Anfang die deutsche Sprache richtig lernt, wird ein gutes Deutsch-Sprachniveau erreichen. Ehrenamtliches Engagement – soweit die Ehrenamtlichen nicht selbst qualifizierte Fachkräfte sind – kann solche Angebote nicht ersetzen, aber sehr gut ergänzen. darf sich besuchsweise ohne Erlaubnis (für kurze Zeit) auch anderswo in Deutschland aufhalten. Es besteht aber weiterhin die Wohnsitzverpflichtung, in der entsprechenden Unterkunft zu wohnen. Wichtig ist, darauf zu achten, dass die Post an- kommt und rechtzeitig bei den kurzen Fristen im Asylverfahren reagiert werden kann! Bei ausreisepflichtigen Ausländern/Ge- duldeten kann es vorkommen, dass zusätzlich zur Wohnsit- zauflage eine räumliche Beschränkung verhängt wird, wenn die Person an ihrer Abschiebung nicht mitwirkt. 3.2 Sprachförderung bei Erwachsenen Für das „Ankommen“ in Deutschland, d. h. für ein selbstbe- stimmtes Leben und für die nachhaltige Integration in den qua- lifizierten Arbeitsmarkt sind sehr gute deutsche Sprachkennt- nisse erforderlich. Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Geschützte haben einen Anspruch auf Besuch eines Integrationskurses, Personen mit anderen Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen können ebenfalls zugelassen werden. Seit November 2015 können auch Asylbewerber mit guten An- erkennungschancen – soweit die zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel reichen – auf Antrag vom Bundesamt zum In- tegrationskurs zugelassen werden (derzeit nur für wenige Her- kunfsländer; siehe www.bamf.de). Die Teilnehmenden am Inte- grationskurs zahlen einen Eigenbeitrag von 1 € pro Kursstunde, von dem sie bei nachgewiesener Mittellosigkeit aber befreit werden können. Der Integrationskurs besteht aus einem über- wiegend aus Bundesmitteln finanzierten Deutschkurs und dem sogenannten Orientierungskurs, der erweiterte landeskund- liche Inhalte, u.a. über das politische System der Bundesrepu- blik vermittelt. Die Kurse umfassen - je nach vorhandenen Vor- kenntnissen der Teilnahmeinteressierten - 400 bis 1200 Unterrichtseinheiten. Er kann nur von zertifizierten Sprachkurs- anbietern angeboten und von qualifizierten und vom BAMF zu- gelassenen Lehrkräften durchgeführt werden. Ziel ist es, dass die Teilnehmenden das Niveau B1 des Europäischen Refe- renzrahmens für Sprachen erreichen, also gute Mittelstufen- kenntnisse, mit denen Alltagskommunikation trotz einge- schränktem Wortschatz und Grammatik gelingen sollten. Asylsuchende, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, und Geduldete hatten bislang keinen Zugang zu den Integrati- onskursen (zu der Neuregelung siehe oben). Seit Inkrafttreten des neuen Flüchtlingsaufnahmegesetzes von 2014 haben Asylsuchende das Recht auf einen Grundkenntnisse vermit- telnden Deutschunterricht. 20 Rahmenbedingungen der Integration Ausbildung Gemeinschaftsschule, Realschule, Werkrealschule, berufliche Schule usw.). Hierbei ist es wichtig, die bisherige Bildungsbio- grafie des Kindes im Blick zu haben. Wenn das Kind von sei- nen bisherigen Schulleistungen (die noch nicht vorhandenen Deutschkenntnisse ausgeblendet), ein Gymnasium oder eine Realschule erfolgreich besuchen könnte, sollte es dort einge- schult werden. Hier ist die nötige Förderung vorgesehen und organisierbar. Sehr hilfreich sind Patenschafts-Modelle oder ergänzende Förderangebote, an der oft auch ehrenamtlich En- gagierte mitwirken. Nach einem Schulabschluss (oder mit anerkanntem auslän- dischem Schulabschluss) dürfen Asylbewerber auch ohne si- cheren Aufenthaltsstatus eine Berufsausbildung beginnen (sie- he unten). Vor Abschluss der Ausbildung kann oft erreicht werden, dass keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen er- folgen. Bei erfolgreichem Abschluss der Ausbildung und einem entsprechenden Arbeitsplatz wird in der Regel eine Aufent- haltserlaubnis erteilt. 3.4 Ausbildung, Anerkennung beruflicher Qualifikationen, „Zugang“ zum Arbeitsmarkt Um langfristig in Deutschland erfolgreich zu sein, sollte eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt erfolgen. Bildung und Ausbildung schützt langfristig am besten vor Arbeitslosig- keit. Arbeitslosigkeit und damit fehlende Sicherung des Le- bensunterhaltes aus eigenen Mitteln kann – je nach Stand der Verfestigung des Aufenthalts– auch aufenthaltsrechtliche Fol- gen haben. Um im qualifizierten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, gibt es die Möglichkeit der Anerkennung von im Ausland erworbenen be- ruflichen Qualifikationen. Sind diese nicht vorhanden oder ist die Anerkennung nur schwer zu erreichen, empfiehlt es sich in Deutschland eine berufliche Ausbildung (ggf. erneut) abzu- schließen. Dieser Weg kann auch ein vom Ausgang des Asyl- verfahrens unabhängiges Aufenthaltsrecht eröffnen. Für eine Berufsausbildung sind gute deutsche Sprachkenntnisse erfor- derlich und der für die Ausbildung notwendige Schulabschluss (z.B. durch Anerkennung des ausländischen Schulab- schlusses). Auch über die Angebote der beruflichen Schulen lässt sich möglicherweise der Übergang in eine berufliche Aus- bildung schneller realisieren. Hier ist eine sorgfältige Beratung im Einzelfall unverzichtbar. 3.3 Kindertageseinrichtungen und Schule Für die Förderung des Bildungserfolges der Kinder und Ju- gendlichen ist es von entscheidender Bedeutung, dass diese bereits unmittelbar nach der Einreise eine Kindertageseinrich- tung bzw. eine Schule besuchen und dort zielgerichtet geför- dert werden. Gerade der Kontakt mit einheimischen Kindern begünstigt ganz entscheidend die Integration und den Bil- dungserfolg. Kinder von Asylbewerbern haben wie deutsche Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrich- tung (Krippen- bzw. Kindergartenplatz). Die öffentliche Hand finanziert Betreuungsplätze im Fall der Bedürftigkeit durch Er- lass oder Übernahme des Elternbeitrags. Auch die übrigen Leistungen der Jugendhilfe (etwa Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie, Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen oder Hilfen zur Erziehung) gewährt das zuständige Jugendamt. Dieses ist auch für den Kinderschutz bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kin- deswohlgefährdung zuständig. Kinder und Jugendliche von Asylbewerbern unterliegen der all- gemeinen Schulpflicht, auch der Berufsschulpflicht. Die Schul- pflicht besteht zumindest bis einschließlich des 17. Lebens- jahres. Die Schulpflicht in Baden-Württemberg knüpft an den sog. „gewöhnlichen Aufenthalt“ an. Im Schulgesetz wurde eine Klarstellung eingefügt, dass dieser auch bei Asylbewerbern vorliegt, zumindest wenn sie sich seit 6 Monaten im Bundesge- biet tatsächlich aufhalten. Dies bedeutet, dass die Schulpflicht auch dann durchgesetzt werden kann, wenn das Kind sich dem Schulbesuch entzieht. Von der Schulpflicht zu trennen ist das Recht auf Schulbesuch. Dieses besteht nach Art. 11 der Landesverfassung bereits dann, wenn das Kind / der Jugend- liche hier seinen tatsächlichen Aufenthalt hat, d.h. spätestens mit Verlegung der Familie in die Stadt- und Landkreise. Ab die- sem Zeitpunkt müssen die Schulen und Schulbehörden den Schulbesuch ermöglichen. Meistens besuchen die Kinder und Jugendlichen, sofern sie noch nicht ausreichend Deutsch können, die sogenannten in- ternationalen Vorbereitungsklassen und kommen danach in die „normale“ Klasse mit ergänzender Unterstützung, um am Regelunterricht erfolgreich teilnehmen zu können. Sind die Kinder schon älter, muss überlegt werden, in welche Schulart das Kind/der Jugendliche wechseln soll (Gymnasium, Rahmenbedingungen der Integration Arbeitserlaubnis 21 Person die Voraussetzungen mitbringt – kann in der Regel leichter erlaubt werden, wenn keine bevorrechtigten Arbeit- nehmer zur Verfügung stehen. Chancen auf die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis bestehen deshalb vor allem dann, wenn der potenzielle Arbeitgeber ein Stellengesuch so genau beschreibt, dass nur wenige Personen diese spezifischen Er- fordernisse erfüllen und der Asylbewerber genau diese beson- deren Kenntnisse mitbringt. Nach Ablauf von 15 Monaten (seit dem Asylgesuch gerechnet) wird keine Vorrangprüfung mehr durchgeführt. Dann darf die ZAV nur noch prüfen, ob die Ar- beitsbedingungen eingehalten sind. Nach Ablauf von 4 Jahren wird die Erwerbstätigkeitserlaubnis erteilt, ohne dass die ZAV zu beteiligen ist. Bei Geduldeten besteht eine Sonderregelung. Hier ist die Ver- hängung eines Erwerbstätigkeitsverbots möglich. Dies ist möglich, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei dem Ausländer aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können. „Zu vertreten“ ist das Abschie- bungshindernis insbesondere, wenn es durch eigene Täu- schung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeigeführt wurde; auch die mangelnde Mitwirkung bei der Passbeschaffung kann entspre- chend bewertet werden. Diese vorwerfbaren Handlungen bzw. die Nichtmitwirkung müssen ursächlich für die Nicht-Abschieb- barkeit sein, damit die rechtlichen Voraussetzungen für ein Er- werbstätigkeitsverbot vorliegen. Allein das jemand nicht aus- reist, obwohl er es vielleicht könnte, ist nicht ausreichend. Ein Erwerbstätigkeitverbot besteht auch bei Asylsuchenden aus den sog. „sicheren Herkunftsländern“, wenn der Asylantrag nach dem 31.08.2015 gestellt wurde. Die „Arbeitserlaubnis“ / „Erwerbstätigkeits- erlaubnis“ durch die Ausländerbehörde Nicht-EU-Bürger dürfen in Deutschland nur arbeiten bzw. eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, wenn die Ausländer- behörde dies erlaubt (hat) bzw. die Ausübung der Erwerbstä- tigkeit schon durch das Gesetz selbst erlaubt ist. Mittlerweile dürfen Ausländer mit allen Aufenthaltstiteln aus humanitären und familiären Gründen arbeiten (= unselbststän- dige Erwerbstätigkeit). Asylberechtigte, anerkannte Flücht- linge, subsidiär Geschützte dürfen auch selbstständig tätig sein, bei den anderen humanitären Aufenthaltserlaubnissen kann eine selbstständige Tätigkeit erlaubt werden. Bei Asylbe- werbern und Geduldeten besteht in den ersten 3 Monaten nach dem Asylgesuch (= Registrierung in der Erstaufnahme) und während des Aufenthalts in einer Erstaufnahmeeinrichtung (LEA, BEA, ZRZ) ein Erwerbstätigkeitsverbot. Sind 3 Monate vorbei und ist die Person nicht mehr in einer Erstaufnahmeein- richtung, dürfen Asylbewerber und Geduldete eine Berufsaus- bildung machen. Dies gilt für jeden Ausbildungsberuf ohne Ein- schränkungen. Geht es um eine andere Beschäftigung, besteht nach Ablauf der 3-Monatsfrist/der Zeit in der Erstaufnahme für Asylsuchen- de und Geduldete ein so genannter nachrangiger Arbeits- marktzugang. Dies bedeutet, dass für eine konkrete Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber – vor Abschluss eines Ar- beitsvertrags - eine Beschäftigungserlaubnis bei der zuständi- gen Ausländerbehörde beantragt werden muss. Die Auslän- derbehörde prüft dann in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, ob die Beschäftigungserlaubnis im konkreten Einzelfall erteilt wird. Sie wird grundsätzlich von der Ausländerbehörde im Einzelfall erlaubt, wenn die Zentrale Aus- lands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Ar- beit zustimmt. Die ZAV prüft im Rahmen des Zustimmungsver- fahrens, ƒ ob bevorrechtigte (einheimische) Arbeitnehmer zur Verfü- gung stehen (sog. Vorrangprüfung) und ƒ die sog. Arbeitsbedingungen. Bei den Arbeitsbedingun- gen wird vor allem geprüft, ob Mindestlohn bezahlt wird und der entsprechende Tariflohn. Wegen dieser Vorrangprüfung ist es sehr schwierig in den er- sten 15 Monaten eine Beschäftigungserlaubnis für eine Helfer- tätigkeit zu erhalten. Eine qualifizierte Tätigkeit – sofern die 22 Rahmenbedingungen der Integration Anerkennung Anerkennung von beruflichen Qualifikationen 2012 ist das Bundesanerkennungsgesetz in Kraft getreten, 2014 das Landesanerkennungsgesetz für die landesrechtlich geregelten Berufe. Grundsätzlich können für fast alle Berufe im Ausland erworbene berufliche Qualifikationen in Deutschland anerkannt werden, wenn die Berufsausbildung gleichwertig ist, d.h. keine wesentlichen Unterschiede bestehen. Bestehen grö- ßere Unterschiede, ist es teilweise möglich, über eine Anpas- sungsmaßnahme oder eine Kenntnisprüfung zur vollen Aner- kennung zu kommen. Es gibt in Deutschland 81 bundesrechtlich (davon 41 zulassungspflichtige Handwerks-Meisterberufe) und 18 landesrechtlich reglementierte Berufe, die nur dann ausge- übt werden dürfen, wenn hierzu eine besondere Erlaubnis er- teilt wurde (z.B. der Beruf des/der Krankenpfleger/in). Das heißt, für die Berufsausübung ist eine Anerkennung zwingend erforderlich. Die Mehrheit der Berufe in Deutschland sind jedoch sogenann- te nicht-reglementierte Berufe. Diese dürfen auch ohne for- melle Anerkennung ausgeübt werden. Dies betrifft fast alle Studienberufe und die meisten Ausbildungsberufe (z.B. in den meisten handwerklichen Berufen im Angestelltenverhältnis). Bei den letzten kann ein Anerkennungsverfahren jedoch sinn- voll sein. Denn ein potenzieller Arbeitgeber kann die Qualifika- tion besser einschätzen und eine tarifliche Einstufung ist mög- lich. Bei ausländischen Hochschulabschlüssen, die nicht zu einem reglementierten Beruf führen (z.B. Betriebswirtschafts- lehre, Psychologie, Informatik etc.) ist eine Anerkennung weder nötig noch möglich. In diesen Berufen kann man sich direkt auf dem Arbeitsmarkt bewerben. Für diese Art der (freien) Arbeits- suche besteht aber die Möglichkeit, eine individuelle Zeugnis- bewertung bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswe- sen (ZAB) zu beantragen. Diese kann bei Bewerbungen unter Umständen hilfreich sein. Die Zeugnisbewertung ist keine An- erkennung und hat keinerlei rechtliche Folgen. Jeder Arbeitge- ber entscheidet selbst, wie viel ihm so eine Zeugnisbewertung wert ist. Mehr Informationen dazu unter: http://www.kmk.org/ zab/zeugnisbewertung-hochschulqualifikationen.html. Für die Anerkennungsverfahren gelten bei den einzelnen Berufen teil- weise unterschiedliche Regelungen und es sind unterschied- liche Stellen dafür zuständig, z.B. Das Regierungspräsidium Stuttgart bei den Gesundheitsberufen und Erzieher/innen, die Handwerkskammern für die Handwerksberufe, für die Berufe der Industrie- und Handelskammern die IHK-Forsa in Nürn- berg. Aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten durch eine Berufsausbildung bzw. ein Studium in Deutsch- land Wenn ein Ausländer eine mindestens zweijährige Berufsausbil- dung in Deutschland erfolgreich abschließt, kann eine Aufent- haltserlaubnis als internationale Fachkraft erteilt werden (§ 18 AufenthG i.V.m. § 6 Abs. 1 der Beschäftigungsverordnung). Erfolgt die Ausbildung in einem Mangelausbildungsberuf, ist möglicherweise mit Zustimmung der ZAV die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Ausbildungszwecken möglich. Diese Möglichkeiten bestehen unabhängig vom Ausgang des Asyl- verfahrens. Gegebenenfalls muss das Visumsverfahren nach- geholt werden (§ 5 Abs. 2 AufenthG). Steht der erfolgreiche Abschluss einer Berufsausbildung kurz bevor, bestehen Mög- lichkeiten, bei einem ausreisepflichtigen Ausländer die Dul- dung zu verlängern. Schließt ein Ausländer ein Studium in Deutschland erfolgreich ab und findet er einen den Lebensun- terhalt sichernden akademischen Arbeitsplatz, kann ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis zu Erwerbszwecken erteilt werden. Für Geduldete sind vergleichbare Möglichkeiten im § 18a Auf- enthG geregelt. Anerkennung von ausländischen Schulabschlüssen Für die Anerkennung von ausländischen Schulabschlüssen in Baden-Württemberg ist das Regierungspräsidium Stuttgart zuständig (weitere Informationen unter: https://rpinternet.ser- vice-bw.de/rps/Abt7/Seiten/Zeugnis.aspx). Soll ein Studium an einer Universität aufgenommen oder fortgesetzt werden, entscheidet die jeweilige Hochschule über die Anerkennung der Hochschulzugangsberechtigung und von bisherigen Studi- enleistungen (weitere Infos: www.studieren-in-deutschland.de, www.daad.de). Soll ein neues oder ein weiterführendes Studi- um an einer Hochschule aufgenommen werden, ist das Studi- enkolleg der Hochschule Konstanz die zuständige Stelle. Alle wichtigen Informationen dazu finden Sie unter: http://www.htwg-konstanz.de/Bewerbung.124.0.html. Rahmenbedingungen der Integration Soziale Absicherung 23 begründeten Einzelfall zulässig, z.B. wenn in einer Familie die Leistungen nicht sachgerecht verwendet werden (Beispiel: ein Familienmitglied finanziert damit seine Alkoholsucht, die ande- ren haben nichts zu essen). Erhalten Flüchtlinge eine Anerkennung bzw. einen Status und damit eine Aufenthaltserlaubnis, geht die Zuständigkeit an das Jobcenter über, bei dem dann bei Bedarf Sozialleistungen nach SGB II oder XII (Sozialamt) beantragt und bewilligt wer- den müssen, solange der Flüchtling über kein ausreichendes eigenes Einkommen verfügt. Unter das SGB II fällt, wer ar- beitsfähig ist, ansonsten besteht bei Bedürftigkeit ein Anspruch auf Sozialhilfe bzw. Grundsicherung nach dem SGB XII. 3.6 Gesundheitsversorgung Eingeschränkte medizinische Versorgung Besonders gravierend sind die nach wie vor bestehenden Ein- schränkungen in der gesundheitlichen Versorgung von Flücht- lingen, die mindestens für die ersten 15 Monate ihres Aufent- halts gelten: Die Behandlungskosten werden allein über die Leistungsbehörde nach dem AsylbLG beim Stadt- bzw. Land- kreis finanziert. Eine Mitgliedschaft in einer Krankenkasse ist zunächst nicht vorgesehen – zumindest solange der Flüchtling nicht arbeitet. Jeder Stadt- und Landkreis regelt den Zugang zu Ärzten unterschiedlich. In einigen Kreisen müssen sich die Flüchtlinge vor jedem Arztbesuch einen Krankenschein bei der Behörde abholen. In manchen Kreisen können sie direkt zum Arzt gehen, der dann mit der Behörde in Kontakt tritt. Bei Drucklegung liefen noch die Verhandlungen zur Einführung der Krankenversicherungskarte für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG, damit diese an der normalen Versorgung durch die gesetzliche Krankenversorgung teilnehmen können. Wie die Gesundheitsversorgung am Wohnort der Flüchtlinge funk- tioniert, sollte frühzeitig in Erfahrung gebracht werden. Falls akuter, zeitnaher Handlungsbedarf besteht, führen diese Re- gelungen zu Verzögerungen und können teilweise schwerwie- gende Folgen haben. Bei akutem Behandlungsbedarf mit der Notwendigkeit zum sofortigen Handeln muss der Arzt in der ambulanten Versorgung bzw. das Krankenhaus die sofort not- wendigen Untersuchungen und Behandlungen vornehmen; die Kosten werden dann im Nachhinein abgerechnet. Mit den neuen Anerkennungsgesetzen können auch Asylbe- werber und Geduldete ein Anerkennungsverfahren durchfüh- ren. Für Flüchtlinge gibt es auch Möglichkeiten, bei (teilweise) fluchtbedingt fehlenden Unterlagen diese durch andere For- men der Glaubhaftmachung bzw. durch Arbeitsproben etc. zu ersetzen. In einigen Fällen kann es bei großen Unterschieden zur deutschen Ausbildung oder bei fehlenden Nachweisen ziel- führender sein, in Deutschland die Ausbildung erneut zu absol- vieren (ggf. unter Anrechnung von Ausbildungszeiten). Ratsu- chende sowie Beratungsstrukturen in den Stadt- und Landkreisen werden in diesen Fragen unterstützt durch die Kompetenzzentren für die Anerkennung ausländischer Berufs- qualifikationen der Liga der Freien Wohlfahrtspflege und des IQ-Netzwerkes für die vier Regierungsbezirke in Baden-Württ- emberg (siehe www.anerkennungsberatung-bw.de). Weitere Informationen außerdem auch auf: www.anerkennung-in-deutschland.de. 3.5 Soziale Absicherung und Asylbewerber- leistungsgesetz – Spezielles Sozialrecht für Flüchtlinge Für Flüchtlinge, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, bestehen keine Unterschiede zu anderen Arbeitnehmern bezüglich Kranken, Renten-, Pflege-, und Arbeitslosenversi- cherung. Bezüglich der Familienleistungen Kindergeld, Eltern- geld und Betreuungsgeld gibt es Leistungsausschlüsse bei bestimmten humanitären Aufenthaltstiteln sowie bei Asylbe- werbern und Geduldeten. Bei den humanitären Aufenthaltsti- teln ist der Ausschluss rechtlich umstritten. Flüchtlinge, die sich noch mit einer Aufenthaltsgestattung im Asylverfahren befinden oder eine Duldung erhalten haben, be- kommen – wenn sie ihre Existenz nicht aus eigenem Einkom- men bzw. zunächst aufzubrauchendem Vermögen sichern können - Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungs- gesetz (AsylbLG) für die Dauer von 15 Monaten. Danach erhal- ten Asylbewerber und Geduldete zwar weiterhin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, aber sog. Ana- log-Leistungen entsprechend dem SGB XII, die in der Höhe dem SGB II/SGB XII entsprechen. In der Erstaufnahme erhal- ten die Asylbewerber Sachleistungen in Form von Lebensmit- teln, etc. bzw. Kantinenessen, grds. zuzüglich einem Barbetrag (Taschengeld). In der vorläufigen Unterbringung und in der An- schlussunterbringung müssen die Leistungen in der Regel in Bargeld ausbezahlt werden. Sachleistungen sind nur noch im 24 Rahmenbedingungen der Integration Gesundheitsversorgung Sobald eine Person unter das SGB II fällt (siehe oben), ist sie pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung und erhält eine normale Krankenversicherungskarte. Krank und ohne Papiere – Versorgung illegalisierter Flüchtlinge Menschen, die sich ohne Papiere und damit ohne gültigen Auf- enthaltsstatus und ohne Krankenversicherung in Deutschland aufhalten, haben keinen offiziellen Zugang zur Gesundheits- versorgung. Organisationen wie z.B. das „Medi-Netz“oder „die Malteser Migranten Medizin“ (MMM) finden Ärzte, die Men- schen auch ohne Papiere zeitnah behandeln, und klären auch die Kostenübernahme. Viele Illegalisierte haben Angst, Kran- kenhäuser und Ärzte aufzusuchen, da dort ihre Identität nach- gefragt und an Behörden weitergegeben werden könnte. Rechtlich greift in den meisten Fällen die ärztliche Schweige- pflicht. In der Praxis ist es hilfreich, wenn ggf. in Gesprächen mit den Ärzten Wege gefunden werden, damit die Anonymität gewahrt bleibt. In der Regel werden nur die Kosten für die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände übernommen (§ 4 Asylb- LG). Die Kosten für Behandlungen chronischer Erkrankungen oder Erkrankungen, die nach Meinung der Behörden „auf- schiebbar“ sind, müssen gesondert in einem langwierigen Pro- zess nach § 4 bzw. 6 AsylbLG beantragt werden. Einem Antrag auf Kostenübernahme bei der Leistungsbehörde, abgesichert durch ärztliche Atteste und Gutachten, folgt die Einschaltung des zuständigen Gesundheitsamtes zur Beurteilung der „Not- wendigkeit“. Auf Grund der langen Kommunikationswege zwischen den Be- hörden kann es Wochen, manchmal Monate dauern, bis ent- sprechende Behandlungen eingeleitet werden können, wenn die Notwendigkeit tatsächlich bestätigt wurde. Einige Arzt- und therapeutische Praxen schrecken vor dem zusätzlichen Ver- waltungsaufwand zurück oder kennen die Wege nicht, so dass Flüchtlinge in ihrer schwierigen gesundheitlichen Verfassung teilweise allein gelassen werden. Besonders problematisch sind die Versorgung mit Sehhilfen, Zahnersatz und die Behandlung psychosomatischer Erkran- kungen. Zwar sieht das AsylbLG für besonders Bedürftige wie Folter- und Gewaltopfer oder unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (d.h. Jugendliche, die ohne Schutz ihrer Familie einreisen) inzwischen den Zugang zu erforderlicher medizi- nischer und sonstiger Hilfe vor, aber der hohe Verwaltungsauf- wand bis zur Behandlung bleibt. Auch Flüchtlinge im Asylver- fahren und mit einer Duldung haben ein Recht auf Prophylaxe und Teilnahme an den Schwangeren- sowie weiteren „gebote- nen“ Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen. Gelegentlich ist aber die freie Arztwahl hierbei eingeschränkt. Was können Sie tun? ƒ Bei nicht nachvollziehbaren Abrechnungen (Strom, Wasser, Heizung) klären Sie, welche Kosten von wem übernommen werden sollten. ƒ Klären Sie, ob die Person unter Schmerzen leidet oder akuten Behandlungsbedarf hat. ƒ Informieren Sie sich, wie das zuständige Sozialamt das Aufsuchen von Ärzten geregelt hat (erst Krankenschein abho- len, dann zum Arzt oder …). ƒ Wichtig: Vermitteln Sie an oder holen Sie sich Unterstützung bei Flüchtlingsberatungsstellen Rahmenbedingungen der Integration Trauma 25 Jungen und Männer sind häufiger von Traumatisierungen im Zusammenhang mit Kriegseinsätzen, Gefängnisaufenthalten und Folter betroffen. Folteropfer leiden zu einem hohen Pro- zentsatz (geschätzt 70-80%) an einer PTBS und weiteren be- gleitenden Störungen wie mittleren bis schweren Depressi- onen, Angststörungen, Phobien sowie chronischen Schmerzstörungen mit somatischen und psychischen Fak- toren. Dadurch ist diese Gruppe oft besonders hoch psychisch und physisch belastet und somit ebenfalls sehr schutzbedürf- tig. Alle traumatisierten Flüchtlinge sollten so frühzeitig wie möglich aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen und in ruhige Privatwohnungen verlegt werden, um eine Retraumati- sierung und Chronifizierung der PTBS zu vermeiden. Trauma Unter einem „Trauma“ versteht man die Verletzung der Seele durch ein tragisches, erschütterndes, stark belastendes Erleb- nis, das außerhalb der üblichen menschlichen Erfahrung liegt. Kennzeichnend für eine traumatische Situation ist das Erleben von Bedrohung, Ausgeliefertsein, Kontrollverlust, Entsetzen, Hilflosigkeit sowie Todesangst. Durch ein Trauma werden die eigene Sichtweise, das Vertrauen und die Wahrnehmung von sich selbst und der Welt erschüttert. Ob sich nach trauma- tischen Erlebnissen eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, hängt stark von der Persönlichkeit, dem sozialen Hintergrund, der Resilienz und vorhandenen Ressourcen des Flüchtlings ab. Die Symptome, die plötzlich auftreten oder sich über einen längeren Zeitraum entwickeln können, werden häu- fig erst sehr spät erkannt und richtig zugeordnet. Die Sympto- matik, die bei Kindern und Erwachsenen variieren kann, ist möglicherweise in ihrer Ausdrucksform, also in seinen Sym- ptomen, kulturell geprägt. Daher ist eine gute Anamnese und Diagnostik durch einen Psychiater oder Psychologen wichtig. Das Problem ist allerdings oft die Sprachbarriere, wenn kein geeigneter Dolmetscher zur Verfügung steht. Es sollte vermie- den werden, Familienangehörige, insbesondere Kinder des Flüchtlings, als Dolmetscher einzusetzen, da diese nicht die nötige emotionale Distanz haben. Die Behandlungszentren für Folterüberlebende verfügen aus dieser Erfahrung heraus daher schon seit vielen Jahren über einen Pool von Dolmetschern, die regelmäßig geschult werden. 3.7 Traumatisierte Flüchtlinge, Frauen, Kinder und andere besonders schutzbedürftige Flüchtlinge Flüchtlinge haben aufgrund von Menschenrechtsverletzungen, Kriegserlebnissen, Flucht- und Vertreibungserfahrungen oft seelische und körperliche Verletzungen erlitten. Häufig sind sie Opfer von sexualisierter Gewalt geworden. Fachleute gehen davon aus, dass weltweit rund 40% aller Flüchtlinge an einer „post-traumatischen Belastungsstörung“ (PTBS) leiden, mit steigender Tendenz. Viele Flüchtlinge befinden sich außerhalb ihres gewohnten sozialen Umfeldes, soziale und familiäre Netzwerke fehlen. Sie haben nahe Angehörige verloren oder zurückgelassen, so dass ihnen in dieser schwierigen Situation kaum der dringend benötigte Halt gegeben werden kann. Kon- flikte und Flucht führen oft zu großen Lücken in der medizi- nischen Versorgung. Häufig sind Kleinkinder nicht ausreichend oder nur unregelmäßig gegen vermeidbare Krankheiten geimpft worden. Kinder leiden nicht selten mit bei seelischen Belastungen ihrer Eltern. Mädchen und Frauen sind in Kriegen, Bürgerkriegen und sonstigen Konflikten, aber auch während der Flucht be- sonderen Gefahren ausgesetzt; dieses kann sich auch in der Flüchtlingsunterbringung hier in Deutschland fortsetzen. Nicht selten wird ihre Abhängigkeit, Ausweg- und Mittellosigkeit so- wie Unwissenheit beispielsweise von Schleusern und Men- schenhändlern ausgenutzt. Oftmals sind sie Opfer von sexuel- ler Gewalt. Zwangsheirat, Genitalverstümmelung, Zwangsprostitution, Zwangsabtreibung sowie Vergewaltigung haben tiefgreifende körperliche und seelische Folgen. Auch abgebrochene Schwangerschaften oder Früh-/Totgeburten können bei Frauen Spuren hinterlassen haben. Häufig befinden sich unter Flüchtlingen schwangere Frauen, die hier erstmals eine gynäkologische und medizinische Versorgung erhalten. Es ist wichtig, Risikoschwangerschaften zu erkennen; die Müt- ter müssen auf die Geburt in einer neuen Umgebung vorberei- tet werden. 26 Rahmenbedingungen der Integration Trauma Hinweise auf psychische Beeinträchtigungen und Erkrankungen können folgende Verhaltensweisen sein: ƒ Ständige Gedanken und Rückblenden an das traumati- sche Erlebnis („Flashbacks“) ƒ Massive Versuche, das traumatische Erlebnis zu ignorie- ren, nicht darüber zu reden oder daran zu denken (Ver- meidung, Verdrängung) ƒ Gefühle emotionaler Betäubung und der Isolation ƒ Andauernde Schlafstörungen und Albträume ƒ Grübelneigung / Grübelzwang ƒ Nervosität / Reizbarkeit / Neigung zu aggressiven Verhal- tensweisen ƒ Ängste und Schreckhaftigkeit („Hyperarousal“, „Hypervi- gilanz“) ƒ niedergedrückte Stimmung, häufiges Weinen ƒ Gedächtnis-, Erinnerungs- und Konzentrationsstörungen, Entscheidungsschwierigkeiten ƒ Interesse- und Lustlosigkeit, niedriges Selbstwertgefühl ƒ Misstrauen sowie Schuld- und Schamgefühle ƒ Angst, verrückt zu sein oder verrückt zu werden ƒ Gefühle von Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Sinnlo- sigkeit, die zu Suizidgedanken und -versuchen führen können ƒ Vielfältige körperliche Beschwerden (oft verbunden mit chronischen Schmerzen) Sollten Sie diese Verhaltensweisen bei Flüchtlingen beobachten, ist es angebracht, professionelle, hauptamtliche Unterstüt- zung zu kontaktieren. Vermitteln Sie zu professionellen Stellen, psychosoziale Zentren, nehmen Sie Kontakt zu Flüchtlings- beratungsdiensten auf. In Baden-Württemberg gibt es ein Netz von Beratungs- und Behandlungszentren für Folteropfer. Sie bieten Hilfe bei der Suche nach einem Therapieplatz sowie eine Krisenintervention an, es sind auch therapeutische Angebote möglich. Auf der Seite der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer finden Sie die Kontaktadressen von Beratungsstellen in Baden-Württemberg: http://www.baff-zentren.org/einrichtungen-fuerfolteropfer/mitgliedszentren-und-foerdermitglieder/. Flüchtlinge, die unter diesen Symptomen leiden, haben Schwierigkeiten, sich neu zu orientieren, ihr Leben aktiv zu be- wältigen und Herausforderungen durchzuhalten. Dies kann sich in vielerlei Hinsicht auswirken. Sie zweifeln z.B. an sich selbst oder ihren Fähigkeiten und sind deshalb mutlos, etwas Neues zu beginnen. Manchmal fällt es dem Flüchtling nicht leicht, um Hilfe nachzusuchen. Oder er fordert massiv ein, was er doch teilweise selbst leisten kann. Einige Flüchtlinge kon- taktieren aufgrund ihres Misstrauens oder ihrer Unsicherheit gleich mehrere Berater. Dabei erhalten sie oft auch unter- schiedliche Auskünfte und wissen dann nicht mehr, woran sie sich orientieren sollen. Auch die langjährige Lebenssituation als Asylbewerber oder geduldeter Flüchtling sowie die Unsi- cherheit während des Dublin-Verfahrens sind stark belastend und können zu „Re-Traumatisierungen“ durch das erneute Ge- fühl von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein führen. Ängste, eventuell doch in das Heimatland zurück zu müssen, können viel Energie blockieren und den Lebensmut einschränken. Die Erfahrung der betreffenden Person, etwas für sich zu tun, et- was aktiv zu gestalten, Selbstwirksamkeit zu erfahren, ist be- deutend für die Traumabewältigung. Einige Flüchtlinge leiden schon seit Jahren an Beschwerden, wurden aber aufgrund eingeschränkter Krankenhilfeleistungen (siehe 3.6), sprachlicher Probleme und isolierter Unterbringung häufig keiner ausreichenden Behandlung zugeführt. Diese Er- fahrungen können auch das Asylverfahren beeinflussen, wenn Betroffene nicht in der Lage sind, über die schrecklichen Erleb- nisse zu sprechen. Oft bestehen auch nach den Erfahrungen im Heimatland Ängste, mit einem Beamten zu sprechen, so dass viele wichtige Aspekte während der Anhörung verschwie- gen werden, die jedoch für eine positive Entscheidung im Asyl- verfahren relevant sein können. Auch Widersprüche, die beim Asylvortrag auftreten, sind keine Seltenheit; sie sind überwie- gend auf durch Traumatisierung bedingte Gedächtnisstö- rungen zurückzuführen. Häufig wird dann später eine psycho- logisch-fachliche Begutachtung zur gesundheitlichen Situation des Betroffenen erforderlich. Rahmenbedingungen der Integration Freizeit 27 Für Sie wichtig zu wissen Bei Flüchtlingen werden häufig folgende Erkrankungen in unterschiedlicher Schwere diagnostiziert: ƒ Posttraumatische Belastungsstörungen ƒ Depressionen oder Angststörungen ƒ Psychosomatische Beschwerden Folter- und Kriegserfahrungen, aber auch langjährige Unterdrückung und Diskriminierung als Gruppe sind hier besonders massive Auslöser. In diesen Fällen braucht es oft fachlichen Rat, um Betroffenen weiter zu helfen. Psychologen mit fundierten Zusatzausbildungen, die in diesem Bereich besonders geschult sind, können Beratung, Therapie und Begutachtung anbieten oder vermitteln. Gleichzeitig ist Geduld gefragt. Hilfestellung bei der Strukturierung von Tagesabläufen und Orientierung in der neuen Umgebung sowie Maßnahmen zur Entlastung können hilfreich sein und leichte Beschwerden auch deutlich lin- dern. 3.8 Gesellschaftliche Integration - weitere Angebote für Flüchtlinge Freizeitgestaltung für Flüchtlinge – Angebote sind jederzeit willkommen! Flüchtlingskinder haben in ihren oft sehr engen Unterkünften fast keinen Raum zum Spielen, wenig Raum für Bewegung. Das stellt besonders Familien vor große Herausforderungen. Engagement und eine Angebotsstruktur für zusätzliche, ergän- zende Spiel- und Sprachförderung für Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien sind gefragt. In Schulen und Unterkünf- ten oder auch Jugendeinrichtungen in der Nähe von Wohnor- ten finden sich nur sehr wenige Angebote, die diese Zielgruppe mit einbeziehen und den Spracherwerb und das Einleben in die hiesige Bildungsgesellschaft und Umgebung erleichtern könnten. Dabei gibt es so viele Möglichkeiten. Vielleicht haben Sie schon Ideen dazu? ƒ vielfältige Angebote der Kirchengemeinden ƒ Angebote der Hausaufgabenhilfe ƒ Kooperation mit einem Sportverein in der Nähe ƒ Spielkreise ƒ Kunstaktionen ƒ Ausflüge in Stadtwald, Parks, Zoo und Museen ƒ die Einladung in Jugendzentren, Jugendtreffs und offene Jugendarbeit ƒ die Teilnahme von Flüchtlingskindern an Ferien- und Freizeitaktivitäten Angebote zur Sprachförderung von Erwachsenen und Kindern, Spiel- und Freizeitgruppen in der Unterkunft oder unmittelbarer Nähe sind hilfreich. Aber auch das Kennenlernen der Umge- bung, z.B. dadurch, dass Ausflüge und Museumsbesuche or- ganisiert werden, ist für jugendliche Flüchtlinge oft ein „High- light“. Ob Sie sich für die Unterstützung eines einzelnen Menschen oder einer Gruppe entscheiden: Sie werden ge- braucht. Es gibt viel zu tun. Aber Sie müssen nichts allein ma- chen. Die Beratungsstellen können hier mithelfen, ggf. Koope- rationspartner besorgen. Viele Flüchtlinge lassen sich auch gern zur Organisation von Aktivitäten ansprechen und einbe- ziehen. Aber auch erwachsene Flüchtlinge freuen sich, wenn sie dem Alltag im Wohnheim entkommen und sich gemeinsam mit Ein- heimischen an Aktivitäten beteiligen können. Sie haben bei- spielsweise Freude an gemeinsamen Handarbeiten, kreativem Tun, Gesprächen, und natürlich auch an der Entdeckung der Umgebung. Sie entdecken gern mehr von den zahlreichen kul- turellen Facetten in Deutschland oder präsentieren ihre Her- kunftskultur. Häufig sind Flüchtlinge hoch motiviert, ihre Sprachkenntnisse in Gesprächskreisen, Sport und Hobby- gruppen zu erweitern oder Arbeitsstätten in Deutschland ken- nen zu lernen. Interkulturelle Begegnungen und die Kontakt- aufnahme zu „Einheimischen“ sind dabei hilfreich. Textilwerkstätten, Repaircafés oder Kochtreffs bieten die Mög- lichkeit, sich außerhalb der Unterkünfte zu treffen, die eigenen Gaben einzusetzen und zu entwickeln. Sie bieten den Flücht- lingen die Gelegenheit, das Leben am neuen Wohnort besser kennenzulernen – und gleichzeitig auch etwas von ihrer eige- nen Kultur einzubringen. 28 Begleitung, Beratung und Unterstützung Ehrenamt 4.1 Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements für Flüchtlinge Willkommen heißen – begleiten – beteiligen Wenn in einem Ort oder einem Stadtteil eine Flüchtlingsunter- kunft eröffnet wird, entsteht eine neue Situation. Fremde Men- schen ziehen hinzu, die selbst keinen Einfluss auf die Entschei- dung haben, wo und wie sie untergebracht werden. Die Lebensumstände und die Unterbringungssituation in Gemein- schaftsunterkünften machen es Asylsuchenden nicht leicht, in der Gesellschaft anzukommen und sich zu integrieren. Sie ken- nen die Sprache nicht, Alltagsleben und Kultur sind ihnen fremd. Wer sich als engagierter Anwohner einbringen und auch ande- re für die Unterstützung der Flüchtlinge begeistern möchte, geht am besten zunächst mit Fragen auf alle Beteiligten zu. Die unterbringenden Behörden und Fachstellen vor Ort (Flücht- lings- und Migrationsberatungsstellen, Sozialdienst der Stadt/ Gemeinde) können dazu um Informationen gebeten werden. Helfen Sie, Informationsveranstaltungen zu organisieren und bekannt zu machen. 4. Begleitung, Beratung und Unterstützung: Zusammenspiel von ehrenamtlichem Engagement und Fachberatungsstellen Stellen Sie Fragen: Woher kommen die zu erwartenden Flüchtlinge? Was mussten diese für eine Flucht auf sich nehmen? Wer soll in der geplanten Unterkunft untergebracht werden, sind es Familien mit kleinen Kindern oder junge Männer? Was brauchen sie jetzt an Unterstützung? Welche Unterstützungsmöglichkeiten sind vor Ort vorhanden? Welche ehrenamtliche Hilfe wird vor Ort benötigt und wer kann diese koordinieren? Wenn die Möglichkeit besteht, können auch Flüchtlinge selbst von ihrer Heimat und ihrer Geschichte erzählen. Gesichter und Geschichten schaffen Verständnis und helfen Vorbehalte und Berührungsängste abzubauen. Allerdings sollte Verständnis gezeigt werden, wenn dies nicht möglich ist, da nicht jeder be- reit oder in der Lage ist, über sein Schicksal zu sprechen. Er- zählen Sie auch von sich, aus Ihrem Leben, so dass ein Gleich- gewicht in der Kommunikation entstehen kann. An vielen Orten finden sich schnell ehrenamtlich Engagierte, Initiativen und Kirchengemeinden, die den Neuankommenden erste Anschlussmöglichkeiten an das gesellschaftliche Leben eröffnen und ihnen vermitteln, dass sie hier in Deutschland und in der Gemeinde vor Ort willkommen sind und sich einbringen können. Dabei sollte es neben dem gemeinschaftlichen Zu- sammenleben in der Gemeinde darum gehen, ein höchstmög- liches Maß an Selbstbestimmung zu ermöglichen und Hilfe, z.B. bei der Alltagsbewältigung, beim Spracherwerb und beim Umgang mit Behörden anzubieten. Die ehrenamtlich Engagier- ten, Initiativen und Kirchengemeinden vor Ort können und sollten dazu ihrerseits Unterstützung und Beratung in Anspruch nehmen. Zu empfehlen ist die Kontaktaufnahme zu den Fach- stellen in den Kirchenbezirken/Dekanaten/bei den Wohlfahrts- verbänden, die Initiativen, Ehrenamtliche und Kirchengemein- den begleiten. In jedem Fall gilt: Die Betroffenen sollten immer auch selbst gefragt werden. Die Neuankommenden bringen selbst viele Erfahrungen, Begabungen und Fähigkeiten mit, die sie einbringen können. Nach diesen Ressourcen sollte Aus- schau gehalten werden. Daher immer auch mit den Flüchtlin- gen und nicht allein über diese sprechen! Sehr zu empfehlen ist, vor Ort einen Runden Tisch mit allen Betroffenen aus Kir- chengemeinde, Kommune und Flüchtlingen zu bilden, bei dem Unterstützungsmöglichkeiten, anstehende Probleme und Pro- jekte besprochen werden. Begleitung, Beratung und Unterstützung Ehrenamt 29 ƒ Interesse an den jeweiligen religiösen Feiertagen und den damit verbundenen Traditionen zeigen ƒ Flüchtlingen die Gelegenheit geben, wenn gewünscht, von ihrem Land/ihrer Geschichte/ihrer Kultur zu erzählen, wichtig dabei nicht drängen, die „Therapie“ von Traumata gehört in die Hände von Spezialisten (vgl. unter 3.8) ƒ Interkulturelle Begegnungsabende für Einheimische und Flüchtlinge im Ort organisieren Praktische Unterstützung im Alltag organisieren: ƒ Unterstützungsangebote zum Erlernen der deutschen Sprache anbieten: Die Initiative „Teachers on the road“ stellt Arbeitsblätter für Deutschkurse für Flüchtlinge im In- ternet bereit (https://nksnet.wordpress.com/mitmachen/) ƒ Sprachunterricht (formell oder informell) organisieren bzw. zusätzliche Unterstützung als Ergänzung zum profes- sionellen Sprachunterricht wie Sprachpartnerschaften organisieren ƒ Babysitten während des Sprachunterrichts anbieten ƒ Hausaufgabenhilfe für Kinder und Jugendliche ƒ Begleitung bei Behördengängen und Hilfe beim Verstehen von Behördenbriefen, sowie besonderer Zusammenhänge vor Ort ƒ Mobilität und Anbindung an die Infrastruktur verbessern (z. B. durch Monatskarten, Fahrdienste oder Bereitstel- lung von Fahrrädern, Einrichtung einer Fahrradwerkstatt) sowie die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel erklären ƒ Fahrt zum nächsten Supermarkt oder Lebensmittelladen mit Lebensmitteln aus dem Heimatland (z.B. arabisches/ asiatisches Geschäft) ƒ Hilfe bei der Arbeitssuche (z. B. durch gezielte Ansprache von bzw. Vermittlung zu potentiellen Arbeitgeber/innen im Bekanntenkreis oder der Umgebung, sowie bei diakoni- schen bzw. kirchlichen Arbeitgebern) ƒ Hilfe bei der Suche nach Praktikums- bzw. Ausbildungs- stellen oder Arbeitsplätzen bei örtlichen Betrieben ƒ Besuche und Besichtigungen von Arbeitsstätten, Betrie- ben und Universitäten ermöglichen, um Arbeitsfelder und Berufe kennenlernen zu können ƒ Die Wohnung gemeinsam verschönern und wohnlicher machen ƒ Bei Arbeitseinsätzen an Sportstätten, Kindergärten, in Stadtparks oder bei einem Umzug gemeinsam mithelfen ƒ Internet-Zugang organisieren ƒ Begleitung zum Arzt Nachfolgend sind einige Anregungen zusammengestellt, was Initiativen und Kirchengemeinden tun können, um Flüchtlinge willkommen zu heißen, sie zu begleiten, zu unterstützen und zu beteiligen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Teilhabe ermöglichen Flüchtlinge sind fremd in unserem Land. Sie kennen unsere Gesellschaft nicht, wissen nicht, wie unser gemeinschaftliches Leben organisiert ist und auch nicht, wie unser Verhaltensko- dex aussieht. Ihre Lebensumstände in Gemeinschaftsunter- künften machen es ihnen schwer, in unserer Gesellschaft an- zukommen und sich zu integrieren. Indem man die Flüchtlinge ansieht, ihre Namen und Biographien kennt, werden sie sicht- bar und bleiben nicht länger hinter den Mauern der Gemein- schaftsunterkünfte anonym. Kennenlernen und Begegnung findet immer in beiden Richtungen statt: Schon länger Ansäs- sige und Neuankömmlinge bereichern sich gegenseitig. Darü- ber hinaus ermutigen sie ihre Umgebung damit zur Nachah- mung. Die örtlichen Gegebenheiten und die Infrastruktur können bei einem gemeinsamen Spaziergang bekanntgemacht werden. Flüchtlinge können in Gruppen und zu Festen eingeladen wer- den. Die persönliche Begegnung und das Kennenlernen kön- nen für beide Seiten sehr bereichernd sein. Durch gemeinsame Aktivitäten wie Kochen, Einkaufen, Handarbeiten, Musik oder Sport können sich Familien, Jugendliche und Erwachsene nä- her kennenlernen. Örtliche Vereine können Orte für unkompli- zierte Begegnungen sein. Initiativen können in vielfältiger Weise helfen: ƒ Besuche von Initiativen /Gemeindegruppen in der ört- lichen Gemeinschaftsunterkunft mit Einladungen zu Gesprächsangeboten bei Kaffee und Kuchen ƒ Integration in Freizeitangebote, in die örtlichen Vereine (Kindergarten, Chor, Sportverein, Feuerwehr usw.), den Menschen Türen öffnen ƒ Ausflüge in die Umgebung (See, Picknick, Freibad, Zoo, Museum ...) ƒ Teilhabe am kulturellen Leben fördern (z. B. durch kosten- lose Karten für Veranstaltungen in der Region oder indem man Flüchtlinge ins Theater oder zu Stadtteil- ƒ oder Gemeindefesten mitnimmt, siehe auch: www.kultur- loge-hochtaunus.de) ƒ Sportereignisse gemeinsam verfolgen 30 Begleitung, Beratung und Unterstützung Ehrenamt den zuständigen Fachabteilungen in den Landeskirchen und Diözesen, da oft viele Aspekte bedacht werden müs- sen). Zusätzlich kann es sinnvoll sein, wenn Hauptamt- liche und Ehrenamtliche aus der Kirche die Ausstattung der kommunalen Einrichtungen für Flüchtlinge im Blick behalten und auf Missstände hinweisen. ƒ Tauschring aufbauen (Gemeindemitglieder und Flücht- linge bieten ihre Fähigkeiten und Ressourcen an und nehmen sie wechselseitig in Anspruch). ƒ Kleiderkammern/ Flohmarkt veranstalten. Gemeinsames Engagement mit Flüchtlingen und Projekte: ƒ Eigene Gärten: In einem eigenen Garten können Flücht- linge ihnen bekanntes Gemüse anbauen und Kontakte zu anderen Gartenbesitzern herstellen. In manchen Regionen gibt es bereits „Interkulturelle Gärten“. Ein Beispiel gibt es hier zu sehen: http://www.interkulturellergarten-ulm.de/home.php ƒ Hilfe bei der Wohnungssuche (z. B. durch Vermittlung von Wohnraum im Bekanntenkreis, Unterstützung bei der Sichtung von Angeboten in der Tagesspresse, Begleitung bei Wohnungsbesichtigungen usw.). Manchmal ist auch eine Unterstützung bei der Wohnungseinrichtung sinnvoll. ƒ Durch die steigende Zahl der Asylsuchenden wächst der Unterbringungsdruck in den Landkreisen. Zur Unter- stützung können leerstehende kirchliche Immobilien der Kommune oder dem Landkreis – ggf. temporär - für die Wohnraumversorgung von Flüchtlingen zur Verfügung ge- stellt werden (frühzeitig im Vorfeld Kontakt aufnehmen mit Religion Flüchtlinge, die ihre Religion ausüben möchten, können Unterstützung erfahren. Ein großer Teil der Flüchtlinge sind Christen. Sie können ganz unterschiedlichen Konfessionen angehören. Wichtig ist, das Gemeinsame zu betonen und nicht zuerst auf die Unterschiede zu schauen. Unterstützung ist auf vielfältige Weise möglich: ƒ Einladungen zu Gottesdiensten und Gemeindeveranstaltungen (Übersetzungsfragen bedenken, evtl. mehrsprachige Elemente im Gottesdienst) ƒ Wo gewünscht, Kontakte zu Gemeinden anderer Sprache und Herkunft herstellen (www.ikcg.de). ƒ Die Fachabteilungen in den Landeskirchen/Diözesen vermitteln auf Anfrage Material und Mitarbeit für Gottesdienste zu Flüchtlingsthemen. ƒ Bei Taufanfragen von Nichtchristen stehen die Fachabteilungen ebenfalls für Beratung zur Verfügung. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang die Broschüre „Taufe und Konversion im Asylverfahren“ der Evangelischen Kirche in Deutsch- land: https://www.ekd.de/download/taufbegehren_von_asylsuchenden_2013.pdf Viele Flüchtlinge gehören anderen Religionen an. Hier sind Toleranz und gegenseitiges Lernen gefragt. Zum überwiegenden Teil sind Flüchtlinge anderer Religionszugehörigkeit Muslime. Kontakte zur jeweiligen muslimischen Gemeinde und zum Imam können vermittelt werden. An vielen Orten gibt es interreligiöse Dialoggruppen, die gerne ihre Unterstützung anbieten. Begleitung, Beratung und Unterstützung Ehrenamt 31 Begleitung/Unterstützung bei Behörden und im Asylverfahren Schriftwechsel und Kommunikation mit Behörden sind für Asylbewerber und Flüchtlinge meistens weder inhaltlich noch sprachlich verständlich. Gerade bei der Vorbereitung der An- hörung im Asylverfahren benötigen Asylbewerber besondere Unterstützung, die zeitintensiv ist. Ehrenamtliche – ggf. gegen eine gewisse Aufwandsentschädigung - können sich auch als Dolmetscher betätigen, sofern sie die entsprechenden Sprach- kenntnisse mitbringen. Gerade in rechtlichen Zusammenhän- gen ist eine professionelle, qualifizierte Beratung durch Fach- beratungsstellen bzw. im Asylrecht erfahrene Rechtsanwälte unverzichtbar. In enger Zusammenarbeit mit den Fachbera- tungsstellen und den Anwälten können Ehrenamtliche äußerst unterstützend wirken (vgl. Ausführungen unter Teil 2). Patenschaften In vielen Helferkreisen haben sich Patenschafts- und Mento- ring-Angebote sehr bewährt. Eine Person begleitet und unter- stützt jeweils eine Familie oder einen Flüchtling. Dabei kann es sich um eine alltagsbezogene Begleitung handeln, die alle As- pekte eines gelingenden Ankommens umfasst, aber auch um gezielte, regelmäßige Hilfe im Alltag bei einem bestimmten Thema (Wohnungssuche, Ämtertermine, Sprache, Gesundheit, Mobilität, Arbeit, Schule, Ausbildung, Kinder und Familie). Ent- scheidend ist dabei, dass es gelingt, ein gegenseitiges Ver- trauensverhältnis aufzubauen. Viele Fachstellen haben eigene Informations- und Schulungsveranstaltungen und Programme für ehrenamtliche Paten entwickelt. Fachberatungsangebote für Flüchtlinge und ehrenamtliche Paten- und Mentoring-Pro- jekte ergänzen sich sehr gut. Hilfen für Kinder und Jugendliche Kinder und Jugendliche haben oft Probleme, vor allem den sprachlichen Anforderungen in der Schule gerecht zu werden. Manche haben jahrelang keine Schule besucht und sind Anal- phabeten, teils wegen Bürgerkrieg und Flucht oder weil es ih- nen verwehrt wurde. Durch Hausaufgabenhilfe können die Kin- der und Jugendlichen besser mitkommen und die deutsche Sprache lernen. Dabei können Paten sehr hilfreich sein und als Ansprechpartner für Lehrkräfte zur Verfügung stehen, bezie- hungsweise zwischen Schule und Eltern vermitteln. Bei allen nicht schulischen Aktivitäten sollte vorwiegend die Integration in bestehende Angebote das Ziel sein. Angebote und Pro- gramme, die sich ausschließlich an Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien wenden, sind nur dann zielführend, wenn sie der Situation der Kinder und Jugendlichen entspre- chend, von Experten, entwickelt wurden (z.B. bei Traumatisie- rung). Insbesondere beim Aufbau von Paten-Beziehungen und vergleichbaren „Tandems“ mit Kindern und Jugendlichen (die sehr hilfreich sein können!) ist es wichtig, Richtlinien zum An- vertrautenschutz zu beachten (siehe Infokasten). Runde Tische und Koordination Als sinnvoll hat sich oft erwiesen, vor Ort einen runden Tisch mit allen Betroffenen aus Kirchengemeinde, Kommune und Flüchtlingen zu bilden, bei dem alle anstehenden Probleme und Projekte koordiniert und besprochen werden. Bei rassi- stisch aufgeladenen Konflikten hilft die Broschüre der Bundes- arbeitsgemeinschaft Kirche & Rechtsextremismus „Was tun, damit’s nicht brennt?“ weiter: http://www.bagkr.de/wp- content/uploads/ wastun_webversion_neu.pdf. Hilfreich ist auch eine ökumenische und interreligiöse Vernetzung mit an- deren Kirchengemeinden und z. B. Moscheegemeinden vor Ort. So kann man gemeinsam wirken und baut keine Paral- lelstrukturen mit ähnlichen Angeboten auf. 32 Begleitung, Beratung und Unterstützung Ehrenamt Um Ehrenamtliche zu unterstützen, aber auch vor Selbstüber- forderung zu schützen, koordinieren und begleiten die Kirchen und Wohlfahrtsverbände mit ihren Fachberatungsstellen das ehrenamtliche Engagement im Bereich der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit. Sie unterstützen bei Problemen im Umgang mit Asylbewerbern oder Behörden und bieten gegebenenfalls Lösungen an. Die große Hilfsbereitschaft vor Ort und die über- wiegend positive Grundhaltung den ankommenden Menschen gegenüber brauchen fachliche Begleitung und die Koordinati- on der Hilfsbereitschaft. Die Wohlfahrtsverbände vor Ort verfü- gen neben der notwendigen Fachlichkeit und beispielsweise Schulungsangeboten, auch über gute Kontakte in die Zivilge- sellschaft und die Kommunen, so dass sie diese Aufgabe gut erfüllen können. Grenzen der ehrenamtlichen Arbeit Flüchtlinge können Unterstützung wirklich gebrauchen. Vorü- berlegungen zur persönlichen Motivation, zu Erwartungen, zeitlichen Kapazitäten und Vorstellungen im Hinblick auf kon- krete Unterstützungsangebote sind wichtig und hilfreich, um sich selbst effektiv vor Überlastung und auch Enttäuschungen schützen zu können. Es gibt darüber hinaus viele Situationen, bei denen ehrenamtliches Engagement an seine Grenzen ge- rät. Dies kann zum Beispiel in der Asylverfahrensbegleitung, im Umgang mit Behörden, bei sozialrechtlichen Ansprüchen, bei Traumatisierung, Schulproblemen, Schuldenproblemen oder Suchtverhalten der Fall sein. Auch bei Verhaltensweisen, die nicht nachvollziehbar sind, stoßen Ehrenamtliche an ihre Gren- zen. Persönliche Voraussetzungen und Zugänge Die Arbeit mit Flüchtlingen ist anspruchsvoll! Wer sich darauf einlassen will, sollte sich mit einigen Fragestellungen auseinan- dersetzen: ƒ Not und Leid sind hier besonders sichtbar. Kann ich den Menschen mit Respekt begegnen und sie auf Augenhöhe ansprechen? ƒ Wie gut kenne ich meine eigenen Vorurteile? Bin ich z.B. bereit, mich damit auseinanderzusetzen, welche Gefühle eine starke Verschleierung bei mir auslöst, oder Erziehungsmethoden, die von meinen Überzeugungen abweichen? ƒ Kann ich mich einlassen auf die Situation in den Unterkünften? ƒ Für die Flüchtlinge ist es wichtig, so angenommen zu werden, wie sie sind, mit all ihren kulturellen und persönlichen Eigenschaften. Kann ich die eigene Lebensart aufzeigen, ohne die andere zu bewerten? ƒ In der Arbeit mit Flüchtlingen begegnet mir viel Not. Kann ich auch gut für mich sorgen und nach der Arbeit abschal- ten? ƒ Beim Umgang mit Schutzbefohlenen und Anvertrauten sind besondere Aufmerksamkeit und die Bereitschaft gefordert, mich auf die Notwendigkeiten des Anvertrautenschutzes und des grenzachtenden Umgangs einzulassen. Bin ich bereit in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, eine Selbstverpflichtungserklärung zu unterzeichnen und ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen? Begleitung, Beratung und Unterstützung Ziele 33 Ziel des Ehrenamts und die persönliche Rolle im Ehrenamt Das Engagement im interkulturellen Kontext sollte auf die Ver- selbstständigung der von Ihnen begleiteten Flüchtlinge abzie- len. Hier lautet das Stichwort „Hilfe zur Selbsthilfe“, damit Ihr Engagement möglichst nachhaltig wirksam werden kann. Vor diesem Hintergrund richtet sich die Aufmerksamkeit in der Un- terstützung und Begleitung in besonderer Weise auf die vor- handenen Kenntnisse, Fähigkeiten, Kompetenzen und Res- sourcen der zu begleitenden Personen. Ziel helfenden Handelns sollte sein, Flüchtlinge darin zu unterstützen, mög- lichst selbstbestimmt und selbstverantwortlich zu handeln. Dies erfordert eine bewusste Vorstellung der eigenen Rolle als Helfer sowie eine reflektierte Haltung bezüglich von Nähe und Distanz, Parteilichkeit und Neutralität. Wir möchten dazu ermu- tigen, ehrenamtlichen Tätigkeiten in regelmäßigen Abständen zu reflektieren. Dies kann anhand der folgenden Leitfragen ge- schehen: Sehr zu empfehlen ist der gemeinsame Wissens- und Erfah- rungsaustausch sowie die Reflexion des ehrenamtlichen En- gagements mit anderen Ehrenamtlichen. Idealerweise kann dies mit professioneller Unterstützung, durch eine in der Flüchtlingsarbeit kompetente Fachkraft (Sozialpädagogen), durch Supervisoren oder in Form der kollegialen Beratung ver- wirklicht werden. 4.2 Interkulturelle Kompetenz und Ziel des Ehrenamts Interkulturelle Kompetenz In der Begegnung von Flüchtlingen und ehrenamtlich Enga- gierten werden unterschiedliche Bereiche interkultureller Kom- petenz besonders angesprochen. Grundsätzlich kann zwi- schen einer interkulturell kognitiven Kompetenz und einer interkulturellen Handlungskompetenz unterschieden werden. Handelt es sich bei der interkulturell kognitiven Kompetenz eher darum, Kenntnisse zu Herkunftsländern, gesellschaft- lichen und politischen Strukturen, rechtlichen Rahmenbedin- gungen, Ursachen und Folgen von Migrationsprozessen und vieles mehr, zu besitzen, so handelt es sich bei der interkultu- rellen Handlungskompetenz eher um eine Frage der Haltung. Folgende interkulturelle Fähigkeiten lassen sich unterscheiden: ƒ Empathie: Bereitschaft zur Einfühlung in Menschen ande- rer kultureller und sozialer Herkunft und Zugehörigkeit so- wie Einfühlung in die Opfer von Vorurteilen, rassistischer Ausgrenzung und Ungleichbehandlung. ƒ Rollendistanz: Fähigkeit zur Einnahme der anderen Per- spektive, der Relativierung der eigenen Sichtweise und einer dezentrierten, kulturellen und sozialen Selbstwahr- nehmungsfähigkeit. ƒ Ambiguitätstoleranz: die Fähigkeit, Ungewissheit, Un- sicherheit, Fremdheit, Nichtwissen und Mehrdeutigkeit auszuhalten. Neugierde und Offenheit gegenüber Un- bekanntem, Respektierung anderer Meinungen sowie Abgrenzungs- und Konfliktfähigkeit. ƒ Kommunikative Kompetenz: Sprachfähigkeit, Dialogfähig- keit, Verständnisorientierung und Aushandlungsfähigkeit. Interkulturelle Kompetenzen erleichtern die Beziehung zwi- schen Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen und ermöglichen gegenseitiges Verständnis. Im Rahmen inter- kultureller Trainings können vorhandene interkulturelle Kom- petenzen vertieft und neue Kenntnisse und Sichtweisen hinzu- gewonnen werden. Auch der Austausch mit anderen Engagierten ermöglicht die Selbstvergewisserung eigener Standpunkte sowie eine Steigerung der Sprachfähigkeit zu Fragen von Asyl, Flüchtlingshilfe, Diskriminierung und vielem mehr. Abgesehen von speziellen Schulungen lernen wir aber auch im Alltag - im gemeinsamen Umgang - mit- und vonei- nander. Haben Sie Interesse an Menschen und begegnen Sie ihnen möglichst offen - auf Augenhöhe! Leitfaden zu Reflexion ƒ Was mache ich und was mache ich nicht? ƒ Warum mache ich das bzw. warum mache ich das nicht? ƒ Mit wem mache ich das? ƒ Wie mache ich das? ƒ Geht es auch anders? ƒ Wie machen es Andere? ƒ Was steckt hinter meiner Motivation? ƒ Macht mir mein Ehrenamt Spaß oder ist es eher eine Belastung? ƒ In welchem Netzwerk von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen befindet sich das Engagement? ƒ Was sollte in professionelle Hände abgegeben wer- den? 34 Begleitung, Beratung und Unterstützung Zusammenarbeit Einige Helferkreise geben sich vereinsähnliche Strukturen, mit selbstständig arbeitenden Arbeitsgruppen, gewähltem Vor- stand und regelmäßigen Koordinationstreffen. Während sich eine Arbeitsgruppe bspw. um die Alltagsbegleitung von Flücht- lingen kümmert, organisiert eine andere Gruppe die Annahme und Ausgabe von Sachspenden und eine dritte Gruppe küm- mert sich um die Koordination von Sprachförderangebote. Weitere denkbare Aufgabenbereiche können sein: Patenschaf- ten, Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen, Behördengänge, Willkommenskultur, Freizeitgestaltung, Finanzen, etc. Im Zuge einer derartigen Aufgabenaufteilung ist eine feste Ansprech- person in jeder Gruppe empfehlenswert, die Gruppentreffen organisiert, sich um den internen Kommunikationsfluss küm- mert und regelmäßig mit dem Vorstand und den anderen Grup- penleitern in Kontakt steht. Schließlich hat jeder Standort unterschiedliche Gegebenheiten und ortsspezifische Besonderheiten, die sich auf die Arbeit der Ehrenamtlichen vor Ort auswirken. Was im ländlichen Raum mit vereinzelten ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sowie dezentral untergebrachten Flüchtlingsfamilien funktioniert, muss nicht zwangsläufig die perfekte Lösung für die ehrenamt- liche Flüchtlingsarbeit in einer Großstadt bzw. einer großen Gemeinschaftsunterkunft sein. Zudem unterscheiden sich Vor- stellungen, Arbeitsweisen, Anliegen und Interessen von Helfer- kreisen und den darin engagierten Ehrenamtlichen von Ort zu Ort. Eine überall wirksame, perfekte Lösung gibt es nicht, son- dern jeder Helferkreis muss für sich eine stimmige Struktur und Arbeitsweise finden. Grundsätzlich gilt: Eine gewisse Struktu- riertheit in den Helferkreisen sowie eine Anbindung an die Fachkräfte in der Flüchtlingssozialarbeit mit klaren Absprachen und Zuständigkeiten kann vorteilhaft sein und zu einem ver- trauensvollen Miteinander führen. Hierbei hilft es auch, sich immer wieder das gemeinsame Ziel ins Gedächtnis zu rufen: die Unterstützung und die Verbesserung der Lebenssituation der Flüchtlinge vor Ort! 4.3 Zusammenarbeit in Initiativen, Kooperationsformen Sobald in einem Ort eine neue Flüchtlingsunterkunft eröffnet wird, entsteht unvermittelt oftmals eine große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Privatpersonen, Kirchengemeinden, Ver- eine und diverse Gruppen vor Ort möchten sich für Flüchtlinge und Asylbewerber engagieren und diese bei der Eingewöh- nung in einer für sie fremden und ungewohnten Umgebung un- terstützen. Damit dieses Unterfangen - in einem für alle Seiten ergiebigen Maße - gelingen kann, ist es sinnvoll, Ressourcen zu bündeln und sich gemeinsam in einem Helferkreis oder ei- ner Flüchtlingsinitiative zu organisieren. Im Kollektiv ist es einfacher, Verbesserungen für die Flücht- linge vor Ort zu erreichen. Auch der Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten sowie das Organisieren größerer Projekte sind in einem Team von Menschen mit unterschiedlichen Bega- bungen und Erfahrungshorizonten leichter realisierbar. Haben sich die ersten Helfer in einem Ort zusammengeschlossen, geht es zunächst darum, der neugegründeten Initiative einen Namen zu geben und einige Rahmenbedingungen festzulegen. So muss z.B. geklärt werden, welche Rechtsform der Asylar- beitskreis oder die Flüchtlingsinitiative haben soll: „Sollen wir uns als Verein eintragen lassen? Schließen wir uns einem Wohlfahrtsverband oder einer Kirchengemeinde an oder orga- nisieren wir uns selbstständig und unabhängig? Wollen wir uns auch politisch einsetzen und positionieren oder verstehen wir unsere Arbeit vielmehr als ergänzende Unterstützung in Be- reichen der Alltagsbegleitung, Freizeitgestaltung und Sprach- förderung von Flüchtlingen?“ Eine in der Praxis bewährte Möglichkeit ist es, sich an Kirchen- gemeinden oder an einen Wohlfahrtsverband anzuschließen, da dadurch Fragen des Versicherungsschutzes für Ehrenamt- liche geklärt sind und die Möglichkeit besteht, Spendenbe- scheinigungen auszustellen. Es besteht aber auch die Mög- lichkeit, sich als Verein eintragen zu lassen oder sich anderen Initiativen oder bereits bestehenden Asylkreisen anzuschlie- ßen. Begleitung, Beratung und Unterstützung Zusammenarbeit 35 wir unserer Arbeit zu Grunde? Welchen Standpunkt möchten wir vertreten und wie können wir diesen auch im öffentlichen Diskurs mit anderen Akteuren mit Kommune, Stadt, Landrat- samt und Wohlfahrtsverbänden, möglichst effektiv einbrin- gen?“ Teilweise gibt es auch schon regionale Zusammenschlüsse von Initiativen im Kreis bzw. in der Region, mit denen man sich vernetzen kann. Landesweit gibt es überdies als Dachorgani- sation den Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V., in dem man Mitglied werden kann. Eine Vernetzung vor Ort und im Landkreis ist empfehlenswert, da sowohl der Flüchtlingsrat wie auch Wohlfahrtsverbände und andere Initiativen Schulungen und Weiterbildungen für Ehrenamtliche anbieten und kosten- lose Informationsmaterialien zur Verfügung stellen. Zudem gibt es in jedem Landkreis Gremien, die sich mit dem Thema Migra- tion und Flucht beschäftigen. Sinnvollerweise sind auch ehren- amtliche Initiativen in diesen Gremien vertreten. Auch bereits bestehende Beratungsstellen für Flüchtlinge sowie Kirchenbe- zirksbeauftragte für Asyl und Migration können kontaktiert und – nach Rücksprache – mit eingebunden werden. Ehrenamtliches Arbeiten mit Flüchtlingen kann bereichernd und erfüllend sein, ist aber immer auch eine Herausforderung, die manches Mal belastet und die Helferinnen und Helfer mit- unter auch bis an die eigenen Leistungsgrenzen führt. Neben asylrechtlichen Fragestellungen geht es um Sozialrecht, inter- kulturelle Kompetenzen, Umgang mit traumatisierten Flüchtlin- gen, Überwindung von Sprachbarrieren sowie immer auch um die Grenzen der eigenen Belastbarkeit. Bei allem Einsatz für andere ist es wichtig, sich selbst nicht aus dem Blick zu verlie- ren. Regelmäßiger Austausch mit anderen Ehrenamtlichen, bspw. im Rahmen einer monatlich stattfindenden Austausch- gruppe (Supervision), ist deshalb essentiell. Manchmal hilft es, wenn wir von unseren guten Erfahrungen berichten, genauso wie von der Not, die uns im Umgang mit den Flüchtlingen be- gegnet, und dass wir uns bewusst machen: Manch eine Last kann nur gemeinsam getragen, ertragen werden! Bei der Gründung einer neuen Flüchtlingsinitiative kommt bald auch die Frage nach geeigneten Räumlichkeiten auf, um sich regelmäßig treffen und austauschen zu können. Aber auch um Angebote wie Sprachkurse, Sachspendenausgaben, Begeg- nungscafés, etc. für die Flüchtlinge vorzubereiten und anzubie- ten. Neben Gemeindehäusern und Räumen in Kirchengemein- den, eignen sich ebenso gut Räume von Vereinen, Kultur-, Jugend- und Familienzentren sowie von anderen Initiativen. In jedem Fall sollte im Vorhinein die Übernahme der Mietkosten geklärt werden. Oftmals sind Träger aber auch bereit, Räum- lichkeiten vergünstigt oder kostenlos zur Verfügung zu stellen, insbesondere, wenn Ehrenamtliche in der Flüchtlingsbeglei- tung als Vereins- oder Gemeindemitglieder auf bereits beste- hende Kontakte zurückgreifen können. Eines der zentralen Themen bei der Neugründung einer Flücht- lingsinitiative ist der Umgang mit Sach- und Geldspenden. Das Thema sollte nicht ausgeklammert, sondern möglichst frühzei- tig bedacht und die finanztechnische Abwicklung nach gewis- sen Standards organisiert werden. In jedem Fall braucht es ei- nen Verantwortlichen für die Buchführung und Verwaltung der Kasse sowie eine Rechnungsprüfung. Vielerorts wird die Ein- richtung eines Unterstützungsfonds für Rechtsberatung, Hilfen zur Familienzusammenführung oder finanzielle Unterstützung für ergänzende Sprachförderung in Erwägung gezogen. Zu- gleich werden Projekte geplant, Begegnungscafés angeboten und Spielmaterialien für Flüchtlingskinder angeschafft. Des- halb ist es unerlässlich, dass sich die Helferinnen und Helfern im neugegründeten Helferkreis rechtzeitig gemeinsam überle- gen, wofür Spendengelder eingesetzt werden können und sol- len. Genauso gut muss überlegt werden, ob und in welchem Rahmen Sachspenden angenommen werden, und wie eine gerechte Verteilung organisiert werden kann. Zudem empfiehlt es sich, die inhaltlichen Schwerpunkte und Zielsetzungen des Helferkreises in einer Art „Leitbild“ festzu- halten: „Wer sind wir? Was wollen wir? Wie arbeiten wir? Wel- che Personen sind bei uns zur Mitarbeit willkommen und wel- che Rahmenbedingungen müssen alle Personen in unserer Gemeinschaft akzeptieren? Welche Werte und Prinzipien legen 36 Begleitung, Beratung und Unterstützung Versicherungsschutz 4.4 Rahmenbedingungen – Versicherungsschutz Im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit sollte frühzeitig ge- klärt werden, inwieweit Schäden entstehen können und wel- cher Versicherungsschutz hier sinnvoll ist bzw. durch die gesetzlichen Regelungen oder im Rahmen von Sammelversi- cherungen besteht. Diese Handreichung kann hier nur einen kurzen Überblick geben. Maßgeblich sind allein die gesetz- lichen Regelungen und die konkreten Versicherungsbedin- gungen. Die nachfolgenden Hinweise dienen nur einer ersten Orientierung und erfolgen ohne die Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Haftpflichtversicherungsschutz Sofern fahrlässig oder vorsätzlich ein Schaden verursacht wird, kann der Schadenverursacher möglicherweise verpflichtet sein, diesen Schaden zu ersetzen. Für solche Fälle ist ein aus- reichender Haftpflichtversicherungsschutz zu empfehlen. Möglicherweise besteht dieser schon über eine Privathaft- pflichtversicherung. Haftpflichtversicherungsschutz besteht teilweise auch über das Land BW – Ecclesia Versicherungsdienst GmbH: http://www.ecclesia.de/ecclesia-allgemein/startseite/ . Versichert sind hier Ehrenamtliche für das Gemeinwohl, die ihre Tätigkeit in Baden-Württemberg ausüben oder deren En- gagement von Baden-Württemberg ausgeht. Dies jedoch nur, soweit die Tätigkeit in rechtlich unselbstständigen Strukturen erfolgt (siehe oben). In jedem Fall ist dieser Versicherungs- schutz jedoch subsidiär, also vorrangig, gegenüber einem et- waig bestehenden anderen Versicherungsschutz. Erfolgt die Tätigkeit innerhalb der Strukturen der Wohlfahrts- verbände bzw. der Kirchen, so sind Ehrenamtliche und Träger meistens über die landeskirchlichen Sammelversicherungsver- träge versichert bzw. entsprechende Sammelversicherungs- verträge der Katholischen Diözesen oder der Verbände. Sind die Ehrenamtlichen im Auftrag eines kirchlichen oder diako- nischen/caritativen Vereins tätig, so muss sich der Verein das Bestehen des Versicherungsschutzes ggf. über den Sammel- versicherungsvertrag bestätigen lassen. Wenden Sie sich in Fragen des Versicherungsschutzes an die Kirchengemeinde bzw. den jeweiligen Wohlfahrtsverband vor Ort. Dieser kann diese Frage dann mit der zuständigen Stelle abklären. Unfallversicherungsschutz über die gesetzliche Unfallversicherung – Unfallkasse BW Gesetzlich unfallversichert sind ehrenamtlich Tätige, die für Körperschaften (z.B. einen Landkreis), für Bildungseinrich- tungen oder für privatrechtliche Organisationen (z. B. Vereine, Initiativen usw.) tätig sind im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmi- gung von Gebietskörperschaften. Die gesetzliche Unfallversicherung betrachtet eine Tätigkeit als ehrenamtliche, wenn sie in einem übertragenen Aufgaben- bzw. organisatorischem Verantwortungsbereich, unabhängig von einem Beschäftigungsverhältnis, freiwillig und unentgelt- lich für andere, möglichst kontinuierlich, ausgeübt wird. Die Zahlung einer Aufwandsentschädigung oder die Erstattung von Reisekosten steht der Ehrenamtlichkeit nicht entgegen, solange die Aufwandsentschädigung nicht so hoch ist, dass sie den Charakter eines Entgelts annimmt. Versichert sind alle Tätigkeiten, die mit der unmittelbaren Wahrnehmung der ehrenamtlichen Tätigkeit und der Vor- und Nachbereitung in einem inneren Zusammenhang stehen und hierdurch bedingt sind, z.B. auch die Teilnahme an Ausbil- dungsveranstaltungen für die ehrenamtliche Tätigkeit und un- mittelbare, mit der ehrenamtlichen Tätigkeit in Zusammenhang stehende Wege. Soweit Ehrenamtliche in rechtlichen Strukturen tätig sind, er- folgt der Unfallversicherungsschutz über den jeweiligen Träger und die für diesen zuständige Berufsgenossenschaft. Der Trä- ger hat die Anzahl der für ihn tätigen Ehrenamtlichen im Rah- men der jährlichen Abfrage der Berufsgenossenschaft anzuge- ben. Begleitung, Beratung und Unterstützung Sprache 37 Ebenso sollte unbedingt vermieden werden, dass Kinder, die die Sprache oftmals schneller lernen, für ihre Eltern oder ande- re Flüchtlinge übersetzen! Um in Baden-Württemberg Dolmetscher zu finden, die die Ar- beit vor Ort unterstützen können, sind vor allem die Beratungs- dienste für Zuwanderer und Flüchtlinge wichtige Ansprech- partner. An einigen Orten gibt es sog. Dolmetscherpools, zu denen auch andere Stellen Kontakt aufnehmen können. Ggf. macht es Sinn, solche aufzubauen und die Dolmetscher zu schulen. In einigen Kreisen gibt es Integrationslotsen, die Neu- zugewanderte herkunftssprachlich bei der Orientierung in der neuen Gesellschaft unterstützen sollen. Auch an Schulen oder Universitäten können Dolmetschende zu finden sein, z.B. El- tern oder ausländische Studierende. 4.5 Sprachliche Brücken schaffen: Wo und wie finde ich einen Dolmetscher? Eine gemeinsame Sprache zu finden, ist für die Unterstützung von Flüchtlingen ein Schlüssel, wenn auch nicht der einzige. Oftmals einigt man sich auf eine Sprache wie Englisch oder Französisch, die für beide Seiten nicht die Muttersprache ist. Auch wenn sich vieles ohne Worte regeln lässt, wenn man sich erst einmal kennengelernt hat, ist es zum gegenseitigen Ver- ständnis und für bestimmte Sachverhalte wichtig, direkt kom- munizieren zu können. Auch bei Terminen mit Behörden, beim Arzt, im Kindergarten oder in der Schule stehen keine Dolmet- schenden zur Verfügung, und spätestens bei der Erklärung von behördlichen Briefen, die die Flüchtlinge häufig erhalten, ist es hilfreich, eine Person mit den benötigten Sprachkenntnissen hinzu ziehen zu können. Es ist hier mit einer großen Sprachviel- falt zu rechnen, da in den Kommunen Flüchtlinge aus allen Herkunftsländern untergebracht werden. In der ehrenamtlichen Unterstützung von Flüchtlingen können Dolmetscher sowohl die Rolle des Übersetzers als auch die einer Kontaktperson einnehmen. Ebenso wie die Unterstützer sollten auch Dolmetscher darauf achten, sich nicht über das Maß hinaus vereinnahmen zu lassen, das sie selbst einbringen können oder wollen. Aufgrund der gemeinsamen Sprache wer- den Dolmetscher zudem oftmals auch als Experten wahrge- nommen. Beispielsweise kann für Dolmetschende die Weiter- gabe ihrer privaten Telefonnummer dazu führen, dass diese an andere Flüchtlinge weitergegeben wird, die sie möglicherweise noch gar nicht kennengelernt haben. Daher sollte, wenn mög- lich, vermieden werden, die Telefonnummer des Dolmetschers direkt an Flüchtlinge weiterzugeben. Etwas zum Thema Verschwiegenheit/Datenschutz: Auch für die Ehrenamtlichen sollte es selbstverständlich sein, dass sie über Angelegenheiten und Informationen, die sie durch ihre Tätigkeit erfahren, gegenüber Dritten zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Wer für einen Träger tätig ist und in diesem Zusammenhang auch mit Datenverarbeitung im Sinne der Datenschutzgesetze zu tun hat, für den gelten auch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Der Träger hat mittels der jeweils vorgesehenen Verpflichtungserklärungen zum Da- tengeheimnis darüber zu informieren und dazu zu verpflichten (z.B. siehe http://www.kirchenrecht-baden.de/showdocument/id/4415). 38 Begleitung, Beratung und Unterstützung Sprache Wenn kein Dolmetscher vor Ort ist … …läuft die Verständigung zwischen Flüchtlingen und Ehrenamt- lichen oft mit Händen und Füßen, unterstützt von Bildertafeln, aus dem Internet gezogenen Wörterbüchern, Sprachführern und seit einiger Zeit auch mit Hilfe von Übersetzungsdiensten aus dem Internet. Viele Flüchtlinge und Ehrenamtliche verfügen über Smartphones, mit deren Einsatz erste Sprachbarrieren leichter überwunden werden können: z.B. lassen sich mit Kommunika- tions-Apps Bildnachrichten (Einladungen, Bescheide, Termine) verschicken, die oftmals die gewünschte Botschaft überbringen können. Zur Kunst des guten Dolmetschens Bei der Einbeziehung von Dolmetschern sind einige Regeln zu beachten, z.B.: ƒ Fragen Sie die betreffende Person rechtzeitig an und binden Sie sie ein. ƒ Erläutern Sie der dolmetschenden Person, was das Thema des gemeinsamen Gesprä- ches oder der erforderlichen Begleitung sein wird. ƒ Nutzen Sie die Chance, Gesprächssituationen, die Ihnen etwas unklar erschienen, kurz mit der dolmetschenden Person zu besprechen. ƒ Bleiben Sie während des Gesprächs im Kontakt mit dem Flüchtling (halten Sie Blick- kontakt zum Flüchtling und sehen Sie nicht nur noch den Dolmetschenden an). ƒ Planen Sie genügend Zeit für das Gespräch mit Übersetzung ein, damit der Flüchtling Rückfragen stellen kann. Wenn möglich sollte ehrenamtlich tätigen Dolmetschern zumindest eine Aufwandsentschädi- gung zukommen. Begleitung, Beratung und Unterstützung Informationen 39 4.6 Die Situation in Herkunftsländern – Wo gibt es Informationen? Im Umgang mit Flüchtlingen kann es hilfreich sein, mehr über das Herkunftsland zu erfahren. Wie wird die politische und wirtschaftliche Situation eingeschätzt? Gibt es Minderheiten- rechte, oder werden Minderheiten unterdrückt und verfolgt? Wie ist die gesellschaftliche Position von religiösen, sozialen und kulturellen Gruppierungen? Wie ist die Menschenrechtssi- tuation, in welchen Fallkonstellationen kommt es zu schweren Menschenrechtsverletzungen? Das kann dazu beitragen, die Situation des Flüchtlings besser zu verstehen. Manche ehren- amtliche Helfer recherchieren zudem gerne selbst, um Asylan- träge besser zu verstehen, vielleicht aber sogar zu „untermau- ern“ und Anwälten hilfreiche Tipps geben zu können. Folgende Organisationen mit Links im Internet können dafür hilfreich sein: Informationen zu Herkunftsländern ƒ Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) informiert regelmäßig über Flüchtlingsentwicklungen weltweit und ist auch für die rechtliche Situation von Flüchtlingen in vielen Ländern zuständig und ansprechbar: www.unhcr.de, siehe auch www.refworld.org für umfangreiche Länderinformationen. ƒ Caritas International und das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung engagie- ren sich in diversen Ländern und Flüchtlingslagern und stellen teilweise auch Informati- onen hierüber zur Verfügung: www.caritas-international.de, www.diakonie.de. ƒ Amnesty International ist eine weltweit agierende Menschenrechtsorganisation, die re- gelmäßig Jahresberichte zur Menschenrechtssituation in diversen Ländern mit interes- santen und hilfreichen Hintergrundinformationen herausgibt: www.amnesty.de ƒ Pro Asyl ist eine unabhängige Organisation, die zur Flüchtlingssituation der EU und in Deutschland informiert, regelmäßig Kampagnen durchführt, und auch Hintergrundinfor- mationen zur Verfügung stellt: www.pro-asyl.de ƒ Der Informationsverbund Asyl stellt auf seiner Homepage eine Reihe von Informatio- nen, Arbeitshilfen, das Asylmagazin, Länderberichte und auch das Informationsblatt zur Anhörung in verschiedenen Sprachen zur Verfügung: www.asyl.net ƒ Die Flüchtlingshilfe in der Schweiz stellt sehr fundierte Informationen zu Herkunftslän- dern zur Verfügung: www.fluechtlingshilfe.ch ƒ Das Österreichische Rote Kreuz recherchiert ebenfalls zu Herkunftsländern, um effizien- te Informationen für Asylverfahren bereit zu stellen. Diese finden sich unter: www.ecoi.net, das auch darüber hinaus viele nützliche Länderinformationen enthält 40 Begleitung, Beratung und Unterstützung Fachberatung 4.7 Fachberatungsstellen für Flüchtlinge Erstaufnahmeeinrichtungen Seit Juli 2013 gibt es in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Ba- den-Württemberg die Unabhängige Verfahrens- und Sozialbe- ratung für Flüchtlinge, die am Anfang des Verfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtungen qualifizierte Beratung und Unter- stützung anbietet. Träger dieses Beratungsdienstes sind die Wohlfahrtsverbände Caritas, Diakonie, Paritätischer Wohl- fahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz und Arbeiterwohlfahrt (vor Ort teilweise in unterschiedlichen Kooperationsverbün- den). Die Mitarbeitenden sind erfahrene Sozialpädagogen bzw. Berater mit mindestens vergleichbarer Qualifikation. Das Bera- terteam kann bei Bedarf im Einzelfall auch auf Dolmetscher/-in- nen zurückgreifen und bespricht schwierige Fälle auch mit Fachjuristen. Finanziert wird die Verfahrens- und Sozialbera- tung überwiegend vom Land Baden-Württemberg und durch Eigenmittel der Verbände. Die personellen Ressourcen sind auch hier begrenzt. Es empfiehlt sich daher, bei neu einge- reisten Personen, die einen Asylantrag stellen wollen, schon im Vorfeld der Antragsstellung eine erste Beratung vor Ort zu ver- einbaren und so das Verfahren gut vorzubereiten. Die Verfah- rens- und Sozialberatung unterstützt gerne dabei. Flüchtlingssozialarbeit in den Stadt- und Landkreisen nach dem FlüAG Die Stadt- und Landkreise erhalten pro zugewiesenem Flücht- ling nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) einmalig eine Gesamtpauschale zur Finanzierung der mit der Flücht- lingsunterbringung verbundenen Kosten (Unterkünfte, Verpfle- gung, Krankheitskosten, Verwaltung). In dieser Pauschale ist ein Betrag vorgesehen zur Finanzierung der Flüchtlingssozial- arbeit, die nach dem FlüAG unabhängig von der sonstigen Auf- gabenerfüllung der unteren Aufnahmebehörde erfolgt. Dieser Pauschalenbestandteil für die Flüchtlingssozialarbeit ist nach dem neuen Gesetz zwingend für diese Aufgabe zu verwenden; ein Personalschlüssel von 1:100 (eine Sozialarbeitskraft auf 110 Asylbewerber in der sog. „vorläufigen Unterbringung“) ist vorgesehen. Keine Landesfinanzierung ist bisher vorgesehen für die Personen, die nach spätestens 2 Jahren in die sog. „An- schlussunterbringung“ auf Gemeindeebene verlegt werden. Nach § 12 FlüAG beauftragen die Aufnahmebehörden geeig- nete nichtstaatliche Träger der Flüchtlingssozialarbeit. In einem Teil der Stadt- und Landkreise wird die Flüchtlingssozialarbeit – finanziert durch das FlüAG – von den Wohlfahrtsverbänden verantwortet. Von der Übertragung auf freie, gemeinnützige Träger kann nach der neuen gesetzlichen Regelung allerdings abgewichen werden, soweit eine untere Aufnahmebehörde diese Aufgabe zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Ge- setzes selbst wahrgenommen hat. Viele Kreise beschäftigten vor dem neuen FlüAG (2014) für diese Aufgabe eigenes Perso- nal. In vielen Stadt- und Landkreisen sind die Sozialarbei- ter/-innen, die vom Land finanziert werden, weiterhin bei der Stadt-/Kreisverwaltung angesiedelt. In der Beratung von Asyl- bewerbern – die sozialanwaltschaftlich ist – kann dies durch- aus zu Interessenskonflikten zwischen (staatlichem) Sozialar- beiter/-innen, dem Ratsuchenden und der Verwaltung führen. Wichtig ist, dass Initiativen, Freundeskreise, Kirchengemein- den, die weiteren Flüchtlingsberatungsstellen bei den Verbän- den und die Flüchtlingssozialarbeit nach dem FlüAG eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten, sich gut absprechen und die jeweiligen Handlungsmöglichkeiten und -grenzen bespre- chen. Flüchtlingsberatungsstellen/Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements durch unabhän- gige Fachberatungsstellen Neben der staatlich-finanzierten Flüchtlingssozialarbeit (in den Unterkünften und Wohnungen der vorläufigen Unterbringung) gibt es in fast allen Stadt- und Landkreisen auch durch kirch- liche oder andere Mittel finanzierte, unabhängige Flüchtlings- beratungsstellen, die vor allem auch die Aufgabe haben, das ehrenamtliche Engagement in Initiativen, Freundeskreisen und Kirchengemeinden zu begleiten und zu unterstützen. Diese Stellen stehen ehrenamtlich Engagierten mit Rat und Tat zur Seite, bieten Fortbildungen an und konkrete Unterstützung beim Aufbau und der Weiterentwicklung (neuer) Flüchtlingsini- tiativen sowie auch in der Beratung und Begleitung von Einzel- fällen. Mit der FlüAG-finanzierten Flüchtlingssozialarbeit und anderen relevanten Stellen besteht eine enge Zusammenar- beit. Begleitung, Beratung und Unterstützung Fachberatung 41 Weitere Beratungsstrukturen, auch für Flüchtlinge In allen Stadt- und Landkreisen gibt es die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) und die Jugendmigrations- dienste (JMD), welche diejenigen Zuwanderer begleiten, die einen Aufenthaltsstatus haben. Diese Beratungsdienste – ein Bundesprogramm – sind bei den Wohlfahrtsverbänden ange- siedelt. Die Mitarbeitenden sind Sozialpädagogen/-innen, die auf die Begleitung im Integrationsprozess spezialisiert sind. Flüchtlingsarbeit hingegen ist eine Spezialmaterie, für die es die spezialisierte Flüchtlingsberatung gibt. Die Mitarbeitenden in den MBE- und JMD-Beratungsstellen sind auch für Bera- tung und Begleitung von anerkannten Flüchtlingen bzw. Per- sonen mit humanitärem Aufenthaltsstatus zuständig. Über die Migrationsberatungsstellen können auch Schul- und Be- rufsanerkennungen abgeklärt werden. Daneben gibt es die allgemeinen Beratungs- und Unterstüt- zungsangebote, die für spezielle Lebenslagen eingerichtet sind und auch von Asylsuchenden und Flüchtlingen genutzt werden können. Zum Beispiel: Beratung für Frauen und Schwangere; Suchtberatung, Schuldnerberatung, psychologische Bera- tungsstelle, etc. Beratung bei der Arbeitsmarktintegration In allen Stadt- und Landkreisen sollen im Rahmen der Umset- zung der Verwaltungsvorschrift „Integration von Flüchtlingen – Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ (Kabinettsbeschluss 24.03.2015) Netzwerke eingerich- tet werden, die die nachhaltige Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt fördern. Es geht hier um Themen wie: Anerkennung von Schulabschlüssen, Sprachför- derung in Deutsch, Suche von geeigneten Ausbildungsplätzen, Qualifizierungsmöglichkeiten, Anerkennung von beruflichen Qualifikationen, ggf. zusammen mit der Organisation geeig- neter Anpassungsmaßnahmen, Vermittlung von zielführenden Praktika und weiteren Qualifizierungsmaßnahmen. Unterstüt- zung und Beratung leisten hier die Flüchtlingsberatungsstellen in Kooperation mit den Arbeitsagenturen/Job-Centern und den weiteren Arbeitsmarktakteuren. Die Berater/-innen vor Ort er- halten Unterstützung und Begleitung durch die vier Kompe- tenzzentren „Anerkennungsberatung im Kontext beruflicher Qualifikationen“, die gemeinsam vom IQ-Netzwerk (Integration durch Qualifizierung) und der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Freiburg, Mannheim, Stuttgart und Ulm eingerichtet wurden (www.anerkennungsberatung-bw.de). Das ist noch wichtig für Sie zu wissen Die Beratungsstellen für Flüchtlinge und Migranten sind gerne für Ehrenamtliche da, aber umfangreiche Beratungen brauchen auch Zeit. Leider gibt es in Baden-Württemberg bei den professionellen Flüchtlingsberatungsstellen nur geringe personelle Ressourcen, so dass auch Prioritäten gesetzt werden müssen. Die Beratungsstellen arbeiten am liebsten nach Terminen. Manchmal ist viel los – und es kommt zu Wartezeiten. Manchmal dauert es ein wenig, bis ein Dolmetscher organisiert ist. In solchen Fällen vermitteln die Beratungsstellen auch gegebenenfalls gern andere Ansprechpartner, die bei den entsprechenden Anliegen weiterhelfen können! Und falls einmal etwas nicht „rund“ laufen sollte: Offene Kritik hilft wei- ter. Über positive Rückmeldungen freuen sich die Beratungsstellen auch. 42 Begleitung, Beratung und Unterstützung Stolpersteine 4.8 „Stolpersteine“ im Rahmen des persön- lichen Engagements Wichtig ist, eigene Grenzen im persönlichen Engagement zu kennen und zu respektieren. Die Anbindung an Helferkreise vor Ort und die Zusammenarbeit zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen ist dabei hilfreich und sinnvoll. Auch wenn Sie sich bereits engagieren und Sie statt Zufriedenheit eher Unbe- hagen oder Verärgerung spüren, ist es gut, der „Sache“ einmal auf den Grund zu gehen. Eine der großen Herausforderungen im ehrenamtlichen En- gagement mit Flüchtlingen sind sicher die „Sprachbarrieren“, die aus unterschiedlichen sprachlichen und schulischen Vor- bildungen, aber auch – wie im Kapitel „Interkulturelle Kompe- tenz“ schon erwähnt - aus unterschiedlichen Formen der Kom- munikation, manchmal auch aus fehlendem Vertrauen, herrühren. Man sollte also immer damit rechnen, dass im Um- gang mit Flüchtlingen Geduld und Ausdauer gefragt sind. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass manche Verhaltensweisen oder Gewohnheiten fremd oder „unangemessen“ erscheinen. Manche mögen schon ein klares Konzept vor Augen haben, wie sich die Flüchtlinge hier integrieren sollten und stellen fest, dass diese Erwartungen nicht erfüllt werden. Es kann vorkom- men, dass Ratschläge und Hilfen nicht angenommen werden. Dafür können viele Gründe ausschlaggebend sein: Vielleicht ist der Zeitpunkt zu früh, der Flüchtling hat andere Prioritäten. Möglicherweise befindet er sich noch in einer Schock- oder Trauerphase. Vielleicht kommt er aus ganz anderen sozialen Verhältnissen, fühlt sich überfordert oder schämt sich gar, dass er – so empfindet er es vielleicht – nichts zurückgeben kann. Wichtig: Begegnung auf Augenhöhe! Meistens empfiehlt es sich, nicht vorschnell zu urteilen, son- dern ein wenig abzuwarten und eventuell zu einem späteren Zeitpunkt auf das Thema oder Anliegen zurückzukommen. Ge- rade zu Beginn des Kontaktes ist es ratsam, viel Zeit zum Ken- nenlernen einzuplanen und Vertrauen aufzubauen. Am besten ist, einfach zuzuhören und nur sehr behutsam Fragen zu stellen (nicht „ausfragen“!). Für die meisten Flüchtlinge sind die Si- gnale, dass jemand echtes Interesse zeigt und sich zuwendet, zunächst vorrangig – und oft auch neu. Sie benötigen Zeit, um Ängste und Unsicherheiten vielmals angesichts schlechter Er- fahrungen – abzubauen. Es braucht Zeit, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Ver- schlossenheit, Misstrauen, zögerliche Reaktionen sind gerade im Kontakt mit Verfolgten und Flüchtlingen mit schwer trauma- tisierenden Erfahrungen anzutreffen. Es ist gut, wenn Ehren- amtliche diese Reaktionen akzeptieren können und nicht als persönliche Zurückweisung einordnen. Oftmals haben Sie schon in den Medien verfolgt, dass man im Kontakt mit Flücht- lingen mit vielschichtigen Themen und existentiellen Nöten konfrontiert werden kann: Dramatische Vorflucht- und Fluch- terlebnisse, Verlust von Familienangehörigen, psychische und körperliche Erkrankungen, Armut, Abschiebegefahr, ungün- stige Wohnverhältnisse und vieles mehr. Gerade wenn Flücht- linge Vertrauen fassen, werden diese Themen stärker auf den Tisch kommen. Das kann auch bei Ehrenamtlichen zu Betrof- fenheit und Belastungen führen – eine ganz normale Reaktion. Die eigene „Psychohygiene“, der seelische und vielleicht auch körperliche Ausgleich ist also auch für ehrenamtliche Helfer wichtig und unbedingt im Blick zu behalten! Der Austausch mit Beratungsdiensten oder weiteren Ehrenamtlichen ist den Be- teiligten daher an Herz zu legen! Für den Aufbau von Beziehungen braucht es immer auch Sym- pathie, um gut miteinander umgehen zu können. Es kann tat- sächlich sein, dass im konkreten Fall der Flüchtling oder die Familie, für deren Unterstützung sich ein Ehrenamtlicher bereit erklärt hat, nicht „liegt“. Vielleicht „passt“ der kulturelle Hinter- grund auch nicht. Hierbei sollte im Hinterkopf behalten werden - dem Flüchtling kann es genauso gehen. Dann sollte man nach reiflicher Überlegung vielleicht Abschied nehmen und an anderer Stelle neu starten! Die Arbeit mit Flüchtlingen stellt jede Menge persönliche He- rausforderungen. Sie ist aber auch erfüllend und vor allem ho- rizonterweiternd. Anfängliche Scheu weicht einer lebendigen Kommunikation über sprachliche und kulturelle Grenzen hin- weg! Augen öffnen sich für bisher unbekannte Facetten menschlicher Vielfalt! Daher möchten die Kirchen, Diakonie und Caritas Sie als interessierte Leser herzlich dazu ermutigen, in die ehrenamtliche Arbeit mit Flüchtlingen einzusteigen oder Ihr bisheriges Engagement weiterzuführen! Links und Kontaktadressen 43 ƒ Allgemeine Informationen zu Flüchtlingen, Herkunftsländern und Asylverfahren: www.unhcr.de (Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) www.caritas-international.de und www.diakonie.de www.amnesty.de (Internationale Menschenrechtsorganisation) www.pro-asyl.de (Deutschland und EU) www.asyl.net (Deutschland) www.fluechtlingshilfe.ch (Schweiz) www.ecoi.net (Österreich) ƒ Informationen zum deutschen Asylverfahren: www.ekiba.de/migration http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.html http://www.asyl.net/fileadmin/user_upload/redaktion/Dokumente/Arbeitshilfen/2014-12-paritaet_asylverfahren_AUFL- 2_web.pdf ƒ Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und seine Außenstellen in Baden-Württemberg: www.bamf.de www.bamf.de/DE/Migration/AsylFluechtlinge/Asylverfahren/asylverfahren-node.html ƒ Flüchtlingsberatungsstellen, Baden-Württembergische Rechtsberatungskonferenz: www.ekiba.de/migration ƒ Flüchtlingsrat Baden-Württemberg: www.fluechtlingsrat-bw.de ƒ Anerkennung ausländischer Schulabschlüsse durch das Regierungspräsidium Stuttgart: http://service-bw.de/zfinder-bw-web/processes.do?vbid=1042624&vbmid=0 ƒ Anerkennung von Hochschulzugangsberechtigungen: www.studieren-in-deutschland.de und www.daad.de ƒ Anerkennung von beruflichen Qualifikationen: www.anerkennungsberatung-bw.de und www.anerkennung-in-deutschland.de ƒ Das Asylbewerberleistungsgesetz: www.bamf.de/DE/Migration/AsylFluechtlinge/Asylverfahren/Asylbewerberleistungen/asylbewerberleistungen-node.html ƒ Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere: www.malteser-migranten-medizin.de und www.gesundheitsversorgung-fuer-alle.de ƒ Behandlungszentren für Folteropfer in Baden-Württemberg: http://www.baff-zentren.org/einrichtungen-fuer-folteropfer/mitgliedszentren-und-foerdermitglieder/ ƒ Bei Taufanfragen von Nichtchristen: https://www.ekd.de/download/taufbegehren_von_asylsuchenden_2013.pdf ƒ Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche& Rechtsextremismus: http://www.bagkr.de/wp-content/uploads/wastun_webversion_neu.pdf ƒ Haftpflicht- und Unfallversicherungsschutz für ehrenamtlich Tätige in Baden-Württemberg: http://www.ecclesia.de/ecclesia-allgemein/startseite/ ƒ Richtlinien zum Anvertrautenschutz: http://recht.drs.de/fileadmin/Rechtsdoku/6/3/12_11_01.pdf (Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart); http://www.erzbistum-freiburg.de/html/content/praevention553.html?t=a0ab7fc2649f85654d4a2e126c7e323a&tto =1757dd17& (Erzdiözese Freiburg) ƒ Informationen zum Thema Kirchenasyl: www.kirchenasyl.de 5. Weiterführende Links und Kontaktadressen 44 Abkürzungsverzeichnis ƒ AsylbLG Asylbewerberleistungsgesetz ƒ AufenthG AufenthG (Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet) ƒ BAMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Sitz in Nürnberg ƒ BEA Bedarfserstaufnahmeeinrichtung ƒ EAE Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge ƒ EURODAC Europäische Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken (engl. European Dactyloscopy) ƒ FlüAG Flüchtlingsaufnahmegesetz, Gesetz über die Aufnahme von Flüchtlingen ƒ GU Gemeinschaftsunterkunft ƒ JMD Jugendmigrationsdienst ƒ LEA Landeserstaufnahmeeinrichtung ƒ MBE Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer ƒ PTBS Posttraumatische Belastungsstörung ƒ SGB Sozialgesetzbuch I bis XII ƒ UMF Unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling (unbegleitet aus dem Ausland eingereist oder im Inland ohne Begleitung zurückge- lassen worden) ƒ UNHCR Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (engl.United Nations High Commissioner for Refugees) 6. Abkürzungsverzeichnis Begriffslexikon 45 Asylbewerberleistungsgesetz Regelt Höhe und Form von Leistungen, die hilfebedürftige Asylbewerber, Geduldete sowie Ausländer, die vollziehbar zur Ausrei- se verpflichtet sind, in der Bundesrepublik Deutschland beanspruchen können. Asylverfahrensgesetz Regelt das Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland und bildet gemeinsam mit dem Aufenthaltsgesetz den größten Teil des Ausländerrechts. Umsetzung der EU-Regelungen in der Asyl-Verfahrensrichtlinie wie der Qualifikationsrichtlinie. Aufenthaltsgesetz Regelt allgemein, unter welchen Voraussetzungen sich Nicht-EU-Bürger in Deutschland aufhalten dürfen und bildet gemeinsam mit dem Aufenthaltsgesetz den größten Teil des Ausländerrechts. Binnenflüchtlinge Personen, die gewaltsam aus ihrer Heimat vertrieben wurden, bei ihrer Flucht aber – im Unterschied zu Flüchtlingen im rechtli- chen Sinn – keine Staatsgrenze überschritten haben und im eigenen Land verblieben sind. Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche & Rechtsextremismus Arbeitsgemeinschaft, die berät, vermittelt und interveniert zur Durchsetzung demokratischer Kultur und Menschenrechte im kirchlichen Umfeld. EU-Asyl-Zuständigkeitsverordnung (Dublin III) Verordnung zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. EU-Qualifikationsrichtlinie Regelt, unter welchen Voraussetzungen Flüchtlinge in der EU als Flüchtlinge anerkannt werden bzw. den subsidiären Schutzsta- tus bekommen und welchen Status diese Personen bekommen. Europäische Menschenrechtskonvention Vertragswerk des Europarats (nicht nur EU-Mitgliedstaaten), das die zentralen Menschenrechte schützt. Im Flüchtlingsbereich besonders wichtig: Art. 2 (Schutz des Lebens), Art. 3 (Verbot grausamer, erniedrigender, unmenschlicher Behandlung), Art. 8 (Schutz von Ehe und Familie). Flüchtlingsaufnahmegesetz Gesetz über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge, regelt Unterbringungs- und Kostenfragen sowie einen Teil der Flüchtlingssozialarbeit. Flüchtlingssozialarbeit Flüchtlingssozialarbeit umfasst die Beratung zum Asylverfahren, zu finanzieller und sozialer Absicherung, Sprachkursen, Schulbe- such und Kinderbetreuung, Integration, Gesundheits- und psychologischen Problemen, u.v.m. Genfer Flüchtlingskonvention Regelt für die UNO die elementaren Verpflichtungen der Staaten zum Schutz der Flüchtlinge. Sie definiert, wer Flüchtling ist, re- gelt den Status der Flüchtlinge und verbietet, Flüchtlinge auf irgendeine Weise in den Verfolgerstaat zurückzuschieben, das sog. Non-Refoulement (Verbot der Zurückschiebung). 7. Begriffslexikon 46 Begriffslexikon Härtefall-Kommission Gremium, das vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern zu einem Bleiberecht verhelfen kann, weil die Vollziehung der Ausreise- pflicht menschlich oder moralisch unerträglich wäre. In Baden-Württemberg beim Ministerium für Integration angesiedelt. Jugendmigrationsdienste Unterstützt Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 12 bis 27 Jahre mittels individueller Angebote und professioneller Begleitung bei ihrem Integrationsprozess in Deutschland. Königsteiner Schlüssel Verteilungsschlüssel, der Asylbewerber und Flüchtlinge je nach Steueraufkommen und Zahl der Bevölkerung auf die deutschen Bundesländer aufteilt. Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer Beratung und Unterstützung z.B. bei der Suche nach Deutsch-/Integrationskursen, der beruflichen Eingliederung und Existenz- sicherung, der Familienzusammenführung, bei Fragen zu Schule und Berufsausbildung, zu Gesundheit und zum Krankenkassen- system, u.v.m. Resettlement-Programme Umsiedlungsprogramme zur dauerhaften Neuansiedlung besonders verletzlicher Flüchtlinge in einem zur Aufnahme bereiten Drittstaat, der vollen Flüchtlingsschutz gewährt und die Möglichkeit zur Integration bietet. Richtlinien zum Anvertrautenschutz Die Richtlinien des Diakonischen Werks und die Leitlinien der Caritas Baden-Württemberg zum Anvertrautenschutz sowie deren Selbstverpflichtung bzw. Ehrenkontrakt gelten auch für die ehrenamtliche Arbeit mit Flüchtlingen. Unabhängige Verfahrens- und Sozialberatung für Flüchtlinge In der Sozial-und Verfahrensberatung werden neuankommende Geflüchtete in ihrem Asylverfahren unterstützt(u.a. durch kosten- lose Rechtsberatung). Stichwortverzeichnis 47 Stichwortverzeichnis Abschiebung 9, 11, 14, 16, 19 Abschiebungshaft 3, 16 Ambiguitätstoleranz 33 Anerkennungsverfahren 22, 23 Anhörung 3, 5, 11, 13, 15, 26, 31, 39 Antrag auf aufschiebende Wirkung der Klage 13 Anvertrautenschutz 31, 43, 46 Arbeitserlaubnis 21 Arbeitsmarkt 3, 19, 20, 22, 41 Asylantrag 3, 11 Asylberechtigung 8, 13 Asylverfahren 3, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 23, 24, 26, 30, 31, 39, 43, 45, 46 Aufenthaltserlaubnis 8, 9, 16, 17, 18, 20, 22, 23 Aufenthaltsgestattung 6, 11, 18, 23 Aufenthaltsrecht 9, 14, 17, 20 Ausländerbehörde 6, 11, 13, 15, 16, 17, 18, 21 Auslandsvertretung 17 Ausreisepflicht 9, 46 Bedarfserstaufnahmeeinrichtungen 11 Datenschutz 37 Dolmetscher 3, 25, 31, 37, 38, 40, 41 Drittstaat 8, 46 Dublin-Staat 12 Duldung 9, 18, 22, 23, 24 Erstaufnahmeeinrichtung 9, 11, 16, 18, 44 Erwerbstätigkeitsverbot 21 EU-Asyl-Zuständigkeitsverordnung 12, 17, 45 EURODAC-Überprüfung 12 Fachberatungsstellen 3, 28, 31, 32, 40 Familienasyl 16 Familieneinheit 3, 16, 17 Familienleistungen 23 Familiennachzug 17 Fluchtgründe 13, 15 Flüchtlingsanerkennung 8, 13, 16, 17 Flüchtlingsaufnahmegesetz 3, 18, 40, 44, 45 Flüchtlingsberatungsstellen 15, 24, 40, 41, 43 Flüchtlingsfamilien 18, 27, 31, 34 Flüchtlingsinitiative 34, 35 Flüchtlingskinder 27, 35 Flüchtlingsunterkunft 28, 34 Fluchtursachen 5 Flughafenverfahren 16 Folgeantrag 16 Frist 13, 14, 17 Genfer Flüchtlingskonvention 8, 45 Gesundheitsversorgung 3, 23, 24, 43 Haftpflichtversicherungsschutz 36 Heimatland 6, 26, 29 Helferkreis 34, 35 Illegalisierte 24 Integrationskurs 19 Interkulturelle Kompetenz 3, 33, 42 Internationaler Schutz für Familienangehörige 16 Jugendmigrationsdienste 41, 46 Kernfamilie 16, 17 Kettenduldung 9 Kinderschutz 20 Kindertageseinrichtung 20 Kindeswohlgefährdung 20 Kirchenasyl 43 Klage 12, 13, 14, 15 Königsteiner Schlüssel 11, 46 Krankenschein 23, 24 Krankenversicherung 24 Landeserstaufnahmeeinrichtung 11, 18, 44 Leitbild 35 Menschenrechtsverletzungen 8, 25, 39 Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer 41, 44, 46 Mindeststandards 18 Mittellosigkeit 19, 25 Nationales Abschiebungsverbot 8 Pass 8, 11, 16 Passersatz 16 Patenschaften 31, 34 Postzustellungsurkunde 14 Prozesskostenhilfe 15 Räumlichkeiten 35 Rechtsanspruch 20 Rechtsextremismus 31, 43, 45 Regierungspräsidium 11, 16, 22, 43 Religion 8, 30 Residenzpflicht 18 Retraumatisierung 25 Sachleistungen 23 Sammelversicherungen 36 Schule 3, 20, 31, 37, 46 Schulpflicht 20 Sichere Herkunftsländer 13 Sozialleistungen 9, 23 Spendengelder 35 Sprachbarriere 25 Sprachkenntnisse 19, 20, 27, 31 48 Stichwortverzeichnis Sprachniveau 19 Subsidiärer Schutz 8 Tandem 19 Teilhabe 29 Trauma 25, 26 Traumabewältigung 26 Unabhängige Verfahrens- und Sozialberatung 40, 46 Unfallversicherungsschutz 36, 43 Verfolgungsgründe 13 Vorbereitungsklassen 20 vorläufige Unterbringung 11, 18 Vorrangprüfung 21 Widerrufsverfahren 16 49 Notizen 50 Notizen Kontaktadressen bei den Landesverbänden von Diakonie und Caritas: Diakonisches Werk der Evangelischen Landeskirche in Baden e.V. Stabstelle Migration Vorholzstr. 3-5, 76137 Karlsruhe Tel: 0721 9175-525, EOK-Migration@ekiba.de Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V. Referat Migration/Integration Alois-Eckert-Str. 6, 79111 Freiburg Tel: 0761 8974-132, borgards@caritas-dicv-fr.de Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. Abteilung Migration und Internationale Diakonie Heilbronner Str. 180, 70191 Stuttgart Tel: 0711 1656-280/281, migration@diakonie-wuerttemberg.de Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V. Kompetenzzentrum Sozialpolitik Strombergstraße 11, 70188 Stuttgart Telefon: 0711 2633-1142, herrala@caritas-dicvrs.de Diakonisches Werk der Evangelischen Landeskirche in Baden e.V. Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V. Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V.
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/bfi/fluechtlinge/ehrenamt_fluechtlingshilfe/HF_sections/content/ZZmsuzq7R01Qt9/ZZmD6gg71rMUqY/Fluechtlinge_begleiten_-_Brosch_Diakonie.pdf
Kommunale Koordination der Bildungsangebote für Neuzugewanderte BESCHULUNG VON NEUZUGEWANDERTEN KINDERN UND JUGENDLICHEN IN KARLSRUHE BESTANDSAUFNAHME UND EMPFEHLUNGEN Schuljahr 2016/17 Stadt Karlsruhe Dezernat 3 | Schul- und Sportamt Kommunale Koordination der Bildungsangebote für Neuzugewanderte 2 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE INHALT Einführung ..................................................................................................................................... 3 A: Allgemeinbildende Schulen....................................................................................................... 4 1. Statistische Daten............................................................................................................................................................ 4 2. Gesprächsergebnisse ....................................................................................................................................................... 9 3. Externe Kooperationen .................................................................................................................................................. 13 4. Kritikpunkte, Impulse und Anliegen für die Praxis ........................................................................................................... 14 5. Empfehlungen ............................................................................................................................................................... 18 6. Fazit.............................................................................................................................................................................. 19 B: Berufliche Schulen ................................................................................................................... 20 1. Statistische Daten.......................................................................................................................................................... 20 2. Situation an den VABO- und VABR-Standorten in Karlsruhe............................................................................................ 25 3. Unterricht, interne Koordination und Kooperationen....................................................................................................... 28 4. Externe Kooperationen .................................................................................................................................................. 29 5. Was geschieht nach dem VABO? ................................................................................................................................... 31 6. Fazit.............................................................................................................................................................................. 32 DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 3 EINFÜHRUNG Der vorliegende Bericht ist das Ergebnis einer Bestandsaufnahme zur Situation in den Vorbereitungsklassen an Karlsruher Schulen. Sie wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Programms „Koordinierung von Bildungsangeboten für Neuzugewanderte“ durchgeführt. Ihr Ziel ist, die derzeitige Situation der Beschulung von Neuzugewanderten an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in der Stadt Karlsruhe quantitativ und qualitativ zu beschreiben und auf dieser Grundlage Bedarfe und weitergehende Empfeh- lungen zu formulieren. Zu diesem Zweck wurden von Januar bis März 2017 alle Schulen, in denen derzeit Neuzu- gewanderte in Vorbereitungsklassen (VKL-Klassen an allgemeinbildenden Schulen sowie VABO-Klassen an berufli- chen Schulen) unterrichtet werden, besucht. Mit den jeweiligen Schul- und Abteilungsleitungen und mit Lehrkräften wurden leitfadengestützte Gespräche ein- zeln oder zu mehreren geführt und im Nachgang schriftlich dokumentiert. An mehreren Schulen fanden Hospitati- onen im Unterricht statt. Ergänzend dazu wurden Expertengespräche mit über 30 Personen in Ämtern und Dienst- stellen der Stadt Karlsruhe, dem Staatlichen Schulamt Karlsruhe, dem Regierungspräsidium Karlsruhe und verschie- denen Bildungsträgern geführt. Die Gesprächsergebnisse sowie daraus abgeleitete Empfehlungen sind Bestandteil dieses Berichts. Die verwendeten Daten wurden, soweit nicht anders gekennzeichnet, während der jeweiligen Schulbesuche erhoben und bilden den Stand zum Halbjahr des Schuljahres 2016/17 ab. 4 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE A: ALLGEMEINBILDENDE SCHULEN 1. Statistische Daten Im Schuljahr 2016/2017 gibt es zwölf VKL-Grundschulklassen an neun Standorten mit insgesamt 200 Schülerinnen und Schülern. Zudem bestehen an drei Standorten neun VKL-Werkrealschulklassen mit insgesamt 175 Schülerinnen und Schülern. Neben den genannten VKL-Klassen gibt es in Karlsruhe eine spezifische Integrationsklasse, die Inter- nationale Klasse, an der Sophie-Scholl-Realschule im Stadtteil Oberreut. 1.1. Grund- und Werkrealschulen mit VKL-Klassen Tabelle 1 gibt einen Überblick über die einzelnen Grund- und Werkrealschulen mit Anzahl der VKL-Klassen sowie der Anzahl der Schülerinnen und Schüler. Dabei befindet sich eine Klasse der Schiller-Grund- und Werkrealschule als ausgelagerte Klasse am Otto-Hahn-Gymnasium.1 Insgesamt verfügen die allgemeinbildenden Schulen in Karls- ruhe über 21 VKL-Klassen mit 375 Schülerinnen und Schülern. Tabelle 1: VKL Standorte in Karlsruhe nach Schulart mit Anzahl VKL sowie Schülerinnen und Schülern Allgemeinbildende Schulen mit VKL Anzahl VKL Anzahl Schülerinnen und Schüler GS 12 200 GS Grünwinkel 1 20 Gutenbergschule 1 12 Hardtschule 1 22 Leopoldschule 1 17 Nebeniusschule 2 29 Pestalozzischule 2 45 Schillerschule 2 28 Tullaschule 1 11 Waldschule Neureut 1 16 WRS 9 175 Gutenbergschule 2 42 Pestalozzischule 1 23 Schillerschule (inklusive Klasse am OHG) 6 110 Gesamtergebnis 21 375 1 VKL-WRS (Klassenstufe 5/6) seit Schuljahr 2016/2017 am Otto-Hahn-Gymnasium. Bei diesem Modellprojekt konnten zum zweiten Schulhalbjahr bereits vier Kinder in Klasse 5 des Gymnasiums integriert werden. Zum Schuljahresende 2016/2017 wer- den voraussichtlich 14 Schülerinnen und Schüler – und damit über die Hälfte der Klasse – in die Regelklassen des Otto-Hahn- Gymnasiums wechseln. DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 5 In den VKL-Grundschulklassen sind rund 60 Prozent der Schülerschaft männlich und rund 40 Prozent weiblich (sie- he Abbildung 1). Abbildung 1: Verteilung der Schülerinnen und Schüler an VKL-Grundschulen nach Geschlecht Dies entspricht ziemlich genau auch der Verteilung in den VKL-Werkrealschulklassen. Hier sind gerundet ebenfalls über die Hälfte der Schülerschaft (rund 60 Prozent) männlich und rund 40 Prozent weiblich (siehe Abbildung 2). Abbildung 2: Verteilung der Schülerinnen und Schüler an VKL-Werkrealschulen nach Geschlecht 1.2. Internationale Klasse der Sophie-Scholl-Realschule Die Internationale Klasse der Sophie-Scholl-Realschule besuchen im März 2017 insgesamt 17 Schülerinnen und Schüler. Bemerkenswert an der Internationalen Klasse derzeit ist, dass etwa drei Viertel der Schülerschaft weiblich sind. Lediglich knapp ein Viertel ist männlich (siehe Abbildung 3). Mit diesem Geschlechterverhältnis von 13 Schüle- rinnen und vier Schülern stellt die Internationale Klasse im Vergleich zu den VKL-Klassen der Grund- und Werkreal- schulen momentan eine Besonderheit dar. Diese Zusammensetzung der Klasse ist temporär bedingt und unterliegt keiner konstanten Klassenstruktur. Das bedeutet, die Anzahl und Verteilung der Schülerinnen und Schüler kann und wird sich kontinuierlich verändern. Abbildung 3: Verteilung der Schülerinnen und Schüler in der Internationalen Klasse nach Geschlecht 61% 39% VKL-Grundschulen -Verteilung nach Geschlecht Summe von Gesamt m Summe von Gesamt w 58% 42% VKL-Werkrealschulen - Verteilung nach Geschlecht Summe von Gesamt m Summe von Gesamt w 24% 76% Internationalen Klasse - Verteilung nach Geschlecht Summe von Gesamt m Sophie-Scholl-Realschule Summe von Gesamt w Sophie-Scholl-Realschule 6 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE 1.3. Herkunftsregionen und Hauptherkunftsländer Die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler in den VKL-Klassen und der Internationalen Klasse kommen aus dem europäischen Ausland, hauptsächlich aus Südosteuropa. Diese Familien sind in der Regel im Zuge der sogenannten Wirtschaftsmigration neu nach Karlsruhe zugewandert. Eine weitere Gruppe sind Kinder geflüchteter Familien aus Syrien. Eine dritte Gruppe sind Migrantinnen und Migranten, die bereits in Deutschland gelebt haben, jedoch nach der Geburt ihres Kindes für einige Jahre in ihr Heimatland zurückgekehrt sind. Mit der Schulpflicht des Kindes kommen viele Familien wieder nach Deutschland zurück. Sie alle erhoffen sich eine bessere Zukunftsperspektive und vor allem mehr Bildungschancen für ihre Kinder als in ihren Herkunftsländern. Ein anderer Teil der Familien mit Migrationshintergrund hat die ganze Zeit über in Deutschland gelebt, aber die Kinder haben keine ausreichenden Deutschkenntnisse, um dem Unterricht in einer Regelklasse folgen zu können. VKL-Grundschulen Die Schülerinnen und Schüler der VKL-Klassen stammen aus unterschiedlichen Herkunftsregionen. Die größte Gruppe an den Grundschulen bilden mit 40 Prozent Kinder aus Südosteuropa, gefolgt durch Kinder aus EU- Ländern (Deutschland, Italien, Spanien, Portugal) mit 24 Prozent. Kinder aus dem den Nahen und Mittleren Osten sind mit 21 Prozent vertreten, 13 Prozent der Kinder stammen aus Osteuropa. Ein mit 2 Prozent minimaler Anteil kommt aus Südostasien (siehe Abbildung 4). Abbildung 4: VKL Grundschulen – Verteilung der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsregionen Die Hauptherkunftsländer der Schülerinnen und Schüler aller VKL-Grundschulklassen sind mit Abstand Rumänien, Deutschland (hier geborene Migrantinnen und Migranten), gefolgt von Syrien und Italien sowie Polen (siehe Abbil- dung 5). Abbildung 5: VKL-Grundschulen – Anzahl der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsländern 40% 24% 21% 13% 2% VKL-Grundschulen - Verteilung nach Herkunftsregionen GS Summe von Südosteuropa GS Summe von EU sonstige GS Summe von Naher und Mittlerer Osten GS Summe von Osteuropa GS Summe von Südostasien 0 10 20 30 40 50 VKL GS VKL-Grundschulen - Verteilung nach Herkunftsländern Summe von Rumänien Summe von Deutschland Summe von Syrien Summe von Italien Summe von Polen DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 7 VKL-Werkrealschulen Die Schülerinnen und Schüler der VKL-Werkrealschulen stammen aus denselben Herkunftsregionen wie die Schüle- rinnen und Schüler der VKL-Grundschulen mit Ausnahme von Afrika (Subsahara) und in einer anderen Gewichtung: Südosteuropa ist mit 45 Prozent fast zur Hälfte vertreten, gefolgt von 28 Prozent aus dem Nahen und Mittleren Osten und 12 Prozent aus Ländern der EU. 9 Prozent gehören der Herkunftsregion Osteuropa an und jeweils 3 Prozent stammen aus Afrika (Subsahara) und Südostasien (siehe Abbildung 6). Abbildung 6: VKL Werkrealschulen – Verteilung der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsregionen Auch bei den Hauptherkunftsländern der Schülerinnen und Schüler aller VKL-Werkrealschulklassen liegt Rumänien vorne. An zweiter Stelle steht Syrien, gefolgt von Kroatien und Afghanistan sowie Italien (siehe Abbildung 7). Abbildung 7: VKL Werkrealschulen – Anzahl der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsländern 45% 28% 12% 9% 3% 3% VKL-Werkrealschulen - Verteilung nach Herkunftsregionen WRS Summe von Südosteuropa WRS Summe von Naher und Mittlerer Osten WRS Summe von EU sonstige WRS Summe von Osteuropa WRS Summe von Afrika (Subsahara) WRS Summe von Südostasien 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 VKL-Werkrealschulen- Verteilung nach Herkunftsländern Summe von Rumänien Summe von Syrien Summe von Kroatien Summe von Afghanistan Summe von Italien 8 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE Internationale Klasse An der Sophie-Scholl-Realschule stammt über die Hälfte der Schülerinnen und Schüler der Internationalen Klasse aus Südosteuropa (53 Prozent). Osteuropa ist mit 23 Prozent am zweithäufigsten vertreten. Aus dem Nahen und Mittleren Osten stammen 18 Prozent der Schüler. Schließlich folgt die Herkunftsregion Afrika (Subsahara) mit sechs Prozent (siehe Abbildung 8). Abbildung 8: Internationale Klasse - Herkunftsregionen der Schülerinnen und Schüler Zu den Hauptherkunftsländern der Schülerschaft der Internationalen Klasse zählen Rumänien und Kroatien, gefolgt von Syrien, Serbien und Ungarn (siehe Abbildung 9). Abbildung 9: Internationale Klasse – Anzahl der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsländern 53% 23% 18% 6% Internationale Klasse - Verteilung nach Herkunftsregionen Summe von Südosteuropa Summe von Osteuropa Summe von Naher und Mittlerer Osten Summe von Afrika (Subsahara) 0 1 2 3 4 5 6 Sophie-Scholl-Realschule Internationale Klasse - Verteilung nach Herkunftsländern Summe von Rumänien Summe von Kroatien Summe von Syrien Summe von Serbien Summe von Ungarn DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 9 2. Gesprächsergebnisse Im Anschluss an die statistischen Datengrundlagen folgt die Auswertung der Gesprächsergebnisse. Diese ergab viele Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungswerte, die praktische Handhabung und die daraus resultierenden Bedarfe. Im Folgenden werden Gemeinsamkeiten, Unterschiede, exter- ne Kooperationen sowie Wünsche, Anregungen und Kritikpunkte dargestellt. 2.1. Gemeinsamkeiten Schulanmeldung und Verteilung Die neuzugewanderten Eltern sprechen persönlich, meist in Begleitung einer dolmetschenden Person, direkt an der Schule vor, um ihr Kind anzumelden. Zuvor erhalten sie vom zuständigen Einwohnermeldeamt eine Liste mit den einzelnen Schulen und Schulbezirken. Laut Aussagen der befragten Schulleitungen verläuft die Anmeldung und die Verteilung der VKL-Schülerinnen und Schüler bisher sehr gut und problemlos. Die Schulleitungen nehmen die An- meldung der potentiellen VKL-Schülerinnen und -Schüler vor Ort an der jeweiligen Schule vor. Je nach Bedarf findet eine Rücksprache mit den Schulleitungen aus benachbarten VKL-Standorten statt, und es gelingt gegebenenfalls eine Umverteilung. In der Regel wenden sich die Eltern an die nach Schulbezirk zuständige Schule. Verfügt diese Schule über keine VKL-Klasse, werden die Eltern von der Schulleitung an die nächstgelegene Schule mit freien VKL-Plätzen weiterver- wiesen. Die Verteilung der Kinder an die entsprechenden Schulen erfolgt jedoch in der Regel nach dem jeweiligen Schulbezirk in dem die Familie wohnt. Die Schulleitungen melden 14-tägig die Schülerzahlen ihrer VKL-Klasse(n) an das Staatliche Schulamt Karlsruhe. Die Anmeldung und Verteilung der Schülerinnen und Schüler erfolgt nach enger Absprache der Schulleitungen untereinander unter der Fachaufsicht des Staatlichen Schulamts. Die einzelnen Schu- len vermitteln die Kinder nur dann weiter, wenn entweder die Aufnahmekapazität erreicht oder ein Geschwister- kind bereits an einer anderen Schule angemeldet ist und die Eltern das Kind an derselben Schule anmelden möch- ten. In diesem Fall ist von den Eltern ein Antrag auf Schulbezirkswechsel zu stellen. Dies gilt jedoch nur für den Bereich der Grundschulen, für die Werkrealschulen gibt es keine Schulbezirke. In den VKL-Klassen liegt der Klassenteiler bei 24 Schülerinnen und Schülern. Bei der Schulanmeldung werden auch die Räumlichkeiten gezeigt, die Schulstruktur erklärt, eine grobe Bestandsaufnahme der bisherigen Bildungsbiogra- fie gemacht und die Sprachkenntnisse erfasst. Dies geschieht jedoch nicht nach einem einheitlich standardisierten Verfahren, wie es beispielsweise das Modellprojekt „2P – Potenzial & Perspektive“ des Kultusministeriums auf frei- williger Basis ermöglicht, sondern ist von Schule zu Schule unterschiedlich.2 Bildungsvoraussetzungen Die Bildungsvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler sind in allen VKL-Klassen sehr heterogen. Sie reichen von keiner vorschulischen und schulischen Vorbildung über kurzzeitige, rudimentäre Schulbesuche, bis hin zu durchgängigen Schulbesuchen. So gibt es beispielsweise Kinder, die bereits ein bis zwei Jahre in der Schule waren und schon über erste Kenntnisse im Englischen und der lateinischen Schrift verfügen und Kinder, die noch nie eine Schule besucht haben und erst in der lateinischen Schrift alphabetisiert werden müssen. Zu guter Letzt gibt es auch Kinder, die beispielsweise keinen Kindergarten besucht haben und über nur sehr geringe feinmotorische Fähigkei- ten und Fertigkeiten verfügen. Diese gilt es von der VKL-Lehrkraft parallel zur Sprachförderung aufzuarbeiten. Das Erlernen gezielter feinmotorischer Fertigkeiten, die für den Unterricht notwendig sind muss neben der Deutschför- derung in den Unterrichtsinhalt miteinfließen, was für die VKL-Lehrkraft einen erhöhten Zeit- und Mehraufwand bedeutet. Häufig müssen, noch bevor der eigentliche Unterricht beginnen kann, zunächst allgemeine Regeln des sozialverträglichen Zusammenlebens an der Schule gelernt werden. 2 Siehe Kapitel „Erfassung des Lern- und Entwicklungsstandes”. 10 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE Schülerinnen und Schüler, die mit der VKL-Klasse zum ersten Mal eine Schule besuchen oder deren Schriftsprache arabisch ist, müssen zunächst in der lateinischen Schrift alphabetisiert werden. In den VKL-Grundschulklassen findet dies in der Regel in Klassenstufe 1 oder in Niveaustufe1 statt. 3 Hierfür gibt es keine zusätzlichen Alphabetisierungs- klassen. Die meisten Schülerinnen und Schüler, die eine VKL-Werkrealschulklasse besuchen, waren zuvor bereits in einer VKL-Grundschulklasse. Die Internationale Klasse besteht mehrheitlich aus Schülerinnen und Schülern, die nach etwa einem Jahr aus einer VKL-Werkrealschule wechseln sowie aus Schülerinnen und Schülern, die direkt aus dem Ausland zugezogen sind und in ihrem Heimatland bereits das Unterrichtsfach „Deutsch als Fremdsprache“ in der Schule besucht haben. Grundlegende Deutschkenntnisse sind Voraussetzung für den Besuch der Internationalen Klasse. Es findet eine Aufnahmeprüfung statt. Rahmenbedingungen, Unterrichtsinhalte und Fluktuation Die Verweildauer in einer VKL-Klasse beträgt maximal zwei Jahre. Den VKL-Grundschulklassen stehen 18 Wochen- stunden zur Verfügung, den VKL-Werkrealschulklassen 25 Wochenstunden. Teilweise wird die Entlastungsstunde zur organisatorischen Planung für die VKL-Klasse von der Schulleitung auf die VKL-Lehrkraft übertragen. Die Unterrichtsinhalte in den VKL-Grundschulklassen sind annähernd gleich. Im Vordergrund steht das Erlernen der deutschen Sprache. Auch im Fach Mathematik findet neben dem Erlernen der Zahlen und Grundrechenarten Sprachförderung durch den spezifischen Sprachwortschatz und die mathematischen Fachbegriffe statt. Zudem werden verschiedene Sachthemen, die auch in der Regelklasse auf dem Lehrplan stehen (beispielsweise das Thema der vier Jahreszeiten), in die Unterrichtsinhalte miteinbezogen. Die Fächer Sport, Musik und Bildende Kunst werden in der Regel gemeinsam mit den Regelklassen durchgeführt. Bei allen Fächern steht die Sprachförderung im Mittel- punkt. Die VKL-Klassen stellen einen gleichwertigen Teil der Schulgemeinschaft dar und nehmen an allen gemein- samen schulinternen und klassenübergreifenden Aktivitäten teil. Der Unterricht in den VKL-Grundschulklassen findet vormittags statt. Prinzipiell stehen den VKL-Schülerinnen und Schülern die regulären Schulangebote der ergänzenden Nachmittagsbetreuung offen. Teilweise ist eine Kosten- übernahme durch Bildung und Teilhabe (BuT) oder den Karlsruher Pass möglich. Die Resonanz hierzu ist unter- schiedlich und variiert von Schule zu Schule. Einige Eltern nehmen die ergänzende Betreuung in Anspruch, teilweise sind keine freien Plätze mehr vorhanden, oder die Eltern haben keinen Bedarf an diesem Angebot. In den VKL-Werkrealschulklassen kommen zusätzliche Unterrichtsfächer wie Englisch, Biologie, Medien, Hauswirt- schaft, Natur und Technik hinzu. Es findet auch Nachmittagsunterricht statt. Nachmittags besteht die Möglichkeit, an den verschiedenen AGs der jeweiligen Schulen teilzunehmen, zum Beispiel an der Tanz- oder Basketball-AG. Eine Fluktuation in den VKL-Klassen findet kaum statt. Schulwechsel sind sehr selten der Fall, zum Beispiel bei Wegzug aus Karlsruhe. Interne Koordination und Schulsozialarbeit An jeder Schule gibt es mindestens eine Ansprechperson bezüglich der VKL-Klasse(n). Dies sind in der Regel die Schulleitung und gegebenenfalls zusätzlich eine erfahrene VKL-Lehrkraft. Das Unterstützungsangebot der Schulsozialarbeit steht den VKL-Klassen in gleichem Maße wie auch den Regelklas- sen zur Verfügung. Bei Verhaltensauffälligkeiten im sozialen Miteinander kann die Schulsozialarbeiterin oder der Schulsozialarbeiter beispielsweise in der Klasse und im Einzelgespräch als Mediatorin oder Mediator eingesetzt werden und den Eltern beratend zur Seite stehen. Die Schulsozialarbeit informiert Eltern zum Beispiel auch über die Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) und den Karlsruher Pass und hilft, falls gewünscht, beim Ausfüllen der Anträge. 3 Die Bezeichnung variiert von Schule zu Schule. DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 11 2.2. Unterschiede Unterschiede im systematischen Vorgehen der Verteilung und Verwaltung der VKL-Klassen lassen sich unmittelbar nach der Anmeldung des Kindes an der Grundschule bei der Erhebung des individuellen Bildungsstandes erkennen. Je nach Kapazitäten und Möglichkeiten unterscheiden sich die Schulen auch bei der Zusammensetzung der VKL- Klassen und der (Teil-)Integration in die Regelklassen. Erfassung des Lern- und Entwicklungsstandes Wie bereits genannt, gibt es an den Schulen kein einheitliches Verfahren der Kompetenzdiagnostik. An dem freiwil- ligen Pilotprojekt des Kultusministeriums, „Potenzialanalyse 2P“, das Ende 2018 fertiggestellt wird, nimmt bisher keine der Schulen teil. Jede Schule handhabt eine individuelle Erstanalyse der Schülerinnen und Schüler auf eigene Art und Weise. Beispielsweise beinhaltet dies eine Empfehlung an die Eltern, sich für eine Eingangsuntersuchung beim Gesund- heitsamt zu melden, um gegebenenfalls einen besonderen Förder- und Unterstützungsbedarf festzustellen. Es wer- den auch Kompetenztests zum Übergang Kindergarten – Schule an die VKL-Lehrkraft weitergeleitet. Diese erstellt dann anhand dieser Basisdokumentation eine detaillierte Sprachstanderhebung. Ein anderes Beispiel ist ein sogenanntes Elterninterview, das von der Sekretärin durchgeführt wird. Ein Sonderpäda- gogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) mit dem Förderschwerpunkt Lernen prüft zusätzlich auf Lern- schwächen. Hierzu werden zum Beispiel Sprachkenntnisse, schulische Laufbahn und Kontaktdaten deutschsprachi- ger Ansprechpersonen abgefragt. Auf ähnliche Weise wird dies auch anhand eines Einführungsgesprächs mit an- schließender schulischer Bestandsaufnahme durchgeführt. Ein Beispiel für ein Elterninterview findet sich in Abbil- dung 10. Abbildung 10: Elterninterview der Hardtschule Karlsruhe bei Schulanmeldung zukünftiger VKL-Schülerinnen und Schülern Interview Eltern-Vorbereitungsklasse Fragen: Woher kommt die Familie (Herkunftsland)? Sprachkenntnisse - Kind - Mutter - Vater Wie lange ist die Familie in Deutschland? Wie lange ist die Familie in Karlsruhe? Mit wem lebt das Kind zusammen? (Mutter, Vater, Geschwister) Kind – Schulische Laufbahn Welche Klassenstufe? Wie lange geht das Kind schon zur Schule? Beurteilungen vorhanden? Vorlieben (z.B. Sport, Musikinstrument) Kann Ihr Kind schwimmen? Gibt es religiöse/kulturelle Einschränkungen zu beachten? Deutschsprachiger Ansprechpartner mit Telefonnummer Wünsche/Ideen/Anregungen 12 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE Eine einheitliche Bildungsdiagnostik im engeren Sinne gibt es also nicht, jedoch findet in verkürzter Form an zwei Schulstandorten eine sogenannte „Sprachstandsüberprüfung und Förderdiagnostik“ (SFD) statt. Hierbei handelt es sich um ein Testverfahren für Grundschulkinder mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache (siehe Abbildung 11). 4 Abbildung 11: Ablaufschema „Sprachstandsüberprüfung und Förderdiagnostik“ (SFD) Zusammensetzung der Klassen Je nach Anzahl der VKL-Klassen und der Ausstattung an Lehrpersonal an der Schule, setzen sich die jeweiligen VKL- Klassen unterschiedlich zusammen. So besteht beispielsweise eine VKL-Grundschulklasse aus 17 Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 2-4 mit einer VKL-Lehrerin. Schülerinnen und Schüler, die der Klassenstufe 1 zugedacht werden, sind von Anfang an in der Regelklasse voll integriert und erhalten durch den Internationalen Bund Karlsru- he (IB) eine zusätzliche Deutschförderung. Eine andere VKL-Grundschulklasse setzt sich nach einem anderen Konzept zusammen. Sie unterteilt sich in drei Niveaustufen: in Niveaustufe 1 befinden sich die sogenannten Nichtsprachler, das heißt, Schülerinnen und Schüler ohne deutsche Sprachkenntnisse und ohne Kenntnisse der lateinischen Schrift. Derzeit sind in dieser Niveaustufe vier Schülerinnen und Schüler. Niveaustufe 2 orientiert sich an Klassenstufe 2 der Regelklassen. Hier befinden sich momentan fünf Schülerinnen und Schüler. Niveaustufe 3, mit ebenfalls fünf Schülerinnen und Schülern, orientiert sich an den Klassenstufen 3 und 4 der Regelklassen. Möglich ist so eine präzise und lernstandspezifische Aufteilung der aktuell insgesamt 14 Schülerinnen und Schüler jedoch nur, da neben einer sogenannten Nichterfüllerin (Lehr- kräfte ohne 2. Staatsexamen) zusätzlich zwei Lehrerinnen über Deputatsstunden eingesetzt werden können. Über ein solches Privileg verfügen die meisten Schulen nicht, so dass in der Regel eine große Heterogenität bezüglich des Altersunterschiedes und des Lernstandes der Schülerinnen und Schüler besteht. Integration in Regelklassen Die Handhabung der Integration der VKL-Schülerinnen und Schüler in die Regelklassen der Grundschule ist an den meisten Schulen identisch. Ein Wechsel in die Regelklasse ist unterjährig möglich. Bevor eine Schülerin oder ein Schüler in die Regelklasse wechselt, wird dies in einer Gesamtlehrerkonferenz besprochen. Neben dem Sprachni- veau spielen das Sozial- und Arbeitsverhalten eine gleichwertige Rolle. Beide Lehrkräfte, die ehemalige VKL-Lehrkraft und die neue Klassenlehrkraft, sind und bleiben in ständigem Aus- tausch. Es findet eine einjährige Integration mit Begleitungs- und Unterstützungsmaßnahmen, je nach Schule durch die Deutschförderung des IB oder das Programm BiZuKi des Vereins für Jugendhilfe, in der Regelklasse statt. Eine Leistungsbewertung im Fach Deutsch kann ausgesetzt werden beziehungsweise wird in der Regel nicht bewertet. Eine Teilintegration in die entsprechenden Regelklassen findet bereits sehr frühzeitig – je nach Entwicklungsstand eines Kindes nach etwa sechs Wochen - während des Besuchs der VKL-Klasse in den Fächern Sport, Bildende Kunst, Musik und zum Teil in Mathematik statt. Mit den musisch-künstlerischen Fächern wurden bisher sehr gute Erfahrungen dieser (Teil-)Integrationsform gemacht. Die VKL-Klassen sind Teil der Schulgemeinschaft. 4 www.testzentrale.de/shop/sprachstandsueberpruefung-und-foerderdiagnostik.html [Stand 06.03.2017] DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 13 Weitere Vorgehensweisen der Schulen:  Vollintegration mit zusätzlicher Deutschförderung: Schülerinnen und Schüler sind von Anfang an in den Regelunterricht integriert, das heißt in den Fächern Ma- thematik, Musik, Bildende Kunst und Sport. Während des Deutschunterrichts findet für die VKL-Schülerinnen und Schüler parallel in einem extra dafür vorgesehenen VKL-Klassenraum eine spezifische Deutschförderung in nach Niveaustufen eingeteilten Kleingruppen statt. So erhält die Gruppe mit Klassenniveau 1 je acht Stunden pro Woche Sprachförderung, die Gruppen mit Klassenniveau 2 und 3 je fünf Stunden pro Woche.  Keine Teilintegration wegen zu großer Regelklasse: Eine Teilintegration ist aufgrund der Klassengröße der Regelklassen nicht möglich. Das heißt, es fehlt an Räum- lichkeiten zur Differenzierung. Die Integration der VKL-Schülerinnen und Schüler in die Regelklassen findet nach einem Jahr statt.  Keine Teilintegration aus inhaltlich-konzeptionellen Gründen: Die Schülerinnen und Schüler der VKL-Klasse der Klassenstufen 2-4 verbleiben bis zu einer möglichen komplet- ten Integration in ihrer VKL-Klasse. Neue VKL-Erstklässlerinnen und Erstklässler werden jedoch von Anfang an voll in die Regelklasse integriert. Stundenweise findet dann zusätzliche Sprachförderung statt. Hier findet expli- zit keine Teilintegration statt, da es schwierig ist, eine Klassengemeinschaft für einige Stunden in neuer Kons- tellation zu formieren, vor allem in den musisch-künstlerischen Fächern. Diese Fächer erfordern eine hohe Ko- härenz des Klassenverbands und einen kontinuierlichen Aufbau und Erhalt einer soliden Klassen- beziehungs- weise Gruppengemeinschaft. Nach etwa einem Jahr und drei Monaten - spätestens nach zwei Jahren - in einer VKL-Klasse findet an dieser Schule der Wechsel in die Regelklasse statt. 3. Externe Kooperationen Alle VKL-Klassen und die Internationale Klasse der Sophie-Scholl-Realschule kooperieren mit dem Dolmetscher-Pool des Internationalen Bunds (IB) sowie mit dem Jugendmigrationsdienst des IB. Der Dolmetscher-Pool stellt den Schu- len auf Anfrage beispielsweise für Elterngespräche ehrenamtlich tätige Dolmetscherinnen und Dolmetscher kosten- frei zur Verfügung. Zu den Angeboten des Jugendmigrationsdienstes gehört die Deutschförderung in Kleingruppen in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule (PH) Karlsruhe und dem Verein für Jugendhilfe (Programm BiZuKi) sowie den Sprachpaten des Kinderschutzbundes. Ebenfalls in Anspruch genommen werden die Elterntreffs, die mehrheitlich durch den IB eingerichtet werden. Die oben genannten Bildungsangebote und der Dolmetscher- pool werden von der Stadt Karlsruhe durch das Büro für Integration finanziert. Weitere Kooperationen bestehen zu verschiedenen Sportvereinen und zu außerschulischen Bildungspartnern.5 Im Folgenden werden Beispiele guter Kooperationspraxis von Schulen und Trägern verschiedener Bildungsangebote geschildert. Hauptbildungsträger dieser Kooperationsangebote ist der IB Karlsruhe. 3.1. Dolmetscher-Pool (IB) Der Dolmetscher-Pool des IB wird von allen befragten Schulen sehr gerne in Anspruch genommen und als notwen- diger und unabdingbarer Baustein sowohl für die Elterngespräche als auch für den allgemeinen Austausch zwi- schen Eltern und Lehrerinnen und Lehrern angesehen. 3.2. Deutschförderung (IB und Verein für Jugendhilfe) Ebenfalls sehr geschätzt von den Schulleitungen und VKL-Lehrkräften sind die den Unterricht unterstützende Deutschförderung des IB und des Vereins für Jugendhilfe (BiZuKi) in Kooperation mit der PH Karlsruhe und dem 5 Beispielsweise Spielvereinigung Aue, Tiyatro Dialog, Inner Wheel Club Karlsruhe (Lesepaten), BUDO-Club (Judo) und viele mehr. 14 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE deutschen Kinderschutzbund (ehrenamtliche Sprach- und Bildungspaten). Somit können die Schülerinnen und Schüler parallel in Kleingruppen eingeteilt und es kann eine spezifische, je nach Lernniveau angepasste Sprachför- derung, im Unterricht ermöglicht werden. 3.3. Elterninformationskurse (IB) Die Elterninformationskurse des IB an den Schulen werden von den Eltern gerne in Anspruch genommen. Es wer- den beispielsweise Hilfs- und Unterstützungsangebote besprochen oder das Schulsystem erklärt. Diese Form der Elternberatung kann bis zu acht Mal pro Schuljahr stattfinden. Dolmetscherinnen und Dolmetscher aus dem Dol- metscherpool sind während der Kurse unterstützend tätig. 3.4. Elterntreffs Die interkulturellen Elterntreffs, auch Elterncafés genannt, die mehrheitlich durch den Türkischen Elternverein durchgeführt werden, finden ebenfalls großen Zuspruch sowohl bei den Lehrkräften als auch bei den Eltern. Hier können verschiedene Themen angesprochen und vertieft werden. FAZIT Nach Aussagen verschiedener Schulleitungen stehen den VKL-Klassen ausreichend Angebote außerschulischer Ko- operationspartner zur Verfügung. Lediglich im Bereich der differenzierten Deutsch- beziehungsweise Sprachförde- rung werden zusätzliche Bedarfe gesehen. 4. Kritikpunkte, Impulse und Anliegen für die Praxis Auf Nachfrage wurden seitens der Schulleitungen sowie Lehrerinnen und Lehrer verschiedene kritische Anmerkun- gen, Vorschläge und Wünsche zusammengetragen, die im Folgenden dokumentiert werden. Selbstverständlich sind nicht alle dieser genannten Bedarfe realisierbar, die Sammlung stellt im Sinne der Bestandsaufnahme eine Übersicht der geäußerten Rückmeldungen dar. 4.1. Elterninformationskurse (IB) Die Elternberatung des IB in Form der Elterninformationskurse an den Schulen wird von den Eltern gerne in An- spruch genommen. Einige Schulleitungen merkten bei diesem Beratungsangebot allerdings an, dass die Beratung aus schulischer Sicht nicht immer erfolgreich gewesen sei, zumindest seien bei Rücksprachen mit Eltern lücken- und fehlerhafte Informationen festgestellt worden. Dies kann auch durch Verständigungsschwierigkeiten hervorgerufen sein, denn nicht immer stehen Dolmetscher in der jeweiligen Landessprache zur Verfügung. 4.2. Infomaterial bei Schulanmeldung Laut Aussagen der befragten Schulleitungen verlaufen die Anmeldung und die Verteilung der VKL-Schülerinnen und Schüler bisher problemlos. Häufig aber ist eine umfassende Informations- und Aufklärungsarbeit bei der An- meldung aus Zeitgründen nicht möglich. Hier wäre eine Entlastung zum Beispiel durch mehrsprachiges Infomaterial in Form einer Willkommensbroschüre hilfreich. 4.3. Zentrale Stelle zur Weitervermittlung von Schülerinnen und Schülern In der Sophie-Scholl-Realschule sprechen immer häufiger Eltern vor, um ihr Kind für die Internationalen Klasse an- zumelden. Von ihren Bildungsvoraussetzungen her, so der Schulleiter, sind die Schülerinnen und Schüler jedoch nicht für die Internationale Klasse geeignet oder aber ein Kind ist geeignet, es stehen aber keine freien Plätze mehr zur Verfügung. Eine Beratung bezüglich der Schulen und des Schulsystems kann dann zwar in der Kürze der Zeit so DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 15 gut wie möglich erteilt werden, aber letztlich müssen sich die Eltern auf die Suche nach einer passenden Schule machen. Hier besteht seitens der Schulleitung der Wunsch nach einer zentralen Stelle, an welche sich die ratsuchenden El- tern zur weiteren Vermittlung wenden können. 4.4. Unterrichtsgestaltung Wegen der häufig erheblichen Altersunterschiede sowie des heterogenen Lern- und Entwicklungsstands der einzel- nen Schülerinnen und Schüler ist es schwierig, die Kinder angemessen zu unterrichten. Doch noch vor dem eigent- lichen Unterrichten stehen häufig zuallererst allgemeine Regeln des Zusammenseins und des Sozialverhaltens auf der Tagesordnung. Dies sind Dinge, die hierzulande den Kindern bereits im Kindergarten und im (kulturell gepräg- ten) Elternhaus mit auf den Weg gegeben werden. Dazu gehören zum Beispiel das Begrüßen und Verabschieden, sich respektvoll gegenüber Mitschülerinnen und Mitschülern sowie Lehrerinnen uns Lehrern/Erwachsenen zu ver- halten, einander ausreden zu lassen, sich melden und so weiter. Somit sind vor dem eigentlichen Unterrichten zu- nächst allgemeine und schulspezifische Verhaltensregeln mit den Kindern zu erlernen. Die hohe Aufmerksamkeit, die Kinder die im Sozial- und Lernverhalten noch nicht altersgerecht entwickelt sind, beanspruchen, geht zu Lasten der Bedürfnisse anderer Kinder in den stark heterogenen und altersgemischten VKL-Klassen. Im Grundschulbereich ist deswegen eine wirksamere Kommunikation und Kooperation mit Kindertageseinrichtun- gen dringend notwendig. Nur so kann gewährleistet werden, dass Kinder - die zwar vom Alter her bereits schul- pflichtig, von ihren emotionalen und sozialen Bedürfnissen her jedoch noch eine Zeit lang (maximal ein Jahr) eine Kindertageseinrichtung besuchen sollten - eine Chance auf eine adäquate, individuelle und passgenaue Bildungs- förderung erhalten. Dies scheitert jedoch oft auch daran, dass nicht genügend Plätze in den Kindertagesstätten zur Verfügung stehen. Aufgrund der großen Heterogenität der einzelnen Lern- und Entwicklungsstände ist es notwendig, den Unterricht in den verschiedenen Niveaustufen vor- und nachzubereiten. Dies erfordert einen immensen Zeit- und Arbeitsauf- wand. Um diesem zumindest ein bisschen Entgegenzukommen und Erleichterung zu verschaffen, entlastet die Deutschförderung des IB und das Programm BiZuKi mit seinen Unterstützungspartnern (ehrenamtliche Lesepaten) zwei Mal in der Woche die VKL-Lehrkraft, so dass der Unterricht in mehreren niveauähnlichen Kleingruppen mög- lich ist. 4.5. Schulische Übergänge Die Übergänge von den Grundschulen an die weiterführenden Schulen verlaufen sehr unterschiedlich. Während viele Schülerinnen und Schüler nicht über das Sprachniveau A2 verfügen wenn sie aus der VKL-Grundschulklasse in eine VKL-Werkrealschulklasse kommen, besuchen andere bereits nach ein paar Monaten in der VKL- Werkrealschulklasse ein Gymnasium. Nach erfolgreichem Abschluss der VKL-Werkrealschulklasse besteht die Möglichkeit des Übergangs in eine Real- schule, auf ein Gymnasium, auf eine Gemeinschaftsschule oder in eine berufsvorbereitende VAB-R-Klasse einer beruflichen Schule. Nach der Integration von einer VKL-Werkrealschulklasse in die Regelklasse einer Realschule oder eines Gymnasiums fehlt häufig ein mindestens einjähriges sprachliches Unterstützungsangebot, das den Schülerin- nen und Schülern den Anschluss erleichtert oder ihnen diesen erst ermöglicht. Mehrheitlich wird der Übergang jedoch als schwierig bezeichnet. Viele Eltern haben sehr hohe Bildungsaspirationen im Hinblick auf die schulische Laufbahn ihres Kindes und kennen nicht das deutsche Schulsystem, das auf verschie- denen Wegen auch zu höheren Bildungsabschlüssen führen kann. Hier gilt es aufzuklären, dass beispielsweise nach dem Besuch einer Werkrealschule oder Realschule der Besuch eines Gymnasiums immer noch möglich ist. Für den Übergang auf das Gymnasium sind zum Beispiel im Fach Mathematik alle Grundschulrechenarten sowie das sichere Beherrschen des Zahlensystems eine unerlässliche Voraussetzung. Dies ist beim Beenden der Grund- schule in einer VKL jedoch selten der Fall. In Karlsruhe gibt es im Schuljahr 2016/17 an den weiterführenden allge- meinbildenden Schulen neun VKL an Werkrealschulen, hiervon befindet sich eine Werkrealschul-VKL als Außenklas- 16 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE se der Schillerschule am Otto-Hahn-Gymnasium. An einer Realschule gibt es bisher keine VKL. Dies ist jedoch not- wendig, um den Übergang und Einstieg an der weiterführenden Schule für die Schülerinnen und Schüler erleich- tern zu können. So bleibt die Empfehlung an die Eltern, ihr Kind vorerst an einer VKL-Werkrealschule anzumelden und im Anschluss auf eine Realschule oder gegebenenfalls auf ein Gymnasium zu wechseln. Hier wird zunächst ein niedrigeres Niveau verlangt, dafür erfahren die Schülerinnen und Schüler jedoch Erfolgserlebnisse, die Freude am Lernen bleibt erhalten und kann positiv für den weiteren Bildungsweg genutzt werden. Hier bedarf es einer fein- fühligen Aufklärung der neuzugewanderten Eltern bezüglich der vielfältigen Möglichkeiten des deutschen Schulsys- tems. Die meisten der VKL-Grundschulschülerinnen und -schüler wechseln auf eine VKL-Werkrealschule, in die Internati- onale Klasse oder an eine Gemeinschaftsschule. Problematisch ist in diesem Fall, dass es zu wenige Werkrealschu- len mit VKL-Klassen gibt. Die Sprachkenntnisse für einen direkten Wechsel in eine Regelklasse der Realschule sind meist nicht ausreichend, so dass ein sprachsensibler Unterricht benötigt wird. Dieser kommt laut Aussagen vieler VKL-Lehrkräfte jedoch an den meisten Regelschulen zu kurz. Das erschwert einen Einstieg in die Realschule. Zudem ist in der Regelklasse der weiterführenden Schule eine unterstützende Sprachförderung für mindestens ein Schul- jahr notwendig. Beliebt ist deshalb die Internationale Klasse der Sophie-Scholl-Realschule, wo innerhalb eines Jah- res, bei 32 Wochenstunden und externer Deutschförderung durch den IB, die Integration in die Regelklasse der Realschule erfolgreich gelingt und nach Angaben der Schule geschätzte 95 Prozent der ehemaligen Schülerinnen und Schüler der Internationalen Klasse die Sophie-Scholl-Realschule mit einem guten und zum Teil auch sehr guten Realschulabschluss beenden. Eine weitere Empfehlung ist die Gemeinschaftsschule, aufgrund der individuellen Betreuung und Förderung. Ge- genläufige Meinungen besagen, dass die Gemeinschaftsschule als Schulform für diese Schülergruppe nicht geeig- net ist, da selbständiges Lernen für die Gemeinschaftsschulen als Voraussetzung gilt und die ehemaligen VKL- Schülerinnen und -Schüler aber weiterführend auf zum Teil intensive Unterstützung und Hilfestellung angewiesen sind. Die Lehrkräfte an den weiterführenden Schulen erhalten mehrheitlich sogenannte Übergabeprotokolle zum Lern- und Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler. Es findet jedoch keine Nacherhebung mehr zum Verlauf an der weiterführenden Schule statt. Es gibt keine Daten darüber, wie viele VKL-Grundschülerinnen und -schüler auf welche Schulart wechseln. Oftmals gehen ehemalige VKL-Grundschülerinnen und -schüler nach der Integration in die Regelklasse in die schulbezirkseigene Grundschule zurück, so dass ein Übergang an eine weiterführende Schule nur sehr schwer festgestellt werden kann. 4.6. Entlastungsstunde Die vorgesehene Entlastungsstunde, die den Schulleitungen zur Verfügung gestellt wird, wurde von vielen Schullei- tungen an die jeweilige VKL-Lehrkraft abgegeben. Diese teilten einheitlich mit, dass lediglich eine Entlastungsstun- de für die VKL-Lehrkraft definitiv zu wenig sei, da sehr viel Organisatorisches umgesetzt werden muss, beispielswei- se das Entwerfen von Plänen für die Teilintegration, das Führen von Telefonaten mit Trägern und Förderinstitutio- nen sowie das Heraussuchen neuer didaktische Materialien. 4.7. Wochenstundenkontingent in VKL-Grundschulen Von allen befragten VKL-Lehrkräften kam die Rückmeldung, dass 18 Schulstunden pro Woche für den VKL- Unterricht nicht ausreichend sind. So bedienen sich die meisten VKL-Lehrkräfte mit 1-2 Stunden aus dem allgemei- nen Kontingent des erweiterten Ergänzungsbereichs (Förderunterricht), so dass 19-20 Stunden Unterricht pro Wo- che möglich sind, die eigentlich von vorne herein notwendig wären. DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 17 4.8. Lehrkräfte Geeignete Lehrkräfte zu finden ist für circa die Hälfte der befragten Schulen schwierig bis schwer. An der eigenen Schule sind zwar zum großen Teil interessierte und motivierte Lehrkräfte vorhanden, diese haben allerdings häufig ihr Deputat weitgehend ausgeschöpft. Darum werden häufig, jedoch nur ungern Nichterfüller6 als VKL-Lehrkräfte eingesetzt. Ungern deshalb, da die Arbeitsverträge der Nichterfüller in der Regel auf ein Jahr befristet sind. Daraus resultiert ein großer Schwund an potentiellen VKL-Lehrkräften. So kam es zum Beispiel an einer Schule vor, dass innerhalb von vier Schuljahren vier verschiedene Nichterfüller für eine VKL-Grundschulklasse zuständig waren. Eine weitere Schwierigkeit ist die, dass es kaum Krankheitsvertretungen für die VKL-Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen gibt. Aus pragmatischen Gründen wird im Zweifelsfall eher auf eine Fortbildung verzichtet, als dass der Unterricht in der VKL-Klasse ausfallen muss. Aus Sicht der Schulleitungen und der Lehrerschaft ist es oft ein reines Zeit- und Personalproblem das es erschwert, an den Fortbildungen teilzunehmen. 4.9. Einführungsveranstaltung für neue VKL-Lehrkräfte Sinnvoll für neue VKL-Lehrkräfte, hauptsächlich für Nichterfüller, ist nach Ansicht Einiger eine Einführungsveranstal- tung. Damit könne ein Überblick über die verschiedenen Unterrichtsmöglichkeiten und -materialien geschaffen werden. Darüber hinaus könnten sich die neuen VKL-Lehrkräfte die Erfahrungswerte langjähriger VKL-Lehrkräfte zu Nutze machen sowie verschiedene Tipps und Strategien mit an die Hand bekommen. Auch eine Hospitation zu Beginn wäre sinnvoll und wünschenswert, so die Aussagen der VKL-Lehrkräfte. Anmerkung: Eine Einführungsveranstaltung für alle neuen VKL-Lehrkräfte/Nichterfüller gibt es nicht. In Eigeninitiative können sich neue VKL-Lehrkräfte jedoch an das Staatliche Schulamt wenden. Hier besteht eine Fachberatung für Unter- richtsentwicklung und Deutsch als Zweitsprache für die VKL-Klassen. Beraten werden Lehrkräfte und Schulen im Bereich Unterricht und Sprachförderung in Vorbereitungsklassen. Individuelle Einzelberatung sowie Hospitationen vor Ort sind möglich. Der informelle Austausch mit erfahrenen VKL-Lehrkräften anderer Schulen ist hilfreich, findet jedoch aus Zeitgrün- den meist nur sporadisch über E-Mail und Telefonkontakt und auch nur vereinzelt, nach individuellem Engagement, statt. Bezüglich eines regelmäßigen Netzwerktreffens aller VKL-Lehrkräfte der Stadt Karlsruhe, gibt es Bedenken vieler Schulleitungen im Sinne ihrer Fürsorgepflicht. Viele VKL-Lehrkräfte sind bereits an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt, Zeit für solche zusätzlichen Treffen ist schlichtweg nicht vorhanden. Zusammengefasst lässt sich diesbezüglich festhalten, dass der zwei Mal im Jahr stattfindende Runde Tisch unter der Leitung des Staatlichen Schulamts Karlsruhe für alle VKL-Lehrkräfte des Stadt- und Landkreises im Staatlichen Schulamt, die regelmäßig angebotenen Fortbildungen durch das Staatliche Schulamt und die individuelle Beratung eine ausreichende Palette an Unterstützungsmöglichkeiten für (neue) VKL-Lehrkräfte bietet. Diese Informationen sollten von den Verantwortlichen vor Ort an die neuen VKL-Lehrkräfte herangetragen werden. 6 Lehrkräfte ohne 2. Staatsexamen. 18 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE 5. Empfehlungen Für einige der aufgeführten Bedarfe lassen sich folgende Empfehlungen ausmachen: 5.1. Mehrsprachiges Informationsmaterial Zur Unterstützung und Entlastung bei der Anmeldung neuer VKL-Schülerinnen und -Schüler und, um den Eltern direkt etwas an die Hand (mit-)geben zu können, wäre ein sogenannter Willkommensbrief, -flyer oder -broschüre in verschiedenen Sprachen für die Eltern sehr hilfreich. Der Inhalt erklärt kurz und knapp die wichtigsten Formalitä- ten und Gegebenheiten des deutschen Schulsystems. 5.2. Einheitliche Erfassung des Lern- und Entwicklungsstandes Zur weiteren Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Sekretariate bei der Anmeldung, könnte eine allge- meine standardisierte Kompetenzdiagnostik (Fragebogen, Erfassen des Sprachniveaus nach SFD) an den Grund- schulen zentral durch eine entsprechende Anlaufstelle erfasst und an die Schulen weitergeleitet werden. 5.3. Alphabetisierungsklassen an Werkrealschulen Im Bereich der Werkrealschulen wäre es sinnvoll, Alphabetisierungsklassen einzurichten, um ein homogeneres Ler- numfeld zu ermöglichen. Voraussetzung hierfür ist, dass ausreichend Lehrkräfte vorhanden sind. 5.4. Mehr differenzierte Sprachförderung in Kleingruppen Um zusätzliche Sprachförderung in Kleingruppen in den VKL-Grundschulklassen zu ermöglichen, könnten ehren- amtliche Lesepaten der Freiwilligenagentur der Stadt Karlsruhe oder Lesepaten des „Inner Wheel Club Karlsruhe“ unterstützend eingesetzt werden. 5.5. Verbesserung der Übergänge in Regelklassen weiterführender Schulen Die Übergänge an die weiterführenden Schulen verlaufen sehr unterschiedlich. Sie gestalten sich in sofern als schwierig, dass die meisten der VKL-Grundschülerinnen und -schüler auf die VKL-Werkrealschule wechseln und hier das Problem besteht, dass zu wenige VKL-Werkrealschulklassen vorhanden sind (derzeit neun VKL-WRS und zwölf VKL-GS). Die Sprachkenntnisse für einen direkten Wechsel auf die Realschule sind jedoch oft nicht ausreichend, so dass dort ein sprachsensibler Unterricht benötigt wird. Dieser kommt an den Regelschulen jedoch selten zum Ein- satz. Darüber hinaus sollte nach der Integration in die Regelklasse einer weiterführenden Schule für mindestens ein Jahr weiterhin eine sprachliche Unterstützung zur Verfügung stehen, um den Schülerinnen und Schülern perspektivisch einen realistisch qualifizierten Schulabschluss zu ermöglichen. Mit solchen Unterstützungsmaßnahmen könnte der direkte Einstieg in die Realschule oder auf das Gymnasium erleichtert werden. Im Sinne eines kontinuierlichen Übergangs ist es auch wünschenswert, VKL-Klassen sowohl an Realschulen als auch an weiteren Gymnasien einzu- richten. 5.6. Vorschulische und schulische Bildungsberatung für Neuzugewanderte Um sowohl die Schulen als auch die Eltern von neuzugewanderten Kindern und Jugendlichen in Karlsruhe bedarfs- gerecht unterstützen zu können, ist die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle „Vorschulische & schulische Bil- dungsberatung für Neuzugewanderte“ sinnvoll. Ein Angebot in dieser Form gibt es bisher in Karlsruhe noch nicht. Durch eine solche Anlaufstelle könnten die Schulen bei der Anmeldung unterstützt und entlastet werden, weil die Eltern dort erfahren, welche Schule für ihr Kind am geeignetsten ist, welcher Schulbezirk gegebenenfalls in Frage DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 19 kommt und ob freie Schulplätze vorhanden sind. Zudem kann bei spezifischem Beratungsbedarf direkt an adäquate Stellen verwiesen werden. Die Eltern haben die Möglichkeit, sich bereits im Vorfeld informieren und beraten zu lassen, beispielsweise über das Schulsystem, die verschiedenen Schulformen und den Ablauf der Schulanmeldung. Die Eltern erhalten sämtliche Erstinformationen im (vor-)schulischen Bereich, allgemeine Informationen zur früh- kindlichen Bildung und Betreuung in Karlsruhe sowie über das schulische Angebot in Karlsruhe. Mehrsprachiges Infomaterial (z. B. Willkommensbroschüre) steht den Eltern kostenfrei zur Verfügung. Gleichzeitig kann auf geeig- nete außerschulische Bildungsangebote verwiesen werden, zum Beispiel auf die Integrations- und Sprachkurse des Büros für Integration oder Sprachkurse der Volkshochschule sowie auf Kinderbetreuungsmöglichkeiten. 6. Fazit Im Großen und Ganzen sind die Ablaufstrukturen und Gestaltungsprozesse der VKL-Klassen an den Grund- und Werkrealschulen identisch. Vereinzelte Unterschiede sind auf die jeweils individuellen Personal- und Raumvoraus- setzungen zurückzuführen. Die Internationale Klasse der Sophie-Scholl-Realschule verfügt mit 32 Stunden/Woche und der zusätzlichen Deutschförderung durch den IB (Projekt Quereinsteiger) über 7-9 Schulstunden mehr Unterrichtszeit als die VKL- Werkrealschulklassen. Damit gelingt nach Schätzungen circa 95 Prozent der Schülerinnen und Schüler ein erfolgrei- cher Realschulabschluss. Bei Integration in eine Regelklasse der Sophie-Scholl-Realschule erhalten die Schülerinnen und Schüler bei Bedarf weitere zusätzliche Deutschförderung durch den IB. Mit einer solchen zusätzlichen Sprach- förderung in den Regelklassen der allgemeinbildenden weiterführenden Schulen würde den VKL-Schülerinnen und -Schülern der Grund- und Werkrealschulen der Übergang wesentlich erleichtert werden. Unabhängig von ihren individuellen Bildungsvoraussetzungen verfügen alle VKL-Schülerinnen und -Schüler über eine sehr große Motivation, enorme Wissbegierde und eine hohe Lernbereitschaft, die mit den entsprechenden Unterstützungsmöglichkeiten im sprachlichen Bereich, zum Beispiel durch die Etablierung eines sprachsensiblen Unterrichts, auch in den Regelklassen aufrechterhalten werden kann. Die im schulischen Kontext angebotenen externen Bildungsangebote der verschiedenen Bildungsträger und Vereine werden von den Schulen durchgehend genutzt. Außer zusätzlicher Deutsch- beziehungsweise Sprachförderung in Kleingruppen besteht kein Bedarf an weiteren Bildungsangeboten. Im Hinblick darauf, dass es nach Aussagen der Lehrkräfte nicht genügend VKL-Klassen an Werkrealschulen gibt und vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Schillerschule um eine auslaufende Werkrealschule handelt, sind neue VKL-Klassen an den übrigen Werkrealschulen, Realschulen und Gymnasien und Gemeinschaftsschulen drin- gend notwendig. Um die Schulen in ihrer Verwaltungsarbeit zu entlasten und die neuzugewanderten Eltern zu unterstützen, ist eine entsprechende Aufklärung und Beratung bezüglich des deutschen Schulsystems sowie über die vielfältigen Mög- lichkeiten und die Durchlässigkeit des Bildungssystems notwendig und sinnvoll. Durch die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle „Vorschulische & schulische Bildungsberatung für Neuzugewan- derte“ beispielsweise beim Schul- und Sportamt im Fachbereich „Bildungskoordination für Neuzugewanderte“ könnte Abhilfe geschaffen werden. Von diesem freiwilligen und unverbindlichen Beratungs- und Informationsan- gebot der Stadt Karlsruhe könnten sowohl die Schulen, als auch die neuzugewanderten Eltern und außerschulische Bildungsträger in Karlsruhe profitieren. 20 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE B: BERUFLICHE SCHULEN 1. Statistische Daten 1.1. Eingangsklassen (Inobhutnahme) Unbegleitete minderjährige Ausländer (umAs) haben in Karlsruhe die Möglichkeit, unmittelbar nach ihrer Inobhut- nahme eine Schule zu besuchen, bis das Clearing-Verfahren und damit auch die Entscheidung über ihren weiteren Verbleib abgeschlossen ist. Die Jugendlichen besuchen in dieser Zeit eine sogenannte Eingangs- oder Willkom- mensklasse. Geht die Zuständigkeit auf einen anderen Stadt- oder Landkreis über, muss der Transfer Innerhalb von vier Wochen erfolgt sein. Ist dies organisatorisch oder aus anderen Gründen nicht möglich, bleibt die Stadt Karlsru- he weiterhin zuständig. Verbleibt ein umA dauerhaft in Karlsruhe, erfolgt der Wechsel in eine reguläre VABO- Klasse. Eingangsklassen gibt es an der Elisabeth-Selbert-Schule, die seit 2010 eine Kooperationsklasse mit der Heimstiftung Karlsruhe unterhält sowie seit dem Schuljahr 2014/15 auch am Parzival-Schulzentrum, wo in Obhut genommene Jugendlichen aus anderen Einrichtungen unterrichtet werden. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den Ein- gangsklassen ist abhängig von der Zahl der vorläufigen Inobhutnahmen in Karlsruhe und unterliegt deswegen star- ken Schwankungen. So befanden sich beispielsweise Mitte Januar 2017 51 Personen in den Eingangsklassen. Bis Mitte März 2017 ist die Zahl um die Hälfte auf 21 bzw. 26 Personen zurückgegangen (siehe Tabelle 2). Tabelle 2: Eingangsklassen während der Inobhutnahme Schule Klasse Januar 2017 März 2017 Elisabeth-Selbert-Schule Eingangsklasse 10 12(7)7 Parzival Schulzentrum Eingangsklasse(n) 41 14 Gesamt 51 21 (26) 1.2. VABO-Klassen Zuwanderer, die der Berufsschulpflicht (16-18 Jahre) unterliegen, werden in Baden-Württemberg in speziellen Vor- bereitungsklassen, sogenannten VABO-Klassen, unterrichtet.8 Ziel ist das Erlernen der deutschen Sprache und daran anschließend die Integration in weiterführende Bildungs- oder Ausbildungsgänge. Die VABO-Klassen enden mit einer Sprachprüfung, die je nach Stand auf A2- oder B1-Niveau des europäischen Referenzrahmens abgelegt wer- den kann. Stand März 2017 gibt es in Karlsruhe an öffentlichen Berufsschulen 14 VABO- Klassen an neun Schulen mit insgesamt 199 Schülerinnen und Schülern. Hinzu kommen zwei VABO-Klassen am privaten Parzival- Schulzent- rum mit derzeit 33 Schülerinnen und Schülern (siehe Tabelle 3) 7 Stand März 2017 befinden sich in der Eingangsklasse der Elisabeth-Selbert-Schule (Kooperationsklasse mit der Heimstiftung) zwölf Personen, doch nur sieben davon befinden sich noch in der Inobhutnahme. 8 Die Abkürzung VABO bedeutet Vorbereitungsjahr Arbeit und Beruf Ohne Sprachkenntnisse. DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 21 Tabelle 3: VABO-Klassen an Beruflichen Schulen in Karlsruhe Name Schulart Klasse Gesamt Klassen Carl-Engler-Schule Gewerbliche Schule VABO 15 1 Carl-Hofer-Schule Gewerbliche Schule VABO 34 2 Gewerbeschule Durlach Gewerbliche Schule VABO 37 2 Heinrich-Hübsch-Schule Gewerbliche Schule VABO 14 1 Heinrich-Meidinger-Schule Gewerbliche Schule VABO 11 1 Elisabeth-Selbert-Schule Hauswirtschaftliche Schule VABO 46 4 Friedrich-List-Schule Kaufmännische Schule VABO 15 1 Ludwig-Erhard-Schule Kaufmännische Schule VABO 14 1 Walter-Eucken-Schule Kaufmännische Schule VABO 13 1 Parzival Schulzentrum Private Berufsfachschule VABO 33 2 Gesamt 232 16 Schülerinnen und Schüler aus 33 Nationen lernen derzeit in VABO-Klassen an Karlsruher Berufsschulen. Davon kommen etwa zwei Drittel aus fünf Ländern: Afghanistan, Gambia, Syrien, Eritrea und Somalia. Afghanen stellen mit rund 30% die mit Abstand größte Gruppe, gefolgt von Schülerinnen und Schülern aus Gambia, deren Anteil bei 15% liegt. Deutlich niedriger ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler aus Syrien (8 Prozent) und aus den ostafrikanischen Staaten Eritrea und Somalia mit jeweils 7 Prozent (siehe Abbildung 12). Abbildung 12: Hauptherkunftsländer von Schülerinnen und Schülern in VABO-Klassen (N=232) Nach Regionen gruppiert kommen fast die Hälfte der VABO-Schülerinnen und Schüler aus dem Nahen und Mittle- ren Osten (44 Prozent), gefolgt von afrikanischen Staaten südlich der Sahara mit 35 Prozent. Schülerinnen und Schüler aus südosteuropäischen Staaten außerhalb der EU haben einen Anteil von 8 Prozent. Nur eine kleine Min- 69 35 18 16 16 0 10 20 30 40 50 60 70 80 VABO Hauptherkunftsländer von Schülerinnen und Schülern im VABO Summe von Afghanistan Summe von Gambia Summe von Syrien Summe von Eritrea Summe von Somalia 22 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE derheit der VABO-Schülerschaft kommt aus EU-Staaten. Schülerinnen und Schüler aus anderen Weltregionen gibt es derzeit kaum (siehe Abbildung 13). Abbildung 13: VABO-Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsregionen (N=232) Gebildet werden die VABO-Klassen zu überwiegenden Teilen aus männlichen Schülern; ihr Anteil liegt bei rund 90 Prozent. Betrachtet man nur die Herkunft der 22 weiblichen Schülerinnen, ergibt sich ein anderes Bild: Hier kommt die größte Gruppe aus Afrika, wovon Somalia mit vier Schülerinnen am stärksten vertreten ist. Prozentual höher ist der Anteil der Schülerinnen aus Südosteuropa und der EU, während weibliche Schülerinnen aus dem nahen und mittleren Osten kaum vertreten sind (siehe Abbildung 14). Abbildung 14: VABO: Weibliche Schülerinnen nach Herkunftsregionen (N=22) Wieviele minderjährige oder ehemals minderjährige unbegleitete Ausländer sich unter den VABO-Schülerinnen und –Schülern befinden, kann auf Grundlage der erhobenen Daten nicht exakt ermittelt werden. Geht man davon aus, dass es sich bei den Schülerinnen und Schülern aus dem nahen und mittleren Osten und aus Afrika in der Regel um (ehemalige) umAs handelt, liegt der Anteil in den VABO-Klassen bei etwa 80 Prozent. Afrika (Subsahara); 83; 35% Südosteuropa; 19; 8%EU; 15; 6% Staatenlos; 10; 4%Sonstige; 4; 2% Nordafrika; 3; 1% Naher und Mittlerer Osten; 106; 44% Schülerinnen und Schüler im VABO nach Herkunftsregionen Afrika (Subsahara) 9 Südosteuropa 6 EU 4 Sonstige 1 Naher und mittlerer Osten 2 Schülerinnen im VABO nach Herkunftsregionen DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 23 1.3. Ausländische Schülerinnen und Schüler in VAB-Regelklassen Sobald ausreichende Sprachkenntnisse vorliegen (Referenzniveau A2 oder höher) können ausländische berufsschul- pflichtige Schülerinnen und Schüler das Vorbereitungsjahr Arbeit und Beruf im Regelzug (VABR) besuchen. Ziel im VABR ist es, Ausbildungsreife zu erlangen und gegebenenfalls einen dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Schulabschluss zu erreichen. Im Unterschied zum VABO, wo der Erwerb der deutschen Sprache im Vordergrund steht, besuchen das VABR auch Schülerinnen und Schüler, die in Deutschland geboren sind oder als ausländische Staatsbürger schon längere Zeit hier leben. Bei der Auswertung der Statistik muss deswegen berücksichtigt werden, dass es sich nicht bei allen ausländischen Schülerinnen und Schüler im VABR notwendigerweise auch um Neuzu- gewanderte handelt. Zum Stichtag der Schulstatistik (19.10.2016) lag die Anzahl ausländischer Schüler im VABR bei 170 Personen (siehe Tabelle 4). Zum Halbjahr ist die Zahl mit 166 leicht zurückgegangen (siehe Tabelle 5). Tabelle 4: Anteil Ausländischer Schülerinnen und Schüler im VABR. Quelle: Schulstatistik Karlsruhe 2016/2017 Schülerinnen und Schüler im VABR davon ausländisch in Prozent 301 170 56 Prozent Die Beschulung von Neuzugewanderten im VABR ist je nach Schule unterschiedlich geregelt. Teilweise werden für diese Gruppe eigene Klassen gebildet, teilweise werden sie in gemischten Klassen unterrichtet. Tabelle 5 gibt eine Übersicht, wie viele ausländische Schülerinnen und Schüler derzeit an den Karlsruher VABR-Standorten unterrichtet werden. Tabelle 5: Ausländische Schülerinnen und Schülern an VABR-Klassen an Beruflichen Schulen in Karlsruhe Name Schulart Klasse Gesamt Carl-Benz-Schule Gewerbliche Schule VABR 13 Carl-Hofer-Schule Gewerbliche Schule VABR 36 Elisabeth-Selbert-Schule Hauswirtschaftliche Schule VABR 57 Gewerbeschule Durlach Gewerbliche Schule VABR 38 Parzival Schulzentrum Private Berufsfachschule VABR 22 Gesamt 166 Eine Besonderheit bildet dabei die Carl-Benz-Schule. Hier wurde in Kooperation mit EnBW eine VABR-Klasse für Geflüchtete eingerichtet, die im Rahmen von Betriebspraktika von EnBW als Kandidaten für eine technische Ausbil- dung bei EnBW ausgewählt wurden.9 Diese Schüler haben drei Tage pro Woche Unterricht in der Carl-Benz-Schule und sind an zwei Tagen im Betrieb. Dort werden sie teils von Fachlehrern der Carl-Benz-Schule, teils durch betrieb- liche Ausbilder unterrichtet. Im Vergleich zum VABO liegt der Anteil der Schülerinnen und Schüler aus dem Nahen und Mittleren Osten und aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara im VABR mit 70 Prozent etwas niedriger. Deutlich höher ist hingegen der Anteil der EU-Ausländer, der im VABO bei 6 Prozent liegt und im VABR 17 Prozent beträgt (siehe Abbildung 15). 9 In dieser Klasse befinden sich im Schuljahr 2016/17 ausschließlich männliche Jugendliche und junge Erwachsene. 24 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE Abbildung 15: Ausländische Schülerinnen und Schüler im VABR nach Herkunftsländern( N=166) Auch im VABR bilden Afghanen die größte nationale Gruppe, jedoch ist ihr Anteil mit rund 17 Prozent aller auslän- dischen Schüler deutlich geringer als im VABO, wo er 30 Prozent beträgt. Auch wenn sich die Hauptherkunftslän- der im VABO und VABO ähneln, gibt es insgesamt unter den 38 Herkunftsländern im VABR eine geringere Kon- zentration auf einzelne Länder (siehe Abbildung 16). Abbildung 16: Top 5 der Herkunftsländer ausländischer Schülerinnen und Schüler im VABR Der Anteil weiblicher ausländischer Schülerinnen ist mit 22 Prozent im VABR mehr als doppelt so hoch als im VABO (9 Prozent). Von den insgesamt 36 Frauen und Mädchen im VABR stammen fast die Hälfte (16) aus EU-Staaten, die anderen verteilen sich relativ gleichmäßig auf Länder aus Südosteuropa, Afrika und aus dem Nahen und Mittleren Osten (siehe Abbildung 17). Naher und Mittlerer Osten; 69; 42% Afrika (Subsahara); 49; 29% Südosteuropa; 11; 7% EU; 29; 17% Sonstige; 6; 4% Staatenlos; 2; 1% Ausländische Schülerinnen und Schüler im VABR nach Herkunftsregionen (N=166) 28 20 15 12 10 0 5 10 15 20 25 30 VABR Hauptherkunftsländer ausländischer Schülerinnen und Schüler im VABR Summe von Afghanistan Summe von Syrien Summe von Gambia Summe von Somalia Summe von Rumänien DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 25 Abbildung 17: Weibliche Schülerinnen im VABR nach Herkunftsregionen (N=36) Auch im VABR lässt sich anhand der erhobenen Daten der Anteil der Flüchtlinge (umAs und junge Volljährige) nicht genau beziffern. Auf Grundlage einer Analyse der Herkunftsländer kann man davon ausgehen, dass es sich im Schuljahr 2016/17 bei circa 70 Prozent der ausländischen VABR-Schülerinnen und Schüler um Geflüchtete handelt. 2. Situation an den VABO- und VABR-Standorten in Karlsruhe Die Voraussetzungen in den Karlsruher Berufsschulen sind in Bezug auf die Beschulung von Neuzugewanderten unterschiedlich. Bis 2014 wurden Neuzugewanderte in Berufsvorbereitenden Klassen an der Elisabeth-Selbert- Schule (Hauswirtschaftliche Schule) und der Carl-Hofer-Schule (Gewerbliche Schule) unterrichtet. Beide Schulen verfügen über jahrelange Erfahrung im Umgang mit dieser Zielgruppe. Für die Beschulung von unbegleiteten min- derjährigen Ausländern, die in Karlsruhe in Obhut genommen werden, entwickelte die Elisabeth-Selbert-Schule in Kooperation mit der Heimstiftung Karlsruhe im Rahmen eines von 2010 bis 2014 durch den Europäischen Sozial- fonds geförderten Projekts ein eigenes Konzept.10 Mit dem Schuljahr 2014/15 kamen die Gewerbeschule Durlach und das private Parzival-Schulzentrum hinzu.11 10 der 16 regulären VABO-Klassen sowie alle Eingangsklassen während der Inobhutnahme befinden sich heute an diesen vier Schulen. Zur ihrer Entlastung wurden im Schuljahr 2015/16 wegen des großen Bedarfs weitere Standor- te eingerichtet: Eine Klasse regulär zu Schuljahresbeginn im September 2015 an der Heinrich-Hübsch-Schule und fünf zusätzliche Klassen unterjährig zwischen Februar und Juni 2016 an folgenden Schulen: Walter-Eucken-Schule, Ludwig-Erhard-Schule, Carl-Engler-Schule, Friedrich-List-Schule und Heinrich-Meidinger-Schule. Außerdem wurde eine VABR-Flüchtlingsklasse in Kooperation mit EnBW im Juni 2016 an der Carl-Benz-Schule eingerichtet. 10 Breithecker, Renate: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Regelschule. Ein Projekt des Kinder- und Jugendhilfezent- rums der Heimstiftung Karlsruhe in Kooperation mit der Elisabeth-Selbert-Schule, Karlsruhe. Abschlussbericht der wissenschaftli- chen Begleitung. http://www.heimstiftung-karlsruhe.de/117-0-Abschlussberichte.html 11 Das Parzival-Schulzentrum unterrichtet nach den Prinzipien der Waldorfpädagogik. Im Beschulungskonzept für Flüchtlinge finden Methoden und Überlegungen zum Umgang mit Traumatisierungen besondere Berücksichtigung. http://www.parzival- zentrum.de/schulen/fluechtlingsklassen-vab-o/ Naher und mittlerer Osten 5 Afrika (Subsahara) 6 Südosteuropa 6 EU 16 Sonstige 2 Staatenlos 1 Schülerinnen im VABR nach Herkunftsregionen (N=36) 26 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE Alle letztgenannten Schulen unterhalten derzeit je eine VABO bzw. VABR-Klasse und hatten bis dahin keine Erfah- rungen mit der Beschulung von Neuzugewanderten. Durch die kurzfristige Einrichtung haben die neuen Klassen und Standorte mit spezifischen Herausforderungen zu kämpfen, die nachfolgend genauer beschrieben werden. 2.1. Anmeldung und Aufteilung der VABO-Schülerinnen und Schüler Die Zuständigkeit für die Anmeldung und Verteilung neuer VABO-Schüler liegt bei der geschäftsführenden Schullei- tung.12 Zu Schuljahresbeginn werden die Schülerinnen und Schüler auf die einzelnen Standorte verteilt. Bei Schulen mit mehreren VABO-Klassen findet in der Regel nach vorheriger Lernstandserhebung eine Aufteilung in verschiedene Niveaus statt. Bei der Heinrich-Hübsch-Schule, deren VABO-Klasse zum Schuljahresbeginn 2015/16 eingerichtet wurde, fand eine Lernstands- und Kompetenzerhebung und anschließende Klassenaufteilung gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern der benachbarten Carl-Hofer-Schule statt. Bei den unterjährig eingerichteten Klassen fand vor der Klasseneinteilung keine Lernstands- und Kompetenzerhebung statt. Dies führte an diesen Klassen zu einer sehr heterogenen Zusammensetzung. Bei der unterjährigen Aufnahme neuer Schülerinnen und Schüler ist das Verfahren in der Praxis uneinheitlich. Un- begleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländern melden die zuständigen Wohngruppenbetreuer in der Regel an einer Berufsschule ihrer Wahl an. Kann die betreffende Person dort nicht aufgenommen werden, wird an andere Schulen oder an die geschäftsführende Schulleitung weiterverwiesen. Die Aufnahmepraxis der Schulen ist dabei unterschiedlich. Während manche ihre Klassen unterjährig auffüllen, lehnen andere dies offenbar ab. Unterjährige Zugänge sind ein weiterer Faktor, der die Heterogenität in den Klassen erhöht und – wenn sie in gro- ßer Zahl erfolgen – eine Herausforderung für die Unterrichtenden und für die Stabilität der Klassengemeinschaft sind. 2.2. Zusammensetzung der Klassen Neuzugewanderte Schülerinnen und Schüler, die bei ihren Eltern wohnen, bilden bei den VABO-Klassen an Karls- ruher beruflichen Schulen die Minderheit. Die überwiegende Mehrheit sind unbegleitete minderjährige Ausländer, die in unterschiedlichen Wohngruppen im Stadtgebiet Karlsruhe und teilweise auch im Landkreis Karlsruhe woh- nen.13 In Bezug auf die umAs setzen sich die Klassen in der Regel aus Bewohnerinnen und Bewohnern unterschied- licher Wohngruppen zusammen. Lediglich die VABO-Klasse der Walter-Eucken-Schule, die zeitlich mit der Eröff- nung einer neuen Wohngruppe zusammenfiel, besteht ausschließlich aus Bewohnern einer einzigen Wohngruppe. Da sich die Zuwanderung über das gesamte Jahr verteilt, herrscht in VABO-Klassen eine größere Fluktuation als in Regelklassen. Doch nicht nur Zugänge, auch unterjährige Abgänge sind zu verzeichnen. Schülerinnen und Schüler verlassen die VABO-Klassen aus unterschiedlichen Gründen: Dazu gehören Überstellungen ins VABR nach erfolg- reich absolvierter Sprachprüfung, vereinzelte Überstellungen in weiterführende Schularten (Realschule, Beobach- tungsprogramm des KIT), aber auch Wohnortwechsel, Verlassen der Schule nach Erreichen der Volljährigkeit oder „Untertauchen“. Im Hinblick auf die absoluten Schülerzahlen ergaben sich allerdings im regulären VABO keine 12 Bei Beginn der Untersuchung lag dieses Amt für beruflichen Schulen in Karlsruhe kommissarisch bei StD Christian Nolte (Ge- werbeschule Durlach), seit Februar 2017 ist OStD Stefan Pauli (Walter-Eucken-Schule) als geschäftsführender Schulleiter bestellt. 13 Im Stadtgebiet Karlsruhe gibt es circa 270 Hilfen-zur-Erziehung-Plätze für umAs. Nur für einen Teil davon (190) liegt die Zu- ständigkeit bei der Stadt Karlsruhe. Die anderen Plätze sind an Jugendliche vergeben, für die andere Städte oder Landkreise zuständig sind, welche selbst nicht genügend Wohnheimplätze haben. UmAs können auch nach Vollendung des 18. Lebensjah- res weiterhin Hilfen zur Erziehung beantragen. Diese werden in der Regel von der Stadt Karlsruhe gewährt. In den Fällen, in denen keine weitere Jugendhilfe beantragt oder gewährt wurde, kann die Zuweisung in eine Gemeinschaftsunterkunft im Landkreis Karlsruhe erfolgen. DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 27 signifikanten Veränderungen zwischen dem Zeitpunkt der Schulstatistik vom Oktober 2016 und den im Januar und Februar 2017 erhobenen Daten. 2.3. Voraussetzungen und Kenntnisstand der Schülerinnen und Schüler Die befragten Lehrerinnen und Lehrer im VABO berichten übereinstimmend von den Schwierigkeiten, die individu- ellen Voraussetzungen und die Bildungsbiografie der Schülerinnen und Schüler adäquat einzuschätzen. Lediglich der Kenntnisstand in Fach Deutsch lasse sich einigermaßen verlässlich erheben. Der allgemeine schulische Kenntnisstand sei hingegen deutlich schwieriger zu beurteilen. Die Dauer des Schulbe- suchs im Herkunftsland sei ein eher unzuverlässiger Indikator, weil die Schulsysteme nicht vergleichbar und die Bildungsbiografien oft von Unterbrechungen gekennzeichnet seien. Die Selbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler unterscheide sich zum Teil erheblich von der Einschätzung der Lehrkräfte bezüglich des Lernstands und der Kompetenzen. In der Regel sei der schulische Kenntnisstand der VABO-Schüler niedriger als der gleichaltriger Deut- scher. Insbesondere die Lehrkräfte, die unterjährig eingerichtete Klassen unterrichteten, beklagen die große Heterogenität in den Klassen, in denen Jugendliche mit ganz unterschiedlichen Vorerfahrungen und Voraussetzungen vertreten sind. Auch wenn die Motivation der Schülerinnen und Schüler im Allgemeinen hoch sei, ist ein Unterricht, der dem einzelnen Schüler gerecht werde unter diesen Voraussetzungen nicht zu leisten. Dabei blieben insbesondere die Jugendlichen „auf der Strecke“, die durch das Unterrichtstempo über- oder unterfordert seien oder aus anderen Gründen wie Traumatisierung, psychosoziale Probleme oder lernunfreundliche Wohnsituation Schwierigkeiten hät- ten, sich im Schulalltag zurechtzufinden. Lehrerinnen und Lehrer wünschen sich mehr Unterstützung und individu- elle Lösungen für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedarfen oder Problemlagen. Eine besondere Gruppe bilden die Analphabeten, für die es derzeit in den meisten Schulen keine gesonderte Klasse und keine differenzierte Förderung gibt. Junge Menschen, die die lateinische Schrift nicht lesen und schreiben kön- nen, weil sie noch nie eine Schule besucht haben, weil sie in einer anderen Schrift alphabetisiert wurden, oder weil sie als funktionelle Analphabeten große Defizite haben, müssen durch besondere Maßnahmen erst in die Lage versetzt werden, den regulären Unterrichtsangeboten folgen zu können. Die Reduzierung der Heterogenität in den VABO-Klassen und das Schaffen von speziellen Unterrichtsangeboten für Analphabeten wäre ein wichtiger Schritt, um den Lernerfolg in den VABO-Klassen zu erhöhen und die Motivation der Schülerinnen und Schüler zu erhalten. EMPFEHLUNGEN  Strukturierung des Verfahrens bei der Anmeldung und Verteilung von VABO-Schülerinnen und Schülern.  Einheitliche und flächendeckende Lernstandserhebung oder Informationsweitergabe am Übergang Eingangs- klasse – VABO.  Einrichtung von Klassen mit unterschiedlichen Niveaustufen, gegebenenfalls Bildung von Verbünden mehrerer Schulen zu diesem Zweck.  Bildung von Halbjahresklassen oder Zusammenarbeit mit externen Bildungsträgern zur Einrichtung von Kursen für unterjährige Neuzugänge.  Separate Beschulung von Analphabeten.  Individuelle Lösungen für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedarfen, zum Beispiel durch regelmäßige zuständigkeitsübergreifende Fallkonferenzen. 28 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE 3. Unterricht, interne Koordination und Kooperationen 3.1. Rahmenbedingungen im VABO Bezüglich der Unterrichtsinhalte und der Stundentafel unterliegt das VABO den Schulversuchsbestimmungen des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport. Im Schuljahr 2016/2017 wurden im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren weitreichende Änderungen umgesetzt. Die Stundentafel im VABO wurde von bisher 32 auf 20 Wochen- stunden reduziert. Damit einher ging eine veränderte Schwerpunktsetzung weg von allgemeinbildenden Fächern hin zum verstärkten Spracherwerb in Kombination mit früh einsetzenden Orientierungspraktika. Für den Sprachunterricht werden teilweise Fachlehrkräfte Deutsch der jeweiligen Schule eingesetzt, teilweise wird der Sprachunterricht durch eigens dafür angestellte Lehrkräfte, zum Teil Quereinsteiger mit Qualifikation im Zweit- spracherwerb, erteilt. Der allgemeinbildende Unterricht wird in der Regel durch Berufsschullehrkräfte erteilt. Die interne Koordination erfolgt entweder über die Abteilungsleitungen oder durch die Schulleitung. Lehrerinnen und Lehrer an Schulen, an denen VABO-Klassen neu eingerichtet wurden, müssen sich zum Teil in völlig neue Aufgabengebiete einarbeiten. Dies betrifft fachliche und methodische Aspekte, die bisher nicht Teil der Lehrerausbildung sind, wie Deutsch als Zweitsprache oder sprachsensibles Unterrichten, Verfahren wie Lernstands- erhebungen oder schriftliche Beurteilungen und den Umgang mit einer bisher unbekannten Zielgruppe. Diese Ex- pertise muss parallel zum Unterrichten durch Fortbildungen, Austausch und „learning by doing“ aufgebaut wer- den. Von mehreren Schulen wurde das Thema Stundenausfall angesprochen, da es für Fehlzeiten der Lehrkräfte durch Krankheit oder Fortbildungen in vielen Fällen keine Vertretung gebe. Viele Lehrerinnen und Lehrer pflegen informellen Erfahrungsaustausch mit anderen VABO-Lehrkräften. Ein regel- mäßiger regionaler Gesprächskreis für 20-25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird durch das Regierungspräsidium Karlsruhe organisiert. Aus den geführten Gesprächen ergab sich kein eindeutiger Bedarf nach Formaten für zusätz- lichen Erfahrungsaustausch. Vor allem erfahrene Lehrkräfte kritisieren die Reduzierung der Stundenzahlen im VABO. Die Vermittlung von Deutschkenntnissen beschränke sich nicht auf den reinen Deutschunterricht, sondern sei auch bisher integraler Bestandteil aller Unterrichtsfächer im VABO gewesen. Gerade für Schülerinnen und Schüler mit ungünstigen Bil- dungsvoraussetzungen sei es durch die neue Stundentafel noch schwieriger, Lücken in der Allgemeinbildung nach- zuholen. Ihre Chancen, im VABR den Hauptschulabschluss nachzuholen, verschlechtern oder verzögern sich dadurch. Auch die Rahmenbedingungen für Kooperationen und Unterstützungsangebote außerschulischer Partner ver- schlechtern sich durch die reduzierte Stundentafel. Bei gleichbleibend hohem Betreuungsaufwand für die einzelnen Schülerinnen und Schüler bleibt insgesamt weniger Zeit für die Organisation und Koordination außerunterrichtli- cher Angebote während und nach der Unterrichtszeit. Schulen, bei denen VABO-Klassen neu eingerichtet wurden und die nicht über erprobte Kooperationsstrukturen verfügen, sind davon in besonderer Weise betroffen. 3.2. Schulsozialarbeit Schulsozialarbeit gibt es momentan an vier von elf VABO-Standorten (Carl-Hofer-Schule, Elisabeth-Selbert-Schule, Gewerbeschule Durlach mit jeweils 100 Prozent Stellenumfang und Heinrich-Hübsch-Schule mit 50 Prozent Stel- lenumfang). Mit Ausnahme der Heinrich- Hübsch-Schule handelt es sich dabei sämtlich um die großen Standorte mit mehreren VABO-und VAB-Flüchtlingsklassen. Die Schulsozialarbeiterinnen und –arbeiter nehmen in Bezug auf die ausländischen Schülerinnen und Schüler umfangreiche Aufgaben wahr. Sie reichen von der Beratung und Be- treuung bei schulischen Problemen zur Unterstützung bei der Praktikumssuche oder der Anerkennung ausländi- scher Abschlüsse bis hin zur Vermittlung von Kooperationen mit außerschulischen Partnern oder zur Organisation gemeinsamer Klassenaktivitäten. Von allen befragten Lehrpersonen wurde die Schulsozialarbeit als wertvolle Unter- stützung für die betreuungsintensive Arbeit mit neuzugewanderten Jugendlichen eingeschätzt. Die Schulen, an denen neue VABO-Klassen eingerichtet wurden, verfügen mit Ausnahme der Heinrich-Hübsch-Schule nicht über Schulsozialarbeit und sind damit in mehrfacher Hinsicht benachteiligt: Ihnen fehlt nicht nur die Unterstützung beim DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 29 Aufbau von Kooperationsnetzwerken und bei der Betreuung, sondern auch das Budget der Schulsozialarbeit, um damit Aktivitäten oder spezielle Maßnahmen zu finanzieren. Einen Antrag auf Schulsozialarbeit hat von den ge- nannten Schulen bisher aber nur die Walter-Eucken-Schule gestellt.14 3.3. Integration und Kontaktmöglichkeiten an der Schule Der Unterricht in den meisten VABO-Klassen läuft relativ isoliert vom sonstigen Schulbetrieb. Verschiedene Schulen erproben eine stundenweise Integration in andere Unterrichtsgänge, ziehen dabei aber ein gemischtes Fazit. Positiv sei, dass sich vereinzelt Kontakte zu anderen Schülerinnen und Schülern entwickelt hätten, der reguläre Unterricht in den Berufsschulen sei für viele VABO-Schülerinnen und Schüler wegen der Verständigungsschwierigkeiten aber- nicht ertragreich. Die geringe Relevanz der Integrationsstunden für die VABO-Schülerinnen und Schüler schlage sich in hohen Fehlzeiten nieder. An vielen Schulen nehmen VABO-Schülerinnen und Schüler an klassenübergreifenden Veranstaltungen (zum Beispiel Fußballturniere) teil und beteiligen sich mit Essens- oder Informationsständen an Schulfesten. Vereinzelt wurden auch innerschulische Patenschaftsprogramme oder Unterstützung bei den Hausauf- gaben erprobt, allerdings haben sich bisher keine langfristigen Peer-to-Peer- Strukturen entwickelt. Viele Lehrkräfte wünschen sich für ihre VABO-Schülerinnen und Schüler mehr und intensivere Kontakte zu einheimischen Gleichalt- rigen. Hier gibt es Bedarf an Ideen und erfolgversprechenden, alltagstauglichen Ansätzen. EMPFEHLUNGEN  Bessere personelle Ausstattung des VABO-Bereichs und (Wieder-)erhöhung der Stundenzahl.  Unbürokratische Finanzierungsmöglichkeit oder Budget für Klassenaktivitäten an VABO-Standorten ohne Schulsozialarbeit.  Schulsozialarbeit an allen VABO-Standorten als langfristiges Ziel.  Mehr Kontaktmöglichkeiten zu einheimischen Schülerinnen und Schülern schaffen. 4. Externe Kooperationen 4.1. Informationsaustausch mit den Wohngruppenbetreuern Austausch besteht bei allen VABO-Klassen mit den jeweiligen Wohngruppenbetreuern der umAs. Während einige Klassen sich ausschließlich oder mehrheitlich aus einer Einrichtung rekrutieren, befinden sich in anderen Klassen Schülerinnen und Schüler aus vielen unterschiedlichen Wohngruppen. Der Austausch mit den zuständigen Betreue- rinnen und Betreuern findet entweder zu festen Terminen statt oder richtet sich nach dem individuellen Bedarf. Nach Aussagen von befragten Lehrerinnen und Lehrern gibt es bei den Wohngruppen große Qualitätsunterschiede, was den Kontakt zu den Betreuern, die Regelmäßigkeit der Kommunikation und das Engagement bei der Unter- stützung in Bezug auf Hausaufgaben, Tagesstruktur, Freizeitgestaltung und individuelle Förderung angehe. Dies führe dazu, dass einzelne Schülerinnen und Schüler nach der Wahrnehmung ihrer Lehrer sehr unterschiedlich ver- sorgt und gefördert würden. Als verwirrend empfanden einige Lehrerinnen und Lehrer auch die Unübersichtlichkeit der Zuständigkeiten in Bezug auf die umAs (unterschiedliche Wohngruppen und Träger, Vormundschaften in ver- schiedenen Städten und Landkreisen). Die Planung der Bildungswege von umAs geschieht in der Regel im Einver- nehmen zwischen den beteiligten Lehrkräften, Betreuern und dem Amtsvormund. Einzelne Fälle wurden genannt, in denen wichtige Entscheidungen aus Sicht der Schule intransparent oder nicht nachvollziehbar getroffen wurden. 14 Quelle: Sozial und Jugendbehörde der Stadt Karlsruhe (Stand: 03.03.2017). 30 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE 4.2. Kooperationen und Angebote außerschulischer Partner In Bezug auf Kooperationen und Unterstützungsangebote gibt es große Unterschiede an den Schulen. Es über- rascht wenig, dass Schulen, die schon längere Erfahrung mit VABO-Klassen haben, über ein breiteres Netzwerk an außerschulischen Kooperationspartnern verfügen als Schulen, die damit erst begonnen haben. Wie bereits themati- siert, haben es neue VABO-Standorte durch die Reduzierung der dafür vorgesehenen Lehrerstunden besonders schwer, Kooperationen aufzubauen und zu koordinieren. In Bezug auf Kooperationen scheint weniger der Mangel an Angeboten problematisch zu sein, als ihre Unübersicht- lichkeit. Für die Zielgruppe der Neuzugewanderten an Schulen ist ein Markt entstanden und viele Anbieter kommen direkt auf die Schulen zu. Vor allem Lehrerinnen und Lehrer, die neu in diesem Themengebiet arbeiten, wünschen sich mehr Orientierung und eine strukturierte Darstellung von Informationen und Angeboten außerschulischer Partner. Das Wissen über Beratungs- und Hilfsangebote, wie beispielsweise den Dolmetscherdienst, ist lückenhaft 4.3. Berufsorientierung oder Vermittlung in Praktika Fast alle Schulen kooperieren in diesem Bereich mit außerschulischen Trägern. Als Partner wurden hier genannt: Agentur für Arbeit, Beo Netzwerk, Internationaler Bund und Handwerkskammer mit dem Programm „Pro Beruf“. Die Vermittlung in Praktika erfolgt mitunter auch über Kontakte der Wohngruppen; Lehrkräfte besuchen aber auch Ausbildungsbörsen oder aktivieren persönliche Netzwerke. An einer Schule werden Schülerinnen und Schüler durch Ehrenamtliche des Jugendbegleiterprogramms betreut. An vier Berufsschulen wird die Vermittlung in Praktika und Ausbildung durch einen „Kümmerer“ der Arbeitsförderungsbetriebe unterstützt. Zielgruppe dieses Programms sind motivierte und ausbildungsreife Flüchtlinge aus Herkunftsstaaten mit guter Bleibeperspektive (derzeit Syrien, Soma- lia, Eritrea, Iran und Irak). Problematisch ist allerdings, dass die Mehrheit der in Karlsruhe lebenden umA´s nicht aus Ländern kommen, die in die Kategorie der „guten Bleibeperspektive“ fallen. 4.4. Nachhilfe- und Förderangebote Nachhilfe- und Förderangebote in den Fächern Deutsch und Mathematik gibt es derzeit nur an vier von elf VABO- oder VABR-Standorten. Zwei Schulen nehmen seit Januar 2017 am Projekt SCHEFF (Schulergänzende Förderung für Flüchtlinge) des Internationalen Bunds teil, das mit einer Laufzeit von einem Jahr bewilligt wurde. In diesem Pro- gramm können pro teilnehmender Schule 16 Schülerinnen und Schüler in je vier Kleingruppen vier Wochenstunden ergänzende Förderung in Deutsch, Mathematik und in der Berufsorientierung erhalten. In einer VABR-Klasse kann durch ein Unterstützungsangebot des Kolpingwerks während der Unterrichtszeit differenzierte Sprachförderung angeboten werden. Eine Schule bietet ergänzenden Sprach- und Mathematikunterricht durch Ehrenamtliche an. Der Bedarf an zusätzlichen Förderangeboten liegt deutlich über dem derzeitigen Angebot, zumal es der Mehrheit der Standorte bisher überhaupt keine Förderangebote gibt. 4.5. Weitere Kooperationen und Angebote außerschulischer Partner An vier Schulen gibt es Angebote im kulturellen und künstlerischen Bereich (Theater- und Musikprojekte, Koopera- tionen mit der Kunsthalle Karlsruhe und dem Museum für Naturkunde), an zwei Schulen Sportangebote und an einer Schule ein umfangreiches Präventionsangebot. EMPFEHLUNGEN  Erarbeitung eines gemeinsamen Qualitätsrahmens mit Wohngruppenträgern, um bestehende Ungleichheiten bei den Kommunikations- und Unterstützungsstrukturen im schulischen Bereich zu reduzieren.  Übersichtliche Darstellung vorhandener Angebote außerschulischer Träger für VABO-Klassen  Flächendeckende Versorgung mit Nachhilfe- und Förderangeboten an allen VABO-Standorten.  Unterstützung beim Aufbau von Kooperationsstrukturen durch Beratung und Vernetzung. DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 31 5. Was geschieht nach dem VABO? Das Förderkonzept des Kultusministeriums sieht nach dem erfolgreichen Abschluss des VABO einen Wechsel in das VABR vor, in dessen Rahmen der Hauptschulabschluss und damit die Ausbildungsreife erreicht werden soll.15 Im Rahmen des VABR ist zusätzliche Sprachförderung vorgesehen, damit das für die Aufnahme einer Ausbildung emp- fohlene Sprachniveau B1 erreicht werden kann. Sowohl VABO als auch VABR können bei Nichterreichen der Klassenziele wiederholt werden. Die Schülerinnen und Schüler verlieren damit aber wertvolle Zeit auf ihrem Bildungs- und Berufsweg. Nach einer Erhebung des Kultusministeriums erreichten im Schuljahr 2015/16 in Baden-Württemberg nur circa 50 Prozent der VABO-Schülerinnen und -Schüler, die den Unterricht ein Schuljahr oder länger besuchte am Ende des Schuljahres das Niveau A2. Um die Situation in Karlsruhe einschätzen zu können, erscheint es geboten, genauere Daten zu den erreichten Sprachniveaus und Übergängen in Karlsruhe zu erheben und auf dieser Grundlage Kon- zepte zu entwickeln. Dabei sollte es einerseits darum gehen möglichst viele VABO-Schülerinnen zur Ausbildungsrei- fe zu bringen und andererseits für diejenigen, die in diesem System über- oder unterfordert sind, individuelle Lö- sungen zu finden. Eine besondere Risikogruppe stellen dabei junge Volljährige ohne Schulabschluss dar, die keine Leistungen der Jugendhilfe mehr beziehen. Weiterhin zeichnet sich ab, dass Unterstützungsbedarf für neu Zugewanderte auch während der Aufnahme einer dualen Ausbildung weiterbesteht, damit die hohe Zahl von Ausbildungsabbrüchen reduziert werden kann.16 Unter- stützung gibt es derzeit für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive durch das vom Ministerium für Wirtschaft ge- förderte Programm der „Kümmerer.“ Notwendig ist der Ausbau von Angeboten zum Ausgleich von sprachlichen und fachlichen Defiziten an Berufsschulen auch für Personen, die bisher keine Schule in Deutschland besucht haben oder durch Förderprogramme für Flüchtlinge auf eine Ausbildung vorbereitet wurden. Es ist zu erwarten, dass sich ihre Zahl durch die neu geschaffene Möglichkeit der „Ausbildungsduldung“ deutlich erhöhen wird. Sie können nur dann zu zukünftigen Fachkräften werden, wenn sie nicht am anspruchsvollen theoretischen Teil der Ausbildung scheitern. EMPFEHLUNGEN  Gezielte Förderangebote (zum Beispiel Sommersprachkurse), damit mehr Schülerinnen und Schüler das VABO erfolgreich in kürzerer Zeit abschließen können.  Monitoring aufbauen, um gesicherte Daten zu Sprachstand und Bildungsabschlüssen im VABO und VABR zu bekommen.  Konzepte und Bildungswege für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Problemlagen oder Bedarfen erarbei- ten (zum Beispiel Analphabeten, junge Volljährige ohne Schulabschluss, begabte Schülerinnen und Schüler).  Unterstützungssysteme an Berufsschulen auch für die Berufsausbildung etablieren oder ausbauen. 15 http://km-bw.de/site/pbs-bw-new/get/documents/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/KM- Homepage/Fl%C3%BCchtlingsintegration/2016%2022%2002%20F%C3%B6rderkonzept%20Web.pdf (17.03.2017) 16 Für Baden-Württemberg liegen derzeit keine Daten vor. In Bayern, das bei der Integration von Flüchtlingen in Duale Ausbil- dung als vorbildlich gilt, lagen 2015 die Abbruchquoten bei Flüchtlingen laut dem Chef der Bayerischen Handwerkskammer bei rund 70 Prozent. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/handwerkskammer-in-bayern-70-prozent-der- fluechtlinge-brechen-ausbildung-ab-13857887.html (15.03.2017) 32 | KOMMNALE KOORDINATION DER BILDUNGSANGEBOTE FÜR NEUZUGEWANDERTE 6. Fazit Die Neuzugewanderten in den VABO-Klassen bilden keine einheitliche Gruppe. Es handelt sich um junge Menschen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen und Vorgeschichten. Sie alle möchten sich in Deutschland eine Zu- kunft aufbauen und ein großer Teil der Jugendlichen ist motiviert, dieses Ziel zu erreichen. Während ihre Altersgenossen in Deutschland die Schule bereits abgeschlossen haben oder kurz davor stehen, ha- ben die Jugendlichen im VABO noch einen langen Weg vor sich. Sie müssen eine fremde Sprache (und manchmal auch Schrift) lernen und je nach schulischer Vorbildung umfangreiche Wissenslücken auffüllen, um eine dem Hauptschulabschluss vergleichbare Qualifikation zu erwerben. Eine Ausbildung oder ein weiterführender Bildungs- abschluss sind notwendig, um eine realistische Perspektive auf eine gesicherte Existenz in Deutschland zu bekom- men. Dieser Weg dauert viele Jahre und erfordert von Neuzugewanderten ungleich mehr Anstrengung als für Ein- heimische. Deswegen ist ein ökonomischer Umgang mit „Zeit“ in dieser so entscheidenden Phase des Lebens der Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders wichtig. Vor diesem Hintergrund ist die Reduzierung der Stundenzahl im VABO von über 30 auf derzeit 20 Stunden ein fatales Signal, denn bei verringerter Intensität der Beschulung verlieren Schülerinnen und Schüler wertvolle Zeit bis zur Ausbildungsreife oder beginnen eine Ausbildung ohne die so notwendigen sprachlichen und fachlichen Grund- lagen, was die Gefahr des Scheiterns dramatisch erhöht. Wenn nach einem Schuljahr oder länger im VABO die Hälfte der Schülerinnen und Schüler das Niveau A2 nicht erreichen, wie eine Erhebung des Kultusministeriums Ba- den-Württemberg zum Schuljahr 2015/2016 ergeben hat, kann der Unterricht derzeit nur als ineffizient bezeichnet werden.17 Dies ist nicht den Lehrerinnen und Lehren anzulasten, die unter den gegebenen Bedingungen ihr Bestes geben. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Quote mit der Neukonzeption des VABO im Schuljahr 2016/17 verändert. Um den Weg der jungen Zuwanderer in Ausbildung und Berufstätigkeit effizienter und erfolgversprechender zu gestalten, bedarf es verbesserter Aufteilung der Schülerinnen und Schüler, um die Heterogenität in den Klassen zu verringern, einer verbesserten Personalsituation (und Schulsozialarbeit) und Erhöhung der Stundenzahl an den Schulen, um die Qualität der Unterrichtsergebnisse zu erhöhen und eines funktionierenden und differenzierten Unterstützernetzwerks, um Lösungen für Schüler mit besonderen Bedarfen (Analphabeten, Lernschwache, beson- ders Motivierte) zu entwickeln. Welchen Zugang VABO-Schülerinnen und Schüler zu ergänzenden Bildungsangeboten haben und in welchem Maß insbesondere umAs Unterstützung in schulischen Belangen in ihren Wohngruppen erhalten, ist momentan von Schule zu Schule, und offenbar auch von Wohngruppe zu Wohngruppe unterschiedlich. Eine Verständigung über einen gemeinsamen Qualitätsrahmen kann hier zu mehr Chancengleichheit beitragen. Die hohe Motivation und der Aufstiegswille junger Zuwanderer sind eine wertvolle Ressource. Sie gilt es zu erhalten und für die Verwirklichung individuell angepasster Ziele zu nutzen, damit die jungen Menschen auf dem Weg durch das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem nicht verloren gehen. Stand: 22.08.2017 17 https://www.gew-bw.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/neue-verwaltungsvorschrift-sprachfoerderung/ (22.03.2017) Zum Erreichen der Niveaustufe A2 kalkuliert das Goethe-Institut einen Richtwert von 200 Unterrichtseinheiten (UE) á 45 min für Erwachsene und 350 UE für Kinder. Bei wöchentlich 15UE Deutsch bekommen VABO-Schülerinnen und Schüler im Schuljahr rund 450 UE. DEZERNAT 3 | SCHUL- UND SPORTAMT | 33 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Verteilung der Schülerinnen und Schüler an VKL-Grundschulen nach Geschlecht.................................................... 5 Abbildung 2: Verteilung der Schülerinnen und Schüler an VKL-Werkrealschulen nach Geschlecht................................................ 5 Abbildung 3: Verteilung der Schülerinnen und Schüler in der Internationalen Klasse nach Geschlecht ......................................... 5 Abbildung 4: VKL Grundschulen – Verteilung der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsregionen .......................................... 6 Abbildung 5: VKL-Grundschulen – Anzahl der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsländern ................................................. 6 Abbildung 6: VKL Werkrealschulen – Verteilung der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsregionen ...................................... 7 Abbildung 7: VKL Werkrealschulen – Anzahl der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsländern ............................................. 7 Abbildung 8: Internationale Klasse - Herkunftsregionen der Schülerinnen und Schüler ................................................................ 8 Abbildung 9: Internationale Klasse – Anzahl der Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsländern ............................................. 8 Abbildung 10: Elterninterview der Hardtschule Karlsruhe bei Schulanmeldung zukünftiger VKL-Schülerinnen und Schülern ....... 11 Abbildung 11: Ablaufschema „Sprachstandsüberprüfung und Förderdiagnostik“ (SFD)............................................................. 12 Abbildung 12: Hauptherkunftsländer von Schülerinnen und Schülern in VABO-Klassen (N=232)............................................... 21 Abbildung 13: VABO-Schülerinnen und Schüler nach Herkunftsregionen (N=232) .................................................................... 22 Abbildung 14: VABO: Weibliche Schülerinnen nach Herkunftsregionen (N=22) ........................................................................ 22 Abbildung 15: Ausländische Schülerinnen und Schüler im VABR nach Herkunftsländern( N=166) ............................................. 24 Abbildung 16: Top 5 der Herkunftsländer ausländischer Schülerinnen und Schüler im VABR ..................................................... 24 Abbildung 17: Weibliche Schülerinnen im VABR nach Herkunftsregionen (N=36) ..................................................................... 25
https://www.karlsruhe.de/b2/wissenschaft_bildung/bildungsregion/bildungskoordination_neuzu/HF_sections/content/ZZnnptSjB94IRs/ZZno62ljRx4LnO/StadtKA_Bericht%20VKL%20und%20VABO%202016_17.pdf
23 A U S G A B E alleinerziehend TIPPS UND INFORMATIONE N 2 0 1 9 Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e. V. 1 Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e. V. 3 Alleinerziehend – Tipps und Informationen VAMV, 23. überarbeitete Auflage, 2019 4 Impressum Herausgeber: Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e. V. (VAMV) Hasenheide 70 Geschäftsstelle 10967 Berlin Telefon: 030 / 69 59 78 6 Fax: 030 / 69 59 78 77 E-Mail: kontakt@vamv.de Internet: www.vamv.de www.die-alleinerziehenden.de www.facebook.com/VAMV.Bundesverband Überarbeitung (Stand Januar 2019): Sigrid Andersen (VAMV-Bundesverband) Julia Preidel (VAMV-Bundesverband) Swenja Gerhard (Verband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf)) Redaktion: Miriam Hoheisel (VAMV-Bundesverband) Konzept und Gestaltung: Frank Rothe, Büro für Grafische Gestaltung, Berlin Druck: CPI books, Ulm Wir danken dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die freundliche Unterstützung. © 2019. Der VAMV behält sich alle Rechte vor. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, sind nur mit Genehmigung und Quellennachweis erlaubt. http://www.vamv.de http://www.die-alleinerziehenden.de http://www.facebook.com/VAMV.Bundesverband 5 IN H A LT I N H ALT Vo R wo R T: E R I K A B I E H N 8 Zu D I E S E m B u c H 10 1 N E u E L E B E N SS I T uAT I o N 12 Schwangerschaft 12 Alleinerziehend 15 ledig 15 getrennt lebend / geschieden 16 verwitwet 16 Neue Partnerschaft 18 Nicht eheliche Lebensgemeinschaft 19 Wiederheirat 20 Eingetragene Lebenspartnerschaft 20 wohnen 21 Wohnungssuche 24 2 DA S K I N D 27 Kindeswille und Kindeswohl 27 mutter und Vater 28 Anerkennung der Vaterschaft 29 Anfechtung der Vaterschaft 30 Sorgerecht 31 Gemeinsame Sorge bei Getrenntlebenden 31 Wie Eltern das Sorgerecht bekommen 35 Der Antrag auf Übertragung der gemeinsamen Sorge 35 Alleinsorge 41 Verfahrensbeistand 42 Trennungs- und Scheidungsberatung 43 Tod eines Elternteils 43 umgang 44 Namensrecht 49 Adoption 50 3 E x I S T E N Z S I c H E R u N G 53 Ausbildung 53 Schule 53 Berufsausbildung 54 Weiterbildung 55 Studium 57 6 Erwerbstätigkeit 64 Wiedereinstieg 65 Mutterschutz und Mutterschaftsleistungen 72 Elternzeit und Elterngeld und weitere Familienleistungen der Länder 74 Kindergeld und Steuern 83 Krankenversicherung 88 Pflegeversicherung 94 Rente, Alterssicherung 94 Arbeitslosigkeit 103 Arbeitslosengeld I 104 Arbeitslosengeld II 110 Sozialhilfe 124 Infotool für Familien 125 unterhalt 126 Der Mindestunterhalt 126 Kindesunterhalt 128 Unterhaltsvorschuss 140 Ehegattenunterhalt 146 Betreuungsunterhalt 149 Transferleistungen 150 Kinderzuschlag 150 Wohngeld 152 Schulden 154 4 K I N D E R B E T R E u u N G 158 Grundsätzliches 158 Kleinkinder 159 Kindergartenkinder 161 Schulkinder 162 Internat, Wohnheim, Pflegestellen 162 Krankheit 163 5 A L L E I N E R Z I E H E N D E u N D I H R E K I N D E R m I T B E H I N D E R u N G E N 166 Alleinerziehende mit Behinderungen 166 Alleinerziehende mit behinderten Kindern 168 Pflegeversicherung 168 Pflegezeit und Familienpflegezeit 171 ALG II / Sozialhilfe 173 Steuerliche Vergünstigungen 174 Unterhalt 175 6 N I c H T D E u T S c H E A L L E I N E R Z I E H E N D E 178 Einführung 178 Staatsangehörigkeit der Kinder 179 Ausländerrechtliche Aspekte 179 7 IN H A LT Drittstaatsangehörige 179 Asylsuchende, Flüchtlinge, Geduldete 180 Unionsbürger/innen 182 Die Bedeutung von Trennung und Scheidung für das Recht auf Aufenthalt 183 Integrationskurs 185 Familienrechtliche Aspekte 186 Sorgerecht bei nicht miteinander verheirateten Eltern 187 Sorgerecht und Aufenthalt 188 Sorgerecht und Auslandsumzug 189 Scheidung 189 Scheidungsfolgen 190 Kindesentführung 191 Sozialrechtliche Aspekte 194 Krankenversicherung 196 Familienleistungen: Kindergeld, Elterngeld, Unterhaltsvorschuss 197 7 FE R I E N , K u R E N u N D R E H A B I L I TAT I o N 202 Ferien und urlaub 202 Kuren und Rehabilitation 203 Vorsorge-Kur 203 Rehabilitations-Kur 204 8 B E R AT u N G 206 Beratungsstellen 206 Jugendamt und freie Beratungsstellen 207 Beistandschaft 208 Beurkundung 209 Erziehungs- und Familienberatung sowie Hilfen zur Erziehung 210 Schwangerschaftsberatung 210 Schuldnerberatung 211 Sucht- und Drogenberatung 211 Hilfsangebote für Frauen zum Schutz vor Gewalt 212 Juristische Beratung und Vertretung und ihre Kosten 213 Beratung durch einen Anwalt/eine Anwältin 213 Rechtsschutzversicherung 213 Beratungshilfe 214 Kosten bei einem gerichtlichen Verfahren 216 Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe (PKH /VKH) 217 Selbsthilfe 220 A N H A N G Adressen 223 Literatur 226 Stichwortverzeichnis 230 Düsseldorfer Tabelle 234 8 Vo Rwo R T Liebe Alleinerziehende, liebe Einelternfamilien, in Ihrer Hand halten Sie eine neue Auflage unseres überarbeiteten und aktuel- len Taschenbuchs. Seit der letzten Aktualisierung hat sich einiges geändert. Im Jahr 2017 ist mit dem Ausbau des Unterhaltsvorschusses ein Meilenstein für Alleinerziehende erreicht worden. Durch die Reform wurde sowohl die Alters- beschränkung auf Kinder unter zwölf als auch die maximale Bezugsdauer von sechs Jahren abgeschafft. Wenn alle übrigen Voraussetzungen über den gesamten Zeitraum vorliegen, können Alleinerziehende nun durchgehend von der Geburt bis zum 18. Geburtstag ihres Kindes Unterhaltsvorschuss beziehen. Erhalten Sie für Ihr Kind Unterhalt, so finden Sie wie immer die aktuelle Düsseldorfer Tabelle im Anhang dieses Buches. Im Jahr 2018 wurde die Obergrenze der Einkommens- gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle von 1.500 Euro auf 1.900 Euro heraufgesetzt mit der Folge, dass leider künftig wesentlich mehr Kinder mit dem Mindestunterhalt auskommen müssen. Weitere Änderungen der letzten Jahre, die in dieser Aus- gabe berücksichtigt wurden, sind beispielsweise die Ausweitung des Berechtig- tenkreises auf Mutterschutz, die Brückenteilzeit als Möglichkeit der befristeten Teilzeit für Arbeitnehmer/innen in größeren Unternehmen oder die neuen Frei- beträge auf Leistungen aus privater Altersvorsorge bei der Grundsicherung im Alter. Auch 2019 treten voraussichtlich einige Gesetzesänderungen in Kraft, die Einelternfamilien betreffen: Der Gesetzgeber plant Neuregelungen beim Kinder- zuschlag sowie beim Bildungs- und Teilhabepaket. Bezieher/innen von Wohngeld und Kinderzuschlag können sich ab August bundesweit von den Kitagebühren befreien lassen. Die gelebten Familienformen in unserer Gesellschaft sind vielfäl- tig und spiegeln sich auch in dieser Ihnen vorliegenden 23. Auflage wider. Dieses Buch ist der „Bestseller“ des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV). Alleinerziehend zu sein oder zu werden ist heutzutage eine ge- sellschaftliche Normalität. Für einen alleinerziehenden Elternteil stellt diese Zeit 8 9 dennoch eine große Herausforderung dar. Alleinerziehend zu sein oder zu wer- den kann nicht nur Folge sehr unterschiedlicher Ursachen und Lebensläufe sein, sondern jeder Vater und jede Mutter kann – gewollt oder ungewollt – in diese Situation kommen. Unabhängig davon, ob Sie geschieden sind oder Ihre Kinder von Anfang an allein erziehen, unverheiratet und ohne Partnerschaft, ob Sie nach dem Tod Ihres Lebenspartners / Ihrer Lebenspartnerin allein mit den Kindern da- stehen: Immer stellt das Alleinerziehen hohe Anforderungen und verlangt Ihren ganzen Einsatz und Ihre ganze Persönlichkeit. Allerdings werden Sie auch feststel- len, dass Sie an den neuen und zum Teil unbekannten Problemen wachsen – Ihr Selbstbewusstsein, Ihr Durchsetzungsvermögen und auch Ihre Zuversicht in die eigene Stärke werden zunehmen. Viele von Ihnen erzählen immer wieder, dass das Hineingeworfen werden in diese Lebenssituation ungeahnte Kräfte geweckt und persönliche Stärken zum Vorschein gebracht hat. Auf diesem Weg will der VAMV Sie begleiten. Das Taschenbuch bietet Ihnen eine solide Grundlage, die objektiv bestehenden Schwierigkeiten zu meistern: Un- terhaltsansprüche, sozialrechtliche Regelungen, das Sorge- und Umgangsrecht, Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit sind einige wichtige Stichworte, worüber Sie hier Informationen erhalten. Sie erfahren mehr über Ihre Rechte und die Ih- rer Kinder, Sie werden Ihre Ansprüche und Gestaltungsmöglichkeiten kennen lernen, Sie entdecken neue Ansprechpartner/innen und Adressen für kompeten- te Beratung – kurzum, nach der Lektüre dieses Buchs haben Sie eine Fülle von Informationen, um souverän Ihren Alltag gestalten zu können. Eine individuelle Rechtsberatung kann unser Taschenbuch selbstverständlich nicht ersetzen, nur diese kann die Besonderheiten Ihres Falles umfassend berücksichtigen. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) besteht seit nun- mehr 52 Jahren. Er unterstützt und berät Alleinerziehende nach dem Grundsatz der Selbsthilfe vor Ort, und mit einer aktiven Interessenvertretung auf Landes- und Bundesebene. Sollten Sie weitere Fragen oder einfach nur den Wunsch nach Austausch mit anderen Alleinerziehenden haben, wenden Sie sich gern an einen unserer Landes- oder Ortsverbände in Ihrer Nähe. Stärken Sie unsere und damit Ihre Position, indem Sie Mitglied werden. Ihre Unterstützung hilft uns, Ihre Interessen und die anderer Alleinerziehender zielge- richtet und konsequent zu vertreten. Wir freuen uns auf Sie und auf Ihre Kinder. Ihre Bundesvorsitzende Erika Biehn 9 10 Zu D I E S E m B u c H wie haben wir es aufgebaut? Die Kapitel sind so geordnet, wie Frau oder Mann alleinerziehend wird. Begin- nend mit der neuen Lebenssituation – ein Baby kündigt sich an, eine Trennung steht bevor, der schmerzliche Tod eines Elternteils muss verkraftet werden – macht das Buch folgende Stationen: Die Ansprüche und Rechte der Kinder werden behandelt und die vielfältigen Lebensbereiche der alleinerziehenden Eltern: ihre Arbeit oder Arbeitslosigkeit, ihre Kranken- und Rentenversiche- rung, ihre Ansprüche auf Sozialleistungen, ihr Status als Migrant/in oder mit Behinderung lebend, ihre Ferien und ihre Möglichkeiten, sich beraten zu lassen und noch Einiges mehr. wie finden Sie schnell, was Sie suchen? Die Kapitel sind übersichtlich geordnet und am Seitenrand erkennen Sie, wo Sie sich gerade befinden. Wichtige Begriffe sind fett gedruckt und können über das Stichwortverzeichnis im Anhang schnell nachgeschlagen werden. Zu jedem Kapitel gibt es Kontakt-, Broschüren- oder Literaturvorschläge. wer kann Fragen beantworten, die Sie in diesem Buch nicht finden? Unser Buch wird nicht alle Ihre Fragen beantworten können. Immer wieder gibt es ganz spezielle Fälle, die Sie am besten in einem persönlichen Beratungs- gespräch oder in einer Rechtsberatung klären. Wir nennen Ihnen Beratungs- stellen und Kontakte, wo Ihnen weitergeholfen wird. 11 was heißt eigentlich „alleinerziehend“? Egal ob Sie geschieden, verwitwet, getrennt lebend oder ledig sind, Ihr Status als alleinerziehende Mutter oder alleinerziehender Vater sagt noch gar nichts darüber aus, wie Sie leben. Auch in neu zusammengesetzten Familien, in denen manchmal sowohl die Frau als auch der Mann Kinder aus früheren Verbin dungen „mitbringen“, in so genannten Patchworkfamilien, fühlen sich die Eltern - teile noch allein zuständig für ihre Kinder. Insgesamt sind Alleinerziehende und ihre Kinder als Familienform anerkannt – in der Nachbarschaft, im Kindergarten und in der Schule, bei den Behörden und nicht zuletzt in der Politik. wie viele Alleinerziehende gibt es? Mit 1,5 Millionen ist fast jede fünfte Familie mit minderjährigen Kindern in Deutschland eine Einelternfamilie. Rund 2,2 Millionen Kinder unter 18 Jah- ren leben bei einem alleinerziehenden Elternteil, zu 88 Prozent bei ihren Müt- tern. Zählt man die volljährigen Kinder noch dazu, gibt es über 3,7 Millionen Kinder in den Haushalten von Alleinerziehenden. Familie ist nicht statisch, derzeit werden etwa 300.000 Personen pro Jahr alleinerziehend. Der Trend zur Ein elternfamilie hat in den letzten Jahren zugenommen und wird es wahr- scheinlich auch weiterhin – immer mehr Eltern trennen sich oder entscheiden sich von vornherein für ein alleiniges Zusammenleben mit dem Kind. wie geht es den Familien finanziell? Die gesellschaftliche Anerkennung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass über ein Drittel aller Einelternfamilien von Sozialtransfers leben. Haushalte von Alleinerziehenden weisen mit 44 Prozent das höchste Armutsrisiko aller Familienformen auf. Die Armut von Kindern Alleinerziehender ist in Deutsch- land am größten: Von den 1,92 Millionen Minderjährigen im Hartz-IV-Bezug leben 968.750, also etwa die Hälfte, in Alleinerziehendenhaushalten. 12 SCHWANGERSCHAFT Eine Schwangerschaft ist ein freudiges Ereignis. Sogar eine ungeplante oder ungewollte Schwangerschaft kann sich dahin entwickeln, dass sich Mutter und Vater auf das Leben mit Kind freuen. Wenn sich zu Beginn der Schwangerschaft oder in deren Verlauf abzeichnet, dass die Mutter mit dem Kind allein leben wird, treten häufig Zukunfts- und Existenzängste auf. Diese sind allein kaum zu bewältigen. Neben Gesprächen mit Freund/innen und der eigenen Familie empfiehlt es sich, eine Schwanger- schaftsberatungsstelle aufzusuchen. Sie finden entsprechende Angebote bei den örtlichen Verbänden von Pro Familia, der Arbeiterwohlfahrt, des Deutschen Roten Kreuzes, des Diakonischen Werkes und des Vereins Donum Vitae. Auch die örtlichen Verbände der Caritas sowie des Sozialdienstes katholischer Frauen bieten Schwangerschaftsberatung an, stellen jedoch keine Beratungs- scheine für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch aus. Eine Beratung kann Perspektiven eröffnen, wie sich ein Leben mit Kind auch ohne Partner organisieren und finanzieren lässt. Sie ist kostenlos, ver- traulich und auf Wunsch auch anonym. Langfristige Überlegungen werden dort genauso in den Blick genommen wie kurzfristige Notsituationen. Die Berater/innen geben Auskünfte über Hilfsmöglichkeiten und verweisen gege- benenfalls an andere Beratungsstellen, z. B. an eine Schuldnerberatungsstelle. Schnell und unbürokratisch hilft die Bundesstiftung „mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens“. Einen formlosen Antrag auf finanzielle Unterstützung können Sie bei einer Schwangerschaftsberatungsstelle stellen, nicht bei der Bundesstiftung selbst. Hilfe gibt es z. B. als Zuschuss für die Erst- ausstattung des Kindes, für den Haushalt, aber auch für Kinderbetreuung. Beachten Sie, dass der Antrag vor der Geburt gestellt werden muss. Die Zuschüsse werden Müttern zwischen der Schwangerschaft und dem dritten Lebensjahr des 1 N E u E LE B E N SS I T uAT I o N 13 S c H w A N G E R S c H A F T 1 Kindes gewährt und werden nicht auf Leistungen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe angerechnet. Siehe auch: www.bundesstiftung-mutter-und-kind.de Wenn Sie sich ein Leben allein mit Kind nicht vorstellen können, ziehen Sie möglicherweise einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung. Für eine solche Entscheidung haben Sie nur begrenzt Zeit. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich so früh wie möglich einen Termin in einer Beratungsstelle geben lassen. Der Abbruch einer Schwangerschaft ist in Deutschland unter folgenden Voraussetzungen straffrei (§ 218 Strafgesetzbuch): – Sie müssen sich bei einer der anerkannten Beratungsstelle beraten lassen und sich diese Beratung bescheinigen lassen. – Der Eingriff darf frühestens am vierten Tag nach der abgeschlossenen Beratung vorgenommen werden. – Er muss von einer Ärztin / einem Arzt bis zum Ende der 12. Woche nach der Empfängnis durchgeführt werden. Abbruch mit Indikation Nicht rechtswidrig ist ein Schwangerschaftsabbruch, dem eine Indikation zu- grunde liegt, d.h. wenn aus ärztlicher Sicht ein Grund vorliegt, der den Ab bruch rechtfertigt. Hierunter fallen die medizinische und die kriminologische Indi kation. Die Kosten des Abbruchs, einschließlich der Voruntersuchungen und Nachbehandlungen, werden von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Besteht keine Mitgliedschaft und kommt auch kein anderer Leistungsträger in Betracht (z. B. eine private Krankenversicherung), kann ein Erstattungs an- spruch nach den Regelungen des Gesetzes zur Hilfe für Frauen bei Schwanger- schaftsabbrüchen in besonderen Fällen bestehen. Kosten eines Abbruchs ohne Indikation: Wenn Sie in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, kann nur ein kleiner Teil der Kosten „normal” mit Krankenschein abgerechnet werden. Dazu gehören – ärztliche Beratung vor dem Abbruch, – ärztliche Leistungen und Medikamente vor und nach dem Eingriff, bei denen der Schutz der Gesundheit im Vordergrund steht, – Behandlung von Komplikationen. Die Kosten des eigentlichen Eingriffs können über Ihre Kasse nur noch dann abge- rechnet werden, wenn Ihr verfügbares persönliches Einkommen oder Vermögen un- http://www.bundesstiftung-mutter-und-kind.de 14 terhalb bestimmter Grenzen liegt oder wenn Sie z. B. Sozialleis tungen erhalten, nach dem BAföG gefördert werden oder vom Asylbewerberleistungsgesetz Unterstüt- zung bekommen. Eine Kostenübernahme müssen Sie bereits vor dem Abbruch bei Ihrer Krankenkasse beantragen und sich schriftlich zusagen lassen. Die schriftliche Zusage benötigen Sie für die Ärztin /den Arzt, die/der den Eingriff durchführen soll. Sie brauchen den Abbruch nicht zu begründen. Die Kasse darf lediglich verlan- gen, dass Sie Ihre persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse „glaubhaft machen“. Ob die Kosten des Eingriffs übernommen werden, hängt ausschließlich von der Höhe Ihres eigenen Einkommens und Vermögens ab. Das Einkommen Ihres Ehe- mannes, Ihres Partners, Ihrer Partnerin oder Ihrer Eltern spielt keine Rolle. Wenn Ihr persönliches Einkommen und Vermögen oberhalb der gesetzlichen Grenzen liegt, müssen Sie den Eingriff selbst bezahlen. Die von Ihnen zu tragenden Kosten belaufen sich auf ungefähr 200 bis 570 Euro je nach Praxis, Methode und Versicherung. Bei stationärer Aufnahme im Krankenhaus müssen Sie einen Tagessatz selbst bezah- len. Wenn Sie nicht in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, können Sie unter den gleichen Voraussetzungen die Übernahme der Kosten des eigentlichen Eingriffs bei einer gesetzlichen Kasse Ihrer Wahl an Ihrem Wohnsitz oder Ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort beantragen. Weitere Informationen finden Sie in der Broschüre „Schwangerschaftsabbruch Was Sie wissen müssen – Was Sie beachten sollten“, neue, überarbeitete Auflage 2015 des Pro Familia Bundesverbandes. Die Broschüre kann unter www.profamilia.de kostenfrei angefordert bzw. als pdf-Datei gelesen werden. Daneben bietet Pro Familia Online-Beratung an: www.profamilia.de/interaktiv/online-beratung.html Möchten Sie Ihr Kind zur Welt bringen, es aber nicht groß ziehen, haben Sie die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt. Dabei kann eine werdende Mutter ihr Kind anonym und medizinisch sicher in einem Krankenhaus oder bei einer Heb amme zur Welt bringen. Die Kosten für die medizinische Betreuung vor und nach der Geburt werden übernommen. Eine Beratungsstelle nimmt den Namen der Mutter auf und gibt die Daten verschlossen in einem Umschlag an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) zur Aufbewahrung. Entschei- den Sie sich auch nach der Geburt dafür, das Kind abzugeben, kommt es zu einem Adoptionsverfahren. Das betroffene Kind hat das Recht, ab dem vollendeten 16. Le- bensjahr die Identität seiner leiblichen Mutter zu erfahren. Wenden Sie sich zunächst an eine Schwangerschaftsberatungsstelle. Sie werden dort kostenlos auch zum Ver- fahren der vertraulichen Geburt beraten. Siehe auch: www.geburt-vertraulich.de Das kostenlose Hilfetelefon „Schwangere in Not – anonym und sicher“ des BMFSFJ steht rund um die Uhr zur Verfügung unter: 0800/40 40 020 http://www.profamilia.de http://www.profamilia.de/interaktiv/online-beratung.html http://www.geburt-vertraulich.de 15 A L L E IN E R Z IE H E N D 1 A L L E I N E R Z I E H E N D Nur wenige Mütter oder Väter planen von Anfang an, ihr Leben mit einem Kind als Alleinerziehende zu führen. Die meisten sind durch Trennung und/oder Schei- dung in diese Familienform hineingeraten. Es gibt aber auch durchaus Frauen, die sich ein Kind wünschen und planen, dieses ohne Partner groß zu ziehen. Wenn Sie ohne Partner mit Ihrem Kind zusammenleben, muss der Alltag gut organisiert sein. Das trifft vor allem dann zu, wenn Sie erwerbstätig sind oder den Einstieg in den Beruf suchen. Um finanziell auf eigenen Füßen zu stehen, ist eine gute und ausreichende Kinderbetreuung unbedingt notwendig. In Kindertagesstätten ist man bemüht, alleinerziehenden Eltern möglichst schnell einen Platz zuzuweisen. Doch häufig reichen die Öffnungszeiten nicht und Sie müssen zusätzlich private Arrangements treffen. Ein weiteres Problem ist die Suche nach einem Arbeitsplatz, mit dem sich Kindererziehung und Geldverdie- nen vereinbaren lassen (siehe Kapitel 3 Erwerbstätigkeit und 4 Kinderbetreuung). Ob Sie ledig sind, getrennt lebend, geschieden, verwitwet oder wieder ver - heiratet, ob in eheähnlicher Gemeinschaft oder in einer eingetragenen Lebens - gemeinschaft lebend – die Lebensform hat Auswirkungen auf Unterhalts- ansprüche, auf die Steuerklasse, auf das Sorgerecht, auf Ihren Status bei der Krankenkasse, auf Ansprüche beim Jobcenter und Ähnliches. Im Folgenden werden die einzelnen Lebenssituationen kurz angesprochen. Verweise zeigen Ihnen, in welchen Kapiteln Sie detaillierte Informationen erhalten. L E D I G Als nicht verheiratete Mutter haben Sie das alleinige Sorgerecht für Ihr Kind. Dies bescheinigt Ihnen das Jugendamt. Möchten Sie mit dem Vater des Kindes die gemeinsame Sorge ausüben, so können Sie dies durch eine übereinstimmende Sorgeerklärung beim Jugendamt oder bei einem Notar beurkunden lassen. Haben Sie sich bisher nicht für die gemeinsame Sorge entschieden, kann der Vater das gemeinsame Sorgerecht beantragen und es unter Umständen auch ge- gen Ihren Willen zugesprochen bekommen (siehe Kapitel 2 Sorgerecht). Davon unabhängig steht Ihnen neben dem Unterhalt für Ihr Kind nach § 1615 I BGB auch Betreuungsunterhalt mindestens bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes zu (siehe Kapitel 3 Betreuungsunterhalt). Wenn Sie mit Ihrem Kind allein leben, gehören Sie zu den so genannten „echten“ Alleinerziehenden, die Anspruch auf die Steuerklasse II haben und damit 16 auf einen Freibetrag (siehe Kapitel 3 Kindergeld und Steuern). In der gesetz- lichen Krankenkasse sind Ihre Kinder bei Ihnen beitragsfrei mitversichert. Der Kontakt zum Vater ist im Umgangsrecht geregelt (siehe Kapitel 2 Umgang). G E T R E N N T L E B E N D / G E S c H I E D E N Als getrennt lebende Eltern sind Sie nicht nur mit dem Wechselbad der Ge- fühle beschäftigt, Sie müssen auch aufmerksam für Ihre Kinder da sein, sich mit Sorge- und Umgangsregelungen und mit Fragen des Unterhalts vertraut machen (siehe Kapitel 2 und Kapitel 3 Unterhalt). Je nachdem, welche Steuerklasse Sie und Ihr/e Partner/in vor der Trennung hatten, wird sich diese nun ändern. Der Elternteil, der mit dem Kind allein lebt, kann Steuerklasse II mit einem Freibetrag für Alleinerziehende beantragen. Eine Änderung der Steuerklassen können Sie beantragen, sobald Sie mit dem Kind allein leben (siehe Kapitel 3 Kindergeld und Steuern). Trennung und Scheidung sind anstrengende und belastende Zeiten. Bei Kon- flikten mit dem getrennt lebenden Elternteil können Sie eine Fach anwältin /einen Fachanwalt für Familienrecht mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen. Sie können aber auch versuchen, zunächst gemeinsam nach Lösungen zu suchen oder mit Hilfe von Dritten einen Kompromiss zu finden, z. B. in einer Mediation. Ihre Kinder sollten möglichst nicht in die Konflikte mit hinein gezogen wer- den. Der Anspruch der Fachleute, dass Eltern in Trennung und Scheidung die Paarebene von der Elternebene trennen sollten, ist manchmal nur sehr schwer zu erfüllen. Eltern trennen sich nicht leichtfertig voneinander und sind in den meisten Fällen bemüht, ihre Kinder so wenig wie möglich zu belasten. In Situationen der Überforderung, der Gekränktheit und Verletztheit kommt es trotzdem immer wieder dazu, dass über die Kinder Machtkämpfe ausgetragen werden. Kinder leiden sehr, wenn sie in die Streitigkeiten der Eltern hinein- gezogen werden. Sind eine Zeitlang keine sachlichen Gespräche möglich, kann es hilfreich sein, wenn beide Eltern ihre Vorschläge und Überlegungen, etwa zu Fragen des Umgangs, schriftlich und möglichst sachlich abfassen und sich diese gegenseitig zukommen lassen. V E R w I T w E T Wenn Ihr/e Partner/in verstorben ist, sind bei aller Trauer viele Dinge zu regeln. Das gilt vor allem für finanzielle Angelegenheiten. Unter Umständen haben Sie einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente. Hatte der/die Verstorbene einen Vertrag über eine Betriebsrente abgeschlossen, können Sie ebenfalls einen Anspruch auf eine entsprechende Rente haben. 17 A L L E IN E R Z IE H E N D 1 Leibliche minderjährige Kinder der/s Verstorbenen, aber auch Stiefkinder und Pflegekinder, soweit sie in dem Haushalt des Verstorbenen lebten, haben in der Regel einen Anspruch auf Halbwaisenrente. Dieser Anspruch besteht, bis zum 27. Lebensjahr des Kindes, sofern eine Ausbildung oder ein Studium noch nicht abgeschlossen wurde. Die Höhe der Rente errechnet sich aus den Rentenanwartschaften, die der verstorbene Elternteil erworben hat. Für einen Rentenanspruch müssen allerdings mindestens fünf Jahre Beiträge in die gesetz- liche Rentenkasse (Wartezeit) eingezahlt worden sein. Erhält das Kind eine Halbwaisenrente, gilt diese Rente als Einkommen des Kindes. Daraus folgt, dass das Kind freiwillig krankenversichert werden muss, es sei denn, Ihr Kind erfüllt die Voraussetzungen für eine Familienversiche- rung bei Ihnen (siehe Kapitel 3 Krankenversicherung). Hatten Sie mit Ihrem Partner ein gemeinsames Bankkonto und er verstirbt, nimmt die Bank in der Regel eine Kontosperrung vor. Das bedeutet, dass Sie von einem gemeinsamen Konto zunächst kein Geld mehr abheben können. Dies wird erst wieder möglich, wenn ein Erbschein vorliegt. Einen Erbschein erhalten Sie beim zuständigen Amtsgericht. Um einen Erbschein erhalten zu können, muss nicht nur feststehen, dass Sie Erbe oder Erbin sind, Sie müssen das Erbe auch angetreten haben. Hier sollten Sie aufmerksam sein; vor allem dann, wenn Ihr Kind zum Erben des getrennt lebenden Elternteils wird und Sie keinen Überblick über das Erbe haben. Auch Schulden können vererbt werden, ebenso Ansprüche von Dritten an den Verstorbenen. Daher sollten Sie sich mit Hilfe eines so genannten An- gebotsverfahrens beim Nachlassgericht vorher genau informieren, worum es sich bei dem Erbe handelt, bevor Sie oder Ihr Kind ein Erbe antreten. Ein Erbe, das überschuldet ist, können die sorgeberechtigten Eltern(teile) des erbberechtigten Kindes ausschlagen. Für das Ausschlagen eines Erbes steht Ihnen eine Frist von sechs Wochen, nachdem Sie über den Erbfall informiert wurden, zur Verfügung. Dafür müssen Sie eine so genannte „Ausschlagungs- er klä rung“ beim zuständigen Nachlassgericht oder bei einem Notar abgeben. Grundsätzlich ist bei jedem Erbfall zu klären, welcher Art das Erbe ist. Es gehören zum Nachlass immer alle aktiven und passiven Vermögenswerte. Die Erbfolge ist gesetzlich geregelt. Sie kann jedoch durch ein Testament verändert werden. Leibliche Kinder bleiben unabhängig von Trennung und Scheidung ihrer Eltern voll erbberechtigt. Das Erbe leiblicher Kinder kann allerdings auf den Pflichtteil beschränkt werden, wenn diese Regelung testamentarisch verfügt wurde. Im Gesetz wird die Erbfolge durch eine Rangfolge festgelegt. In der ersten Rangfolge stehen die leiblichen Kinder des Verstorbenen und der 18 Ehepartner. Durch eine Scheidung bzw. einen Scheidungsantrag verliert der Ehepartner seinen Erbanspruch. Allerdings sind die Erben verpflichtet, etwaige Unterhaltszahlungen an Sie und / oder Ihre Kinder als so genannte Nachlass- verbindlichkeiten zu zahlen. Ein Testament oder einen Erbvertrag können Sie nur persönlich einrichten. Ein Testament muss handschriftlich aufgesetzt werden. Dieses Testament kann am zuständigen Amtsgericht gegen eine geringe Gebühr hinterlegt werden. Ein Testament kann auch von einem Notar aufgesetzt werden. Hierdurch können allerdings erhebliche Kosten entstehen. Wichtig ist, dass ein Testament immer so aufgesetzt sein muss, dass im Erbfall möglichst keine Anfechtung erfolgen kann. Wenn Sie in Ihrem Testament eine Empfehlung für das Verbleiben Ihres Kindes geben wollen, sollten Sie diese ausreichend begründen. Broschüre des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz: Erben und Vererben. Informationen und Erläuterungen zum Erbrecht www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen.html N E u E PA R T N E R S c H A F T Eine neue Partnerschaft ist immer ein Aufbruch. Mit ihr verbinden sich viele Hoff- nungen und Wünsche, Erwartungen, auch gute Vorsätze gehören dazu. Trotz des Neubeginns lässt sich die alte Beziehung, aus der die Kinder hervorgegangen sind, nicht vergessen oder ignorieren. Sie wirkt in die neue Beziehung mit hinein, allein schon durch die Standardthemen Sorgerecht, Unterhalt und Umgang. Eine neue Partnerschaft kann auch ein Risiko für den bestehenden Alltag und die vertraute Routine der Einelternfamilie sein. Auch deswegen ist die Trennungs- quote bei Zweit-Ehen höher als bei Erst-Ehen. Gerade Kinder reagieren häufig verunsichert oder ablehnend, wenn sie erfahren, dass ihre Eltern neue Lebensge- fährten haben. Es bedarf Sensibilität, Geduld und Aufmerksamkeit, um eine neue Beziehung zu stabilisieren und alle Bedürfnisse „unter einen Hut“ zu bekommen. Ziehen Sie und Ihre Kinder mit Ihrem/r neuen Lebensgefährten/in und mög- licherweise dessen/deren Kindern in eine gemeinsame Wohnung, wachsen die Kinder in einer Stieffamilie auf. Wenn Sie selbst Leistungen nach dem SGB II be- ziehen, wird nun auch das Vermögen und Einkommen Ihres neuen Partners / Ihrer neuen Partnerin überprüft und möglicherweise auf Ihren Bedarf und den Ihres Kindes angerechnet (siehe Kapitel 3 Arbeitslosigkeit). Kommen gemeinsame Kin- der hinzu, wird das Fa miliensystem noch komplexer. Das bietet allen Beteiligten http://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen.html 19 N E u E P A R T N E R S c H A F T 1 große Chancen, verlangt aber auch ein erhöhtes Maß an sozialen Kompetenzen und Kompromissbereitschaft. N I c H T E H E L I c H E L E B E N S G E m E I N S c H A F T Nichteheliche Lebensgemeinschaften sind neben der Ehe als gleichwertige Familienform akzeptiert. Nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes steht ihnen die gemeinsame elterliche Sorge zu, sofern Sie und Ihr/e Partner/in eine entsprechende übereinstimmende Sorgeerklärung abgeben. Ihre Rechtsstel- lung gegenüber einem gemeinsamen Kind entspricht dann der von verheira- teten Eltern. Geben sie keine Sorgeerklärung ab, hat die Mutter die alleinige elterliche Sorge, es sei denn, der Vater beantragt eine gerichtliche Entscheidung über die gemeinsame Sorge beim Familiengericht. Rechtlich werden die Partner/innen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft wie Alleinstehende behandelt. Das gilt auch für das Steuerrecht und die Sozial- versicherungen. Insbesondere ist eine beitragsfreie Familienversicherung der Part- nerin bzw. des Partners in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht möglich. Leben Sie und Ihre Kinder mit Ihrer / Ihrem Partner/in in dieser Lebensform zusammen, so hat dies keine Auswirkungen auf die Unterhaltsansprüche der Kinder gegenüber dem leiblichen Vater und deren Umgangsrecht. Bezogen Sie vorher Ehegattenunterhalt, kann dieser allerdings gekürzt werden. Partner/innen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft haben gegen- einander keinen Anspruch auf Unterhalt. Verdient jedoch nur ein Partner / eine Partnerin ein eigenes Einkommen während der/die andere Kinder er- zieht, empfiehlt es sich, den / die nichterwerbstätige/n Partner/in für den Fall einer eventuellen Trennung oder bei Tod abzusichern, z. B. durch Lebensver- sicherung oder Testament. Ein Partnerschaftsvertrag zur Regelung eventueller Trennungsfolgen sorgt für Sicherheit und vermeidet kostspielige und unange- nehme Auseinandersetzungen vor Gericht. Kommt es zu einer Trennung und bestand die Lebensgemeinschaft einige Jahre, kann es sein, dass Ihren (nicht gemeinsamen) Kindern ein Recht auf Um- gang mit dem getrennten Partner zugesprochen wird, wenn dies dem Wohl der Kinder entspricht. Es wird davon ausgegangen, dass Ihr/e Lebensgefährte/in und die Kinder zueinander eine enge Bindung aufgebaut haben. Broschüre des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz: Gemeinsam leben. Eine Information für Paare, die ohne Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft zusammenleben www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen.html http://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen.html 20 w I E D E R H E I R AT Bei Wiederheirat erlischt der gesetzliche Anspruch eines geschiedenen Ehe- partners auf Unterhalt. Ebenso entfallen der Betreuungsunterhalt sowie der Unterhaltsvorschuss. Unterhaltsverpflichtungen für leibliche Kinder bleiben genau wie das Sorgerecht und das Umgangsrecht von einer Wiederheirat unberührt, es sei denn, der neue Ehegatte adoptiert das Kind (siehe Kapitel 2 Adoption). Ehegatten sind gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet. Heiraten Sie wieder und haben Sie für Ihre Kinder das alleinige Sorge- recht, so hat Ihr Ehepartner – Ihr Einverständnis vorausgesetzt – „die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes“ („kleines Sorgerecht“ nach § 1687b BGB). Nur verheiratete Paare profitieren bei der Steuer vom Ehegattensplitting (siehe Kapitel 3 Kindergeld und Steuern). Bevor sich jedoch ein/e Partner/in für die nachteilige Steuerklasse V entscheidet, sollte sie / er sich über die Folgen z. B. für die Höhe des Arbeitslosengeldes beraten lassen und mit ihrem / seinem Ehegatten darüber sprechen, wie der Steuergewinn des / der Partner/in beiden zugute kommen kann. E I N G E T R AG E N E L E B E N S PA R T N E R S c H A F T Die Rechtstellung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartner/innen in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft entspricht im Wesentlichen der von verheirateten Partnern. Das gilt auch für die Verpflichtung zum gegenseitigen Unterhalt der Partner/innen, für den Versorgungsausgleich und wenn Kinder vorhanden sind für das Umgangsrecht mit dem Kind im Falle der Trennung sowie für den Kindesunterhalt (siehe auch Kapitel 2 Umgang und 3 Unterhalt). Lebt ein minderjähriges leibliches oder adoptiertes Kind eines/r Lebenspart- ners/in, für das ihm/ihr das alleinige Sorgerecht zusteht, in einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft, so stehen dem/der anderen Lebens- partner/in in bestimmtem Umfang sorgerechtliche Befugnisse zu („kleines Sorgerecht“). Danach hat der/die Lebenspartner/in im Einvernehmen mit dem/der allein Sorgeberechtigten „die Befugnis zur Mitentscheidung in An- gele genheiten des täglichen Lebens des Kindes“. Nach Trennung bzw. Aufhebung der Lebenspartnerschaft hat der/die Lebenspartner/in, der /die nicht Elternteil des Kindes ist, als enge Bezugsperson ein Umgangsrecht mit dem Kind, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Lebenspartner/innen haben die Möglichkeit, das leibliche Kind ihres/r Partner/in zu adoptieren (so genannte Stiefkindadoption), wenn der andere leibliche Elternteil dem zustimmt (siehe Kapitel 2 Adoption). 21 w o H N E N 1 Seit dem Eheöffnungsgesetz von 2017 besteht außerdem die Möglichkeit, eine vor 2017 geschlossene eingetragene Lebenspartnerschaft durch eine ge- meinsame persönliche Erklärung beim Standesamt in eine Ehe umzuwandeln. w o H N E N Bei einer Trennung oder Scheidung stellt sich zumeist die Frage: Wer bleibt in der gemeinsamen wohnung? Für Kinder ist es häufig am besten, wenn ihnen ein Umzug erspart werden kann. Sie ziehen Sicherheit daraus, wenn in den unruhigen Zeiten rund um eine Trennung so viel Vertrautes wie möglich bestehen bleibt. Sie sollten sich auf jeden Fall über die rechtliche Situation und Ihre eventuellen Anrechte darauf, in der bisherigen gemeinsamen Wohnung zu bleiben, informieren. Sie können dazu eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen (siehe Anhang Adressen). Zu einem Umzug wird dagegen geraten, wenn das Kind in der bisherigen Wohnung Gewalt erfahren hat. Wenn Sie gemeinsam mit Ihrem/r Partner/in in einer Mietwohnung gelebt haben und nicht verheiratet waren, kommt es bei einer Trennung darauf an, wer den mietvertrag unterschrieben hat. Haben Sie beide den Mietvertrag unterschrieben, können Sie auch nur gemeinsam kündigen, es sei denn, Sie ha- ben mit dem Vermieter etwas anderes vereinbart. Die Zustimmung zur Kündi- gung können Sie von Ihrem/r Partner/in verlangen. Umgekehrt muss der Ver- mieter die Kündigung auch beiden gegenüber aussprechen, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart ist. Wenn Ihr/e Partner/in ohne Kündigung auszieht, bleibt er/sie weiter als Mieter verpflichtet. Hat nur eine Person den Mietvertrag unterschrieben, hat im Trennungsfall die andere Person keinerlei Rechte, in der Wohnung zu bleiben. Wenn Sie verheiratet in einer Wohnung zusammengelebt haben, gibt es un- abhängig davon, wer den Vertrag unterschrieben hat, keine Möglichkeit, dem anderen zu kündigen. Wenn Sie keine Einigung darüber erzielen können, wer in der Wohnung verbleiben darf, besteht für Sie die Möglichkeit, beim Familien- gericht einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung zu stellen. Die eheliche Wohnung wird Ihnen im Allgemeinen dann allein zugewiesen (auch gegen den Willen des anderen), wenn beim gemeinsamen Wohnen Gefahr für Leib und Leben bzw. schwere Störungen des Familienlebens (z. B. Alkoholmissbrauch) bestehen oder als Alternative nur noch der Umzug in ein Frauenhaus in Betracht käme. Ist dies nicht der Fall, so wird den Ehepartnern zugemutet, bis zur rechts- 22 kräftigen Scheidung innerhalb der Wohnung getrennt zu leben. Für diesen Fall haben Sie die Möglichkeit, sich einen Teilbereich der Wohnung zur alleini- gen Benutzung zuweisen zu lassen. Diesen Bereich darf der/die Partner/in nicht betreten. Während des Trennungs- und Scheidungsverfahrens erhält Ihr Antrag auf Erteilung eines wohnberechtigungsscheins keinen besonderen Dringlich - keitsrang. Dementsprechend bekommen Sie auch keinen so genannten Dringlich- keitsschein oder einen Bescheid über den Dringlichkeitsrang, wie er von einigen Gemeinden bei Erfüllung der Voraussetzungen erteilt wird. Es wird nämlich da- von ausgegangen, dass die Person, die das Sorgerecht für das Kind erhält, auch die bisherige Wohnung im Scheidungsverfahren zuge sprochen bekommt. In den meisten Fällen bleibt es auch nach einer Ehescheidung beim gemein- samen Sorgerecht der Eltern. Es ist davon auszugehen, dass die Rechtsprechung die bisherige Ehewohnung dem Elternteil zusprechen wird, bei dem das Kind (überwiegend) lebt. Bei der Entscheidung über den Verbleib der Wohnung war und ist nämlich auch das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern zu berück- sichtigen. Praktizieren die Eltern das so genannte wechsel modell, lebt das Kind also im Wechsel bei der Mutter und beim Vater, oder lebt ein Geschwis ter kind bei der Mutter, ein anderes beim Vater, werden für die Entscheidung über die Zuwei- sung der Ehewohnung konkrete Einzelfallumstände ausschlag gebend sein. Eine endgültige Entscheidung über die Wohnung wird erst bei Abschluss des Scheidungsverfahrens getroffen. Einen Antrag auf Zuweisung der Ehewoh- nung für die Zeit nach der Scheidung können Sie auch dann stellen, wenn Sie vorher aufgrund von Bedrohung ausgezogen sind. Achtung: Sind Sie nach der Trennung aus der Ehewohnung ausgezogen und haben binnen sechs Monaten nach Ihrem Auszug nicht eine ernstliche Rückkehrabsicht Ihrem Ehegatten gegenüber bekundet, so wird davon ausgegangen, dass Sie nicht wieder in die Wohnung wollen. Falls Sie nach der Trennung gezwungen sind, eine neue Wohnung zu finden, können Sie mit etwas Glück vielleicht zunächst bei Verwandten oder Freund/ innen unterkommen. Denkbar ist auch, dass Sie sich ein möbliertes Zimmer nehmen oder sich in einer Pension einmieten. Die Kosten trägt unter bestimm- ten Voraussetzungen das Sozialamt, wenn beim Jugendamt die Gefährdung der Kinder und der eigenen Person durch eine einstweilige Verfügung, ein Attest, ein polizeiliches Protokoll oder ähnliches glaubhaft gemacht werden kann. Rückzahlungspflichtig ist dann der Ehemann, sofern er zahlungsfähig ist. Nach dem Gewaltschutzgesetz können Sie z. B. bei Gewaltanwendung durch Ihren Partner, mit dem Sie einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt haben (aber nicht verheiratet sein müssen), durch Antrag beim zustän- 23 w o H N E N 1 digen Familiengericht verlangen, dass dieser auszieht. In besonderen Härte fällen reicht bereits die Androhung von Gewalt aus. Dies gilt auch, wenn die Tat im Zustand z. B. Alkohol bedingter Unzurechnungsfähigkeit verübt wurde. Sind Sie von Gewalt betroffen, können Sie das bundesweite Telefon gegen Ge- walt unter der Nummer 0800 / 11 60 16 anrufen (siehe auch: www.hilfetelefon.de). Eine Wohnungszuweisung ist nach dem Kinderrechteverbesserungsgesetz auch zum Schutz des Kindes vor Gewalt möglich. Die Nutzung der Wohnung kann sowohl einem Elternteil als auch einem Dritten (z. B. einem/r neuen Part- ner/in) untersagt werden. Durch die Wegweisung wird das Umgangsrecht des gewalttätigen Elternteils nicht automatisch eingeschränkt. Deshalb sollte – abhängig vom Einzelfall – mit der Wegweisung gleichzeitig eine Einschrän- kung oder der Ausschluss des Umgangsrechts oder ein begleiteter Umgang beim Familiengericht beantragt werden. Hat Ihr/e Partner/in den Mietvertrag mit unterschrieben oder ist er/sie alleinige/r Mieter/in, kommt nur eine befristete Überlassung der Wohnung an Sie zur alleinigen Benutzung in Betracht. Die befristete oder dauerhafte Zuweisung der gemeinsamen Wohnung zur alleinigen Nutzung durch das Gericht kann auch im Eilverfahren angeordnet werden. Parallel dazu schaffen die Länder die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage, um in Fällen häuslicher Gewalt z. B. eine so genannte Wegweisung mit Betretungsverbot durch die Polizei zu ermöglichen. I. d. R. ist eine Wegweisung für sieben bzw. zehn Tage vorgesehen. Falls die Bedrohungslage bei Verbleib in der gemeinsamen Wohnung wei- terbestehen würde, können Sie mit Ihren Kindern in ein Frauenhaus gehen. Bitte beachten Sie, dass es Kostenprobleme geben kann, falls Sie zunächst bei Freunden oder Verwandten unterkommen und erst später ein Frauenhaus auf- suchen. Viele Kommunen zahlen keine Leistungen nach dem SGB II (insbeson- dere Kosten der Unterkunft) für das Frauenhaus, wenn Sie anderweitig eine Unterkunft finden. Die Kontaktdaten von Frauenhäusern bekommen Sie über das Telefonbuch oder bei der Telefonauskunft, bei vielen Taxifahrer/innen, bei den VAMV-Landes- und Ortsverbänden, bei örtlichen Frauengruppen, der kommunalen Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten sowie den Wohlfahrts- verbänden (z. B. Diakonisches Werk, Paritätischer Wohlfahrtsverband). Über die Internetseite der Frauenhauskoordinierungsstelle können Sie Frauenhäuser in ganz Deutschland sowie weitere wichtige Informationen recherchieren, www.frauenhauskoordinierung.de Tel. 030 / 338 43 42 0 http://www.hilfetelefon.de http://www.frauenhauskoordinierung.de 24 Die Kündigung einer Mietwohnung ist grundsätzlich nur möglich, wenn der/die Vermieter/in ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Dies tritt z. B. ein, wenn der/die Vermieter/in den Wohnraum für den eigenen Bedarf benötigt. Das Recht zur fristlosen Kündigung hat der/die Vermieter/in nur bei schuldhaften schwerwiegenden Vertragsverletzungen, vertragswid- rigem Gebrauch der Wohnung oder bei erheblichem Zahlungsverzug des/der Mieters/in. Bei einer an sich berechtigten Kündigung können Sie aufgrund der Sozial- klausel des § 574 BGB Widerspruch gegen die Kündigung der Wohnung einlegen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Dieser Fall liegt vor, wenn die Kündigung eine besondere Härte bedeuten würde, z. B. wenn kein angemes- sener Ersatzwohnraum vorhanden ist, Sie schwer erkrankt sind oder Ihnen eine schwierige Prüfung bevorsteht. Lassen Sie sich nicht durch Kündigungen und Dro- hungen mit Räumungsklagen und Ähnlichem schrecken. Der/die Mieter/in besitzt Mieterschutz und kann nur sehr schwer auf die Straße gesetzt werden, besonders mit Kind/ern. Auch Mieterhöhungen können nicht wahllos gefordert werden. Wenn Sie vorhaben, Ihre Wohnung unterzuvermieten, weil Sie Ihnen allein zu groß und zu teuer ist, brauchen Sie die Erlaubnis des Vermieters. Allerdings haben Sie einen Anspruch auf Zustimmung, sofern Sie einen nach Abschluss des Miet- vertrags entstandenen wichtigen Grund angeben können. In Betracht kommt z. B. die Aufnahme einer Betreuungsperson für Ihr Kind oder die Aufnahme eines/r Untermieters/in aus finanziellen Gründen nach Auszug Ihres/r Partner/in. Bei Problemen mit Vermieter/innen hilft der Mieterbund: Deutscher Mieterbund e. V., Littenstr. 10, 10179 Berlin, Tel. 030 / 22 32 30, www.mieterbund.de. Dort erfahren Sie auch Adressen der lokalen Büros in Ihrer Nähe. Außerdem gibt es vielerorts weitere Mietervereine. Hinweis: Sie müssen in der Regel drei Monate Mitglied im Mieterbund sein, da- mit er Ihnen in einem konkreten Fall mit Rat und Tat beiseite steht. Spätestens wenn es Anzeichen dafür gibt, dass ein Konflikt vor dem Gericht ausgetragen werden könnte, sollten Sie eine Mitgliedschaft in Erwägung ziehen. wo H N u N G SS u c H E Besonders in Ballungsräumen sind die Mieten zuletzt rasant gestiegen. Das Fin- den einer ausreichend großen und einigermaßen bezahlbaren Wohnung in familienfreundlicher Wohnumgebung erfordert deshalb häufig Ausdauer und Kreativität. Überlegen Sie sich, wie viel Sie für das Wohnen (inklusive Neben- http://www.mieterbund.de 25 w o H N E N 1 kosten) ausgeben können, wie groß die Wohnung sein sollte und welche Prio- ritäten (Lage, Nähe zu Schule/ Kindertagesstätte/ nahen Verwandten, Mietpreis, Ausstattung der Wohnung) ihre Wohnungssuche bestimmen. Unter Umständen werden Sie Ihre Prioritäten im Laufe der Wohnungssuche anpassen müssen. Informieren Sie sich über das örtliche Mietpreisniveau (z. B. Mietspiegel) und die gängigen Preise bei Neuvermietungen, um überteuerte Angebote zu ent- larven. Interessieren Sie sich für eine Wohnung, erkundigen Sie sich am besten frühzeitig nach versteckten Kosten, wie z. B. Staffelmieten, die im jährlichen Rhythmus aufs Steigen programmiert sind. Wohnungsangebote finden Sie in der Regel in lokalen Tageszeitungen, auf Wohnungs- und Anzeigenportalen im Internet und an schwarzen Brettern. Sie können auch selbst Inserate aufgeben (z. T. kostenlos möglich in speziellen Anzeigenblättern) oder Zettel an schwarzen Brettern aufhängen. Oft lohnt es sich, selbst aktiv zu werden. Rufen Sie Wohnungsbaugesellschaften an und in- formieren Sie sich über laufende Wohnprojekte und frei werdende Wohnungen. Insbesondere bei kommunalen Wohnungsunternehmen oder Wohnungsbauge- nossenschaften können Sie mit etwas Glück oder einer längeren Wartezeit noch vergleichsweise preisgünstigen Wohnraum finden. Unter Umständen haben Sie auch Anspruch auf die Zuweisung einer Sozialwohnung. Dazu können Sie sich an das örtliche Wohnungsamt wenden. Dieses informiert und überprüft, ob ein Anspruch besteht. Das Wohnungsamt oder Ihre Gemeinde stellt Ihnen dann einen so genannten wohnberechtigungsschein (WBS) aus, der zum Bezug einer öffentlich geförderten Wohnung berechtigt. Dafür ist es wichtig, dass Sie die be - sondere Dringlichkeit Ihrer Wohnungssuche herauszustellen, da die Vergabe meist nach Dringlichkeitsstufen vorgenommen wird. Werdende Mütter und Alleinerziehende werden bevorzugt. Lassen Sie sich durch Aussagen der Sachbe- arbeiter/innen, keine Aussicht auf Erfolg zu haben, nicht von der Antragstellung abschrecken. Auch wenn Sie in einer zu kleinen Wohnung (für zwei Personen eine 1-Zimmer-Wohnung oder für drei Personen eine 2-Zimmer-Wohnung) leben, können Sie einen Dringlichkeitsschein beantragen. Wohnberechtigungsscheine werden grundsätzlich nur für die /den Woh- nungssuchende/n und ihre/seine Familienangehörigen ausgestellt. Haben Sie das gemeinsame Sorgerecht und lebt das Kind abwechselnd und regelmäßig bei beiden Elternteilen, so ist es Haushaltsmitglied beider Elternteile. Achtung: Bei der Vermittlung einer Sozialwohnung über das kommunale Wohnungsamt haben Sie in der Regel keinen Einfluss auf die Wahl des Stadt- teils oder der Wohngegend, auch wenn Sie berufliche oder familiäre Gründe (z. B. Kindertagesstätte) anführen. 26 wohngemeinschaften haben den Vorteil, dass die Kosten geteilt werden kön- nen und Sie sich gegenseitig bei der Kinderbetreuung und im Alltag unterstützen können. Bei den VAMV-Orts- und Landesverbänden kann man Ihnen eventuell andere Alleinerziehende vermitteln, die Mitbewohner/innen suchen. Wich- tig ist, dass alle Mitglieder der künftigen Wohngemeinschaft vorher Details des Zusammenwohnens besprechen (Erwartungen, Tagesablauf, Einstellung zu Erziehung und Leben mit Kind, gegenseitige Kinderbetreuung, Haushalts- führung, Einkauf). Die Wohnung muss außerdem groß genug sein und sollte jedem Haushaltsmitglied ein eigenes Zimmer bieten. Für Studierende bieten viele Universitäten Familienwohnungen über ihre Zimmervermittlungen an. Für unverheiratete werdende Mütter gibt es auch spezielle Wohnheime. Unterhalten werden diese mutter-Kind-Heime von den Gemeinden, den beiden großen kirchlichen Organisationen (Caritas und Diakonie) und den freien Trägern (Paritätischer Wohlfahrtsverband, Arbeiter- wohlfahrt). Die Vermittlung und alle finanziellen Fragen laufen über das Gesundheitsamt und das Jugendamt bzw. die Mütterberatungsstellen. Auch von den VAMV Landesverbänden können Sie Anschriften solcher Mutter- Kind-Heime erhalten. Die Heime sind sehr unterschiedlich. Wenn Sie sich dafür interessieren, sollten Sie auf jeden Fall genaue Informationen über das jeweilige Heim einholen und es sich ansehen. Mutter-Kind-Heime sind aller- dings immer nur eine vorübergehende Lösung. umzüge sind teuer, oftmals benötigt man neue Möbel und anderen Hausrat. Falls Sie Leistungen vom Arbeitsamt, Jobcenter oder Sozialamt erhalten, können Sie hier eine Beihilfe zu Ihren Umzugskosten und einmalige Sonderleistungen zur Einrichtung Ihrer Wohnung bzw. für den nötigen Hausrat beantragen. Bitte informieren Sie sich bei Ihrer zuständigen Behörde vorab immer genau, un- ter welchen Vorausetzungen und in welchem Umfang Sie Anspruch auf sol- che Leistungen haben. Gebrauchte und renovierte Möbel finden Sie neben Anzeigenportalen im Internet auch beim Sozialen Möbeldienst, der von vielen Gemeinden unterhalten wird oder bei den sozialen Diensten der Wohlfahrts- verbände (z. B. Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie). 27 K IN D E S w IL L E u N D K IN D E S w o H L 2 2 DA S K I N D Bereits mit der Geburt ist jedes Kind Träger eigener Rechte. Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verlet- zung und andere entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind unzulässig. In kindschaftsrechtlichen Verfahren ist die persönliche Anhörung von Kindern ab 14 Jahren verbindlich vorgeschrieben, es sei denn, schwerwiegende Gründe sprechen dagegen. In der Praxis hören die Gerichte in vielen Fällen Kinder ab 3 bis 4 Jahren an. Kinder haben ein Mitspracherecht bei allen sie betreffenden Entscheidungen ihrer Eltern. Ebenso haben sie ein eigenes Recht auf Umgang mit beiden Eltern, unabhängig davon, ob diese miteinander verheiratet waren oder nicht. Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) können sich Kinder ohne Kenntnis der Eltern in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt wenden und dort beraten werden. Zum Schutz von Kindern bei häuslicher Gewalt können gewaltbereite Eltern - teile oder Dritte der Wohnung verwiesen werden, wenn mit dieser Maßnahme eine Kindeswohlgefährdung abgewendet werden kann. Alle Rechte des Kindes haben die Zielsetzung, das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt aller Überlegungen zu stellen. K I N D E S w I L L E u N D K I N D E S wo H L Nimmt man es mit den Rechten für Kinder ernst, so kommt man nicht umhin, dem Willen von Kindern eine angemessene Beachtung zu schenken. Kinder unterliegen nicht der Willkür ihrer Eltern. Schon kleine Kinder haben bereits einen ausgeprägten eigenen Willen. Die Schwierigkeit für Eltern besteht oft nicht darin, den Willen ihres Kindes wahrzunehmen, sondern zu entscheiden, 28 wann sie diesen Willen respektieren und wann er ihrer Auffassung nach nicht zum Wohle des Kindes ist. Ein kleines Kind, das den Mittagsschlaf nicht halten will, aber erkennbar müde ist, sollte behutsam zum Schlafen bewogen werden. Für eine 13-jährige ist der mitternächtliche Discobesuch nicht zum Wohle der Jugendlichen. Wenn sich Ihr Kind aber sträubt, von Verwandten oder Bekannten in den Arm genommen zu werden, sollten Sie seinen Willen respektieren. Auch wenn Sie Entscheidungen für Ihr Kind treffen, sollten Sie diese mit Ihrem Kind alters- gemäß besprechen. In zahlreichen Gesetzen wird auf das Wohl des Kindes Bezug benommen. Eine große Herausforderung für Eltern und vor allem für Jurist/innen oder Sozialpädagog/innen besteht darin, diesen Rechtsbegriff mit konkreten Inhal- ten zu füllen. Eine allgemeingültige Definition gibt es nicht. Das Kindeswohl beinhaltet mindestens alle notwendigen Bedingungen, die für das physisch und psychisch gesunde Aufwachsen eines Kindes vorhanden sein sollen und seine Entwicklung fördern. Ein so am Kindeswohl ausgerichtetes Handeln achtet die Rechte, den Willen und die Bedürfnisse des Kindes. muT TER uND VATER – FORMEN DER ELTERNSCHAFT Kinder können in ganz unterschiedlichen sozialen und rechtlichen Familien- formen geboren werden und aufwachsen. Die biologische, rechtliche oder soziale Elternschaft kann auf unterschiedliche Personen entfallen. Die biologische Mutter- und Vaterschaft für ein Kind ist unveränderlich. Biologische Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat. Biologischer Vater ist, wer das Kind gezeugt hat. Die rechtliche Mutter- und Vaterschaft richtet sich nach dem Rechtsver- hältnis zum Kind. Bei der Mutter entsteht die rechtliche Elternschaft durch Geburt oder durch eine Adoption. Bei dem Vater entsteht die rechtliche Eltern- schaft, wenn er zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist oder durch Vaterschaftsanerkennung oder durch eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft oder durch eine Adoption. Seit dem 1. Oktober 2018 können auch Personen gleichen Geschlechts die Ehe schließen. Gleichwohl wird die Ehefrau der das Kind gebärenden Mutter allein aufgrund der bestehenden Ehe nicht rechtlicher Elternteil des Kindes (BGH Beschluss vom 10. Oktober 2018 – XII ZB 231/18). Solange das Abstammungsrecht nicht entsprechend geändert wird, 29 m u T T E R u N D V A T E R 2 kann die Ehefrau einer Mutter nur durch Adoption des Kindes die rechtliche Elternstellung erlangen (Stand: 1. Januar 2019). Neben der biologischen und rechtlichen Elternschaft gibt es die soziale Elternschaft. Sie beschreibt in erster Linie die Ausgestaltung der Beziehung zum Kind. Soziale Mutter oder sozialer Vater ist ein Elternteil, der keine Rechts- beziehung zum Kind hat, aber mit dem Kind zusammenlebt und sich um das Kind kümmert. A N E R K E N N u N G D E R VAT E R S c H A F T Der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, gilt als rechtlicher Vater des Kindes. Leben die Eltern in einer anderen Familienform zusammen oder ist die Ehe geschieden, muss die Vaterschaft anerkannt oder vom Gericht festgestellt werden. Ist das Kind nach der rechtskräftigen Scheidung des Ehepaares geboren, wird es nicht mehr automatisch dem geschiedenen Ehemann zugerechnet, auch dann nicht, wenn noch kein anderer Mann die Vaterschaft anerkannt hat. Wird ein Kind vor der Scheidung, aber nach gestelltem Scheidungsan- trag geboren, gilt Folgendes: Erkennt ein anderer Mann, z. B. der neue Lebens- gefährte der Mutter, bis spätestens ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung die Vaterschaft an und stimmt neben der Mutter der frühere Ehemann dieser Anerkennung zu, dann ist der frühere Ehemann nicht Vater des Kindes. Vater des Kindes ist dann der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat. Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so ist derjenige im Sinne des Gesetzes der Vater, der die Vaterschaft anerkannt hat, sofern die Mutter dieser Anerkennung zustimmt. Verweigert der Vater die Anerkennung der Vaterschaft, so kann diese gericht lich festgestellt werden. Um eine Vaterschaftsfeststellung betreiben zu können, gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen können Sie sich an das Jugendamt wenden, das im Rahmen einer freiwilligen Beistandschaft die Feststellung der Vaterschaft betreibt. Zum anderen können Sie sich durch einen Anwalt / eine Anwältin vertreten lassen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft bei der Rechtsantragsstelle des zuständigen Familiengerichts am Amtsgericht bzw. beim gemeinsamen Amts gericht in Familiensachen zu erheben. Die Vaterschaft wird in der Regel durch ein serologisches und eventuell zusätzlich durch ein DNA-Gutachten fest gestellt. Ein so genannter heimlicher Vaterschaftstest darf als Beweis- mittel vor Gericht nicht verwandt werden. 30 A N FE c H T u N G D E R VAT E R S c H A F T Die Vaterschaft kann vom rechtlichen Vater, dem das Kind kraft Ehe oder An- erkennung zugeordnet ist, selbst angefochten werden, wenn er von Umständen erfährt, die gegen seine biologische Vaterschaft sprechen. Da der Status des Kindes nicht endlos unsicher sein soll, beginnt ab Kenntnis der Umstände eine Frist von zwei Jahren zu laufen, innerhalb derer der Vater anfechten kann. Die Vaterschaft kann unter bestimmten Voraussetzungen auch von einem Mann angefochten werden, der als potenzieller biologischer Vater in Betracht kommt. Insbesondere ist das jedoch nur möglich, wenn das Kind keine sozial- familiäre Bindung zu seinem ihm rechtlich bisher zugeordneten Vater hat oder im Zeitpunkt seines Todes hatte. Damit sollen die gewachsenen sozialen Bindungen des Kindes in der bisherigen Familie geschützt werden. Eine sozial- familiäre Beziehung besteht, wenn der Vater für das Kind tatsächliche Verant- wortung trägt oder getragen hat. Dies wird in der Regel dann vorausgesetzt, wenn der Vater mit der Mutter verheiratet ist oder Vater und Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt haben. Die Vaterschaft kann auch von der Mutter und vom Kind angefochten werden. Alle Anfechtenden müssen Umstände vortragen, die geeignet sind, Zweifel an der Abstammung des Kindes vom Vater zu wecken. Ein solcher Verdacht kann jedoch nicht auf einen heimlichen Vaterschaftstest gestützt werden, weil ein solcher das Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Die Zweijahresfrist ab Kenntnis von Umständen, die gegen eine Vaterschaft sprechen, gilt für alle Anfechtenden. Für das Kind gilt dabei eine Besonderheit: Solange es minderjährig ist, kann sein/e gesetzliche/r Vertreter/in die Vaterschaft nur anfechten, wenn dies seinem Wohl dient. Hat der/die gesetzliche Vertreter/in eines minder jährigen Kindes die Vaterschaft nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind nach Eintritt seiner Volljährigkeit selbst anfechten. Die Frist beginnt in diesem Fall nicht vor Eintritt der Volljährigkeit zu laufen und nicht vor dem Zeitpunkt, in dem das Kind von den Umständen, die gegen die Vaterschaft sprechen, erfährt. Seit 2008 (Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfech- tungsverfahren) können Väter, Mütter und Kinder nach § 1598 a BGB einen Anspruch auf „Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der Abstammung“ gegeneinander durchsetzen, solange nicht die Beeinträch- tigung des Wohls minderjähriger Kinder zu befürchten ist. Dadurch ist es möglich, in einem gerichtlichen Verfahren die Abstammung zu klären, ohne zugleich zwangsläufig die rechtliche Vaterschaft zu beenden. Eine solche ge- richtliche Klärung der Abstammung, die keine direkten Auswirkungen auf 31 S o R G E R E c H T 2 die rechtliche Vaterschaft hat, kann seit 2013 (Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters) auch im Rahmen eines Verfahrens über das Umgangs- oder Auskunftsrecht für einen biologischen, nicht recht- lichen Vater durchgeführt werden. S o R G E R E c H T Die „elterliche Sorge“ umfasst die Pflicht und das Recht, für ein minderjähriges Kind zu sorgen. Neben der Aufgabe, das Kind zu pflegen und zu erziehen (Personensorge) und sein Vermögen zu verwalten (Vermögenssorge) beinhaltet sie auch die Berechtigung, das Kind gesetzlich zu vertreten. Die Personensorge berechtigt die Eltern unter anderem zu bestimmen, wo sich das Kind aufhält (Aufenthaltsbestimmungsrecht). Eltern sollen Fragen der elterlichen Sorge mit dem Kind, je nach Entwicklungsstand, besprechen und eine einvernehmliche Lösung anstreben (§ 1626 Abs. 2 BGB). Oberste Richtschnur der elterlichen Sorge ist dabei das Wohl des Kindes. Die tatsächliche Sorgeverantwortung wird jedoch durch die elterliche Sorge nicht abschließend umfasst: So wird die elterliche Verpflichtung, finanziell für das Kind zu sorgen, durch das Unterhaltsrecht und das Recht auf Umgang mit dem Kind durch das Umgangsrecht geregelt. Unterhalts-, Umgangs- und Sorge recht bestehen grundsätzlich unabhängig voneinander. So besteht die Verpflichtung eines Elternteils zu Unterhaltszahlungen ganz unabhängig da- von, ob er das Sorgerecht hat oder nicht. Ebenfalls unabhängig vom Sorgerecht hat jeder Elternteil ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wobei er dann in den Zeiten, in denen sich das Kind bei ihm aufhält, auch die Sorge in Angelegen- heiten der tatsächlichen Betreuung für das Kind inne hat. Haben Eltern die gemeinsame Sorge für ihr Kind, müssen sie diese in gegenseitigem Einvernehmen ausüben und bei Meinungsverschiedenheiten versuchen, sich zu einigen. Hat ein Elternteil die alleinige Sorge für das Kind, kann er alle Entscheidungen im Rahmen des Sorgerechts allein treffen. G E m E I N SA m E S o R G E B E I G E T R E N N T L E B E N D E N Leben die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt, gliedert sich die gemein - same Sorge in zwei Bereiche auf: In Angelegenheiten von erheblicher Bedeu- tung müssen die Eltern weiterhin einvernehmliche Entscheidungen treffen, während der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, in der Regel in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens allein entscheiden kann. 32 Um zwischen den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung und denen des täglichen Lebens unterscheiden zu können, gilt folgende Faustformel: Ent- scheidungen, die häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Aus- wirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben sind Entscheidungen des täglichen Lebens – Entscheidungen, die nicht häufig vorkommen und schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben, sind Ent- scheidungen von erheblicher Bedeutung. Unter Angelegenheiten des täglichen Lebens fallen Fragen der täglichen Betreuung des Kindes, wie z. B. die Ernährung, die Schlafenszeiten, der Schulall- tag und der Alltagsumgang mit Freund/innen. Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung sind beispielsweise Auswan- derung, religiöse Erziehung, die Wahl der Schule, die Änderung des Familien- namens oder die Schutzimpfung, selbst wenn es sich um eine Standard- oder Routineimpfung handelt. Die Unterscheidung dieser beiden Arten von Angelegenheiten bereitet vielen Eltern Schwierigkeiten und ist auch nicht abschließend möglich, weil sie von Fall zu Fall, beispielsweise in Abhängigkeit vom Alter des Kindes oder von den Erziehungsvorstellungen der Eltern, variieren kann. In der Tabelle auf Seite 33 finden Sie als Anhaltspunkt eine Auflistung, welche Angelegenheiten im All- gemeinen als Angelegenheiten des täglichen Lebens und welche als Angelegen- heiten von erheblicher Bedeutung angesehen werden können. Haben die Eltern die gemeinsame Sorge, so müssen Entscheidungen in An- gelegenheiten von besonderer Bedeutung gemeinsam getroffen werden, was bedeutet, dass die Eltern sich auf ein Vorgehen einigen müssen. Zu den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung gehört auch die Grund- entscheidung, bei welchem Elternteil das Kind nach der Trennung lebt. Deshalb müssen die Eltern diese Entscheidung gemeinsam treffen (siehe zu verschie- denen Betreuungsmodellen Kapitel Umgang). Bei gemeinsamer Sorge kann eine tatsächliche gemeinsame Verantwor- tungsübernahme oftmals mithilfe einer Elternvereinbarung erreicht werden, in der die Eltern freiwillige Vereinbarungen zur konkreten Ausgestaltung der Sorge, aber auch über Umgang und Unterhalt treffen. Der VAMV hat hierfür eine Mustervereinbarung entwickelt (Bezugshinweis siehe unten). In einer solchen Elternvereinbarung empfiehlt es sich, folgende Punkte zu regeln: den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes, die Handhabung bestimmter Angelegen- heiten des täglichen Lebens sowie die Verständigung über Erziehungsziele und grundsätzliche Entscheidungen in Angelegenheiten von erheblicher Bedeu- tung. Und, über sorgerechtliche Inhalte hinaus, auch die Ausgestaltung des Um- 33 S o R G E R E c H T 2 Ernährung Gesundheit Aufenthalt Krippe , Kindergarten, Tagesmutter Schule Ausbildung Umgang Fragen der Religion Geltendmachung von Unterhalt Sonstige Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung Vermögenssorge Status- und Namensfragen Sonstiges Angelegenheiten des täglichen Lebens Planung, Einkauf, Kochen Behandlung leichter Erkrankungen, alltägliche Gesundheitsvorsorge Besuch bei Verwandten, Freun- den, Teilnahme an Ferienreisen Dauer des täglichen Aufenthalts, Absprachen mit Betreuungsperson Entschuldigung bei Krankheit, Teilnahme an besonderen Ver- anstaltungen, Arbeitsgruppen, Chor oder Orchester, Hausauf- gaben beaufsichtigen, Nachhilfe Entschuldigung bei Krankheit Einzelentscheidungen Teilnahme an Gottesdiensten, anderen Angeboten der Kirchen Umsetzung der Grundentschei- dungen: welche Fernsehsen- dung, welches Computerspiel wie lange, welches Spielzeug Einzelentscheidungen: welches Bankinstitut, welche Anlage Kleidung, Freizeitgestaltung Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung Grundentscheidungen zu Folgen wie: Vollwertkost, vegetarische Kost, Süßigkeiten Operationen, grundle- gende Entscheidungen der Gesundheitsvorsorge (Homöopathie, Impfungen) Grundentscheidung, bei welchem Elternteil das Kind lebt Grundentscheidung, Wahl von Krippe, Kinder- garten, Tagesmutter Wahl der Schulart und der Schule, der Fächer und Fachrichtungen, Bespre- chung mit Lehrer/innen über gefährdete Versetzung Wahl der Ausbildungs- stätte, Wahl der Lehre Grundentscheidungen des Umgangs Bestimmung des Reli- gionsbekenntnisses Spezialregelung § 1629 BGB: der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet Grundfragen der tatsächlichen Betreuung: Erziehungsstil, Fern- sehkonsum, Art des Spielzeugs, Gewalterziehung, Hygiene Grundentscheidung: Anlage und Verwen- dung des Vermögens Sind grundsätzliche Fragen von erheblicher Bedeutung: Na- mensrecht, Abstammungsrecht Ausübung teurer Sportarten Quelle: Tanja Keller, Das gemeinsame Sorgerecht nach der Kindschaftrechtreform, Kind-Prax Schriftenreihe, Der Bundesanzeiger 1999. 34 gangs inklusive Absprachen zu den Ferien und Feiertagen, den Kindesunterhalt und die Vorgehensweise im Konfliktfall. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung können Eltern die tatsächliche Ausübung der gemeinsamen Sorge für die Zukunft vereinbaren und regeln. Die Mustervereinbarung können Eltern selbst oder mit der Unterstützung von Beratungsstellen, vom Jugendamt, Anwälten und Anwältinnen ausfüllen und unterschreiben. Können sich Eltern, die zu einer gemeinsamen Entscheidung verpflichtet sind, in einer Angelegenheit, die für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so empfiehlt es sich, Hilfe bei einem neutralen Dritten zu suchen, beispielsweise bei einer Beratungsstelle oder einem/einer Mediator/in. Kommt es trotzdem zu keiner Einigung, so können sich die Eltern an das Familienge- richt wenden. Dieses entscheidet jedoch nicht die strittige Frage selbst, sondern überträgt einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis. Dabei ist entscheidend, welcher Standpunkt nach Überzeugung des Gerichtes sachlich besser begrün- det ist und dem Wohl des Kindes dient. Geht es um den Aufenthalt oder die Herausgabe des Kindes, so wird das Ver- fahren vom Gericht vorrangig und beschleunigt geführt. Wird zusätzlich eine besonders schnelle Entscheidung benötigt oder geht es um andere sorgerecht- liche Fragen, kann beim Gericht ein Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt werden. Das Gericht kann dann eine vorläufige Maßnahme treffen. Beispiel: Die Eltern können sich nicht über die Einschulung des Kindes einigen. Ein Elternteil möchte das Kind sofort einschulen, der andere will es noch ein Jahr im Kindergarten lassen. Da die Frage einer möglichen Einschulung drängt, überträgt das Gericht das Recht zur Entscheidung über die schulischen Belange vorläufig einem Elternteil allein. Bei Gefahr im Verzug haben beide Eltern die alleinige Entscheidungs- und Handlungsbefugnis. Das ist dann der Fall, wenn dem Kind Nachteile von erheb- lichem Ausmaß drohen, zu deren Abwendung sofortiges Eingreifen notwendig und eine vorherige Kontaktaufnahme zum anderen Elternteil nicht möglich ist, beispielsweise bei Unfällen, Krankheiten oder auf Reisen. VAMV Elternvereinbarung, zu bestellen bei der VAMV Bundesgeschäftsstelle Tel. 030 / 6 95 97 86 oder kontakt@vamv.de Siehe auch www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ http://www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ 35 S o R G E R E c H T 2 w I E E LT E R N DA S S o R G E R E c H T B E Ko m m E N Sind Eltern bei der Geburt ihres Kindes miteinander verheiratet, haben sie das gemeinsame Sorgerecht für das Kind. Dieses bleibt auch nach einer Scheidung weiter bestehen, es sei denn, ein Familiengericht ordnet eine andere Sorge- rechtsregelung an, beispielsweise weil ein Elternteil einen Antrag auf alleinige Sorge stellt. Sind Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteineinander verheiratet, können sie durch eine übereinstimmende Sorgeerklärung (auch „gemein- same Sorgeerklärung“ genannt) die gemeinsame Sorge für ihr Kind ausüben. Eine Sorgeerklärung muss öffentlich beurkundet werden, bei einem Notar oder beim zuständigen Jugendamt. Eine Frist für die Sorgeerklärung gibt es nicht: Sie kann bis zur Volljährigkeit des Kindes abgegeben werden. Ebenso kann sie bereits vor der Geburt des Kindes abgegeben werden, auch wenn die Wirkung des gemeinsamen Sorgerechts erst mit der Geburt des Kindes ein- tritt. Haben Eltern durch eine Sorgeerklärung das gemeinsame Sorgerecht bekommen, können sie dies allerdings nicht einfach durch eine gegenteilige Erklärung wieder rückgängig machen. Trennen sie sich, dann gelten für diese Eltern dieselben Bestimmungen wie für geschiedene Eltern: Die gemeinsame Sorge bleibt auch nach der Trennung bestehen, es sei denn, ein Familien gericht ordnet eine andere Regelung an. Eltern, die nach der Geburt des Kindes heiraten, erhalten mit der Heirat das gemeinsame Sorgerecht. Wenn die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind und auch keine Sorgeerklärung abgegeben haben, hat die Mutter mit Ge- burt des Kindes die alleinige Sorge. Der Vater, der das Sorgerecht mit der Mutter zusammen ausüben möchte, kann mit ihr zusammen eine Sorgeerklärung abgeben, was das Einverständnis der Mutter voraussetzt. Er kann auch allein eine Sorgeerklärung beim Jugend- amt abgeben und die Mutter auffordern, ebenfalls eine Sorgeerklärung abzu- geben, wodurch die Eltern die gemeinsame Sorge erlangen würden. DE R A N T R AG Au F Ü B E R T R AG u N G D E R G E m E I N SA m E N S o R G E Stimmt die Mutter dem gemeinsamen Sorgerecht nicht zu, kann der Vater seit 2013 bei Gericht einen Antrag auf gemeinsame Sorge stellen (§ 1626 a Abs. 2 S. 1 BGB). Das Gericht überträgt die gemeinsame Sorge den Eltern, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Diese Regelung gilt ohne Einschränkung für alle nicht miteinander verheirateten Eltern, ganz egal ob 36 die Kinder vor dem Inkrafttreten oder nach dem Inkrafttreten der Neurege- lung 2013 geboren wurden, also sowohl für Neugeborene als auch für minder- jährige Kinder jeden Alters. Theoretisch kann auch die Mutter einen Antrag beim Gericht auf gemein same Sorge stellen, wenn der Vater dem gemeinsamen Sorgerecht nicht zustimmt. Dies wird voraussichtlich jedoch die Ausnahme sein, weshalb im Folgenden davon ausgegangen wird, dass der Sorgerechtsantrag vom Vater gestellt wird. Voraussetzung für einen Sorgerechtsantrag ist, dass die Vaterschaft aner- kannt oder festgestellt wurde. Die Vaterschaft kann bereits vor der Geburt an- erkannt werden, hierzu ist die Zustimmung der Mutter erforderlich. Stimmt die Mutter der Vaterschaftsanerkennung nicht zu, kann der Vater nach der Geburt des Kindes einen Antrag auf Feststellung der Vaterschaft stellen. Hat der Vater den Antrag auf gemeinsame Sorge beim Gericht gestellt, lässt das Gericht der Mutter den Antrag zustellen und setzt ihr eine Frist zur Stel- lungnahme. Das bedeutet, dass die Mutter sich innerhalb dieser Frist schrift- lich zum Antrag des Vaters äußern und Gründe darlegen muss, die gegen die gemeinsame Sorge sprechen. Post vom Anwalt oder der Anwältin des Vaters oder vom Vater selbst kann den Antrag nur ankündigen, die Aufforderung zur Stellungnahme kommt direkt vom Gericht. Hinweis: Manche Gerichte setzen sehr kurze Fristen! Diese können durchaus nur zwei Wochen betragen und werden von den Gerichten nach eigenem Er- messen festgelegt. Die vom Gesetz für die Mutter vorgesehene sechswöchige Schonfrist nach der Geburt bedeutet nur, dass die vom Gericht gesetzte Frist für die schriftliche Stellungnahme frühestens sechs Wochen nach der Geburt enden darf. Diese Schonfrist ist also nicht mit der Frist für die Stellungnahme zu verwechseln! Lässt die Mutter die Frist für die Stellungnahme verstreichen, ohne sich schrift- lich zu äußern oder trägt sie in ihrer Stellungnahme keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen Sorge entgegenstehen können, wird gesetzlich vermutet, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. In diesem Fall soll das Gericht im Rahmen eines 2013 neu eingeführten Verfah- rens den Eltern die gemeinsame Sorge in der Regel zusprechen. Das Besondere an diesem Gerichtsverfahren ist, dass weder Sie noch der andere Elternteil per- sönlich vom Richter oder der Richterin angehört werden. Allenfalls wird Ihr Kind, wenn es alt genug ist, möglicherweise vom Gericht persönlich gehört. Auch das Jugendamt wird in diesem Verfahren, das aus- 37 S o R G E R E c H T 2 schließlich schriftlich abläuft, nicht eingeschaltet und es werden auch keine Sachverständigen gehört, wie es in einem „normalen“ kindschaftsrechtlichen Verfahren möglich ist. Wenn Sie konkrete Ängste und Bedenken gegen eine gemeinsame Sorge haben und der Ansicht sind, dass eine gemeinsame Sorge mit dem anderen Elternteil sich nachteilig auf das Wohl des Kindes auswirken wird, müssen Sie diese also schriftlich innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist formulieren und dem Gericht zukommen lassen. Wenn Ihre Stellungnahme bei dem Gericht den Eindruck erweckt, die ge- meinsame Sorge der Eltern könnte dem Wohl des Kindes widersprechen, wird es ein „normales“ Verfahren in Gang setzen, um zu prüfen, ob dies bei näherer Betrachtung tatsächlich der Fall ist oder nicht. Dazu wird es Sie und den ande- ren Elternteil persönlich (und unter Umständen auch getrennt voneinander) anhören, sich mithilfe des Jugendamtes und gegebenenfalls mithilfe von Sach- verständigen ein Bild von der Situation machen, um anschließend zu entschei- den, ob es bei Ihrer alleinigen Sorge als Mutter bleibt oder die Eltern die Sorge gemeinsam übertragen bekommen. Wenn Sie eine Aufforderung zur Stellungnahme zu einem Antrag auf gemeinsame Sorge bekommen, ist es also sinnvoll, wenn Sie sich Gedanken machen, wie Sie zur gemeinsamen Sorge stehen und was die Vor- und Nach- teile dieser Sorgeform für Ihr Kind sein können. Grundsätzlich erwartet der Gesetzgeber von den Eltern, dass sie „Mühen und Anstrengungen auf sich nehmen, um im Bereich der elterlichen Sorge zu gemeinsamen Lösungen im Interesse des Kindes zu kommen“ und sich „notfalls unter Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe von außen um eine angemessene Kommunikation bemü- hen“. Überlegen Sie, was für die gemeinsame Sorge spricht und welche Vor- aussetzungen dafür vorliegen beziehungsweise geschaffen werden können. Gute Voraussetzungen für einvernehmliche Absprachen im Sinne des Kindes sind eine gleichberechtigte Elternschaft, gegenseitiger Respekt und eine wert- schätzende Kommunikation. Dies hat in der Regel positive Auswirkungen auf das Kind, denn für Kinder ist eine möglichst ungetrübte Beziehung zu beiden Eltern sehr wichtig. Sie und der andere Elternteil sollten versuchen, im Sinne einer verantwortungsvollen Elternschaft trotz eigener Konflikte die Bedürf- nisse des Kindes im Blick zu behalten. Überlegen Sie, ob zwischen Ihnen und dem anderen Elternteil des Kindes eine ausreichende Basis zur Verständigung in den wichtigsten, das Kind betreffenden Fragen vorhanden ist. Konflikte, die Sie als Paar beschäftigt haben oder noch beschäftigen, dürfen nicht mit den Angelegenheiten, die die Sorge betreffen, vermischt werden. Insofern stellt 38 Ablaufdiagramm: Antrag auf gemeinsame Sorge gemäß § 1626 a BGB * Ist die Mutter die Antrag- stellerin (A), muss der Vater Stellung nehmen (C) und (D) A Vater* stellt Antrag auf gemeinsame Sorge beim Gericht § 1626 a Abs. 2 S. 1 BGB B Zustellung des Antrags + Frist zur Stellungnahme § 155 a Abs. 2 FamFG C Mutter* lässt die Frist verstreichen, ohne sich schriftlich zu äußern D Mutter* äußert sich schriftlich innerhalb der gesetzten Frist E … aber trägt keine kindeswohl- relevanten Gründe vor I …trägt kindeswohlrelevante Gründe vor F Gründe, die der Übertragung der gemein- samen Sorge entgegenstehen können, sind auch sonst nicht ersichtlich K … dem Gericht werden auf sonstige Weise Gründe bekannt, die der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen könnten … G Gesetzliche Vermutung greift, dass gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht § 1626 a Abs. 2 S. 2 BGB § 155 a Abs. 3 S. 1 FamFG Besonders gelagerter Ausnahmefall Regelfall H Schriftliches Verfahren gegebenenfalls mit Anhörung des Kindes gem. § 159 FamFG J Normales, aber vorrangiges und beschleunigtes Verfahren § 155 a Abs. 4 FamFG Gericht prüft, ob gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht 39 S o R G E R E c H T 2 die gemeinsame Sorge hohe Anforderungen an die Eltern. Wenn Streitigkei- ten auch durch eine Beratung oder eine mediation nicht beigelegt werden können, kann die Alleinsorge unter Umständen die bessere Alternative sein. Wenn Sie negative Auswirkungen auf das Kind befürchten, beispielsweise weil Sie bereits in langjährige Streitigkeiten mit dem anderen Elternteil ver- strickt sind und keine gemeinsamen Entscheidungen zum Wohl des Kindes tref- fen können und Beratung und Mediation zu keiner Änderung geführt haben, sollten Sie Ihre Gründe gegen die gemeinsame Sorge in der schriftlichen Stel- lungnahme anhand von konkreten Beispielen und Vorkommnissen darlegen. Dasselbe gilt, wenn Sie befürchten, dass Sie und der andere Elternteil aufgrund schwerwiegender und nachhaltiger Störungen auf der Kommunikationseben nicht in der Lage sein werden, sich in der gebotenen Weise sachlich über die Belange des Kindes auszutauschen und auf diesem Wege zu gemeinsamen Ent- scheidungen zu kommen (BGH Beschluss vom 15. Juni 2016 – XII ZB 419/15). Unter Umständen kann es empfehlenswert sein, sich hierzu bereits von einem Anwalt/einer Anwältin beraten zu lassen. Wenn Sie nach ihren persön- lichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sind, die Kosten der Beratung oder der Verfahrensführung aufzubringen, können Sie einen An - trag auf Beratungs- oder Verfahrenskostenhilfe stellen (siehe Kapitel 8 Juris- tische Beratung und ihre Kosten). Gibt es schwerwiegende Gründe wie Gewalt in der Beziehung, Missbrauch, Drogen- und Alkoholprobleme, gegebenenfalls psychische Erkrankungen, sollten Sie diese, so schwer es auch fällt, unbedingt in der schriftlichen Stel- lungnahme ansprechen, da die Alternative die gemeinsame Sorge mit einer womöglich gewaltbereiten oder unberechenbaren bzw. handlungsunfähigen Person ist. In diesem Zusammenhang sollte auch über die Ausgestaltung des Umgangs nachgedacht werden. Eine anwaltliche Beratung ist dann noch drin- gender angeraten, damit beim Gericht gegebenenfalls eine spezielle Gestal - tung des Verfahrens (getrennte Anhörung) angeregt und eventuell notwendige Anträge auf Gewaltschutz und entsprechende Umgangsregelungen gestellt werden können. Der Paritätische Gesamtverband hat ein Formblatt für den Widerspruch der Mutter gegen den Antrag des Vaters auf Erteilung des gemeinsamen Sorge rechts entwickelt. Das Formblatt sowie Hinweise und Erläuterungen für die schriftliche Stellungnahme können Sie unter www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/doc/ erlaeuterungen_formular_sorgerecht.pdf downloaden. http://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/doc/erlaeuterungen_formular_sorgerecht.pdf http://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/doc/erlaeuterungen_formular_sorgerecht.pdf 40 Wenn das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass die gemeinsame Sorge dem Wohl des Kindes widerspricht, weist es den Antrag des Vaters zurück und es bleibt bei Ihrer alleinigen Sorge als Mutter. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die gemeinsame Sorge dem Wohl des Kindes nicht widerspricht, überträgt es die Sorge Ihnen und dem Vater gemeinsam. Ihr mit der Stellung- nahme gegen die gemeinsame Sorge vorgebrachter Widerspruch kann auch in diesem Fall für alle Beteiligten positive Wirkungen entfalten, denn in einem „normalen“ Verfahren können über angeordnete Beratung oder freiwillige Mediation möglicherweise bessere Voraussetzungen für die gemeinsame Sorge geschaffen werden, als wenn die gemeinsame Sorge in einem rein schrift- lichen Verfahren zuerkannt wird: Ihre Bedenken können vom anderen Eltern- teil zur Kenntnis genommen, gewürdigt und gegebenenfalls beruhigt werden. Im „normalen Verfahren“ kann es auch zu freiwilligen Vereinbarungen kom- men, während das schriftliche Verfahren jede Chance auf eine einvernehm- liche Lösung von vornherein ausschließt. Darüber hinaus hat das Gericht die Möglichkeit, Teilbereiche wie beispiels- weise das Aufenthaltsbestimmungsrecht aus der gemeinsamen Sorge heraus zu - nehmen, was bei einer übereinstimmenden Sorgeerklärung vor dem Jugend - amt nicht möglich ist. Eine Teilübertragung wird immer dann in Betracht kommen, wenn hinsichtlich bestimmter Teilbereiche der elterlichen Sorge eine gemeinsame Sorgetragung ohne negative Auswirkungen für das Kind zu erwar- ten ist, in anderen Teilbereichen hingegen nicht. Hat der Vater noch keinen Antrag auf gemeinsame Sorge gestellt, aber rechnen Sie in Kürze mit einem solchen und haben Sie Bedenken gegen die gemeinsame Sorge, können Sie für Zeiten, in denen Sie abwesend, beispiels- weise verreist oder im Krankenhaus sind, vorsorglich bei Gericht eine Schutz- schrift einreichen. Darin müssen Sie qualifizierte Gründe gegen eine gemein- same Sorge darlegen. Rechtsberatung durch einen Anwalt/eine Anwältin ist hierbei empfehlenswert. Eine Schutzschrift wird vom Gericht nicht an den Vater weitergeleitet. Stellt er den Antrag auf gemeinsame Sorge nicht, erfährt er also auch nichts von Ihren Argumenten gegen diese. Die Schutzschrift bringt jedoch dem Gericht „auf sonstige Weise“ Gründe zur Kenntnis, die der gemeinsamen Sorge entgegenstehen können, wodurch das Gericht in die Lage versetzt wird, ein „normales“ Verfahren einzuleiten, in dem Sie persönlich angehört werden. Insoweit kann eine Schutzschrift Sie davor bewahren, dass Sie durch das Versäumen einer während Ihrer Abwesenheit gesetzten Frist Nachteile erleiden. Andernfalls könnte Ihnen das Gericht während Ihrer Abwesenheit die gemeinsame Sorge mit dem anderen Elternteil des Kindes 41 S o R G E R E c H T 2 übertragen, ohne dass Sie Gelegenheit haben, das Gericht von Ihren Bedenken in Kenntnis zu setzen. Handreichung des VAMV zur Neuregelung des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern 2013, zu bestellen bei der VAMV Bundesgeschäftsstelle Tel. 030 / 6 95 97 86 oder kontakt@vamv.de oder Download unter www.vamv.de bei „Publikationen“ und dort unter „VAMV-Broschüren“ A L L E I N S o R G E Die alleinige elterliche Sorge hat die Mutter für ihr Kind, wenn sie bei der Ge - burt nicht mit dem Vater des Kindes verheiratet ist, keine gemeinsame Sorge - er klärung mit dem Vater abgegeben hat und das Familiengericht auch keine andere diesbezügliche Entscheidung getroffen hat. Möchte der Vater das Sorgerecht haben und stimmt die Mutter dem gemein- samen Sorgerecht nicht zu, kann der Vater seit 2013 bei Gericht nicht nur einen Antrag auf gemeinsame Sorge stellen, sondern auch einen Antrag auf Übertra- gung der alleinigen Sorge (§ 1671 Abs. 2 S. 1 BGB). Dieser Antrag hat Erfolg, wenn die gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Was dem Wohl des Kindes am besten entspricht, bewertet das Gericht unter Einbeziehung aller Lebensumstände. Bei vorheriger gemeinsamer Sorge kann der Tod eines Elternteils, eine Ent- ziehung des Sorgerechts durch das Familiengericht oder eine Verhinderung des anderen Elternteils dazu führen, dass ein Elternteil das Sorgerecht allein ausübt. Bei vorheriger alleiniger Sorge eines Elternteils kann in diesen Fällen durch das Gericht eine Übertragung der Alleinsorge auf den anderen Elternteil erfolgen. Besteht die Gefahr, dass das Wohl des Kindes gefährdet ist, z. B. bei berech- tigter Angst vor Kindesentführung oder vor anderen gefährdenden Verhaltens- weisen eines Elternteils, besteht die Möglichkeit, im Zuge einer einstweiligen Anordnung durch das Gericht vorläufig die alleinige elterliche Sorge über- tragen zu bekommen. Die Vorläufigkeit besteht so lange, bis in der Hauptsache entschieden wird. Haben Eltern nach einer Trennung oder Scheidung die gemeinsame Sorge, so kann jeder Elternteil einen Antrag auf Übertragung der alleinigen Sorge stellen. Dieser Antrag hat Erfolg, wenn der andere Elternteil zustimmt oder die Allein- sorge dem Wohle des Kindes am besten entspricht. Letzteres trifft zu, wenn die Voraussetzungen der Ausübung der gemeinsamen Sorge fehlen. Diese setzt ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen www.vamv.de 42 Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern vor- aus. So kann ein nachhaltiger und tiefgreifender Elternkonflikt dazu führen, dass es an einer Grundlage für ein Zusammenwirken im Sinne des Kindeswohls fehlt. Das Gericht wägt bei der Entscheidung darüber in einer einzelfallbezogenen und umfassenden Betrachtung alle für und gegen die gemeinsame Sorge sprechen- den Umstände ab. Dass Eltern in Einzelfragen verschiedener Meinung sind und ihre Meinungsverschiedenheiten im Einzelfall streitig ausgetragen haben, genügt dafür jedoch regelmäßig nicht. Ab seinem 14. Geburtstag kann ein Kind der Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil widersprechen. Es gibt auch die Möglichkeit, nur einen Teilbereich der elterlichen Sorge auf einen Elternteil zu übertragen, beispielsweise das Aufenthaltsbestimmungs- recht, wenn die Eltern nur über den Aufenthalt des Kindes streiten. Damit ent- scheidet der Elternteil allein, wo das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine solche Teilübertragung muss ebenfalls beim Familiengericht bean- tragt werden. Ein Antrag ist dann sinnvoll, wenn beide Eltern eine Übertra- gung wünschen oder nur auf einem Gebiet der elterlichen Sorge nicht mitein- ander kooperieren können. Das alleinige Sorgerecht wird von einer Beistandschaft beim Jugendamt (zur Feststellung der Vaterschaft oder Durchsetzung von Unterhalts ansprüchen) nicht eingeschränkt. Sollten Sie eine Bescheinigung über das alleinige Sorge- recht (eine sogenannte „Negativbescheinigung“) für Ihr Kind benötigen, z. B. um Ausweisdokumente zu beantragen, können Sie diese bei Ihrem zustän - digen Jugendamt erhalten. minderjährige Eltern üben bis zu ihrer Volljährig- keit für ihre Kinder lediglich die tatsächliche Personensorge aus. Ist der andere Elternteil ebenfalls nicht volljährig oder ist der minderjährige Elternteil allein sorgeberechtigt, muss für diesen Zeitraum ein Vormund als gesetzlicher Vertreter des Kindes bestellt werden. Sind Sie allein sorgeberechtigt und haben geheiratet oder sind eine einge- tragene Lebenspartnerschaft eingegangen, hat Ihr/e Ehe- bzw. Lebenspartner/ in, obwohl er/sie nicht Elternteil des Kindes ist, das sogenannte „kleine Sorge­ recht“. Das bedeutet, dass er/sie im Einvernehmen mit Ihnen die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes hat. Das gilt auch gegenüber Dritten, er/sie kann also dem Kind eine Entschuldigung für die Schule schreiben oder einen Arztbesuch durchführen. V E R FA H R E N S B E I S TA N D Vom Familiengericht kann in allen familiengerichtlichen Verfahren dem Kind ein Verfahrensbeistand zur Seite gestellt werden. Das ist der Fall, wenn 43 S o R G E R E c H T 2 das Gericht zur Auffassung gelangt, dass die Interessen des Kindes durch seine gesetzlichen Vertreter, in der Regel die Eltern, nicht angemessen wahrgenom- men und vertreten werden oder das Kindeswohl gefährdet ist. Ein Verfahrens- beistand wird auch bestellt, wenn das Kind von einer Person getrennt werden soll, in deren Obhut es lebt und wenn es um die Herausgabe des Kindes oder den Ausschluss oder die Beschränkung des Umgangsrechts geht. Der Verfah- rensbeistand hat die Aufgabe, die Interessen des Kindes zu vertreten. T R E N N u N G S - u N D S c H E I D u N G S B E R AT u N G Eltern haben einen Rechtsanspruch auf Trennungs- und Scheidungsberatung (§ 17 SGB VIII). Im Falle der Trennung und Scheidung sollen Eltern unter der altersgemäßen Beteiligung des betroffenen Kindes bei der Entwicklung eines einvernehmlichen Konzeptes für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge unterstützt werden. To D E I N E S E LT E R N T E I L S Stirbt ein sorgeberechtigter Elternteil, so fällt bei vorheriger gemeinsamer Sorge das alleinige Sorgerecht dem anderen Elternteil zu. Stirbt ein allein sorgeberech- tigter Elternteil, so überträgt das Familiengericht die Sorge dem überlebenden Elternteil, wenn die Übertragung dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Wenn Sie allein sorgeberechtigt sind, haben Sie die Möglichkeit, über den Ver bleib Ihres Kindes nach Ihrem Tod in einer testamentarischen Ver fügung eine Empfehlung zu geben. Dabei müssen die Formalien eines Testaments ein- gehalten werden: Es muss von Ihnen selbst handschriftlich aufgesetzt, mit Vor- und Nachnamen unterschrieben und mit Ort und Datum versehen werden. Bei bestehender Beistandschaft sollten Sie diese Verfügung beim Jugendamt hin- terlegen. Besteht keine Beistandschaft, kann die testamentarische Verfügung auch beim zuständigen Amtsgericht hinterlegt werden. Liegt eine solche Verfü- gung für den Todesfall vor und ergibt die vormundschaftsgerichtliche Prüfung, dass Ihre Empfehlung dem Wohl des Kindes entspricht, wird der Verfügung in der Regel entsprochen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Entscheidung über den Ver- bleib Ihres Kindes ausreichend begründen, damit sie für das Vormundschafts- gericht nachvollziehbar ist. Empfehlenswert ist es auch, mit allen Beteiligten, insbesondere der Person, die Sie sich als Vormund für Ihr Kind wünschen, vor dem Aufsetzen einer Verfügung zu sprechen. Für den Fall, dass diese Person im Ernstfall zur Erfüllung der zugesagten Pflichten selbst nicht in der Lage ist, kann es sinnvoll sein, eine weitere Person als Ersatz vorzuschlagen. 44 u m G A N G Das Kind hat ein eigenständiges Recht auf Umgang mit beiden Eltern. Jeder Eltern- teil hat unabhängig von der Familienform, in der er lebt, ein Recht auf Umgang mit seinem Kind. Das Umgangsrecht steht also auch Eltern zu, die nicht miteinan- der verheiratet waren und zwar unabhängig davon, wie das Sorgerecht geregelt ist. Die Eltern sind ihrerseits zum Umgang mit dem Kind verpflichtet. Das Um- gangsrecht geht von dem Grundsatz aus, dass der Umgang mit beiden Eltern zum Wohle des Kindes ist. Auch Großeltern, Geschwister, Stiefeltern und andere enge Bezugspersonen des Kindes haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes entspricht und für seine Entwicklung förderlich ist. Für die Eltern ist es eine große Herausforderung, die Umgangsregelung an den Bedürfnissen des Kindes auszurichten. Die gegenseitige Wertschätzung der Eltern ist für das Kind von großer Bedeutung. Auch wenn Elternteile nicht (mehr) sämt- liche elterliche Rollen oder Aufgaben wahrnehmen können, bleiben sie für das Bild des Kindes von sich selbst und damit für seine Identität wichtig. Beide Elternteile sind verpflichtet, sich gegenseitig über alle Umstände, die für das Befinden und die Entwicklung des Kindes wesentlich sind, zu infor- mieren (§ 1686 BGB). Der Auskunftsanspruch ist kein Ersatz für den Umgang mit dem Kind bei Umgangseinschränkung oder -ausschluss, sondern besteht unabhängig vom Umgangsrecht und der bestehenden Sorgerechtsform. Auch betreuende Elternteile haben ein Recht darauf, über Besonderheiten beim Umgang, wie z. B. eine Erkrankung des Kindes, informiert zu werden. Ein Auskunftsanspruch besteht bis zur Volljährigkeit des Kindes. Auch ein vom Umgang ausgeschlossener Elternteil hat ein Auskunftsrecht, wenn dies dem Wohle des Kindes nicht widerspricht. Zeit, Dauer und Häufigkeit des Umgangs können die Eltern eigenständig vereinbaren, eine gesetzliche Vorgabe dafür gibt es nicht. In bestehenden Bezie- hungen und Ehen werden Kinder von Eltern in sehr unterschiedlicher Weise betreut. Betreuungsmodelle getrennt lebender Eltern sind ebenso vielfältig. Überwiegend entscheiden sich Eltern nach einer Trennung dafür, dass das Kind seinen Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil und Umgang mit dem anderen Elternteil hat. Eine derartige Regelung wird als Residenzmodell bezeichnet. Der Vielfalt von Umgangszeitanteilen sind kaum Grenzen gesetzt: Abhängig von Faktoren wie Alter und Bindungen des Kindes, Wohnortnähe und Berufs- tätigkeit der Eltern, Verteilung der Erziehungsaufgaben vor der Trennung und vielem mehr wird von seltenen Besuchskontakten (z. B. einmal im Monat) über 45 u m G A N G 2 übliche Umgangskontakte (z. B. ein Wochenende alle 14 Tage, teilweise ergänzt von einem Nachmittag in der anderen Woche) bis hin zu erweitertem Umgang (wobei größere Teile der Betreuung auch im Alltag übernommen werden) so ziemlich alles praktiziert. In jedem Fall sollten bei der Entscheidung der Eltern die Bedürfnisse des Kindes im Mittelpunkt stehen und die Kinder selbst – ihrem Alter entsprechend – in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Bei sehr großen Umgangsanteilen kann dies Auswirkungen auf die Unter- haltspflicht haben; so kann ein „weit über das übliche Maß hinausgehender“ Umgang es rechtfertigen, den Barunterhalt für das Kind um eine oder mehrere Stufen der Düsseldorfer Tabelle herabzusetzen (BGH Beschluss vom 12. März 2014 – XII ZB 234/13). Die Eltern können sich auch darauf einigen, dass das Kind abwechselnd bei beiden Eltern leben soll, jeweils zur Hälfte von ihnen betreut wird und auch die Erziehungsverantwortung gleich verteilt ist. Eine derartige Regelung wird als wechselmodell bezeichnet. Sie hat Auswirkungen auf die Unterhaltsver- pflichtungen, auf den Kindergeldbezug (siehe Kapitel Existenzsicherung und dort Abschnitt Unterhalt) sowie auf sozialrechtliche Leistungen wie Bedarf im Leistungsbezug nach SGB II, Wohngeld und Mehrbedarf. Ein solches Modell erfordert ein hohes Maß an Absprachen, Kooperation, Kom- munikation und Kompromissbereitschaft der Eltern. Die Eltern müssen in der Lage sein, ihre Konflikte einzudämmen und sich an den Bedürfnissen des Kindes auszurichten. Die Frage, welche Betreuungsregelung das Beste für das Kindeswohl ist, kann die Forschung derzeit nicht beantworten. Aus psychologischer Sicht ist nicht die Quantität, sondern die Qualität der Kontakte mit den Eltern für das Wohl des Kin- des entscheidend. Das Kind braucht genügend Zeit, um mit beiden Eltern positive Kontakte zu pflegen, ohne dass beziffert werden könnte, wie viel Zeit dafür min- destens notwendig ist. Was für das eine Kind gut ist, muss nicht für das andere gut sein. Deshalb sollten die Eltern versuchen, eine Regelung zu finden, die zu ihrem Kind und der individuellen Situation der Familie passt. Es gibt immer mehr Eltern, die glauben, gemeinsame Sorge der Eltern bedeute automatisch eine Betreuung des Kindes im Wechselmodell. Das ist nicht der Fall. Das Wechselmodell: Informationen für die Beratung Download unter www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ Das Wechselmodell – ist das was für uns? Download unter www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ Zu beziehen beim VAMV Landesverband Berlin Tel: 030 / 851 51 20 oder kontakt@vamv-berlin.de http://www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ http://www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ 46 Es empfiehlt sich, eine Umgangsvereinbarung zu treffen, in der die gewöhn- lichen Umgangstermine, aber auch Vereinbarungen für besondere Termine wie Geburtstage und Feiertage sowie für die Ferien festgelegt werden. Hilfreich kann es auch sein, zu vereinbaren, wie das Bringen und Abholen des Kindes erfolgt und wie eigene Termine des Kindes wie beispielsweise die Teilnahme an sport- lichen Wettkämpfen oder Geburtstagen von Freunden und dergleichen geregelt werden sollen. Hilfen für eine am Wohl des Kindes orientierte Umgangsgestal- tung und eine Mustervereinbarung für die Umgangsregelung bietet Eltern der „Wegweiser für den Umgang“ (siehe Bezugshinweis am Ende dieses Kapitels). Die gewählte Umgangsregelung sollte von Zeit zu Zeit überprüft werden. Wenn sich die Lebensumstände ändern, sollte sie entsprechend verändert werden. Können sich die Eltern nicht über die Ausgestaltung und Durchführung des Umgangs einigen, können sie sich an das Jugendamt oder an Beratungs- stellen anderer Träger wenden und sich dort beraten lassen. Wird auch so keine Einigung erzielt, kann das Familiengericht hierzu eine gerichtliche Regelung erlassen, in der die wichtigsten Aspekte des Umgangs mit dem Kind festge- legt werden. Selbst eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, ist nicht ausgeschlossen. Für eine solche Anordnung des Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils hat der Bundesgerichtshof allerdings hohe Anforderungen formuliert, die eher selten erfüllt sein dürften. U.a. wird die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern vorausgesetzt, ein Grundkonsens in wesentlichen Erziehungsfragen sollte vorliegen. Bei einem erheblich konfliktbelasteten Verhältnis der Eltern liegt eine solche Anordnung in der Regel nicht im Interesse des Kindes (BGH Beschluss vom 1. Februar 2017 - XII ZB 601/15). Umgangsverfahren werden vom Gericht vorrangig und beschleunigt ge- führt. Sind die Differenzen auch mit der gerichtlichen Regelung des Umgangs nicht beizulegen, kann ein Elternteil ein gerichtliches Umgangsvermittlungs- verfahren beantragen (§ 165 FamFG). Im Rahmen dieses Verfahrens soll vom Gericht ein Vermittlungsversuch zwischen den Eltern unternommen werden. Zu dem Vermittlungsgespräch kann auch das Jugendamt geladen werden. Das Gericht weist darauf hin, dass die Missachtung von gerichtlich angeordneten Umgangsregelungen Rechtsfolgen wie Geldbuße, Haftstrafe oder Sorgerechts- entzug nach sich ziehen kann. Damit Eltern und Kind ihr Recht auf Umgang auch ungehindert ausüben können, haben sie wechselseitig die Pflicht, alles zu unterlassen, was das Ver- hältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil belasten würde (§ 1684 Abs. 2 47 u m G A N G 2 BGB). Diese im Gesetz verankerte Regelung wird auch „Wohlverhaltensklausel“ genannt. Wichtig zu wissen ist, dass diese Klausel für beide Eltern gilt und nicht nur für den betreuenden Elternteil. Wird diese Pflicht zum Wohlverhalten dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht eine Umgangspflegschaft zur Durchführung des Umgangs anordnen. Dabei wird einem / einer Umgangspfleger/in das Recht übertragen, für die Dauer des Um- gangs den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen und die Ausübung des Sorgerechts der Eltern insoweit eingeschränkt. Da das Umgangsrecht auch ein eigenständiges Recht des Kindes ist, hat es einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt, wenn ein Elternteil den Umgangswünschen des Kindes nicht nachkommt (§ 18 SGB VIII). In Umgangsverfahren kann das Gericht dem Kind einen Verfahrens- beistand zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes zur Seite stellen. Der Umgang mit dem Kind kann auch ausgeschlossen oder beschränkt wer- den (§ 1684 Abs. 4 BGB). Bei Umgangsschwierigkeiten ist es zunächst sinnvoll, sich Hilfe und Unterstützung durch das Jugendamt oder andere Beratungsstellen zu holen. Ist dennoch keine Lösung der Konflikte möglich, kann das Familien- gericht einen begleiteten Umgang anordnen, den Umgang einschränken oder ausschließen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Ein begleiteter Umgang oder ein Umgangsausschluss kommt in den Fällen in Betracht, in denen der Schutz des Kindes während des Umgangs nicht ge- währleistet werden kann, zum Beispiel bei einem gewalttätigen Elternteil, bei Gefahr des sexuellen Missbrauchs oder der Kindesentführung. Auch bei be- stimmten psychischen Erkrankungen oder wenn ein Kontakt zwischen Kind und Elternteil erst angebahnt werden muss, kann im Einzelfall ein begleiteter Umgang notwendig sein. Diese Form des Umgangs findet in der Regel an einem neutralen Ort (z. B. in einer Erziehungsberatungsstelle) und unter der Anwesen- heit einer dritten Person (z. B. eine sozialpädagogische Fachkraft oder eine Per- son Ihres Vertrauens) statt. Der begleite Umgang ist immer eine befristete Maß- nahme mit der Zielsetzung, einen eigenverantwortlichen, sicheren Umgang zwischen dem umgangsberechtigten Elternteil und dem Kind herzustellen. Bei dieser Form des Umgangs sollten Sie darauf achten, dass der Umgangs- kontakt von einer kompetenten Person begleitet wird, zu der Sie Vertrauen haben. Wichtig ist, dass sich das Kind in der Situation gut aufgehoben fühlt und mit seinen Ängsten und Vorbehalten behutsam umgegangen wird. Wenn Sie den Eindruck gewinnen, dass das Kind während des begleiteten Umgangs leidet und verstört reagiert, sollten Sie dies unbedingt gegenüber der begleiten- den Person / Institution thematisieren. Falls man auf Ihre Bedenken nicht ein- 48 geht, sollten Sie sich ggf. anwaltlich beraten lassen. Begleiteter Umgang wird von den Jugendämtern und von freien Trägern angeboten (z. B. Deutscher Kin- derschutzbund, Caritas, Diakonisches Werk). Verweigert ein Kind nachhaltig den Umgang mit dem anderen Elternteil, ist diese Ablehnung durch das eigene Kind für den betroffenen Elternteil sehr schmerzlich. In der Folge sehen sich betreuende Elternteile bisweilen dem Vorwurf ausgesetzt, sie würden das Kind derart beeinflussen, dass es nicht zum anderen Elternteil will. Dieser Vorwurf wird häufig mit dem Begriff „parental alienation syndrome“ kurz „PAS“ verbunden, was übersetzt soviel wie „elterliches Entfremdungssyndrom“ bedeutet. Wenn Sie mit die- sem Vorwurf konfrontiert werden, sollten Sie sich unbedingt anwaltliche Hilfe suchen, denn der vom amerikanischen Kinder- und Jugendpsychiater Richard Gardner entwickelte Erklärungsansatz des PAS geht grundsätzlich von einseitigem Verschulden des betreuenden Elternteils aus: Wenn er als strategisches Argument eingesetzt wird, ist eine qualifizierte Auseinander- setzung damit erforderlich. Obwohl das „PAS“ in Deutschland in der Fachwelt auf große inhaltliche und methodische Zweifel stößt, hat es teilweise Eingang in die Rechtsprechung gefunden. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen kommen jedoch weiterhin zu der Einschätzung, dass das Phänomen „PAS“ keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage hat. So hat 2013 die ameri- kanische Gesellschaft für Psychiatrie eine Aufnahme des PAS als diagnosti- zierbares psychiatrisches Störungsbild in das weltweit am meisten verbreitete Klassifikationssystem für psychische Störungen (DSM-5) abgelehnt. Mittler- weile wird vielmehr vertreten, dass das entfremdete Verhalten von Kindern vielfältige und unterschiedliche Gründe hat, die viel stärker als von Gardner angenommen auch im Verhalten des nicht mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils begründet sind. Ebenso können im Kind begründete Faktoren wie beispielsweise altersabhängige Strategien zur Bewältigung der Trennungssi- tuation eine Rolle spielen. In der Literaturliste am Ende dieses Buches finden Sie dazu vertiefende Informationen. Wegweiser für den Umgang nach Trennung und Scheidung – Wie Eltern den- Umgang am Wohle des Kindes orientieren können, 17. Auflage Berlin September 2018, herausgegeben von der Deutschen Liga für das Kind, dem Deutschen Kinderschutzbund und dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter e. V., zu bestellen über www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ Eltern bleiben Eltern – Hilfen für Kinder bei Trennung und Scheidung, 21. Auflage 2015, herausgegeben von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung, e. V., Download unter www.dajeb.de/publikationen/fuer-ratsuchende/ http://www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ http://www.dajeb.de/publikationen/fuer-ratsuchende/ 49 N A m E N S R E c H T 2 Mehr Schutz bei häuslicher Gewalt – Information zum Gewaltschutzgesetz, her- ausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, zu beziehen beim Publikationsversand der Bundesregierung Tel: 030 / 182 722 721 oder Download, auch in Arabisch, Persisch, Türkisch und Englisch, unter www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationsliste.html Im Literaturverzeichnis am Ende des Buches gibt es einen Abschnitt „Literatur für Kinder“: Dort finden Sie speziell für Kinder geeignete Bücher und Broschüren zum Thema Trennung und Scheidung. N A m E N S R E c H T Im Falle einer Heirat haben die Partner/innen mehrere Möglichkeiten den Ehe- namen zu wählen. Beide können weiterhin in der Ehe ihren Geburts namen tragen oder eine/r der Partner/innen nimmt den Namen der/s anderen an. Der Ehegatte, dessen Name nicht Ehename wird, kann dem Ehenamen seinen Ge- burtsnamen als Begleitname voranstellen oder anfügen. Ein solcher Begleitname kann jedoch nicht Geburtsname des Kindes werden. Viele Menschen können sich allerdings nach der Scheidung nicht mehr mit dem Namen des früheren Ehepartners/der früheren Ehepartnerin identifizieren. Es ist in solchen Fällen völlig problemlos, nach der rechtskräftigen Scheidung ein Namensänderungsverfahren durchzuführen. Zuständig dafür ist das jeweilige Standesamt. Dort muss das rechtskräftige Scheidungsurteil vorgelegt werden und die Namensänderung wird gegen eine geringe Gebühr rasch und in der Regel unbürokratisch vollzogen. Geschiedene Ehepartner/innen haben auch die Möglichkeit, den Ehenamen aus der geschiedenen Ehe als gemeinsamen Ehenamen einer weiteren Ehe zu führen. So ist es möglich, den Namen des geschiedenen Ehepartners auch als Ehenamen der neuen Ehe beizubehalten. Kinder, deren Eltern zum Zeitpunkt der Geburt einen durch Eheschließung erworbenen gemeinsamen Namen (Ehenamen) haben, erhalten diesen Namen ebenfalls. Verheiratete Eltern, die keinen gemeinsamen Ehenamen führen, müssen sich binnen eines Monats nach der Geburt des Kindes über einen Fami- liennamen für das Kind einigen: Entweder es erhält den Familiennamen der Mutter oder den des Vaters. Die Bildung eines Doppelnamens aus den Namen der Eltern ist nicht möglich. Haben die Eltern eine Wahl getroffen, gilt dieser Familienname auch für alle weiteren Kinder aus dieser Beziehung. Hat ein Elternteil die Alleinsorge, so erhält das Kind den Namen, den der sorge - berechtigte Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt führt. Es besteht allerdings auch http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationsliste.html 50 die Möglichkeit, dass das Kind den Namen des anderen Elternteils erhält, wenn der alleine sorgeberechtigte Elternteil dies gegenüber dem Standesamt erklärt und der andere Elternteil dem zustimmt. Ist das Kind mindestens 5 Jahre alt, ist auch seine Zustimmung zur Namensänderung erforderlich. Geben nicht miteinander verheiratete Eltern zu einem Zeitpunkt eine über ein - stimmende Sorgeerklärung ab, zu dem das Kind bereits einen Familien namen führt, so kann der Name des Kindes binnen drei Monaten nach der Begründung der gemeinsamen Sorge neu bestimmt werden. Auch in diesem Fall gilt, dass ein Kind ab dem vollendeten 5. Lebensjahr dieser Namens änderung zustimmen muss. Wenn Sie eine neue Partnerschaft eingegangen sind, geheiratet und den Namen Ihres/r Partners/in angenommen haben, kann bei Ihrem Kind der Wunsch ent- stehen, den gleichen Namen zu führen wie Sie und Ihr/e Partner/in. Bestärkt werden kann dieser Wunsch, wenn in der neuen Beziehung weitere Kinder geboren wer- den. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, ein Kind einzubenennen. Das heißt: Das Kind kann den Ehenamen annehmen, wenn der Elternteil, der nicht mit dem Kind zusammenlebt, dieser Einbenennung zustimmt (§ 1618 BGB). Die Zustimmung des getrennt lebenden Elternteils ist bei gemeinsamer Sorge immer erforderlich. Wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt und dessen neuen Ehenamen es annehmen soll, die alleinige Sorge hat, ist die Zustimmung des getrennt lebenden Elternteils nur er- forderlich, wenn das Kind seinen Namen führt. Ein Kind, das zum Zeitpunkt der Ein- benennung mindes tens 5 Jahre alt ist, muss dieser Änderung wiederum zustimmen. Stimmt der andere Elternteil der Einbenennung des Kindes nicht zu, kann diese Zustimmung vom Familiengericht ersetzt werden. Diese Ersetzung der Einwilligung ist allerdings nur in Ausnahmefällen möglich. Nur wenn die Einbenennung für das Kindeswohl unabdingbar ist, wird die Ein willigung des anderen Elternteils ersetzt. Eine andere Möglichkeit ist die so genannte additive Einbenennung. Bei dieser Form der Einbenennung wird dem bisherigen Geburtsnamen des Kindes der neue Familienname mit einem Bindestrich als Begleitname zugefügt. Beide Namen können jedoch nicht zu einem Doppelnamen verschmelzen. Die additive Ein- benennung gilt als die schwächere Form der Einbenennung. A D o P T I o N Ein Eltern-Kind-Verhältnis kann auch durch eine Adoption begründet werden. Ausschlaggebend für eine Adoption ist, dass diese dem Wohle des Kindes dient. Grundsätzlich können alle Personen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, ein Kind adoptieren. Dabei ist es zunächst rechtlich unbeachtlich, ob der /die Adop- 51 A D o P T Io N 2 tierende alleinstehend ist oder in einer Partnerschaft lebt. Ehepaare können nur gemeinsam ein Kind adoptieren. Dabei darf eine/r der beiden das Mindestalter von 25 Jahren unterschreiten, muss jedoch mindestens 21 Jahre alt sein. Ein/eine Ehe- partner/in kann auch das Kind seines Ehepartners/seiner Ehepartnerin adoptieren (Stiefkindadoption). Dies alles gilt auch für gleichgeschlechtliche Ehepaare. Seit 1. Oktober 2017 können gleichgeschlechtliche Paare heiraten oder ihre eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen. Leben gleichgeschlechtliche Paare weiterhin in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, steht ihnen nur die Stiefkindadoption oder die Sukzessivadoption offen. Leben hetero- oder homosexu- elle Paare in einer rechtlich unverbindlichen Lebensgemeinschaft zusammen, kön- nen sie ein Kind ihres Lebenspartners/ihrer Lebenspartnerin nicht adoptieren, ohne dass zugleich das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu diesem erlischt. Das Kind kann somit auf dem Wege der Adoption nicht gemeinschaftliches Kind eines nicht verheirateten und nicht verpartnerten Paares werden (BGH XII ZB 586/15). Eine Adoption setzt die Einwilligung der leiblichen Eltern voraus, die aber in bestimmten Fällen durch familiengerichtliche Entscheidung ersetzt werden kann. Die Adop tion soll in der Regel erst ausgesprochen werden, wenn das Kind bei seinen/ seinem zukünftigen Eltern/teil eine angemessene Zeit in Adoptionspflege gelebt hat und damit beurteilt werden kann, ob sich zwischen dem Kind und den/dem Adop- tiveltern/teil eine Eltern-Kind-Beziehung entwickelt hat. Die Dauer der Adoptions- pflege richtet sich nach dem Einzelfall. Wird die Adoption ausgesprochen, wird das Kind rechtlich wie ein leibliches Kind der/des Adoptiveltern/teils behandelt. Es ist damit unter anderem erb- und unterhaltsberechtigt. Alle Rechtsbeziehungen zu den leiblichen Eltern des Kindes werden mit der Adoption aufgehoben. Eine Adoption kann in aller Regel nicht rückgängig gemacht werden. Ebenso kann die Einwilli- gung der/des Eltern/teils zur Adoption nicht zurückgenommen werden. Wenn Sie eine/n neue/n Partner/in geheiratet haben oder in einer eingetra- genen Lebenspartnerschaft leben, denken Sie vielleicht daran, dass sie bzw. er Ihr Kind adoptieren könnte. Damit wäre auch Ihr/e Partner/in voll sorgeberech- tigt. Auch wenn diese Möglichkeit grundsätzlich besteht, sollten Sie das Für und Wider gründlich abwägen. Einer Adoption Ihres Kindes durch Ihre/n Ehe- oder Lebenspartner/in muss der andere Elternteil zustimmen. Verletzt der andere Elternteil seine Pflichten gegenüber dem Kind auf gröbliche Weise und würde das Unterbleiben der Adoption für das Kind einen unverhältnismäßigen Nachteil bedeuten, kann die verweigerte Einwilligung durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Eine Adoption durch Ihre/n Ehe- oder Lebenspartner/in hat für das Kind weitreichende Folgen. Mit der Adoption wird nicht nur Ihr/e Ehe- oder Lebens- 52 partner/in rechtlich zum Elternteil des Kindes, es verliert auch alle anderen verwandtschaftlichen Rechtsbeziehungen aus der Linie des anderen Elternteils. Die Gründe für die Freigabe eines Kindes zur Adoption können mannig- faltig sein. Nicht jeder Mensch ist in der Lage, die Verantwortung für ein Kind zu übernehmen. Eine Mutter, die ihr Kind zur Adoption freigeben möchte, kann diese Entscheidung bereits vor der Geburt dem Jugendamt mitteilen. Wenn Sie in Erwägung ziehen, Ihr Kind zur Adoption freizugeben, sollten Sie sich gut beraten lassen und sich ausreichend Zeit für diese Entscheidung nehmen. Sie können sich an die Adoptionsvermittlungsstelle eines Jugendamtes oder eines freien Trägers wenden. Diese beraten Sie umfassend, vertraulich und ergebnisoffen über den Ablauf und die Auswirkungen einer Adoption. Sie müssen während der Beratung keine Entscheidung treffen und man zeigt Ihnen auch Hilfen auf, wie Sie eventuell doch ein Leben mit dem Kind gestalten können. Es kann auch sinnvoll und hilfreich sein, eine psychologische Beratungs stelle oder eine Schwangerschaftsberatungsstelle auf - zu suchen. Wenn Sie in Ihrer Entscheidung unsicher sind, können Sie sich auch an Ihren VAMV-Landesverband wenden. Dort wird man Ihnen Wege und Mittel auf- zeigen, wie Sie auch allein mit einem Kind ein erfülltes Leben führen können. Eine Ein willigung zur Adoption kann erst erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Beide Eltern müssen ihre Einwilligung zur Adoption geben. Die Ein- willigung kann in bestimmten Fällen durch familiengerichtliche Entscheidung er- setzt werden. Wenn das Kind das 14. Lebens jahr vollendet hat, ist seine Einwilligung ebenfalls erforderlich. Bis zum Wirk samwerden der Adoption hat es die Möglich- keit, seine Einwilligung jederzeit zurückzu nehmen. Hat der nicht mit der Mutter verheiratete Vater des Kindes einen Antrag auf Übertragung der Sorge gestellt, so muss vor der Adoption hierüber entschieden werden. Wenn Sie absehen können, dass Ihre belastenden Lebensumstände zeitlich begrenzt sind, können Sie auch überlegen, Ihr Kind in Pflege zu geben. Bei den Mit- arbeiter/innen des Jugendamtes können Sie sich hierzu beraten lassen. Vertrauliche Beratung und Auskünfte zu Adoptionsvermittlungsstellen erhalten Sie bei: Ihrem örtlichen Jugendamt Evangelischer Verein für Adoption und Pflegekinderhilfe e.V. Einbrunger Str. 66, 40489 Düsseldorf, Tel. 0211 / 40 87 95-0, www.evangelische-adoption.de Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e. V., Agnes-Neuhaus-Str. 5, 44135 Dortmund, Tel. 0231 557026-22, www.skf-zentrale.de Informationen über Pflegefamilien bekommen Sie beim Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e. V., Oranienburger Straße 13-14, 10178 Berlin, Tel. 030 / 94 87 94 23, www.pfad-bv.de http://www.evangelische-adoption.de http://www.skf-zentrale.de http://www.pfad-bv.de 53 A u S B IL D u N G 3 3 E x I S T E N Z S I c H E R u N G A u S B I L D u N G S c H u L E Egal wie alt Sie sind, es ist nie zu spät, einen Abschluss nachzuholen, denn jede zusätzliche Qualifikation erhöht Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Je nach Bundesland gelten andere Voraussetzungen, unter denen Sie einen Schulab­ schluss (Hauptschul-, Realschulabschluss, Fachhochschulreife und Abitur) nachholen können. Wenn Sie keinen Hauptschulabschluss haben, kann die Arbeitsagentur Sie bei der Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss im Rah- men der Arbeitsförderung unterstützen. Um einen Schulabschluss nachzuholen, können Sie den so genannten Zweiten Bildungsweg nutzen und neben Ihrer beruflichen Tätigkeit oder der Eltern zeit eine Abendschule besuchen. Auch fast alle Volkshochschulen bieten entspre- chende Kurse an, die zum Teil vormittags stattfinden. Wenn Sie nicht erwerbstä- tig sind, können Sie Ihr Abitur bzw. die Fachhochschulreife auch an einem Kolleg ablegen. Auskunft über diese Möglichkeiten erhalten Sie beim Schulamt (Kontakt daten suchen unter „Stadtverwaltung”, „Gemeinde”, in Stadtstaaten unter „Senat”), der Berufsberatung der Arbeitsagenturen, den Volkshochschulen, eventuell bei der kommunalen Frauenbeauftragten und beim Kultusministerium Ihres Bundes- landes. Mit einem Fernstudium können Sie einen Hochschul- oder auch einen Fach- hochschulabschluss erwerben. In der Regel steht eine Aus-, Fort- und Weiterbil- dung dem Bezug von Elterngeld nicht entgegen (siehe Kapitel Elterngeld). Unter Umständen gibt die Arbeitsagentur einen Zuschuss zu den Kinderbetreuungs- kosten. 54 B E R u FSAu S B I L D u N G Wenn Sie während Ihrer Berufsausbildung schwanger geworden sind, bestehen für Sie mehrere Möglichkeiten, Ihre Ausbildung zu Ende zu führen. Haben Sie die Kin- derbetreuung nach der Geburt geklärt, können Sie für die Zeiten der Mutterschutz- fristen unterbrechen und danach die Ausbildung fortsetzen. Wollen Sie jedoch für einige Zeit die Elternzeit in Anspruch nehmen, bleibt während dieser Zeit Ihr Berufsausbildungsverhältnis bestehen. Sie können also Ihre Ausbildung nach der Elternzeit beenden. Dabei sollten Sie bedenken, dass eine längere Unterbrechung Ihrer Ausbildung zu Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg führen kann. Es ist des- halb empfehlenswert, wenn Sie Ihre Berufsausbildung nur möglichst kurz unter- brechen. Abzuraten ist von einem kompletten Abbruch der Ausbildung, da Sie sonst einen neuen Berufsausbildungsvertrag abschließen müssen und es äußerst schwierig ist, Teile der schon absolvierten Ausbildung angerechnet zu bekommen. Haben Sie noch keine Berufsausbildung und stehen Sie vor der Entscheidung, welche Ausbildung Sie machen sollen? Bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur können Sie sich über Chancen und Verdienstmöglichkeiten der verschiedenen Berufe, die Sie interessieren, informieren. Wenn Sie Ihre erste betriebliche oder außer - betriebliche Ausbildung machen, so können Sie bei der Arbeitsagentur Berufs­ ausbildungsbeihilfe (BAB) beantragen. Es empfiehlt sich, den Antrag bereits vor Beginn der Ausbildung zu stellen, da BAB längstens rückwirkend für den Monat gezahlt werden kann, in dem sie beantragt wurde. Dazu müssen Sie den Ausbil- dungsvertrag mitnehmen und Ihre Bedürftigkeit darstellen. Als Auszubildende/r in schulischer Ausbildung haben Sie keinen Anspruch auf BAB. In diesem Fall kann Schüler-BAföG für Sie als Förderungsmöglichkeit in Frage kommen. Es ist grundsätzlich möglich, eine Berufsausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Nach dem Berufsbildungsgesetz (§ 8 BBiG) ist geregelt, dass dazu Ausbildende und Auszubildende einen Antrag stellen müssen. Erkundigen Sie sich hinsichtlich finanzieller Unterstützungsleistungen am besten frühzeitig bei Ihrer zuständigen Arbeitsagentur oder einer frauenspezifischen Berufsberatungsstelle. Grundsätzlich ist bei betrieblichen Ausbildungen der ergänzende Bezug von BAB und einigen Sozialleistungen möglich. Die Beauftragten für Chancengleichheit der Arbeitsagen- turen und Jobcenter beraten Sie bei Interesse zum Thema Teilzeitausbildung. In NRW läuft aktuell das Projekt „Teilzeitausbildung – Einstieg begleiten – Per- spektiven eröffnen“ (TEP), das Interessierte beim Einstieg in eine Teilzeitberufs- ausbildung und beim Finden einer betrieblichen Ausbildung in Teilzeit unter- stützt. Weitere Informationen und eine Übersicht der Projektstandorte finden Sie im Internet: www.gib.nrw.de/service/downloaddatenbank/tep-uebersicht http://www.gib.nrw.de/service/downloaddatenbank/tep-uebersicht 55 w E IT E R B IL D u N G 3 Wenn Sie weder über eine Berufsausbildung noch einen Schulabschluss verfügen, werden in einigen Ländern Kombinationen von Kinderbetreuung, Nachholen von Schulabschlüssen und Berufsausbildungseinstiegen angebo- ten. Erkundigen Sie sich am besten bei den Landesverbänden des VAMV oder anderen spezialisierten Beratungsstellen nach entsprechenden Angeboten in Ihrem Umfeld. wE ITE R B I LDu N G Wenn Sie sich fortbilden wollen, Ihre beruflichen Kenntnisse erweitern müs- sen oder sich beruflich ganz neu orientieren wollen, müssen Sie sich mit den Möglichkeiten der Finanzierung und Organisation Ihrer Weiterbildung aus- einandersetzen. Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber über etwaige betriebliche Weiterbildungsangebote. Unter Umständen hat Ihr Arbeitgeber Anspruch auf einen Zuschuss zu den Lohnkosten von der Agentur für Arbeit, wenn er Sie für eine Qualifizierungsmaßnahme freistellt. Das Qualifizierungschancen­ gesetz bietet seit 2019 neue Fördermöglichkeiten für Arbeitnehmer/innen, deren Arbeitsplatz durch den technologischen Wandel bedroht ist oder die eine Qualifizierung in einem sogenannten Engpassberuf anstreben. Im Einverneh- men mit dem Arbeitgeber können Zuschüsse zu den Qualifizierungskosten und dem Arbeitsgelt für die Zeit der Qualifizierungsmaßnahme gezahlt wer- den. Voraussetzung ist, dass sich der Arbeitgeber an den Kosten beteiligt. Das Alter der Arbeitnehmer/innen oder die Betriebsgröße sind für den Anspruch unerheblich. Für die Fortbildung von Arbeitnehmer/innen in kleinen und mittleren Unternehmen existieren gesonderte Fördermöglichkeiten, die nicht an die engen Voraussetzungen des Qualifizierungschancengesetzes gebunden sind. Arbeitgeber und Arbeitnehmer/innen haben einen Anspruch auf Bera- tung durch die Bundesagentur für Arbeit. Eine andere Möglichkeit, sich weiter zu qualifizieren, ist die Teilnahme an einem Fernunterrichtslehrgang. Bedenken Sie auch, wie Sie die Betreuung Ihres Kindes in dieser Zeit organi- sieren wollen. Eine Fortbildung oder Umschulung neben der Kinderbetreuung ist anstrengend und stellt neue Anforderungen an Sie und Ihr Kind, lohnt sich jedoch, wenn Sie dadurch zu einem neuen oder besseren Arbeitsplatz kommen. Wenn Sie arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind, hat die Arbeits- agentur ein Interesse daran, Sie für den Arbeitsmarkt besser zu qualifizieren. Im Dritten Sozialgesetzbuch (SGB III) werden die Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung, die Übernahme von Weiterbildungskosten und die Gewährung von Unterhaltsgeld geregelt. Voraussetzung für die För- derung ist eine drohende Arbeitslosigkeit und/oder eine fehlende berufliche 56 Qualifikation. Die Bundesagentur für Arbeit bietet unterschiedliche Förder- möglichkeiten für die Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen an, die darauf abzielen, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten, zu erweitern, der technischen Entwicklung anzupassen (siehe auch Qualifizie- rungschancengesetz) oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen (Fort­ bildung). Des Weiteren wird die Teilnahme an Maßnahmen gefördert, die das Ziel haben, den Übergang in eine andere geeignete berufliche Tätigkeit zu ermöglichen (Umschulung). Informieren Sie sich am besten direkt bei der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter über die Möglichkeiten einer finanziellen Förderung. Beispielsweise können Sie eine von der Arbeitsagentur finanzierte berufliche Weiterbildung angeboten bekommen oder einen Bildungsgutschein erhalten, mit dem die Kosten für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung übernommen werden. Achtung! Die Gültigkeit des Bildungsgutscheins ist zeitlich befristet und auf zugelassene Maßnahmen begrenzt. „Förderung der beruflichen Weiterbildung“ (Merkblatt 6) liegt kostenlos bei den Arbeitsagenturen aus und steht als Download unter www.arbeitsagentur.de zur Verfügung. Bei den Arbeitsagenturen und auf den entsprechenden Internet-Seiten finden Sie ausreichend Informationen über die verschiedensten Weiterbildungsange- bote und Berufe, die es in Deutschland gibt. Siehe: www.arbeitsagentur.de Auch die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU, Peter-Welter-Platz 2, 50676 Köln, Tel. 0221/ 92 12 07-0, www.zfu.de/ ) und das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB, 53113 Bonn, Tel. 0228 / 10 70, www.bibb.de) bieten Informationen und Beratung an. Es gilt immer: Für die Leistungen von Arbeitsagenturen und Jobcentern ist eine Beratung vor Ort Voraussetzung. Informieren Sie sich genau über die Bedin- gungen für eine Förderung, Leistungen, auf die Sie Anspruch hätten, und Ihre sonstigen Möglichkeiten. Auch wenn Sie vorher noch nie erwerbstätig waren, haben Sie unter Umständen die Möglichkeit, gefördert zu werden. Bestehen Sie dabei auf eine ausführliche Beratung. Machen Sie sich unbedingt Gesprächs- notizen und bitten Sie bei abschlägigen Antworten um eine Kopie der entspre- chenden Gesetzesgrundlage. Diese Unterlagen können wichtig sein, falls Sie nach einer nicht zufrieden stellenden Beratung zu einer anderen Beratungsstelle wechseln wollen. http://www.arbeitsagentur.de http://www.arbeitsagentur.de http://www.zfu.de/ http://www.bibb.de 57 S T u D Iu m 3 Die Maßnahmen können in Form von ganztägigem Unterricht, im Teilzeit- oder berufsbegleitenden Unterricht sowie im Fernunterricht mit ergänzendem Nahunterricht durchgeführt werden. Sie können aufgrund Ihrer aufsichtsbe- dürftigen Kinder darauf pochen, nur an einem Teilzeitunterricht teilnehmen zu können Ihnen können von der Arbeitsagentur Kinderbetreuungskosten von bis zu 130 Euro je Kind monatlich erstattet werden. Eine Checkliste kann Ihnen helfen, die richtige Weiterbildung zu finden. Der Weiterbildungsmarkt und die Fördermöglichkeiten sind so vielfältig geworden, dass es sich lohnen kann, eine Weiterbildungsberatung aufzusuchen. In allen Bundesländern, in denen es Frauenministerien oder Gleichstellungsbehörden gibt, finden sich eine Vielzahl von Frauenprojekten, in denen sich Frauen fit machen können für die neuen informationstechnischen sowie ökotechnischen Berufe. Teilweise gibt es eigene Weiterbildungs- und Beratungsagenturen vor Ort, wo auch Berufstraining angeboten und die Probezeit begleitet wird (Coaching). Eine Checkliste zur Weiterbildung gibt es beim Bundesinstitut für Berufsbildung: www.bibb.de/de/checkliste.htm Infotelefon des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur beruflichen Weiterbildung: 0800/201 79 09 STu D I um Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Studium zu finanzieren. Die Einkommen der meisten alleinerziehenden Student/innen bestehen aus mehreren Quellen. Die Grundpfeiler sind: – Unterhalt von den Eltern / vom Vater des Kindes / vom getrennt lebenden oder früheren Ehegatten – Bundesausbildungsförderung (BAföG) – Stipendien – Erwerbstätigkeit Dazu kommen Wohn-, Kinder- und Elterngeld, Unterhaltsleistungen für die Kin- der oder Unterhaltsvorschuss und im Einzelfall zusätzliche Rentenansprüche oder Sozialgeld. unterhalt Unterhalt von ihren Eltern erhalten meist junge ledige oder geschiedene Müt- ter, deren Eltern nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verpflichtet sind, eine Erstausbildung zu finanzieren. Da mit einer frühen Schwangerschaft bzw. Trennung/Scheidung oft Konflikte mit der eigenen Familie verbunden sind, http://www.bibb.de/de/checkliste.htm 58 verzichten viele auf Unterhalt, obwohl er ihnen zusteht. Betroffene sollten daher eine Beratungsstelle aufsuchen (z. B. Sozialberatungsstelle des Deutschen Studentenwerkes an den Universitäten, Beratung beim VAMV vor Ort). Geschiedene und getrennt lebende Frauen, die ihre Ausbildung wegen Familienarbeit abgebrochen haben oder nach einer langen Familienpause nicht wieder in ihren Beruf zurückkehren können, haben in der Regel Anspruch auf (Weiter-)Finanzierung des Studiums durch Ehegattenunterhalt (§1575 BGB). Ledige Mütter und Väter haben Anspruch auf Betreuungsunterhalt, solange das Kind noch nicht drei Jahre alt ist, wenn das Kindeswohl es erfordert auch länger. Die Zahlung von Kindesunterhalt hat allerdings Vorrang. BAföG Die Förderung eines Studiums über das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) kann derzeit bis zu 735 Euro betragen. Hinzu kommt für studierende Eltern, die mit mindestens einem Kind unter 10 Jahren zusammen leben, ein Kinderbetreuungszuschlag von 130 Euro. Eine Hälfte des Geldes zahlt der Staat als Zuschuss, die andere Hälfte ist grundsätzlich ein Darlehen und muss in Höhe von bis zu 10.000 Euro nach dem Studium zurückgezahlt werden. Wichtig: BAföG muss jedes Jahr neu beantragt werden und gilt nicht rückwirkend. Als monatlicher Bedarf sind im BAföG Pauschalbeträge vorgesehen, deren Höhe abhängig ist von der Art der Ausbildungsstätte und der Unterbringung (bei den Eltern oder auswärts wohnend). Außerdem richtet die Höhe der BAföG-Förderung nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Studierenden sowie des Einkommens der Eltern oder des Ehe-/Lebenspartners. Weigern sich Ihre möglicherweise unterhaltspflichtigen Angehörigen, Aus- kunft über ihre Einkommensverhältnisse zu geben oder kommen diese Ihrer bereits bekannten Unterhaltspflicht nicht nach, so können Sie beim zustän- digen Amt für Ausbildungsförderung einen Antrag auf Vorausleistung stel- len. Sie erhalten dann möglicherweise (zusätzliche) Leistungen zum laufenden Lebensunterhalt während Ihres Studiums. Geht das BaföG-Amt für Sie in Vor- leistung, obwohl Ihre Angehörigen für Sie unterhaltspflichtig wären, holt es sich den entsprechenden Unterhaltsbetrag von diesen zurück. Der zurückge- holte Betrag wird später zur Hälfte auf den Zuschuss und zur Hälfte auf das Darlehen angerechnet. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht Anspruch auf ein elternunab- hängiges BAföG. Das ist der Fall, wenn davon auszugehen ist, dass den Studie- renden kein Familienunterhalt mehr zusteht, sofern jemand – seit seinem/ ihrem 18. Lebensjahr fünf Jahre gearbeitet hat oder 59 S T u D Iu m 3 – nach einer dreijährigen Berufsausbildung drei Jahre gearbeitet hat und sich durch die Berufstätigkeit selbstständig finanzieren konnte. Sind die Voraussetzungen für das elternunabhängige BAföG erfüllt, wird das Einkommen der Eltern bei der Berechnung der BAföG-Förderungshöhe nicht berücksichtigt und muss nicht mehr nachgewiesen werden. Grundsätzlich können nur Studierende, die ihre Ausbildung bis zu ihrem 30. Lebensjahr aufgenommen haben, gefördert werden. Für Masterstudien gänge gilt eine Altersgrenze von 35 Jahren. Es gibt aber Ausnahmeregelungen für Absolvent/innen des Zweiten Bil- dungsweges und für Kindererziehungszeiten. Mütter oder Väter, die wegen der Erziehung eines Kindes unter zehn Jahren ihr Studium noch nicht begonnen haben, erhalten auch nach Überschreiten der Altersgrenze BAföG, wenn sie glaubhaft machen können, dass sie sich überwiegend um das Kind geküm- mert haben. Laut einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist bei bei Alleinerziehenden auch bei einer vollen Erwerbstätigkeit davon auszugehen, dass sie sich überwiegend um das Kind gekümmert haben. (Eltern in Paar- familien dürfen nur bis zu 30 Wochenstunden berufstätig gewesen sein.) Die Förderung kann über die Förderungshöchstdauer hinaus gewährt wer- den, wenn diese infolge einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zum zehnten Lebensjahr überschritten worden ist. Die Schwan- gerschaft während des Studiums wird mit einem Semester als studienver- längernd anerkannt. Die Betreuung für Kinder bis zum Ende des fünften Lebens - jahres wird mit einem Semester pro Lebensjahr als studienverlängernd aner- kannt. Für Kinder im sechsten bis siebten Lebensjahr wird insgesamt ein Semester anerkannt, ebenso für Kinder im achten bis zehnten Lebensjahr. Diese zusätz- lichen förderungswürdigen Semester werden als Vollzuschuss bezahlt. Die „BAföG“-Schulden werden dadurch also nicht erhöht. Die Anträge müssen recht- zeitig gestellt werden, um eine Weiterfinanzierung ohne Lücken zu erhalten. Wenn Sie neben Ausbildung und Kindererziehung ein Einkommen erzie- len, erhöhen Kinder die Freibeträge, die Sie ohne eine Kürzung des BAföG ver- dienen dürfen. Studierende dürfen selbst anrechnungsfrei hinzuverdienen, sofern das zu- sätzliche Einkommen 450 Euro im Monat beziehungsweise 5.400 Euro im Jahr nicht übersteigt. Bei selbstständiger Tätigkeit sinkt diese Einkommensgrenze auf 4.410 Euro Gewinn vor Steuern, monatlich 367,50 Euro. Für jedes Kind wird ein Freibetrag von 520 Euro gewährt, es sei denn, es bekommt selbst BAföG (z. B. Schüler-BAföG). Der Freibetrag für eigenes Vermögen beträgt 7.500 Euro. Dieser erhöht sich für jedes Kind um 2.100 Euro. 60 Sie können beim BAföG-Amt einen Antrag auf Vorabentscheidung stellen, wenn Sie sich nicht sicher sind, ob sie einen Anspruch auf Unterstützung ha- ben. Eine Vorabentscheidung ist verbindlich, sofern das Studium danach in- nerhalb eines Jahres begonnen wird und gilt für die gesamte Ausbildung. Die Vorabentscheidung informiert allerdings nicht über die genaue Höhe der Aus- bildungsförderung in Ihrem Einzelfall. Wer die zu erwartende Unterstützung in etwa kalkulieren möchte, kann den „BAföG-Rechner“ im Internet unter www.bafoeg-rechner.de/Rechner/ nutzen. Hilfe zum Studienabschluss / Bildungskredit Wenn Sie besondere finanzielle Engpässe überbrücken oder Aufwendungen, z. B. Exkursionen, finanzieren müssen, gibt es zwei Möglichkeiten, Darlehen zu beantragen: Um das Studium nach der Förderhöchstdauer zügig abzuschließen, können Sie beim BAföG-Amt einen Antrag auf ein verzinsliches Darlehen für maxi- mal 12 Monate stellen („Hilfe zum Studienabschluss“). Darauf haben Sie auch dann Anspruch, wenn Sie während der Regelstudienzeit kein BAföG erhalten haben. Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit ist der Bildungskredit in Höhe von bis zu 300 Euro monatlich für maximal zwei Jahre. Innerhalb eines Ausbil- dungsabschnittes können maximal 7.200 Euro als Bildungskredit bewilligt werden. Anders als bei der Hilfe zum Studienabschluss muss der Antrag da- für beim Bundesverwaltungsamt eingereicht werden (www.bva.bund.de). Die Gewährung unterliegt nicht den strengeren Kriterien der Hilfe zum Studien- abschluss. Er kann z. B. auch neben dem BAföG-Bezug innerhalb der Regel- studienzeit gewährt werden. Grundsätzlich gilt für die Inanspruchnahme von Darlehen: Lassen Sie sich gut beraten, z. B. auch von Verbraucherberatungsstellen, und kalkulieren Sie die Chancen, den Kredit nach den vereinbarten Modalitäten zurückzahlen zu können. Details über die Rückzahlungsmodalitäten erfahren Sie auch unter www.studis-online.de. BAföG-Rückzahlung Fünf Jahre nach Ende (oder nach Abbruch) des Studiums erhalten Sie in der Regel den Rückzahlungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes. Denken Sie deshalb bei einem Umzug an eine Meldung an das Bundesverwaltungsamt. http://www.bafoeg-rechner.de/Rechner/ http://www.bva.bund.de http://www.studis-online.de 61 S T u D Iu m 3 Das Darlehen muss in Mindestraten von 105 Euro pro Monat in längstens 20 Jahren und höchstens bis zu einem Gesamtbetrag von 10.000 Euro zurückgezahlt werden. Ist zu diesem Zeitpunkt das Einkommen nicht höher als 1.145 Euro pro Monat, kann die Rückzahlung auf Antrag ausgesetzt werden. Bei der Berechnung Ihres anrechen- baren Einkommens werden auf Antrag neben diesem Grundfreibetrag zusätzlich 520 Euro pro Kind als Freibetrag abgezogen, soweit es nicht bereits selbst förderungs- berechtigt ist, z. B. als Schüler/in. Alleinerziehende, die Kosten für Kinderbetreuung nachweisen, können die Ausgaben zusätzlich mit bis zu 175 Euro für das erste und je 85 Euro monatlich für jedes weitere Kind vom Anrechnungsbetrag absetzen. Informationen zum BAföG (z. B. Merkblätter, Rechenbeispiele) finden Sie auf den Internetseiten des Bundesbildungsministeriums unter: www.bafög.de sowie auf den Seiten des Deutschen Studentenwerks: www.studentenwerke.de Stipendien Gute Chancen auf ein Stipendium dürften Alleinerziehende, die sich beim VAMV engagieren, bei solchen Stiftungen haben, die bei der Vergabe von Förderungs- punkten gesellschaftliches Engagement hoch bewerten. Ein Stipen dium hat den Vorteil, dass es nicht zurückgezahlt werden muss und von den meisten Stiftungen Familienzuschläge plus Büchergeld gezahlt werden. In einigen Bundesländern besteht für Frauen nach einer Familienpause die Möglichkeit, mit einem Stipendium ihre Promotion oder Habilitation (wieder) aufzunehmen. Erkundigen Sie sich bei den Sozialberatungsstellen oder den Frauen - beauftragten der Universitäten, den kommunalen Frauenbüros oder Gleichstel- lungsministerien der Bundesländer. Bestimmte Stiftungen (z. B. die Hans-Böckler-Stiftung) legen besonderen Wert da - rauf, Studierende zu fördern, die durch familiäre Verpflichtungen oder andere Hinder - nisse sonst am Studium oder der Promotion gehindert wären. Es lohnt sich, genaue- re Auskünfte einzuholen, beispielsweise bei den örtlichen Stipendiat/innengruppen. Die Internetseite www.stiftungsindex.de hilft bei der Suche nach einer geeigneten Stiftung. Erwerbstätigkeit neben dem Studium / Versicherungen Viele Studierende erfüllen ihre Krankenversicherungspflicht im Rahmen der Familienversicherung bei den Eltern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, falls http://www.bafg.de http://www.studentenwerke.de http://www.stiftungsindex.de 62 ihr zu versteuerndes Einkommen 450 Euro monatlich nicht übersteigt. Studie - rende, die aus der Familienversicherung herausfallen, müssen sich bei einer Kran- kenkasse ihrer Wahl zum ermäßigten Studierendenbeitrag Pflicht versichern. Grundsätzlich können Studierende mit dem ermäßigten Beitrag bis zum Abschluss ihres 14. Fachsemesters bzw. längstens bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres ver- sichert werden. Urlaubssemester wegen Geburt und Erziehung eines Kindes zäh- len nicht als Fachsemester. Nach der Geburt und Betreuung eines Kindes haben Sie die Möglichkeit, auch über die Altersgrenze von 30 Jahren hinaus den ermäßigten Beitrag für Studierende zu zahlen. Dafür müssen Sie einen Antrag bei der Kranken- kasse stellen. Es können bis zu sechs Semester zusätzlich berücksichtigt werden. Falls die Kinder über den alleinerziehenden studierenden Elternteil nicht mitversichert werden können, können die Kinder über den anderen Eltern- teil familienversichert werden. Sind die Eltern beide nicht selbst in einer ge- setzlichen Krankenkasse versichert, können die Kinder bei einem gesetzlich versicherten Großelternteil mitversichert werden, wenn sie von diesen über- wiegend unterhalten werden. Ansonsten müssen die Kinder eigenständig krankenversichert werden. Besteht für das Kind kein Versicherungsschutz, übernimmt das Sozialamt bei Bedürftigkeit für das Kind sämtliche Arzt- und Krankenhauskosten (§ 48 SGB XII). Nicht krankenversicherte (schwangere) Studierende haben nach § 1615 l BGB Anspruch auf Erstattung der Entbindungskosten durch den Vater des Kindes. Wenn der Vater nicht zahlen kann, dann springt das Sozialamt ein. Auch wenn Sie nach dem 14. Fachsemester bzw. mit Erlangung des 30. Le- bensjahres nicht mehr krankenversicherungspflichtig sind, empfiehlt es sich in jedem Fall, sich freiwillig weiter zu versichern. Die meisten gesetzlichen Krankenkassen bieten günstige so genannte „Übergangsbeiträge” an. Die Kin- der können dann beitragsfrei mitversichert werden. Falls die Kinder Sozialgeld beziehen, sollten Sie sich bei der Arbeitsagentur erkundigen, ob die Beiträge für die Krankenkasse zumindest teilweise übernommen werden. Sozialhilfe / Arbeitslosengeld II / Sozialgeld für Kinder von Studierenden Studierende sind aufgrund ihres Studierendenstatus‘ vom Bezug von Arbeits- losengeld II und Sozialhilfe nach dem 12. Sozialgesetzbuch ausgeschlossen. In besonderen Härtefällen können jedoch Leistungen zur Sicherung des Lebens- unterhalts als Darlehen gewährt werden (§ 27 SGB II Abs. 4). Auch wenn sie selbst keine Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII erhalten und ihren eigenen Bedarf über ausreichende Einkommen decken, 63 S T u D Iu m 3 können Kinder von Studierenden Sozialgeld nach dem SGB II erhalten. Zustän- dig für das Sozialgeld sind die Jobcenter. Beurlaubte Studierende erhalten kein BAföG und haben in dieser Zeit einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Dann haben sie auch Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehung (§ 21 Abs. 3 SGB II) und auf Mehrbedarf anläss- lich einer Schwangerschaft (§ 21 Abs. 2 SGB II). BAföG-Leistungen werden nicht als überschüssiges Einkommen bei anderen Mitgliedern der Bedarfsgemein- schaft (Kinder oder Partner/in) angerechnet. Nach wie vor gibt es eine Reihe von Unsicherheiten in Bezug auf die Leis- tungen nach SGB II, die zum Teil immer noch nicht abschließend geklärt sind. Es empfiehlt sich daher, jede Information zu prüfen und bei Beratungsstellen den neuesten Sachstand oder die sich eingebürgerte Handhabung zu erfragen. Nähere Informationen zum Arbeitslosengeld II und zum Sozialgeld fin- den Sie in den Abschnitten zu Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe in diesem Kapitel. Informationen aus dem Internet: www.tacheles-sozialhilfe.de und www.studis-online.de wenn das Geld trotz allem nicht reicht: Härtefallfonds Es gibt immer wieder alleinerziehende Student/innen, die durch alle Raster fallen: − Ausbleibende Unterhaltszahlungen für sich selbst oder das Kind − BAföG im August beantragt, Auszahlung erfolgt im Dezember. − Kein Geld während des Abschlusses. − Keine Zwischenfinanzierung für Fachrichtungswechsler/innen. Insbesondere bei vorübergehenden Notlagen gibt es die Möglichkeit, mit Geld- ern aus Härtefalltöpfen der Universitäten (Vermittlung über Sozialberatungs- stelle, AStA, Uni-Gleichstellungsbeauftragte) oder der Kirchen (über die Kirchen- gemeinde, Diakonie oder Caritas) auszuhelfen. wohnraum für alleinerziehende Student / innen In jeder Uni-Stadt gibt es Wohnheime für Studierende, vereinzelt gibt es auch Wohnungen für (alleinerziehende) Studierende mit Kindern, z. B. in Düsseldorf und in Bonn, oder es ist möglich, einfach ein Doppelappartement zu mieten. Erkun - digen Sie sich beim örtlich zuständigen Studentenwerk (www.studentenwerke.de). Alleinerziehenden Student/innen steht natürlich wie allen anderen auch die Vermittlung einer Sozialwohnung offen. http://www.tacheles-sozialhilfe.de http://www.studis-online.de http://www.studentenwerke.de 64 Die Chancen auf bezahlbaren Wohnraum auf dem freien Wohnungsmarkt sind für alleinerziehende Student/innen begrenzt. Vielleicht gibt es ein Wohn- projekt in Ihrer Nähe? Auskunft gibt es bei städtischen Wohnungsämtern oder VAMV-Landesverbänden. Wohngeld ist ein Mietzuschuss, der bei der Wohngeldstelle in Ihrer Ge- meinde beantragt wird. Studierende Eltern, die mit ihren Kindern in einem Haushalt leben, können einen Anspruch auf Wohngeld haben, solange sie keine anderen Sozialleistungen z. B. ALG II oder BAföG beziehen. Leben studierende Eltern mit Ihren Eltern(teilen) in einem Haushalt, können diese ebenfalls einen Antrag auf Wohngeld stellen. Auch für Kinder kann ein eigener Wohngeld- antrag gestellt werden. Weitere Informationen stehen in den Unterkapiteln zu Arbeitslosengeld II und Wohngeld. Kinderbetreuungsmöglichkeiten Viele Studierende möchten ihr Kind am liebsten in einer Uni-Kindergruppe betreut wissen. Es gibt an den einzelnen Universitäten die unterschiedlichsten Betreuungskonzepte und Träger. Eine Kinderbetreuung direkt an der Uni hat für Studierende viele Vorteile. Trotzdem lohnt es sich abzuwägen, ob nicht der Kindergarten „um die Ecke“ wegen der Einbindung in die Nachbarschaft und der Nähe zu Spielkameraden eine Alternative ist. Die Broschüre des VAMV Landesverbandes Berlin e.V. „18 Jahre – jetzt geht´s los“ liefert viele wichtige Informationen für junge Volljährige und/ oder ihre alleinerziehenden Eltern rund um die Ausbildungsförderung (Stand 2017). Sie finden die Broschüre unter www.vamv.de/puplikationen. E R w E R B S TäT I G K E I T Die eigenständige Existenzsicherung ist nicht zuletzt wegen des Erwerbs eigener Rentenansprüche besonders für Frauen wichtig. Sie sollte auch wäh- rend der Erziehung und Betreuung eines Kindes oder mehrerer Kinder nicht aufgegeben, höchstens unterbrochen werden. Es empfiehlt sich, nach der Geburt eines Kindes die zur Verfügung stehende bis zu dreijährige Elternzeit nur teilweise zu nutzen: – In hoch qualifizierten Berufen ist eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit oft gleichbedeutend mit dem Ende von Karrierewegen. http://www.vamv.de/puplikationen 65 E R w E R B S Tä T IG K E IT 3 – Mütter, die längere Zeit beruflich ausgesetzt haben, verlieren das Zutrauen in ihre beruflichen Fähigkeiten. – Der schnelle technologische Wandel erschwert es bereits nach einer kurzen Unterbrechung, wieder an den Arbeitsplatz zurück zu kehren. – Ein Ausstieg aus dem Beruf bedeutet meist eine unzureichende eigenstän- dige finanzielle Absicherung, gerade auch im Alter. Im Folgenden werden die Rechte und sozialen Leistungen für Arbeitnehmer/ innen bei der Geburt eines Kindes dargestellt. Ausschlaggebend für die Ver- einbarkeit von Familie und Beruf ist eine gute, qualifizierte Betreuungsmög- lichkeit für Ihr Kind. Studien zeigen, dass berufstätige Mütter zufriedener und gesünder sind als nicht berufstätige Mütter. Erwerbstätigkeit dient keineswegs nur dem Broterwerb, sondern auch der persönlichen Entfaltung, dem Aufbau und Erhalt von sozialen Kontakten, der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und der Stärkung des Selbstbewusstseins. Das kommt nicht nur Ihnen, sondern auch Ihren Kindern zugute. Bedenken Sie bei Ihren Entscheidungen, dass vor allem ein längerer Aus- stieg aus der Erwerbstätigkeit vielfältige Probleme beim Wiedereinstieg mit sich bringt. Deshalb ist es wichtig, auch während einer Unterbrechung Ihrer Erwerbstätigkeit den Kontakt zu Ihrer Arbeitsstelle bzw. Ihrem Beruf auf- rechtzuerhalten. Nutzen Sie Krankheits- und Urlaubsvertretungen, Aushilfs- tätigkeiten oder betriebliche Weiterbildungsangebote. Immer mehr Arbeit- geber kommen darin Ihren Mitarbeiter/innen entgegen. Machen Sie sich mit neuen Techniken und Entwicklungen in Ihrem Beruf vertraut. Wenn Sie sich beruflich neu orientieren wollen, können Sie unter Umständen die Elternzeit für Ihre Weiterbildung nutzen. An dieser Stelle ein Wort zur Kinderbetreuung: Auch wenn Sie einen Teil der Elternzeit oder die ganze Elternzeit nicht erwerbstätig sein werden, lohnt es sich aus den oben genannten Gründen, sich um eine regelmäßige, also kalku lierbare, Kinderbetreuung zu kümmern. Eine qualifizierte, vertrauensvolle Kinderbetreu- ung kann nicht nur Ihnen, sondern auch der Entwicklung Ihres Kindes nützen. wI E D E R E I NSTI EG – WIE FINDE ICH ARBEIT? Der Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit kann sich je nach Dauer der Unter- brechung mehr oder weniger schwierig gestalten. Die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt und die Schwierigkeit, eine nach Ihren Wünschen mit der Familie kombinierbare Arbeit zu finden (z. B. flexible Arbeitszeiten), erschwe- ren die Suche. Häufig besteht das Problem, dass durch die Unterbrechung Ihre 66 Qualifikationen nicht mehr den Anforderungen des Arbeitsmarktes entspre- chen. Es erleichtert auf jeden Fall den Einstieg, wenn Sie während der Eltern- zeit den Kontakt zu Ihrem Beruf und Ihrem Arbeitgeber aufrechterhalten und schon bei Ihrem Ausstieg Absprachen für das Wiederkommen getroffen haben. Zuerst sollten Sie sich um eine gute, qualifizierte Betreuungsmöglichkeit für Ihr Kind kümmern. So können Sie Ihre Kräfte auf die Arbeitsuche und den Wiedereinstieg konzentrieren. Wichtig ist auch, dass Sie sich auf jeden Fall und so schnell wie möglich arbeitslos und arbeitssuchend melden, denn nur so haben Sie Anspruch auf die Leistungen und Förderungen nach dem Zweiten und Dritten Sozialgesetzbuch (SGB II, III). Verpassen Sie Fristen, werden Leis- tungen sehr schnell gekürzt. Schätzen Sie Ihre Voraussetzungen und Vorstellungen über Ihre zukünftige Tätigkeit ein und überlegen Sie sich, ob es reicht, die Kenntnisse in Ihrem erlernten Beruf aufzufrischen und zu aktualisieren, oder ob es besser ist, eine Umschulung in Angriff zu nehmen. Auch wenn Sie Hilfen für eine Existenz- gründung benötigen, kann Ihnen ein Beratungsgespräch bei der Arbeitsagen- tur helfen. In diesem Fall empfiehlt es sich dringend, parallel eine örtliche Beratungsagentur aufzusuchen, die sich auf Existenzgründungen spezialisiert hat. Die Fördermodelle des Landes, des Bundes und der EU sind so speziell und häufig kurzlebig, dass nur ausgewiesene Fachleute hier den Überblick behalten. Dagegen gibt es in den meisten Arbeitsagenturen einen speziellen Infor- mations- und Beratungsservice für Berufsrückkehrerinnen. Sprechen Sie mit anderen über deren Erfahrungen beim Wiedereinstieg. Holen Sie sich gege- benenfalls Hilfestellung bei den in allen Bundesländern eingerichteten Bera- tungsstellen für Frauen (Adressen erfahren Sie bei der Arbeitsagentur). Auch die kommunalen Gleichstellungsstellen oder die Beauftragten für Chancen- gleichheit auf dem Arbeitsmarkt bei der örtlichen Arbeitsagentur oder dem Jobcenter können Ihnen weiterhelfen. Darüber hinaus bieten auch die Organi- sationen von Arbeitgebern, Gewerkschaften, Innungen, Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern Informationen an. Wenn Sie sich im Klaren sind, welche Tätigkeit Sie anstreben, existieren für Sie verschiedene Wege, einen Arbeitsplatz zu finden. Verlassen Sie sich nicht nur auf die Angebote der Arbeitsagentur bzw. des Jobcenters. Werden Sie selber aktiv. Studieren Sie die Stellenanzeigen im Internet ebenso wie die Anzeigen in lokalen und überregionalen Tageszeitungen, Zeitschriften und Fachblättern. Stellen im öffentlichen Dienst (Stadtverwaltung, Post, Gericht, Finanzämter usw.) werden meist nur im Amtsblatt oder unter den entsprechenden Internet-Adressen ausge- schrieben. Das Amtsblatt liegt oft in Stadt büchereien aus. Initiativbewerbungen 67 E R w E R B S Tä T IG K E IT 3 lohnen sich, wenn Sie in dem Betrieb, der Sie interessiert, eine/n Ansprechpart- ner/in haben oder finden, an den Sie Ihre Bewerbung gezielt schicken können. Nicht zuletzt ist ein persönliches Netzwerk mit Freunden und Bekannten bei der Arbeitsplatzsuche hilfreich. Viele Arbeitsagenturen, Volkshochschulen und andere Weiterbildungs stellen bieten Bewerbungstrainings an, z. T. auch speziell für Frauen. Darüber hinaus werden im Buchhandel zahlreiche Bewerbungs-Ratgeber angeboten. Wenn Sie Arbeits losengeld I oder II beziehen, werden Ihnen Bewerbungs kosten auf Vorab- Antrag erstattet (Foto-Gutscheine o. ä.). Nach § 45 SGB III haben die Fallmanager/ innen ein Vermittlungsbudget, das sie flexibel ein setzen können. Damit kön- nen nicht nur Fahrt- und Bewerbungskosten, sondern beispielsweise auch ein Coaching, ein Friseurbesuch oder Ähnliches finanziell unterstützt werden. Speziell auf Frauen nach einer Erziehungsphase hat sich das Portal www.perspektive-wiedereinstieg.de des Bundesfamilienministeriums fokussiert. In diesem Portal sind unter anderem regionale Beratungsstellen verzeichnet, die gezielt für einen Wiedereinstieg in den Beruf beraten. Arbeitszeitgestaltung Wenn Sie nach der Geburt Ihres Kindes Ihre Erwerbstätigkeit wieder aufneh- men, müssen Sie sich überlegen, ob Sie eine Vollzeitbeschäftigung oder eine Teilzeitbeschäftigung anstreben. Unter Teilzeit werden sowohl Aushilfstätig- keiten von wenigen Stunden als auch feste Arbeitsverhältnisse mit sogenannten halben Stellen oder vollzeitnahen Arbeitszeitgestaltungen mit z. B. 32 Wochen- stunden verstanden. Darüber hinaus kann es sein, dass Ihre Wochenarbeitszeit nicht gleichmäßig auf jeden Tag verteilt ist, sondern Sie beispielsweise an drei Tagen der Woche voll arbeiten, an den anderen gar nicht. Es besteht die Möglich- keit, sowohl unbegrenzt als auch befristet in Teilzeit zu arbeiten. Einen Anspruch auf unbefristeteTeilzeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) haben Arbeitnehmer/innen, die einem Betrieb mindestens sechs Monate angehören. Voraussetzung ist, dass dort mindestens 15 Mitarbeiter/innen beschäftigt sind und keine betrieblichen Gründe gegen den Teilzeitwunsch sprechen. Im Idealfall suchen Arbeitnehmer/in und Arbeitgeber einvernehmlich nach einer Lösung. Falls Sie bei einem Arbeitgeber mit mehr als 45 Mitarbeiter/innen länger als 6 Monate tätig sind, können Sie seit dem 1. Januar 2019 bei Ihrem Arbeitge- ber einen Antrag auf Brückenteilzeit stellen. Im Rahmen der Brückenteilzeit können Sie Ihre Arbeitszeit vorübergehend, mindestens aber für ein Jahr und höchstens für fünf Jahre verringern. Danach können Sie zu Ihrem ursprüng- http://www.perspektive-wiedereinstieg.de 68 lichen Arbeitsumfang zurückkehren. Falls Sie bereits vor dem 1. Januar 2019 in Teilzeit beschäftigt waren, können Sie Ihre Arbeitszeit zeitlich befristet noch weiter einschränken. Danach ist aber nur eine Aufstockung zum ur- sprünglichen Teilzeitumfang möglich. Ihr Arbeitgeber kann Ihren Antrag auf befristete Teilzeit ablehnen, sofern dem betriebliche Gründe entgegenstehen. Beschäftigt Ihr Arbeitgeber weniger als 200 Mitarbeiter/innen, kann er Ihren Antrag auch ablehnen, wenn sich bereits eine bestimmte Anzahl an Beschäf- tigten in Brückenteilzeit befindet. Ihr Arbeitgeber ist zumindest verpflichtet, mit Ihnen Ihren Wunsch nach Veränderung der Länge und Lage Ihrer Arbeits- zeit zu erörtern und Ihnen bis spätestens einen Monat vor dem Beginn der ge- wünschten Teilzeitarbeit seine Entscheidung über Ihren Antrag mitzuteilen. Ansonsten gilt die Brückenteilzeit nach Ihren Wünschen als von ihm akzep- tiert. Erkundigen Sie sich, ob für Ihr Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag gilt, in dem abweichende Vereinbarungen für den möglichen Zeitraum einer Arbeits- zeitverkürzung getroffen wurden. Falls Sie bereits vor dem 1. Januar 2019 teilzeitbeschäftigt waren und Ihren Arbeitsumfang wieder ausweiten möchten, besteht kein Anspruch auf Rück- kehr zum ursprünglichen Arbeitsumfang. Ihr Arbeitgeber muss Sie jedoch bei der Besetzung frei werdender Arbeitsplätze bevorzugt berücksichtigen. Tut er das nicht, muss er begründen, warum ein/e andere/r Bewerber/in besser für den freien Arbeitsplatz geeignet war. Neben den Vorteilen, die eine Teilzeitbeschäftigung im Sinne von mehr Zeit für die Familie, leichtere Organisation des Alltags usw. bringt, sind damit allerdings auch Nachteile verbunden. In den meisten Fällen werden Sie durch eine Teilzeitbeschäftigung nicht Ihren Lebensunterhalt und den Ihres Kindes sichern können. Vergessen Sie auch nicht, dass eine geringere Arbeitszeit eine Minderung der Ansprüche in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung mit sich bringt. Auch die tariflichen Zusatzleistungen wie Urlaubsgeld, Weih- nachtsgeld oder vermögenswirksame Leistungen richten sich nach der ver- ringerten Arbeitszeit. Sie haben jedoch auch bei Teilzeit ebenso Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von mindestens vier Wochen und Anspruch auf Ent- geltfortzahlung im Krankheitsfall. Wichtig ist, dass Sie die Vereinbarungen, die Sie im Bezug auf die Dauer und Lage Ihrer Arbeitszeit mit Ihrem Arbeit- geber treffen, vertraglich festlegen. Informationen unter: www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsrecht/Teilzeit/inhalt.html http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsrecht/Teilzeit/inhalt.html 69 E R w E R B S Tä T IG K E IT 3 minijob Geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse (Minijobs) können als Über - gangslösung, Berufseinstieg oder Zuverdienst sinnvoll sein. Wie Studien zeigen, bieten Minijobs sehr selten eine langfristige berufliche Perspektive. Von einer geringfügig entlohnten Beschäftigung spricht man, wenn das monat liche Arbeitsentgelt regelmäßig 450 Euro nicht überschreitet. Mehrere Minijobs wer- den zusammengerechnet. Ein (nicht mehrere!) Minijob kann neben einer ver- sicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ausgeübt werden. Minijobber/innen mit einem einzigen Minijob erhalten in der Regel ihr Gehalt brutto für netto, denn es werden keine Steuern abgezogen. Für 2019 gilt ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 9,19 Euro Bruttostundenlohn. Dieser gesetzliche Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmer, unabhängig von Arbeitszeit oder Umfang der Beschäfti- gung – und damit auch für Minijobber/innen. Aus der Grenze von 450 Euro ergibt sich für Minijobber/innen bei einem Mindestlohn von 9,19 Euro eine maximale Arbeitszeit von 48,9 Stunden pro Monat. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Ar- beitszeiten von Minijobber/innen aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen zwei Jahre lang aufzubewahren und bei einer Prüfung durch den Zoll vorzulegen. Die Aufzeichnungspflicht besteht nicht für Minijobber/innen in Privathaushalten. Für die Minijobs gelten die gleichen arbeitsrechtlichen Regeln wie für sozial- versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse (z. B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall). Mit Ausnahme der Rentenversicherung sind Minijobs sozial- versicherungsfrei. Bei gewerblichen Minijobs werden 3,7 Prozent ihrer Ein- künfte an die Rentenversicherung abgeführt. Das entspricht bei einem Job mit 450 Euro Einkommen monatlich 16,65 Euro. Der Arbeitgeber jedoch muss für diese normalen gewerblichen Minijobs Sozialabgaben und Steuern in Höhe von 30 Prozent abführen. Diese setzen sich zusammen aus – 15 Prozent für die Rentenversicherung, – 13 Prozent für die Krankenversicherung, – 2 Prozent Pauschsteuer. Für Minijobber/innen in Privathaushalten beträgt der Eigenanteil zur Renten- versicherung allerdings 13,6 Prozent, denn hier zahlen die Arbeitgeber lediglich eine pauschale Abgabe von 5 Prozent an die Rentenkasse. Minijobber/innen mit geringem Verdienst, also z. B. 100 Euro, müssen wissen, dass es in der Rentenversicherung eine Mindestbemessungsgrundlage von 175 Euro gibt. Der von Ihnen zu zahlende Mindestbeitrag orientiert sich also an 175 Euro, auch wenn Sie weniger verdienen. Die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung kann von der/dem Minijobber/in abgewählt werden. Dies 70 muss gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich erklärt werden, entsprechende Formulare gibt es bei der Minijob-Zentrale. Minijob-Arbeitsverhältnisse die schon vor 2013 bestanden, unterliegen weiter- hin der alten Regelung, wonach keine Rentenversicherungspflicht besteht. Wer in einem solchen Job ohne Rentenversicherungsaufstockung arbeitet, kann sich allerdings seit 2013 ebenfalls für die Rentenversicherungspflicht entscheiden. Die Rentenversicherungspflicht hat Vorteile, über die Sie sich im Klaren sein sollten, auch wenn es mitunter unmöglich erscheint, von dem wenigen mit einem Minijob erwirtschafteten Geld Beträge an die Rentenversicherung zu zahlen. Haben Sie keinen sozialversicherten Hauptjob, erwerben Sie dadurch den vollen Versicherungsschutz mit allen Leistungen der Rentenversicherung (Reha- Maßnahmen, Erwerbsminderungsrenten, Förderung der Riester-Rente). Die Zeit des Minijobbens gilt als normale rentenversicherungspflichtige Beschäftigungs- zeit. Das kann helfen, überhaupt einen Rentenanspruch zu erwerben. Ihre spä- tere monatliche Rente wird nach heutigen Werten bei einer Beschäftigung im Minijob während eines ganzen Jahres um etwa 4,50 Euro steigen. Auch Bezieher/ innen von ALG II dürfen einen Minijob ausüben. Die Tätigkeit ist allerdings einer Reihe von Reglementierungen unterworfen. Das erzielte Nebeneinkommen wird teilweise angerechnet. Grundsätzlich gilt: Jede Nebenbeschäftigung sollte dem Jobcenter unverzüglich gemeldet werden. Beziehen Sie ALG II und gehen gleichzeitig einem Minijob nach, ohne dabei auf Ihre Rentenversicherungspflicht zu verzichten, wird der Rentenversicherungsbeitrag nicht als anrechenbares Einkommen gewertet. Sie erhalten durch die Zahlung von Rentenbeiträgen also nicht weniger ALG II als ohne Rentenbeiträge. Bei einem Arbeitsentgelt über 450 Euro tritt für den / die Arbeitnehmer/in die Versicherungspflicht ein. Für Einkommen zwischen 450,01 Euro und 850 Euro (ab 1. Juli 2019 1.300 Euro) hat der Gesetzgeber einen Übergangsbereich eingeführt (Midi­Jobs). In dieser Zone steigen die Beiträge mit zunehmenden Einkommen linear an. Die Regelungen gelten auch bei mehreren Beschäftigungsverhältnis- sen, wenn das Arbeitsentgelt insgesamt die Einkommensgrenze für den Über- gangsbereich nicht übersteigt. Die reduzierten Beiträge des Arbeitnehmers wer- den in der gesetzlichen Rente später so bewertet, als hätte der Arbeitnehmer den vollen Beitrag gezahlt. Ausnahme: Für bestimmte Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, bei Kirchen und gemeinnützigen Organisationen gibt es Freibeträge. Die Übungsleiter- pauschale (z. B. Sportverein, Dozententätigkeit an Volkshochschulen) beträgt 2.400 Euro im Jahr, die auf die 450-Euro-Grenze nicht angerechnet wird. Das bedeutet: für solche Jobs ist ein Einkommen von bis zu 650 Euro monatlich 71 E R w E R B S Tä T IG K E IT 3 steuer- und sozialversicherungsfrei. Die abgabenfreie Ehrenamtspauschale (z. B. Verein, Sozialarbeit) liegt bei 720 Euro im Jahr. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat für Fragen folgende Infotelefone geschaltet (Montag bis Donnerstag 8–20 Uhr): • Bürgertelefon zur Arbeitsmarktpolitik 030 / 221 911 003 • Bürgertelefon zum Arbeitsrecht 030 / 221 911 004 • Bürgertelefon zu Teilzeit / Altersteilzeit / Mini-Jobs 030 / 221 911 005 • Mindestlohn-Hotline 030 / 6028 0028 Weitere Infos gibt es unter www.minijob-zentrale.de. Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, sich selbstständig zu machen, können Sie eventuell durch den Gründungszuschuss unterstützt werden. Dieser ist eine Ermessensleistung der Arbeitsagentur, es besteht darauf kein Rechtsanspruch. Förderwürdig sind Arbeitslose, die noch mindestens 150 Tage Anspruch auf Ar- beitslosengeld I haben. Ein noch bestehender Anspruch auf Arbeits losengeld wird während der Förderung aufgebraucht. Auch Empfänger/innen von Arbeitslosen- geld II können vom Jobcenter Einstiegsgeld als Zuschuss zu einer selbstständigen Tätigkeit erhalten. Ein direkter Übergang von einer Beschäftigung in eine von der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter geförderte Selbstständigkeit ist nicht möglich. Achtung: Häufig wissen Stellen, die sich auf das Coachen von Existenzgrün- der/innen spezialisiert haben, aus welchen Fördertöpfen Sie noch Anspruch auf Unterstützungsgelder haben. So fördert beispielsweise der Europäische Sozial- fonds Beratungen zur Kundengewinnung oder zum Aufbau Ihres Marketing- konzeptes (Flyer, Logo). Auch der Ausbau persönlicher Kompetenzen (Verhand- lungsführung, Rhetorik) kann gefördert werden. Industrie- und Handelskammern, die kommunalen Ämter für Wirtschafts- förderung oder Beratungsagenturen kennen sich meistens gut aus. Dort unter- stützt man Sie auch in der Entwicklung Ihres Unternehmenskonzeptes, bietet Existenzgründungsseminare oder Stammtische an. Vor allem für Gründerinnen ist die Beratungspalette groß. Informationen: www.fiw-ev.de www.gruenderinnenagentur.de www.frauenmachenkarriere.de Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (www.bmwi.de oder www.existenzgruender.de). Hier können Sie auch die ausgesprochen empfehlenswerte Informationsbroschüre „GründerZeiten“ bestellen oder downloaden. http://www.minijob-zentrale.de http://www.fiw-ev.de http://www.gruenderinnenagentur.de http://www.frauenmachenkarriere.de http://www.bmwi.de http://www.existenzgruender.de 72 muTTERScHuTZ uND muTTERScHAFTSLEISTuNGEN Sobald Sie schwanger sind, gelten für Sie eine Reihe von Schutzbestimmungen, durch die Sie und Ihr Kind vor Gefahren, Überforderung und Gesundheitsschädi- gung am Arbeits- und Ausbildungsplatz, vor finanziellen Einbußen und vor dem Verlust des Arbeitsplatzes im Zusammenhang mit der Schwangerschaft und Geburt geschützt werden. Das Mutterschutzgesetz gilt für alle in einem Arbeitsverhältnis stehenden Frauen. Es ist also egal, ob Sie auf Probe, als Aushilfe, nebenberuflich oder in Teilzeit (auch geringfügig), befristet oder unbefristet beschäftigt sind. Möglicher- weise haben Sie auch Anspruch auf Mutterschutz, falls Sie eine Tätigkeit auf Basis einer anderen gesetzlichen Grundlage ausüben, beispielsweise im Rahmen eines Bundesfreiwilligendienstes oder als arbeitnehmerähnliche Selbstständige. Informie- ren Sie sich gut, ob für Sie ein Anspruch auf Mutterschutz besteht. Hinweise auf ge- eignete Informationsquellen finden Sie am Ende des Kapitels. Auch für Studentinnen und Schülerinnen gelten die mutterschutzrechtlichen Bestimmungen, wenn ein Pflichtpraktikum absolviert wird oder Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveran- staltungen durch die Ausbildungsstelle verpflichtend vorgegeben sind. Für Beam- tinnen gelten die Verordnungen über den Mutterschutz, die zum Teil von den all- gemeinen Mutterschutzvorschriften, nicht aber von deren Schutzniveau abweichen. Ihr Arbeitgeber muss Gefährdungen für Sie und Ihr ungeborenes Kind an Ihrem Arbeitsplatz beurteilen und geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen. Er muss Ihren Arbeitsplatz so anpassen, dass Gesundheitsgefährdungen für Sie und Ihr Kind ausge- schlossen sind. Alternativ kann er Ihnen einen anderen geeigneten Arbeitsplatz zu- weisen, ohne dass Sie Lohneinbußen zu befürchten haben. Sie dürfen weder schwere körperliche Arbeiten verrichten, noch am Fließband oder im Akkord arbeiten. Auch dürfen Sie nach Ablauf des fünften Monats der Schwangerschaft keine Arbeiten verrichten, die ein ständiges Stehen erfordern, soweit die Beschäftigung täglich vier Stunden überschreitet. An Sonn- und Feier tagen müssen Sie nur arbeiten, sofern Sie das ausdrücklich möchten und einer vom allgemeinen Verbot der Arbeit an Sonn- und Feiertagen nach § 10 des Arbeitszeitgesetzes ausgenommenen Berufsgruppe an- gehören. Möchte Ihr Arbeitgeber Sie zwischen 20 Uhr und 22 Uhr beschäftigen, so braucht er dafür ebenfalls Ihr Einverständnis und eine behördliche Genehmigung. Unter bestimmten Bedingungen kann im Einzelfall aufgrund eines ärztlichen Zeugnisses auch ein individuelles Beschäftigungsverbot angeordnet werden. Während des Beschäftigungsverbots muss der Arbeitgeber das Gehalt weiterzah- len. Die letzten sechs Wochen vor der Geburt brauchen Sie als werdende Mutter nicht zu arbeiten (vorgeburtliche Mutterschutzfrist), außer Sie erklären sich selbst ausdrücklich bereit dazu. Diese Erklärung können Sie jederzeit widerrufen. Ein absolutes Beschäftigungsverbot besteht allerdings acht Wochen bzw. bei Ge- 73 m u T T E R S c H u T Z 3 burt eines behinderten Kindes, Früh- oder Mehrlingsgeburten zwölf Wochen nach der Entbindung. In allen Fällen einer vorzeitigen Entbindung, d. h. nicht nur bei Frühgeburten, verlängert sich die nachgeburtliche Schutzfrist um den Zeitraum, um den die Schutzfrist vor der Geburt verkürzt wurde. Die gesamte Mutterschutzfrist beträgt also immer mindestens 14 Wochen. Studentinnen oder Auszubildende in einer schulischen Ausbildung dürfen während der Schutzfrist nach der Geburt ihre Ausbildung wieder aufnehmen oder beispielsweise an ein- zelnen Prüfungsterminen teilnehmen, sofern sie das selbst möchten. Sobald Sie über Ihre Schwangerschaft Bescheid wissen, sollten Sie diese und den voraussichtlichen Geburtstermin Ihrem Arbeitgeber mitteilen. Während der Schwangerschaft und bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung besit- zen Sie einen besonderen Kündigungsschutz. Die Einhaltung der Schutzbestim- mungen durch den Arbeitgeber wird von den Aufsichtsbehörden überwacht. In einigen Bundesländern sind dafür die Gewerbeaufsichtsämter, in anderen Län- dern zum Beispiel staatliche Arbeitsschutzämter zuständig (Auskünfte über die Zuständigkeit erteilt das jeweilige Landesministerium für Arbeit und Soziales). Bei den Aufsichtsbehörden erhalten Sie auch Informationen und Unterstützung, falls Sie mit Ihrem Arbeitgeber Probleme wegen der Schwangerschaft haben. In solchen Fällen sollten Sie sich jedoch auch an den Betriebsrat bzw. Personalrat mit der Bitte um Hilfe und Information wenden. Stillende Mütter stehen ebenso wie werdende Mütter unter dem besonderen Schutz des Arbeitgebers. Sie dürfen nicht mit bestimmten Gefahrenstoffen ar- beiten, keine Akkord- und Fließbandarbeit leisten und nicht mit körperlich schweren oder belastenden Arbeiten beschäftigt werden. Der Arbeitgeber darf eine Frau, die nach einem ärztlichen Zeugnis in den ersten Monaten nach der Entbindung nicht voll leistungsfähig ist, nicht mit Arbeiten beschäftigen, die ihre Leistungsfähigkeit übersteigen. Außerdem haben stillende Mütter in den ersten zwölf Monaten nach der Entbindung während der Arbeitszeit Anspruch auf bezahlte Stillpausen Die Stillzeit darf auch nicht vor- oder nachgearbeitet und nicht auf die festgesetzten Ruhezeiten angerechnet werden. mutterschaftsleistungen Während der Mutterschutzfristen erhalten Sie, vorausgesetzt Sie sind Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse mit Anspruch auf Zahlung von Kranken- geld oder Sie sind Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse und Ihnen wird wegen der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes kein Arbeitsentgelt gezahlt, ein Mutterschaftsgeld von bis zu 13 Euro pro Kalendertag. Lag Ihr tat- 74 sächliches Gehalt, umgerechnet auf den einzelnen Kalendertag, höher, so ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, die Differenz bis zur Höhe Ihres durchschnittlichen Nettolohns als Zuschuss zu zahlen. Dies gilt auch für geringfügig Beschäftige. Wenn Sie in keinem Arbeitsverhältnis stehen, aber Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld sind, beispielsweise als Selbstständige, können Sie ebenfalls von Ihrer Krankenkasse Mutterschaftsgeld in Höhe des Kran- kengeldes bekommen. Arbeitnehmerinnen, die privat krankenversichert oder fami- lienversichert sind, erhalten ein einmaliges Mutterschaftsgeld von bis zu 210 Euro vom Bundesversicherungsamt. Auch in diesem Fall haben Sie ein Anrecht auf den Arbeitgeberzuschuss (als Differenz zwischen 13 Euro und dem durchschnittlichen Nettolohn pro Kalendertag). Ihren Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss müssen Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber geltend machen. Als Nachweis gilt der Bescheid Ihrer gesetzlichen Krankenkasse oder bei privat Versicherten der Bescheid des Bundesver- sicherungsamtes über den Anspruch auf Mutterschaftsgeld. Wenn Ihr Arbeitgeber den Zuschuss verweigert, können Sie beim zuständigen Arbeitsgericht Klage erheben. Für Beamtinnen gelten besondere Regelungen, die im Beamtenrecht fest- gelegt sind. Diese Regelungen entsprechen überwiegend den Regelungen des Mutter schutzgesetzes. Spezifische beamtenrechtliche Regelungen gibt es zur Besoldung und Entlassung. „Leitfaden zum Mutterschutz“, zu bestellen oder als Download beim Bundesmi- nisterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, www.bmfsfj.de. Servicetele- fon: 030 / 201 791 30 www.bmi.bund.de/DE/themen/oeffentlicher-dienst/beamtinnen-und-beamte/ mutterschutz Informationen zum Mutterschutz, Deutscher Beamtenbund, Bundesfrauenvertretung, Tel. 030 / 40 81 4400. Bundesversicherungsamt Friedrich-Ebert-Allee 38, 53113 Bonn, Tel. 0228 / 619 - 0, E-mail: mutterschaftsgeldstelle@bva.de, www.bundesversicherungsamt.de/mutterschaftsgeld.html E LTE R NZ E IT u N D E LTE R N G E LD u N D wE ITE R E FAm I LI E N LE ISTu N G E N D E R L äN D E R Elternzeit Als Arbeitnehmer/in haben Sie Anspruch auf Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Ihres Kindes. Die Dauer der nachgeburtlichen Mutterschutz- http://www.bmfsfj.de http://www.bmi.bund.de/DE/themen/oeffentlicher-dienst/beamtinnen-und-beamte/mutterschutz http://www.bmi.bund.de/DE/themen/oeffentlicher-dienst/beamtinnen-und-beamte/mutterschutz http://www.bundesversicherungsamt.de/mutterschaftsgeld.html 75 E LT E R N Z E IT 3 frist wird auf die Gesamtdauer der Elternzeit angerechnet. Die gesamte Elternzeit kann vor dem dritten Geburtstag des Kindes genommen werden. Für vor dem 1. Juli 2015 geborene Kinder können bis zu zwölf Monate Elternzeit zwischen den dritten Geburtstag und der Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes übertragen werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Für Geburten ab dem 1. Juli 2015 können bis zu 24 Monate zwischen dem dritten Geburtstag und der Vollen- dung des achten Lebensjahres des Kindes eingesetzt werden. Eine Zustimmung des Arbeitgebers ist nicht erforderlich. Außerdem kann die Elternzeit in jeweils drei Zeitabschnitte pro Elternteil und pro Kind eingeteilt werden. So können Sie Ihre Kinder auch später eine Zeit lang intensiv begleiten, wenn dies notwendig wird – zum Beispiel beim Eintritt in die Schule. Beachten Sie bei Ihren Planungen, dass der Arbeitgeber Elternzeit, die vollständig zwischen dem dritten Geburtstag und der Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes beansprucht werden soll, ablehnen kann, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen und es sich dabei um den „dritten Zeitabschnitt“ der Elternzeit handelt. Die Zustimmung des Arbeitgebers gilt als erteilt, wenn der Antrag nicht innerhalb von acht Wochen nach Zugang des Antrags abgelehnt wird. Die Elternzeit innerhalb der ersten drei Lebensjahres des Kindes muss spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich angemeldet werden, dabei muss auch festgelegt werden, für welche Zeiträume innerhalb von zwei Jahren Sie die Elternzeit nehmen werden. Damit Unternehmen sich rechtzeitig auf eine Elternzeit einstellen können, gilt für Eltern- zeiten ab dem dritten Geburtstag des Kindes eine Anmeldefrist von 13 Wochen. Während der Elternzeit genießen Sie besonderen Kündigungsschutz, der bereits mit der Anmeldung, frühestens jedoch acht Wochen (in den ersten drei Lebensjahren) bzw. 14 Wochen (ab dem dritten Geburtstag) vor Beginn der Eltern- zeit, einsetzt. Gerade für Väter ist es daher sinnvoll, die Elternzeit frühestens acht bzw. 14 Wochen vor deren Beginn anzumelden. Die Ansprüche auf Elternzeit gelten für beide Eltern unabhängig voneinander, sie können abwechselnd, nur von einem Elternteil oder gleichzeitig genommen werden. In Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten haben Sie darüber hinaus einen Rechtsanspruch auf Verringerung Ihrer Arbeitszeit auf 15 bis 30 Wochenstunden, unter der Voraus- setzung, dass das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate ohne Unterbrechung besteht, die Arbeitszeit für mindestens zwei Monate verringert werden soll, Be- ginn, Umfang und Verteilung der Arbeitszeit dem Arbeitgeber rechtzeitig vor Beginn der Arbeitszeitverringerung mitgeteilt wurden und dem Anspruch kei- ne dringenden betrieblichen Gründe entgegen stehen. Die Fristen zur Beantra- gung einer Verringerung der Arbeitszeit sind abhängig vom Alter des Kindes und entsprechen denen für die Anmeldung einer Elternzeit (7 bzw. 13 Wochen). 76 Auch neue Partner/innen haben mitunter Anspruch auf Elternzeit. Dafür müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden: Er/sie lebt mit dem Kind in einem Haushalt zusammen, er ist mit dem leiblichen Elternteil verheiratet oder hat mit ihm eine Lebenspartnerschaft begründet, er/sie betreut oder erzieht das Kind selbst, er/sie hat die Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteils und er/sie arbeitet während der Elternzeit nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durch- schnitt des Monats. Überlegen Sie sich gut, ob und wie Sie die Elternzeit nutzen wollen. Sie soll- ten auf jeden Fall schon bei Beginn bzw. bei Beantragung der Elternzeit über Ihren Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit nachdenken und diesen mit Ihrem Arbeitgeber planen. Nutzen Sie die Elternzeit für Ihre Weiterbildung und pflegen Sie den Kontakt zu Ihrer Arbeitsstelle (z. B. Urlaubs- oder Krankenvertretung). Elterngeld (Basiselterngeld und ElterngeldPlus) Sie haben Anspruch auf Elterngeld, wenn Sie Ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, mit Ihrem Kind in einem Haushalt leben, Ihr Kind selbst erziehen und betreuen und Sie nicht bzw. nicht voll erwerbstä- tig sind (bis zu 30 Wochenstunden). Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob Sie Arbeitnehmer/in, Beamt/in, nicht erwerbstätig oder selbstständig sind. Erfüllen beide Elternteile die Anspruchsvoraussetzungen, können sie sich einigen, welche Zeiträume durch welchen Elternteil beansprucht werden. Können sie sich nicht einigen, kommt es bei Allleinsorge allein auf die Entscheidung des sorgeberech- tigten Elternteils an. Wenn Sie nicht mit dem anderen Elternteil Ihres Kindes in einem Haushalt zusammenleben, sich aber die Betreuung des Kindes so unterei- nander aufteilen, dass das Kind mindestens zu einem Drittel bei jedem Elternteil lebt, steht Ihnen beiden Elterngeld zu. Jeder Elterngeldmonat, auch wenn Eltern zeitlich parallel Elterngeld beziehen, wird auf die maximal mögliche Gesamtbe- zugsdauer angerechnet. Auch Pflegeeltern, die ein Kind mit dem Ziel der Adop- tion aufgenommen haben, Stiefeltern und in Ausnahmefällen auch Großeltern können Elterngeld beziehen. EU-Bürger/innen, die in Deutschland leben oder arbeiten, können einen Anspruch auf Elterngeld haben. Innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums (EU zuzüglich Lichtenstein, Island, Norwegen, kurz EWR) und der Schweiz gilt die Regel, dass für die Familienleistungen vor- rangig das Beschäftigungsland zuständig ist, wenn das Wohnland ein anderes ist (z. B. bei Grenzgänger/innen). Andere nichtdeutsche Eltern erhalten Elterngeld in Abhängigkeit davon, ob ihr Aufenthalt in Deutschland dauerhaft ist. Dabei kommt es auf den Aufenthaltstitel und den Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. die Arbeitserlaubnis an (siehe Kapitel 6 Nichtdeutsche Alleinerziehende). 77 E LT E R N G E L D 3 Auch Schüler/innen, Auszubildende und Studierende erhalten Elterngeld. Die jeweilige Ausbildung muss nicht unterbrochen werden. Auf die Anzahl der Wochenstunden, die für die Ausbildung aufgewendet werden, kommt es, anders als bei der Erwerbsarbeit, nicht an. Sie sollten den Antrag auf Elterngeld möglichst rechtzeitig nach der Geburt Ihres Kindes stellen, um Verzögerungen bei der Auszahlung zu vermeiden. Rück- wirkend kann das Elterngeld nur für die letzten drei Monate vor dem Monat des Antragseingangs gezahlt werden. Im Antrag müssen Sie die Monate angeben, für die Sie das Elterngeld beziehen wollen. Sind beide Elternteile anspruchs- berechtigt, muss der Antrag von beiden Eltern unterschrieben sein. Der Antrag muss bei der zuständigen Elterngeldstelle abgegeben werden. Die Adressen dazu entnehmen Sie bitte der Broschüre „Elterngeld, ElterngeldPlus und Elternzeit“ des Bundesfamilienministeriums. In den länderspezifischen Antragsformularen steht, welche Unterlagen Sie einreichen müssen, üblicherweise sind dies die Geburtsurkunde, Einkommensnachweise, Bescheinigungen über Mutterschutz- leistungen und die Arbeitszeitbestätigung vom Arbeitgeber, falls Sie Teilzeit arbeiten werden, während Sie Elterngeld bekommen. Eltern haben beim Elterngeld die Möglichkeit, zwischen den Varianten Basis- elterngeld, ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus zu wählen oder diese Vari- anten miteinander zu kombinieren. Dauer Das Basiselterngeld kann in den ersten 14 Lebensmonaten des Kindes be- ansprucht werden. Ein Elternteil kann für mindestens zwei und maximal 12 Monate Basiselterngeld beziehen. Zwei weitere Monatsbeträge kommen hin- zu, wenn beide Eltern das Basiselterngeld nutzen und ihnen für mindestens zwei weitere Monate Erwerbseinkommen wegfällt. Alleinerziehende können allein bis zu 14 Monate Basiselterngeld erhalten. Ein Elternteil gilt als alleinerziehend, wenn er die Voraussetzungen für den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach dem Einkommen- steuergesetz (vgl. § 24 b EStG) erfüllt und der andere Elternteil weder mit ihm noch mit dem Kind in einer Wohnung lebt. Das Kind muss mit der alleiner- ziehenden Person in einem Haushalt leben und die/der Alleinerziehende darf keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person haben. Auch bei geringfügig Beschäftigten, Selbstständigen und Nichterwerbstätigen können die Voraussetzungen im Sinne des § 24b EStG vorliegen. Die Voraussetzung für den Bezug von 14 Monaten Elterngeld ist, dass sich das vor der Geburt erzielte Erwerbseinkommen reduziert. Waren Eltern vor 78 der Geburt nicht erwerbstätig, dann können sie zwölf Monate den Elterngeld- Mindestbetrag erhalten. Eltern können die Elterngeld-Monate frei untereinan- der aufteilen oder Elterngeld sogar gleichzeitig beziehen. Auch Unterbrechun- gen des Elterngeldbezugs sind möglich. Allerdings können Sie Basiselterngeld nur in den ersten 14 Lebensmonaten Ihres Kindes bekommen. Elterngeld Plus oder Partnerschaftsbonus können auch nach dem 14. Lebensmonat bezogen werden, solange der Bezug nicht unterbrochen wird. Wenn Sie Mutterschafts- leistungen (z. B. Mutterschaftsgeld der gesetzlichen Krankenkasse, Arbeitge- berzuschuss) beziehen, werden diese auf das Elterngeld angerechnet. Abhängig beschäftigte Mütter erhalten in der Regel in den acht Wochen Mutterschutz nach der Geburt Mutterschaftsleistungen. Monate, in denen Sie Mutterschafts- leistungen beziehen, gelten bei Ihnen als Monate mit Basiselterngeld. Höhe Das Elterngeld orientiert sich an der Höhe des entfallenden maßgeblichen Netto - einkommens ohne Einmalzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld), welches der/die An tragsteller/in in den letzten 12 Monaten vor der Geburt des Kindes erzielt hat. Als Basiselterngeld bekommen Sie normalerweise 65 Prozent des Netto-Einkom- mens, das Sie vor der Geburt hatten und das nach der Geburt wegfällt. Wenn Sie vor der Geburt Ihres Kindes weniger als 1.240 Euro Nettoeinkommen hatten, bekommen Sie mehr als 65 Prozent Ihres Nettoeinkommens. Wenn Sie zwischen 1.240 und 1.200 Euro hatten, steigt der Prozentsatz in kleinen Schritten von 65 Prozent auf 67 Prozent. Bei 1.238 Euro bekommen Sie 65,1 Prozent, bei 1.236 Euro bekommen Sie 65,2 Prozent und so weiter. Wenn Sie zwischen 1.200 Euro und 1.000 Euro hatten, bekommen Sie 67 Prozent. Liegt das maßgeb- liche Nettoeinkommen unter 1.000 Euro, wird die Ersatzrate schrittweise von 67 Prozent auf 100 Prozent erhöht. Für je zwei Euro, die das Einkommen unter 1.000 Euro lag, wird dann die Ersatzrate des Elterngeldes um 0,1 Prozentpunkte erhöht. Das ElterngeldPlus ersetzt ebenfalls den wegfallenden Teil des Einkommens – höchstens aber bis zur Hälfte des monatlichen Basiselterngeldes, das ohne Teil- zeiteinkommen zustünde. Dafür werden aus einem Elterngeldmonat zwei Eltern- geldPlus-Monate. ElterngeldPlus kann auch ohne Teilzeit bezogen werden. Das Elterngeld beträgt im Basiselterngeldbezug mindestens 300 Euro bzw. min- destens 150 Euro im ElterngeldPlus-Bezug und im Basiselterngeldbezug höchs- tens 1.800 Euro monatlich bzw. höchstens 900 Euro im ElterngeldPlus-Bezug. Den Mindestbetrag erhalten Sie, falls Sie vor der Geburt kein Einkommen hatten bzw. falls Sie nach der Geburt in Teilzeit zum gleichen Gehalt weiterarbeiten. Als 79 E LT E R N G E L D 3 Nettoeinkommen vor der Geburt werden für die Berechnung des Elterngeldes höchstens 2.770 Euro berücksichtigt. Maßgeblich sind für Nichtselbstständige die zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes bzw. vor Beginn des Mutterschutzes. Aus diesen wird das durchschnittliche Monatseinkommen ermittelt. Monate mit Elterngeldbezug für ein älteres Kind in dessen ersten 14 Lebensmonaten bleiben dabei ebenso unberücksichtigt wie Monate, in denen wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung oder aufgrund von Wehr- oder Zivildienst das Einkommen geringer oder weggefallen ist. Dafür werden weiter zurückliegende Monate zur Ermittlung herangezogen. Bei selbstständig Erwerbstätigen werden die Einkünfte aus dem letzten abgeschlossenen Veran- lagungszeitraum herangezogen. Selbstständige haben die Möglichkeit, auf Antrag den Bemessungszeitraum verschieben zu lassen. Für die Berechnung des Eltern- geldes wird ausschließlich steuerpflichtiges Einkommen aus selbstständiger oder abhängiger Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Haben Sie nicht selbstständig gearbeitet, werden zur Berechnung Ihres maß - geblichen Einkommens in einem automatisierten Verfahren von Ihrem durch- schnittlichen Bruttoeinkommen der letzten zwölf Monate vor dem Geburtsmonat pauschal jeweils die Beiträge für die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 21 Prozent sowie eine Werbungskostenpauschale von 83,33 Euro (auch bei Minijobs) abgezogen. Es zählen nur die Lohnbestandteile, die fort- laufend gezahlt werden. Erforderliche Angaben für die Steuerabzüge sind die Steuer klasse, die Kirchensteuerpflicht, die Rentenversicherungspflicht (für die Bestimmung der maßgeblichen Vorsorgepauschale) und die Anzahl der Kinder- freibeträge für ältere Geschwister. Andere individuell eingetragene Freibeträge werden nicht berücksichtigt. Bei Selbstständigen wird der Gewinn laut Steuerbescheid des letzten ab- geschlossenen Veranlagungszeitraums vor der Geburt nach pauschalisiertem Abzug der darauf entfallenden Steuern und Sozialabgaben zum jeweiligen Pro- zentsatz zwischen 65 und 67 Prozent und bei Geringverdiener/innen von bis zu 100 Prozent ersetzt. Wenn Sie im Jahr vor der Geburt des Kindes nicht erwerbs- tätig waren oder weniger als den Elterngeld-Mindestbetrag verdient haben, steht Ihnen als Alleinerziehende/r der Mindestbetrag des Elterngeldes in Höhe von 300 Euro für 12 Monate zu. Das Gleiche gilt, falls sich Ihr Einkommen nach der Ge- burt nicht verringert, weil Sie beispielsweise Ihre Erwerbstätigkeit im bisherigen Umfang nach der Mutterschutzfrist wieder aufnehmen. Während des Bezugs von Elterngeld sind Sie weiter Pflichtmitglied in der ge- setzlichen Krankenkasse, ohne dass Sie dafür Beiträge zahlen müssen. Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse sind allerdings weiterhin beitragspflich- 80 tig, möglicherwiese nur in Höhe des Mindestbetrages. Privat versicherte Arbeit- nehmer/innen müssen weiterhin Beiträge zahlen, und zwar inklusive des Arbeit- geberanteils. Sofern Sie freiwillig gesetzlich oder privat versichert sind, können Sie deshalb ein höheres Elterngeld erhalten als gesetzlich pflichtversicherte Elternteile. Das Elterngeld wird nicht als Einkommen gewertet, weitere Einnahmen können aber zu einer Beitragspflicht führen (zum Beispiel bei Teilzeitarbeit). Für diejenigen, die vor der Geburt des Kindes über den Ehegatten/ die Ehegattin familienmitver- sichert sind, ändert sich nichts. Beamt/innen haben Anspruch auf Beihilfe. ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus Für Eltern, die Elterngeld und Teilzeitarbeit miteinander kombinieren möch- ten, kann sich ElterngeldPlus besonders lohnen. Mit den Regelungen können Eltern länger Elterngeld beziehen. Sie erhalten ElterngeldPlus in maximal hal- ber Höhe des Basiselterngeldes, das Elternteilen ohne Einkommen nach der Geburt zustünde, dafür aber doppelt so lange. Aus einem Elterngeldmonat werden so zwei ElterngeldPlus-Monate. Um ElterngeldPlus nach dem 14. Lebens - monat des Kindes beziehen zu können, muss es ab dem 15. Lebensmonat in jedem weiteren Monat ohne Unterbrechung von mindestens einem Elternteil bezogen werden. Gibt es nach dem 14. Lebensmonat eine Lücke im Bezug, kön- nen verbleibende Monatsbeträge nicht mehr in Anspruch genommen werden. Der Mindestbetrag beträgt beim ElterngeldPlus 150 Euro. Der Elterngeldbetrag, der den Eltern als Ersatz ihres wegfallenden Einkom- mens zusteht, kann bis zur Hälfte des Basiselterngeldes, das ohne Teilzeiteinkom- men nach der Geburt zustünde, bezogen werden. Auch Eltern, die während des Elterngeldbezugs nicht erwerbstätig sind, können mit dem ElterngeldPlus die Bezugsdauer verdoppeln und in dieser Zeit den halben Basiselterngeldbetrag be- ziehen. Eltern haben damit auch über den 14. Lebensmonat des Kindes hinaus mehr Spielraum, die Bedürfnisse des Kindes mit den Anforderungen im Beruf zu verbinden. Teilen sich Eltern die Betreuung ihres Kindes und arbeiten parallel für vier aufeinanderfolgende Monate Teilzeit mit 25 bis 30 Wochenstunden, erhal- ten sie zudem einen Partnerschaftsbonus in Form von jeweils vier zusätzlichen ElterngeldPlus-Monaten. Auch als Alleinerziehende/r können Sie den Partnerschaftsbonus nutzen. Sie er- halten diese vier Monate zusätzlich, wenn Sie die Voraussetzungen für den Bezug des Partnerschaftsbonus selbst erfüllen sowie für den steuerlichen Entlastungs betrag für Alleinerziehende nach dem Einkommensteuergesetz (vgl. § 24 b EStG) und wenn der andere Elternteil weder mit Ihnen noch mit dem Kind in einer Wohnung lebt. 81 E LT E R N G E L D 3 mehrlingszuschlag und Geschwisterbonus Wenn Sie Zwillinge oder Drillinge erwarten, wird das Elterngeld für jedes zweite und weitere Mehrlingskind im Basiselterngeldbezug um 300 Euro und im ElterngeldPlus-Bezug um 150 Euro aufgestockt. Wenn Sie zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit einem weiteren Kind unter drei Jahren oder zwei Kindern unter sechs Jahren zusammenleben, erhöht sich Ihr Elterngeld um den Geschwisterbonus. Sie erhalten dann zusätzlich zehn Prozent Ihres errech- neten Elterngeldbetrages, mindestens jedoch 75 Euro, bis das älteste Kind drei bzw. sechs Jahre alt ist oder bei einem Geschwisterkind mit Behinderungen im Haushalt bis das Kind 14 Jahre alt ist. Eltern, die ElterngeldPlus beziehen, erhalten mindestens einen Geschwisterbonus in Höhe von 37,50 Euro im Mo- nat. Beispiele für die Berechnung des Elterngeldes finden Sie in der Broschüre „Elterngeld, ElterngeldPlus und Elternzeit“ des Bundesfamilienministeriums. Elterngeld und Entgeltersatzleistungen, Sozialleistungen und unterhalt Werden im Einkommensbemessungszeitraum vor der Geburt andere Entgelt er- satz leistungen (z. B. Arbeitslosengeld I, Renten, Krankengeld), Stipendien oder BAföG gezahlt, werden diese nicht als Einkommen bei der Einkommensermitt- lung für das Elterngeld berücksichtigt. Werden Entgeltersatzleistungen während des Elterngeldbezuges als Ersatz für das Einkommen vor der Geburt gezahlt, wer- den sie auf das Elterngeld angerechnet und mindern den Elterngeldanspruch. In jedem Fall kann aber der Mindestbetrag von 300 Euro im Basiselterngeldbezug und 150 Euro im ElterngeldPlus-Bezug neben den Entgeltersatzleistungen be- zogen werden. Erhalten Sie den Geschwisterbonus, erhöht sich der Mindestbe- trag somit von monatlich 300 Euro auf 375 Euro im Basiselterngeldbezug und von monatlich 150 Euro auf 187,50 Euro im ElterngeldPlus-Bezug. Haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I), so können Sie unter Umständen zwi- schen Arbeitslosengeld und Elterngeld wählen: Sie können also unter der Vor- aussetzung, dass Sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, entweder ALG I plus Mindestbetrag Elterngeld (300 Euro im Basiselterngeldbezug und 150 Euro im ElterngeldPlus-Bezug) beziehen oder zunächst das Elterngeld als Lohnersatz- leistung und im Anschluss ALG I bekommen. Bei Bezug von Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe wird das Elterngeld vollständig, also auch in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro im Basis- elterngeldbezug und von 150 Euro im ElterngeldPlus-Bezug, als Einkommen angerechnet. Haben Sie vor der Geburt Ihres Kindes Arbeitslosengeld II oder Kinderzuschlag bezogen und waren gleichzeitig erwerbstätig, erhalten Sie einen Elterngeldfreibetrag. Dieser beträgt jedoch höchstens den Mindestbetrag von 82 300 Euro im Basiselterngeldbezug bzw. 150 Euro im ElterngeldPlus-Bezug. Bis zu dieser Höhe bleibt das Elterngeld bei den genannten Leistungen anrech- nungsfrei und steht zusätzlich zu diesen Leistungen zur Verfügung. Bei Unterhaltsansprüchen zwischen den Eltern wird das Elterngeld auf beiden Seiten nur berücksichtigt, soweit es über 300 Euro im Basiselterngeldbezug und über 150 Euro im ElterngeldPlus-Bezug liegt. Das darüber liegende Elterngeld kann im Einzelfall auf Ihren Unterhaltsanspruch angerechnet werden bzw. als unterhaltsrele- vantes Einkommen gelten. Schulden Eltern ihren weiteren minderjährigen Kindern Unterhalt, gilt das Elterngeld voll als unterhaltsrelevantes Einkommen. „Elterngeld, ElterngeldPlus und Elternzeit – Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz“, hrsg. vom BMFSFJ, zu bestellen beim Publikationsversand der Bundesregierung, Tel. 030/182 72 27 21 oder publikationen@bundesregierung. de oder Download unter: www.bmfsfj.de Berechnung der voraussichtlichen Höhe des Elterngeldanspruchs mit dem Elterngeldrechner: www.familienportal.de Fragen zum Elterngeld beantworten entweder die zuständigen Elterngeldstel- len oder die Mitarbeiter/innen des Servicetelefons des BMFSFJ: 030/201 791 30 (Mo bis Do von 9.00 bis 18.00 Uhr); E-Mail: info@bmfsfjservice.bund.de Familienleistungen der Länder Landeserziehungsgeld in Sachsen In Sachsen wird das Landeserziehungsgeld im Anschluss an den Bezug des Bundeselterngeldes im zweiten oder dritten Lebensjahr des Kindes gewährt. Voraussetzung ist, dass Sie Ihren Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen Aufent- halt in Sachsen haben. Zudem dürfen Sie für dieses Kind keinen mit staat- lichen Mitteln geförderten Platz in einer Kindertageseinrichtung in Anspruch nehmen und nicht mehr als 30 Wochenstunden arbeiten. Bei Inanspruch- nahme im zweiten Lebensjahr (z. B. im Anschluss an das Elterngeld) beträgt die Höchstbezugsdauer beim ersten Kind fünf Monate, beim zweiten Kind sechs Monate und ab dem dritten Kind sieben Monate. Bei Inanspruchnahme im dritten Lebensjahr beträgt die Leistungsdauer neun Monate beim ersten oder zweiten Kind, wenn nach dem vollendeten 14. Lebensmonat kein Kita-Platz in Anspruch genommen wurde. Ansonsten sind es fünf – genau wie bei Bezugs- beginn im 2. Lebensjahr – Monate beim ersten, sechs Monate beim zweiten und sieben Monate ab dem dritten Kind. Die Höhe des Landeserziehungsgeldes liegt http://www.bmfsfj.de http://www.familienportal.de 83 F A m IL IE N L E IS T u N G E N D E R L ä N D E R 3 für das erste Kind bei 150 Euro im Monat, für das zweite Kind bei 200 Euro und ab dem dritten Kind bei 300 Euro. Die Einkommensgrenze liegt für Allein- erziehende bei 14.100 Euro pro Jahr. Bei Übersteigen dieser Grenze verringert sich das Landeserziehungsgeld sukzessive. Dieses Landeserziehungsgeld darf bei einkommensabhängig gewährten Sozialleistungen wie etwa nach Sozial- gesetzbuch II oder Wohngeld nicht angerechnet werden. Anträge auf Landeserziehungsgeld erhalten Sie bei den Landkreisen und kreisfreien Städten. www.sachsen.de/familie Bayerisches Familiengeld Eltern erhalten im Freistaat Bayern monatlich ein Familiengeld von 250 Euro für jedes Kind zwischen dem 13. und dem 36. Lebensmonat. Der Anspruch auf Familiengeld ist unabhängig vom Einkommen und einer Erwerbstätigkeit. Ab dem dritten Kind beträgt das Familiengeld 300 Euro, sofern zwei ältere Kinder mit Kindergeldbezug noch im Haushalt leben. Voraussetzung für den Erhalt des Familiengeldes ist, dass Sie Ihren Hauptwohnsitz oder Ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Bayern haben und mit Ihrem Kind in einem Haushalt leben. Falls Ihr Kind eine Kindertageseinrichtung besucht, hat das keine Auswir- kungen auf Ihren Anspruch. Das Bayerische Familiengeld wird anstatt des Bayerischen Betreuungsgeldes sowie des Bayerischen Landeserziehungsgeldes seit dem 1. September 2018 gezahlt. Es wird auch an Empfänger/innen von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe aus- gezahlt. Jedoch mindert das Bayerische Familiengeld Ihren Anspruch auf die genannten Leistungen. Es wird also in der Konsequenz voll als Einkommen an- gerechnet. Die Anrechnung ist zwischen der Bayerischen Landesregierung und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales umstritten. Informieren Sie sich deshalb am besten über den aktuellen Sachstand, gegebenenfalls kann es sich für Sie lohnen, gegen Ihren Arbeitslosengeld II-Bescheid Widerspruch einzulegen. Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) www.zbfs.bayern.de K I N D E RG E LD u N D STEu E R N Das Kindergeld ist ein Bestandteil des Einkommensteuerrechts. Durch die Zahlung von Kindergeld oder durch den Abzug der Freibeträge für Kinder wird http://www.sachsen.de/familie http://www.zbfs.bayern.de 84 sichergestellt, dass Familien – abhängig von Einkommen und Kinder zahl – ge- fördert werden. Die meisten Eltern erhalten für ihre Kinder Kindergeld. Erst ab einem relativ hohen (Brutto-)Einkommen treten an die Stelle des Kinder- geldes die Freibeträge für Kinder. Was günstiger ist, berechnet das Finanz- amt im Steuerbescheid. Mit dem einen wie dem anderen wird das Existenz- minimum des Kindes steuerlich freigestellt. Das Kindergeld enthält außerdem einen Förderanteil für die Familie. Steuerklassen: Alleinerziehende können der Steuerklasse I oder II zugeord- net sein. Steuerklasse I haben sie dann, wenn ihr Kind im gemeinsamen Haushalt lebt, aber keinen Anspruch mehr auf Kindergeld hat. Steuerklasse I haben Allein- erziehende auch dann, wenn eine weitere erwachsene Person mit im Haushalt lebt (z. B. die Oma oder Schwiegermutter). In die Steuerklasse II sind Alleinerzie- hende dann eingestuft, wenn sie mit mindestens einem Kind, für das sie Kinder- geld erhalten und ohne weitere erwachsene Person in einem Haushalt wohnen. Alleinerziehende können auch in Steuerklasse III oder V eingestuft sein, so getrennt lebende im Jahr der Trennung oder verwitwete Eltern, bis maximal im Folgejahr nach dem Tod des Ehepartners. Es gibt eine Reihe kindbezogener Steuerentlastungen, die alle im Einkom- mensteuergesetz geregelt sind: Kindergeld Eltern erhalten für ihr erstes und zweites Kind jeweils 194 Euro Kindergeld pro Monat. Für das dritte Kind beträgt das Kindergeld 200 Euro und für weitere Kin- der 225 Euro. Ab dem 1. Juli 2019 erhöht sich das Kindergeld um 10 Euro auf dann 204 beziehungsweise 210 und 235 Euro. Kindergeld muss bei den Familien­ kassen der Arbeitsagenturen vor Ort schriftlich beantragt werden. Kindergeld wird bis zum 18. Geburtstag ohne Rücksicht auf eigenes Einkom- men bezahlt. Vom 18. – 25. Lebensjahr muss sich das Kind für einen Anspruch auf Kindergeld in Ausbildung oder in einem der gesetzlich gere gelten Freiwil- ligendienste oder in einem Studium befinden. Für Kinder, die wegen fehlendem Ausbildungsplatz eine Berufsausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können, gelten die Regelungen für Kinder in der Ausbildung. Für arbeitslose Kinder wird bis zum 21. Lebensjahr Kindergeld gezahlt. Kinder, die eine zweite Ausbildung oder Studium absolvieren, werden berücksichtigt soweit sie nicht mehr als 20 Wo- chenstunden arbeiten und die Altersgrenze noch nicht überschritten haben. Für Kinder mit Behinderungen, die sich nicht selbst unterhalten können, kann der Anspruch auf Kindergeld über das 25. Lebensjahr hinausgehen. In Einzelfällen ist das mit der Familienkasse zu klären. 85 K IN D E R G E L D , K IN D E R F R E IB E T R A G 3 Getrennt lebende Eltern haben Anspruch auf jeweils die Hälfte des Kinder- gelds. Aus diesem Grund haben sie pro Kind einen halben Kinderfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte ausgewiesen. Die Verrechnung des Kindergeldes erfolgt nach dem Prinzip des „Halbteilungsgrundsatzes“: Der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, erhält den vollen Betrag des Kindergeldes. Dafür erhält das Kind einen um die Hälfte des Kindergeldes reduzierten Unterhaltsbetrag von dem Elternteil, der zum Barunterhalt verpflichtet ist. Damit hat der bar- unterhaltspflichtige Elternteil seine Hälfte am Kindergeld behalten. „Merkblatt Kindergeld“, herausgegeben vom Bundeszentralamt für Steuern, erhältlich bei jeder Familienkasse und bei den Bürgerämtern oder als Download unter: www.bmfsfj.de www.familienportal.de, Stichwort: Kindergeld Freibeträge für Kinder Die Freibeträge für Kinder setzen sich zusammen aus einem Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes in Höhe von 4.980 Euro pro Jahr und einem Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung in Höhe von 2.640 Euro pro Jahr. Zusammen betragen die Freibeträge für Kinder 7.620 Euro. Für Alleinerziehende, also getrennt lebende und geschiedene Eltern, betragen sie je Elternteil 3.810 Euro. So ist das „halbe“ Kind auf der Lohnsteuerkarte zu erklären. Die Freibeträge für Kinder haben die gleiche Funktion wie das Kindergeld – sie stellen das Existenzminimum eines Kindes steuerfrei und treten ab einer bestimm- ten Höhe des Einkommens (ab rund 30.000 Euro im Jahr bei Alleinerziehenden, ab rund 60.000 Euro im Jahr bei Verheirateten) an die Stelle des Kindergelds. Die Finanzämter prüfen bei der Einkommenssteuererklärung, ob das Kindergeld eine ausreichende Steuerfreistellung bewirkt hat oder ob die Freibeträge angerechnet werden. Auf dem Steuerbescheid ist dann vermerkt, ob das Kindergeld oder der Freibetrag zur Anrechnung gekommen ist. Alleinerziehende können beim Finanzamt die Übertragung des halben Kin- derfreibetrags vom anderen Elternteil auf ihre Lohnsteuerkarte beantragen, wenn der/die Barunterhaltspflichtige zu weniger als 75 Prozent seine/ihre Unter- haltsverpflichtung leistet. Das gilt auch in Fällen mangelnder Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Zahlt also der Elternteil, der nicht mit dem Kind zusammenlebt, weniger als 75 Prozent des Unterhalts, muss das Finanzamt der/m http://www.bmfsfj.de http://www.familienportal.de 86 Alleinerziehenden den ganzen Freibetrag eintragen, was sich dann auch steuer- mindernd bei der Berechnung von Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer aus- wirkt. Eine Übertragung scheidet allerdings für Zeit räume aus, in denen Unter- haltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschuss gesetz gezahlt werden (siehe Kapitel 3 Unterhaltsvorschuss). Auch scheidet eine Übertragung aus, wenn der andere Elternteil wider spricht, da er Kinder betreuungskosten trägt oder das Kind in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut. Kinderbetreuungskosten Eltern können Kinderbetreuungskosten für Kinder, die noch nicht das 14. Le- bensjahr vollendet haben, steuerlich als Sonderausgaben absetzen. Das Finanz- amt erkennt zwei Drittel der tatsächlich entstandenen Kosten für Kita oder Tagesmutter(-vater) an, maximal pro Kind 4.000 Euro im Jahr. Die Kosten sind mit Belegen nachzuweisen. Barzahlung wird vom Finanzamt nicht akzeptiert. Die angerechneten Betreuungskosten zieht das Finanzamt im Rahmen der jährlichen Steuererklärung vom Gesamtbetrag der Einkünfte ab und weist dies im Steuerbescheid aus. Steuerklasse II: Entlastungsbetrag für Alleinerziehende Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beträgt 1.908 Euro im Jahr. Ab dem zweiten Kind erhöht er sich auf Antrag um jeweils 240 Euro pro weiteres Kind. Bei z. B. drei Kindern hat der Entlastungsbetrag demnach eine Höhe von 2.388 Euro. Er ist bereits in den Tarif der Steuerklasse II eingearbeitet, so dass Alleinerziehen- de bereits im laufenden Jahr weniger Steuern zahlen. Alleinerziehende erhalten den Entlastungsbetrag bzw. die Steuerklasse II nur dann, wenn sie mit mindestens einem Kind, für das sie Kindergeld erhalten und ohne weitere erwachsene Person in einem Haushalt wohnen. Das Kind muss mit Haupt- oder Nebenwohnsitz bei dem alleinerziehenden Elternteil gemeldet sein. Auch wenn volljährige Kinder, die noch in der Ausbildung sind (Schule, Lehre) und für die Anspruch auf Kindergeld besteht, mit im Haushalt leben, besteht Anspruch auf den Entlastungsbetrag. Der Erhöhungsbetrag für mehr als ein Kind muss gesondert beim Finanzamt beantragt werden. Dies hängt damit zusammen, dass die Zahl der Kinderfreibeträge, die als Lohnsteuerabzugsmerkmal berücksichtigt werden, nicht immer mit der Zahl der Kinder, die für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende maßgeblich ist, über- einstimmt. Um aus einer anderen Steuerklasse in die Steuerklasse II zu wechseln, müssen Sie beim Finanzamt einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung stellen. Überprüfen Sie, ob Ihnen das Finanzamt den Entlastungsbetrag im Steuer- bescheid ausgewiesen hat. Es gibt neben den kindbedingten Steuerentlas- 87 S T E u E R K L A S S E N 3 tungen folgende steuerliche Regelungen, die auf Elternteile in ihrer jeweiligen Familiensituation bezogen sind: Steuerklasse V Viele getrennt lebende Frauen, die noch verheiratet sind, bleiben in der Steuer- klasse V. Während des Zusammenlebens mit dem Ehepartner kann dies durch- aus ein steuerlicher Vorteil gewesen sein, ab der Trennung ist das jedoch nicht mehr der Fall. Alleinerziehende sollten mit dem Zeitpunkt der Trennung sofort beim Finanzamt die getrennte steuerliche Veranlagung beantragen. Das ist auch mit der Steuererklärung für das vorangegangene Jahr noch möglich. Es ist deshalb wichtig, weil sich alle Lohnersatzleistungen, also zum Beispiel das Elterngeld und das Arbeitslosengeld I am Nettoeinkommen orientieren und entsprechend deutlich niedriger ausfallen, wenn aufgrund der Einstufung in die Steuerklasse V das Nettoeinkommen sehr niedrig ist. Es gibt auch die Möglichkeit, dass beide Ehe - partner/innen ihre tatsächlichen Anteile am Gesamt einkommen mit dem so genannten Faktorverfahren versteuern. Berücksichtigung von unterhaltszahlungen an getrennt lebende Ex-Partner/innen a . Ex-Partner/innen, die nicht mit dem/r Unterhaltspflichtigen verheiratet waren Für die Unterhaltszahlungen an ehemalige Lebensgefährt/innen, die ein gemein- sames Kind betreuen (Betreuungsunterhalt), können Unterhaltsverpflichtete maxi- mal 9.168 Euro im Jahr als außergewöhnliche Belastung von ihrem Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Einkünfte und Bezüge der/s Unterhaltsberechtigten, die 624 Euro im Jahr überschreiten, verringern den absetzbaren Höchstbetrag. b. Ex-Partner/innen, die mit dem/r Unterhaltsverpflichteten verheiratet waren (oder noch sind, d. h. getrennt Lebende) Nach der Trennung oder Scheidung können Unterhaltsverpflichtete ihre Unter- haltszahlungen an die/den Ex-Partner/in maximal 13.805 Euro im Jahr steuer lich als Sonderausgaben geltend machen. Da die/der Unterhaltsberechtigte die Unter- haltszahlungen als Einkommen versteuern muss, ist die Absetzbarkeit von deren/ dessen Zustimmung abhängig. Das Verfahren wird „begrenztes Realsplitting“ genannt. Die finanziellen Nachteile, die der/dem Ex-Partner/in durch die Steuer- pflicht entstehen, müssen von den Unterhaltsverpflichteten ausgeglichen wer- den. Auch andere finanzielle Nachteile müssen von den Unterhaltsverpflichteten ausgeglichen werden: Zum Beispiel sind dies Ansprüche auf die Arbeitnehmer- Sparzulage, auf die Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz oder auf die 88 beitrags freie Familienversicherung. Erklärt sich der/die Unterhaltsverpflichtete bereit, alle Nachteile auszugleichen, steht einem Realsplitting nichts entgegen. Wenn es möglich ist, sprechen Sie mit Ihrem/r Ex-Partner/in offen über diesen Nachteilsausgleich. Sollten Sie zu der Überzeugung gelangen, dass Ihre finanzi- ellen Nachteile nicht ausgeglichen werden, dann stimmen Sie dem Realsplitting nicht zu. Der/die Unterhaltsverpflichtete hat dann immer noch die Möglichkeit, den Unterhalt als außergewöhnliche Belastung abzuziehen (allerdings zu einem geringeren Betrag, bis zu 9.168 Euro jährlich, siehe oben). Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. www.vlh.de K R AN K E NV E R S I cH E Ru N G mitgliedschaft Wenn Ihre Kinder bisher bei Ihrem Ehepartner oder Ihrer Ehepartnerin im Rah- men der Familienversicherung beitragsfrei mitversichert waren, kommt dessen oder deren Krankenversicherung auch nach der Scheidung für die Kosten der Kin- der auf. Sind Sie selbst Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, können die Kinder jedoch auch über Sie beitragsfrei mitversichert werden. Eine beitrags- freie Familienversicherung ist nicht möglich, wenn ein Elternteil nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung ist, sein Gesamteinkommen höher als das des gesetzlich versicherten Elternteils ist und die Jahresarbeitsentgeltgrenze von 60.750 Euro regelmäßig übersteigt. Nach einer rechtskräftigen Scheidung sind Sie automatisch freiwillig bei der Krankenkasse Ihres/r früheren Ehepartner/ in weiterversichert, allerdings haben Sie die Option, sich selbst einen anderen Versicherer zu suchen. Die Krankenkassenbeiträge müssen Sie nun selbst zahlen. Schwierig kann sich die Situation gestalten, wenn Ihr Ehepartner als Beam- ter/Beamtin beihilfeberechtigt ist und Sie privat krankenversichert sind. Die Krankenversicherung wird in der Regel nur für den Teil der Kosten abgeschlos- sen worden sein, für den die Beihilfe nicht aufkommt. Mit der Scheidung endet Ihr eigener Anspruch auf Beihilfe gegen den Bund oder das Land, so dass Sie sich nach der Scheidung privat zu 100 Prozent versichern müssen. Das ist in der Regel sehr teuer. Der Notwendigkeit, sich privat zu versichern, können Sie dadurch entgehen, dass Sie versuchen, unmittelbar nach der Trennung (oder auch bereits vorher) http://www.vlh.de 89 K R A N K E N V E R S Ic H E R u N G 3 für mindestens zwölf Monate eine versicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben. Dann sind Sie selbst Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse und können dies auch zu einem geringen Beitragssatz bleiben. Eine geringfügige Beschäftigung bis 450 Euro reicht allerdings nicht aus. Wer in den letzten fünf Jahren mindestens 24 Monate Mitglied einer gesetz- lichen Krankenversicherung war, kann dieser ebenfalls wieder beitreten. Durch die eigene Krankenversicherung entstehen – ob privat oder gesetzlich – erhebliche Mehrkosten. Diese können Sie, sofern Sie Ehegattenunterhalt beziehen, gegenüber Ihrem geschiedenen Ehegatten geltend machen (Krankenvorsorge- unterhalt). Erhalten Sie Arbeitslosengeld II, werden Sie Pflichtmitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, es sei denn, Sie waren unmittelbar zuvor privat kranken- versichert. In diesem Fall übernimmt Ihr Jobcenter den halben Tarif im Basistarif als Zuschuss. Sie bleiben also auch während des Leistungsbezuges privat versichert. Beiträge Die Höhe der Beiträge ist i. d. R. abhängig von der Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen der/des Versicherten. Für alle gesetzlichen Krankenkassen gilt der einheitliche Beitragssatz von 14,6 Prozent. Ergänzend kann jede Krankenkas- se einen kassenindividuellen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag erheben. Ab Januar 2019 wird dieser wieder zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeit- nehmer getragen. Erhebt oder erhöht eine Krankenkasse ihren Zusatzbeitrag, haben Sie das Sonderkündigungsrecht in eine andere Krankenkasse zu wech- seln. Für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld oder des Bezugs von Landeserziehungsgeld (Freistaat Sachsen) bleiben Sie bei- tragsfrei Mitglied der Krankenkasse. Falls Sie mit Ausnahme des Bayerischen Familien geldes (Freistaat Bayern) keine beitragspflichtigen Einnahmen haben, kann ebenfalls die Möglichkeit einer beitragsfreien Mitgliedschaft in der ge- setzlichen Krankenkasse bestehen. Wenden Sie sich am besten frühzeitig an Ihre Krankenkasse, um die Bedingungen Ihrer Mitgliedschaft zu klären. Für Studierende und Selbstständige gelten in der gesetzlichen Krankenversiche- rung besondere Regeln. Für Selbstständige mit einem Verdienst von bis zu 1.142 Euro pro Monat gilt seit dem 1. Januar 2019 ein Mindestbeitrag von 171 Euro. Rentner/innen müssen bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze auf ihre sonstigen Versorgungsbezüge (z. B. Betriebsrenten) und Alterseinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit den vollen Beitrag zahlen. Beiträge von Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe bzw. Grundsicherung im Alter, die Mitglied einer ge- setzlichen Krankenkasse sind, werden in der Regel vom Sozialamt übernommen. 90 Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung Durch die Leistungen der Krankenversicherung soll die Gesundheit der Ver- sicherten erhalten, wiederhergestellt oder der Gesundheitszustand gebessert werden. Familienversicherte Angehörige bleiben kostenfrei mitversichert. Vor einem Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung sollten Sie sich umfas- send über die Kosten und das Leistungsangebot informieren. Die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung haben unter anderem Anspruch auf folgende Leistungen: – Verhütung von Krankheiten (z. B. Schutzimpfungen), hormonelle Empfängnis- verhütung für junge Frauen bis zum 20. Lebensjahr und im Einzelfall Schwan- gerschaftsabbruch, wenn Sie über ein geringes Einkommen verfügen – Früherkennung (z. B. Vorsorgeuntersuchen bei Kindern) und Behandlung von Krankheiten – Krankengeld – Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes (für Alleinerziehende pro Kalen der - jahr bezahlte Freistellung für bis zu 20 Arbeitstage) – medizinische Rehabilitation, soweit sie zur Vorbeugung, Beseitigung, Besse - rung oder Verhütung einer Verschlimmerung einer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit notwendig ist – aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleit person (z. B. bei der stationären Behandlung des Kindes im Krankenhaus) – Mutterschaftsgeld. Nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören: – Sterilisation, soweit sie nicht medizinisch notwendig ist – nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, Ausnahme: Verordnungen für Kin der bis zum zwölften Lebensjahr, für Jugendliche mit Entwicklungs stö- rungen und bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen, wenn die Erkrankungen zum Therapiestandard gehören, die Arzneimittel werden in einer Richtlinie aufgelistet – Sehhilfen / Brillen, Ausnahme: Sehhilfen und Brillen für Kinder und Jugend- liche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sowie für schwer sehbeein träch tigte Menschen – Fahrtkosten. Dies gilt aber nicht, wenn Sie mit einem Rettungs- oder Kranken - wagen transportiert werden müssen. In besonderen Fällen kann die Kranken - kasse die Fahrtkosten übernehmen (z. B. Gehbehinderung oder besondere Hilfs bedürftigkeit). 91 K R A N K E N V E R S Ic H E R u N G 3 Für die Zahnersatz-Versicherung zahlen die gesetzlichen Krankenkassen befund- bezogene Festzuschüsse. Kosten oberhalb der Festzuschüsse tragen die Versicher- ten selbst. Eine Bonusregelung besteht, falls zuvor durchgehend eine jährliche Kontrolluntersuchung nachgewiesen werden kann: Der Festzuschuss erhöht sich nach fünf Jahren um 20 Prozent, nach zehn Jahren um 30 Prozent. Für Härtefälle gilt: Gesetzlich Versicherte, die Zahnersatz benötigen und über ein geringes Einkommen verfügen, erhalten von ihren Krankenkassen einen Betrag bis zur Höhe der für die Regelversorgung tatsächlich anfallenden Kosten. Als geringes Einkommen gelten derzeit monatliche Bruttoeinnahmen bis zu 1.246 Euro für Alleinstehende, mit einem Angehörigen 1.713 Euro und für jeden weiteren Angehörigen 311,50 Euro. Einkommensunabhängig können folgende Versicherte in den Vorteil einer voll ständigen Befreiung für Zahnersatz kommen: – Empfänger/innen von laufender Sozialhilfe nach dem SGB XII, Arbeitslosen - geld II oder besonderer Leistungen der Arbeitsförderung – Empfänger/innen von Kriegsopferfürsorge nach dem BVG – Empfänger/innen von BAföG – Heimbewohner/innen, deren Kosten von der Sozialhilfe oder der Kriegs opfer - fürsorge bezahlt werden. Selbstbeteiligung / Zuzahlungen Bei allen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung wird eine Zuzahlung von zehn Prozent der Kosten erhoben. Die Zuzahlung beträgt höchstens zehn Euro und mindestens fünf Euro. Liegen die Kosten unter fünf Euro, ist der tatsächliche Preis vom Versicherten zu zahlen. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind mit Ausnahme der Fahrtkosten von allen Zuzahlungen befreit. Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr erhalten die Anti-Baby-Pille auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Ab dem 20. Lebensjahr werden Privatverordnungen ausgestellt. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist eine Zuzahlung von zehn Prozent des Preises, mindestens fünf Euro, jedoch nicht mehr als zehn Euro pro Medikament zu entrichten. Das Gleiche gilt für Verbandmittel und Hilfsmittel (z. B. Rollstuhl). Für Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind (z. B. Win- deln bei Inkontinenz), ist die Zuzahlung auf zehn Euro im Monat beschränkt. Verordnet der Arzt ein Heilmittel (z. B. Krankengymnastik) oder eine häus- lichen Krankenpflege, so sind zehn Prozent der Kosten zuzüglich zehn Euro je 92 Verordnung zu zahlen. Die Zuzahlung zur häuslichen Krankenpflege ist auf 28 Tage pro Kalenderjahr begrenzt. Die Zuzahlungen von zehn Prozent zu einer Soziotherapie oder der Inan- spruchnahme einer Haushaltshilfe beträgt kalendertäglich mindestens fünf Euro, höchstens aber zehn Euro. Im Krankenhaus, bei der stationären Vorsorge und Rehabilitation sowie Mutter- bzw. Vater-Kind-Kuren ist die Zuzahlung von zehn Euro pro Tag auf maximal 28 Tage pro Kalenderjahr begrenzt. Bei Anschlussheilbehandlungen wird der vorangegangene Krankenhausaufenthalt mit angerechnet. Hinweis: Medikamente können auch über Versandapotheken bezogen werden. Die Medikamente sind unter Umständen billiger und einige Versand apotheken übernehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Zuzahlung. Prüfen Sie diese Angebote gründlich. Belastungsgrenze Für Leistungen aus dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherungen wer- den Zuzahlungen bis zur Höhe der individuellen Belastungsgrenze fällig. Die Belastungsgrenze liegt bei maximal zwei Prozent, der Familienbruttoeinnah- men. Zu den Einnahmen zählen z. B. das Arbeitseinkommen und Zinsen, aber auch das Arbeitslosengeld, Krankengeld und Mutterschaftsgeld. Das Kindergeld muss nicht für Zuzahlungen aufgewendet werden. Bei der Ermittlung der jähr- lichen Bruttoeinnahmen sind auch die Einkünfte der mitversicherten Angehö- rigen anzurechnen. Für Angehörige, die im gemeinsamen Haushalt leben, wer- den allerdings Freibeträge berücksichtigt. Pro Kind sind das 7.620 Euro. Wenn Sie chronisch krank sind (z. B. Diabetes, Krebs) gilt eine jährliche Belas- tungsgrenze von einem Prozent des jährlichen Familienbruttoeinkommens, bis Sie von Zuzahlungen befreit werden. Die Ein-Prozent-Grenze gilt auch für die nicht chronisch kranken, im Haushalt lebenden familienversicherten Angehörigen. Als schwerwiegend chronisch krank gilt, wer sich seit mindestens einem Jahr in ärztlicher Dauerbehandlung befindet (nachgewiesen durch einen Arzttermin pro Quartal wegen derselben Krankheit) und zusätzlich eines der folgenden Kriterien erfüllt: – Pflegebedürftigkeit entsprechend dem Pflegegrad 3 – Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 Prozent oder – Bedarf an kontinuierlicher medizinischer Versorgung (ärztlicher oder psychothera- peutischer Behandlung, Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege, Versorgung mit 93 K R A N K E N V E R S Ic H E R u N G 3 Heil- und Hilfsmittel), ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedroh- liche Verschlimmerung der Erkrankung, eine Verminderung der Lebenserwar- tung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist. Einige Krankenkassen bieten eine Befreiung von den Zuzahlungen im Voraus an, falls keine Besserung Ihres Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Sie überweisen dann den Betrag Ihrer individuellen Belastungsgrenze vorab und erhalten eine Be- freiungskarte. Vorsicht! Falls Ihre Zuzahlungen wider Erwarten geringer ausfallen, kann eine zu hohe Vorauszahlung häufig nicht erstattet werden. Erkundigen Sie sich in jedem Fall vorab bei der Krankenkasse. Auch Bezieher/innen der Grundsicherung (SGB II / SGB XII) müssen Zuzah- lungen leisten. Als Berechnungsgrundlage für die Belastungsgrenze gilt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft der Regelsatz des Haushaltsvorstands. Frei- beträge für Kinder und Ehepartner können deshalb nicht zusätzlich veran- schlagt werden. Für das Erreichen der Belastungsgrenze werden sämtliche Zuzahlungen für Leistungen der GKV berücksichtigt: – Zuzahlungen zu Arznei- und Verbandmitteln sowie Heilmitteln (zum Beispiel Physiotherapien wie Massagen oder Krankengymnastik), die Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie, die Ergotherapie sowie häusliche Krankenpflege – Zuzahlungen zu Hilfsmitteln, wie zum Beispiel Hörhilfen – Körperersatzstücke, Rollstühle oder Gehhilfen – Zuzahlungen im Krankenhaus sowie bei der stationären Vorsorge und Reha- bilitation. Hinweis: Sie sollten sich alle Zuzahlungen quittieren lassen! Sobald Ihre Belas- tungsgrenze erreicht ist, sollten Sie Ihre Krankenkasse informieren. Sie wer- den dann bis zum Ende des Kalenderjahres von der Zuzahlung befreit. Zu viel geleistete Zuzahlungen werden erstattet. Unabhängige Patientenberatung Deutschland Bundesweites Beratungstelefon: Tel. 0800 / 0 11 77 22 (kostenfrei aus dem Festnetz), Montag bis Freitag: 8.00 bis 22.00 Uhr; Samstag 8.00 bis 18.00 Uhr www.unabhaengige-patientenberatung.de Bürgertelefon des Bundesgesundheitsministeriums: Tel. 030 / 340 60 66-01, Montag bis Donnerstag: 8.00 bis 18.00 Uhr, Freitag: 8.00 bis 15.00 Uhr www.bundesgesundheitsministerium.de PKV Verband der privaten Krankenversicherung e. V., Gustav-Heinemann-Ufer 74c, 50968 Köln, Tel. 0221 / 99 87-0 oder Glinkastr. 40, 10117 Berlin, Tel. 030 / 20 45 89-66 www.pkv.de http://www.unabhaengige-patientenberatung.de http://www.bundesgesundheitsministerium.de http://www.pkv.de 94 PFLEG E V E R S I cH E Ru N G Der Beitragssatz in der Pflegeversicherung liegt bei 3,05 Prozent und ist zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeiternehmer/in aufzubringen. Kinderlose Mit- glieder zahlen ab dem 24. Geburtstag einen Beitragszuschlag von 0,25 Prozent- punkten. Um den erhöhten Beitrag nicht zu zahlen, müssen Sie nachweisen, dass Sie Kinder erziehen oder erzogen haben. Berücksichtigt werden auch Adoptiv-, Stief- und Pflegekinder. Für den Nachweis der Elternschaft gibt es bestimmte Empfehlungen, die Sie bei den Pflegekassen erhalten. Wenn Sie ein behindertes Kind allein erziehen, finden Sie im Kapitel 5 (Allein- erziehende und ihre Kinder mit Behinderungen) weitere Informationen zur Pflegeversicherung. Bundesgesundheitsministerium www.bundesgesundheitsministerium.de R E NTE , ALTE R SS I cH E Ru N G Grundsätzlich basiert die Altersversorgung in Deutschland auf drei Säulen: der gesetzlichen Rentenversicherung, die immer noch die Hauptsäule der Alterssicherung bildet, der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Altersvorsorge. Da das deutsche Rentenrecht von der Annahme einer konti- nuierlichen Vollzeiterwerbsbeteiligung und von stabilen Ehen (Witwenrente) ausgeht, stellt die gesetzliche Rente nur für diejenigen eine ausreichende Existenzsicherung im Alter dar, die kontinuierlich, d. h. 45 Jahre, berufstätig waren und immer durchschnittlich verdienten. Ein solcher Standardrentner bezog ab 1. Juli 2018 eine Bruttorente von ungefähr 1.400 Euro. Diese orien- tierte sich an einem Bruttoeinkommen von jährlich 37.873 Euro über 45 Jahre. Wohlgemerkt handelt es sich beim Standardrentner nicht um eine reale Person, sondern um ein Anschauungsmodell. Das Jahreseinkommen vieler Erwerbstätiger ist deutlich geringer. Haben Sie zudem über einen kürzeren Zeitraum in die Rentenversicherung eingezahlt, wird Ihre Rente im Alter niedriger ausfallen. Das Niveau der zukünftigen Renten wird weiter sinken. Zudem erreichen nur noch wenige Männer 45 Jahre Pflichtbeiträge, Mütter mit ihren unterbro- chenen Erwerbsbiographien und ihrer häufigen Teilzeiterwerbstätigkeit erst recht nicht. Außerdem verdienen Frauen immer noch deutlich weniger als Männer, die Lohnlücke liegt bei durchschnittlich 21 Prozent. Frauen bezie- hen erheblich geringere eigene Alterssicherungseinkommen als Männer. Es http://www.bundesgesundheitsministerium.de 95 R E N T E , A LT E R S S Ic H E R u N G 3 ist deshalb wichtig, dass Sie Ihr Auskommen im Alter im Blick behalten und sich so früh wie möglich Gedanken über eine Ergänzung Ihrer gesetzlichen Altersvorsorge machen. Es empfiehlt sich, eine Rentenberatung in Anspruch zu nehmen, die von den gesetzlichen Rentenversicherungsträgern kostenfrei angeboten wird. wenn die Rente nicht reicht Für ältere Menschen, deren Einkommen den Lebensunterhalt nicht deckt, gibt es die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Diese eigenständige Sozialleistung soll den grundlegenden Bedarf für den Lebensun- terhalt älterer Menschen sicherstellen: sowohl für jene die ihre Altersgrenze erreicht haben (abhängig vom Geburtsjahr zwischen dem 65. und 67. Lebens- jahr), als auch für dauerhaft voll erwerbsgeminderte Menschen, die über 18 Jahre alt sind. Grundsicherung im Alter ist Teil der Sozialhilfe (4. Kapitel SGB XII). Wenn Sie eine niedrige Rente oder Sozialhilfe beziehen und für den Bezug der Grundsicherung in Frage kommen, werden Sie von Ihrer Rentenversiche- rung schriftlich informiert, Antragsvordrucke werden beigefügt. Den Antrag auf Grundsicherung müssen Sie i. d. R. beim Sozialamt stellen. Sollten Sie bisher nicht informiert worden sein, sollten Sie selbst prüfen, ob für Sie Ansprüche auf Grundsicherung bestehen könnten. Die gesetzliche Rentenversicherung Um einen Anspruch auf Rente zu haben, müssen Sie zuerst Beiträge eingezahlt haben und bestimmte persönliche und versicherungsrechtliche Vorausset- zungen erfüllen. Es gilt eine allgemeine Wartezeit von fünf Jahren, um An- spruch auf eine gesetzliche Rente zu erwerben. Die Wartezeit ist dabei gleich- bedeutend mit einer bestimmten Versicherungszeit. Je nach Rentenart werden außer Beitragszeiten auch weitere rentenrechtliche Zeiten auf die Wartezeit angerechnet, wie etwa Kinderziehungszeiten. Grundlage für die Rentenberechnung ist das Verhältnis des eigenen Ar- beitsverdienstes zu dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst aller in der Rentenversicherung versicherten Personen. Die Höhe Ihrer Rente bestimmt sich vor allem über die Höhe der Beiträge, die Sie während Ihrer Erwerbs- tätigkeit eingezahlt haben und der Dauer Ihrer versicherungspflichtigen Be- schäftigung. Versicherungspflichtig sind alle Arbeitnehmer/innen, (außer Beamt/innen, Ärzt/innen usw., mit eigenen Sicherungssystemen), Personen im Bundesfreiwilligendienst oder im freiwilligen Wehrdienst, aber auch einige Selbstständige und Auszubildende. Auch alle Studierenden, die neben ihrem 96 Studium eine mehr als geringfügige Beschäftigung ausführen, sind rentenver- sicherungspflichtig. Wenn Sie wissen wollen, wie hoch Ihr Rentenanspruch ist, können Sie dazu eine Rentenauskunft bei Ihrer Rentenversicherung ein- holen, wobei Sie allerdings nur die Höhe der Rente zum Zeitpunkt der Anfrage erhalten. Die Höhe Ihrer Beiträge wird aus Ihrem Verdienst berechnet, aller- dings nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze, die im Jahr 2019 in den alten Bundesländern bei 6.500 Euro/Monat und in den neuen Bundesländern bei 5.800 Euro/Monat liegt (jährlich: 78.000 /69.600). Derzeit liegt der Beitrags- satz in der allgemeinen Rentenversicherung bei 18,6 Prozent. Auch wenn Sie eine Lohnersatzleistung wie Krankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosen- geld, Unterhaltsgeld oder Altersübergangsgeld beziehen, sind Sie während des Bezugs dieser Leistungen versicherungspflichtig. Wenn Sie dauerhaft bei einem Bruttoarbeitsentgelt von bis zu 450 Euro geringfügig beschäftigt sind, muss der gewerbliche Arbeitgeber Pauschalbeträge von 15 Prozent zur gesetz- lichen Rentenversicherung bezahlen, der Arbeitgeber in einem Privathaushalt fünf Prozent. Arbeitnehmer/innen in sogenannten Minijobs führen 3,7 bzw. 13,6 Prozent ihrer Einkünfte (bei Minijobs in Privathaushalten) an die Renten- versicherung ab. Mit einem 450-Euro-Job erarbeiten Sie sich nur einen mini- malen Rentenanspruch von monatlich vier bis fünf Euro, in Privathaushalten noch weniger (siehe Abschnitt Minijob). Interessanter als dieser minimale Rentenzuwachs ist der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, den Sie unter bestimmten Voraussetzungen auch durch eine geringfügige Beschäftigung erreichen. Außerdem erwerben Sie weiter einen Anspruch auf Fördermöglichkeiten in der Riester-Rente und be- kommen die Tätigkeit auf die fünfjährige Wartezeit angerechnet. Überlegen Sie sich deshalb gut, ob Sie von der Möglichkeit Gebrauch machen, im Rahmen Ihres Minijobs die Versicherungspflicht abzuwählen. Tipps enthält auch die kostenlose Broschüre „Minijobs – Midijobs: Bausteine für die Rente“. Das Heft steht als Download bereit oder kann online bestellt werden (www.deutsche-rentenversicherung.de). Service-Rufnummer der Mini-Job-Zentrale der Bundesknappschaft: Tel. 03552902 / 7 07 99 (Montag bis Freitag 7:00–17:00 Uhr) Kostenloses Bürgertelefon der Deutschen Rentenversicherung: 0800 / 10 00 48 013 (Montag bis Donnerstag 7:30-19:30 Uhr und Freitag bis 15:30 Uhr) http://www.deutsche-rentenversicherung.de 97 R E N T E , A LT E R S S Ic H E R u N G 3 Auch Kindererziehungszeiten werden als Beitragszeiten in der Rentenversiche- rung angerechnet. Für die Zeit, in der Sie Ihr nach 1992 geborenes Kind erziehen, werden Sie die ersten drei Jahre nach der Geburt beitragsfrei pflichtversichert. Für vor 1992 geborene Kinder umfasst die Pflichtversicherung wegen Kinderer- ziehung nur zweieinhalb Jahre. Grundsätzlich werden die Kindererziehungszei- ten der Mutter zugeordnet. Anspruchsberechtigt sind jedoch nicht nur leibliche Mütter, sondern auch Adoptiv-, Stief- und Pflegemütter. Wenn beide Eltern das Kind erziehen, können sie durch eine gemeinsame Erklärung dem Rentenver- sicherungsträger mitteilen, wer von ihnen wegen Kindererziehung versichert sein soll. Die dreijährige Pflichtversicherung kann – wie die Elternzeit – zeitlich nacheinander zwischen den Eltern aufgeteilt werden. Die gleichzeitige Inan- spruchnahme von Kindererziehungszeiten durch beide Eltern ist nicht möglich. Die Bewertung der Kindererziehungszeiten beträgt 100 Prozent des Durch- schnittsentgeltes. Derzeit würde sich daher ein Rentenertrag von rund 32,30 Euro in den alten und rund 30,69 Euro in den neuen Bundesländern monatlich für ein Jahr Kindererziehung ergeben. Wenn Sie während der Kindererziehung erwerbstätig sind, werden die durch Ihre Erwerbstätigkeit erzielten renten - rechtlichen Beiträge zu zeitgleichen Beitragszeiten hinzugerechnet, und zwar bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze. Für erwerbstätige Eltern, die bis zum zehnten Geburtstag ihres jüngsten Kindes unterdurchschnittlich, z. B. durch Teilzeitarbeit, verdienen, gelten Kinder­ berücksichtigungszeiten. Rentenansprüche, die bis zum Ende des zehnten Lebensjahres des Kindes erworben werden, werden um 50 Prozent, maximal bis zur Höhe des Durchschnittseinkommens, aufgewertet. Voraussetzung ist, dass das Kind nach 1992 geboren wurde. Eltern, die wegen gleichzeitiger Erziehung von zwei und mehr Kindern in dieser Zeit nicht erwerbstätig sind, erhalten ebenfalls eine Aufstockung in Höhe der höchstmöglichen Förderung für er- werbstätige Elternteile. Auch die Kinderberücksichtigungszeit wird automatisch der Mutter zugeordnet, sofern die Eltern keine übereinstimmende anderweitige Erklärung abgeben. In diesem Fall kann die Kinderberücksichtigungszeit auch ganz oder teilweise dem Vater zugeordnet werden. Die gemeinsame Erklärung kann nur für die Zukunft und rückwirkend längstens für zwei Monate abge- geben werden. Stief-, Pflege- und Adoptiveltern können ebenfalls von Kinderbe- rücksichtigungszeiten profitieren. Auch Zeiten der häuslichen Pflege werden bei Privatpersonen als Beitragszeiten berücksichtigt. Die daraus erworbenen Renten- ansprüche richten sich nach dem Pflegegrad des/ der Pflegebedürftigen. Wenn sich auch die Beitragszeiten aus Ihrer versicherungspflichtigen Er- werbstätigkeit bzw. Kindererziehungs- oder Pflegezeiten am meisten auf die 98 Höhe der Renten auswirken, so können sich aber auch beitragsfreie Zeiten rentensteigernd auswirken. Diese beitragsfreien Zeiten sind besonders wich- tig, da für den Erhalt von Rente eine bestimmte Anzahl von rentenrechtlichen Zeiten, die so genannte Wartezeit, Voraussetzung sind. Anrechnungszeiten, die für die 35-jährige Wartezeit zählen und Ihre Rente erhöhen, sind zum Beispiel Zeiten, in denen Sie wegen Krankheit arbeitsunfähig oder in Rehabilitation waren, wegen Schwangerschaft während der Mutterschutzfristen nicht gear- beitet haben, als arbeitslos gemeldet waren, aber keine Leistungen erhielten oder eine Rente vor Ihrem 55. Lebensjahr bezogen haben. Wenn sich in Ihrer Rentenbiographie Lücken ergeben haben, gibt es die Möglichkeit, diese unter Umständen durch Nachzahlung von freiwilligen Bei- trägen aufzufüllen. Hochschulausbildung: Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres werden als unbewertete Anrechnungszeit für höchstens acht Jahre für alle (hoch-) schulischen Ausbildungszeiten anerkannt. Zeiten eines Fachschulbesuches und Zeiten der Teilnahme an einer berufsvor- bereitenden Bildungsmaßnahme werden längstens für 36 Monate bewertet. welche Rentenarten gibt es und wer erhält welche Rente? Grundsätzlich gibt es folgende Renten: Altersrenten, Renten wegen vermin- derter Erwerbstätigkeit und Renten wegen Todes. Anspruch auf Altersrente haben alle, die eine bestimmte Altersgrenze er- reicht haben und die jeweiligen Wartezeiten erfüllen. Für den Erhalt der Regel- altersrente müssen Sie eine Versicherungszeit von fünf Jahren erfüllen. Zu dieser Rentenart dürfen Sie unbeschränkt hinzuverdienen. Für rentenversicherte Männer und Frauen gilt eine einheitliche Regelaltersgrenze von 65 Jahren, die seit 2012 schrittweise auf 67 Jahre erhöht wird. Eine Inanspruchnahme der Altersrente ab Vollendung des 60. Lebensjahres ist für Frauen, die vor dem 1.1.1952 geboren sind, auch weiterhin möglich, aber mit Abschlägen. Besonders langjährig Versicherte, die mindestens 45 Jahre Pflichtbeitragszeiten erreicht haben, können weiterhin nach Vollendung des 63. Lebensjahres (ansteigend bis 65 ab dem Geburtsjahrgang 1964) abschlagsfrei Altersrente erhalten. Die An- hebung der Altersgrenzen kann je nach Alter der versicherten Person und der Rentenart unterschiedliche Auswirkungen haben. Es existieren unterschied- liche Modelle zur Gestaltung des Renteneintritts. Beispielsweise besteht die Möglichkeit, eine vorgezogene Altersrente zu erhalten und bis zu 6.300 Euro im Jahr anrechnungsfrei hinzuzuverdienen. Bitte informieren Sie sich dazu bei der Deutschen Rentenversicherung (www.deutsche-rentenversicherung.de). http://www.deutsche-rentenversicherung.de 99 R E N T E , A LT E R S S Ic H E R u N G 3 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben die Aufgabe, Ein- kommen zu ersetzen, wenn Ihre Gesundheit keine volle Erwerbstätigkeit zulässt. Diese Renten werden längstens bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze gezahlt. Anschließend erhalten Sie eine Altersrente, wenn Sie die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der ver- minderten Erwerbsfähigkeit mindestens drei Jahre eine ver sicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben. Anspruch auf Rente wegen Todes Diese Rentenart soll den Hinterbliebenen Ersatz für den bisher durch die ver- storbene Person geleisteten Unterhalt bieten. Für Kinder kennt die gesetz liche Rentenversicherung Halbwaisen­ und Vollwaisenrenten. Anspruch auf Halbwaisenrente besteht, wenn die Waise noch einen unterhaltspflichtigen Elternteil hat und der verstorbene Elternteil die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat. Die Halbwaisenrente beträgt zehn Prozent der Versicher- tenrente zuzüglich eines Zuschlags, der sich an den erworbenen rentenrecht- lichen Zeiten des / der Verstorbenen orientiert. Unter Umständen besteht hier aufgrund der oft niedrigen Beträge ergänzend ein Anspruch auf Unterhalts- vorschuss (siehe Abschnitt Unterhaltsvorschuss). Anspruch auf Vollwaisenrente besteht, wenn die Waise keinen unter- haltspflichtigen Elternteil mehr hat. Sie wird aus den Versicherungen der beiden Verstorbenen berechnet, wenn beide die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Sie beträgt 20 Prozent der Summe der Versichertenrenten der beiden Eltern plus Zuschlag. Anspruch auf Waisenrente kann auch nach Tod eines Stiefelternteils, Pflegeelternteils oder Großelternteils bestehen, wenn das Kind in deren Haushalt gelebt hat oder von ihnen überwiegend unterhalten wor- den ist. Waisenrente wird uneingeschränkt bis zur Vollendung des 18. Lebens- jahres des Kindes gezahlt. Darüber hinaus wird die Waisenrente längstens bis Ende des 27. Lebensjahres gewährt, wenn die Waise sich in einer Schul- oder Be- rufsausbildung befindet, ein freiwilliges soziales /ökologisches Jahr leistet oder sich wegen einer Behinderung nicht selbst unterhalten kann. Seit dem 1. Juli 2015 wird auch bei volljährigen Waisen kein Einkommen mehr angerechnet. Stirbt Ihr rentenversicherter Ehemann oder Ihre rentenversicherte Ehefrau, erhalten Sie als Witwe/r auf Antrag eine Hinterbliebenenrente, wobei das Gesetz zwischen kleiner und großer Witwenrente unterscheidet. Eine Witwen/Witwer- rente erhalten Sie, wenn der /die Verstorbene die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat. Wenn Sie ein eigenes minderjähriges oder behindertes Kind oder ein Kind des/der Verstorbenen versorgen, haben Sie Anspruch auf eine so 100 genannte große Witwenrente von 55 Prozent des vollen Rentenanspruchs, der dem/der Verstorbenen zugestanden hätte, zuzüglich eines Zuschlags für die Er- ziehung jedes Kindes bis zum vollendeten dritten Lebensjahr. Allerdings wird der Rentenanspruch Ihres verstorbenen Ehegatten um einen Abschlag gemindert, sofern dieser vor dem 65. Lebensjahr verstorben ist. Falls Ihr Kind nicht behin- dert und bereits volljährig ist und Sie selbst jünger als 46 Jahre sind, erhalten Sie möglicherweise lediglich eine kleine Witwer- / Witwenrente von 25 Prozent der Vollrente des/ der Verstorbenen für zwei Jahre. Bitte informieren Sie sich bei der Deutschen Rentenversicherung über die zum Todeszeitpunkt der/des Verstor- benen geltende Altersgrenze für den Bezug einer großen Witwer-/Witwenrente. Ihr eigenes Einkommen wird zu 40 Prozent auf die Witwer-/Witwennrente angerechnet, soweit bestimmte Freibeträge (monatlich 845,59 Euro alte Bun- desländer/810,22 Euro neue Bundesländer, zusätzlich für jedes Waisenrenten berechtigte Kind monatlich 179,37 Euro alte Bundesländer / 151,48 Euro neue Bundesländer) überschritten werden. Vermögen, Betriebsrenten, Leistungen aus privaten Rentenversicherungen usw. bleiben dagegen anrechnungsfrei. Im Sterbevierteljahr wird kein eigenes Einkommen berücksichtigt. Für Witwen und Witwer, deren Ehegatte vor dem 1. Januar 2002 verstorben ist oder die vor dem 1. Januar 2002 geheiratet haben, gelten andere Regelungen. Bitte informieren Sie sich bei der Deutschen Rentenversicherung, falls einer der beiden Stichtage für Ihren Fall zutrifft. In der Regel verfällt ein Anspruch auf Witwer-/Witwenrente, wenn die/der Witwe/r wieder heiratet. wie sind die Regelungen nach einer Scheidung? Bei der Ehescheidung erfolgt der sogenannte Versorgungsausgleich, das heißt sämtliche Rentenansprüche, welche die Ehegatten während der Ehezeit erwor- ben haben, werden hälftig geteilt. Diese Anrechte auf eine Altersversorgung werden als gemeinschaftliche partnerschaftliche Lebensleistung der Ehegatten ange sehen. Der Ehegatte, der während der Ehe, beispielsweise durch Kinderbe- treuung, keine oder nur eine geringere Altersvorsorge aufbauen konnte, soll im Alter eine eigenständige Absicherung erhalten. Grundsätzlich wird jedes Versor- gungsanrecht innerhalb des jeweiligen Versorgungssystems gesondert zwischen den Ehegatten geteilt (interne Teilung), sofern nicht bei dem gleichen Versor- gungsträger Anrechte gleicher Art erworben wurden. Das heißt, jeder Ehegatte erhält ein eigenes Konto bei jedem gesetzlichen, betrieblichen oder privaten Versorgungsträger seines Expartners/seiner Expartnerin. Ausnahmen sind mög- lich, sofern der ausgleichsberechtigte Ehegatte oder der Versorgungsträger des 101 R E N T E , A LT E R S S Ic H E R u N G 3 ausgleichspflich tigen Ehegatten dies wünschen und der Ausgleichswert einen bestimmten Grenzwert nicht überschreitet. Wurde Ihre Ehe zwischen 1977 und 2009 geschieden, können Sie auf Antrag beim Familiengericht den Versorgungs- ausgleich neu berechnen lassen. Um sicher gehen zu können, dass eine Neube- rechnung zu Ihren Gunsten ausfällt, sollten Sie sich im Vorfeld gut beraten lassen. Bei Ehen, die kürzer als drei Jahre gedauert haben, wird der Versorgungs- ausgleich nur auf Antrag durchgeführt. Rente nach Tod des geschiedenen Ehegatten Wenn Sie ein eigenes oder ein Kind des früheren Ehepartners, das das 18. Lebens- jahr noch nicht vollendet hat, erziehen, haben Sie möglicherweise einen An- spruch auf Erziehungsrente. Voraussetzung ist unter anderem, dass Sie nicht wieder geheiratet haben und Sie bis zum Tod des / der geschiedenen Ehemanns/ frau die fünfjährige Wartezeiterfüllt haben. Die Erziehungsrente entspricht in ihrer Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Haben Sie eigenes Ein- kommen, so wird dieses angerechnet. Lassen Sie sich bei der Deutschen Rentenversicherung beraten. Formulare für die Beantragung der Erziehungsrente finden Sie auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung www.deutsche-rentenversicherung.de unter „Services“ bei „Formulare und Anträge“. „Das Eherecht“ Herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Bestellung oder Download unter www.bmjv.de/ publikationen wie komme ich zu meiner Rente? Ihre Rente erhalten Sie nicht automatisch, etwa nach Erreichen eines bestimm- ten Alters, sondern nur nach Antragstellung bei den Rentenversicherungs- trägern. Es ist gut, wenn Sie frühzeitig Ihren Versicherungsverlauf anfordern, das sind die gespeicherten Daten aller rentenrelevanten Zeiten bei den Renten- versicherungsträgern. Sie können so auf eventuelle Lücken aufmerksam wer- den und Fehler korrigieren. Ab dem 27. Lebensjahr erhalten Sie jährlich eine Renteninformation über den aktuellen Stand Ihrer zu erwartenden Rente. Die Deutsche Rentenversicherung bietet auch im Internet ein „Formularpaket Kontenklärung“ an (www.deutsche-rentenversicherung.de). Heben Sie die Jahresentgeltmeldungen Ihres Arbeitgebers gut auf und kontrollieren Sie sie, weil diese die Grundlage für die Rentenberechnung bilden. http://www.deutsche-rentenversicherung.de http://www.bmjv.de/publikationen http://www.bmjv.de/publikationen 102 Die aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in der ehemaligen DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften sind in die gesetzliche Renten- versicherung überführt worden. Online-Rentenlexikon des Bundesministerium für Arbeit und Soziales: www.bmas.de/DE/Themen/Rente/Rentenlexikon/inhalt.html „Ratgeber zur Rente“, die Broschüre als Download im Internet: www.bmas.de www.deutsche-rentenversicherung.de Die Deutsche Rentenversicherung , Versicherungsämter und Versicherungs- älteste bieten Beratungen an. Private Altersvorsorge Um im Alter abgesichert zu sein, können Sie eine Kombination von verschie- denen Arten der Altersversorgung anstreben. Arbeitnehmer/innen haben An- spruch auf eine betriebliche Altersvorsorge, bei der Teilbeträge ihres Lohnes in Beiträge zu einer betrieblichen Altersversorgung umgewandelt werden (Entgeltumwandlung). Sie sollten Ihren Arbeitgeber um einen Zuschuss bitten, da er die Sozialversicherungsabgaben auf den umgewandelten Teil Ihres Ent- gelts spart. Während der Elternzeit haben Beschäftigte die Möglichkeit, eigene Beiträge zum Aufbau ihrer Betriebsrente zu leisten. Die staatlich geförderte zusätzliche Altersvorsorge („Riester­Rente“) gibt es, sofern vier Prozent des Bruttoeinkommens dafür aufgewendet werden und ent- sprechende Verträge, z. B. über eine Lebensversicherung, als förderungswürdig anerkannt werden. Neben Steuerermäßigungen auf jährliche Einzahlungen von bis zu 2.100 Euro haben Sie Anspruch auf staatliche Zulagen, wobei der geldwer- te Vorteil der Steuerermäßigung mit den Zulagen verrechnet wird. Dabei wird unter schieden zwischen einer Grundzulage und einer Kinderzulage. Die Kinder- zulage wird grundsätzlich dem Altersvorsorgevertrag der Mutter zugeführt, es sei denn, ein Paar bestimmt in einer gemeinsamen Erklärung, dass die Kinderzu- lage dem Vertrag des Vaters zukommen soll. Bei nicht miteinander verheirateten Eltern kann nur der Elternteil die Kinderzulage erhalten, der das Kindergeld be- zieht. Ledige erhalten als Grundzulage 175 Euro, und pro Kind gibt es eine Zulage von 185 Euro, für ab dem 1.1.2008 geborene Kinder 300 Euro. Um den vollen För- deranspruch zu haben, müssen Sie mindestens 60 Euro im Jahr anlegen. Gefördert werden grundsätzlich alle, die Pflichtmitglied in der gesetz- lichen Rentenversicherung sind, außerdem Beamte, Angehörige des öffent- lichen Dienstes, Auszubildende, Arbeitslose, Nichterwerbstätige in der dreijäh- rigen Erziehungszeit, Personen im Bundesfreiwilligendienst, pflichtversicherte http://www.bmas.de/DE/Themen/Rente/Rentenlexikon/inhalt.html http:// www.bmas.de http://www.deutsche-rentenversicherung.de 103 A LG I 3 Selbstständige sowie die geringfügig Beschäftigten, die nicht auf Rentenversiche- rungspflicht verzichtet haben. Selbstständige können die so genannte „Rürup­ Rente“ (Basisrente) anstatt einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung nutzen und Steuererleichterungen auf die Beitragszahlung er halten. Eine zusätzliche private Altersvorsorge lohnt sich inzwischen auch, falls Sie wegen geringer gesetzlicher Rentenansprüche später Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch beziehen müssten. Hier gilt seit 2018 ein Freibetrag auf Einkommen aus privater Altersvorsorge, wie beispiels- weise Betriebs- und Riesterrenten oder freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Der Freibetrag setzt sich aus einem „Grundfreibetrag“ von 100 Euro und 30 Prozent der den Grundfreibetrag übersteigenden Ein- nahmen zusammen. Anrechnungsfrei bleiben jedoch höchstens Einkünfte in Höhe von 50 Prozent des Regelbedarfs, aktuell also bis zu 212 Euro. Jedes Versicherungsunternehmen bietet eine ganze Palette an Angeboten zur Altersversorgung an und hat zur Deckung der entstandenen Renten lücke eigene Lösungen entwickelt. Wie in der gesetzlichen Rentenversicherung spielt bei privaten Versicherungen die Beitragshöhe und Beitragszeit die ent- scheidende Rolle. Lassen Sie sich schriftlich bestätigen, dass Angebote, die Sie interessieren, alle Voraussetzungen für eine Förderung erfüllen, falls Sie von staatlichen Zuschüssen profitieren wollen. So unterschiedlich wie die Versicherungsunternehmen und ihre Angebote sind auch die Konditionen für eine private Altersversorgung. Lassen Sie sich also vor Abschluss des Vertrages gut informieren und möglichst unabhängig beraten. Zur privaten Altersvorsorge beraten die Verbraucherzentralen: www.verbraucherzentrale.de A R B E I T S L o S I G K E I T Da die Rechtslage auf diesem Gebiet kompliziert ist und sich in den letzten Jahren wiederholt und grundlegend geändert hat, sollten sich Erwerbslose in jedem Fall individuell beraten lassen. Die Beratung durch die örtliche Arbeits- agentur, das Jobcenter oder eine Beratungsstelle empfiehlt sich auch, wenn Sie den Verlust Ihres Arbeitsplatzes befürchten oder, z. B. nach der Elternzeit, in den Beruf zurückkehren wollen. Auch wenn Sie nicht arbeitslos sind und/oder http://www.verbraucherzentrale.de 104 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, können Sie sich bei der Arbeits- agentur arbeitsuchend melden, um sich bei der Arbeitssuche unterstützen zu lassen. Ein Teil der Leistungen der Arbeitsagentur steht auch Personen ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld zur Verfügung. AR B E IT SLoSE N G E LD I (ALG I) Wurde Ihr Arbeitsplatz gekündigt, müssen Sie sich innerhalb von drei Tagen nach Erhalt der Kündigung bei der Arbeitsagentur mindestens telefonisch oder über die Internetseite der Arbeitsagentur arbeitsuchend melden, auch wenn die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist und Ihr Arbeitsverhältnis folglich noch nicht beendet ist! Auch wer sich nicht spätestens drei Monate vor der voraussichtlichen Beendigung seines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis- ses arbeitsuchend meldet, erhält eine Sperrzeit (siehe Abschnitt Sanktionen) von einer Woche. Nach Eintritt der Arbeitslosigkeit müssen Sie sich persönlich (!) bei der Arbeitsagentur arbeitslos melden, da frühestens ab diesem Zeitpunkt Arbeitslosengeld gezahlt wird. Um die Arbeitslosigkeit zu überwinden, können von der Arbeitsagentur eine Reihe weiterer Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbracht werden. Erkun- digen Sie sich deshalb frühzeitig nach für Sie geeigneten Maßnahmen der Arbeits - förderung und fragen Sie Ihre/n Ansprechpartner/in in der Arbeits agentur, ob in Ihrem Fall entsprechende Förderungsmöglichkeiten bestehen. Dabei sollten Sie beachten, dass viele Maßnahmen von Ihnen beantragt werden müssen. Die Arbeits - losmeldung ist auch dann noch wichtig, wenn Sie keine Leistungen der Arbeits- agentur zu erwarten haben: Nur wenn Sie sich im unmittelbaren Anschluss an das Arbeitsverhältnis oder den letzten Leistungsbezug arbeitslos gemeldet haben, zählen die Zeiten der Arbeitslosigkeit für Ihren späteren Rentenanspruch. Anspruch auf Arbeitslosengeld Nach §§ 137 ff. SGB III haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I), wenn Sie arbeitslos sind, sich bei der Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet haben und die Anwartschaftszeit erfüllen. Arbeitslosigkeit Der Begriff der Arbeitslosigkeit als Anspruchsvoraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld wird nicht nur durch die Beschäftigungslosigkeit, son- dern auch durch die Eigenbemühungen (Beschäftigungssuche) und die Verfüg- barkeit der Arbeitnehmer/innen definiert. Beschäftigungslos sind Sie, wenn Sie vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Beschäfti - 105 A LG I 3 gungslos sind Sie auch, wenn Sie nur eine weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausüben (z. B. Minijob). Um als arbeitslos zu gelten, müssen Sie sich aktiv um einen Arbeitsplatz bemü- hen (Eigenbemühungen). Es wird verlangt, dass Sie alle zumutbaren Möglichkei- ten nutzen, um Ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Dazu gehört auch, bei der Vermittlung durch Dritte mitzuwirken oder die Selbstinformationssysteme der Arbeitsagentur zu nutzen. Sie sollten Ihre Eigenbemühungen dokumentieren, denn Sie müssen diese gegenüber der Agentur für Arbeit nachweisen können. In den ersten sechs Monaten Ihrer Arbeitssuche müssen Sie keine Arbeit anneh- men, bei der der zu erwartende Lohn einen bestimmten Prozentsatz Ihrer Ein- künfte aus der vorherigen Tätigkeit unterschreitet. Als Arbeitslose/r müssen Sie den Vermittlungsbemühungen der Arbeits- agentur zur Verfügung stehen (Verfügbarkeit) und beispielsweise täglich für die Arbeitsagentur erreichbar sein. Sie müssen bereit sein, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen und auszuüben und an Maßnahmen zur beruf- lichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen. Um Ihre Erreichbarkeit sicherzustellen, sollten Sie bei einem Umzug vorab Ihre neue Adresse der Arbeitsagentur mitteilen und / oder einen Nachsendean- trag stellen. Ausnahmen gelten nur in besonderen Fällen, z. B. während eines von der Agentur bewilligten Urlaubs. Einschränken dürfen Sie Ihre Verfügbar- keit, wenn Sie aufsichtspflichtige Kinder (bis zur Vollendung des 15. Lebensjah- res) betreuen oder pflegebedürftige Angehörigen versorgen. Als Betreuungs- person dürfen Sie Ihre Verfügbarkeit hinsichtlich Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit begrenzen, allerdings müssen diese den üblichen Bedingungen des für Sie in Betracht kommenden Arbeitsmarktes entsprechen. So dürfen Sie sich nur dann wegen der Betreuung Ihres Kindes auf die Suche nach einer Teil- zeitbeschäftigung beschränken, wenn es für Tätigkeiten, für die Sie nach Ihrem Leistungsvermögen in Betracht kommen, einen Teilzeitarbeitsmarkt gibt. Da - rüber hinaus können Sie sich auf die Suche nach Teilzeitbeschäftigung ohne Schaden für den Arbeitslosengeldanspruch nur beschränken, wenn Sie die An- wartschaft durch eine Teilzeitbeschäftigung erworben haben und das Arbeits- losengeld nach der Teilzeitbeschäftigung bemessen worden ist. Informieren Sie die Arbeitsagentur umgehend über eine Krankschreibung/Arbeitsunfä- higkeit Ihrerseits oder eine Krankheit Ihres Kindes. Ihr Arbeitslosengeld wird dann für längstens sechs Wochen weitergezahlt. Ihre Beschäftigungssuche und Verfügbarkeit muss sich nur auf zumutbare Arbeitsplätze erstrecken (Zumutbarkeit). Hauptkriterium ist das erzielbare Entgelt, einen auch nur begrenzten oder befristeten Berufs- bzw. Qualifika- 106 tionsschutz gibt es nicht. In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist Ihnen eine Beschäftigung mit einem gegenüber dem Bemessungsentgelt bis zu 20 Prozent niedrigerem Entgelt zumutbar, in den nächsten drei Monaten darf der Lohn bis zu 30 Prozent geringer sein, danach ist eine Beschäftigung zumutbar, wenn das Nettoentgelt der Höhe des ALG I entspricht. Wegezeiten (Hin- und Rückweg zusammen) sind Ihnen bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden erst ab zweieinhalb Stunden, bei geringerer Arbeits- zeit ab zwei Stunden unzumutbar. Die Arbeitsagentur muss aber auch Ihre familiäre Situation beachten. Erfüllung der Anwartschaftszeit Eine Anwartschaft auf Arbeitslosengeld kann grundsätzlich nur durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens zwölf Monaten (Anwart- schaftszeit) innerhalb der letzten zwei Jahre vor Ihrer Arbeitslosigkeit (Rahmen- frist) erworben werden. Als Anwartschaftszeiten gelten nicht nur Zeiten einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, sondern z. B. auch die Zeit des Bezugs von Mutterschaftsgeld oder der Erziehung Ihres Kindes, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wenn Sie unmittelbar vor der Kindererzie- hung versicherungspflichtig waren oder laufende Entgeltersatzleistungen (z. B. ALG I) bezogen haben. Die Anwartschaftszeit kann auch erfüllt werden durch Zeiten einer freiwilligen Weiterversicherung, z. B. als Pflegeperson. Die Rahmenfrist von zwei Jahren verlängert sich um Zeiten, in denen von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen worden ist, längstens auf fünf Jahre. Die Verlängerung der Rahmenfrist bewirkt, dass weiter zurückliegende Beschäftigungszeiten berücksichtigt werden können. Höhe und Bezugsdauer Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich nach dem Bemessungsentgelt inner halb des Bemessungszeitraumes (ein Jahr). Das Bemessungsentgelt umfasst alle Zahlungen, die im Rahmen eines Versicherungspflichtverhältnisses in der Arbeitslosenversicherung erfolgen. Das Arbeitslosengeld beträgt für Sie 67 Pro- zent Ihres bisherigen Nettoeinkommens, wenn Sie ein Kind haben, für das Ihnen Kindergeld zusteht. Andernfalls erhalten Sie nur 60 Prozent des Leistungsent- gelts. Reicht das ALG I nicht aus, um Ihren Lebensunterhalt zu decken, können Sie ergänzend Wohngeld, den Kinderzuschlag oder Arbeits losengeld II beantra- gen. Die Agentur für Arbeit bleibt jedoch weiterhin Ihr Ansprechpartner für alle Leistungen, die Ihrer Eingliederung in Arbeit dienen. 107 A LG I 3 Zeiten in denen Sie Elterngeld bezogen haben oder wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes unter drei Jahren ein geringeres Einkommen er- zielt haben, werden nicht in den Bemessungszeitraum einbezogen und werden bei der Berechnung des Bemessungsentgelts nicht berücksichtigt. Viele Arbeitslose befürchten, nach einem relativ guten Verdienst und deshalb vergleichsweise hohem ALG I durch die Aufnahme einer schlechter bezahlten Arbeit bei erneuter Arbeitslosigkeit weniger Arbeitslosengeld zu erhalten. Diese Befürchtung ist unbegründet, wenn die Zwischenbeschäftigung weniger als zwölf Monate dauert. Dann bemisst sich das ALG I nach dem alten Verdienst. Dauerte die Zwischenbeschäftigung zwölf Monate oder länger, ist für die Berech- nung des ALG I ebenfalls mindestens das alte Bemessungsentgelt maßgeblich. In diesem Fall müssen Sie aber in den zwei Jahren vor der Entstehung des Arbeits- losengeld-Anspruchs aus der neuen Beschäftigung wenigstens einen Tag Arbeits- losengeld bezogen haben. Um das ALG I aufzustocken, können Sie eine Nebenbeschäftigung von un- ter 15 Stunden wöchentlich aufnehmen. Das erzielte Nebeneinkommen bleibt bis zum Freibetrag von 165 Euro anrechnungsfrei. Der Teil des Einkommens, der den Freibetrag überschreitet, wird voll auf Ihr Arbeitslosengeld angerech- net. Steuern und Werbungskosten (Fahrtkosten) können abgezogen werden. Angerechnet werden aber nur Einkommen, die aus einer Arbeitnehmertätig- keit oder selbstständiger Arbeit stammen. Sollten Sie eine Aufwandsentschä- digung, zum Beispiel für eine ehrenamtliche Tätigkeit, erhalten, nehmen Sie bitte Rücksprache dazu mit der Arbeitsagentur. Andere Einkünfte, wie z. B. Einkünfte aus Kapitalvermögen, Erbschaften oder Schenkungen werden nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet. ALG I wird für längstens zwölf Monate gezahlt. Die Anspruchsdauer rich- tet sich nach der Dauer Ihrer versicherungspflichtigen Tätigkeit innerhalb der Rahmenfrist (zwei Jahre vor der Arbeitslosigkeit). Für jüngere Arbeitnehmer/ innen gilt: Bei einem Versicherungspflichtverhältnis von mindestens zwölf Monaten innerhalb der letzten zwei Jahre (Rahmenfrist) erhalten Sie für sechs Monate ALG I. Ab 2020 verlängert sich diese Rahmenfrist auf 30 Monate. Wenn Sie das 50. Lebensjahr vollendet haben, erhalten Sie länger ALG I. Ab einer Beschäftigung von 30 Monaten können Sie 15 Monate ALG I beziehen. Ab einem Alter von 55 Jahren und 36 Monaten Beschäftigung beträgt Ihr Anspruch auf ALG I 18 Monate. Ab 58 Jahren und 48 Monaten Beschäftigung können Sie bis zu 24 Monate ALG I beziehen. Es gelten überdies Sonderrege- lungen für überwiegend befristet Beschäftigte. Bitte informieren Sie sich dazu bei der Agentur für Arbeit. 108 Eingliederungsvereinbarung / Arbeitsvermittlung und Arbeitsförderung Die Arbeitsagentur schließt mit Ihnen eine Eingliederungsvereinbarung ab. Ge- genstand der Eingliederungsvereinbarung sind die Eigenbemühungen, zu denen Sie sich verpflichten, die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur sowie Leis- tungen der aktiven Arbeitsförderung. Bei Ihren Vermittlungsbemühungen soll die Arbeitsagentur Ihre individuellen Interessen, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie Ihre geschlechtsspezifischen Beschäftigungschancen berücksichtigen und Ihnen entsprechende Stellenangebote machen. Wird eine Bildungsmaßnahme vereinbart, sind gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Schadensersatzpflicht festzulegen, wenn die Maßnahme aus einem von Ihnen zu vertretenden Grund nicht zu Ende geführt wird. Auch während einer beruflichen Weiterbildung, die nicht von der Agentur für Arbeit gefördert wird, kann bei Vorliegen der nötigen Voraussetzungen und bei vorheriger Genehmigung der Arbeitsagentur weiter Arbeitslosengeld ge- zahlt werden. Lassen Sie sich von Ihrem/Ihrer Arbeitsvermittler/in genau erläutern, welche Eingliederungsleistungen der Arbeitsagentur für Sie in Frage kommen wür- den. Sie haben die Möglichkeit, sich vor Abschluss der Eingliederungsvereinbarung Bedenkzeit einzuräumen und die Vereinbarung prüfen zu lassen. Dies können Sie z. B. bei Beratungsstellen für Erwerbslose tun. Werden Ihre Eingliederungswünsche abgelehnt, so lassen Sie sich eine schriftliche Begründung dafür in Form eines Be- scheids geben. Die Eingliederungsvereinbarung wird per Verwaltungsakt festgelegt, wenn sie nicht durch ein Gespräch zustande kommt. Wenn in der Vereinbarung Leistungen der Arbeitsagentur festgelegt sind, können Sie diese auch einfordern. Die Vereinbarung soll für sechs Monate geschlossen werden. Um Sie bei der Arbeitssuche und Arbeitsaufnahme zu unterstützen, steht der Arbeitsagentur ein flexibles Vermittlungsbudget zur Verfügung, z. B. für die Erstattung von Bewerbungskosten (üblich sind bis zu 260 Euro jährlich), Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen oder Umzugskosten für einen Umzug zum Zweck der Arbeitsaufnahme. Gegebenenfalls können Sie auch andere Kosten geltend machen. Die Kostenübernahme muss im Voraus beantragt und durch entsprechende Nachweise belegt werden. Ihre Beschäftigungssuche kann durch Maßnahmen der beruflichen Quali- fizierung unterstützt werden. Dazu gehören die Förderung einer Berufsausbil- dung oder beruflichen Weiterbildung (siehe Kapitel 3 Aus- und Weiterbildung). Frauenförderung: Das Sozialgesetzbuch III berücksichtigt die besonderen Be- lastungen für Frauen und konzipiert Maßnahmen, die dies einbeziehen. Die Beauftragten für Chancengleichheit (BCA) bei den örtlichen Arbeitsagenturen 109 A LG I 3 und Jobcentern haben die Aufgabe, geschlechtsspezifische Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt abzubauen. Verschiedene Fördermöglichkeiten für Frauen sind: Förderung von Berufsrückkehrerinnen, Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, Übernahme von Kinderbetreuungskosten während der Teil- nahme von Qualifizierungsmaßnahmen, Eingliederungszuschüsse usw. Existenzgründung Durch den Gründungszuschuss kann eine Existenzgründung gefördert werden. Sie können diesen erhalten, wenn Sie zum Zeitpunkt der Unternehmens-gründung über einen Arbeitslosengeldanspruch von wenigstens 150 Tagen verfügen und der Arbeitsagentur die Tragfähigkeit der geplanten Existenzgründung nachweisen so- wie Ihre Fachkenntnisse und unternehmerischen Fähigkeiten darlegen. Die Tragfä- higkeit Ihres unternehmerischen Konzepts müssen Sie durch eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle, z. B. der Industrie- und Handelskammer oder eines Kre- ditinstituts nachweisen. Wird der Gründungszuschuss bewilligt, erhalten Sie für sechs Monate einen Zuschuss zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe Ihres in- dividuellen Arbeitslosengeldes. Zusätzlich erhalten Sie eine monatliche Pauschale von 300 Euro zur sozialen Absicherung. Dies soll eine freiwillige Absicherung in den gesetzlichen Sozialversicherungen ermöglichen. Nach sechs Monaten entfällt der Zuschuss zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die monatliche Pauschale kann nach Vorlage entsprechender Nachweise für weitere neun Monate gezahlt werden. Wenn Sie den Gründungszuschuss beziehen, können Sie sich unter be- stimmten Voraussetzungen in der Arbeitslosenversicherung innerhalb von drei Monaten freiwillig weiterversichern. Sanktionen: Sperrzeiten Unter bestimmten Voraussetzungen kann gegen Arbeitslose eine so genannte Sperrzeit verhängt werden. Diese Strafe wird verhängt, wenn Sie z. B. ohne wichtigen Grund Ihren Arbeitsplatz durch eigene Kündigung verloren haben oder ein Qualifizierungs- oder Arbeitsangebot der Arbeitsagentur ablehnen. Die Sperrzeit beträgt regelmäßig 12 Wochen, kann aber unter bestimmten Vor- aussetzungen auf sechs bzw. drei Wochen herabgesetzt werden. Eine Sperrzeit von einer Woche kann verhängt werden, wenn Sie sich nach einer Kündigung nicht frühzeitig arbeitslos gemeldet haben (s. o.), zwei Wochen bei unzurei- chenden Eigenbemühungen. Während der Sperrzeit wird kein Arbeitslosen- geld bezahlt. Die Dauer des Arbeitslosengeldbezugs wird mindestens um die Dauer der Sperrzeit verkürzt. Werden mehrere Sperrzeiten von insgesamt 21 Wochen verhängt, erlischt der gesamte Anspruch auf Arbeitslosengeld. 110 Gegen die Verhängung einer Sperrzeit können Sie wie gegen alle Bescheide der Arbeitsagentur Widerspruch einlegen. Wird der Widerspruch von der Behörde zurückgewiesen, können Sie dagegen mit einer Klage vor dem Sozial- gericht vorgehen. Die Widerspruchs- und Klagefrist beträgt einen Monat. Auf sie muss in dem jeweiligen Bescheid ausdrücklich hingewiesen werden. Arbeitslosenprojekt TuWas (Hrsg.): Leitfaden für Arbeitslose – Der Rechtsrat- geber zum SGB III; Fachhochschulverlag Band 3, Frankfurt a. M. Auflage Stand 1. Juli 2018 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): A–Z der Arbeitsförderung. Nachschlagewerk zum Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), Bestellung oder Download unter: www.bmas.de (Service-Publikationen) AR B E IT SLoSE N G E LD I I (ALG I I) u N D SoZ IALG E LD Ist der Anspruch auf ALG I abgelaufen oder können Sie Ihren Lebensunterhalt im laufenden Monat weder durch eigenes Arbeitseinkommen oder Vermögen, noch durch Unterhaltszahlungen bestreiten, dann sollten Sie für sich Arbeits- losengeld II (ALG II, auch Grundsicherung für Arbeitsuchende oder umgangs- sprachlich „Hartz IV“) und Sozialgeld für Ihr Kind beantragen. Beide Leistungen werden auf Grundlage des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) gewährt. Haben Sie auch keine Scheu, ALG II zu beantragen, falls Ihr Einkommen niedriger als die Ihnen rechtmäßig zustehenden Sozialleistungen ist („Aufstocken“). Es ist Ihr gutes Recht, damit wenigstens ein finanzielles Existenzminimum für Sie und Ihre Kinder sichergestellt ist. Anträge gibt es bei den örtlichen Jobcentern. wer hat Anspruch auf ALG II und Sozialgeld? Anspruch auf ALG II haben Sie ab einem Alter von 15 Jahren und bis zum Ablauf des Monats, in dem Sie die Regelaltersgrenze für die Rente erreicht haben. Daneben müssen Sie erwerbsfähig und hilfebedürftig sein und Ihren gewöhnlichen Aufent- halt in Deutschland haben. Die nicht erwerbsfähigen Mitglieder der Bedarfsge- meinschaft, in der Sie leben, haben einen Anspruch auf Sozialgeld. Erwerbsfähig sind Sie, wenn Sie mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Sind Sie nicht erwerbsfähig und hilfebedürftig, haben Sie unter Umständen Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII (siehe Abschnitt Sozialhilfe). Nachrang Sozialleistungen nach dem SGB II werden „nachrangig“ gezahlt. Zuvor wird über- prüft, ob Sie mit eigenen Mitteln wie Einkommen und Vermögen aber auch ande- http://www.bmas.de 111 A LG I I 3 ren Leistungen wie Kinder- oder Elterngeld, Kinderzuschlag und/ oder Wohngeld Ihren Lebensunterhalt sowie den Ihrer Kinder selbstständig bestreiten können. Das bedeutet, dass bei der Beantragung von ALG II und Sozialgeld in jedem Fall nach sämtlichen Einnahmen und „vorhandenem Vermögen“ gefragt wird: Spargutha- ben, Wertpapiere, Erbschaften usw. Falls Sie eine vorrangige Sozialleistung nicht zeitnah verwirklichen können oder Ihr Anspruch noch strittig ist, muss das Job- center in Vorleistung gehen, sofern Ihre Hilfebedürftigkeit nicht durch eigenes Einkommen und/ oder Vermögen vermieden werden kann. wer ist für Leistungen nach dem SGB II zuständig? Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) werden vom ört- lichen Jobcenter erbracht. Es ist Ansprechpartner für die Leistungsberechtigten, zahlt die Leistungen aus und erbringt die notwendigen Hilfen. Es soll Ihnen ein/e persönliche/r Ansprechpartner/in (Fall­Manager/in) benannt werden. Er / sie ist für so unterschiedliche Aufgaben wie Ihre Information, Beratung und umfas- sende Unterstützung mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit und die Gewäh- rung von Leistungen zur Sicherung Ihres Lebensunterhalts zuständig. welche Rechten und Pflichten haben Sie, wenn Sie SGB II-Leistungen beziehen? Nach dem Grundsatz des Forderns wird von Ihnen erwartet, dass Sie alle Möglich- keiten zur Beendigung oder Verringerung Ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Dies gilt insbesondere für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Finden Sie keine Erwerbstätigkeit, müssen Sie eine Ihnen angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit übernehmen. Ihnen ist mit wenigen Ausnahmen jede Arbeit zumutbar, zu der Sie in der Lage sind. Eine der Ausnahmen besteht, wenn Sie ein Kind bis zur Vollen- dung des dritten Lebensjahres seit dessen Geburt betreuen. Ob die Aufgabe oder Ein- schränkung einer Erwerbstätigkeit zum Zweck der Erziehung eines Kindes unter drei Jahren zulässig ist, kann die Behörde am Kindeswohl orientiert im Einzelfall entscheiden. Nach dem dritten Geburtstag Ihres Kindes ist Ihnen eine Erwerbstätig- keit zumutbar, soweit die Erziehung des Kindes nicht gefährdet ist, beziehungsweise die Betreuung Ihres Kindes in einer Kindertageseinrichtung oder in Tagespflege si- chergestellt ist. Ist kein Betreuungsplatz mit ausreichendem Zeitumfang für Ihr Kind auffindbar, ist Ihnen demzufolge nur eine Teilzeittätigkeit zumutbar. Eine Arbeit ist auch dann nicht zumutbar, wenn sie mit der Pflege eines Angehörigen nicht verein- bar wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann. Die Regeln für die Erreichbarkeit entsprechen weitgehend denen für den Bezug von Arbeitslosengeld I (siehe Abschnitt Arbeitslosengeld I). Eine nicht von Ihrem/ 112 Ihrer persönlichen Ansprechpartner/in genehmigte Ortsabwesenheit hat für die Zeit der Abwesenheit den Wegfall der Leistung zur Folge. Gleichzeitig können Sie nach dem Grundsatz des Förderns Leistungen zur Aktivierung und Eingliederung in Arbeit erhalten. Verpflichtend sind dabei Beratung und Arbeitsvermittlung. Im Ermessen des Jobcenters liegen Eignungs- feststellungs- und Trainingsmaßnahmen, die Förderung der beruflichen Weiter- bildung durch Bildungsgutscheine, die Schuldnerberatung oder die Gewährung von Einstiegsgeld und weiteren Hilfen zur Existenzgründung oder die Vermitt- lung in so genannte Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (Ein-Euro-Jobs). Seit dem 1. Januar 2019 eröffnet das Teilhabechancengesetz neue Fördermöglichkeiten für Langzeitarbeitslose durch Finanzierung von Lohnkos- ten, Coaching und unter bestimmten Voraussetzungen einer Weiterbildung bei Aufnahme einer Beschäftigung. Informieren Sie sich bei Ihrer Arbeitsagentur oder einer Beratungsstelle! Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung sind gegenüber den übrigen Eingliederungsleistungen nachrangig, beispielsweise gegenüber der Ver- mittlung in eine Berufsausbildung, wenn ein Berufsabschluss fehlt. Eine ergän- zende Kinderbetreuung kann durch das Jobcenter gefördert werden, wenn diese zur Erwerbseingliederung erforderlich ist (Rechtsgrundlage § 16a im Zweiten Sozialgesetzbuch) und Regelangebote der Kindertagesbetreuung nicht bedarfs- deckend sind. Laut Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dürfen diese Anträge nicht abgelehnt werden, wenn sie nachweislich zur Integration in den Arbeits- markt führen. Sie sind verpflichtet, eine Eingliederungsvereinbarung für Ihre Integration in den Arbeitsmarkt abzuschließen. Die Regelungen entsprechen denen beim Bezug von ALG I (siehe Ausführungen Eingliederungsvereinbarung im Abschnitt Arbeitslosengeld I). Erfüllen Sie Ihre darin festgelegten Pflichten nicht, kann das ALG II gekürzt werden (siehe Abschnitt Sanktionen). Wenn das Jobcenter eine aktive Arbeitssuche von Ihnen verlangt und diese in der Eingliederungsverein- barung mit Ihnen vereinbart, muss es die damit verbundenen Kosten, beispiels- weise für Fahrten zu Vorstellungsgesprächen, tragen. Die Kostenübernahme muss bereits Bestandteil der Eingliederungsvereinbarung sein. Bedarfsgemeinschaft Die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft müssen mit ihrem Einkommen und Vermögen füreinander aufkommen. Die Bedarfsgemeinschaft der Kinder mit den Eltern endet mit Ihrer Heirat, Ihrem 25. Geburtstag oder wenn Sie Ihren Le- bensunterhalt aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten können. Junge 113 A LG I I 3 Erwerbsfähige unter 25 Jahre, die mit eigenem Kind im Haushalt der Eltern woh- nen, bilden eine eigene Bedarfsgemeinschaft, die mit den Eltern in einer „Haus­ haltsgemeinschaft“ zusammenlebt. Eine Haushaltsgemeinschaft liegt vor, wenn Sie mit Verwandten oder Verschwägerten in einem Haushalt zusammenleben, ohne eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden. In einer Haushaltsgemeinschaft wird davon ausgegangen, dass Sie von Ihren verwandten oder verschwägerten Ange- hörigen Unterhaltsleistungen erhalten, die Ihren Bedarf decken. Das bedeutet dann, dass deren Einkommen und Vermögen berücksichtigt wird. Dies gilt aber nur, wenn das Einkommen oder Vermögen der verwandten oder verschwägerten Haushaltsgemeinschaftsmitglieder dies erwarten lässt, weil es bestimmte Freibe- träge übersteigt (§ 1 Absatz 2 Arbeitslosengeld II Verordnung). Die Unterstützungs- vermutung kann durch eine schriftliche Erklärung widerlegt werden. Wollen Sie mit einem neuen Partner bzw. einer neuen Partnerin zusammen- ziehen, bilden Sie und Ihre Kinder mit dem/der neuen Partner/in im gemeinsamen Haushalt eine Bedarfsgemeinschaft. Anders als bei nichtehelichen Paaren, die ohne Kinder in einem Haushalt leben, wird nicht erst nach einem Jahr, sondern ab dem ersten Tag des Zusammenlebens das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft angenommen. Laut SGB II ist eine Bedarfsgemeinschaft immer dann zu vermu- ten, wenn „nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen“. Im All- gemeinen wird eine solche Einstandsgemeinschaft vermutet, wenn Sie eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen: – länger als ein Jahr zusammenleben, – mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, – Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder – befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Achtung: Soweit der/die neue Partner/in leistungsfähig ist, muss er/sie mit seinem Einkommen und Vermögen also auch den Bedarf Ihrer in der Bedarfsgemein- schaft lebenden Kinder decken. Wollen Sie mit Ihrem/Ihrer Partner/in einen ge- meinsamen Haushalt gründen, kann dies also zu wirtschaftlichen Abhängigkeits- verhältnissen führen, die von Ihnen nicht gewollt sind. Hinweis: Lebt der unterhaltspflichtige Elternteil bzw. (ehemalige/r) Partner/in in einer Bedarfsgemeinschaft mit anderen Personen, kann er seine Unterhaltszah- lungen dann von seinem Einkommen absetzen, wenn diese tituliert oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegt wurden. Der Unterhalt muss also auch dann noch gezahlt werden, wenn Mitglieder in seiner Bedarfs- gemeinschaft SGB II Leistungen erhalten oder gegeben falls beantragen müssen. 114 Auf welche Leistungen besteht ein Anspruch? Das ALG II umfasst die pauschalierte Regelleistung zur Sicherung des Lebens- unterhalts für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, Mehrbedarfe, Leistungen für Unterkunft und Heizung, einmalige Sonderleistungen sowie Zuschüsse zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Zusätzlich zu den Regelleistungen gibt es für Kinder und Jugendliche Bildungs- und Teilhabeleistungen (soge- nanntes Bildungspaket). Die pauschalierte Regelleistung soll den Bedarf an Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Bedarfe des täglichen Lebens decken, sowie in ge- wissem Umfang Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben ermöglichen. 100 Prozent der Regelleistung erhalten Alleinstehende, Alleinerziehende und Personen, deren Partner minderjährig ist. Partner/in- nen und Kindern in der Bedarfsgemeinschaft steht in Abhängigkeit vom Alter ein bestimmter Prozentsatz der Regelleistung zu. Kinder ab dem 25. Lebensjahr oder im Haushalt lebende Großeltern gehören nicht zur Bedarfsgemeinschaft. Sie erhalten die volle Regelleistung. Die Regelsätze haben derzeit folgende Höhe: Regelleistung (Alleinstehende, Alleinerziehende) 424 Euro Kinder bis zum 6. Geburtstag 245 Euro Kinder bis zum 14. Geburtstag 302 Euro Kinder bis zum 18. Geburtstag 322 Euro Kinder im Haushalt bis zum 25. Geburtstag 339 Euro Alleinerziehenden steht zusätzlich ein Mehrbedarf zu, der sich in seiner Höhe nach Anzahl und Alter der im Haushalt lebenden Kinder richtet. Kinder unter 18 Jahren Prozent vom Regelsatz mehrbedarf 1 12 50,88 Euro 2 24 101,76 Euro 3 36 152,64 Euro 4 48 203,52 Euro 5 60 254,40 Euro Sonderregeln: 1 Kind unter 7 Jahren 36 152,64 Euro 2 Kinder unter 16 Jahren 36 152,64 Euro 115 A LG I I 3 Für volljährige Kinder im Haushalt kann kein Mehrbedarf geltend gemacht werden. Der Alleinerziehenden-Mehrbedarf richtet sich nach dem Merkmal der alleinigen Verantwortung für die Erziehung. Das heißt, wenn ein Partner mit Ihnen im Haushalt wohnt, aber keine Erziehungsverantwortung trägt (oder bspw. schwer krank ist), können Sie Ihren Mehrbedarf dennoch beziehen. Auch umfangreiche Umgangsregelungen berühren den Mehrbedarf nicht, denn der Mehrbedarf ist an die Haupterziehungsverantwortung gebunden. Wenn das Kind in einem Wechselmodell lebt, steht beiden (ALG-II-bezie- henden) Elternteilen jeweils die Hälfte des Mehrbedarfes zu (siehe dazu auch Abschnitt temporäre Bedarfsgemeinschaft). Hat das Kind hingegen regel- mäßig seinen Lebensmittelpunkt bei Ihnen und hält sich vorübergehend für einen längeren Zeitraum beim anderen Elternteil auf, z. B. während der Sommer ferien, steht Ihnen weiterhin der volle Mehrbedarf zu. Auch wenn Sie mit den Großeltern des Kindes in einem Haushalt leben, fällt der Mehrbedarf nur dann weg, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Großeltern sich regelmäßig um das Enkelkind kümmern. Werdende Mütter erhalten nach der zwölften Schwangerschaftswoche einen Mehrbedarf von 17 Prozent der maßgebenden Regelleistung (72,08 Euro). Des- weiteren sind Mehrbedarfszuschläge für kranke und genesende Menschen, für medizinisch notwendige teure Ernährung sowie für Menschen mit Behinderun- gen vorgesehen. Mehrbedarf erhalten sie u. U. auch, wenn Ihr Warmwasser nicht zentral be- reitgestellt wird, sondern bei Ihnen zu Hause erzeugt wird. Legen Sie, wenn Ihr Mehrbedarf wegfällt, ggf. Widerspruch ein und wenden sich an eine Beratungs- stelle. Einmalige Leistungen werden für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, die Erstausstattung für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt inklusive Babyerstausstattung sowie für die An- schaffung und Reparatur von orthopädischen Schuhen und die Anschaffung, Reparatur oder Miete von therapeutischen Geräten erbracht. Hierfür kann das Jobcenter Pauschalbeträge in angemessener Höhe gewähren. Wird die Erstausstattung nach einer Trennung beantragt, kann das Job- center prüfen, ob gegenüber dem/der ehemaligen Partner/in ein Anspruch auf Teilung des früheren gemeinsamen Hausrats besteht. Übergangsweise wird Ihnen nur ein Darlehen gewährt, falls Sie Ihren Anspruch nicht zeitnah durchsetzen können. Suchen Sie im Zweifelsfall eine Beratungsstelle auf, denn prinzipiell haben Sie einen Anspruch auf Erstausstattung nach Verlassen der gemeinsamen Wohnung mit dem/der früheren Partner/in. 116 Die einmaligen Leistungen können Sie auch beantragen, wenn Ihr Einkom- men und/oder Vermögen einerseits so hoch ist, dass Sie keinen Anspruch auf Regelsatzleistungen haben, andererseits aber nicht ausreicht, um Ihren Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln voll decken können. In diesem Falle kann auch das Einkommen berücksichtigt werden, das Sie innerhalb eines Zeit- raums von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden worden ist. Sozialgeld und umgang: Temporäre Bedarfsgemeinschaft Für die Tage, die Ihr Kind beim umgangsberechtigten Elternteil verbringt, kann der umgangsberechtigte Elternteil selbst Sozialgeld für Ihr Kind beantragen und entgegennehmen, sofern er/sie ebenfalls einen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch hat Die Rechtsprechung hat für diese Fälle die Rechts figur der „temporären Bedarfsgemeinschaft“ geschaffen. Eine solche ent- steht, wenn Kinder im Rahmen von Umgangsregelungen regelmäßig tageweise im Haushalt des anderen Elternteils wohnen. Die temporäre Bedarfsgemeinschaft im Haushalt des umgangsberechtigten Elternteils gilt für jeden Tag, an dem sich das Kind länger als 12 Stunden in dessen Haushalt aufhält. Achtung! Für diese Tage kürzt Ihnen das Jobcenter anteilig das Sozialgeld für Ihr Kind, gegebenenfalls auch rückwirkend. Ihnen steht dann für jeden Aufenthaltstag des betreffenden Kindes bei Ihnen 1/30 des Sozialgeldes zu. Von einem Wechselmodell als Umgangsrege- lung geht das Jobcenter aus, wenn sich das Kind in Zeitintervallen von mindes- tens einer Woche jeweils bei einem Elternteil aufhält. Insgesamt ist erforderlich, dass das Kind zwischen 13 und 17 Kalendertage im Monat beim anderen Elternteil wohnt. Das Sozialgeld für Ihr Kind wird in diesem Fall nicht taggenau aufgeteilt, sondern jeweils zur Hälfte an Ihren und den Haushalt des anderen Elternteils ge- zahlt. Die hier beschriebenen Regel ungen zur temporären Bedarfsgemeinschaft greifen nur, wenn beide Elternteile hilfebedürftig im Sinne des Zweiten Sozial- gesetzbuches sind und Leistungen für das Kind beantragen. Bildungs- und Teilhabeleistungen Um das Existenzminimum für Kinder und Jugendliche zu sichern, haben Leis - tungsberechtigte in der Grundsicherung nach SGB II und SGB XII sowie Kinder und Jugendliche aus Familien, die Kinderzuschlag, Wohngeld oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, einen Anspruch auf das Bildungspaket. Hinweis: Für die Erstattung dieser Leistungen muss ein gesonderter Antrag gestellt werden – ohne Antrag gibt es keine Leistungen. 117 A LG I I 3 Zu den Leistungen gehören: – Tagesausflüge / Klassenfahrten von Schulen und Kindertagesstätten – Schulbedarfspaket in Höhe von derzeit 100 Euro pro Jahr, 70 Euro zum 1. August und 30 Euro zum 1. Februar (bei Bezug von ALG II/Sozialgeld auto- matisch) – Fahrtkosten für Schüler/innen (wenn diese nicht bereits z. B. von der Kom- mune übernommen werden). Falls Ihr Kind die Monatskarte auch in seiner Freizeit nutzen kann, zahlen Sie einen Eigenanteil von 5 Euro monatlich. – Lernförderung (Für die Antragsstellung muss die Schule zuvor den Eltern bestätigen, dass schulische Angebote nicht ausreichen, um wesentliche Ziele nach Landesschulrecht zu erreichen oder die Versetzung ihres Kindes gefährdet ist.) – Mittagsverpflegung (verbleibender Eigenanteil der Eltern 1 Euro pro Tag und Essen, jedoch nur wenn gemeinschaftliches Mittagessen in der Schule, Kita oder Hort angeboten wird) – Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben im Wert von zehn Euro monat- lich, z. B. Beitrag für Sportverein Das Schulbedarfspaket und die Fahrtkosten werden als Geldleistung erbracht. Der Rest wird in der Regel als Sach- und Dienstleistungen in Form von personen- gebundenen Gutscheinen oder Direktzahlungen an den/die Anbieter/in bereit ge- stellt. Leistungen für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben können Sie nur bis zum 18. Geburtstag des Kindes erhalten. Neben den zehn Euro Teilhabe pro Monat können nur im begründeten Ausnahmefall weitere Kosten, so etwa für Aus- rüstungsgegenstände, übernommen werden. Es ist aber möglich, Gutscheine und Direktzahlungen für den gesamten Bewilligungszeitraum im Voraus zu erhalten. Hinweis: Aktuell diskutiert der Gesetzgeber Änderungen zum 1. Juli 2019 bei einzelnen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets. Informieren Sie sich also bei Bedarf über die aktuelle Höhe der Leistungen und die Anspruchsvor- aussetzungen. Einmalige höhere Bedarfe für Bildung Für vergleichsweise teure einmalige Bildungsbedarfe existiert keine eigenstän- dige gesetzliche Anspruchsgrundlage. Dennoch haben Sozialgerichte in der Ver- gangenheit mehrfach zu Gunsten von Familien geurteilt, die einen Zuschuss für die Anschaffung eines Computers zum Zweck der von der Schule geforderten Hausaufgabenerledigung vom Jobcenter erreichen wollten. Es kann sich deshalb 118 lohnen, solche einmaligen höheren Bildungsbedarfe beim Jobcenter zu bean- tragen und bei Ablehnung den Widerspruchs- beziehungsweise den Rechtsweg zu gehen. Vergleichbare Bedarfe können beispielsweise auch teure Schulbücher oder spezielle Taschenrechner darstellen, sofern Ihre Anschaffung seitens der Schule erforderlich ist. Bitte informieren Sie sich vorab genau und lassen Sie sich nach Möglichkeit durch eine fachkundige Beratungsstelle unterstützen. Mehr und aktuelle Informationen finden Sie zum Beispiel bei Tacheles e.V. unter dem Stichwort „Schulbedarfskampagne“ (www.tacheles-sozialhilfe.de). Kosten der unterkunft (Kdu) Zu dem Regelsatz kommen Leistungen für Unterkunft (vor allem Miete) und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen hinzu. Spätestens nach sechs Monaten sollen aber nur noch angemessene Kosten berücksichtigt werden. Diese Angemessenheit richtet sich nach der Größe der Bedarfsgemeinschaft und dem örtlichen Mietniveau. Die Miete für Ihre Wohnung soll im unteren Bereich der marktüblichen örtlichen Wohnungsmieten liegen. Unangemessen hohe Kosten sollen durch Untervermietung oder einen Wohnungswechsel vermieden wer- den. Erkundigen Sie sich vorab, welcher Wohnraum in Ihrer Kommune als an- gemessen gilt. Ist Ihre Wohnung zu teuer und wurden Sie zum Umzug in eine billigere Wohnung aufgefordert, sollten Sie Ihren persönlichen Ansprechpartner nach der Höchstgrenze der anerkennungsfähigen Miete fragen. Ihre Wohnungssuche sollten Sie dokumentieren, um im Zweifelsfall belegen zu können, dass auf dem örtlichen Wohnungsmarkt kein angemessener freier Wohnraum verfügbar ist. In diesem Fall müssen die tatsächlichen Kosten Ihrer Wohnung auch nach sechs Monaten weiter übernommen werden. Haben Sie eine neue Wohnung gefunden, sollten Sie dem Jobcenter das Wohnungsangebot vor Vertragsschluss vorlegen. Nur wenn dieses dem Umzug zustimmt, können Sie sicher sein, dass die Miete der neuen Wohnung vollständig übernommen wird. Gleichzeitig sollten Sie die Übernahme der Umzugskosten beantragen. In Einzelfällen kann ein Wohnungswechsel zur Kostensenkung aus persön- lichen Gründen als nicht zumutbar eingestuft werden. Sind Sie und Ihre Kinder auf Ihr bisheriges Wohnumfeld dringend angewiesen (z. B. wegen bestimmter Schulen oder Ihrem sozialen Netzwerk zur Organisation der Kinderbetreuung) und finden dort keinen angemessenen Wohnraum, können Sie versuchen, dies als persönlichen Grund geltend zu machen. Lassen Sie sich in diesem Fall von einer Beratungsstelle unterstützen. Falls Ihr Kind durch eigenes Einkommen (Kin- desunterhalt vom anderen Elternteil, Unterhaltsvorschuss) und Kinderwohngeld seinen eigenen sozialrechtlichen Bedarf decken kann, bildet Ihr Kind mit Ihnen http://www.tacheles-sozialhilfe.de 119 A LG I I 3 keine Bedarfsgemeinschaft mehr. Für Sie und gegebenenfalls in der Bedarfs- gemeinschaft verbleibende Kinder können dann anteilig höhere Wohnkosten (entsprechend der Größe der verbleibenden Bedarfsgemeinschaft) anerkannt werden. Die freiwillige Beantragung von Kinderwohngeld kann im Einzelfall finanzielle Vorteile bringen: Wenn Sie als Elternteil eines über 12-jährigen Kindes nicht über das geforderte Mindesteinkommen für den Bezug von Unterhaltsvor- schuss verfügen, kann es sein, dass Ihr Kind die Bedarfsgemeinschaft mit Ihnen (und damit den Bezug von SGB II-Leistungen) dank Kinderwohngeld und Unter- haltsvorschuss verlassen kann (zu den Voraussetzungen für den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss siehe Kapitel Unterhalt, Abschnitt Unterhaltsvorschuss). Laut den geltenden Richtlinien zur Umsetzung des Unterhaltsvorschuss- gesetzes muss die Unterhaltsvorschussstelle prüfen, ob in Ihrem Fall durch den gleichzeitigen Bezug von Kinderwohngeld und Unterhaltsvorschuss eine Hilfe- bedürftigkeit im Sinne des Zweiten Sozialgesetzbuches vermieden würde. Wird Ihr Antrag auf Unterhaltsvorschuss abgelehnt, können Sie – sofern die Prüfung nicht erfolgt ist – entweder mit Verweis auf die Richtlinien widersprechen oder die Vermeidung der Hilfebedürftigkeit durch Kinderwohngeld und Unterhalts- vorschuss selbst nachweisen. Lassen Sie sich dabei von einer fachkundigen Bera- tungsstelle unterstützen! Will Ihr Kind aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen, müssen Sie sich unter Umständen eine kleinere und preiswertere Wohnung suchen. Ist Ihr Kind ebenfalls hilfebedürftig, werden die Unterkunftskosten für eine eigene Wohnung in der Regel nicht übernommen, solange Ihr Kind das 25. Lebensjahr nicht vollendet hat. Unterkunftskosten für unter 25-jährige, die aus dem elter- lichen Haushalt ausziehen, werden nur übernommen, wenn das Jobcenter vor Abschluss des Mietvertrages die Kostenübernahme zugesagt hat. Die Zusiche- rung muss erteilt werden, wenn z. B. der Ausbildungsplatz von der Wohnung der Eltern nicht unter zumutbaren Bedingungen erreicht werden kann oder die Beziehung zu einem Elternteil oder Stiefelternteil schwer gestört ist. Ohne Einschränkung können junge Volljährige aus dem elterlichen Haushalt aus- ziehen, wenn sie verheiratet sind, ein Kind erwarten oder ein Kind bis zum sechsten Geburtstag betreuen. Dennoch ist es ratsam, sich vorher die Kosten- übernahme vom Jobcenter zusagen zu lassen. Soziale Sicherung beim Bezug von Arbeitslosengeld II Als Bezieher/in von Arbeitslosengeld II (nicht von Sozialgeld) sind Sie in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Dies gilt für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, die über 15 Jahre alt und erwerbs- 120 fähig sind. Die Pflichtversicherung tritt nur dann nicht ein, sofern für Ihre Kinder, die jünger als 15 Jahre alt oder nicht erwerbsfähig sind, eine Familien- versicherung besteht. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden übernommen. Die Zuzahlungen bei Medikamenten müssen selbst be- stritten werden, es gibt keine Härtefallregelung oder allgemeine Befreiung. Erst wenn Sie Ihre jährliche Belastungsgrenze erreichen, werden Sie von den Zuzahlungen befreit (siehe Abschnitt Krankenversicherung). Waren Sie bisher privat versichert, bleiben Sie es auch während des ALG II-Bezugs. Für die Dauer Ihres Bezugs von ALG II übernehmen die Jobcenter den Beitrag für die private Krankenversicherung bis zur Höhe des halben Basistarifs. Falls Sie Sozialgeld, Einstiegsgeld oder Einmalsonderleistungen beziehen, und vor dem Leistungs- bezug nicht pflichtversichert waren, begründet der Leistungsbezug keine Versicherungspflicht. Informieren Sie sich in diesem Fall über Zuschüsse, die gegebenenfalls zu einer Krankenversicherung gezahlt werden können. Leben Sie mit einem Partner bzw. einer Partnerin in einer Bedarfsgemein- schaft zusammen und sind weder Ehegatten noch eingetragene Lebenspartner, können auf Antrag die Kosten einer angemessenen Kranken- und Pflegever- sicherung übernommen werden, wenn Sie wegen der Anrechnung des Partner- einkommens kein ALG II erhalten, die Mittel in Ihrer Bedarfsgemeinschaft aber nicht zur Deckung einer freiwilligen Krankenversicherung für Sie ausreichen. Eine Rentenversicherungspflicht während des Bezugs von ALG II besteht nicht. Sie erwerben in dieser Zeit also keinerlei Rentenansprüche. Die Dauer des Bezugs von ALG II werden lediglich als Anrechnungszeit gewertet. Das gilt auch, wenn Sie zum Beispiel aufgrund der Anrechnung von Partnereinkom- men kein eigenes Arbeitslosengeld II erhalten. Exkurs: Kinderzuschlag Wenn Sie über ein Einkommen verfügen, das Ihren eigenen Bedarf deckt und Sie nur um den Lebensunterhalt Ihrer Kinder decken zu können, Sozialgeld und ALG II beantragen müssten, besteht die Möglichkeit, statt dessen einen Kinderzuschlag bei der Familienkasse der Arbeitsagentur zu beantragen (siehe Abschnitt Transferleistungen). Anrechnung von Einkommen Bis auf Einnahmen von bis zu zehn Euro monatlich sind vom ALG II und Sozial- geld als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldwert abzuziehen. Ihr ausgezahltes ALG II bzw. Sozialgeld sinkt dementsprechend. Kindergeld ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzuordnen. Sofern das Kindergeld durch 121 A LG I I 3 Unterhalt/Unterhaltsvorschuss nicht in voller Höhe aufgebraucht wird, um den Regelbedarf und die anteiligen Kosten der Unterkunft für Ihr Kind zu decken, wird der übersteigende Betrag bei Ihnen als Einkommen anspruchsmindernd auf das ALG II angerechnet. Vom Einkommen abzuziehen sind Steuern, Sozialversicherungsabgaben (bei Erwerbseinkommen), gesetzlich vorgeschriebene oder nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen, geförderte Altersvorsorgebeiträge und die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (z. B. Fahrt zur Arbeit, Kinderbetreuungskosten). Zweck- bestimmte Einnahmen, die einem anderen Zweck als das ALG II / Sozialgeld dienen oder Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege (z. B. Essenstafeln oder Kleiderkammern) werden nicht als Einkommen berücksichtigt. Geldgeschenke an Minderjährige anlässlich der Konfirmation, Kommunion oder vergleichbarer religiöser Feste sowie der Jungendweihe werden ebenfalls nicht als Einkommen berücksichtigt, solange das Vermögen des Kindes nicht 3.100 Euro übersteigt. Wenn Sie Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, wird dies nicht in voller Höhe von Ihrem Einkommen abgezogen. Vom Erwerbseinkommen ist ein Grund- freibetrag von 100 Euro abzuziehen, d. h. Erwerbseinkommen bis 100 Euro wird nicht auf das ALG II angerechnet. Übersteigt Ihr Einkommen 100 Euro und beträgt nicht mehr als 1.000 Euro, können insgesamt 20 Prozent als Freibetrag vom Ein- kommen abgezogen werden (bei einem Einkommen von 1.000 Euro wären also 280 Euro anrechnungsfrei). Von dem Teil des Einkommens, der zwischen 1.000 und 1.200 Euro liegt, bleiben noch einmal zehn Prozent zusätzlich anrechnungsfrei. Leben Sie mit wenigstens einem minderjährigen Kind zusammen, wird dieser Freibetrag bis zu einem Bruttoeinkommen von maximal 1.500 Euro gewährt. unterhaltsansprüche Erhalten Sie von Ihrem ehemaligen Partner bzw. Ihrer ehemaligen Partnerin oder anderen Personen (z. B. Ihren Eltern) Unterhaltszahlungen bzw. Kindesun- terhaltszahlungen, werden diese als Einkommen auf das ALG II und das Sozial- geld angerechnet. Das gilt auch für Unterhaltsvorschusszahlungen, die an Stelle von Kindesunterhalt gezahlt werden. Unterhaltsleistungen für Ihr Kind werden auf dessen sozialrechtlichen Bedarf angerechnet, eventuell gezahlter Unterhalt für Sie (z. B. Ehegattenunterhalt) auf Ihren eigenen Bedarf. Besteht eine Rechts- pflicht zur Zahlung von Unterhalt (z. B. Ehegattenunterhalt), können Sie auf Ihre Unterhaltsansprüche nicht verzichten, wenn Sie durch den Verzicht hilfebedürf- tig werden. Wird Unterhalt nicht oder nicht in voller Höhe gezahlt, geht der Unterhaltsanspruch bis zur Höhe der gewährten Leistung auf den Träger der 122 Grundsicherung über. D. h. der Leistungsträger macht als neuer Gläubiger die übergegangenen Unterhaltsansprüche gegenüber dem/der Unterhaltsschuld- ner/in geltend. Sie können vom Jobcenter nicht verpflichtet werden, den Unter- halt selbst gerichtlich geltend zu machen. Im Einvernehmen mit Ihnen ist eine Rückübertragung der an das Jobcenter übergegangenen Unterhaltsansprüche möglich. Dann müssen Sie den Unterhalt selbst einfordern. In diesem Fall sollte eine schriftliche Vereinbarung mit dem Jobcenter über Art und Umfang der Geltendmachung des Anspruchs getroffen und insbesondere die Übernahme der Anwalts- und Gerichtskosten durch das Jobcenter festgehalten werden. Anrechnung von Vermögen Bei der Berechnung des ALG II und des Sozialgelds ist das gesamte verwertbare Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind aber angemessener Hausrat, ein angemessenes Kraftfahrzeug für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, unter bestimmten Voraussetzungen zur Altersvorsorge bestimmtes Vermögen, ein selbst genutztes Hausgrundstück (oder Eigentumswohnung) von angemessener Größe, und Sachen und Rechte, deren Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist. Vom Vermögen ist ein Grundfreibetrag von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr des Hilfebedürftigen (und seines Partners bzw. seiner Partnerin), mindestens aber jeweils 3.100 Euro abzuziehen. Jedes minderjährige Kind in der Bedarfsgemeinschaft kann selbst über ein eigenes Vermögen von bis zu 3.100 Euro verfügen. Der Grund- freibetrag darf 9.750 Euro nicht übersteigen (9.900 Euro für Personen, die nach dem 31.12.1957 geboren sind bzw. 10.050 Euro für Personen, die nach dem 31.12.1963 geboren sind). Dazu kommt ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen. Nach Bundesrecht als Altersvorsorge gefördertes Vermögen (z. B. Riester- Rente) kann ebenfalls abgezogen werden. Geldwerte Ansprüche, die der Alters- vorsorge dienen und nach vertraglicher Vereinbarung nicht vor Eintritt in den Ruhestand verwertet werden können, werden nicht berücksichtigt, wenn sie 750 Euro je vollendetem Lebensjahr des Hilfebedürftigen (und seines Partners) bis zu einer Höhe von jeweils 48.750 Euro nicht übersteigen. Der Maximalbetrag erhöht sich auf 49.500 Euro für Personen, die nach dem 31.12.1957 geboren sind bzw. auf 50.250 Euro für Personen, die nach dem 31.12.1963 geboren sind. Sanktionen im SGB II Das ALG II kann gekürzt werden oder vollständig wegfallen, wenn Sie gegen Ihre gesetzlichen oder in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten 123 A LG I I 3 verstoßen. Weigern Sie sich z. B. die in der Eingliederungsvereinbarung verein- barten Pflichten zu erfüllen, kann das ALG II für drei Monate um 30 Prozent der maßgeblichen Regelleistung (Alleinerziehende: 121 Euro) gekürzt werden. Dies gilt auch, wenn Sie sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeits- gelegenheit, ein Sofortangebot oder eine sonstige Eingliederungsmaßnahme aufzunehmen oder fortzuführen. Bei einer weiteren Pflichtverletzung innerhalb eines Jahres wird die Sanktion verdoppelt. Die Leistung wird um 60 Prozent bzw. 242 Euro gekürzt. Eine dritte Pflichtverletzung innerhalb eines Jahres führt zum vollständigen Wegfall der Leistung. Verstoßen unter 25-jährige gegen Pflichten, erhalten Sie bereits beim ersten Mal keine Barleistungen mehr, die Unterkunfts- kosten werden direkt an den Vermieter gezahlt. Bei einem weiteren Pflichtver- stoß entfallen alle Leistungen. Wird die Regelleistung um mehr als 30 Prozent gekürzt, können im Einzelfall Sachleistungen oder geldwerte Leistungen (z. B. Lebensmittel gutscheine) erbracht werden. Bei einem Meldeversäumnis wird die Regelleistung um zehn Prozent gekürzt. Ein Meldeversäumnis liegt vor, wenn Sie einer Aufforderung sich bei dem Jobcenter zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommen. Die Meldeaufforderung kann zum Zweck der Berufsberatung, der Arbeitsver- mittlung usw. erfolgen. Bei jedem weiteren Versäumnis innerhalb eines Jahres erhöht sich die Kürzung um zehn Prozent auf 20, 30, 40 Prozent. Rechtsschutz Haben Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit Ihres Arbeitslosengeld II-Bescheides oder einer anderen Entscheidung des Jobcenters (z. B. wenn ein Antrag abgelehnt wird), können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Der Wider­ spruch kann nur schriftlich erfolgen, es gibt keine Formvorschriften. Allerdings sollten Sie stets Ihr Aktenzeichen angeben, eine Kopie des betreffenden Bescheids bei legen und an das Datum sowie Ihre Unterschrift denken. Wichtig ist, dass Sie dem Jobcenter Ihren Widerspruch begründen, damit es weiß, was Sie beanstanden. Bleibt der Widerspruch erfolglos, können Sie innerhalb eines Monats Klage beim Sozialgericht erheben. Während des Widerspruchs- und Klageverfahrens blei- ben die Entscheidungen der Jobcenter aber grundsätzlich wirksam und können sofort vollzogen werden. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine auf- schiebende Wirkung. In dringenden Fällen kann das Sozialgericht mit einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung angerufen werden. Widerspruchsverfahren und sozialgerichtliche Verfahren sind grundsätz- lich gebührenfrei. In einem Klage- oder Eilverfahren vor dem Sozialgericht und Landessozialgericht können Sie sich selbst vertreten. Lassen Sie sich aber 124 anwaltlich vertreten, müssen Sie die Rechtsanwaltsgebühren zahlen, wenn Sie den Prozess verlieren und keine Prozesskostenhilfe erhalten. Dennoch sollten Sie sich vor Gericht anwaltlich vertreten lassen, wenn Sie sich nicht im SGB II und im Verfahren vor dem Sozialgericht auskennen. AG TuWas (Hrsg.), Frank Jäger und Harald Thomé. Leitfaden ALG II / Sozialhilfe von A–Z. ; Frankfurt a. M.Für 2019 ist eine neue Auflage geplant. Arbeitslosenprojekt TuWas, Leitfaden zum Arbeitslosengeld II – Der Rechtsrat- geber zum SGB II. 13. Auflage, Frankfurt am Main 2017 Für 2019 ist eine neue Auflage geplant. Bundesagentur für Arbeit, Merkblatt Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld. Grundsicherung für Arbeitssuchende. Kostenlos bei den Arbeitsagenturen erhältlich oder als Download unter: www.arbeitsagentur.de Paritätischer Gesamtverband (Hrsg.): Arbeitslosengeld 2 für Geringverdiener und Erwerbslose, als Download unter www.der-paritaetische.de/publikationen www.arbeitsagentur.de www.erwerbslos.de www.tacheles-sozialhilfe.de HartzIV.org Nach einer Sozialberatungsstelle in Ihrer Nähe können Sie unter www.my-sozialberatung.de suchen. Rundfunk, Fernsehen, Telefon Auf Antrag beim Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio wird Ihnen der Rundfunkbeitrag erlassen. Ein möglicher Grund für eine Befreiung ist zum Beispiel der Bezug von Arbeitslosengeld II, Sozialgeld oder Sozialhilfe. Je nach Anbieter können die Gebühren für das Telefon vermindert werden. Fra- gen Sie nach den jeweiligen Angeboten bzw. Sozialtarifen. www.rundfunkbeitrag.de S o Z I A L H I L F E Der Kreis derjenigen, die bei Bedürftigkeit kein ALG II sondern Sozialhilfe nach dem zwölften Sozialgeseztbuch (SGB XII, „Hilfe zum Lebensunterhalt“) beantra- http:// www.arbeitsagentur.de http://www.der-paritaetische.de/publikationen http://www.arbeitsagentur.de http://www.erwerbslos.de http://www.tacheles-sozialhilfe.de http://www.HartzIV.org http://www.my-sozialberatung.de http://www.rundfunkbeitrag.de 125 S o Z IA L H IL F E 3 gen können, ist sehr klein. Sind Sie voraussichtlich länger als sechs Monate nicht erwerbsfähig, weil Sie nicht in der Lage sind, mehr als drei Stunden pro Tag zu den allgemeinen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein, können Sie statt ALG II unter Um ständen Sozialhilfe beantragen, um Ihren Lebensunterhalt zu sichern. Wenn Sie allerdings dauerhaft voll erwerbsgemindert sind oder die Altersgrenze be- reits erreicht haben, besteht ein Anspruch auf die „Grundsiche rung im Alter und bei Erwerbsminderung“ nach SGB XII (siehe auch Kapitel 3 Rente und Alterssicherung). Die Höhe der Leistungen im Rahmen der Sozialhilfe für Ihren Lebensunterhalt, Ihre Unterkunfts-, Heiz-, und Warmwasserkosten sowie Mehrbedarfe ist analog zum SGB II geregelt. Ebenfalls analog zum SGB II können Sie einmalige Leistungen wie z. B. eine Wohnungserstausstattung im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII beantragen. Sollten Sie Hilfe zum Lebensunterhalt beantragen, müssen Sie jedoch anders als beim ALG II nach dem SGB II damit rechnen, dass das Einkom- men Ihrer Eltern danach überprüft wird, ob es für Ihren Unterhalt (nicht für Ihre Kin- der) herangezogen werden kann, sprich Ihre Eltern für Sie Unterhalt zahlen müssen. Die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung werden vom Sozialamt über - nommen, im Rahmen der Belastungsgrenzen werden Sie dennoch zu Zuzah - lungen herangezogen. Freiwillige Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung und/oder zu einer privaten Altersvorsorge über die Riesterrente oder Rürup-Rente können übernommen werden (in Höhe des Mindestbeitrags). Da es sich hier um eine Kann-Regelung handelt, liegt die Übernahme im Ermessen des Sozialamtes. Zuständig für Ihren Antrag auf Sozialhilfe ist das Sozialamt an Ihrem Wohnort oder in Ihrem Stadtteil. Informationen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: www.bmas.de/DE/Themen/Soziale-Sicherung/Sozialhilfe/inhalt.html Fachportal: www.sozialhilfe24.de I N FoTo o L FÜ R FAm I LI E N Falls Sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben, stehen Ihnen mög licher- weise vorrangige Leistungen zu. Der Anspruch auf Familienleistungen ist in der Regel von der Familienform, vom Alter der Kinder und von anderen Vorausset- zungen in der Familiensituation abhängig. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bietet im Internet ein Infotool für Familien an, mit dem Sie in wenigen Schritten ermitteln können, auf welche Familien- http://www.bmas.de/DE/Themen/Soziale-Sicherung/Sozialhilfe/inhalt.html http://www.sozialhilfe24.de 126 leistungen Sie Anspruch haben könnten. Hier werden auch kurz wichtige An- spruchsvoraussetzungen dargestellt. Das Infotool finden Sie im Internet unter www.infotool-familie.de/. u N T E R H A LT Verwandte in gerader Linie, also Personen, die direkt voneinander abstammen wie Kinder, Eltern Großeltern usw., sind einander unterhaltspflichtig. Neben Abstammung und Adoption können Unterhaltspflichten durch Heirat, Ein- gehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft oder die Betreuung eines ge- meinsamen Kindes begründet werden. 2008 trat ein neues Unterhaltsrecht in Kraft. Die wesentlichen Änderungen bezogen sich auf einen neuen Mindestunterhalt für Kinder, eine geänderte Rangfolge im Mangelfall und eine Annäherung der Dauer des Betreuungs- unterhalts für geschiedene und nicht miteinander verheiratete Eltern. D E R m I N D E STu NTE R HALT Es gibt einen gesetzlich definierten Mindestunterhalt für minderjährige Kinder. Seit dem 1. Januar 2019 beträgt der Mindestunterhalt für Kinder von 0–5 Jahren 354 Euro, für Kinder von 6–11 Jahren 406 Euro und für Kinder von 12–17 Jahren 476 Euro. Vom Mindestunterhalt kann der unterhaltsverpflichtete Elternteil grundsätzlich die Hälfte des Kindergeldes abziehen (§ 1612 b BGB), so errechnet sich der so genannte „Zahlbetrag“: Dieser beläuft sich beim derzei- tigen Kindergeld (Stand 01.01.2019: für erste und zweite Kinder 194 Euro) für Kinder von 0–5 Jahren auf 257 Euro, für Kinder von 6–11 Jahren auf 309 Euro und für Kinder von 12–17 Jahren auf 379 Euro. Ab dem 1. Juli 2019 wird das Kindergeld auf 204 Euro für erste und zweite Kinder, auf 200 Euro für dritte und auf 225 Euro für vierte und mehr Kinder erhöht. Der Zahlbetrag fällt ab dann für erste und zweite Kinder jeweils 5 Euro niedriger aus, beträgt also für Kinder von 0–5 Jahren 252 Euro, für Kinder von 6–11 Jahren 304 Euro und für Kinder von 12–17 Jahren 374 Euro. Die Zahlbeträge für dritte und weitere Kinder verändern sich ebenfalls entsprechend. Der Mindestunterhalt entspricht der untersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle und geht von einem Nettoeinkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils bis zu 1.900 Euro aus. Liegt das Einkommen des barunterhaltspflich- tigen Elternteils höher, fällt auch der zu zahlende Kindesunterhalt entspre- chend höher aus (siehe Abschnitt „Die Höhe des Unterhalts“). http://www.infotool-familie.de 127 u N T E R H A LT 3 Rangfolge im mangelfall Steht für die Unterhaltsberechtigten nicht ausreichend Einkommen des Unter haltspflichtigen zur Verfügung, handelt es sich um einen Mangelfall. Im Mangelfall werden Unterhaltsansprüche gemäß einer Rangfolge befriedigt. Die Rangfolge gestaltet sich wie folgt: 1. Rang: minderjährige Kinder und Kinder zwischen 18 und 21 Jahren, die sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, und im Haus- halt der Eltern leben (so genannte volljährige privilegierte Kinder). Seit der Unterhaltsrechtsreform 2008 gehen Unterhaltsansprüche von minder- jährigen und volljährigen privilegierten Kindern allen Ansprüchen anderer Unterhaltsberechtigter vor. Erst wenn der Unterhaltsbedarf aller im ersten Rang stehenden Berechtigten gedeckt ist und das Einkommen des Unterhalts- pflichtigen für weitere Unterhaltszahlungen ausreicht, können Unterhalts- ansprüche der nachrangigen Unterhaltsberechtigten erfüllt werden. Beispiel: Karin lebt mit ihrer Tochter Anna (9 Jahre) zusammen. Der Vater von Anna ist Rainer. Rainer ist für Anna unterhaltspflichtig. Er hat vor drei Jahren Vera geheiratet. Vera und Rainer haben ein Kind bekommen, es heißt Emil (2 Jahre). Die Ehe ist inzwischen geschieden. Rainer hat ein Nettoeinkommen von 1.600 Euro und ist seinen Kindern deshalb unterhaltspflichtig nach der ersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle. Abzüglich seines notwendigen Eigenbedarfs (Selbstbehalt) von 1.080 Euro hat er 520 Euro Unterhalt zu verteilen. Weil Emil unter sechs Jah- re alt ist, stehen ihm 257 Euro Mindestunterhalt (Zahlbetrag Stand 01.01.2019, ab 01.07.2019 werden es 252 Euro sein) zu, Anna hat Anspruch auf 309 Euro (Zahlbe- trag Stand 01.01.2019, ab 01.07.2019 werden es 304 Euro sein). Hier tritt der Mangel- fall bereits für die Unterhaltsberechtigten des ersten Ranges, Emil und Anna, ein: Da das über dem Selbstbehalt liegende Einkommen von Rainer (520 Euro) nicht für den Unterhalt beider Kinder ausreicht (257 + 309 = 566 Euro), muss es anteilig aufgeteilt werden. Es ergibt sich für Emil ein Anspruch von 236 Euro, für Anna ein Anspruch auf 284 Euro. 2. Rang: Alle Elternteile, die Kinder betreuen und deshalb unter- haltsberechtigt sind oder im Falle einer Scheidung wären, und Ehegatt/innen bei Ehen von langer Dauer Beispiel: Vera und Karin stehen als betreuende Elternteile im zweiten Rang. Wenn Rainer nach Abzug des Kindesunterhalts und seines Selbstbehalts gegen- 128 über Vera und Karin (der mit 1.200 Euro höher ist als gegenüber seinen Kindern) noch genug Geld für Unterhaltszahlungen übrig bliebe, würden die Ansprüche von Karin und Vera erfüllt. Reicht die restliche Summe dafür nicht aus, würde sie im Rahmen einer Mangelfallberechnung zwischen Vera und Karin aufgeteilt. Hier im Beispiel bekommen Vera und Karin beide nichts, weil Rainer bereits den Unterhalt für die Kinder im ersten Rang nicht vollständig auf bringen kann. 3. Rang: Alle anderen Ehegatt/innen Beispiel: In diesem Fall steht niemand im dritten Rang. Hätten Vera und Rainer Emil nicht bekommen und wären kinderlos geblieben, würde Vera im dritten Rang hinter Karin stehen. 4. Rang: Kinder, die nicht im 1. Rang stehen Beispiel: Anna ist volljährig geworden und hat inzwischen ihr Abitur gemacht. Sie zieht nach München, um dort Medizin zu studieren. Anna wird nun in den vierten Rang eingeordnet. Emil bleibt als minderjähriges Kind im ersten Rang. 5. Rang: Enkelkinder und weitere Abkömmlinge Beispiel: Anna hat während ihres Studiums Noah kennen gelernt. Sie haben zusammen ein Kind, Emma. Anna und Noah können Emma nicht unter halten, weil sie beide studieren. Emma würde nun hinter Emil, Karin, Vera und Anna im fünften Rang stehen. 6. Rang: Eltern Beispiel: Rainers Mutter, Thea, hat nur Anspruch auf eine geringe Rente. Thea steht unterhaltsrechtlich im sechsten Rang hinter Emil, Karin, Vera, Anna und Emma. 7. Rang: weitere Verwandte in aufsteigender Linie Grundsätzlich könnten weitere Verwandte Unterhaltsansprüche geltend machen, wenn sie bedürftig sind. K I N D E Su NTE R HALT Grundsätzliches Jedes Kind hat einen Unterhaltsanspruch, unabhängig davon, ob seine Eltern miteinander verheiratet sind oder nicht. Eltern sind ihren Kindern gegenüber grundsätzlich bis zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung unterhaltspflich- 129 K IN D E S u N T E R H A LT 3 tig. Danach wird regelmäßig angenommen, dass das Kind sich selbst versorgen kann. Bei getrennt lebenden Eltern leistet der Elternteil, bei dem das Kind lebt, seinen Unterhalt durch die Pflege und Erziehung des Kindes und ist daher in der Regel nicht barunterhaltspflichtig. Dieser Grundsatz kann durchbrochen werden, wenn das Einkommen des betreuenden Elternteils bedeutend höher ist, als das des ande- ren Elternteils und der angemessene Bedarf des nicht betreuenden Elternteils bei Leistung des Barunterhalts gefährdet ist oder die alleinige Inanspruchnahme des nicht betreuenden Elternteils zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führt. Der Elternteil, mit dem das Kind nicht zusammenlebt ist barunterhaltspflichtig. Wenn das Kind bei keinem der Elternteile lebt, son- dern anderweitig untergebracht ist, sind beide Elternteile anteilig nach dem Ver- hältnis ihrer Einkommen zueinander unterhaltspflichtig. Auch bei gemeinsamer Sorge kann der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Unterhaltsforderungen gegen den anderen Elternteil erheben und im Falle der Nichtzahlung gerichtlich geltend machen. Hat das Kind seinen Aufenthalt zu gleichen Teilen bei beiden Eltern (Wechsel­ modell mit etwa hälftiger Aufteilung der Versorgungs- und Erziehungsaufga- ben) sind beide Eltern anteilig nach dem Verhältnis ihrer Einkommen zueinander unterhaltspflichtig (vgl. BGH XII ZB 599/13 – Beschluss vom 05.11.2014). Nur wenn beide Eltern annähernd gleich viel verdienen, können Ausgleichszahlungen zwi- schen ihnen entfallen. Ansonsten muss der besser verdienende Elternteil einen größeren Anteil am Barunterhalt für das Kind übernehmen und die „Unter- haltsspitze“, also die Hälfte der Differenz zwischen den Unterhaltsanteilen der Eltern an den weniger verdienenden Elternteil auszahlen, damit die Existenz des Kindes in beiden Haushalten gesichert ist. Die Betreuung eines Kindes in zwei Haushalten verursacht regelmäßig Mehrkosten, die in der Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten sind und zum Unterhaltsbedarf des Kindes hinzukommen. Diese müssen die Eltern ebenfalls beide anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen tragen (vgl. BGH XII ZB 599/13 – Beschluss vom 05.11.2014). Wird das Kind zwar zu großen Teilen von beiden Eltern betreut, aber das Schwergewicht der Betreuung liegt bei einem von ihnen (erweiterter Um- gang), ist der weniger betreuende Elternteil barunterhaltspflichtig. Der Unter- haltsbetrag kann bei außergewöhnlich hohem Mehraufwand des Umgangsbe- rechtigten um eine oder mehrere Stufen der Düsseldorfer Tabelle herabgesetzt werden (vgl. BGH XII ZR 234/13 – Beschluss vom 12.03.2014). Unterhaltsansprüche bestehen ab Geburt eines Kindes. Für Kinder, deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind, muss die Vaterschaft anerkannt oder 130 festgestellt werden, um Unterhalt gegen den Vater geltend machen zu können, denn nur der rechtliche Vater ist zum Unterhalt verpflichtet (siehe Kapitel 2: Anerkennung der Vaterschaft). Ein Unterhaltsanspruch ist nur durchsetzbar, wenn er tituliert ist. Das heißt, um Unterhalt, der nicht aus freien Stücken gezahlt wird, dennoch bekommen zu können, muss ein vollstreckbarer Titel vorliegen, in Form eines Beschlusses, einer Jugendamtsurkunde oder ähnlichem. Aus diesen Urkunden kann gege- benenfalls die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Zwangsvollstreckung bedeutet, dass ein titulierter Anspruch, der vom Schuldner nicht freiwillig bezahlt wird, mithilfe eines staatlichen Verfahrens zwangsweise durchgesetzt wird. Dazu können entweder Gerichtsvollzieher/innen Gegenstände beim Schuldner pfänden. Oder ein Vollstreckungsgericht kann das Arbeitseinkom- men pfänden: Durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bewirkt es, dass der Arbeitgeber des Schuldners Teile seines Gehalts direkt an denjenigen auszahlt, der den Vollstreckungstitel hat. Titulieren können Notar/innen, Rechtspfleger/innen und Richter/innen des Amtsgerichts und die Mitarbeiter/innen des Jugendamtes. Zuständig ist in der Regel die zuständige Stelle am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes. Die Titulierung des Unterhalts durch Mitarbeiter/innen des Jugendamts ist bei jedem Jugendamt möglich und setzt die Zustimmung des/der Unterhalts- pflichtigen voraus. Wirkt der/die Unterhaltspflichtige an der Erstellung einer Urkunde nicht mit, muss der Titel in einem gerichtlichen Verfahren erstritten werden. Die Höhe des unterhalts Die Höhe des Kindesunterhalts bemisst sich nach dem Einkommen des bar- unterhaltspflichtigen Elternteils und dem Alter des Kindes. Die sogenannte Düssel dorfer Tabelle enthält Leitlinien für den Unterhaltsbedarf. Sie gibt Richt- werte vor, die fallabhängig nach oben oder unten korrigiert werden können. Die Grundlage für die Unterhaltsberechnung bildet der gesetzlich defi- nierte Mindestunterhalt nach § 1612 a BGB, der sich nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum des minderjährigen Kindes richtet. Der Mindestunterhalt entspricht der untersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle und geht derzeit (Stand Düsseldorfer Tabelle 2019) von einem Nettoeinkom- men des barunterhaltspflichtigen Elternteils bis zu 1.900 Euro aus (siehe erste Zeile Düsseldorfer Tabelle im Anhang). Je höher das Einkommen des barunter- haltsverpflichteten Elternteils ist, desto höher ist der zu zahlende Kindesunter- halt (siehe die folgenden Zeilen der Düsseldorfer Tabelle). 131 Die jeweils aktuelle Version der Düsseldorfer Tabelle finden Sie auch im Internet auf der Homepage des Oberlandesgerichts Düsseldorf: www.olg-Duesseldorf.nrw.de Das Kindergeld wird nur an einen Berechtigten, in der Regel an den betreuen- den Elternteil, ausgezahlt (§ 64 EStG). Wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung erbringt, muss nur die Hälfte des Kindergeldes zur Deckung des Barbedarfs des Kindes verwendet werden (§ 1612 b Absatz 1 Satz Nr.1 BGB), weshalb der barunterhaltspflichtige Elternteil die Hälfte des Kindergeldes vom zu leisten- den Kindesunterhalt abziehen kann. Die Summe, die der Unterhaltspflichtige nach Abzug des hälftigen Kindergeldes an das Kind zahlen muss, heißt Zahlbe­ trag. Die Zahlbeträge sind im Anhang in den Tabellen „Zahlbeträge“ ausgewiesen. Die andere Hälfte des Kindergeldes soll in der Regel den betreuenden Elternteil bei der Erbringung seiner Betreuungsleistung unterstützen. Beim Wechselmodell müssen die Eltern entscheiden, an wen das Kindergeld ausgezahlt wird und der Familienkasse mitteilen, wer der Bezugsberechtigte ist, denn eine geteilte Auszahlung ist auch hier ausgeschlossen. Können sie sich nicht einigen, muss das Familiengericht diese Frage entscheiden. Da im Wechselmodell beide Eltern gleich viel betreuen, ist die Verteilung des Kindergeldes nicht ganz einfach. Der Bundesgerichtshof spricht jedem Elternteil für seine jeweilige hälf- tige Betreuungsleistung ein Viertel des Kindergeldes zu (vgl. BGH XII ZB 45/15 – Beschluss vom 20. April 2016). Die andere Hälfte des Kindergeldes mindert den Barbedarf des Kindes und kommt den Eltern im Ergebnis entsprechend ihrer Beteiligungsquote am Barunterhalt zugute (vgl. BGH XII ZB 565/15 – Beschluss vom 11. Januar 2017). Eltern, die einvernehmlich ein Wechselmodell praktizieren, sind frei darin, faire Unterhaltslösungen für ihre individuelle Situation zu vereinbaren. Voraussetzung für die Zahlung des Kindesunterhalts ist die Leistungsfähigkeit des/der Verpflichteten. Ein unterhaltspflichtiger Elternteil muss nur Unterhalt zahlen, wenn ihm genug Geld übrig bleibt, um für seinen eigenen Lebensunter- halt zu sorgen, weshalb er einen sogenannten „Selbstbehalt“ behalten darf. Aller- dings gilt für minderjährige Kinder eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Der/die Verpflichtete muss sich nach Kräften dafür einsetzen, dass der Lebensbedarf des Kindes gesichert ist und unter Umständen auch eine Nebentätigkeit annehmen oder den Arbeitsplatz wechseln, wenn er/sie seine Unterhaltspflicht andernfalls nicht erfüllen kann. Im Mangelfall haften Eltern gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern (Anspruch aus Rang 1) bis zum sogenannten „notwendigen Selbstbehalt“. Dieser liegt derzeit bei 880 Euro für Nichterwerbstä- tige und bei 1.080 Euro für Erwerbstätige. Der Selbstbehalt gegenüber Ansprüchen K IN D E S u N T E R H A LT 3 http://www.olg-Duesseldorf.nrw.de 132 aus Rang 2 liegt bei 1.200 Euro. Die Selbstbehalte gegenüber Ehegatten variieren je nach Fallgestaltung. Gegenüber volljährigen Kindern mit Ansprüchen aus Rang 4 beträgt der Selbstbehalt in der Regel mindestens 1.300 Euro. Gegenüber Enkeln und Eltern erhöht sich der Selbstbehalt auf 1.800 Euro. Wie die Unterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle sind auch die Selbstbehalte nicht in Stein gemeißelt und können aufgrund der Umstände des Einzelfalls erhöht oder vermindert werden. Der betreuende Elternteil hat keinen Selbstbehalt (Stand der Selbstbehalte: An- merkungen zur Düsseldorfer Tabelle 2019). Beispiel: Kurt ist der unterhaltspflichtige Vater von Tim (8 Jahre) und von Lisa (3 Jahre). Er verdient 1.500 Euro. Damit liegt ein Mangelfall vor. Wegen seines (not- wendigen) Selbstbehalts von 1.080 Euro stehen nur 420 Euro für Unterhalt zur Verfügung. Damit kann er nicht für beide Kinder den Unterhalt von insgesamt 566 (309+ 257) Euro bestreiten (Zahlbetrag Stand 01.01.2019, ab 01.07.2019 werden es 304 + 252 = 556 Euro sein. Die Entlastung durch die Hälfte des erhöhten Kindergel- des führt bei Kurt zu einer höheren, aber nicht vollständigen Leistungsfähigkeit). Die Unterhaltsansprüche der Kinder werden deshalb nur zum Teil befriedigt. unterhalt außergerichtlich geltend machen Es ist grundsätzlich möglich, sich über den Kindesunterhalt gütlich zu einigen. Auch dabei ist es auf jeden Fall sinnvoll, den Unterhalt titulieren zu lassen, denn nur ein titulierter Unterhalt ist im Streitfall auch vollstreckbar. Darü- ber hinaus ist es möglich, eine freiwillige Beistandschaft für das Kind beim Jugendamt einzurichten. Dann betreibt das Jugendamt die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs. Es ist auch möglich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (vgl. dazu Kapitel 8 Juristische Beratung und ihre Kosten). Unterhalt kann für die Vergangenheit ab dem Zeitpunkt gefordert werden, ab dem der/die Unterhaltspflichtige in Verzug gesetzt wurde oder dem/der An- tragsgegner/in ein Antrag zugestellt wurde. Wichtig ist, das Kind zu benennen, für das Unterhalt gezahlt werden soll, und nach Möglichkeit in welcher Höhe und ab welchem genauen Datum Unterhalt gefordert wird. Nur dann ist ge- währleistet, dass der Unterhalt rückwirkend geltend gemacht werden kann. Zahlungsaufforderung Um einen Unterhaltstitel zu erwirken, ist es wichtig, den/die Unterhalts- pflichtige/n zur Zahlung oder zur Vorlage seiner Einkommensunterlagen aufzufordern, um ihm damit Gelegenheit zu geben, sich außergerichtlich zur Unterhaltszahlung zu verpflichten. Eine Zahlungsaufforderung, deren Inhalt 133 und Zugang beim Unterhaltsschuldner Sie im Streitfall beweisen müssen, in- dem Sie sie beispielsweise im Beisein eines informierten Zeugen übergeben oder in den Briefkasten werfen, könnte in etwa so aussehen (Stand 01.01.2019, ab Juli 2019 verändern sich Kindergeld und Zahlbetrag): Lieber Georg, Du bist unserem gemeinsamen Sohn Julian (vier Jahre) unterhaltspflich- tig. Da Du 1.600 Euro netto verdienst, hat er einen Anspruch auf Unter- halt in Höhe von 354 Euro. Du kannst den hälftigen Kindergeld anteil in Höhe von 97 Euro mit dem Kindesunterhalt verrechnen. Ich fordere Dich hiermit auf, Kindesunterhalt in Höhe von 257 Euro (354 Euro minus 97 Euro) ab dem [Datum] zu zahlen. Gleichzeitig fordere ich Dich auf, ab jetzt jeden Monat den Kindesunterhalt für Julian bis zum 1. eines Monats im Voraus an mich zu zahlen. Ich würde mich freuen, wenn wir diese Angelegenheit außergerichtlich regeln könnten. Kommst Du Deiner Unterhaltsverpflichtung jedoch nicht nach, wer- de ich mich im Interesse unseres Kindes an das Familiengericht wenden. Viele Grüße, Petra Wenn der/die Unterhaltspflichtige nicht reagiert, können Sie auf einem Vor - druck, den die Jugendämter und Amtsgerichte zur Verfügung stellen, Kindes- unterhalt im Vereinfachten Verfahren geltend machen. Vereinfachtes unterhaltsverfahren nach § 249 FamFG Im so genannten vereinfachten Verfahren können minderjährige Kinder eine erstmalige Titulierung von Unterhaltsansprüchen erreichen. Das Antrags- verfahren läuft über den/die zuständige/n Rechtspfleger/in am Amtsgericht. Die erforderlichen Antragsformulare gibt es bei den Jugendämtern, beim Amtsgericht oder als Download auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (www.bmjv.de): In der Rubrik „Service“ klicken Sie auf „Formulare, Muster und Vordrucke“. Dort finden Sie unter „Antragsfor- mulare Kindesunterhalt“ das Formular für den Antrag auf Festsetzung des Kin- desunterhalts im vereinfachten Verfahren und ein sehr informatives Merkblatt. Das vereinfachte Verfahren ist stark schematisiert und erlaubt höchstens die Geltendmachung von Unterhaltsbeträgen bis zu 120 Prozent des Mindest- K IN D E S u N T E R H A LT 3 http://www.bmjv.de 134 unterhalts abzüglich des hälftigen Kindergeldes. Das entspricht der fünften Stufe der Düsseldorfer Tabelle, also je nach Alter des Kindes bis zu 425 Euro, 488 Euro oder 572 Euro (Stand 01.01.2019) abzüglich des halben aktuellen Kin- dergeldes (Erhöhung am 1. Juli 2019). Das Formular unterscheidet zwischen ver- änderlichem und gleichbleibendem Unterhalt. Überwiegend empfiehlt es sich, einen dynamischen Unterhaltstitel anzustreben. Dieser hat den Vorteil, dass sich bei Erreichen einer höheren Altersstufe oder Änderung der Tabellensätze der Unterhaltstitel automatisch anpasst und keine aufwändigen Abänderungs- anträge nötig sind. In der Regel titulieren auch die Jugendämter einen dyna- mischen Mindestunterhalt, da dieser für das Kind am günstigsten ist. Kinder profitieren auf folgende weise vom vereinfachten Verfahren: 1. Außer der Einwendung, das vereinfachte Verfahren sei nicht zulässig, können andere Einwendungen nur erhoben werden, wenn der/die Unterhalts- verpflichtete dem Gericht mitteilt, inwieweit er/sie zur Unterhaltsleistung be- reit ist, d.h. er/sie muss gleichzeitig erklären, in welcher Höhe er/sie Unterhalt zahlen wird und sich dazu verpflichten. 2. Wenn der/die Unterhaltspflichtige einwendet, er/sie sei zur Zahlung nicht oder nur eingeschränkt in der Lage, muss er/sie Auskunft über seine/ihre Einkünfte und sein/ihr Vermögen erteilen und für die letzten 12 Monate die Einkünfte be- legen. Erzielt er/sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit, muss der letzte Einkom- menssteuerbescheid und für das letzte Wirtschaftsjahr die Gewinn- und Verlust- rechnung oder die Einnahmenüberschussrechnung vorgelegt werden. Diese Auskunft wird dem Kind vom Gericht übermittelt und gleichzeitig wird dem Kind mitgeteilt, in welcher Höhe der/die Verpflichtete den Unterhalt zahlen wird. Das Kind kann dann beantragen, dass dieser Betrag durch einen Beschluss festgesetzt wird. 3. Das Kind, bzw. die sorgeberechtigte Person kann im Anschluss anhand der Auskunft des/der Unterhaltspflichtigen feststellen, ob ein über den festge- setzten Betrag hinausgehender Unterhaltsanspruch besteht und diesen gege- benenfalls im streitigen Verfahren vor dem Familiengericht beanspruchen. Wenn das Kind durch die Prüfung der Unterlagen überzeugt ist, dass ein höherer Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann es den Unterhalt bei dem im vereinfachten Verfahren beschlossenen Betrag belassen. Es wird also zunächst ein Unterhaltsbetrag tituliert, zu dem sich der/die Unter - haltspflichtige selbst verpflichtet. Dadurch entfällt ein hoher Anteil an Konflikt- 135 K IN D E S u N T E R H A LT 3 potenzial. Dennoch wird im Einzelfall ein streitiges Verfahren erleichtert, da die Auskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegt. Bei selbstständigen Unterhaltspflichtigen ist die Einkommensberechnung be- sonders schwierig. Hier ist anwaltliche Unterstützung unbedingt zu empfehlen. unterhaltsverfahren vor dem Familiengericht Wenn der zum Unterhalt verpflichtete Elternteil auf Ihre Zahlungsaufforderung nicht reagiert, können Sie auch einen Unterhaltsantrag beim Familiengericht stellen. In Unterhaltssachen müssen Sie sich vor Gericht in der Regel von einem Anwalt/einer Anwältin vertreten lassen. Bei einem Antrag auf Unterhalt kann bei niedrigem Einkommen Verfah- renskostenhilfe beantragt werden. Zuvor ist jedoch die Möglichkeit zu prüfen, ob von dem/der Unterhaltspflichtigen Verfahrenskostenvorschuss verlangt werden kann. Voraussetzung ist die Leistungsfähigkeit des/der Unterhalts- pflichtigen (siehe Kapitel 8 Juristische Beratung und ihre Kosten/Verfahrens- kostenvorschusspflicht). Da der Rechtspfleger/die Rechtspflegerin im Vereinfachten Verfahren keine streitigen Fälle entscheiden kann, empfiehlt sich insbesondere in Fällen, in de- nen der/die Unterhaltspflichtige sich massiv gegen den Anspruch des Kindes zur Wehr setzt, einen Unterhaltsantrag beim Familiengericht zu stellen. Da in die- sem Fall ohnehin das Gericht entscheiden wird, ist es sinnvoll, den Antrag gleich dort zu stellen. Darüber hinaus kann ein solcher Antrag sinnvoll sein, wenn der/ die Unterhaltspflichtige selbstständig ist. Auch wenn der Kindesunterhalt vor- aussichtlich mehr als das 1,2-fache des Mindestunterhalts beträgt, ist ein strei- tiges Unterhaltsver fahren beim Familiengericht zu empfehlen, da Unterhalt in dieser Höhe nicht mehr mit dem vereinfachten Verfahren geltend gemacht werden kann. Auch wenn im Vereinfachten Verfahren bereits ein Unterhalts- titel geschaffen wurde, besteht die Möglichkeit, zusätzlich einen darüber hin- ausgehenden Unterhaltsanspruch im streitigen Unterhaltsverfahren geltend zu machen, wenn Sie der Meinung sind, der/die Unterhaltspflichtige könnte mehr Unterhalt leisten. Das Gericht kann Auskünfte über die Einkommens- und Ver- mögensverhältnisse bei Arbeitgebern, Sozialversicherungsträgern und beim Finanzamt einholen. Wenn sich der Unterhaltsanspruch dadurch um mindes- tens 10 Prozent erhöht, können Sie einen Abänderungsantrag stellen. Wenn sich die Einkommenssituation des/der Unterhaltspflichtigen verschlechtert hat, hat auch er/sie die Möglichkeit, einen Abänderungsantrag zu stellen. Oft benötigen Sie zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen rasch ei- nen Unterhaltstitel. Dazu kann der Unterhalt im Wege einer einstweiligen 136 Anordnung beim Familiengericht geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass der Unterhaltspflichtige keine freiwilligen Zahlungen leistet und erfolg- los zur Zahlung eines bestimmten monatlichen Betrags aufgefordert wurde. Aus der Antragsbegründung muss sich schlüssig der geltend gemachte Unter- haltsanspruch ergeben: Sie müssen Tatsachen vortragen und beweisen, die das Gericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit Ihres Vortrags überzeugen. Dafür kommen Urkunden, Kopien, ärztliche Zeugnisse oder Zeugenaussagen in Betracht. Anwaltszwang gibt es hier nicht. Das Gericht trifft aufgrund einer summarischen Prüfung eine vorläufige Regelung. Wenn alle Beteiligten sich mit dieser Regelung zufriedengeben, kann sie auch von Dauer sein. Das Kindschaftsrecht. Herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bestellung oder Download unter www.bmjv.de mehrbedarf und Sonderbedarf Mit den Unterhaltsbeträgen der Düsseldorfer Tabelle ist oftmals nicht der gesamte tatsächliche Bedarf des Kindes erfasst. Hinzu kann Zusatzbedarf des Kindes kommen, das sind beispielsweise fortlaufende Mehrausgaben für das Kind (Mehrbedarf) oder unvorhersehbare Ausgaben (Sonderbedarf). Sonderbedarfe sind außergewöhnlich hohe Kosten, die nicht regelmäßig anfallen und relativ unvorhersehbar waren. Darunter können z. B. eine kiefer- orthopädische oder heilpädagogische Behandlung, eine Klassenreise ins Ausland oder Kosten für die Anschaffung eines Computers aufgrund von Lernschwierig- keiten des Kindes fallen. Auch auf diese außergewöhnlichen Kosten hat das Kind einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem/der Unterhaltspflichtigen. Allerdings wird Sonderbedarf in der Rechtsprechung relativ selten zugestanden: So sind beispielsweise Nachhilfestunden, Möbel fürs Kinderzimmer, Konfirmationen oder normale Klassenreisen nicht als Sonderbedarf angesehen worden. Im Ein- zelfall ist entscheidend, ob der Bedarf tatsächlich überraschend, unregelmäßig und mit außergewöhnlich hohen Kosten verbunden ist. Sonderbedarf kann bis ein Jahr nach seiner Entstehung gegenüber dem Un- terhaltspflichtigen geltend gemacht werden. Nach Ablauf des Jahres kann er nur geltend gemacht werden, wenn der/die Unterhaltsverpflichtete in Verzug gekom- men oder der Anspruch rechtshängig geworden ist. Rechtshängigkeit bedeutet, dass mit der Zustellung des Antrags an den /die Antragsgegner/in der Antrag auf Sonderbedarf rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist gestellt worden ist. 137 K IN D E S u N T E R H A LT 3 Ein Mehrbedarf ist eine regelmäßige laufende Mehraufwendung, die im Inte- resse des Kindes berechtigt, aber nicht im Tabellenunterhalt enthalten ist. Hier- zu zählen zum Beispiel anerkanntermaßen die Kosten für den Besuch einer Kita, (vgl. BGH XII ZR 65/07 – Urteil vom 26.11.2008) oder eines Schulhorts (BGH XII ZB 565/15 – Beschluss vom 11. Januar 2017). Lediglich die Kosten der Verpflegung in der jeweiligen Kinderbetreuungseinrichtung werden mit dem Tabellenunterhalt ab- gegolten und sind deshalb bei der Berechnung als ersparte Aufwendungen nicht zu berücksichtigen. Mehrbedarf können beispielsweise überdurchschnittliche Kosten für Sport- oder Musikunterricht bei besonderer Begabung des Kindes sein, für eine Internatsunterbringung oder den Besuch einer Privatschule. Ausschlag- gebend ist dabei, dass eine sachliche Begründung vorliegt und die Kosten nicht wirtschaftlich unzumutbar sind. Mehrbedarf ist ein kindesunterhaltsrechtlicher Anspruch, deshalb gilt wie beim Kindesunterhalt auch, dass er für die Vergangenheit erst ab dem Zeitpunkt gefordert werden kann, ab dem der/die Unterhaltspflichtige in Verzug gesetzt wurde oder der Antrag rechtshängig geworden ist. Mehrbedarf und Sonderbedarf sind in den Unterhaltsbeträgen der Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten. Sie sind grundsätzlich von beiden Elternteilen anteilig zu tragen. Anteilige Beteiligung bedeutet, dass die Eltern nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts von derzeit ca. 1.300 Euro (Stand Düsseldorfer Tabelle 2019) das Ver- hältnis ihrer Einkommen zueinander betrachten und den entsprechenden pro- zentualen Anteil an – beispielsweise – den monatlichen Kosten für die Kinder- betreuungseinrichtung übernehmen. Einen Musterbrief an den/die Unterhaltsverpflichtete/n zur Geltendmachung der anteiligen Kita- oder Hortkosten finden Sie als Download unter www.vamv.de bei „Presse“ unter dem Punkt „Hintergrundinformationen“. Volljährige Kinder Wenn das Kind volljährig ist, sind beide Eltern in Abhängigkeit von der Höhe ihres Einkommens barunterhaltspflichtig. Das volljährige Kind muss nun seinen Unterhaltsanspruch selbst geltend machen. Eine eventuell bestehende Beistandschaft des Jugendamtes endet zu diesem Zeitpunkt. In der Regel han- delt es sich bei volljährigen Kindern, die einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern haben, um Schüler/innen, Auszubildende, Student/innen oder Arbeitslose. Grundsätzlich hat jedes Kind einen Unterhaltsanspruch bis zur Vollendung http://www.vamv.de 138 einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Hierzu gehört auch ein Hochschul- studium, das aber in angemessener Zeit absolviert werden muss. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs von volljährigen Kindern hängt davon ab, ob sie noch zu Hause wohnen oder eine eigene Wohnung haben. Wenn die Kinder noch zu Hause leben, so gilt die letzte Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern, wobei jeder Elternteil höchstens den Unterhalt zu leisten hat, der sich allein aus seinem eigenen Einkommen ergibt. Studierende, die nicht zu Hause wohnen, haben derzeit nach der Düsseldorfer Tabelle in der Regel einen Unterhaltsbedarf von 735 Euro (Stand: Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle 2019). Bei überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Ver- hältnissen der Eltern kann auch ein höherer Betrag geltend gemacht werden. Bei- träge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren können als Mehrbedarf geltend gemacht werden. Das Kindergeld dient der Entlastung der Eltern von ihren Unterhaltspflichten und wird bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt, d.h. wenn ein Elternteil das Kindergeld bezieht, muss er das Kinder- geld an das Kind weiterleiten. Auf den Unterhaltsbedarf des Kindes werden auch seine regelmäßigen Einkünfte, zum Beispiel die Ausbildungsvergütung (abzüglich 100 Euro ausbildungsbedingtem Mehrbedarf), ein BAföG-Darlehen oder Ausbil- dungsbeihilfen angerechnet. Auch Vermögen muss das Kind für seinen Lebensunterhalt einsetzen. Die Eltern können dem Kind gegenüber bestimmen, in welcher Form sie den Unterhalt leis- ten. Sie können dem Kind gegenüber zum Beispiel Naturalunterhalt anbieten, in Form von Kost und Logis. Hier müssen schwerwiegende Gründe gegen diese Form des Unterhalts sprechen, damit das Kind stattdessen Barunterhalt verlangen kann. Eine Entscheidung hierüber kann im Einzelfall nur das Familiengericht fällen, das das Unterhaltsbestimmungsrecht der Eltern abändern kann. Gegenüber volljährigen Kindern haben Eltern einen erhöhten Selbstbehalt in Höhe des sogennanten angemessenen Eigenbedarfs. Dieser beträgt in der Regel mindestens 1.300 Euro. Nicht verheiratete volljährige Kinder unter 21 Jahren, die im Haushalt eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulaus- bildung befinden, sind minderjährigen Kindern in der Rangfolge gleichgestellt. Ihnen gegenüber gelten im Mangelfall die gleichen Selbstbehaltssätze wie für minderjährige Kinder. Ein solcher Mangelfall liegt nur vor, wenn beide Eltern ihren angemessenen Eigenbedarf angreifen müssten. Volljährige Kinder, die nicht mehr im Elternhaushalt leben und sich nicht mehr in der allgemeinen Schulausbildung befinden, stehen im Mangelfall hinter den Ansprüchen von Ehegatt/innen und betreuenden Elternteilen sowie denen von minderjährigen Kindern zurück. 139 K IN D E S u N T E R H A LT 3 18 Jahre – jetzt geht´s los Informationen für Alleinerziehende und ihre volljährigen Kinder Download unter www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ Zu beziehen beim VAMV Landesverband Berlin Tel: 030/851 51 20 oder kontakt@vamv-berlin.de was tun bei Schwierigkeiten mit unterhaltszahlungen? Wenn Sie Schwierigkeiten mit den Unterhaltszahlungen für Ihr Kind haben, gibt es verschiedene Beratungs- und Unterstützungsangebote. Da das Unterhaltsrecht kompliziert ist, empfehlen wir Ihnen, sich beraten zu lassen. Sie haben zwar die Möglichkeit, bis auf die Durchführung des streitigen Verfahrens (Anwalts­ zwang!) alles allein zu erledigen. Dies erfordert aber ein hohes Maß an Sachkom- petenz, viel Zeit und besonders viele Nerven. Beratung und unterstützung durch eine Beistandschaft Das Jugendamt bietet kostenfreie Unterstützung und Vertretung in unterhalts- rechtlichen Fragen an. Es ist im Rahmen des § 18 SGB VIII verpflichtet, Sie zu Unter- haltsfragen zu beraten. Sie können eine freiwillige Beistandschaft für Ihr Kind zur Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche einrichten. Dann kümmert sich der Beistand darum, dass Ihr Kind den ihm zustehenden Unterhalt erhält, erforderlichenfalls auch mithilfe eines Gerichtsverfahrens. Der Beistand kann auf Ihren Wunsch auch die Feststellung der Vaterschaft betreiben. Sowohl zur Einrich- tung als auch zur Beendigung einer Beistandschaft genügt ein schriftlicher Antrag beim Jugendamt. Die unterhaltsrechtliche Unterstützung im Rahmen einer frei- willigen Beistandschaft ist auch bei gemeinsamer Sorge möglich. Das Jugendamt verfügt kraft amtlicher Zuständigkeit über einen erweiterten Handlungsrahmen in Bezug auf den/die Unterhaltspflichtige/n. Ihr Beistand kann beispielsweise Aus- künfte von der ebenfalls beim Jugendamt angesiedelten Unterhaltsvorschussstelle erhalten, die diese kraft ihrer Befugnisse über den unterhaltspflichtigen Elternteil bei dessen Arbeitgeber, Versicherungsunternehmen und über das Bundeszentral- amt für Steuern bei seinen Kreditinstituten eingeholt hat. Die Beistandschaft. Herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bestellung oder Download unter www.bmjv.de Beratung und unterstützung durch einen Anwalt /eine Anwältin Eine Anwältin/ein Anwalt kann Ihnen Beratung und Unterstützung bieten, wenn http://www.vamv.de/publikationen/vamv-broschueren/ http://www.bmjv.de 140 der/die Unterhaltspflichtige unregelmäßig oder gar nicht zahlt oder wenn Sie sich nicht sicher sind, ob der Unterhalt in der richtigen Höhe tituliert ist. Über die Rechtsanwaltskammer oder das Amtsgericht können Sie kom pe tente Anwält/in- nen finden (vgl. dazu Kapitel 8 Juristische Beratung und ihre Kosten). Viele führen die Bezeichnung „Fachanwält/in für Familienrecht“, womit besondere Kenntnisse und besondere praktische Erfahrungen im Familienrecht nachgewiesen werden. Abzweigungsantrag Bezieht der/die Unterhaltspflichtige Lohnersatzleistungen oder Rente und zahlt keinen Unterhalt, können Sie einen so genannten Abzweigungsantrag stellen. Dazu müssen Sie sich an die Krankenkasse, die Rentenversicherung oder die Arbeitsagentur wenden und einen formlosen Antrag stellen. Im Antrag sind die Unterhaltsverpflichtung des/der Leistungsberechtigten und die Tatsache, dass kein Unterhalt gezahlt wird, darzulegen. Falls Sie einen Titel haben, ist er beizulegen. Nach Möglichkeit sollten Sie auch das Geburtsdatum und die Ver- sicherungsnummer des/der Leistungsberechtigten angeben. Der Leistungsträger prüft den Anspruch und zahlt einen Teil der Leistung direkt an Sie aus. Diese Möglichkeit steht aber nur Kindern und Ehegatt/innen zur Verfügung. Nicht Ver- heiratete und geschiedene Ehegatt/inen können diesen Weg nicht gehen. Strafanzeige Eine Strafanzeige ist ein weiteres Mittel, das Sie wählen können, wenn der/die Unterhaltspflichtige dauerhaft keinen Unterhalt zahlt, obwohl er/sie leistungs- fähig ist. Sie haben die Möglichkeit, bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft Straf­ anzeige wegen Unterhaltspflichtverletzung zu stellen, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft wird. Seit August 2018 kann auch ein Fahrverbot verhängt werden. u NTE R HALT SVo R ScH uSS Wenn Sie vom anderen Elternteil Ihres Kindes dauerhaft getrennt leben oder dieser verstorben ist und Ihr Kind weder Unterhalt vom anderen Elternteil noch Waisen - bezüge bekommt oder der gezahlte Unterhalt oder die Waisenbezüge unter dem Mindestunterhalt liegen, können Sie Unterhaltsvorschuss beantragen. Das Kind muss mit Ihnen in einem Haushalt zusammenleben und bei Ihnen seinen Lebens mittel - punkt haben. Wenn sich der andere Elternteil in wesent lichem Umfang an der Erziehung und Betreuung des Kindes beteiligt, kann der An spruch auf Unter halts- vorschuss entfallen, wenn der Schwerpunkt der Betreuung und Fürsorge nicht mehr ganz überwiegend bei Ihnen liegt. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls 141 u N T E R H A LT S V o R S c H u S S 3 an. Bei einem Wechsel modell, bei dem das Kind sich regelmäßig die Hälfte der Zeit beim anderen Elternteil aufhält, ist ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss nicht ge- geben. Das gemeinsame Sorgerecht steht einem Anspruch auf Unterhaltsvorschuss aber nicht entgegen. Der Antrag ist schriftlich bei der zuständigen Unterhaltsvor- schussstelle (in der Regel das Jugendamt, in dessen Bezirk Ihr Kind lebt) zu stellen. Das Antragsformular und das UVG-Merkblatt erhalten Sie bei der Stadt-, Gemeinde- oder Kreisverwaltung. Die Höhe des Unterhaltsvorschusses entspricht dem gesetz- lichen Mindestunterhalt gemäß § 1612a Abs. 1 BGB abzüglich des für ein erstes Kind zu zahlenden Kindergeldes. Er wird ab dem Monat der Antragsstellung gewährt. Rückwirkend kann er höchstens für den Monat vor der Antragsstellung bewilligt werden, wenn Sie schon alles Zumutbare unternommen haben, um Unterhalt vom anderen Elternteil zu bekommen. Bis Mitte 2017 hatten nur Kinder bis Vollendung des zwölften Lebensjahres Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Dann wurde das Unterhaltsvorschussrecht reformiert: Seit 1. Juli 2017 können auch Kinder von zwölf bis 17 Jahren Unterhalts- vorschuss bekommen. Voraussetzung ist, dass das Kind nicht auf SGB II-Leistungen angewiesen ist oder der alleinerziehende Elternteil im SGB II-Bezug ein eigenes Einkommen von mindestens 600 Euro brutto erzielt (siehe unten Abschnitt Be- sonderheiten beim Bezug von Unterhaltsvorschuss für Kinder ab zwölf Jahre). Für Kinder unter zwölf Jahren bleibt das Einkommen des alleinerziehenden Elternteils weiterhin unerheblich. Die Höchstbezugsdauer von längstens sechs Jahren wurde mit der Reform abgeschafft. Wenn alle notwendigen Voraussetzungen über den gesamten Zeitraum vorliegen, können Alleinerziehende nun durchgehend von der Geburt bis zur Volljährigkeit ihres Kindes Unterhaltsvorschuss beziehen. Vom 1. Januar bis 30. Juni 2019 beträgt der Unterhaltsvorschuss – für Kinder von null bis fünf Jahren bis zu 160 Euro / Monat. – für Kinder von sechs bis elf Jahren bis zu 212 Euro / Monat. – für Kinder von zwölf bis 17 Jahren bis zu 282 Euro/Monat. Zum 1. Juli 2019 wird das Kindergeld für erste Kinder von 194 Euro auf 204 Euro erhöht. Die Summe von Kindergeld und Unterhaltsvorschuss bleibt gleich, der Unterhaltsvorschuss verringert sich um die 10 Euro, um die das Kindergeld steigt. Ab dem 1. Juli 2019 beträgt der Unterhaltsvorschuss – für Kinder von null bis fünf Jahren bis zu 150 Euro / Monat. – für Kinder von sechs bis elf Jahren bis zu 202 Euro / Monat. – für Kinder von zwölf bis 17 Jahren bis zu 272 Euro / Monat. 142 Zahlt der/die Unterhaltspflichtige nur einen Unterhaltsbetrag, der unter dem Mindestunterhalt liegt, oder erhält Ihr Kind Waisengeld, werden diese Zahlun- gen auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet. Zahlt der/die Unterhaltspflichtige keinen Kindesunterhalt und läuft ein Verfahren gegen ihn/sie, können Sie auch für die Dauer des Verfahrens Unterhaltsvorschuss beantragen. Sobald regelmä- ßig Unterhalt vom Vater / von der Mutter Ihres Kindes eingeht, muss das Jugend- amt die Vorschusszahlung einstellen und Ihnen den Unterhalt auszahlen. Der Unterhaltsvorschuss ist eine Vorleistung ausbleibender Unterhalts- zahlungen und eine Ausfallleistung, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil den Unterhalt nicht zahlen kann. Er befreit den leistungsfähigen Unterhalts- pflichtigen nicht von der Unterhaltsschuld. Das Jugendamt ist verpflichtet, die vorgestreckten Unterhaltsleistungen beim leistungsfähigen Unterhaltspflich- tigen wieder einzutreiben. Deshalb sind Sie auch verpflichtet, den Namen und Aufenthaltsort des anderen Elternteils anzugeben, soweit er Ihnen bekannt ist. Wenn Sie sich weigern, bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken, ist der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen ausgeschlossen. Anders liegt der Fall, wenn Sie den Vater Ihres Kindes nicht kennen oder schwerwiegen- de Gründe dagegen sprechen, den Vater Ihres Kindes bekannt zu geben. Dann muss Unterhaltsvorschuss für Ihr Kind trotzdem gezahlt werden. Wenn Sie erneut heiraten, endet der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Wenn Sie jedoch mit einem neuen Partner / einer neuen Partnerin zusammen- leben, können Sie weiter Unterhaltsvorschuss für Ihr Kind beziehen, vorausge- setzt es ist nicht die Mutter / der Vater des Kindes. Sie haben auch bei gemein- samem Sorgerecht Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Soweit der notwendige Lebensunterhalt durch den Unterhaltsvorschuss nicht vollständig gedeckt wird, kommen ergänzend Sozialgeld, Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und Wohngeld in Betracht (siehe Kapitel Arbeitslo- sigkeit, Sozialhilfe und Transferleistungen). Der Unterhaltsvorschuss muss jedoch vorrangig beantragt werden, sofern ein Anspruch besteht. Er wird dann auf die anderen Leistungen angerechnet. Es gibt alleinerziehende Eltern, bei denen der Bezug von Unterhaltsvorschuss zu Kürzungen bei Kinderzuschlag und Wohngeld und damit unterm Strich zu Einbußen führen wird, weil der Unter- haltsvorschuss bei diesen Leistungen als Einkommen des Kindes zählt. Sie haben trotzdem kein Wahlrecht und müssen den Unterhaltsvorschuss als vorrangige Leistung beantragen, selbst wenn dann möglicherweise auch die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes entfällt. Diese nachteiligen Auswirkungen des Unterhaltsvorschusses sollen durch kom- mende Gesetzesvorhaben abgemildert und langfristig korrigiert werden. 143 u N T E R H A LT S V o R S c H u S S 3 Besonderheiten beim Bezug von unterhaltsvorschuss für Kinder ab zwölf Jahren Kinder ab zwölf Jahren haben nur dann einen Anspruch auf Unterhaltsvor- schuss, wenn – das Kind keine Leistungen nach dem SGB II bezieht oder – wenn der Bezug des Unterhaltsvorschuss dazu führen würde, dass die Hilfe- bedürftigkeit des Kindes nach SGB II vermieden wird oder – wenn Sie als alleinerziehender Elternteil im SGB II-Bezug über eigenes Einkommen in Höhe von mindestens 600 Euro brutto (ohne Kindergeld) verfügen. Ob die Hilfebedürftigkeit Ihres Kindes nach § 9 SGB II vermieden werden kann bzw. Ihr Einkommen im Sinne des § 11 SGB II mindestens 600 Euro beträgt, müssen Sie nicht im Einzelnen selbst prüfen. Ihr Jobcenter wird Sie in der Regel darauf hinweisen, dass ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss für Sie in Be- tracht kommt. Sie stellen dann einen Antrag auf Unterhaltsvorschuss bei der Unterhaltsvorschusskasse und legen den aktuellen SGB II-Bescheid des Jobcen- ters dazu vor. Da der Unterhaltsvorschuss auf die SGB II-Leistungen Ihres Kindes ange- rechnet wird, haben Sie im Ergebnis zunächst nicht mehr Geld für Ihr Kind zur Verfügung. Unterhaltsvorschuss ist jedoch eine sehr unbürokratische Leistung, die nur einmal jährlich behördlicherseits überprüft wird. Nachträg- liche Änderungen des SGB II-Bescheids haben keine Auswirkungen auf die Entscheidung über die Vermeidung der Hilfebedürftigkeit des Kindes oder das Vorliegen eines Einkommens über 600 Euro für die Bewilligung des Unter- haltsvorschusses. Diese wirkt für ein Jahr fort. Erst wenn nach einem Jahr die Voraussetzungen für die Vermeidung der Hilfebedürftigkeit Ihres Kindes und Ihre Einkommensgrenze erneut überprüft werden und dann nicht mehr vor- liegen, wird die Bewilligung des Unterhaltsvorschusses für die Zukunft aufge- hoben. Solange sich bei den übrigen Voraussetzungen also nichts ändert, fließt der Unterhaltsvorschuss verlässlich weiter und es wird Ihnen dadurch leichter gemacht, sich perspektivisch aus dem SGB II-Bezug zu lösen, sobald sich Ihre Einkommenssituation weiter verbessert. Hinweis: Wenn sich bei den übrigen grundsätzlichen Voraussetzungen für den Unterhaltsvorschuss etwas ändert, müssen Sie diese Änderungen in Ihren Verhältnissen unverzüglich bei der Unterhaltsvorschusskasse anzeigen! Das gilt beispielsweise, wenn Unterhaltszahlungen einsetzen, Sie heiraten oder 144 das Kind zum anderen Elternteil wechselt. Seit 2013 sind die Sanktionen für die Verletzung der Mitwirkungspflichten für die Bezieher/innen von Unterhaltsvor- schuss verschärft worden: Achten Sie deshalb genau darauf, alle Ihre Auskunfts- und Anzeigepflichten unverzüglich zu erfüllen! Lesen Sie im Antrag auf Unter- haltsvorschuss Ihre Pflichten genau durch und rufen Sie sich diese regelmäßig in Erinnerung! Ansonsten müssen Sie die zu Unrecht bezogenen Leistungen zu- rückzahlen und gegebenenfalls ein zusätzliches Bußgeld entrichten. Wenn Ihr Kind keine allgemeinbildende Schule mehr besucht, kann sich sein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss verringern oder ganz entfallen, wenn es ei- gene Einnahmen aus Vermögenseinkünften, Arbeit oder einem Ausbildungs- verhältnis hat. Diese werden zur Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss angerech- net, nachdem bei Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrages und bei Auszubildenden zusätzlich 100 Euro ausbildungsbedingter Aufwand abgezogen wurden. Grundlage ist hier für Ein- nahmen aus nichtselbständiger Arbeit die Lohn- und Gehaltsbescheinigung des Arbeitgebers für den jeweiligen Monat und für alle anderen Einnahmen der Zufluss im jeweiligen Monat. Wenn das Kind neben der Ausbildung oder neben einem freiwilligen sozia- len oder ökologischen Jahr oder einem vergleichbaren Dienst zusätzlich arbei- tet, werden die Einkünfte aus dieser Arbeit nicht auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet. Selbstständig den unterhaltsanspruch gegenüber dem unterhaltsverpflichteten Elternteil geltend machen Wenn Sie Unterhaltsvorschuss für Ihr Kind beziehen, haben Sie immer weniger Geld für Ihr Kind zur Verfügung, als wenn das Kind den Mindestunterhalt vom anderen Elternteil bekommt, denn Ihnen fehlt dann ein Betrag in Höhe des hal- ben Kindergeldes – derzeit sind das 97 Euro (Stand 1.1.2019 bis 30.06.2019, ab dem 1. Juli 2019 sind es 102 Euro). Deshalb sollten Sie im Interesse Ihres Kindes dafür sorgen, dass es möglichst den regulären Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle vom unterhaltspflichtigen Elternteil direkt bekommt, der möglicherweise, wenn der andere Elternteil gut verdient, auch wesentlich höher als der Mindestunter- halt sein kann. Zu diesem Zweck können Sie eine Beistandschaft beim Jugendamt einrichten oder einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin beauftragen, die für Sie und Ihr Kind feststellt, in welcher Höhe das Kind einen Unterhaltsanspruch hat. Viele Alleinerziehende sind der Ansicht, dass sich die Unterhaltsvorschusskasse um diese Dinge kümmert. Das ist aber nicht richtig. Die Unterhaltsvorschussstelle 145 u N T E R H A LT S V o R S c H u S S 3 kümmert sich nur um den Rückgriff beim unterhaltspflichtigen Elternteil in Höhe des von ihr ausgezahlten Unterhaltsvorschusses. Sie und gegebenenfalls Ihr Beistand oder Ihr Rechtsanwalt / Ihre Rechtsanwältin können jedoch an den Informationen, die die Unterhaltsvorschussstelle über den unterhaltspflichtigen Elternteil herausfindet, teilhaben, wenn Sie einen entsprechenden Antrag stellen. Die Unterhaltsvorschussstelle kann zum Beispiel über den Arbeitgeber, Ver - sicherungsunternehmen, Sozialleistungsträger, das Finanzamt oder das Bundes - zentralamt für Steuern Auskunft über den Arbeitsverdienst, den Wohn ort, die Höhe der Einkünfte und die Kontostammdaten des barunterhaltsver- pflichteten Elternteils einholen (§ 6 Unterhaltsvorschussgesetz). Auf Antrag können die ermittelten Daten an Sie, den Beistand oder an Ihren Rechtsan- walt/Ihre Rechtsanwältin weitergegeben werden, damit Sie Unter halts an- sprüche Ihres Kindes oder auch für sich selbst (z. B. Trennungsunterhalt, Ehe - gatten- oder Betreuungsunterhalt) geltend machen können. Die Unter haltsvor - schussstelle ist dazu nach den Maßgaben des § 74 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a SGB X (mit Ausnahme der bei Finanzamt und Sozial leistungsträger eingeholten Auskünfte) verpflichtet. Die Übermittlung von Sozialdaten ist in diesen Fällen, soweit für die Geltendmachung der Unterhaltsansprüche er- forderlich, zulässig. Ihr Auskunftsrecht bezüglich der ermittelten Auskünfte können Sie in zwei Stufen geltend machen. Erste Stufe: Die Anschrift des auskunftspflichtigen bzw. unterhaltspflichtigen Elternteils bekommen Sie bereits auf Antrag und ohne weitere Voraussetzun- gen, damit Sie den Unterhaltspflichtigen mahnen können. Beispiel 1: Kerstin hat mit Martin ein gemeinsames Kind: Ella ist drei Jahre alt. Nach der Trennung zieht Martin aus, ohne eine Adresse zu hinterlassen. Da sie von Martin keinen Unterhalt für Ella bekommt, stellt Kerstin einen Antrag auf Unter- haltsvorschuss. Sie bekommt nun monatlich 160 Euro (bzw. ab 1. Juli 2019 150 Euro) Unterhaltsvorschuss für Ella. Würde Martin den Mindestunterhalt zahlen, bekäme Ella 257 Euro bzw. ab 1. Juli 2019 252 Euro (Zahlbetrag). Die Unterhaltsvorschuss- kasse versucht nun, sich im Wege des Rückgriffs die 160 bzw. 150 Euro von Martin zurückzuholen. Parallel dazu wendet sich Kerstin an die Unterhaltsvorschussstelle und erhält dort die neue Adresse von Martin. Sie fordert Martin auf, Auskunft über sein gegenwärtiges Einkommen zu geben und Unterhalt für Ella zu zahlen. In der zweiten Stufe des Auskunftsrechts können weitere Auskünfte wie Art und Dauer der Beschäftigung, Arbeitsstätte, Einkünfte und Kontostamm daten 146 des Unterhaltsverpflichteten an Sie weitergegeben werden, sofern der gemahnte Elternteil seine Unterhaltspflicht innerhalb einer angemessenen Frist nicht oder nur unvollständig erfüllt hat Beispiel 2: Die Unterhaltsvorschussstelle hat mittlerweile mithilfe des neuen Arbeitgebers von Martin herausgefunden, wie viel Einkommen Martin hat, um sich den Unterhaltsvorschuss in Höhe von 160 bzw. 150 Euro bei ihm wieder zu holen. Kerstin stellt beim Jugendamt einen schriftlichen Antrag auf Ein- richtung einer Beistandschaft für Ella. Da Martin auf die Aufforderung, Aus- kunft über sein gegenwärtiges Einkommen zu geben und Unterhalt für Ella zu zahlen, innerhalb einer angemessenen Frist nicht reagiert hat, stellt Kerstin mithilfe des Beistands einen Antrag bei der Unterhaltsvorschussstelle auf Über- mittlung der über Martin eingeholten Auskünfte. Aufgrund der erhaltenen Informationen stellt der Beistand fest, dass Ella Anspruch auf Unterhalt nach der zweiten Stufe der Düsseldorfer Tabelle hat, das entspricht 275 Euro (bzw. ab 1. Juli 2019 270 Euro) Zahlbetrag. Da Martin zu freiwilligen Titulierungen nicht zu bewegen ist, stellt der Beistand beim Familiengericht einen Antrag auf Unterhalt für Ella. Hinweis: Wenn Martin aufgrund des Gerichtsbeschlusses ein halbes Jahr nach seinem Auszug anfängt, regelmäßig den Ella zustehenden Unterhalt zu über- weisen, muss Kerstin die Unterhaltsvorschussstelle darüber unverzüglich in Kenntnis setzen, damit diese die Unterhaltsvorschusszahlungen an Ella sofort einstellen kann. Denn mit den Unterhaltszahlungen von Martin entfällt die Berechtigung zum Bezug von Unterhaltsvorschuss für Ella. Der Unterhaltsvorschuss, hrsg. vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bestellung oder Download unter www.bmfsfj.de bei Service und dort bei Publikationen VAMV Flyer Unterhaltsvorschuss Download unter www.vamv.de unter „Publikationen“ und dort bei „VAMV- Broschüren“ E H EGAT TE N u NTE R HALT Der Ehegattenunterhalt hat mit dem Kindesunterhalt nichts zu tun. Er umfasst nur den Lebensbedarf des geschiedenen Ehegatten, nicht aber den der gemein- samen Kinder. Diese haben immer einen eigenen Anspruch. Grundsätzlich gilt, dass beide Ehegatten nach der Scheidung eigenverantwortlich für den eigenen Lebensunterhalt sorgen sollen. Ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt http://www.bmfsfj.de http://www.vamv.de 147 E H E G A T T E N u N T E R H A LT 3 ist nur für bestimmte, gesetzlich geregelte Fälle vorgesehen, deren Vorausset- zungen aber oft erfüllt sind. Trotz des Grundsatzes der Eigenverantwortung wird daher – zumindest für eine gewisse Zeit – häufig ein Anspruch auf Un- terhalt bestehen. Gründe können die Betreuung eines Kindes, Alter, Krankheit, Erwerbslosigkeit, zu geringe Einkünfte. Ausbildung, Fortbildung, Umschulung oder Billigkeitsgründe sein. Geschiedene Mütter und Väter haben einen Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt, wenn wegen der Betreuung eines gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Dies gilt mindestens für drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt kann sich über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus verlängern, wenn im Rahmen einer Billigkeitsprüfung individuelle kindbezogene oder individuelle elternbezogene Gründe dies rechtfertigen. Ein abrupter Wechsel von der elter- lichen Betreuung zu einer Vollerwerbstätigkeit wird dabei nicht unbedingt verlangt, erfordert aber, dass der betreuende Elternteil kindbezogene und/ oder elternbezogene Gründe vorträgt und gegebenenfalls beweist, die den ge- stuften Übergang rechtfertigen können (vgl. BGH XII ZR 94/09 – Urteil vom 15. Juni 2011). Die Belange des Kindes wie beispielsweise eine besondere Betreu- ungsbedürftigkeit oder unzureichende Möglichkeiten der Kinderbetreuung müssen für den konkreten Einzelfall dargelegt werden. Allgemeine Ausfüh- rungen zur Betreuungsbedürftigkeit von Kindern in einem bestimmten Alter genügen nicht. In dem Umfang, in dem das Kind eine kindgerechte Betreu- ungseinrichtung besucht oder besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil nicht auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung berufen. Elternbezogene Gründe können das in einer Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung sein. Sie gewinnen an Ge- wicht, je länger die Ehe dauerte oder wenn eine Erwerbstätigkeit wegen der Erziehung gemeinsamer Kinder aufgegeben wurde. Auch sie müssen für den konkreten Einzelfall dargelegt werden. Besteht kein Anspruch auf Betreu- ungsunterhalt, kann aber unter Umständen ein Anspruch auf Ehegattenun- terhalt aufgrund von Krankheit oder Arbeitslosigkeit gegeben sein. Bei der Bil- ligkeitsprüfung, die es seit der Unterhaltsrechtsreform von 2008 ermöglicht, Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt herabzusetzen oder zeitlich zu be- grenzen, müssen ehebedingte Nachteile in Bezug auf eigene Erwerbstätigkeit zur Erwirtschaftung des Lebensunterhalts sowie die Dauer der Ehe berück- sichtigt werden. Die Berechnung des Ehegattenunterhalts ist in höherem Maß vom Einzel- fall abhängig als der Kindesunterhalt, weil mehr Einzelfaktoren maßgeblich 148 sind. In der Regel sollten Sie sich dazu frühzeitig von einem Anwalt/einer Anwältin beraten lassen. Nach Abzug der Werbungskosten muss dem Unter- haltspflichtigen der Selbstbehalt verbleiben. Derzeit beträgt der Selbstbehalt des/der Unterhaltspflichtigen etwa 1.200 Euro, unabhängig davon ob er/sie erwerbstätig ist. Der Ehegattenunterhalt beträgt für Sie, wenn Sie der unterhaltsberechtigte Ehegatte sind, im Allgemeinen 3/7 des bereinigten Nettoeinkommens des Unterhaltsverpflichteten (nach Vorabzug des Kindesunterhalts), wenn Sie kein eigenes Einkommen haben. Wenn Ihr Einkommen unterhalb dem des/der Unter haltspflichtigen liegt, stehen Ihnen 3/7 der Differenz zwischen den beiden Einkommen zu. Klären Sie diese Fragen im Einzelfall mit einem Anwalt / einer Anwältin ab. Ist der/die Unterhaltspflichtige nicht erwerbstätig, beträgt der Anspruch 50 Prozent der Einkommensdifferenz. Elterngeld gilt als Einkommen, soweit es den Mindestbetrag von 300 Euro übersteigt (bei verlängerter Auszahlung oder Mehrlingsgeburten gelten andere Beträge). Das heißt, dass sowohl Ihr Elterngeld mit dem Unterhaltsanspruch verrechnet wird, als auch, dass ein eventueller Elterngeldanspruch des/der Unterhaltspflichtigen als unterhaltsrelevantes Einkommen gilt. Wenn eine Trennung abzusehen ist und Sie und die Kinder einen Unter- haltsanspruch haben, ist es sinnvoll, sich Kopien von den Einkommensunter- lagen des/der Unterhaltspflichtigen zu machen. Dies erleichtert es, zur Be- rechnung des Unterhalts das Einkommen nachzuweisen und erspart ein oft langwieriges streitiges Verfahren über Auskunft und Unterhalt. Solange Sie noch nicht geschieden sind, aber von Ihrem Ehegatten getrennt leben, haben Sie möglicherweise einen Anspruch auf Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB). Für diesen gelten ganz andere Maßstäbe als für den nachehe lichen Unterhalt: Da noch nicht abzusehen ist, ob die Ehe tatsächlich geschieden wird, werden beim Trennungsunterhalt weniger strenge Anforderungen an den bedürftigen Ehegatten gestellt, denn solange die Ehe noch besteht, sind die Ehegatten zur gegenseitigen Unterstützung verpflichtet. Im ersten Jahr nach der Trennung besteht in der Regel keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Aus- weitung einer Erwerbstätigkeit. Alle Fragen in Bezug auf den Unterhalt und den Versorgungsausgleich soll- ten Sie mit einer Anwältin oder einem Anwalt Ihrer Wahl klären. Falls Sie nach einer Trennung oder Scheidung keinen oder nicht ausreichenden Un- terhalt bekommen, können Sie eventuell Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld beziehen. Ihren Anspruch können Sie beim örtlichen Jobcenter prüfen lassen (siehe Kapitel Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe). 149 B E T R E u u N G S u N T E R H A LT 3 Das Eherecht. Herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Bestellung oder Download unter www.bmjv.de B ETREuuNGSuNTERHALT FÜR NICHT MITEINANDER VERHEIRATETE Nicht miteinander verheiratete betreuende Mütter und Väter haben gegenüber dem anderen Elternteil des Kindes einen Unterhaltsanspruch auf Betreuungsun- terhalt für mindestens drei Jahre nach der Geburt (§ 1615 l BGB). Ab dem dritten Geburtstag des Kindes besteht eine grundsätzliche Erwerbsverpflichtung, die je- doch nicht zwingend sofort eine Vollzeittätigkeit sein muss. Der zeitliche Umfang der Erwerbsverpflichtung muss, ebenso wie beim nachehelichen Betreuungsun- terhalt, individuell ermittelt werden. Aus bestimmten Billigkeitsgesichtspunkten kann ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus verlängert werden: Insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes, z. B. wenn das zu betreuende Kind krank oder behindert ist oder keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit besteht, aber unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Belange des betreuenden Elternteils, beispiels- weise aufgrund gemeinsamer Planung der Eltern oder der Belastung des allein- erziehenden Elternteils (vgl. BGH XII ZR 109/05 - Urteil vom 16.07.2008). Die Voraussetzung für einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt ist die Be- dürftigkeit des betreuenden Vaters/der betreuenden Mutter. Wenn er/sie zum Beispiel Vermögen hat, muss dieses zunächst zur Unterhaltssicherung eingesetzt werden. Hier gibt es allerdings Grenzen. Wenn Sie ein Vermögen zur Altersvor- sorge besitzen (zum Beispiel eine Eigentumswohnung) muss dieses nicht einge- setzt werden (vgl. BGH XII ZR 11/04 – Urteil vom 05.07.2006). Elterngeld gilt als Einkommen, soweit es den Mindestbetrag von 300 Euro übersteigt (bei verlän- gerter Auszahlung oder Mehrlingsgeburten gelten andere Beträge). Ohne wei- tere Voraussetzungen hat eine nicht verheiratete Mutter für die Zeit von sechs Wochen vor bis zu acht Wochen nach der Geburt Anspruch auf Unterhalt. Darüber hinaus muss der/die Unterhaltspflichtige leistungsfähig sein. Die Zahlung des Kindesunterhalts hat Vorrang und der Selbstbehalt von 1.200 Euro darf nicht unterschritten werden. Der Unterhaltsbedarf der Mutter/des Vaters richtet sich nach der Lebens- stellung des betreuenden Elternteils, liegt aber in der Regel bei mindestens 880 Euro (Stand: Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle 2019 und BGH XII ZR 50/08 – Urteil vom 16. Dezember 2009). http://www.bmjv.de 150 Ihr zuständiges Jugendamt kann Sie bei Fragen zum Betreuungsunterhalt beraten. Sie können hier auch Auskunft über die Höhe des Betreuungsunter- halts erhalten. Es gibt darüber hinaus die Möglichkeit, sich an eine Anwältin oder einen Anwalt zu wenden – diese/r kann Sie bei der Durchsetzung Ihres Anspruches vertreten. In diesem Fall können Sie, wenn Sie nur ein geringes Einkommen haben, einen Antrag auf Beratungs- und Verfahrenskostenhilfe stellen (siehe Kapitel Juristische Beratung und ihre Kosten). Der Betreuungsunterhalt ist gegenüber dem Sozialgeld/ALG II die vorran- gige Leistung. Wenn eine unverheiratete Mutter oder ein unverheirateter Vater also ALG II bezieht, kann das Jobcenter sich an den unterhaltsverpflichteten Elternteil wenden, um die Zahlungen zurückzufordern. Der Unterhaltsan- spruch geht in diesem Fall auf das Jobcenter über. T R A N S F E R L E I S T u N G E N K I N D E R ZuScH L AG Den Kinderzuschlag können Eltern mit kleinen Einkommen erhalten, sofern sie nur deshalb Arbeitslosengeld II beantragen müssten, um die finanziellen Grundbedürfnisse ihrer Kinder zu sichern. Voraussetzung für den Anspruch ist, dass Ihr Kind jünger als 25 Jahre ist, noch bei Ihnen im Haushalt lebt und Kindergeld erhält. Der Zuschlag wird auf Antrag für den jeweiligen Bewilli- gungszeitraum gezahlt und muss danach neu beantragt werden. Änderungen der persönlichen Verhältnisse sind unverzüglich der Familienkasse anzu- zeigen. Zuständig ist die Familienkasse der Arbeitsagentur. Um einen Anspruch auf den Kinderzuschlag zu haben, muss Ihr Einkommen Ihren eigenen sozialrechtlichen Bedarf nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) abdecken, d. h. die Regelleistungen in der aktuellen Höhe und die anteiligen angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (so genannte Bemessungs- grenze). Bei der Berechnung Ihres sozialrechtlichen Bedarfs für den Anspruch auf Kinderzuschlag werden die Kosten für Unterkunft und Heizung aber nicht kopf- teilig, d. h. zu gleichen Teilen zwischen allen Familienmitgliedern aufgeteilt, son- dern bei den Eltern prozentual, abhängig von der Zahl der Kinder, angesetzt (z. B. Alleinerziehende mit einem Kind 77,24 Prozent, mit zwei Kindern 62,92 Prozent, mit drei Kindern 53,08 Prozent). Der verbleibende Betrag gilt als Wohnkostenan- teil des Kindes bzw. der Kinder. Als Faustregel gilt, dass Sie als Alleinerziehende/r mindestens 600 Euro eigenes Einkommen haben müssen, um den Kinderzu- 151 K IN D E R Z u S c H L A G 3 schlag zu beziehen. Häufig aber „lohnt“ sich der Kinderzuschlag für Sie erst, wenn Ihr Einkommen höher ist. Als eigenes Einkommen zählen alle Einnahmen in Geld wie Erwerbseinkommen, Elterngeld, Arbeitslosengeld I oder Krankengeld (außer: Leistungen der Pflegeversicherung). Eltern erhalten allerdings entweder Arbeitslosengeld II (ALG II) oder Kinderzuschlag, nicht beides gleichzeitig. Als Alleinerziehende/r haben Sie die Möglichkeit zu wählen, ob Sie Leistun- gen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch inklusive des Alleinerziehendenmehr- bedarfs beziehen möchten, um Ihren Bedarf und den Ihrer Kinder zu decken oder den Kinderzuschlag in Anspruch nehmen möchten (Wahlrecht). Sie sind nicht verpflichtet, den Kinderzuschlag statt der SGB II-Leistungen zu beziehen. Durch den Kinderzuschlag können Sie den Bezug von ALG II bzw. Sozialgeld zwar vermeiden. Damit verbundene mögliche Sanktionen und Nachweispflich- ten würden für Sie entfallen. Sie verzichten damit allerdings auf Leistungen in Höhe des Alleinerziehendenmehrbedarfs. Wie hoch dieser in Ihrem Fall wäre, hängt vom Alter und von der Anzahl der mit Ihnen im Haushalt lebenden Kin- der ab. Ein Verzicht auf ALG II kann zudem den Wegfall weiterer an den ALG II- Bezug gekoppelter Vergünstigungen (z. B. kommunales Sozialticket, Befreiung vom Rundfunkbeitrag) nach sich ziehen. Lassen Sie sich dazu individuell be- raten, z. B. bei einem Landes- oder Ortsverband des VAMV (Liste der Adressen im Anhang). Wenn Sie jedoch mit Kindergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld für Ihre gesamte Familie eine Hilfsbedürftigkeit nach dem SGB II überwinden würden (hier eingerechnet Ihr Anspruch auf Alleinerziehendenmehrbedarf), dann sind Sie verpflichtet, den Kinderzuschlag statt der SGB II-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Vom Einkommen ist wie beim ALG II der Erwerbs tätig- enfreibetrag abzuziehen, falls es sich um Erwerbseinkommen handelt. Der Kinderzuschlag für jedes im Haushalt lebende Kind, für das die Eltern einen Anspruch auf Kindergeld haben, beträgt maximal 170 Euro monatlich. Dieser Betrag mindert sich, falls anrechenbares Einkommen vorhanden ist. Kindergeld und Wohngeld werden nicht als Einkommen angerechnet. Hat das Kind eigene Einkünfte durch Kindesunterhalt oder dem Kinderzuschlag vorrangige Leistun- gen wie Unterhaltsvorschuss, Waisenrenten oder BaföG-Leistungen, werden diese in voller Höhe vom höchstmöglichen Kinderzuschlag abgezogen. Da Kindesun- terhalt, Unterhaltsvorschuss und Waisenrenten voll angerechnet werden, haben Einelternfamilien regelmäßig keinen oder nur einen sehr geringen Anspruch auf Kinderzuschlag. Doch auch wenn Ihr Anspruch auf Kinderzuschlag gering ist, kann es sich für Sie und Ihre Kinder lohnen, die Leistung zu beantragen. Beziehen Sie für Ihr Kind Kinder zuschlag, können Sie auch Leistungen des Bildungs- und Teihabe- pakets erhalten (siehe Abschnitt Bildungs- und Teilhabeleistungen). 152 Zusätzlich reduziert auch Ihr Einkommen, sofern es die Bemessungsgrenze übersteigt, den Anspruch auf Kinderzuschlag. Einkommen aus Erwerbstätig- keit senkt den Anspruch auf Kinderzuschlag um fünf von jeweils vollen zehn Euro, um die es die Bemessungsgrenze übersteigt. Andere Einkommensarten werden vollständig berücksichtigt. Übersteigt Ihr Einkommen die Bemes- sungsgrenze um den Ihnen maximal zustehenden Kinderzuschlag, so entfällt der Anspruch (individuelle Höchsteinkommensgrenze). Auch vorhandenes Vermögen von Ihnen oder Ihrem Kind wirkt sich auf den Kinderzuschlags- anspruch aus, es existieren allerdings Vermögensfreibeträge. Insgesamt ist die Berechnung des Kinderzuschlages sehr kompliziert, wenden Sie sich bei Fragen daher an Ihre Arbeitsagentur oder eine Beratungsstelle. Wichtig: Aktuell diskutiert der Gesetzgeber im Rahmen des sogenannten „Starke-Familien-Gesetzes“ Reformen des Kinderzuschlags. Zum 1. Juli 2019 sind eine Erhöhung der Leistung auf 185 Euro und Vereinfachungen bei der Bewilli- gung geplant. Außerdem soll die Anrechnung von Kindeseinkommen auf den Kinderzuschlag neu geregelt werden, sodass beispielsweise Unterhalt oder Un- terhaltsvorschuss den Anspruch auf Kinderzuschlag nicht mehr so stark redu- zieren wie bisher. Ab 2020 sind auch Verbesserungen bei der Anrechnung von Elterneinkommen ge plant, damit der Kinderzuschlag bei steigendem Erwerbs- einkommen nicht mehr abrupt entfällt sondern langsam ausläuft. Falls Sie bis- her keinen Anspruch auf die Leistung hatten, kann sich durch die zukünftigen Gesetzesänderungen ein Anspruch ergeben. Informieren Sie sich also gut über die aktuelle Gesetzeslage und die geltenden Anspruchsvoraussetzungen. Aktu- elle Informationen zum Kinderzuschlag finden Sie unter www.bmfsfj.de. Merkblatt Kinderzuschlag (Bundesagentur für Arbeit), Download unter www.kinderzuschlag.de wo H N G E LD Wohngeld hilft Haushalten mit geringem Einkommen, die Wohnkosten zu tragen. Gehören Sie zum Kreis der Berechtigten, dann haben Sie darauf einen Rechtsanspruch. Wohngeld wird jedoch nur unter der Voraussetzung ge- zahlt, dass Sie einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Wohngeld wird einerseits als Mietzuschuss und andererseits als Lastenzuschuss für den/die Eigentümer/in eines Hauses oder einer Eigentumswohnung gewährt. Vor- aussetzung ist, dass Sie die Wohnung selbst bewohnen und die Wohnkosten selbst aufbringen. Ob Sie wohngeldberechtigt sind, hängt von der Zahl der zu http://www.bmfsfj.de http://www.kinderzuschlag.de 153 w o H N G E L D 3 Ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder, der Höhe des Familienein- kommens und der Höhe der zuschussfähigen Miete bzw. Belastung ab. Die Höchstbeträge richten sich nach dem örtlichen Mietniveau, nach dem jede Gemeinde einer bestimmten Mietstufe zugeordnet ist. Wenn Sie Arbeitslosen- geld II, Sozialgeld für Ihr Kind, Sozialhilfe oder Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung beziehen oder Mitglied in einer Bedarfs- gemeinschaft nach Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) sind, können Sie kein Wohngeld beziehen, da Ihre Wohnkosten im Rahmen dieser Leistungen abge- deckt werden. Bei ausschließlichem Bezug bestimmter Leistungen nach dem SGB II (z. B. Krankenkassenzuschuss, Einstiegsgeld) können Sie dennoch wohn- geldberechtigt sein. Als Faustregel gilt: Wer über das SGB II keine Wohnkosten bzw. Kosten der Unterkunft erhält, ist wohngeldberechtigt. Wenn durch Einkommen und Wohngeld der Bedarf aller in der Bedarfs- gemeinschaft lebenden Mitglieder für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten gedeckt ist, gilt das Wohngeld als vorrangige Leistung. Wenn Ihre Kinder mit eigenem Einkommen (z. B. Unterhalt), Kinder- zuschlag und Wohngeld nur ihren eigenen SGB II-Bedarf decken können, Sie selbst aber weiterhin Bedarf haben, gilt das Wohngeld nicht als vorrangige Leistung. Wenn Sie Anspruch auf Wohngeld haben, können Sie auch das Bildungspaket beantragen (siehe Kapitel 3 Bildungs- und Teilhabeleistungen). Den Wohngeldantrag stellen Sie bei der kommunalen Wohngeldstelle an Ihrem Wohnort, dort erhalten Sie auch weitere Informationen und das Antrags- formular. Sie erhalten einen schriftlichen Bescheid, gegen den Sie im Zweifels- fall innerhalb einer genannten Frist auch Widerspruch erheben können. Als Familienmitglieder gelten alle Angehörigen, die mit dem/der An- tragsteller/in in einem Haushalt wohnen, sowie Haushaltsmitglieder, die nur kurzfristig abwesend sind (z. B. Auszubildende und Studierende, für die der Familienhaushalt trotzdem der Lebensmittelpunkt bleibt). Als Einkommen zählen alle Jahreseinkommen aller Familienmitglieder, wo- bei das Kindergeld, der Kinderzuschlag sowie das Elterngeld grundsätzlich bis zu einer Höhe von 300 Euro bzw. bei doppelter Bezugsdauer des Elterngeldes, von 150 Euro unberücksichtigt bleibt. Von dem Gesamteinkommen des Haushaltes können bestimmte Beträge, wie zum Beispiel Beiträge zur Rentenver sicherung und/oder Krankenversicherung, sowie Freibeträge für Kinder und pflegebe- dürftige Familienangehörige abgezogen werden. Daneben können Sie unab- hängig davon, ob Sie erwerbstätig sind oder nicht, einen Alleinerziehenden- freibetrag von derzeit 1.320 Euro jährlich geltend machen, sofern Sie mit einem minderjährigen Kind zusammenleben, für das Sie Kindergeld erhalten. 154 Zu Ihren Wohnkosten gehören neben der Miete die Kosten des Wasser- und Abwasserverbrauchs, der Müllbeseitigung und der Treppenbeleuchtung. Wenn sich die Zahl der Familienmitglieder verändert, z. B. durch die Geburt eines Kindes, so müssen Sie einen neuen Antrag stellen, um erhöhtes Wohngeld zu erhalten. Wohngeld wird in der Regel ab Beginn des Antragsmonats für ein Jahr gezahlt. Da die Bearbeitung der Anträge im Allgemeinen recht lange dauert, ist es gut, den Weiterleistungsantrag auf Wohngeld schon zwei Monate vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes zu stellen, um Zahlungsausfälle zu vermeiden. Wenn Sie schon vor der Trennung gemeinsam mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin Wohngeld bezogen haben, ist es wichtig zu beachten, dass ab dem Zeitpunkt des Getrenntlebens, auch wenn der/die getrennt lebende Ehe- partner/in noch in der gemeinsamen Wohnung bleibt, diese/r nicht mehr als Haushaltsmitglied bei der Wohngeldberechnung zählt und sein/ihr Ein- kommen nicht mehr angerechnet wird. Es handelt sich dann um einen so genannten Mischhaushalt und die Wohnkosten werden anteilig berechnet. Wenn das Kind sich abwechselnd und regelmäßig in der Wohnung beider Elternteile aufhält und es dort betreut wird, zählt das Kind in beiden Haus- halten als Haushaltsmitglied bei der Wohngeldberechnung. Sie sind ver- pflichtet, alle Änderungen Ihres Einkommens oder der Zahl der Haushalts- mitglieder der Wohngeldstelle mitzuteilen. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Thema Wohngeld: www.bmub.bund.de/themen/stadt-wohnen/wohnraumfoerderung/wohngeld/ Dort finden Sie Tabellen und Übersichten zu Mietstufen und Höchstbeträgen. Hier finden Sie auch einen Wohngeldrechner, um sich vorab über einen mög- licherweise für Ihre Familie bestehenden Anspruch zu informieren. S c H u L D E N Als Alleinerziehende können Sie von Schuldenproblemen vielleicht dadurch betroffen sein, dass Unterhaltszahlungen ausbleiben und Sie deshalb gezwungen sind, selbst Verbindlichkeiten einzugehen, um so die Deckung des notwendigen Lebensbedarfs sicherzustellen. Vielleicht haben Sie auch aus einer vergangenen Ehe noch Schuldverpflichtungen, denen Sie nachkommen müssen. Bei einem engen Haushaltsbudget können Sie – auch bei mittleren Einkommen – in die Schuldenfalle geraten, weil die zahlreichen (zum Teil durchaus kleineren) Ver- pflichtungen über den Kopf wachsen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie Ihre finanziellen Verpflichtungen nicht gänzlich erfüllen können oder Sie kurz davor stehen, zögern Sie nicht, eine örtliche Schuldnerberatungsstelle aufzusuchen. Es http://www.bmub.bund.de/themen/stadt-wohnen/wohnraumfoerderung/wohngeld/ 155 S c H u L D E N 3 ist wichtig, dass Sie sich den finanziellen Problemen offensiv stellen und diese nicht ignorieren, da dies nur zu einem weiteren Anstieg der Schulden führen wird. Grundsätzlich ist eine genaue „Einnahme- und Ausgabenanalyse“ Ihres monat- lichen Haushalts notwendig. Schreiben Sie am besten auf die linke Seite eines Blattes Ihre gesamten Ausgaben (z. B. Miete, Mietnebenkosten, Fahrtkosten, mo- natliche Rentenverbindlichkeiten und Versicherungsbeiträge, Telefongebühren, Vereinsbeiträge, monatliche Lebenshaltungskosten – am besten als Fixbetrag, z. B. 50 Euro – 100 Euro pro Person im Haushalt und Woche). Wichtig ist, dass Sie alle Einnahme- und Ausgabenposten auf den jeweiligen Monat umrechnen, denn nur so ist eine realistische Einnahmen- und Ausgabenanalyse – die Voraussetzung jeder Budgetberatung – möglich. Die Budgetanalyse gibt Ihnen Erkenntnisse da- rüber, ob Sie vielleicht schon überschuldet sind oder welche frei verfügbaren Ein- kommensreste Sie in Ihrem monatlichen Haushaltsplan noch haben. Wenn Ihr monatliches Einkommen nicht ausreicht, die fixen Lebenshaltungskosten, Raten und Rechnungen zu decken, sind Sie überschuldet. Wenn Sie überlegen, sich von Ihrem Ehepartner / Ihrer Ehepartnerin zu tren- nen, dann sollten Sie berücksichtigen, dass mögliche Vereinbarungen bezüglich der aus der Ehe resultierenden Schulden bei der Scheidung keine Geltung für die Kreditinstitute haben. Außerdem haftet jede/r Ehepartner/in auch einzeln für gemeinsam eingegangene Verbindlichkeiten, z. B. gemeinsam unterschrie- benen Kredit- oder Kaufvertrag. Das heißt, der Gläubiger muss sich nicht nur an einen Ehepartner schadlos halten sondern kann gegen beide vollstrecken. Entscheidend dabei ist, dass Sie beide die Verträge unterzeichnet haben. Sollte die Überschuldung schon eingetreten sein und die Gläubiger bei Ihnen „vor der Tür stehen“, den Gerichtsvollzieher zu Ihnen schicken oder Sie mit Mahnschreiben überziehen, sollten Sie sofort handeln. Gehen Sie von sich aus auf die Gläubiger zu, schildern Sie ihre momentane Situation und bitten Sie um Zahlungsaufschub, Ratenreduzierung oder sonstige Zahlungserleichterungen. Häufig sind Gläubiger bereit, solche Vereinbarungen zu treffen, wenn man von sich aus auf sie zugeht und sich um eine Schuldenregulierung bemüht, denn es liegt auch im Interesse der Gläubiger, wenigstens einen Teil der Zah- lungsverpflichtungen zu erhalten. Sollten Sie durch eine Bürgschaft in eine aussichtslose Situation geraten, kann diese Bürgschaft sittenwidrig sein. Damit Sie während einer Kontopfändung Zugriff auf den unpfändbaren Teil ihrer Einkünfte behalten, können Sie Ihr Konto in ein Pfändungsschutz­ konto („P­Konto“) umwandeln lassen. Die Umwandlung erfolgt durch eine Vereinbarung zwischen Ihnen und Ihrer Bank, die Sie beantragen müssen. Sie haben darauf einen Anspruch. Pfändungsschutzkonten müssen zu den allge- 156 mein üblichen Kontoführungspreisen angeboten werden. Auf dem P-Konto besteht automatisch zunächst ein Pfändungsschutz für Guthaben in Höhe des Grundfreibetrages von derzeit 1.133,80 Euro je Kalendermonat. Dieser Basis- pfändungsschutz kann unter bestimmten Voraussetzungen erhöht werden, zum Beispiel wegen Unterhaltspflichten. Der Basispfändungsschutz erhöht sich um 426,71 Euro für die erste und um jeweils weitere 237,73 Euro für die zweite bis fünfte Person, beispielsweise für Ihre Kinder. Kindergeld oder be- stimmte soziale Leistungen werden zusätzlich geschützt. In der Regel genügt der Bank dafür ein Nachweis. Diese geschützten Beträge können dann nicht gepfändet werden, sondern bleiben Ihnen zur Verfügung stehen. Konkurs für Privatverbraucher/innen Für überschuldete Verbraucher/innen gibt es die gesetzliche Regelung des Entschul- dungsverfahrens: den „Verbraucherkonkurs“ (Verbraucherinsolvenzverfahren mit anschließender Restschuldenbefreiung). Er soll überschuldeten Privatpersonen die Chance einräumen, sich von Schulden, die man aus eigener Kraft nie mehr würde zurückzahlen können, nach einem mehrjährigen Tilgungszeitraum zu be- freien. Das heißt: Die nach Abschluss des Verfahrens noch bestehenden Schulden- beträge können erlassen werden. Das Konkursverfahren gibt auch geschiedenen oder getrennt lebenden Frauen die Möglichkeit, sich aus ihrer lebenslangen Mit- haftung oder von sonstigen Verpflichtungen zu befreien. Kern des Konkursverfah- rens ist die „Wohlverhaltensperiode“, die Sie als Schuldner/in durchstehen müssen, bevor Sie tatsächlich von Ihren Verbindlichkeiten befreit werden. Das Verbraucherinsolvenzverfahren läuft in drei Stufen ab: 1. Außergerichtlicher Einigungsversuch: Der/die Schuldner/in versucht, sich mit den Gläubigern auf einen individuellen Insolvenzplan zu einigen – unabhängig von einer gesetzlich festgelegten Quote oder einer bestimmten Verfahrensdauer. Darin sollte unbedingt vereinbart wer - den, dass während der Wohlverhaltensperiode auf Zwangsvollstreckungen ver zichtet wird. Verpflichtend ist für die außergerichtliche Einigung, dass eine Insolvenzberatungsstelle oder eine andere geeignete Stelle, beispielsweise ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin, an dem Verfahren mitwirkt. 2. Gerichtliches Schuldenreinigungsverfahren: Ist der außergerichtliche Einigungsversuch gescheitert, können Sie beim In- solvenzgericht an Ihrem Wohnort die Eröffnung des Verbraucherinsolvenz- 157 S c H u L D E N 3 verfahrens verbunden mit einer Restschuldbefreiung beantragen. Das Gericht kann daraufhin noch einmal vor Eröffnung des Verfahrens versuchen, eine einvernehmliche Schuldenbereinigung zu erwirken. Wenn diese scheitert, eröffnet das Gericht das Insolvenzverfahren. 3. Vereinfachtes Insolvenzverfahren: Die Voraussetzung für die Eröffnung des Verfahrens ist, dass pfändbares Einkom- men oder Vermögen vorhanden ist, das die Kosten des Verfahrens deckt, oder dass Ihrem Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten stattgegeben wird. Vom Gericht wird dann eine Rechtsanwältin/ein Rechtsanwalt als Treuhänder/in einge- setzt. Diese/r regelt die Deckung der Verbindlichkeiten und Verfahrenskosten. Sie müssen sich dann über einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren gegenüber Ihren Gläubigern wohl verhalten und haben im Anschluss die Möglichkeit, von Ihren Restschulden befreit zu werden. Sie können sich im Insolvenzverfahren schon nach drei – statt sechs – Jahren von den Restschulden befreien, wenn sie Teile der For- derungen (mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen) und die Verfahrens- kosten bezahlt haben. Eine Verkürzung auf fünf Jahre ist möglich, wenn zumindest die Verfahrenskosten bezahlt sind. Wer zusätzlich in drei Jahren 35 Prozent seiner Schulden begleichen kann, kann das Verfahren auf drei Jahre verkürzen. Bei Schuldenfragen handelt es sich um einen sehr diffizilen Bereich, der eine ganz spezielle Beratung erforderlich macht. Aus diesem Grund ist es dringend zu empfehlen, wenn Sie Schuldenprobleme haben, sich an eine spezialisierte Schuldnerberatungsstelle zu wenden. Diese gibt es heute in jedem Landkreis und in jeder Stadt. Die örtlichen Wohlfahrtsverbände und die Sozialverwal- tungen können Ihnen dazu Informationen geben. Onlineratgeber der BAG Schuldnerberatung mit Musterbriefen und Ratgeber: www.meine-schulden.de „Schulden abbauen – Schulden vermeiden“ herausgegeben von der Bundes regierung, Download unter: www.bundesregierung.de (Button Service/Infomaterial der Bundesregierung) „Schuldenhelpline“ unter der Telefonnummer: 0800 / 689 689 6 (Mo–Fr 10–13 Uhr; Di und Do auch 15–18 Uhr) Onlineberatung unter www.schuldenhelpline.de Initiative für Bürgschaftsgeschädigte Frauen: www.buergschaftsgeschaedigte-frauen.de http://www.meine-schulden.de http://www.bundesregierung.de http://www.schuldenhelpline.de http://www.buergschaftsgeschaedigte-frauen.de 158 4 K I N D E R B E T R E u u N G G R u N D S äT Z L I c H E S Wenn Ihre Erwerbstätigkeit es erfordert oder das Wohl Ihres Kindes eine Kinder- betreuung verlangt, haben Sie bei der Vermittlung eines Kinderbetreuungsplatzes Vorrang. Auch wenn Sie nicht erwerbstätig sein möchten oder können, kann die Betreuung Ihres Kindes durch eine andere Bezugsperson oder eine Einrichtung für Sie und Ihr Kind wichtig sein. Ihr Kind hat so Kontakt zu anderen Menschen, insbesondere zu anderen Kindern, die günstig sind für seine Entwicklung, sein soziales Verhalten und seine Bildungschancen. Es bekommt zusätzliche Impulse und Anregungen. Wichtig ist grundsätzlich, dass Sie von der Qualität der Kinderbetreuung über - zeugt sind und Ihr Kind ruhigen Gewissens der Obhut einer anderen Betreu- ungsperson übergeben. Wenn Ihr Kind spürt, dass Sie mit der Betreu ung rund - um zufrieden sind und sich ohne Bedenken von ihm verabschieden, kann es der Situation entspannt und aufgeschlossen begegnen. Viele Eltern sind froh, überhaupt einen Platz in einer Einrichtung oder bei einer Tagesmutter / einem Tagesvater ergattert zu haben. Das kann dazu führen, dass sie anfangs auf kritische Fragen verzichten. Doch da die Kinder eine Einrichtung oder Tages­ mutter / Tagesvater in der Regel für eine längere Zeit besuchen, lohnt es sich, genau abzuwägen, ob Angebot und Atmosphäre mit den eigenen Ansprüchen und Möglichkeiten übereinstimmen. Das Verhältnis zur Tagesmutter / zum Tages vater sollte so gut sein, dass Unstimmigkeiten jederzeit angesprochen werden können. Die Kosten für Krippen, Kindergärten und Horte sind in der Regel abhängig vom Einkommen. In einigen Bundesländern sind Angebote der öffentlichen 159 K IN D E R B E T R E u u N G 4 Kinder betreuung für alle Familien beitragsfrei. Das zum Beispiel in Berlin für den Kita besuch der Fall. Bundesweit können sich Eltern von Beiträgen für die Kindertagesbetreuung auf Antrag befreien lassen, wenn Ihnen die Belastung nicht zumutbar ist. Das gilt ab dem 1. August 2019 grundsätzlich immer für Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Leistungen nach dem Asyl- bewerberleistungsgesetz, Kinderzuschlag und Wohngeld. Bei Elterninitiativen kommt zu eventuellen Elternbeiträgen noch ein fester Anteil von Kosten dazu, den die Eltern zusätzlich tragen müssen; eine Ermäßigung ist in den meisten Fällen nicht möglich. Verfügen Sie über ein niedriges Einkommen oder befin- den Sie sich in Ausbildung oder Studium, können Sie bei der Wirtschaftlichen Jugendhilfe des Jugendamtes einen Zuschuss für die Kosten einer Tagesmutter/ eines Tagesvaters beantragen. Einige Arbeitgeber unterstützen die Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder Ihrer Arbeitnehmer/innen finanziell. Die Übernahme der Kosten einer Kinder- krippe, Tagesmutter usw. kann der Arbeitgeber steuerlich geltend machen. Für Sie als Arbeitnehmer/in ist diese Leistung steuer- und sozialversicherungsfrei. Kinder- betreuungskosten können auch durch Sie als Arbeitnehmer/in steuerlich geltend gemacht werden (siehe Kapitel 3 Kindergeld, Steuern). Mit dem Kinderförderungsgesetz (KiFöG) zur Steigerung der Betreuungsmög- lichkeiten und dem Rechtsanspruch auf Betreuung für Unter-Dreijährige seit 2013 sowie mit der Offensive für mehr Ganztagsschulen hat die Politik einen für deut- sche Verhältnisse großen Schritt gemacht. Trotzdem scheitert die Erwerbstätigkeit vieler Alleinerziehender immer noch an den unzureichenden Angeboten zur Kinderbetreuung. In vielen Fällen sind Ihr persönliches Organisationstalent und Ihr privates Netzwerk gefragt. K LE I N K I N D E R Für die Betreuung von 0–3-jährigen Kindern kommen in der Regel folgende Betreuungsformen in Frage: eine Kinderkrippe, eine altersgemischte Gruppe oder eine Tagesmutter/ein Tagesvater. Es ist wichtig, dass Sie sich so früh wie möglich um einen Krippenplatz bemühen. Auskunft über Kinderkrippen oder altersgemischte Kindergartengruppen er teilen die Jugendämter. Weisen Sie auf die Dringlichkeit Ihrer Situation hin. Allein erziehende werden bevorzugt berücksichtigt. Das Jugendamt kann Ihnen auch Auskunft über Elterninitiativen geben. Hier muss zum einen ein fester Kostenanteil von den Eltern übernommen werden, zum anderen wird persön- liches Engagement bei Organisation, Verwaltung oder Pflege der Einrichtung erwartet. 160 Tagesmütter oder Tagesväter stellen eine Alternative zur Krippenbetreuung dar. Da diese oft mehrere Kinder betreuen, findet Ihr Kind auch hier Kontakte zu anderen Kindern. Vermittelt werden Tagesmütter/Tagesväter von den Jugend- ämtern, aber auch von sozialen Einrichtungen, wie etwa dem Kinderschutzbund und Familienbildungs- oder Beratungsstellen. Erkundigen Sie sich in Ihrem Wohn ort danach. Wichtig ist es, klare vertragliche Vereinbarungen mit einer Tagesmutter /einem Tagesvater zu treffen. Dazu gehören auch Fragen wie Krankheit der Tages mutter / des Tagesvaters, Versicherung, Urlaubsregelung. Zuschüsse für die Betreuung durch eine Tagesmutter erhalten Sie in der Regel für diejenigen Tagesmütter/Tagesväter, die beim Jugendamt anerkannt sind. Aber auch für andere Tagesmütter/Tagesväter können Sie einen Zuschuss be- kommen. In diesem Fall wird das Jugendamt die Eignung der Tagesmutter /des Tagesvaters und ggf. ihre Wohnung überprüfen. Informationen geben der Bundesverband für Kindertagespflege www.tagesmütter.com/bundesverband-fuer-kindertagespflege/, das Jugendamt oder die örtlichen Vermittlungsstellen. Trotz des seit 2013 geltenden Rechtsanspruchs auf Betreuung für Unter-Dreijäh- rige ist davon auszugehen, dass der Bedarf an Plätzen nicht überall erfüllt wird und Sie womöglich keine Betreuung für Ihr Kind finden. Laut der bisherigen Recht- sprechung und juristischer Expertisen ist der Rechtsanspruch auch dann erfüllt, wenn Ihnen eine Tagesmutter/ein Tagesvater vermittelt wird. Die Wegezeiten müs- sen begrenzt sein. Wird Ihr Rechtsanspruch nicht realisiert, können Sie versuchen, vor dem Verwaltungsgericht einen Betreuungsplatz oder eine Kostenerstattung für vergleichbare selbst beschaffte Betreuung einzuklagen. Die Klage richtet sich dann gegen das örtliche Jugendamt. Für die Erfolgsaussichten Ihrer Klage ist es wichtig, den begehrten Platz frühzeitig beantragt zu haben und das auch nachweisen zu können. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es auch möglich, Schadensersatz wegen Verdienstausfall einzuklagen. Lassen Sie am besten vorher rechtlich beraten. Wenn Sie nicht auf eine regelmäßige, über mehrere Stunden garantierte Kinderbetreuung angewiesen sind, aber trotzdem für Ihr Kind den Kontakt zu an deren Kindern, Müttern und Vätern wünschen, können Sie sich an eine Eltern- Kind-Gruppe wenden, die von vielen Familienbildungseinrichtungen angeboten wird. Sie können auch selbst eine solche Gruppe gründen. Es ist zudem möglich, eine Elterninitiative zu initiieren und sich so eine regelmäßige Kinderbetreuung zu schaffen. http://www.tagesmtter.com/bundesverband-fuer-kindertagespflege/ 161 K IN D E R B E T R E u u N G 4 Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen e. V. (www.bage.de, Crellestr. 19/20, 10827 Berlin, Tel. 030 / 7 00 94 25 60). K I N D E RGAR TE N K I N D E R Informationen über Kindergartenplätze erhalten Sie beim Jugendamt. In vielen Städten werden Broschüren herausgegeben, die Sie nicht nur über die städ- tischen Betreuungseinrichtungen informieren, sondern auch über die, die von Kirchen oder freien Trägern betrieben werden. Da die angebotenen Betreuungszeiten in vielen Kindergärten keine Übermit- tagbetreuung einschließen oder nur eine halbtätige Betreuung garantieren, soll- ten Sie bei der Wahl des Kindergartens darauf achten, dass die Betreuungszeiten mit Ihren Arbeitszeiten vereinbar sind. Ist es nicht möglich, Ihren Betreuungs- bedarf über den Kindergarten abzudecken, sind Organisationstalent und Selbst - hilfe gefragt. Sie können etwa zusätzlich zum Kindergarten eine Tages mutter / einen Tagesvater einstellen oder mit anderen Eltern im Kindergarten einen Bring- und Abholdienst absprechen. Fast alle Eltern haben das Bedürfnis nach einer Entlastung in der Kinderbetreuung. Scheuen Sie sich deshalb nicht, auf Eltern zuzugehen und über Ihre Schwierigkeiten zu sprechen. Meistens ist es sowohl für die Kinder als auch für die Eltern leichter und schöner, zwei oder mehrere Kinder zu betreuen, die zusammen spielen und essen können. Seit 2016 werden im neuen Bundesprogramm „KitaPlus“ des BMFSFJ für vier Jahre bedarfsgerechte Betreuungszeiten zu Randzeiten, am Wochenende und an Feiertagen gefördert bis hin zu einem Betreuungsangebot, das auch die Nacht abdeckt. Zielgruppe dieses Bundesprogrammes sind in erster Linie auch Allein- erziehende und ihre Kinder. Möglicherweise haben Sie Glück und Sie finden bei Bedarf ein solches Angebot in Ihrer Nähe. Informieren können Sie sich unter: www.kitaplus.fruehe-chancen.de In der Stadt Essen existiert seit Oktober 2017 ein bundesweit einmaliges Ange- bot zur ergänzenden Kinderbetreuung, das aus einem Modellprojekt des VAMV Landesverbandes NRW hervorgegangen ist. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.vamv-nrw.de/lobby/ergaenzende-kinderbetreuung/. VAMV Landesverband Nordrhein-Westfalen „Sonne, Mond und Sterne“ – ergänzende Kinderbetreuung in Essen Tel. 0201/827 74 86 www.kinderbetreuung-in-essen.de/ergaenzende-betreuung/ Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen e. V., Crellestr. 19/20, 10827 Berlin Tel. 030 / 7 00 94 25 60, www.bage.de http://www.bage.de http://www.kitaplus.fruehe-chancen.de http://www.vamv-nrw.de/lobby/ergaenzende-kinderbetreuung/ http://www.kinderbetreuung-in-essen.de/ergaenzende-betreuung/ http://www.bage.de 162 ScH u LK I N D E R Oft verschlechtert sich die Betreuungssituation, wenn Ihr Kind in die Schule kommt. Hortplätze sind häufig rar. Auch wenn Alleinerziehende bevorzugt berücksichtigt werden, kann es passieren, dass Ihr Kind keinen Platz bekommt. Es ist wichtig, das Kind so frühzeitig wie möglich anzumelden und auf die Dringlichkeit Ihrer Situation hinzuweisen. Bei der Wahl der Grundschule haben Sie noch weniger Entscheidungsfreiraum als bei der Wahl des Kinder- gartens, so dass es oft nicht möglich ist, die Schule in Abhängigkeit vom Ange- bot einer Hortbetreuung auszuwählen. Bekommen Sie keinen Hortplatz oder stehen Sie auf einer Warteliste, können Sie die Betreuungslücken mit einer Tagesmutter/einem Tagesvater überbrücken oder versuchen, die Betreuung Ihres Kindes mit Hilfe der anderen Eltern der Klassengemeinschaft zu orga- nisieren. In einigen Bundesländern wird mittlerweile auch eine Übermittagbetreu- ung an Grundschulen angeboten, so dass die Kinder bis 13 oder 14 Uhr betreut sind. Eine weitere Möglichkeit sind Ganztagsschulen, die im Gegensatz zu an- deren europäischen Ländern bei uns seltener sind. Allerdings wird das Ganz- tagsschulangebot in den einzelnen Bundesländern zurzeit ausgebaut. Aus- künfte über das Betreuungsangebot an Schulen erhalten Sie beim Schulamt. I NTE R NAT, wo H N H E I m , PFLEG E STE LLE N Vielleicht ist es sinnvoll für Sie, Ihr Kind in einem Internat unterzubringen. Es kann vorteilhaft sein, wenn Ihr Kind außer Haus wohnt und in Schule und Freizeit kompetent betreut wird. Internate sind fast immer Privatschulen. Alle Bundesländer geben zwar im Rahmen ihrer Privatschulgesetze Zuschüsse, trotzdem kann die Unterbringung teuer sein. Sie können versuchen, für Ihr Kind ein Stipendium zu beantragen, um so die Kosten zu reduzieren. In Einzelfällen kommt auch eine Kostenübernahme durch das Jugendamt bzw. das Sozialamt in Betracht, wenn die Unterbringung in einem Internat aus psychologischen oder medizinischen Gründen notwen- dig ist. Bevor Sie sich für ein Internat entscheiden, sollten Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind die Einrichtung ansehen und das Kind an der Entscheidung beteiligen. Im Zuge der Diskussion um mehr ganztägige Bildung in Deutsch- land bieten immer mehr Internate so genannte Tagesinternate an. Das heißt, die Kinder profitieren bis zum späten Nachmittag oder Abend von dem päda- gogischen Angebot des Internats und übernachten zu Hause. Kommt es zu Hause zu großen Problemen mit dem Kind, gibt es weitere Möglichkeiten: Ihr Kind lebt für eine gewisse Zeit in einem Heim, in einer 163 K R A N K H E IT 4 pädagogisch betreuten Jugendwohngemeinschaft oder in einer Dauer- pflegestelle. Sie sollten keine Scheu haben, alle Ihnen wichtig erscheinenden Eigenschaften und Verhaltensweisen Ihres Kindes mit der Sozialarbeiterin/ dem Sozialarbeiter des Jugendamtes zu besprechen, um eine optimale Unter- bringung Ihres Kindes zu ermöglichen. Auch Ihr Kind sollten Sie seinem Alter entsprechend mit einbeziehen. Zu den Kosten werden Sie Ihrem Einkommen entsprechend herangezogen. Mit Fragen zu Dauerpflegestellen können Sie sich auch an den Bundesverband der Pflege- und Adoptiveltern e. V. in Berlin wenden (www.pfad-bv.de). K R AN K H E IT wenn das Kind krank ist Ist Ihr Kind krank und noch keine 12 Jahre alt, können Sie als Alleinerziehende/r 20 Arbeitstage (für jedes weitere Kind 20 Tage, höchstens jedoch 50 Tage) Frei- stellung gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Allerdings nur, wenn Sie in einer gesetzlichen Krankenkasse und abhängig beschäftigt sind. Sie benötigen dann ein ärztliches Attest, das die Notwendigkeit Ihrer Pflegetätigkeit bestätigt. Besteht laut Ihres Tarifvertrags oder Einzelarbeitsvertrages nur ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung, erhalten Sie für die Zeit Ihres Ausfalls Krankengeld von Ihrer Krankenkasse. Das Krankengeld liegt in der Regel unter Ihrem Arbeitsent- gelt. Diese Ansprüche haben grundsätzlich auch freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, es sei denn, die Satzung der Krankenkasse schließt den Anspruch auf Krankengeld aus. Informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse. Wenn Ihnen die Zeit der Freistellung nicht ausreicht, können Sie versuchen, über die Sozialstation, das Jugendamt, die Krankenkasse oder über Wohlfahrtsver- bände eine/n Hauspfleger/in zu bekommen. Allerdings gewährleisten diese meist nur eine stundenweise Betreuung zu Hause. In vielen Städten gibt es inzwischen darüber hinaus spezielle Einrichtungen und private Initiativen der ambulanten Kinderpflege. Allgemein empfiehlt es sich jedoch, für etwaige Krankheitsfälle vorzusorgen. Überlegen Sie, ob es nicht in Ihrem Bekannten-, Verwandten- oder Freundes- kreis jemanden gibt, den Ihr Kind kennt und der oder die in solchen Notfällen für Sie einspringen kann. Mitunter ist es auch möglich, Nachbarn zu bitten, die Betreuung Ihres Kindes für einige Tage zu übernehmen. In einigen Städten bie- tet auch der VAMV Notmutter-Vermittlungen an. Zum Beispiel: VAMV Ortsver- band Düsseldorf, Tel. 0211 /41 84 44 0, www.kind-vamv-duesseldorf.de oder der http://www.pfad-bv.de http://www.kind-vamv-duesseldorf.de 164 VAMV Landesverband Rheinland Pfalz, Tel. 06131/61 66 34 bzw. 06131/61 66 37, www.vamv-rlp.de/de/servicezentrum-fuer-alleinerziehende/kinderschirm.htm Wenn Ihr Kind ins Krankenhaus muss und aus medizinischen Gründen die Mitaufnahme einer Begleitperson erforderlich ist, sind die entstehenden Kosten Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen und werden mit dem zu zahlenden Pflegesatz für das Kind abgegolten. Das Krankenhaus kann allen- falls für die Verpflegung der Begleitperson eine Bezahlung verlangen. Ob medi- zinische Gründe die Aufnahme der Begleitperson rechtfertigen, klärt der Arzt der zuständigen Abteilung des Krankenhauses. Haben Sie weitere Kinder unter zwölf Jahren oder pflege bedürftige Kinder in der Familie, die in der Zeit Ihres Krankenhausaufenthalts niemand versorgen kann, können Sie eine Haus­ haltshilfe von Ihrer Kranken kasse finanziert bekommen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse. Aktionskomitee Kind im Krankenhaus (AKIK) e. V. Tel. 01805 / 25 45 28 www.akik.de wenn mutter oder Vater krank sind Laut § 38 im Fünften Sozialgesetzbuch haben Sie bei schwerer Krankheit beziehungsweise deren akuter Verschlimmerung und/oder im Falle eines Krankenhausaufenthaltes einen Anspruch auf eine Haushaltshilfe für bis zu 26 Wochen, wenn Ihr Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht erreicht hat oder auf Grund einer Behinderung auf Hilfe angewiesen ist. Nach dem zwölf- ten Geburtstag eines nicht behinderten Kindes können Sie für bis zu vier Wochen eine Haushaltshilfe finanziert bekommen. Wichtige Einzelheiten dazu und gegebenenfalls über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Ansprüche sind in der Satzung Ihrer Krankenkasse geregelt. So genannte selbst beschaffte Ersatzkräfte – das können auch Nachbarn, Freunde oder Fachkräfte der Pflegestationen der Wohlfahrtsverbände sein – werden als Haushaltshilfe akzeptiert, nicht jedoch Verwandte. Ausnahme: Springen im Krankheitsfall erwerbstätige Verwandte ein, die dafür unbezahl- ten Urlaub nehmen müssen, zahlt die Krankenkasse zusätzlich zu angemes- senen Fahrtkosten einen begrenzten Verdienstausfall. Für alle im Krankheits- fall erbrachten Leistungen der Krankenkassen müssen Sie eine Zuzahlung von zehn Prozent der täglichen Kosten für eine Haushaltshilfe leisten. Die tägliche Zuzahlung beträgt mindestens fünf Euro und höchstens zehn Euro. Da die Krankenkassen mit ihren Vertragspartnern im Hinblick auf Gewährung und http://www.vamv-rlp.de/de/servicezentrum-fuer-alleinerziehende/kinderschirm.htm http://www.akik.de 165 Bezahlung von Haushaltshilfen unterschiedliche Abmachungen getroffen haben, müssen Sie sich im konkreten Fall bei Ihrer Krankenkasse über die Regelungen informieren. Auch das für Sie zuständige Jugendamt kann Sie im Rahmen von § 20 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) „Betreuung und Versorgung des Kindes in Not- situationen“ unterstützen. Diese Unterstützung kann zum Beispiel so aussehen, dass vorübergehend eine Tagesmutter /ein Tagesvater in den Haushalt kommt und die Kinder versorgt. Unter bestimmten Voraussetzungen unterstützt Ihre Krankenkasse oder das Jugendamt auch vorübergehend nach dem Tod des anderen Elternteils die Betreuung Ihrer Kinder. K IN D E R B E T R E u u N G 4 166 Die Rechte von Menschen mit Behinderungen und insbesondere die der Kinder mit Behinderungen sind in den letzten Jahren gestärkt worden. Im Jahr 2009 ist in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten. Mit dem Bundesteilhabegesetz soll sie rechtlich umgesetzt werden, weshalb in den kommenden Jahren umfangreiche Neuregelungen für Menschen mit Behin- derungen in Kraft treten werden. Zum 1. Januar 2020 wird ein grundlegender Systemwechsel vollzogen und das Recht der Eingliederungshilfe vom Zwölf- ten Sozialgesetzbuch (SGB XII) in das Neunte Sozialgesetzbuch überführt. Dabei sollen zukünftig die individuellen Bedürfnisse der/des Anspruchsberechtigten mehr im Mittelpunkt stehen. Auch erhöhen sich die Freibeträge auf Vermögen beim Bezug von Eingliederungshilfe zum 1. Januar 2020. ALLE I N E R Z I E H E N D E m IT B E H I N D E Ru N G E N Dass Elternschaft und Behinderung kein Widerspruch ist bzw. sein muss, wird von vielen Müttern und Vätern heute vorgelebt. Unabhängig vom vollständigen In- krafttreten der Änderungen des Bundesteilhabegesetzes stehen Ihnen bereits jetzt verschiedene Unterstützungsleistungen zu. Die so genannten Leistungen zur Teil- habe sollen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und insbesondere am Ar- beitsleben ermöglichen bzw. aufrechterhalten. Sie können bereits im Falle einer drohenden Behinderung in Anspruch genommen werden. Zuständig dafür sind je nach Art der Leistung unterschiedliche Stellen, z. B. die Krankenkassen (medizinische Rehabilitation), die gesetzliche Rentenversicherung (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) oder die gesetzliche Unfallversicherung (bei den Folgen von Arbeits- unfällen oder Berufskrankheiten). In der Regel ist ein einziger Antrag ausreichend, um 5 ALLE I N E R Z I E H E N D E u N D I H R E K I N D E R m I T B E H I N D E R u N G E N 167 A L L E IN E R Z IE H E N D E m IT B E H IN D E R u N G E N 5 ein Entscheidungsverfahren zwischen unterschiedlichen Stellen in Gang zu setzen. Jede Stelle ist verpflichtet, Ihren Antrag weiterzuleiten, sofern sie selbst für eine bestimmte Leistung zur Teilhabe nicht zuständig ist. Sachleistungen – von einer Stelle oder auch von unterschiedlichen Stellen gleichzeitig – können ggf. als „Persön­ liches Budget“ erbracht werden. Das heißt, dass Sie Geldbeträge oder Gutscheine erhalten und die bewilligten Leistungen selbst „einkaufen“ und organisieren. Durch das Persönliche Budget kann Ihre Selbstbestimmung gestärkt werden. Mit dem Bundesteilhabegesetz wurde im neunten Sozialgesetzbuch in § 78 Abs. 1 und 3 für Eltern mit Behinderungen ein Recht auf Elternassistenz veran- kert. Denkbar ist zum Beispiel eine Unterstützung im Haushalt oder bei der Kin- derbetreuung. Der Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern stellt in seinem Internetauftritt eine umfassende Borschüre zur Elternassistenz inkl. Musteranträgen zur Verfügung (www.behinderte-eltern.de). Sofern Sie nicht nur vorübergehend mit einer Behinderung leben, haben Sie Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII („Sozialhilfe“). Die Eingliederungshilfen sollen Ihnen laut § 53 Abs. 3 SGB XII ermög- lichen, die Folgen der Behinderung abzumildern und mitten in der Gesellschaft zu leben. Insbesondere dient die Eingliederhilfe dazu, Menschen mit Behinderungen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben oder die Ausübung eines angemes- senen Berufs zu ermöglichen. Konkret können im Rahmen der Eingliederungshilfe eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen finanziert werden, z. B. orthopädische oder andere Hilfsmittel (z. B. Prothesen, Kraftfahrzeug), Hilfe zu einer Schulausbil- dung (z. B. Taxifahrten, Hausunterricht), Hilfe zur Ausbildung, zur Fortbildung und Umschulung, zur Erlangung eines Arbeitsplatzes, Hilfe bei der Wohnungsbeschaf- fung / Umbau der Wohnung und der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft (z. B. Kostenübernahme für Telefonanschluss, Fernsehgerät). Leistungen der Kran- ken- und Unfallversicherung sind vorrangig, auch eigenes Einkommen und Ver- mögen muss bis auf bestimmte Freibeträge vorrangig eingesetzt werden. Erhalten Sie sowohl Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII als auch Eingliederungshilfen, haben Sie auch Anspruch auf Mehrbedarf in Höhe von 35 Prozent des maßgebenden Regelsatzes. Einen Mehrbedarf von 17 Prozent wird Ihnen zuerkannt, wenn Sie schwerbehindert sind und einen Ausweis mit dem Merkzeichen G oder aG besitzen. Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern e. V., www.behinderte-eltern.de Fachstelle ergänzende unabhängige Teilhabeberatung www.teilhabeberatung.de http://www.behinderte-eltern.de http://www.behinderte-eltern.de http://www.teilhabeberatung.de 168 ALLE I N E R Z I E H E N D E m IT B E H I N D E R TE N K I N D E R N Die Situation, mit einem behinderten Kind zu leben, verlangt von den betrof- fenen Eltern viel Kraft. Da die Rechtslage und die Frage nach den Zuständig- keiten von Behörden sehr kompliziert sind, ist es wichtig, über finanzielle und rechtliche Fragen gut informiert zu sein, um eine optimale Betreuung und Pflege des behinderten Kindes zu gewährleisten. Neben der Klärung von Sachfragen ist gerade für Alleinerziehende mit be- hinderten Kindern ein gegenseitiger Erfahrungsaustausch von großer Bedeu- tung, um Isolation und Resignation zu verhindern. Bei Fragen der Lebensgestal- tung hilft es oft, mit Eltern, die in einer ähnlichen Situation sind, zu sprechen. „Wie ist eine Berufstätigkeit möglich?” „Kann/will ich mein Kind regelmäßig von anderen Menschen betreuen lassen?” „Wo bleibe ich?” Gegenseitiger Rat und Unterstützung hilft, Situationen zu meistern und kann neue Horizonte öffnen. Nach der Darstellung der rechtlich-finanziellen Situation sollen daher die Literaturhinweise und Kontaktadressen am Schluss des Kapitels hierzu Anregungen geben. P F L E G E V E R S I c H E R u N G Pflegebedürftig ist, wer gesundheitliche Beeinträchtigungen der Selbstständig- keit oder der Fähigkeiten aufweist und deshalb für mindestens sechs Monate der Hilfe durch andere bedarf. Ursache dafür können körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen und Anforderungen sein, die der/die Betroffene nicht selbst kompensieren oder be- wältigen kann. Ein Kind mit Behinderung ist ohne Altersbegrenzung über die Familienversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung in der Pflegever- sicherung mitversichert, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Um Leistungen der Pflegeversicherung zu erhalten, muss ein entsprechender Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden, die bei Ihrer Krankenkasse angesie- delt ist. Nach Antragstellung wird vom medizinischen Dienst der Krankenver- sicherung (MDK) oder anderen unabhängigen Gutachter/innen eine Begutach- tung zur Bestätigung der Pflegebedürftigkeit vorgenommen. Seit 2017 erfolgt eine Eingruppierung in einen der fünf Pflegegrade entsprechend der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten der pflege- bedürftigen Person im Hinblick auf sechs pflegerelevante Bereiche und außer- häusliche Aktivitäten. Bei Kindern mit Behinderung richtet sich der Pflegegrad 169 5 nach einem Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbstständigkeit und ihrer Fähigkeiten entsprechend der altersgemäß anzunehmenden Entwicklung eines Kindes ohne Behinderung. Sonderregelungen gelten für Kinder im Alter von 0–18 Monaten, die von Alters wegen in vielen Bereichen des täglichen Lebens un- selbstständig sind. Es empfiehlt, sich, in Vorbereitung einer Begutachtung Ihres Kindes ein Pflegetagebuch zu führen, um seinen alltäglichen Hilfebedarf zu dokumentieren. Die Leistungen bei häuslicher Pflege können als Sachleistun- gen, als Geldleistung (Pflegegeld) oder auch in kombinierter Form in Anspruch genommen werden. Unter Sachleistung wird die Unterstützung der pflegenden Angehörigen durch professionelle Pflegekräfte (ambulante Dienste) verstanden. Das Pflegegeld steht dem Pflegebedürftigen zu, der es an seine pflegenden An- gehörigen weitergeben kann. Zusätzlich haben alle Pflegebedürftigen bei häus- licher Pflege Anspruch auf einen Entlastungsbetrag von monatlich 125 Euro als zweckgebundene Kostenerstattung der Pflegekasse für Leistungen zur Förde- rung der eigenen Selbstständigkeit bzw. zur Entlastung pflegender Angehöriger. Pflegen Sie Ihr Kind mit Behinderung ab Pflegegrad 2 zu Hause selbst, fließt Ihnen das Pflegegeld direkt zu. Leben die Eltern getrennt, wird das Pflegegeld nicht als Einkommen auf den Unterhaltsanspruch eines pflegenden Elternteils gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil angerechnet. Das an pflegende Angehörige weitergegebene Pflegegeld bleibt steuerfrei. Das gilt auch, wenn das Pflegegeld an Nachbarn oder Freunde weitergegeben wird und diese das Kind pflegen, weil sie der Familie helfen wollen. Die Höhe der Leistungen der Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege richtet sich nach dem Pflegegrad Ihres Kindes. Pflegegeld wird in den meisten Fällen erst gezahlt, wenn das Kind mit Be- hinderung ein Jahr alt ist, da man davon ausgeht, dass kein Unterschied im Pflege aufwand eines Säuglings mit oder ohne Behinderung besteht. In Ausnah- mefällen wird das Pflegegeld bereits ab Geburt gewährt, wenn die erforderliche Pflege die eines Kindes ohne Handicap erheblich übersteigt. Bei der vollstatio- nären Pflege zahlt die Pflegekasse für die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen für medizinische Behandlungspflege und die soziale Betreu- ung im Heim ebenfalls monatliche Pauschalbeträge in Abhängigkeit von dem Pflege grad. Bei Verhinderung der pflegenden Person wegen Urlaub oder Krankheit übernimmt die Pflegekasse ab dem Pflegegrad 2 die Kosten einer Ersatzkraft (Verhinderungspflege) oder einer vorübergehenden stationären Pflege Ihres Kindes (Kurzzeitpflege). Sie erhalten für längstens sechs Wochen pro Jahr maxi- mal 1.612 Euro für eine Verhinderungspflege bei sich zu Hause. Die Verhinde- A L L E IN E R Z IE H E N D E m IT B E H IN D E R T E N K IN D E R N 170 rungspflege kann aus Mitteln der Kurzzeitpflege auf bis zu 2.418 Euro aufge- stockt werden, Ihr Anspruch auf Kurzzeitpflege vermindert sich entsprechend, Im Rahmen der Kurzzeitpflege werden für bis zu acht Wochen pro Jahr maximal 1.612 Euro von der Pflegekasse bezahlt, die mit Mitteln der Verhinderungspflege auf 3.224 Euro verdoppelt werden können. Dementsprechend stehen Ihnen dann aber weniger Mittel für eine Verhinderungspflege zur Verfügung. Übernehmen Verwandte bis zum zweiten Grad (Kinder, Enkel, Eltern, Groß- eltern, Geschwister) die Ersatzpflege, wird allerdings nur das Pflegegeld zur Weitergabe an die/den Pflegende/n gezahlt. Soweit diesen nicht erwerbsmäßigen Pflegepersonen jedoch notwendige Aufwendungen (z. B. Fahrkosten, Verdienst- ausfall) entstehen, müssen die Pflegekassen diese zusätzlichen Kosten über - nehmen. Insgesamt dürfen die Aufwendungen aber 1.612 Euro nicht überschrei- ten. Sie erhalten noch die Hälfte des Pflegegeldes, während Sie für Ihr Kind Verhinderungspflege in Anspruch nehmen. Unabhängig von der Pflegeversicherung stellt die Krankenkasse in bestimm- ten Fällen in der Regel für vier Wochen eine Haushaltshilfe, wenn Sie wegen eines Krankenhaus- oder Kuraufenthaltes Ihr Kind nicht versorgen können. Vor- aussetzung hierfür ist, dass mindestens ein Kind unter zwölf Jahren oder ein behindertes pflegebedürftiges Kind in der Familie ist und sonst niemand im Haushalt lebt, der die Familie versorgen kann. Verhinderungspflege kann auch in kleineren Zeiteinheiten über das ganze Jahr verteilt in Anspruch genommen werden. Beispielweise können Sie so eine tage- oder stundenweise Betreuung Ihres Kindes durch einen familienunter- stützenden Dienst finanzieren, um sich selbst im Alltag zu entlasten. Zudem besteht ein Anspruch auf Pflegehilfsmittel und technische Hilfen: Für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (z. B. Einmalhandschuhe, Betteinlagen) wird eine Pauschale von monatlich bis zu 40 Euro ersetzt, bei inkontinenten Kindern übernimmt die Krankenkasse zusätzlich zu diesem Betrag die Kosten für Windeln. Für technische Hilfsmittel (z. B. Lagerungshilfen, Notrufsystem) ist ein Eigenanteil von zehn Prozent zu erbringen, maximal jedoch 25 Euro. Für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (etwa Trep- penlift, behindertengerechte Ausstattung des Bades) werden bis 4.000 Euro je Maßnahme gewährt. Als „Maßnahme“ gilt die Gesamtheit der Umbauten und Beschaffungen, die zum Zeitpunkt der Antragsstellungen notwendig sind. Wenn Sie ein Kind pflegen, stehen Ihnen von der Pflegeversicherung noch weitere Unterstützungsleistungen zu: Abgestuft nach dem Grad der Pflegebe- 171 5 dürftigkeit werden Rentenversicherungsbeiträge übernommen. Voraussetzung ist, dass Sie nicht mehr als 30 Stunden erwerbstätig sind und das Kind ab Pfle- gegrad 2 mindestens zehn Stunden wöchentlich zu Hause pflegen. Sie sind wäh- rend der pflegerischen Tätigkeit in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen. Ebenfalls wird ein Beitrag zur Arbeitslosenver- sicherung für Sie gezahlt, der unabhängig vom Pflegegrad Ihres Kindes ist. Sie haben Anspruch auf eine individuelle Beratung – entweder durch einen Pflegeberater der Pflegekasse oder eine unabhängige Beratungsstelle. Nach Ein- gang Ihres Antrags auf Leistungen bietet Ihnen die Pflegekasse entweder einen Termin an oder stellt Ihnen einen Beratungsgutschein aus, den Sie bei Bera- tungsstellen einlösen können. Gegenüber der so genannten „Hilfe zur Pflege“ im Rahmen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch gehen die Leis- tungen der Pflegeversicherung vor. Davon unberührt bleiben weitergehende Leistungen zur Pflege und Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinde- rungen nach dem Zwölften und dem Achten Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe). Reichen z. B. die Leistungen der Pflegeversicherung und die Eigen- mittel des pflegeversicherten Menschen nicht aus, um die Pflege- oder Heim- kosten zu decken, kann Hilfe zur Pflege beantragt werden. Das gilt auch, falls Ihr Kind für weniger als sechs Monate pflegebedürftig ist und deshalb keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung hat. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen ist grundsätzlich die Bedürftigkeit des/der Betroffe- nen im Sinne des Sozialrechts. Maßgeblich dafür sind Ihr Einkommen und Ver- mögen bzw. das Einkommen und Vermögen Ihres Kindes abzüglich bestimmter Freibeträge. Weitere und aktuelle Informationen zum Thema Pflege und den Leistungen der Pflegeversicherung finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Gesundheit: www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/ P F L E G E Z E I T u N D FA m I L I E N P F L E G E Z E I T Kurzzeitige Arbeitsverhinderung und Pflegeunterstützungsgeld Nahe Angehörige haben die Möglichkeit, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzu- bleiben, um in einer akuten Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organi- sieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Für diese Zeit kann die Lohnersatzleistung Pflegeunterstützungsgeld beantragt werden kann. A L L E IN E R Z IE H E N D E m IT B E H IN D E R T E N K IN D E R N http://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/ 172 Pflegezeit Darüber hinaus können Sie bis zu sechs Monate ganz oder teilweise aus dem Beruf auszusteigen, um Ihr Kind (oder einen anderen nahen Angehörigen) in häuslicher Umgebung zu pflegen. Einen entsprechenden Anspruch auf unentgeltliche Frei- stellung von der Arbeitsleistung können Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber geltend machen, sofern es bei Ihrem Arbeitgeber mehr als 15 Beschäftigte gibt. Für die Betreuung Ihres minderjährigen pflegebedürftigen Kindes in außerhäuslicher Umgebung besteht ebenfalls die Möglichkeit einer vollständigen oder teilweisen Freistellung von bis zu sechs Monaten. Die Inanspruchnahme einer Pflegezeit muss zehn Tage vorher schriftlich beim Arbeitgeber angekündigt werden. Für diese Zeit können Sie ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben be- antragen, um die Einkommensverluste in dieser Zeit abzufedern. Dieses wird in monatlichen Raten in Höhe der Hälfte des Nettogehalts vor der Freistellung ausbezahlt. Es besteht keine Verpflichtung, die volle Höhe in Anspruch zu nehmen. Familienpflegezeit Möchten oder müssen Sie längerfristig Zeit für die Pflege aufbringen, können Sie auch eine Familienpflegezeit beantragen. Die Familienpflegezeit räumt Beschäftigten über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren die Möglichkeit ein, ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Wochenstunden zu reduzieren. Im Rahmen der Familienpflegezeit kann seit 2015 ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden kann. Neu ist seitdem auch, dass sie auf diese teilweise Freistellung einen Rechtsanspruch haben, sofern Ihr Arbeitgebern mindestens 25 Beschäftigte hat. Für die Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehö- rigen, auch in außerhäuslicher Umgebung, besteht ebenfalls die Möglichkeit einer teilweisen Freistellung. Pflegezeit und Familienpflegezeit können auch kombiniert werden. Sie müssen aber nahtlos aneinander anschließen. Ihre Gesamtdauer beträgt höchstens 24 Monate. Weiterführende Informationen sind zu finden unter: www.familien-pflege-zeit.de/ http://www.familien-pflege-zeit.de/ 173 A L L E IN E R Z IE H E N D E m IT B E H IN D E R T E N K IN D E R N 5 A R B E I T S L o S E N G E L D I I / S o Z I A L H I L F E Grundsätzlich gelten für alleinerziehende Eltern von Kindern mit Behinde- rungen die gleichen Regeln wie für alle anderen Einelternfamilien. Sie haben ggf. jedoch Anspruch auf zusätzliche Leistungen. Auch Ihr Kind kann Einglie­ derungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach dem Zwölften Sozial- gesetzbuch erhalten (siehe dazu Alleinerziehende mit Behinderungen), z. B. für eine Frühförderung entsprechend der individuellen Behinderung, die Kosten- übernahme für eine heilpädagogische Kindertagesstätte, die Kostenübernahme einer/s persönlichen Assistent/in für den Schulbesuch oder eine Internatsförder- schule. Ferner können Blindenhilfe für blinde Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben, oder die Hilfe zur Weiterführung des Haushalts während einer Krankheit oder Kur der Mutter /des Vaters, Gesundheits­ und/oder Kran­ kenhilfe beantragt werden. Vorrangig sind hier Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, im Rahmen der Leistungen nach dem Zwölften Sozialge- setzbuch können jedoch darüber hinaus gehende Bedarfe gedeckt werden, so fern Ihre Familie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Im Falle einer seelischen Behinderung können Sie Eingliederungshilfen vom Jugendamt erhalten. Beziehen Sie Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld für Ihr Kind, so hat dieses Anspruch auf folgende Mehrbedarfszuschläge: Bei Schul-, Aus- oder Fort- bildung wird ein Mehrbedarfszuschlag von 35 Prozent des maßgeblichen Regelsatzes gezahlt, wenn das Kind Eingliederungshilfe zur Schul-, Aus- oder Fortbildung erhält und das 15. Lebensjahr vollendet hat. Auch eine kostenauf- wendige Ernährung, die durch ein ärztliches Attest nachgewiesen ist, berech- tigt zu einem Mehrbedarf. In Ausnahmefällen kann es möglich sein, dass ein Auto nicht als Vermögen eingesetzt werden muss, etwa wenn aufgrund der Behinderung des Kindes eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ohne Auto unmöglich ist, oder notwendige Therapiebesuche ohne Auto nicht wahr- genommen werden können. Auskünfte zu Fragen zur Sozialhilfe erteilen die zuständigen Sozialämter oder örtliche Sozialhilfeberatungsstellen. Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit Wenn Sie Ihr Kind mit Behinderung pflegen, ist Ihnen auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes eine Arbeit nicht zuzumuten, wenn dies mit der Pflege des Kindes nicht vereinbar ist und die Pflege auch nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann. Ob und in welchem Umfang eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist, richtet sich vor allem nach der Pflegebedürf- tigkeit Ihres Kindes. 174 Einkommensanrechnung Erhalten Sie Pflegegeld, so wird dieses in der Regel nicht als Einkommen auf das Arbeitslosengeld II bzw. die Hilfe zum Lebensunterhalt angerechnet. Bezieht Ihr Kind Sozialgeld/ Arbeitslosengeld II oder laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, besteht eine Rückgriffsmöglichkeit des Trägers der jewei- ligen Leistung gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil. Erhält Ihr Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat und dauerhaft erwerbsgemindert ist, Leis- tungen der Grundsicherung, besteht eine Rückgriffsmöglichkeit Ihnen gegen- über erst bei einem Einkommen von über 100.000 Euro jährlich. Arbeitet ein Mensch mit Behinderung in einer Behindertenwerkstatt, so wird sein Ver- dienst als Einkommen angerechnet. Trotz der Vorrangigkeit der Leistungen der Pflegeversicherung gegenüber denen des Sozialhilfeträgers ist es wichtig zu wissen, dass das zuständige Sozial- amt immer dann eintreten muss, wenn Leistungen von den Pflegekassen nicht oder nicht rechtzeitig gewährt werden. S T E u E R L I c H E V E R G Ü N S T I G u N G E N Eltern von Kindern mit Behinderungen, die nicht selbst für ihren Unterhalt sorgen können, haben einen Anspruch auf das Kindergeld oder den Kinder- freibetrag ohne Rücksicht auf das Alter des Kindes. Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Dies gilt auch, wenn für das Kind Eingliederungshilfe gezahlt wird. Die Eingliede- rungshilfe deckt nicht das steuerliche Existenzminimum des Kindes, sondern ausschließlich den behinderungsbedingten Mehrbedarf. Für den notwen- digen Lebensbedarf werden das sächliche Existenzminimum als allgemeiner Lebensbedarf (in 2019 7.620 Euro) und der individuelle behinderungsbedingte Mehrbedarf zu Grunde gelegt. Das Vermögen des Kindes mit Behinderung wird nicht berücksichtigt. Jedem Menschen mit Behinderung steht ein Pauschbetrag in Abhängig- keit vom Grad seiner Behinderung zu. Kann ein Kind mit Behinderung diesen Pauschbetrag nicht in Anspruch nehmen, kann der so genannte Behinder­ tenpauschbetrag auf die Eltern übertragen werden, sofern diese Kindergeld für das Kind beziehen. Zusätzlich können außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt werden (z. B. Krankheitskosten). Alleinerziehende mit Kindern mit Behinderung müssen den halben Behindertenpauschbetrag an den unterhaltspflichtigen Elternteil abgeben, wenn dieser seiner Unter- haltsverpflichtung nachkommt. Eine andere Aufteilung ist möglich, wenn 175 A L L E IN E R Z IE H E N D E m IT B E H IN D E R T E N K IN D E R N 5 die Eltern diese gemeinsam beantragen. Wenn der betreuende Elternteil auch überwiegend für den Unterhalt des Kindes aufkommt und der Kinderfrei- betrag des anderen Elternteils auf ihn übertragen wurde, kann der Behinder- tenpauschbetrag in voller Höhe übertragen werden. Auskünfte über Steuer- vergünstigungen erteilen die zuständigen Finanzämter. Eltern, die ein Kind mit Merkzeichen „H“ oder Pflegegrad 4 bis 5 haben, können einen Pflege­Pauschbetrag in Höhe von 924 Euro jährlich geltend machen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Pflege-Pauschbetrags ist allgemein, dass Sie keine Einnahmen haben, die mit der Pflege in Verbin- dung stehen. Falls Sie Ihr eigenes Kind pflegen, profitieren Sie von einer Aus- nahmeregelung: Das Pflegegeld zählt in diesem Fall nicht als Einnahme. u N T E R H A LT Die Zahlung von Pflegegeld beeinflusst die Höhe des Kindesunterhalts nicht. Das Pflegegeld dient zur Deckung der durch die Pflegebedürftigkeit entstehenden zusätzlichen Aufwendungen, während der Kindesunterhalt die Kosten für Unter- kunft und Verpflegung deckt. Fällt ein erweiterter Bedarf (über den Unter¬halt nach Düsseldorfer Tabelle hinausgehend) wegen Behinderung des unterhaltsberech- tigten Kindes an, so ist folgendermaßen zu differenzieren: Tritt die Behinderung durch einen Unfall ein, z. B. einige Jahre nach der Scheidung, oder wird eine im vorhinein nicht erkennbare Rehabilitationsmaßnahme erforderlich, kann dieser anfallende Sonderbedarf noch im Nachhinein bis zu einem Jahr nach der Entste- hung geltend gemacht werden (z. B. zahn- oder kieferorthopädische, medizinische oder heilpädagogische Behandlung, neues Bettzeug wegen Staubmilbenallergie). Voraussetzung ist, dass dieser Sonderbedarf nicht vorauszusehen war und der Bedarf im Verhältnis zum laufenden Kindesunterhalt außergewöhnlich hoch ist. Ist ein erweiterter Bedarf von Anfang an gegeben, hat das unterhaltsberechtigte Kind Anspruch darauf, dass sein gesamter Lebensbedarf vom Unterhaltspflichtigen gedeckt wird. Zum Bedarf eines Kindes mit Behinderung gehört der Mehrbedarf wegen seiner Behinderung. Bei Kindern mit Behinderungen über 18 Jahren, die vom sorgeberechtigten Elternteil betreut werden, kann eine Barunterhaltsver- pflichtung dieses Elternteils in der Regel nicht geltend gemacht werden, da die Not- wendigkeit einer Betreuung weiterhin besteht. Hat der alleinerziehende Elternteil einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt, so besteht dieser Anspruch länger als drei Jahre, sofern es unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, diesen Unterhaltsanspruch nach dieser Frist zu versagen. Auskünfte zu Unter- haltsfragen erteilen die zuständigen Jugendämter oder Rechtsanwält/innen. 176 Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat ein Bürgertelefon für Menschen mit Behinderung eingerichtet. Spezielle Informationen erhalten Sie unter 030 / 221 911 006. Gebärdentelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: Die Adresse des Gebärdentelefons ist keine E-Mail-Adresse und auch keine Website, sondern die Zieladresse, die Sie in Ihr Endgerät eingeben müssen: gebaerdentelefon@sip.bmas.buergerservice-bund.de; Email: info.gehoerlos@bmas.bund.de; Fax: 030 / 221 911 017 ISDN-Bildtelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: 030 / 18 80 80 805. Über das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit erhalten Sie Informationen zur Pflegeversicherung: 030 / 340 60 66 02, Gebärdentelefon ISDN-Bildtelefon: 030 / 340 60 66 08 Gebärdentelefon Video over IP: gebaerdentelefon.bmg@sip.bmg.buergerservice-bund.de Beratungsservice für Gehörlose und Hörgeschädigten: Fax: 030 / 340 60 66 07, Email: info.deaf@bmg.bund.de und info.gehoerlos@bmg.bund.de B Ü R G E R T E L E F o N Ratgeber für Menschen mit Behinderungen, hrsg. vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bestellen oder Download unter: www.bmas.de (unter Publikationen) Bundesverband für körper- und mehrfach behinderte Menschen e. V., Katja Kruse: Mein Kind ist behindert – diese Hilfen gibt es. Überblick über Rechte und finanzielle Leistungen für Familien mit behinderten Kindern, 2018. Download unter: www.bvkm.de Ratgeber zur Pflege: Alles, was Sie zur Pflege wissen müssen, hrsg. vom Bundesministerium für Gesundheit, Bestellen oder Download unter www.bundesgesundheitsministerium.de Barrierefreies Webportal des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für Menschen mit Behinderungen, ihre Angehörigen, Verwaltungen und Unternehmen: www.einfach-teilhaben.de www.behindertenbeauftragte.de (Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen) Mein Kind ist fast ganz normal. Leben mit einem behinderten oder verhaltens- auffälligen Kind – Wie Familien gemeinsam den Alltag meistern lernen. Mit Fallbeispielen: Mütter erzählen, Nancy B. Miller, Stuttgart 1997. Johanna. Erinnerungen einer Mutter an den Weg mit ihrem sehr schwer behin- derten Kind, Ulla Schmidt, 2. Auflage 1998, zu beziehen über die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Geistig Behinderte (s. u. Kontaktadressen). http://www.bmas.de http://www.bvkm.de http://www.bundesgesundheitsministerium.de http://www.einfach-teilhaben.de http://www.behindertenbeauftragte.de 177 Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe e. V. Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de, Internet: www.bag-selbsthilfe.de Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern e. V. Internet: www.behinderte-eltern.com Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e. V. Bundesgeschäftsstelle Leipziger Platz 15, 10117 Berlin Tel. 06421 / 491-0 oder 030 / 206 41 10; Fax 06421 / 491-167 oder 030 / 206 41 12 04 E-Mail: bundesvereinigung@lebenshilfe.de, Internet: www.lebenshilfe.de Kindernetzwerk e. V. für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene mit chronischen Krankheiten und Behinderungen Hanauer Str. 8, 63739 Aschaffenburg Tel. 06021 / 1 20 30 E-Mail: info@kindernetzwerk.de, Internet: www.kindernetzwerk.de A L L E IN E R Z IE H E N D E m IT B E H IN D E R T E N K IN D E R N 5 http://www.bag-selbsthilfe.de http://www.behinderte-eltern.com http://www.lebenshilfe.de http://www.kindernetzwerk.de 178 6 N I c H T D E u T S c H E ALLE I N E R Z I E H E N D E E I N F Ü H R u N G Migrant/innen unterscheiden sich voneinander unter anderem hinsichtlich des Geschlechts, der ethnischen und/oder nationalen Herkunft, der sozialen Zugehörigkeit oder der Anzahl der zu betreuenden Kinder. Die Gruppe der nicht deutschen Alleinerziehenden ist gegenüber deutschen Alleinerziehenden einer großen Fülle von rechtlichen Regelungen ausgesetzt, die an ihren Status als Ausländer (Aufenthaltsrecht und Sozialrecht) bzw. ihre Zuge- hörigkeit zu einem anderen Staat (Staatsangehörigkeit, Familienrecht) anknüpfen. Für nicht deutsche Alleinerziehende sind das Zusammenspiel, die Schnitt - menge und das Wechselspiel der rechtlichen Regelungen wie dem Ausländer- recht, dem Familienrecht, dem Internationalen Familienrecht, dem Sozial- recht und dem Staatsangehörigkeitsrecht daher von besonderer Bedeutung. Es ist deshalb der konkrete Einzelfall genau zu betrachten, um eine rechtliche Be urteilung vornehmen zu können. Der nachfolgende Beitrag soll hierzu einen kurzen Überblick vermitteln. Wo es sich anbietet, finden sich weiterführende Links oder Lesehinweise für einen vertiefenden Einblick. Eine wichtige Rolle spielen Ihre Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörig- keit Ihres/Ihrer Kindes/Kinder, der Grund und die Zeit Ihres Aufenthalts in Deutsch- land, und der Aufenthaltstitel. Es ist ein Unterschied, ob jemand beispielsweise als Student/in nach Deutschland eingereist ist und dann ein Kind alleine großzieht oder die Einreise nach Deutschland familiäre Gründe, wie die Eheschließung oder den Nachzug zur Ehefrau/zum Ehemann hatte, oder jemand nach Deutschland ge- flüchtet ist. Das sind wichtige Unterscheidungskriterien, die den rechtlichen Rah- men vorgeben, der das Leben von Müttern und Vätern ohne deutsche Staatsange- hörigkeit bestimmt. Diese Punkte sind vor allem dann bedeutend, wenn es um die 179 Frage geht, ob und welches Recht Migrant/innen auf Aufenthalt erhalten können, wenn sie eine Trennung und oder Scheidung von ihrem Ehegatten erwägen und weiter in Deutschland leben wollen, wenn sie staatliche Leistungen wie Familien- leistungen, Arbeitslosengeld II, Wohngeld oder andere Leistungen benötigen. Die nachstehenden Ausführungen bieten Informationen und Anregungen, die Migrant/innen bei ihrer Entscheidung unterstützen sollen. Allerdings ersetzen sie im Einzelfall keine anwaltliche Beratung bei juristischen Fragestellungen. Im Folgenden wird zur besseren Lesbarkeit die weibliche Schreibweise benutzt, da alleinerziehende Väter ohne deutschen Pass in der Praxis selten anzutreffen sind. Die Ausführungen beschränken sich schwerpunktmäßig auf die Migran- tinnen, die im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland gekommen sind. Der Nachzug aus familiären Gründen zu hier lebenden deutschen oder ausländischen Staatsangehörigen stellt immer noch einen ganz bedeutenden Anteil an der derzeitigen Zuwanderung dar. S TA AT S A N G E H ö R I G K E I T D E R K I N D E R Hat Ihr Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, dann hat das positive Auswir- kungen auf Ihr Recht sich in Deutschland aufzuhalten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Ihr Kind die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben kann. Zum Beispiel durch Geburt, wenn der Vater des Kindes Deutscher ist und Sie mit ihm verheiratet sind oder wenn der Vater das Kind als seines anerkannt hat. Aber auch wenn Ihr Kind keinen Vater mit einer deutschen Staatsangehörigkeit hat, kann es neben Ihrer Staatsangehörigkeit und der des Vaters auch die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben haben. Dies ist dann der Fall, wenn Sie oder der Vater des Kindes seit acht Jahren ununterbrochen rechtmäßig in Deutschland leben und ein unbefristetes Auf- enthaltsrecht haben. A u S L ä N D E R R E c H T L I c H E A S P E K T E D R IT T STA AT SAN G E H ö R I G E Ausländerinnen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union benötigen nicht nur für die Einreise, sondern auch für den Aufenthalt in Deutschland einen 6 N Ic H T D E u T S c H E A L L E IN E R Z IE H E N D E 180 Aufenthaltstitel. Aufenthaltstitel sind z. B. das Visum, die Aufenthaltserlaubnis, die Niederlassungserlaubnis oder die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG. Die Aufenthaltserlaubnis wird befristet erteilt und muss je nach Zweck des Aufenthalts verlängert werden. Sind verschiedene Bedingungen erfüllt – wichtig sind unter anderem ausreichende Sprachkenntnisse (Sprachniveau B1) und die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts – kann frühestens nach fünf Jahren ein unbefristeter Aufenthaltstitel in Form einer Niederlassungserlaubnis von der Ausländerbehörde erteilt werden. Bei einer Ehe mit einem/einer Deutschen kann die Niederlassungserlaubnis bereits nach drei Jahren erteilt werden (siehe auch: Integrationskurs). Eine Duldung ist kein Aufenthaltstitel sondern die Aussetzung der Abschie- bung. Wenn eine Abschiebung aus tatsächlichen, rechtlichen oder humanitären Gründen nicht möglich ist, wird von der Ausländerbehörde eine Duldung erteilt. Viele Menschen leben dauerhaft mit einer Duldung in Deutschland. Um sich Klarheit über Ihr Recht auf Aufenthalt zu verschaffen, ist es zunächst notwendig Ihren Pass oder Ihre Aufenthaltskarte anzusehen. Hierauf finden sich die entsprechenden Hinweise, die den Paragraphen des Ausländerrechts ent- sprechen und Ihnen Auskunft geben, ob Sie ein befristetes Aufenthaltsrecht haben, ob Sie zum Beispiel arbeiten dürfen. Aus der gesetzlichen Regelung ergibt sich dann, ob die Aufenthaltserlaubnis verlängerbar ist und ob eine Verfestigung des Aufenthalts möglich ist. Der Erteilungsgrund, also die Frage warum Sie in Deutschland sind, spielt auch für die Frage, ob sie soziale Rechte wie beispiels- weise Kinder- oder Elterngeld erhalten können, eine Rolle. A Sy L SucH E N D E , FLÜcHTLI N G E , G E Du LD E TE Im Asylverfahren erhalten Sie zunächst eine Bescheinigung zur Meldung als Asylsuchende (BÜMA) und später eine Aufenthaltsgestattung. Für Sie gelten die Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes. Ihr Aufenthalt ist für den Zeitraum des Verfahrens gestattet. In dieser Zeit können grundsätzlich weder Sie noch Ihr Kind abgeschoben werden. Allerdings wird im Asylverfahren geprüft (Dublin III), ob Deutschland für die Durchführung Ihres Asylver- fahrens tatsächlich zuständig ist. Ihre Aufenthaltsgestattung wird ungültig, sobald das Asylverfahren zu Ende ist. Die Entscheidung über den Asylantrag er- folgt schriftlich in Form eines Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Ab dann ist der Asylbescheid die Grundlage für Ihren weiteren Aufenthalt in Deutschland oder Ihre Abschiebung. Bitte beachten Sie, dass sich aus der Aufenthaltsgestattung kein Aufenthaltsrecht ableitet, auch wenn das 181 A u S L ä N D E R R E c H T L Ic H E A S P E K T E 6 Asylverfahren viele Jahre dauert. Die Dauer der Aufenthaltsgestattung kann aber später bei bestimmten aufenthaltsrechtlichen Regelungen eine Rolle spie- len (zum Beispiel beim Erwerb der Niederlassungserlaubnis). Für die Zeit von bis zu sechs Monaten müssen Sie in einer Erstaufnahme- einrichtung leben, die Ihnen zugewiesen worden ist. Ihre Bewegungsfreiheit ist räumlich begrenzt auf eine Region oder auf eine Stadt (Residenzpflicht). Wenn Sie beispielsweise umziehen möchten, weil Sie mit dem Vater Ihres Kindes zu - sammenleben möchten, müssen Sie einen so genannten Umverteilungsan- trag bei der Ausländerbehörde stellen. Solange Sie die Verpflichtung haben, in der Erstaufnahmeeinrichtung zu leben, ist Ihnen die Aufnahme einer Er- werbstätigkeit grundsätzlich verboten. Sie erhalten staatliche Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Diese Leistungen sind gegenüber den Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und SGB XII reduziert. Zusätzliche Unterstützung wird durch Sachleistungen erbracht. Erst wenn Ihnen Asyl oder der Flüchtlingsstatus gewährt wird, erhalten Sie ein eigenständiges Aufenthaltsrecht, mit dem Sie sich frei in Deutschland bewegen können. Weiterhin haben Sie damit Zugang zu allen sozialen Leistun- gen in Deutschland. Werden Sie als subsidiär Schutzberechtigte eingestuft erhalten Sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 S. 1, 2. Alt Aufenthaltsgesetz zunächst für ein Jahr, die aber verlängert wird, wenn sich die Situation in Ihrem Herkunfts- land nicht geändert hat. Wird Ihr Asylgesuch abgelehnt, werden Sie aufgefordert Deutschland zu verlassen. Sprechen jedoch humanitäre Gründe gegen eine Rückweisung in Ihr Herkunftsland, z. B. wegen aktueller kriegerischer Auseinandersetzungen, können Sie vorübergehend im Bundesgebiet bleiben. Sie erhalten hierfür einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen. Kann Ihnen kein Aufenthaltstitel erteilt werden, kommt ggf. die Ausstellung einer Duldung in Betracht, mit der die Ausländerbehörde von einer Abschiebung erst einmal absieht. Die Duldung ist allerdings nicht mit Aufenthaltsrechten verbunden. Sie dürfen nur einge- schränkt arbeiten und werden nachrangig vermittelt, d. h. erst wenn für einen freien Arbeitsplatz kein/e Deutsche/r, kein/e Unionsbürger/in, kein/e andere/r Migrant/in, die erwerbstätig sein darf, zu vermitteln ist, besteht eine Chance diese Arbeit zu bekommen. Haben Sie eine Duldung, kann Ihnen unter bestimmten Bedingungen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit versagt werden. So zum Beispiel wenn die Ausländerbehörde davon ausgeht, dass Sie nur nach Deutschland gekommen sind, um staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Gleiches gilt, wenn 182 Sie etwa unwahre Angaben bezüglich Ihrer Staatsangehörigkeit oder Person gemacht haben und es deshalb nicht möglich ist, Sie abzuschieben. Detaillierte Informationen vor allem über den Bezug sozialer Leistungen sind der Webseite des Flüchtlingsrats Berlin zu entnehmen: www.fluechtlingsrat-berlin.de oder fragen Sie bitte bei Pro Asyl nach: www.proasyl.de u N I o NSBÜ RG E R I N N E N Sind Sie oder eines Ihrer Kinder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Euro- päischen Union (EU) oder Islands, Lichtensteins, Norwegens oder der Schweiz, so genießen Sie innerhalb der EU Freizügigkeit. Das heißt, Sie haben ein Recht auf Aufenthalt in Deutschland, solange die Ausländerbehörde nicht festgestellt hat, dass dieses Recht nicht mehr besteht. Dieses Recht haben Sie auch, wenn Sie nicht arbeiten und ebenso Ihre Familienangehörigen. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass Sie über ausreichende Mittel zum Lebensunterhalt verfügen und kranken- versichert (siehe hierzu auch weiter unten) sind. Ausreichender Lebensunterhalt heißt, dass Sie keine staatlichen Leistungen in Anspruch nehmen. Sie brauchen als Unionsbürgerin keine Aufenthaltserlaubnis. Sie müssen sich beim Einwohnermeldeamt anmelden. Diese Anmeldung gilt als unbefris- tete Aufenthaltsbescheinigung. Sie haben folglich nichts mit der Ausländer- behörde zu tun. Das Recht in Deutschland zu leben und zu arbeiten können Sie allerdings dann verlieren, wenn Sie in den ersten fünf Jahren über einen längeren Zeitraum öffentliche Mittel in großem Umfang für die Sicherung Ih- res Lebensunterhaltes beziehen. Beantragen Sie staatliche Leistungen, erhält die Ausländerbehörde von den Sozialbehörden diese Information und wird daraufhin tätig werden. Im schlimmsten Fall kann die Ausländerbehörde Sie auffordern, Deutschland wieder zu verlassen. Halten Sie sich länger als fünf Jahre ununterbrochen in Deutschland auf, so verlieren Sie grundsätzlich nicht mehr das Recht in Deutschland zu bleiben und hier zu arbeiten, auch nicht bei Bezug öffentlicher Mittel. Sie erhalten zudem unverzüglich eine Bescheini- gung über Ihr Daueraufenthaltsrecht. Sind Sie Staatsangehörige eines Landes außerhalb der EU jedoch mit einem EU-Bürger verheiratet, so richtet sich Ihr Recht auf Aufenthalt wie das Ihres Mannes auch nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU. Sie erhalten aufgrund der Ehe mit Ihrem Mann eine Aufenthaltskarte für die Dauer von erst einmal fünf Jahren, anschließend ein Daueraufenthaltsrecht. http://www.fluechtlingsrat-berlin.de http://www.proasyl.de 183 A u S L ä N D E R R E c H T L Ic H E A S P E K T E 6 D I E B E D EuTu N G Vo N TR E N N u N G u N D ScH E I Du N G FÜ R DA S R EcHT Au F Au FE NTHALT Drittstaatsangehörige Sofern Sie ein Recht auf Aufenthalt aus familiären Gründen haben und Sie an eine Veränderung Ihrer familiären Lebenssituation denken und sich von Ihrem Ehemann trennen möchten, so kann davon auch Ihr zurzeit bestehen- des Recht auf Aufenthalt betroffen sein. Ihre Aufenthaltserlaubnis ist in den ersten drei Jahren vom Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft abhängig. „Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft“ bedeutet grundsätzlich, dass Sie mit Ihrem Mann in einer Wohnung leben und eine Ehe führen. Hat Ihr Kind die deutsche Staatsangehörigkeit oder die eines Staates der europäischen Union haben Sie grundsätzlich das Recht, auch nach einer Trennung und Scheidung in weiterhin in Deutschland zu bleiben, sofern Sie das Sorgerecht für das Kind weiter haben und ausüben. Ist es aus beruflichen oder anderen Gründen notwendig, dass Sie sich räum- lich von Ihrem Ehemann trennen müssen, zum Beispiel weil Sie eine Arbeit in einem weit entfernten Ort haben, sollten Sie dies der Ausländerbehörde mittei- len und hierbei auch Ihren Arbeitsvertrag vorlegen. Selbst eine vorübergehende Trennung (eine so genannte „Auszeit“) kann zu Schwierigkeiten bei der Verlängerung des Aufenthalts führen, auch wenn sie die eheliche Lebensgemeinschaft nicht endgültig beendet. In der Praxis ist oft der exakte Zeitpunkt der Trennung nicht eindeutig nachzuweisen, z. B. wenn Sie aus einer familiären Gewaltsituation in ein Frauenhaus flüchten. Oft werden vorübergehende Trennungen bei der Berechnung der Dreijahresfrist nicht mit berücksichtigt. Für die Anrechnung des eigenständigen Aufenthalts ist wichtig zu wissen, dass nur Zeiten der ehelichen Lebensgemeinschaft berücksichtigt werden, die in Deutschland gelebt wurden. Bestand Ihre Ehe bereits in Ihrem Herkunftsland, so wird diese Zeit nicht mitgerechnet. Gezählt wird erst ab dem Zeitpunkt, seitdem Sie in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind. Andere Regelungen gelten, wenn Ihr Ehemann stirbt. Ihr Aufenthalt gilt dann sofort ohne Einhaltung von Fristen als eigenständiger unter der Voraus- setzung, dass Ihre Ehe im Bundesgebiet bestand und Sie in Besitz einer Aufent- haltserlaubnis sind. Auf Ehebestandszeiten wird auch dann verzichtet, wenn eine besondere Härte vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn durch die Rückkehr in das Herkunftsland Ihre schutzwürdigen Belange beeinträchtigt werden. Hierzu gehören: 184 – das Wohl des Kindes, das Anspruch auf Umgangskontakte hat; – eine medizinische Versorgung, die Ihnen nach einer Rückkehr nicht mehr gewährt werden würde; – Diskriminierungen, mit denen Sie als geschiedene Frau in Ihrem Herkunfts- land aufgrund des speziellen Rechts- bzw. Kulturkreises rechnen müssen. Dabei sind tatsächliche Anhaltspunkte zu berücksichtigen, allein Befürch- tungen sowie Ängste werden den deutschen Behörden erfahrungsgemäß nicht genügen. Eine besondere Härte liegt auch dann vor, wenn Ihnen nicht zuzumuten ist an der ehelichen Lebensgemeinschaft festzuhalten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Sie oder ein in der Ehe lebendes Kind physisch oder psychisch misshandelt werden. Erfahrungsgemäß ist die besondere Härte zum Beispiel durch Zeug/innen und/oder ärztliche Atteste nachzuweisen. Der Bezug von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII steht in dieser Zeit einer weiteren Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen. Allerdings wird Ihr Aufenthalt erst einmal nur für ein Jahr verlängert. Sie sollten sich bemühen so schnell wie möglich einen Einstieg ins Arbeitsleben, und sei es nur mit einem Minijob oder einem Praktikum, zu finden. Nach Ablauf des Jahres prüft dann die Ausländerbehörde, ob Ihr Aufenthaltsrecht weiter verlängert werden kann. Hierfür ist dann entscheidend, ob Ihr Lebensunterhalt gesichert ist. Wichtig: Darüber hinaus ist zu prüfen, ob Ihnen eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG zustünde, wenn Ihr Lebensunter- halt durch Unterhaltsleistungen Ihres bisherigen Ehegatten gesichert ist und dieser in Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist. Sie sind unionsbürgerin oder eines Ihrer Kinder Eine Trennung von Ihrem Ehemann hat keinen negativen Einfluss auf Ihr Recht in Deutschland zu bleiben. Erst eine Scheidung kann Folgen für Ihr Recht in Deutschland zu bleiben haben. Sie erwerben ein eigenständiges Bleiberecht nach einer Scheidung, wenn Sie sich als Arbeitnehmerin, Selbstständige, Arbeitsuchende oder als Erbringerin von Dienstleistungen im Bundesgebiet aufhalten und – Ihre Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr in Deutschland oder – der Aufenthalt zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist oder 185 IN T E G R A T Io N S K u R S 6 – Sie das Sorgerecht für ein Kind Ihres Mannes haben oder – für dieses Kind ein Umgangsrecht haben und ein Gericht feststellte, dass dieser Umgang nur in Deutschland durchgeführt werden kann. Eine andere Regelung gilt bei Tod oder Wegzug des Ehemannes. Sie erwerben ein eigenständiges Bleiberecht, wenn Sie mindestens ein Jahr mit ihm in Deutsch- land gelebt haben und selber erwerbstätig oder arbeitssuchend sind oder sich als Erbringerin von Dienstleistungen im Bundesgebiet aufhalten oder wenn Ihr Lebensunterhalt anderweitig gesichert ist. I NTEG R ATI o N SK u R S Der Integrationskurs dient dem Deutschspracherwerb bis zum Sprachniveau B1 (Integrationskurs) und soll die Rechtsordnung, Kultur und Geschichte Deutsch- lands in den Grundzügen vermitteln (Orientierungskurs). Der allgemeine Integrationskurs dauert 660 Stunden. Je nach Ausrichtung des Kurses, der für Sie in Frage kommt, kann die Gesamtdauer auch bis zu 960 Stunden betragen. Im Anschluss an den Sprachkurs, der mit einem Abschlusstest endet, besuchen Sie den Orientierungskurs. Er dauert 60 Stunden. Wenn Sie erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis z. B. zum Führen einer ehe- lichen Lebensgemeinschaft in Deutschland erhalten, dann haben Sie den An- spruch, ggf. aber auch die Pflicht, solch einen Integrationskurs zu besuchen. Diesen Anspruch haben Sie nicht, wenn Sie z. B. Unionsbürgerin sind, es sei denn, es sind noch freie Kursplätze vorhanden. Halten Sie sich bereits länger in Deutschland rechtmäßig auf, dann kann Sie die Ausländerbehörde zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichten: z. B. wenn Sie noch nicht die entsprechend erforderlichen Deutschkenntnisse haben oder die Ausländerbehörde eine besondere Integrationsbedürftigkeit feststellt, oder wenn Sie Leistungen nach dem SGB II beziehen und die bewilli- gende Behörde die Teilnahme anregt. Der Gesetzgeber lässt sich dabei von dem Gedanken leiten, dass Ihre Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt durch bessere deutsche Sprachkenntnisse erhöht werden. Sollten Sie sich in einer beruflichen oder vergleichbaren Ausbildung in Deutsch - land befinden, dann werden Sie von der Teilnahmeverpflichtung ausgenommen. Sie können ebenso hiervon befreit werden, wenn Ihnen aufgrund besonderer familiärer oder persönlicher Umstände eine Teilnahme nicht zuzumuten ist. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn Sie behinderte Familienangehörige pflegen oder selbst behindert sind. Die Erziehung eines Kindes ist kein Grund für eine Ausnahme. Wichtig: Bitte beachten Sie, dass es eine integrationskursbegleitende Kinderbe- treuung, die staatlich finanziert wird, nicht mehr gibt. 186 Die Integrationskurse kosten 3,90 Euro pro Teilnehmerin und Stunde. Den vollen Betrag entrichten die Teilnehmerinnen, die keinen Anspruch auf einen Integrationskurs haben. Die übrigen Teilnehmerinnen müssen sich grundsätz- lich finanziell an diesem Angebot beteiligen mit 1,95 Euro pro Stunde. Auf Antrag können Sie sich von diesem Kostenbeitrag befreien lassen. Dies ist bei- spielsweise dann möglich, wenn Sie Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII beziehen oder wenn Sie Geringverdienerin sind und die Zahlungsverpflich- tung eine unzumutbare Härte darstellen würde. Ein allgemeiner Integrations- kurs besteht aus 660 Stunden. Wichtig: Kommen Sie der Aufforderung, einen Integrationskurs zu besuchen, nicht nach, so kann ein Bußgeld gegen Sie verhängt werden und Ihre Leistungs- bezüge können gekürzt werden. Außerdem wirkt sich eine Nichtteilnahme negativ auf eine Aufenthaltsverfestigung und auf eine spätere Einbürgerung aus. Sie benötigen den Nachweis eines erfolgreich abgeschlossenen Integrati- onskurses (B 1), um eine Niederlassungserlaubnis zu erhalten bzw. einen An- trag auf Einbürgerung stellen zu können. Positiv ist, dass der erfolgreiche Abschluss eines Integrationskurses die Frist bei der Anspruchseinbürgerung von acht auf sieben Jahre verkürzt (§ 10 Abs. 3 Staatsangehörigkeitsgesetz). Fragen zu Integrationskurs, Arbeitsaufnahme, beruflicher Orientierung etc. Migrationsberatungsstellen Die Beratungsstellen haben verschiedene Zielgruppen: − Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer − Jugendmigrationsdienste Auf der Internetseite des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge lassen sich Migrationsberatungsstellen vor Ort ermitteln: www.bamf.de / Startseite: blauer Kasten rechts: „Beratungsstellen der Integrationsarbeit“ Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V. www.verband-binationaler.de FA m I L I E N R E c H T L I c H E A S P E K T E Obwohl Sie in Deutschland leben ist nicht nur und nicht immer das deutsche Familienrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch maßgebend, sondern da hier schon allein aufgrund Ihrer Staatsangehörigkeit der Bezug zu einem anderen Staat http://www.bamf.de http://www.verband-binationaler.de 187 F A m IL IE N R E c H T L Ic H E A S P E K T E 6 besteht, sind ggf. zwischenstaatliche, länderübergreifende Regelungen mit zu bedenken. Darüber hinaus spielen auch ausländerrechtliche Fragen ggf. für Sie eine Rolle. In der Regel wird aber das deutsche Recht angewendet werden, so z. B. bei Fragen des Sorge- und Umgangsrechts bezüglich Ihres Kindes. Das deutsche Sorge- und Umgangsrecht unterscheidet sich aber in wesentlichen Zügen von dem Recht anderer Länder. In der Regel steht das, was wir als Personensorge- recht verstehen, in den Ländern des islamischen Rechtskreises (z. B. Iran, Irak, Afghanistan, Marokko) dem Vater des Kindes zu. Die Mutter, also Sie, haben das Recht das Kind bis zu einem bestimmten Altern zu versorgen. Das kann bedeuten, dass Sie bei Besuchen in den jeweiligen Ländern unterschiedlichen Regelungen unterliegen. Selbst wenn Sie in Deutschland die Personensorge für Ihr Kind haben, kann diese beispielsweise in Marokko nur Ihr Mann haben. Sie würden demzufolge in Marokko keine Entscheidungsbefugnis über Ihr Kind haben. SoRGEREcHT BEI NIcHT mITEINANDER VERHEIRATETEN ELTERN Haben Sie ein Kind in Deutschland geboren, sind aber nicht mit dem Vater des Kindes verheiratet, haben Sie zunächst das alleinige elterliche Sorgerecht für Ihr Kind. Wenn der Vater des Kindes die Vaterschaft formal anerkennt, Sie der Aner- kennung zustimmen und Sie beide eine Erklärung zur Ausübung der gemein- samen elterlichen Sorge abgeben, haben Sie beide zum einen die gemeinsame elterliche Sorge. Zum anderen stellt sich auch die Frage nach der Staatsangehörigkeit des Kindes aus einer anderen Sicht dar. Die Staatsangehörigkeit wird in Deutsch- land auch über die Abstammung von einem deutschen Elternteil begründet und damit zugleich auch nach Ihrem Recht als Mutter des Kindes auf Aufent- halt in Deutschland (siehe oben). Leben Sie noch nicht acht Jahre in Deutsch- land und haben ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, dann kann Ihr Kind trotz- dem Deutsche/r sein, wenn der Vater des Kindes das Kind anerkennt und selbst Deutscher ist oder aber seit acht Jahren in Deutschland mit einem unbefristeten Aufenthaltsrecht lebt. Beispiel: Haben Sie etwa die nigerianische Staatsangehörigkeit und der Vater des Kindes ist Deutscher, erwirbt Ihr Kind mit der Geburt (auch) die deutsche Staatsangehörigkeit, da es von einem deutschen Vater abstammt. Der Vater muss 188 aber die Vaterschaft formal anerkennen. Um rechtlich als Vater zu gelten, muss der Vater des Kindes die Vaterschaft z. B. beim Standesamt, dem Jugendamt oder einem Notar anerkennen und Sie müssen der Vaterschaftsanerkennung zustimmen. Haben Sie vor der Geburt nur eine Duldung oder eine Aufenthalts- gestattung, weil Sie als Flüchtling oder Asylsuchende nach Deutschland ge- kommen sind, haben Sie nach der Geburt des Kindes einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis, wenn der Vater Deutscher ist oder seit acht Jahren hier lebt und ein unbefristetes Recht auf Aufenthalt in Deutschland hat. Es ist also wichtig, dies zu bedenken. So RG E R EcHT u N D Au FE NTHALT Meist nehmen Frauen, die ihre Männer verlassen, die gemeinsamen Kinder mit, die sie in der Regel die ganze Zeit versorgt haben und für die sie die Bezugs- person sind. Wenn Ihr Kind die deutsche Staatsangehörigkeit hat, auch wenn diese nur eine von mehreren ist, so haben Sie als Sorgeberechtigte einen Rechtsan- spruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Diese steht Ihnen uneingeschränkt zu, auch wenn Sie für Ihren Lebensunterhalt Leistungen nach SBG II oder SGB XII beziehen. Sie können sich selbst folglich – rechtlich gesehen – ungehindert bewegen und Entscheidungen treffen unabhängig von Ihrem Ehemann und Ihrer Herkunftsfamilie. Einen Rechtsanspruch auf Aufenthalt sieht das Aufenthaltsgesetz nur bei der Personensorge für ein deutsches Kind vor, nicht für die Personensorge für ein ausländisches Kind. Dabei geht die Ausländerbehörde erfahrungsgemäß davon aus, dass Sie tatsächlich die Personensorge ausüben. Am deutlichsten ist dies, wenn Sie mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft leben. Allein das Innehaben der Personensorge entfaltet noch nicht den Rechtsanspruch auf Aufenthalt. Das Personensorgerecht muss tatsächlich wahrgenommen wer- den, beispielsweise indem Sie das Kind entsprechend der Ihnen eingeräumten Besuchskontakte regelmäßig besuchen und einen tatsächlichen Beitrag zur Erziehung und Betreuung des Kindes leisten. Entsprechend nachrangig be- handelt das Aufenthaltsgesetz Umgangskontakte mit dem Kind. Die hierfür zu erteilende Aufenthaltserlaubnis liegt im Ermessen der Ausländerbehörde. Sie kann Ihnen erteilt werden, wenn eine Beistands- und Betreuungsgemein- schaft mit dem Kind bereits in Deutschland besteht. Dabei ist zwar stets das Kindeswohl zu berücksichtigen, aber es gibt nach wie vor noch keine einheit- liche Interpretation, was das Kindeswohl ausmacht. Daher sind Sie gut beraten, 189 F A m IL IE N R E c H T L Ic H E A S P E K T E 6 ablehnende Haltungen seitens der Ausländerbehörden nicht sofort zu akzep- tieren, sondern bei guten Gründen Widerspruch einzulegen und für das eigene Recht zu kämpfen. SIE möcHTEN mIT IHREm KIND INS AuSLAND GEHEN oDER IN IHR HEImATLAND ZuRÜcKKEHREN? Sofern Sie das alleinige elterliche Sorgerecht besitzen, ist dies grundsätzlich möglich. Hat aber auch der Kindesvater das Sorgerecht (gemeinsames Sorge- recht) muss er einwilligen, damit Sie umziehen können. Diese Einwilligung sollte er schriftlich und vor einem Notar abgeben. Ziehen Sie um, ohne dass Sie die Zustimmung des Kindesvaters haben, würden Sie eine Kindesentführung begehen. Daher müssen Sie bei fehlender Zustimmung des Kindesvaters beim Familien gericht über einen von Ihnen beauftragten Rechtsanwalt einen An- trag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts stellen und beim Gericht auch angeben, dass Sie mit dem Kind zusammen Deutschland verlas- sen möchten. ScH E I D u N G Scheidung in Deutschland Wenn Sie sich in Deutschland scheiden lassen wollen, so müssen Sie sich – wie Deutsche auch – von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt ver- treten lassen, um einen Scheidungsantrag stellen zu können. Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, die Scheidung in einem anderen Staat (z. B. Ihrem Her- kunftsstaat) durch eine Anwältin oder einen Anwalt prüfen zu lassen. Gege- benenfalls ist die Ehescheidung dort einfacher, schneller oder auch günstiger, wobei dann allerdings nicht außer Acht gelassen werden darf, ob die Ehe- scheidung auch in Deutschland anerkannt wird (siehe weiter unten). Eine Scheidung in Deutschland kann nur durch ein staatliches Gericht erfolgen. Eine Ehe kann daher in Deutschland weder durch eine Privatschei- dung (wie sie beispielsweise der Iran kennt oder auch Japan) noch durch ein geistliches Gericht oder eine ausländische Behörde geschieden werden. Eine so erfolgte „Scheidung“ ist in Deutschland rechtlich nicht wirksam. Die in Deutschland ausgesprochene Scheidung ist zunächst nur in Deutsch- land gültig. Damit die Scheidung auch in Ihrem Heimatland anerkannt wird, bedarf es eines weiteren Schritts. Die Verfahren zur Anerkennung deutscher Scheidungsbeschlüsse werden in den einzelnen Ländern unterschiedlich ge- 190 handhabt. Während in einigen Ländern eine Registrierung ausreicht, wird in anderen Ländern ein förmliches Verfahren gefordert. Dies ist wohl auch der Grund, warum sich Ehepaare mit gleicher Staatsbürgerschaft oftmals in ihren Herkunftsländern scheiden lassen. Schwierigkeiten können vor allem bei der einvernehmlichen Scheidung nach deutschem Recht auftreten, wenn die andere Rechtsordnung nur eine Scheidung aus Verschulden kennt. Daher ist es erforderlich, dass Sie sich konkrete Informationen für Ihre spezifische Situation einholen. Dies können Sie beispielsweise zunächst bei der Auslands- vertretung Ihres Heimatlandes in Deutschland tun. Scheidung im Ausland Wenn Sie (auch) deutsche Staatsbürgerin sind und Ihre Scheidung außerhalb Deutschlands durchgeführt haben, so muss das ausländische Scheidungsurteil grundsätzlich in Deutschland anerkannt werden. Gerichtsurteile entfalten Rechtswirkung nur im Gebiet des Staates, in dem sie erlassen worden sind. Je- dem Staat steht es frei, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen er ausländische Urteile anerkennt, soweit er nicht durch zwischenstaatliche Verträge gebunden ist. Auch die Ehescheidung ist zunächst nur in dem Staat wirksam, in dem sie erfolgt ist. In Deutschland gilt eine im Ausland geschie- dene Ehe weiterhin als bestehend. Das heißt, Sie werden bis zur Anerkennung der ausländischen Scheidung von den deutschen Behörden als verheiratet ge- führt. Eine erneute Eheschließung wäre daher in Deutschland wegen des Ver- bots der Doppelehe nicht möglich, sogar strafbar. Die ausländische Eheschei- dung wird erst nach Anerkennung durch die Landesjustizverwaltung für den deutschen Rechtsbereich wirksam. Sie müssen einen entsprechenden Antrag auf Anerkennung der im Ausland erfolgten Ehescheidung an das Justiz- ministerium des Landes zu stellen, in dem Sie Ihren Wohnsitz haben. Ist Ihre Ehescheidung, in einem anderen Staat der europäischen Union erfolgt (außer Dänemark), wird diese Ehescheidung in den anderen Mitglieds- staaten regelmäßig anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen gericht- lichen Verfahrens bedarf. Auf Ihre Staatsangehörigkeit kommt es hierbei nicht an. ScH E I D u N GSFo LG E N Wurde Ihre Ehe im Ausland geschieden, dabei aber kein Versorgungsausgleich durchgeführt, so kann ein Versorgungsausgleich dann in Deutschland auf Ihren Antrag nachgeholt werden, wenn aus deutscher Sicht ein Versorgungs- ausgleich hätte durchgeführt werden müssen oder auf Antrag hätte durch- 191 F A m IL IE N R E c H T L Ic H E A S P E K T E 6 geführt werden können. Das ist dann der Fall, wenn auf Ihre Ehescheidung deutsches Recht anwendbar war (zum Beispiel da Sie zuletzt mit Ihrem Mann in Deutschland gelebt haben und Sie oder er noch in Deutschland leben). Er- forderlich ist, dass entweder das Recht Ihres Heimatlandes oder das Recht des Heimatlandes Ihres Exmannes den Versorgungsausgleich kennt. In der Praxis ist es oft schwierig, Ihre Unterhaltsansprüche und Unterhalts- ansprüche Ihres Kindes gegenüber Ihrem unterhaltspflichtigen Ehegatten und dem Kindesvater durchzusetzen, wenn sich dieser im Ausland aufhält. Befindet sich Ihr Ex-Ehemann außerhalb der Europäischen Union, so ist der in Deutschland bestehende Unterhaltstitel zuerst einmal in dem entsprechenden Land anzuerkennen. Dies dürfte insbesondere dann schwierig sein, wenn Sie sich in dem Land scheiden ließen und dort von dem deutschen Recht abwei- chende Regelungen getroffen wurden. Um Ihren Unterhaltsanspruch im Aus- land durchsetzen zu können, muss der diesbezügliche Unterhaltsbeschluss zunächst vom jeweiligen Staat anerkannt werden. Für die Staaten der Europäischen Union Staaten gelten für Unterhaltsfra- gen vereinfachte Regelungen. Ein Anerkennungsverfahren ist nicht notwen- dig. Deutsche Urteile sind in der Europäischen Union unmittelbar anwend- bar und bedürfen keiner besonderen Anerkennung. Dies gilt aufgrund einer EU-Verordnung für alle EU-Staaten untereinander (EU-Unterhaltsverordnung Nr. 4/2009/EG). Für die Unterhaltsbeitreibung im Ausland – ob innerhalb oder auch außerhalb der EU – ist das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) e. V. in Heidelberg zuständig www.dijuf.de. Eine hilfreiche Broschüre „Auslandsunterhalt. Hinweise zur Geltendmachung von Unterhalt mit Auslandbezug im In- und Ausland“ findet sich unter: www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/AU/AU_node.html SIE HABEN ANGST, DASS DER VATER IHR GEmEINSAmES KIND AuS DEuTScHLAND ENTFÜHRT Eine Kindesentführung ist eine Sorgerechtsverletzung. Sie liegt vor, wenn ein Elternteil, der weder die alleinige elterliche Sorge hat noch das Aufenthaltsbe- stimmungsrecht, das gemeinsame Kind gegen den Willen des anderen Eltern- teils ins Ausland bringt. Gemeinsam sorgeberechtigte Eltern müssen gemein- sam über den Aufenthalt des Kindes entscheiden. Auch wenn nach einem ver einbarten Besuch im Ausland das Kind nicht zurückgebracht wird, liegt eine Kindesentführung vor, die strafrechtlich geahndet werden kann. http://www.dijuf.de http://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/AU/AU_node.html 192 Ängste vor einer Kindesentführung sind in vielen Familien mit internationa- ler Berührung, insbesondere in Krisen und Konfliktsituationen anzutreffen. Die Spannbreite erstreckt sich von ganz unterschiedlichen, vagen Befürchtungen oder Andeutungen bis hin zu panischer Angst oder deutlichen Drohungen. Wenn der Vater des Kindes mehr oder weniger deutlich droht, das gemeinsame Kind in ein anderes Land zu verbringen, so versucht er Sie an Ihrer verwundbarsten Stelle zu treffen, Druck auf Sie auszuüben, um über das Kind bestimmte Ziele zu er- reichen. Vielleicht ist er mit der Trennung nicht einverstanden? Vielleicht beabsich- tigt er eine Übersiedlung ins Herkunftsland und versucht, Sie dadurch zu zwingen mitzugehen? Vielleicht will er sich auch einfach bestehenden Unterhaltszahlun- gen entziehen? Natürlich können auch ganz andere Motive solch einer Drohung zugrunde liegen. Solange Gesprächsmöglichkeiten mit ihm bestehen, können Sie versuchen seine Motive herauszufinden. In Gesprächen können Sie heraushören, mit welchen Ideen er sich beschäftigt, welche Haltung er zu der aktuellen Situation einnimmt. Erfahrungsgemäß liegen die Wurzeln einer befürchteten Kindesentfüh- rung in den tatsächlichen Konflikten in der Familie, die nur durch eine möglichst differenzierte Betrachtungsweise sichtbar werden können. Elternteile, die ihre Kin- der ins Ausland bringen, haben oft keine Strategie mit der Trennung umzugehen oder konnten für sich noch keine Zukunftsperspektive entwickeln. Vorbeugende Maßnahmen: Bei begründeter Angst vor Kindesentführung können Sie einige Vorsichtsmaßnahmen und rechtliche Mittel ergreifen. Einen sicheren Schutz vor Kindesmitnahme bieten diese Maßnahmen jedoch nicht. Sie können – die Pässe und Geburtsurkunden der Kinder an einem sicheren Ort deponieren. – die alleinige elterliche Sorge beim Familiengericht beantragen, zumindest jedoch das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Wege einer einstweiligen Anord- nung. – Kindergarten und Schule informieren und bitten, das Kind nicht dem Vater des Kindes mitzugeben; allerdings benötigen Sie hierfür das Aufenthaltsbe- stimmungsrecht. – die Registrierung des Kindes bei den Grenzbehörden beantragen, um die Aus- reise zu verhindern. Hierfür benötigen Sie in der Regel einen gerichtlichen Beschluss über die alleinige Sorge bzw. die Zuerkennung des Aufenthaltsbestim- mungsrechts. Dieser Beschluss muss außerdem die Bitte zur Registrierung des Kindes beinhalten. Solch einen Beschluss erwirken Sie nur, wenn Sie die Bedro- hung glaubhaft machen können. Dieser wird dann der Generaldirektion des Bundesgrenzschutzes in Koblenz weitergeleitet. Nur wenn Ihr Kind verschwun- 193 den ist, können Sie mit Hilfe der Polizei, des Jugendamtes, einer Beratungsstelle oder selbst die Aufnahme der Daten bei den Grenzbehörden veranlassen. Beratung erhalten Sie bei: Sozialrathäusern, Kinder- und Jugendhilfe, Sozialdienst, Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin oder beim Internationalen Sozialdienst in Berlin: Internationaler Sozialdienst (ISD) im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. Michaelkirchstr. 17–18, 10179 Berlin-Mitte Tel. 030 / 629 80-403, Fax 030 / 629 80-450 E-Mail: isd@iss-ger.de, Internet: www.iss-ger.de Hotlinenummer der Zentralen Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte unter der Rufnummer: +49(0)30 / 62980403 Daneben haben Sie selbstverständlich die Möglichkeit, eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (HKÜ) Auf der Grundlage dieses internationalen Abkommens ist es möglich, Ihr Kind, das gegen Ihren Willen ins Ausland verbracht wurde, wieder zurückzu- holen. Dies ist aber nur möglich, wenn Ihr Kind in ein Land gebracht wurde, das ebenfalls wie Deutschland das Haager Übereinkommen unterzeichnet hat. Das HKÜ folgt dem Grundgedanken, dass Entscheidungen die das Wohl des Kindes betreffen, insbesondere Entscheidungen über das Sorge- und Umgangs- recht, bei einer Trennung der Eltern in dem Land gefällt werden, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. In allen Ländern, die dem HKÜ bei- getreten sind, wurden eigene Behörden (Zentrale Behörde) benannt, die sich um die Rückführung des Kindes kümmern. In Deutschland ist diese Zentrale Behörde beim Bundesamt für Justiz in Bonn angesiedelt. An diese wenden Sie sich, um einen Antrag auf Rückführung Ihres Kindes zu stellen: Bundesamt für Justiz – Zentrale Behörde für internationale Sorgerechtskonflikte – Adenauerallee 99–103 53113 Bonn Telefon: +49 228 / 99 410-5212 Telefax: +49 228 / 99 410-5401 E-Mail: int.sorgerecht@bfj.bund.de Internetadresse: www.bundesjustizamt.de/sorgerecht Das HKÜ ist zurzeit im Verhältnis zu Deutschland in über 90 Staaten in Kraft. F A m IL IE N R E c H T L Ic H E A S P E K T E 6 http://www.iss-ger.de http://www.bundesjustizamt.de/sorgerecht 194 Die aktuelle Länderliste sowie weitere Informationen können Sie auf der Website des Bundesamtes für Justiz einsehen: www.bundesjustizamt.de S o Z I A L R E c H T L I c H E A S P E K T E Migrantinnen, Asylberechtigte und Flüchtlinge haben grundsätzlich Zugang zu sozialen Leistungen in Deutschland. Unterschieden werden muss grund- sätzlich zwischen Unionsbürgerinnen und Drittstaatsangehörigen. Während sich das Sozialrecht von Unionsbürgerinnen überwiegend nach europarecht- lichen Regelungen richtet, die eine weitgehende Gleichstellung mit deutschen Staatsangehörigen gewährleisten sollen, gelten für die Drittstaatsangehörigen umfangreiche sozialrechtliche Sonderregelungen. Die Besonderheiten ergeben sich aus der jeweiligen Staatsangehörigkeit, der Art und dem Zweck der Auf- enthaltsgewährung und auch der Dauer des Aufenthalts. Zu beachten ist aber, dass der Bezug staatlicher Leistungen, die nicht auf eigenen Beitragszahlungen beruhen (z. B. Arbeitslosengeld II) schädliche Aus- wirkungen auf den Aufenthaltstitel haben können. D.h. wenn Sie längere Zeit z. B. Arbeitslosengeld II beziehen, Sie in der Regel keine Niederlassungserlaub- nis bekommen und auch eine Einbürgerung nicht möglich ist. Im Einzelfall sollten Sie daher vor Beantragung einer staatlichen Leistung in Erfahrung bringen, wie sich der Bezug gerade dieser Leistung auf Ihren Aufenthaltsstatus auswirkt. Wenden können Sie sich hierzu beispielsweise an die Migrations- beratungsstellen für erwachsene Zuwanderer. Drittstaatsangehörige Besitzen Sie eine Aufenthaltserlaubnis, so haben Sie, Bedürftigkeit vorausgesetzt, grundsätzlich einen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozial- gesetzbuchs (SGB II) oder dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII). Leistungen nach SGB II, Grundsicherung für Arbeitssuchende, können Sie bekommen, wenn Sie zwischen 15 und 65 Jahre alt und erwerbsfähig sind. Er- werbsfähig meint, dass Sie gesundheitlich in der Lage sein müssen mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten und Ihnen eine Erwerbstätigkeit auch von der Ausländerbehörde gestattet ist. Bei einem Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung, des Studiums oder der Erwerbstätigkeit führt der Bezug von Sozialhilfe oder Grundsicherung für Arbeitssuchende jedoch in der Regel dazu, dass die Verlängerung der Aufent- haltserlaubnis abgelehnt wird. http://www.bundesjustizamt.de 195 S o Z IA L R E c H T L Ic H E A S P E K T E 6 Sind Sie erwerbsunfähig oder mindestens 65 Jahre alt, haben Sie grundsätz- lich einen Anspruch auf die Grundsicherung im Alter. Wenn Sie weder die Grundsicherung für Arbeitssuchende bekommen kön- nen, noch die Grundsicherung im Alter, so bleibt Ihnen die Möglichkeit, Hilfe zum Lebensunterhalt zu beantragen. Besitzen Sie eine Niederlassungserlaubnis, so haben Sie Anspruch auf Leistun- gen nach SGB II oder SGB XII wie oben bei der Aufenthaltserlaubnis bereits erklärt. Wenn Sie eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen beispiels- weise nach § 25 Absatz 4 Satz 1 Aufenthaltsgesetz oder § 25 Absatz 5 Aufent- haltsgesetz haben, haben Sie einen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbe- werberleistungsgesetz. Haben Sie einen humanitären Aufenthalt aus anderen Gründen, lassen Sie sich bitte beraten. Wenn Sie eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung haben, haben Sie ebenfalls Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Ansprüche auf soziale Leistungen darüber hinaus sind nur sehr eingeschränkt. Wenn Sie einen Antrag auf Sozialleistungen stellen möchten, können Sie dies schriftlich oder mündlich tun. Zur Antragsstellung auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Sozialhilfe oder Grundsicherung für Arbeits- suchende ist im Regelfall ein persönliches Erscheinen notwendig. Wichtig: Sozialhilfe, Grundsicherung für Arbeitssuchende und Asyl be werber- leistungen werden grundsätzlich nicht rückwirkend gezahlt, sondern erst ab dem Tag der Antragsstellung. Daher ist es wichtig, dass Sie den Antrag so schnell wie möglich stellen. unionsstaatsbürgerinnen Als Unionsbürgerinnen haben Sie in der Regel einen Anspruch auf staatliche Leistungen (vgl. hierzu das Kapitel Existenzsicherung). Ebenso hat Ihr Kind grundsätzlich Anspruch darauf. Staatliche Leistungen (Grundsicherung für Arbeitssuchende bzw. Sozialhilfe) werden Ihnen nicht gewährt, wenn Sie sich zur Arbeitssuche oder noch keine drei Monate in Deutschland aufhalten. Diese Regelung ist allerdings umstritten. Sind Sie auf staatliche Leistungen angewiesen und wird ein Antrag, den Sie gestellt haben abgelehnt, sollten Sie sich an eine Beratungsstelle oder an einen Rechtsanwalt wenden. Ein länger andauernder Bezug von staatlichen Leistungen kann sich aber negativ auf Ihr Recht auf Aufenthalt auswirken, wenn Sie noch nicht fünf Jahre in Deutschland gelebt haben. Ihnen kann das Recht auf Freizügigkeit aberkannt werden. 196 Migrationsberatungsstellen und Flüchtlingsberatungsstellen der Länder K R AN K E NV E R S I cH E Ru N G Als Migrantin ist es für Ihr Recht auf Aufenthalt wichtig, dass Sie und Ihr Kind in Deutschland krankenversichert sind. Das ist nämlich eine Voraussetzung für das Recht auf Aufenthalt in Deutschland und zwar unabhängig davon ob Sie Dritt- staatsangehörige sind oder Unionsbürgerin. Sind Sie selbst krankenversichert, ändert sich im Fall der Scheidung nichts. Wenn Sie aber mit Ihrem Mann in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert waren, endet diese Versicherung spätestens mit Rechtskraft der Scheidung. Für die Verlängerung oder Verfestigung Ihres Aufenthalts in Deutschland müssen Sie einen Krankenversicherungsschutz nachweisen können. Grundsätzlich haben Sie nach der Scheidung die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung, soweit Ihre finanzielle Situation dies zulässt und die Vor- aussetzungen hierfür vorliegen. Mit Ihnen mitversichert werden kann dann auch Ihr Kind. Eine Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist dann nicht möglich, wenn der Ehegatte, aus dessen Versicherung die Familienver- sicherung abgeleitet wird, nicht lange genug versichert war. War Ihr Ehemann zuvor in den letzten fünf Jahren nicht mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor Ihrem Ausscheiden 12 Monate ununterbrochen pflichtversichert, können Sie diese Möglichkeit zunächst nicht nutzen. Sollte dies der Fall sein, so kann auf drei Wegen die Pflichtmitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung erworben werden: – durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit (Tätigkeit über 450 Euro), – durch Bezug von Leistungen nach dem SGB II oder – durch die am 1.4.2007 eingeführte Pflichtmitgliedschaft der bislang nicht versicherten Personen. Wichtig: Um im letztgenannten Fall pflichtversichert zu werden, müssen Sie sich an eine gesetzliche Krankenkasse Ihrer Wahl wenden. Zu beachten ist, dass auch für die nicht versicherten Zeiten Beiträge entstanden sind, die die Krankenversicherung zurückfordert. 197 F A m IL IE N L E IS T u N G E N 6 Ist die Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung nicht mög- lich, bleibt lediglich der Abschluss einer privaten Krankenversicherung. Der Beitrag orientiert sich am Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversiche- rung (703,32 Euro monatlich). Die Leistungen entsprechen dem gesetzlichen Leistungskatalog. Unter Umständen sind Beitragszuschüsse vom Grundsiche- rungsträger möglich. FAm I LI E N LE ISTu N G E N: K I N D E RG E LD, E LTE R N G E LD, u NTE R HALT SVo R ScH uSS Sie sind grundsätzlich berechtigt Kindergeld, Elterngeld und Unterhaltsvor- schuss zu beziehen, wenn Sie entweder eine Niederlassungserlaubnis besitzen oder eine Aufenthaltserlaubnis haben oder hatten, die zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Keinen Anspruch haben Sie unter Umständen, wenn Sie einen Auf- enthalt zur Ausbildung, zum Studium oder zur Beschäftigung in Deutschland haben. Auch wenn Ihr Aufenthalt in Deutschland geduldet oder gestattet ist, können Sie von diesen Leistungen ausgeschlossen sein. Staatsangehörigen der EU-Staaten sowie des Europäischen Wirtschaftsraumes (und gleichgestellter Staaten) stehen Familienleistungen zu, da diese aufgrund der Freizügigkeit von EU-Bürgern den deutschen Bürgern gleichgestellt sind. Bitte beachten Sie darüber hinaus, dass es im Bereich zahlreiche Regelungen auch im zwischenstaatlichen Bereich gibt, die Ansprüche auf Familienleistungen gewähren ohne dass sie im Folgenden immer genannt werden. Im Einzelnen gilt folgendes: Kindergeld Auch in Deutschland lebende Migrantinnen haben unter bestimmten Voraus- setzungen einen Anspruch auf Kindergeld. Grundsätzlich können Sie für Ihr Kind Kindergeld beantragen, wenn sich das Kind gewöhnlich bei Ihnen aufhält, das heißt in Ihrem Haushalt lebt. Falls bisher Ihr Mann das Kindergeld bezogen hatte, können Sie eine Änderung des bishe- rigen Kindergeldbezuges beantragen mit der Begründung des Getrenntlebens. Eine Zustimmung des Kindesvaters/Ehemanns ist hierzu nicht erforderlich. Das Kindergeld steht Ihnen auch dann zu, wenn Sie nicht erwerbstätig sind. Bezie- hen Sie bereits Kindergeld, aber Ihr Kind lebt nicht länger bei Ihnen, so müssen Sie dies sofort der Familienkasse mitteilen, da Sie ansonsten erhebliche Probleme bekommen können durch eine Rückzahlung des Kindergeldes. Der Bezug von Kindergeld wirkt sich nicht negativ auf Ihr Aufenthaltsrecht aus. 198 Sie sind Drittstaatsangehörige und möchten für Ihr Kind Kindergeld beziehen Sind Sie z. B. ursprünglich mit einem Visum zum Familiennachzug nach Deutschland gekommen und haben länger als drei Jahre mit Ihrem deutschen Mann zusammen gelebt, dann haben Sie in der Regel eine Aufenthaltserlaub- nis, die zur Erwerbstätigkeit berechtigt, und können für Ihr Kind Kindergeld beziehen. Das gleiche gilt auch, wenn Sie mit einem Visum zur Erwerbstä- tigkeit nach Deutschland gekommen sind und Sie eine Aufenthaltserlaubnis haben. Auch dann haben Sie einen Anspruch auf Kindergeld. Ebenso können Sie dann einen Anspruch auf Kindergeld haben, wenn Sie eine Aufenthalts­ erlaubnis zum Zweck der Ausbildung in Deutschland haben (§ 17 Aufenthalts- gesetz). Dies ist dann der Fall, wenn Sie eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besitzen. Dies dürfte bei Auszubildenden regelmäßig der Fall sein. Auch Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis für bestimmte, von vorn- herein nicht verlängerbare Beschäftigungsaufhalte nach § 18 Aufenthaltsgesetz können Kindergeld beanspruchen. Dies gilt beispielsweise für: Sprachlehrer/in- nen und Spezialitätenköch/innen, Schaustellergehilf/innen, Haushaltshilfen. Für türkische, algerische, bosnische, herzegowinische, serbische, montene- grinische, marokkanische und tunesische Staatsangehörige gelten besondere Regelungen, die u. U. zu einem Anspruch auf Kindergeld führen. Merkblätter der Familienkasse z. B.: Für die Türkei siehe: https://con.arbeitsagentur.de/prod/apok/ct/dam/ download/documents/KG52-t-MerkblattKindergeld_ba014339.pdf Für Marokko siehe: https://con.arbeitsagentur.de/prod/apok/ct/dam/download/ documents/KG52-mar-MerkblattKindergeld_ba014338.pdf Für Tunesien siehe: https://con.arbeitsagentur.de/prod/apok/ct/dam/ download/documents/KG52-tun-MerkblattKindergeld_ba013535.pdf Sie sind im Asylverfahren oder haben eine Duldung Sind Sie im Asylverfahren, dann haben Sie keinen Anspruch auf Kindergeld. Erst wenn Ihr Sie als Asylberechtigte anerkannt worden sind oder Ihnen inter- nationaler Schutz zugesprochen wurde, steht Ihnen Kindergeld zu. Leben Sie mit einer Duldung in Deutschland, sind vom Kindergeld in der Regel gesetzlich ausgeschlossen (§ 1 Abs. 3 Bundeskindergeldgesetz, § 62 Abs. 2 Ein- kommenssteuergesetz). Aufgrund bilateraler Verträge zwischen Deutschland und einigen Staaten erhalten für Ihr Kind ggf. mit einer Duldung Kindergeld, wenn Sie 199 F A m IL IE N L E IS T u N G E N 6 – aus der Türkei, Algerien, Tunesien oder Marokko kommen und eine Arbeit haben, über die Sie in eine Sozialversicherung (Arbeitslosen-, Kranken-, Ren- ten- oder Unfallversicherung) einzahlen; dies ist auch bei einem 450-Euro- Job der Fall, bei dem in die gesetzliche Unfallversicherung eingezahlt wird; – aus der Türkei kommen, nicht arbeiten, aber mindestens sechs Monate in Deutschland leben; – aus Kosovo, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina oder Mazedonien kommen und eine arbeitslosenversicherungspflichtige Arbeit haben; wenn Sie keine Arbeit mehr haben, gilt auch der Bezug von Kranken- oder Arbeits- losengeld I. Wichtig: Wenn Sie Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, wird das Kindergeld mit den Sozialleistungen verrechnet. Das heißt, am Ende haben Sie wahrscheinlich gar nicht mehr Geld. Trotzdem ist es in den obigen Fällen sinnvoll, den Kindergeldantrag zu stellen. Denn der Bezug von Kindergeld gilt nicht als Sozialleistung und Sie haben so leichter die Mög- lichkeit, Ihr Leben selbst zu finanzieren, und erfüllen damit unter Umständen eine wichtige Voraussetzung für eine Aufenthaltserlaubnis. Kindergeld kann auch rückwirkend für die letzten vier Kalenderjahre be- ansprucht werden. Das kann viel Geld sein. Dieses Geld wird allerdings eben- falls möglicherweise (teilweise) einbehalten, um erhaltene Sozialleistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz zurückzuzahlen. Ausführliche Informationen sind unter www.familienkasse.de sowie unter www.arbeitsagentur.de abzurufen. Elterngeld Nicht nur Deutsche, sondern auch Ausländer haben Anrecht auf Elterngeld, wenn sie in Deutschland wohnen und berechtigt sind, hier zu arbeiten. Das gilt für alle, die aus EU-Ländern oder der Schweiz stammen. Andere Ausländer bekommen dann Elterngeld, wenn sie einen Aufenthaltstitel haben, mit dem sie dauerhaft in Deutschland arbeiten dürfen. Wer eine Aufenthaltserlaubnis in Härtefällen (§ 23a Aufenthaltsgesetz), zum vorübergehenden Schutz (§ 24 Aufenthaltsgesetz), bei Aussetzung der Ab- schiebung oder wegen des Bestehens von Ausreisehindernissen (§ 25 Absätze 3,4 und 5 Aufenthaltsgesetz) besitzt, wird Elterngeld erst nach einem erlaubten http://www.familienkasse.de http://www.arbeitsagentur.de 200 Aufenthalt in Deutschland von drei Jahren und bei Bestehen eines Arbeitsver- hältnisses oder bei Bezug von Arbeitslosengeld I erhalten. Kein Elterngeld erhalten ausländische Eltern (Achtung! Das könnte sich 2019 ändern!), die eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Ausbildung (§§ 16 oder 17 Aufenthaltsgesetz), eine Arbeitserlaubnis nur für einen Höchstzeitraum (§ 18 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz) oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Aufent- haltsgesetz besitzen. Bei diesen Personen wird von einem nur vorübergehenden Aufenthalt ausgegangen. Leben Sie mit einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung in Deutschland können Sie grundsätzlich kein Elterngeld bekommen (§ 1 Abs. 7 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz). Ausnahmen gelten jedoch für er- werbstätige Menschen aus Algerien, Marokko, Tunesien und der Türkei: Kommen Sie aus einem dieser Länder, besteht auch mit einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung ein Anspruch auf Elterngeld, wenn Sie sozialversicherungspflich- tig arbeiten oder wenn Sie eine geringfügige Beschäftigung (450-Euro-Job) aus- üben, über die Sie unfallversichert sind. Elterngeld können Sie als Elternteil für Ihr Kind beanspruchen, das mit Ihnen im Haushalt lebt. Sie müssen dieses Kind selbst betreuen und erziehen. Sie dürfen keine Erwerbstätigkeit ausüben oder einer Teilzeitarbeit von nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich nachgehen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.bmfsfj. de unterhaltsvorschuss Der Unterhaltsvorschuss ist eine staatliche Unterhaltsleistung für Alleinerzie- hende, die den Lebensunterhalt des Kindes decken soll, wenn der andere unter- haltsverpflichtete Elternteil keinen oder nicht hinreichend oder nur unregel- mäßig Unterhalt für das Kind bezahlt (siehe Kapitel 3, „Unterhaltsvorschuss“). Unterhaltsvorschuss können auch Kinder mit ausländischer Staatsange- hörigkeit, die in Deutschland wohnen, in Anspruch nehmen. Hierbei wird zwischen freizügigkeitsberechtigten und nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländerinnen und Ausländern unterschieden. Für freizügigkeitsberechtigte Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Euro- päischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes und der Schweiz gelten für den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss die gleichen Voraussetzungen wie für deutsche Staatsangehörige. http://www.bmfsfj. de 201 Alleinerziehende Elternteile aus Drittstaaten benötigen eine Niederlassungs- erlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis, die zur Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat. Dies bedeutet, dass beispielsweise eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck eines Studiums oder Schulbesuchs oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung für höchstens sechs Monate nicht ausreicht, Unter- haltsvorschuss zu bekommen. Das betrifft auch Frauen, die als Asylbewerberin eine Aufenthaltsgestattung besitzen oder sich nur geduldet im Bundesgebiet aufhalten. Unterhaltsvorschuss können Sie für Ihr Kind bei Vorliegen der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen beanspruchen, wenn Sie mit einer Aufenthalts- erlaubnis oder einer Niederlassungserlaubnis in Deutschland leben oder das Kind die Voraussetzungen erfüllt (bsp. deutscher Staatsange höriger ist). Bitte beachten Sie, dass der Unterhaltsvorschuss eine steuerfinanzierte So- zialleistung ist, dessen Bezug einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen kann, wenn ohne diese Leistung Ihr Lebensunterhalt nicht gesichert ist. Ausführliche Informationen sind auch unter www.familienportal.de/ abzurufen oder auch allgemeine Hinweise unter www.familienhandbuch.de Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V., Ludolfusstr. 2–4, 60487 Frankfurt am Main, Tel. 069 / 71 37 56 0, www.verband-binationaler.de Verband binationaler Familien und Partnerschaften (Hrsg.), Binationaler Alltag in Deutschland, 8.A., Brandes & Apsel 2012 F A m IL IE N L E IS T u N G E N 6 http://www.familienportal.de http://www.familienhandbuch.de http://www.verband-binationaler.de 202 7 FE R I E N , K u R E N u N D R E H AB I LI TAT I o N FE R I E N u N D u R L Au B Jedes Jahr aufs Neue planen Familien, vor allem ihre Sommerferien an einem schönen Ort zu verbringen. Aber auch Kurztrips oder günstige Angebote in den Schulferien über Weihnachten, Ostern Pfingsten und im Herbst sind mittler- weile für viele interessant. Soll der Urlaubsort nicht nur schön, sondern auch für ein knappes Budget finanzierbar sein, sind Angebote der Familien erholung zu empfehlen. Hier gibt es durchaus eine große Auswahl, die jedem Geschmack etwas bietet: Ob Meeresrauschen, Gebirge, Adventure oder Wellness – da müssen sich Eltern und Kinder nur noch einigen, was sie beide wollen oder kombinieren können. Familienhotels, Campingplätze, Ferienhäuser usw. werden auch von den Wohl- fahrtsverbänden, vom Alpen- und Naturfreundeverein und anderen gemein- nützigen Organisationen preisgünstig angeboten. Ferienaufenthalte speziell für Alleinerziehende bietet die Wertacher Mühle im Allgäu (www.wertachermuehle.de, Tel. 08365 / 16 28). Der Katalog „Urlaub mit der Familie 2019/2020“ der Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung enthält Angebote gemeinnütziger Familienferienstätten. Im Katalog und auf der Homepage gibt es außerdem Hinweise auf finanzielle Zuschüsse in einzelnen Bundesländern. Ausführliche Informationen unter www.urlaub-mit-der-familie.de. Auch die VAMV-Landesverbände (www.vamv.de/vamv/landesverbaende.html) beraten Alleinerziehende über finanzielle Zuschüsse für die Ferien. http://www.wertachermuehle.de http://www.urlaub-mit-der-familie.de http://www.vamv.de/vamv/landesverbaende.html 203 K u R E N u N D R E H A B IL IT A T Io N 7 K u R E N u N D R E H A B I L I TAT I o N Mutter/Vater-Kind-Kuren sind Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenver- sicherung, egal ob es sich um eine Vorsorge-Kur oder eine Rehabilitationskur handelt (siehe unten). Bundesweit gibt es neben den Einrichtungen des Mütter- genesungswerks eine Vielzahl von Kliniken, die die unterschiedlichsten Kon- zepte und Behandlungsmethoden entwickelt haben – die meisten haben einen ganzheitlichen Therapieansatz aufgrund der sich durchsetzenden Erkenntnis, dass viele Krankheitssymptome psychosomatisch sind und auf eine Überforde- rung im Alltag zurückzuführen sind. Neben der ärztlichen Betreuung und der physikalischen Anwendungen (Massagen, Bäder, Yoga, Gymnastik) bieten die Kliniken Einzel- und Gruppentherapiegespräche an. Es gibt auch Spezialange- bote für Alleinerziehende, bei denen die spezifische Lebenssituation von Ein- elternfamilien im Mittelpunkt steht. Alleinerziehende Mütter und Väter können allein in die Kur fahren, dann muss das Kind für drei Wochen gut untergebracht sein. Sie haben für die Zeit der Kur einen Anspruch auf eine Familienpflegerin, die das Kind zu Hause versorgt. Für Kinder bis zwölf Jahre besteht die Möglichkeit, Sie in die Kurklinik zu begleiten, ohne dass zusätzliche Kosten entstehen. Für die Mitnahme behinderter Kinder gibt es keine Altersbegrenzung. Hat Ihr Kind ebenfalls gesundheitliche Probleme, kann es zeitgleich mit Ihnen Behandlungen erhalten. Ansonsten kann Ihr Kind am Kur- ort betreut werden, während Sie Ihre Therapien und Anwendungen absolvieren. Lassen Sie sich am besten in einer Beratungsstelle (VAMV-Landesverbände, siehe Liste im Anhang, Müttergenesungswerk) darüber aufklären, welche Kur- möglichkeiten es gibt, welche Kliniken für Sie in Frage kommen und was Sie sonst noch alles beachten müssen, um eine Kur von der Krankenkasse bewilligt zu bekommen und einen optimalen Kurerfolg zu erreichen. Das Müttergene- sungswerk bietet bundesweit an 1.200 Orten Beratung an. Auf www.muettergenesungswerk.de oder beim Kurtelefon des Müttergene- sungswerks 030/33002929 erfahren Sie mehr. Hier können Sie auch nach einer spezialisierten Beratungsstelle suchen. Es gibt Kurhäuser, die auf die Behand- lung von konkreten Beschwerden spezialisiert sind, manche haben auch Konzepte und Anwendungen speziell für Alleinerziehende. Vo R So RG E - K u R Alleinerziehende Mütter und Väter haben oft einen besonders anstrengenden Alltag und sind häufig vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Um körperliche und http://www.muettergenesungswerk.de 204 psychische Erkrankungen zu vermeiden, die aus diesen Belastungssituationen resultieren können, ist eine Vorsorge-Kur sinnvoll. Die Mutter­Kind­Kur (auch Vater­Kind­Kur) dauert in der Regel drei Wochen (21 Tage) und wird von den ge- setzlichen Krankenkassen übernommen. Sie haben alle vier Jahre die Möglichkeit, eine Kur zu beantragen. Wenn es vorher aus medizinischen Gründen notwendig wird, können Sie bereits nach kürzerer Zeit erneut einen Antrag stellen. Je Kalen- dertag ist eine Zuzahlung in Höhe von zehn Euro zu leisten, der Aufenthalt Ihres Kindes bis zwölf Jahre ist kostenfrei. Sollten Sie nicht zur Kur fahren können, weil ihnen das nötige Geld für den gesetzlichen Eigenanteil fehlt, können Sie durch Spendenmittel des Müttergenesungswerks unterstützt werden. Arbeitnehmer/in- nen müssen für die Zeit der Kur keinen Jahresurlaub nehmen. Es empfiehlt sich, bereits vor Antragsstellung eine Beratung, zum Beispiel beim Müttergenesungswerk, in Anspruch zu nehmen. Beantragen können Sie die Kur entweder bei den Krankenkassen, direkt bei einem Kurhaus oder über eine Kur- vermittlung, die bei den Wohlfahrtsverbänden stattfindet. Ob Sie Anspruch auf eine Kur haben, stellt Ihr Arzt oder Ihre Ärztin fest. Wenn Sie bei der Krankenkasse eine Kur beantragen, müssen Sie erstens diese medizini- sche Diagnose bzw. ärztliches Attest vorweisen und zweitens familiäre Belastungs- faktoren nennen. Alleinerziehend zu sein, ist in der Begutachtungsrichtlinie der Krankenkassen für Kuren explizit genannt. Je genauer und ausführlicher das ärzt- liche Attest, desto besser sind Ihre Chancen auf Bewilligung der Kur. Das Mütter- genesungswerk empfiehlt, die familiären Belastungsfaktoren bereits im Attest aufzuführen, damit deutlich wird, dass Sie eine Pause von ihrem Alltag brauchen. Anschließend prüft der Medizinische Dienst den Antrag. Wird er von der Kran- kenkasse abgelehnt, geben Sie nicht auf und legen innerhalb von vier Wochen Widerspruch ein. Oftmals lohnt sich ein Widerspruch. Wird Ihr Antrag bewilligt, schlägt Ihnen die Krankenkasse ein Mutter/Vater-Kind-Kurhaus zu. Allerdings sind die Krankenkassen seit 2015 ausdrücklich verpflichtet, Ihr Wunsch- und Wahl- recht zu beachten. Sie müssen der vorgeschlagenen Einrichtung nicht zustimmen. Es empfiehlt sich, schon im Antrag die gewünschte Einrichtung selbst anzugeben. Krankenkassen müssen diesen Wunsch bei ihrer Auswahl berücksichtigen oder gegebenenfalls eine Ablehnung (jedoch nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen) begründen. Am bekanntesten sind die Kurheime des Müttergenesungswerks, in des- sen Trägerschaft gibt es 78 anerkannte Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen. R E HAB I LITATI o N S - K u R Von der Vorsorge-Kur unterscheidet sich die Rehabilitationskur. Ziel einer Rehabilitation ist die umfassende Wiederherstellung der Gesundheit und/ 205 oder Arbeitsfähigkeit, beispielsweise nach Unfällen, schwerwiegenden Krank- heiten oder Operationen. Sie sollten sich mit Ihrem Arzt besprechen, was für Sie in Frage kommt. Je nach Ursache der Maßnahme sind entweder die Kranken kasse oder die Rentenversicherung für Ihren Antrag zuständig. Auch während einer Rehabilitationsmaßnahme haben Sie ggf. Anspruch auf eine Haushaltshilfe oder darauf, Ihr Kind in die Rehaklinik mitzunehmen. In die- sem Fall sollten Sie darauf achten, eine Klinik zu wählen, die sich auf eine gleich- zeitige Aufnahme und Behandlung von Eltern und ihren Kindern spezialisiert hat. Hier gibt es vielleicht sogar die Möglichkeit, durch zusätzliche familientherapeu- tische Angebote die familiäre Situation dauerhaft zu verbessern. K u R E N u N D R E H A B IL IT A T Io N 7 206 8 B E R AT u N G B E R AT u N G SS T E L L E N Wenn Sie sich in einer Sie selbst oder Ihr Kind betreffenden Angelegenheit an ein Amt oder eine Behörde wenden, werden Sie dort im Rahmen der Zustän- digkeit auch beraten. So berät z. B. das Jugendamt Eltern und Kinder in Fragen des Sorge- und Umgangsrechts oder die Agentur für Arbeit und das Job center Erwerbslose bei der Arbeitssuche, über Ausbildungs- und Weiterbildungs- möglichkeiten und den Bezug von Arbeitslosengeld I bzw. Arbeits losengeld II. Oft können Sie aber nur in den speziellen Fragen beraten werden, die in den Zuständigkeitsbereich der Behörde fallen. Daher empfiehlt es sich, regel- mäßig bei Fragen, die eine komplexe Lebenssituation betreffen, zunächst eine Beratungsstelle aufzusuchen, die Sie in Ihrer Situation umfassend berät (z. B. Schwangerschafts-, Erziehungs- und Familien- oder Sozialberatungsstelle). Fühlen Sie sich von einer Behörde unzureichend oder falsch beraten oder wird Ihnen mit Sanktionen gedroht, sollten Sie ebenfalls eine unabhängige Bera- tungsstelle aufsuchen. Unabhängige Beratung wird vor allem von den so genannten freien Trägern, insbesondere von den Wohlfahrtsverbänden, den Kirchen und einer Vielzahl von (gemeinnützigen) Vereinen angeboten. Das Angebot in den einzelnen Gemein- den ist unterschiedlich und vor allem in größeren Städten vielfältig. In öffent- lichen Büchereien finden Sie Beratungsführer nach Bundesländern, Trägern und Beratungsfeld geordnet. Bei den Gemeinden, speziell bei Jugendämtern und Sozial diensten, erhalten Sie in der Regel Listen mit den Adressen der verschiede- nen Beratungsstellen, aber auch Verzeichnisse der örtlichen Kindertagesstätten oder Schulen. Auf den Webseiten Ihrer Stadt oder Gemeinde sind in der Regel alle Beratungsstellen (nach inhaltlichen Schwerpunkten) verzeichnet. 207 B E R A T u N G 8 Die Beratung in Ämtern und Behörden ist grundsätzlich kostenlos. Auch in den meisten Beratungsstellen freier Träger wird kostenlos beraten. Manchmal werden Sie aber um eine Spende gebeten. Viele Vereine und Gruppen beraten grundsätzlich nur ihre Mitglieder, z. B. Mietervereine. Auch der VAMV bietet in seinen Landes- und Ortsverbänden häufig professionelle Beratungen vor Ort an und kann über weitergehende Unterstützungsangebote und Beratungsstellen informieren. Daneben kann der VAMV mitunter an eine Beistandschaft, Erzie- hungsberatungsstelle und freie Sozialberatungsstellen vermitteln. Suchen Sie Rat bei Rechtsanwält/innen, Ärzt/innen, Psycholog/innen oder anderen freiberuflich tätigen Expert/innen, sind damit regelmäßig Kosten verbunden, soweit sie nicht von der Beratungshilfe, der Prozesskosten- oder Verfahrenskostenhilfe oder den Krankenkassen übernommen werden. Erkundigen Sie sich deshalb im Voraus über mögliche Kosten. J uG E N DAmT u N D FR E I E B E R ATu N GSSTE LLE N Viele Fragen von Alleinerziehenden betreffen den Bereich der Kinder­ und Jugendhilfe. Zuständig ist grundsätzlich das Jugendamt. Viele Jugendämter sind mit anderen Ämtern zu größeren Fachbereichen zusammengelegt (z. B. Soziales, Gesundheit, Kultur oder Schule) oder einzelne Aufgaben werden an be ondere Fachgebiete übertragen, die dort aber wie in den eigenständigen Jugend ämtern wahrgenommen werden. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Ge - meinde, welche Stelle für Ihr Anliegen zuständig ist. Sie können sich auch an einen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe tätigen freien Träger wenden. Auf dem Beratungsführer online www.dajeb.de/ können Sie mithilfe Ihrer Postleitzahl eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden. Erziehung, Partnerschaft, Trennung und Scheidung, Personensorge, umgang und unterhalt Mütter und Väter haben einen Beratungsanspruch in Fragen der Erziehung, der Partnerschaft, bei Trennung und Scheidung oder bei Fragen der elter- lichen Sorge, des Umgangsrechts und des Kindesunterhalts sowie der Geltend- machung von Unterhaltsersatzansprüchen (§§ 16 bis 18 SGB VIII). Unterhalts- ersatzansprüche sind beispielsweise Waisenrente, Unterhaltsvorschuss oder Sozialgeld. Das Gleiche gilt für nicht miteinander verheiratete Mütter und Väter bezüglich ihrer Unterhaltsansprüche aus § 1615 l BGB, also Betreuungs- http://www.dajeb.de 208 unterhalt bzw. Unterhalt aus Anlass der Geburt. Volljährige Kinder werden bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres bei der Geltendmachung von Unterhalts- und Unterhaltsersatzansprüchen beraten und unterstützt. Erziehungs- und/oder Familienberatungsstellen sind bei familiären Konflik- ten die richtige Anlaufstelle. Abhängig vom Alter werden die Kinder in die Be- ratung einbezogen. Auch an Gesprächen zur Klärung der elterlichen Sorge nach einer Trennung oder Scheidung sind Kinder angemessen zu beteiligen. Die Mitarbeiter/innen des Jugendamtes sind verpflichtet, bei der Herstellung von Umgangskontakten oder bei der Umsetzung von Umgangsregelungen ver- mittelnd zu helfen. Dieses Hilfsangebot gilt nicht nur für die Eltern, sondern für alle umgangsberechtigten Personen, auch für Großeltern, Geschwister oder andere umgangsberechtigte enge Bezugspersonen des Kindes. Auch die Kinder selbst haben einen Beratungs- und Unterstützungsanspruch bei der Ausübung ihres Umgangsrechts, wenn sie Kontakt zu einem Elternteil haben möchten, der den Umgangswünschen des Kindes nicht nachkommt. B E ISTAN DScHAF T Alleinerziehende Eltern haben die Möglichkeit, für die Feststellung der Vater - schaft und/oder die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen das Jugend- amt zum Beistand des Kindes zu machen. Das Sorgerecht wird durch eine Beistandschaft nicht eingeschränkt. In gerichtlichen Verfahren zu dem be- antragten Aufgabenkreis tritt dann allerdings das Jugendamt als gesetzlicher Vertreter des Kindes auf und der Elternteil, der die Beistandschaft beantragt hat, ist insoweit von der Vertretung ausgeschlossen. Eine Beistandschaft kann auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge auf Antrag des alleinerziehenden Eltern teils eingerichtet werden. Bei Geburt eines Kindes, dessen Eltern nicht verheiratet sind, wird das Jugendamt vom Standesamt informiert und wendet sich dann an die Mutter, um Beratung, Unterstützung und ein persönliches Gespräch anzubieten. Die Beistandschaft tritt nur in Kraft, wenn ein Antrag gestellt wird. Das ist auch schon vor der Geburt eines Kindes möglich. Die Beistandschaft endet auf schriftliches Verlangen des Elternteils, der die Beistandschaft eingerichtet hat oder wenn andere Voraussetzungen für ihre Begründung entfallen, beispiels- weise bei Eintritt der Volljährigkeit des Kindes. Die Aufgabenbereiche der Bei- standschaft hängen von dem Wunsch des Antragstellers / der Antragstellerin ab: Sie können die Vaterschaftsfeststellung und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen oder aber nur einen der beiden Bereiche umfassen. 209 B E R A T u N G 8 „Die Beistandschaft“ und „Kinder- und Jugendhilfe“ (Hrsg.: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), unter www.bmfsfj.de (Unterseite „Publikationen“ bei „Service“) B Eu R K u N Du N G Das Jugendamt kann in bestimmten Fällen Erklärungen beurkunden. Dies sind unter anderem die Anerkennung der Vaterschaft, die gemeinsame Sorge- erklärung oder die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt oder Betreu- ungsunterhalt bei nicht miteinander verheirateten Eltern. Die Beurkundung beim Jugendamt ist kostenlos und hilft langwierige und teure Prozesse zu vermeiden. Dies setzt aber voraus, dass der Elternteil bzw. beide Eltern zur Abgabe einer ent- sprechenden Erklärung bereit sind. Ist dies nicht der Fall, kann der umstrittene Sachverhalt nur gerichtlich geklärt werden. Aus Urkunden über Unterhaltszah- lungen kann wie aus gerichtlichen Beschlüssen die Zwangsvollstreckung betrie- ben werden. In beiden Fällen wird von einer Titulierung des Unterhaltsanspruchs gesprochen. Zwangsvollstreckung bedeutet, dass ein titulierter Anspruch, der vom Schuld - ner nicht freiwillig bezahlt wird, mithilfe eines staatlichen Verfahrens zwangs- weise durchgesetzt wird. Dazu können entweder Gerichtsvollzieher/innen Gegenstände beim Schuldner pfänden. Oder ein Vollstreckungsgericht kann das Arbeitseinkommen pfänden: Durch einen Pfändungs- und Überweisungs- beschluss bewirkt es, dass der Arbeitgeber des Schuldners Teile seines Gehalts direkt an denjenigen auszahlt, der den zu vollstreckenden Anspruch hat. Kinderbetreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen Beim Jugendamt erhalten Eltern Informationen und Hilfe bei der Organisation der Kinderbetreuung. Dies kann die Betreuung in einer Kinderkrippe, einer Kita oder in einem Hort sein. Daneben gibt es die Möglichkeit, Kinder in Tagespflege bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater betreuen zu lassen. Aber auch wenn Sie die Betreuung Ihres Kindes zuverlässig und gut geregelt haben, kann der Fall eintreten, dass Sie sich aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht selbst um Ihr Kind kümmern können. Unter Umständen ist es sinnvoll, einen solchen Fall im Voraus zu klären. Auch in diesem Fall ist grundsätz lich das Jugendamt zuständig und vermittelt Ihnen Familienpfleger/innen. In einigen Städten existieren sogenannte Notmütterdienste, die in einem Notfall http://www.bmfsfj.de 210 helfen und kurzfristig eine Kinderbetreuung organisieren können (siehe Kapitel 4 Abschnitt Wenn das Kind krank ist). E R Z I E H u N GS - u N D FAm I LI E N B E R ATu N G SowI E H I LFE N Zu R E R Z I E H u N G Gerade in der Zeit nach einer Trennung oder Scheidung der Eltern können Kinder auf die sich verändernde familiäre Situation mit Rückzug oder auffäl- ligem Verhalten reagieren. Eltern sind dann in Erziehungsfragen oft uneinig oder verunsichert. Viele Alleinerziehende haben in dieser Situation die Hilfe des Jugendamtes oder einer Erziehungsberatungsstelle in Anspruch genom- men und damit gute Erfahrungen gemacht. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Kinder, die in die Konflikte ihrer Eltern möglichst wenig einbezogen werden und auf die Unterstützung ihrer Eltern, ihrer Familie und weiterer Personen vertrauen können, die Trennung der Eltern gut bewältigen und in bestimmten Bereichen von ihr profitieren können. Die Erziehungsberatung kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. In den meisten Gemeinden bieten neben dem Jugendamt auch freie Träger die Beratung von Kindern, Jugendlichen und Eltern in Erziehungsfragen an. Bei schulischen Problemen hilft der schulpsychologische Dienst, den es in jedem Bundesland (manchmal unter anderem Namen) gibt. Die jeweilige Schulleitung gibt darüber Auskunft. Über die Beratung hinaus, sind – abhängig von der Lage des Einzelfalls – wei- tere Hilfen zur Erziehung möglich. Dies sind zum Beispiel die Unterstützung bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen durch einen Erziehungsbeistand oder die sozialpädagogische Familienhilfe, die Familien bei Erziehungsaufgaben, der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und beim Umgang mit Behörden und Institutionen begleitet. Diese Hilfen sind für die Eltern in der Regel nicht mit Kosten verbunden. Zu den Kosten weitergehender Hilfen, wie der Erziehung in einer Tagesgruppe oder in einem Heim, können die Eltern abhängig von ihrem Einkommen herangezogen werden. Ob und in welchem Umfang eine so genannte Hilfe zur Erziehung für Sie in Frage kommt, muss mit dem zuständigen Jugendamt geklärt werden. ScHwAN G E R ScHAF T SB E R ATu N G Bei Schwangerschaftsberatungsstellen können Sie in medizinischen und sozialen Fragen beraten werden. Sie erhalten Auskunft über die (arbeits-) rechtliche Situa- tion, finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten, Unterstützung im Kontakt zu Äm- tern und Behörden, Entbindungskliniken oder Hebammen. Oftmals sind diese 211 B E R A T u N G 8 Schwangerschaftsberatungsstellen bei den kommunalen Gesundheitsämtern ange- siedelt. Auch Leistungen der Bundesstiftung „Mutter und Kind – Schutz des ungebo- renen Lebens“ können bei einer Schwangeschaftsberatungsstelle beantragt werden: Diese unterstützt werdende Mütter in finanziellen Notlagen. Je nach Einzelfall zahlt die Stiftung finanzielle Hilfen für die Erstausstattung des Kindes, die Wohnung und Einrichtung oder sonstige, im Zusammenhang mit der Schwangerschaft, der Geburt oder der Pflege des Kleinkindes entstehende Aufwendungen. Wenn Sie un- gewollt schwanger sind, können Sie in den staatlich anerkannten Beratungsstellen eine Schwangerschaftskonfliktberatung in Anspruch nehmen, die als Vorausset- zung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch gesetzlich vorgeschrieben ist. Das bundesweite Hilfetelefon „Schwangere in Not – anonym und sicher“ bietet unter der Rufnummer 0800 / 40 40 020 kostenfrei 24 Stunden täglich vertrauliche und mehrsprachige Beratung für Schwangere, die ihre Schwanger- schaft geheim halten wollen oder einfach nicht mehr weiter wissen. www.geburt-vertraulich.de ScH u LD N E R B E R ATu N G Immer mehr Menschen geraten zurzeit in wirtschaftliche Not und haben Schulden. Von einer „Überschuldung“ wird aber erst dann gesprochen, wenn das monatliche Einkommen nicht mehr ausreicht, um die Lebenshaltungskosten und fällige Raten sowie Rechnungen zu bezahlen. Gründe für eine Überschuldung sind vor allem Arbeitslosigkeit oder unzureichende Einkünfte, z. B. nicht gezahlter Unterhalt, aber auch zu hohe Ausgaben. Schulden können auch aus einer vorangegangenen Part- nerschaft stammen, wenn zum Beispiel Verträge des/der Partner/in mit unterschrie- ben wurden. Wer Schulden hat, sollte auf Mahnungen, Mahnbescheide usw. auf jeden Fall reagieren. Im Zweifelsfall sollten Sie sich schnell um Beratung und Hilfe bemühen. In allen größeren Kommunen gibt es Schuldnerberatungsstellen. Sie be- raten nicht nur in rechtlichen und finanziellen Fragen bis hin zur Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens (siehe Kapitel 3 Abschnitt Schulden), sondern auch bei individuellen, sozialen und psychischen Problemen, die zu einer Überschuldung führen. Arbeitsuchende und Bezieher/innen von Sozialhilfe können von der zustän- digen Arbeitsagentur, dem Jobcenter oder vom Sozialamt beraten werden. SucHT- u N D D Ro G E N B E R ATu N G Abhängigkeit und Sucht sind in unserer Gesellschaft keine Ausnahme. Neben dem Konsum von Alkohol und anderen Drogen bzw. Substanzen kann süch- tiges Verhalten auch alltägliche Tätigkeiten und Gewohnheiten betreffen, zum http://www.geburt-vertraulich.de 212 Beispiel Essen, Spielen, Sexualität oder Arbeit. Für Abhängigkeiten und Süchte gibt es nicht nur einen Grund. Schon deshalb bedarf es einer professionellen und umfassenden Beratung und Behandlung. Fast immer ist auch das famili- äre oder soziale Umfeld in die Sucht einbezogen. Deshalb sollten nicht nur die Abhängigen selbst, sondern auch ihre Partner/innen und Angehörigen Hilfe und Beratung in Anspruch nehmen. In den meisten Gegenden gibt es spezielle Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen – auch für Angehörige. Die Adressen erfahren Sie bei den Jugend- und Sozialämtern oder Ärzt/innen und Psycho- log/innen. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. www.dhs.de H I LFSAN G E BoTE FÜ R FR Au E N Zum ScH uT Z Vo R G E wALT Gewalt gegen Frauen gehört leider in Deutschland zum Alltag. 40 Prozent aller Frauen sind schon einmal Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt ge- worden. Sind Sie oder eine Freundin von häuslicher Gewalt, Stalking oder sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen, können Sie sich schnell und unkompliziert telefonisch helfen lassen. Unter der Telefonnummer 08000 /116 016 wurde ein bundesweites entgeltfrei zu erreichendes Hilfetelefon eingerich- tet. Rund um die Uhr stehen Ihnen zu allen Fragen zum Thema Gewalt gegen Frauen Fachkräfte als Ansprechpartnerinnen zu Verfügung. Die Beratung ist vertraulich und wenn Sie es wünschen auch anonym. Bei Bedarf werden Dolmet scherinnen zum Gespräch hinzugeschaltet, 17 Sprachen sind verfügbar. Neben einer Erstberatung werden Ihnen Hinweise zu Einrichtungen vor Ort gegeben oder Sie werden gegebenenfalls dorthin vermittelt. Sie können sich auch per E-Mail oder per Chat beraten lassen. Auch als gewaltbetroffener Mann werden Sie selbstverständlich beraten. Tel.: 08000/116 016 und www.hilfetelefon.de Die Online-Plattform „Frauen raus aus der Gewalt“ gibt Ihnen eine Übersicht über die wichtigsten Hilfsangebote für Frauen zum Schutz vor Gewalt. Sie zeigt in kurzen Filmen, was Sie bei einer Frauenberatungsstelle, beim Frauennotruf http://www.dhs.de http://www.hilfetelefon.de 213 Ju R IS T IS c H E B E R A T u N G 8 oder in einem Frauenhaus erwartet. So soll Ihnen die Scheu genommen wer- den, sich Hilfe zu suchen. www.frauen-raus-aus-der-gewalt.de J u R I S T I S c H E B E R AT u N G u N D V E R T R E T u N G u N D I H R E K o S T E N In familienrechtlichen Angelegenheiten ist es in vielen Fällen angezeigt, eine Anwältin oder einen Anwalt aufzusuchen. Juristische Beratung und/oder die gerichtliche Klärung von Ansprüchen sind immer mit Kosten verbunden. Das heißt auch, dass Sie als Ratsuchende/r oder Antragsteller/in zunächst immer kostenpflichtig sind. Sie müssen zum Beispiel Vorschüsse auf Gerichts- und An- waltskosten bezahlen. Die Höhe der Anwalts- und Gerichtskosten richtet sich nach den so genannten Verfahrenswerten. Diese sind für die unterschiedlichen Verfahren gesetzlich festgelegt. Hinzu kommen gerade in Umgangs- und Sorge- verfahren gegebenenfalls Kosten für Verfahrensbeistände und Gutachten. Die Kosten für Sachverständigengutachten sind meist sogar deutlich höher als die Anwaltsgebühren. B E R ATu N G Du RcH E I N E N ANwALT/ E I N E ANwäLTI N Die Beratung bei einem Anwalt/einer Anwältin ist immer kostenpflichtig. Die erste Beratung kostet jedoch nie mehr als 190 Euro plus Mehrwertsteuer. Wenn Sie die Kosten nicht aufbringen können, prüfen Sie, ob Sie möglicherweise eine Rechtsschutzversicherung oder einen Anspruch auf Beratungshilfe haben. R EcHT SScH uT Z V E R S I cH E Ru N G Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, kann diese unter Umständen die Kosten für eine juristische Beratung übernehmen. Zwar besteht bei einer Privatrechtsschutzversicherung selten kompletter Schutz für familienrecht- liche oder erbrechtliche Angelegenheiten, aber oft wird das erste Beratungs- gespräch beim Anwalt/bei der Anwältin bezahlt. Sie sollten sich in jedem Fall zunächst bei Ihrer Versicherung informieren, ob die Kosten übernommen http://www.frauen-raus-aus-der-gewalt.de 214 werden und sich eine Deckungszusage geben lassen. Diese sollten Sie bei der Erstberatung dem Anwalt/der Anwältin vorlegen. Handelt es sich um eine Familienrechtsschutzversicherung, dürfen sich die Ansprüche nicht gegen den/die Versicherungsnehmer/in selbst richten. B E R ATu N GSH I LFE Beratungshilfe regelt die Übernahme von Kosten für Beratung und Vertre- tung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens. Bei vielen rechtlichen Dingen empfiehlt es sich, fachkundigen Rat einzu- holen. Bevor Sie sich beispielsweise dafür entscheiden, eine Angelegenheit vor Gericht zu bringen, kann es sinnvoll sein, sich zunächst die rechtliche Situation und Ihre Aussichten auf eine für Sie positive Entscheidung bei Gericht erklären zu lassen. Wenn Sie nur über ein geringes Einkommen verfügen, können Sie Beratungshilfe in Anspruch nehmen. Beratungshilfe erhält, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die für eine Beratung oder Vertretung erforderlichen Mittel nicht aufbringen kann. Dies sind in der Regel Personen, die laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch („Sozialhilfe“) bezie- hen. Aber auch bei anderen Personen mit geringem Einkommen können die Voraussetzungen dafür vorliegen: Wenn Ihr Einkommen so gering ist, dass Sie sich nicht in Form von Raten an den Kosten eines gerichtlichen Verfahrens oder Prozesses beteiligen müssten, bekommen Sie Beratungshilfe bewilligt. Die ge- nauen Voraussetzungen dafür, also für die Bewilligung von ratenfreier Prozess- kostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe werden nachfolgend im Abschnitt „Prozess- kostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe (PKH/VKH)“ dargestellt. Sollten Sie andere Möglichkeiten der Beratung haben, z. B. als Mitglied einer Gewerkschaft oder eines Mieterverbandes oder wenn Sie entsprechend rechtsschutzversichert sind, schließt dies in der Regel einen Anspruch auf Beratungshilfe aus. Im Gegensatz zur PKH/VKH kommt es bei der Beratungshilfe nicht auf die Erfolgsaussichten an. Der Anspruch auf Beratungshilfe besteht nicht nur in der Beratung, sondern, falls erforderlich, auch in der Vertretung bei der Wahrneh- mung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens. Eine Vertretung gilt als erforderlich, wenn Sie nach der Beratung bei der außergerichtlichen Wahrnehmung Ihrer Rechte unterstützt werden müssen, weil die betreffende Angelegenheit zu umfangreich oder zu schwierig oder sehr bedeutsam für Sie ist. Beispielsweise kann ein Anwalt oder eine Steuerberaterin für Sie einen Brief an einen Dritten schreiben, in dem der Sachverhalt und Ihr Rechtsstandpunkt dargestellt werden. 215 Ju R IS T IS c H E B E R A T u N G 8 Seit 2014 (Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungs- hilferechts) wird Beratungshilfe in allen rechtlichen Angelegenheiten gewährt. Lediglich in Angelegenheiten, die Strafsachen oder Ordnungswidrigkeiten be- treffen, erhalten Sie ausschließlich Beratung, aber keine Vertretung. Beratungshilfe wird auf Antrag gewährt. Um Beratungshilfe zu erhalten, müs- sen Sie sich (außer in Bremen und Hamburg) deshalb zunächst an das Amtsgericht Ihres Wohnortes wenden. Dort schildern Sie dem/der zuständigen Rechtspfleger/ in das Problem und legen Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dar. Der Antrag auf Beratungshilfe kann sowohl mündlich als auch schriftlich gestellt werden. Das Formular für den Antrag auf Beratungshilfe finden Sie hier: www.justiz.de/formulare/zwi_bund/agI1.pdf Der Antrag gilt nicht in den Ländern Bremen u. Hamburg. In Hamburg wenden Sie sich bitte an die Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle ÖRA (www.hamburg.de/oera/ ) und in Bremen an den Bremer Anwaltsverein (www.anwaltsverein-bremen.de/index.php/buergerservice/rechtsberatung) und die Arbeitnehmerkammer, der die öffentliche Rechtsberatung übertragen ist (www.arbeitnehmerkammer.de/ueber-uns/ueber-uns/ beratungsangebot.html und dort unter „Öffentliche Rechtsberatung“) Wichtig: Weisen Sie immer darauf hin, dass Sie alleinerziehend sind, damit bei der Berechnung Ihres einzusetzenden Einkommens der Mehrbedarf für Alleinerziehende zu Ihren Gunsten berücksichtigt werden kann. Tragen Sie den Umstand, dass Sie alleinerziehend sind, im Antragsformular unter Buch- stabe „G“ als „Sonstige besondere Belastung“ ein. Wenn das Amtsgericht mit einer sofortigen Auskunft, der Aufnahme eines Antrages oder dem Hinweis auf andere Beratungsstellen Ihrem Anliegen ent- sprechen kann, gewährt es diese Hilfe kostenlos. Anderenfalls wird Ihnen ein Berechtigungsschein für Beratungshilfe ausgestellt. Sie können mit die- sem Schein zu einer Beratungsperson Ihrer Wahl gehen – seit 2014 können Sie sich je nach Art der Rechtsangelegenheit nicht nur an einen Anwalt/eine Anwältin, sondern auch an eine/n Steuerberater/in, Wirtschaftsprüfer/in oder Rentenberater/in wenden, soweit diese/r zur Rechtsberatung befugt ist – und werden dort, abgesehen von einer Beteiligung von 15 Euro, kostenfrei beraten. In Hamburg und Bremen wird die Beratung nur in öffentlichen Rechts­ beratungsstellen durchgeführt. In Berlin können Sie zwischen öffentlicher Rechtsberatung und Beratung durch andere Beratungspersonen wie Anwält/ innen, Steuerberater/innen, Wirtschaftsprüfer/innen oder Rentenberater/in- http://www.justiz.de/formulare/zwi_bund/agI1.pdf http://www.hamburg.de/oera/ http://www.anwaltsverein-bremen.de/index.php/buergerservice/rechtsberatung http://www.arbeitnehmerkammer.de/ueber-uns/ueber-uns/beratungsangebot.html http://www.arbeitnehmerkammer.de/ueber-uns/ueber-uns/beratungsangebot.html 216 nen wählen. Sie können auch ohne Beratungsschein zu einer Beratungsperson gehen, diese kann auf Wunsch den Antrag auf Beratungshilfe für Sie nach- träglich, jedoch spätestens vier Wochen nach Beginn der Beratungshilfetätig- keit, stellen. Dann besteht jedoch das Risiko, dass Sie die Kosten tragen müssen, sollte Ihr Antrag nicht bewilligt werden. Anwaltliche Beratung ohne Beratungshilfe Falls Sie keine Beratungshilfe erhalten, tragen Sie die Kosten für eine anwalt- liche Beratung und außergerichtliche Vertretung selbst. Die Höhe der Anwalts- gebühren ist gesetzlich festgelegt und richtet sich nach dem Wert des Beratungs- gegenstandes. In außergerichtlichen Verfahren bestimmt die Anwältin/der Anwalt den Wert des Gegenstandes nach gesetzlich vorgegebenen Kriterien. In § 34 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist festgeschrieben, dass die Kosten einer Erst- beratung eine Gebühr von 190 Euro nicht überschreiten dürfen. Die Anwältin/ der Anwalt gibt Ihnen auf Anfrage über die genauen Kosten der Beratung und Vertretung Auskunft. In vielen Städten führen auch die Anwält/innen der örtlichen Anwaltsvereine zu bestimmten Zeiten kostenlose Beratungen ohne Terminabsprache durch. An- waltsvereine sitzen in der Regel in dem für Ihren Wohnort zuständigen Land- gerichtsgebäude. KoSTE N B E I E I N E m G E R I cHTLI cH E N V E R FAH R E N Wenn Sie Ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen möchten, sind Sie als An- spruchsteller/in zunächst vorschusspflichtig für die Gerichtskosten. Wenn Sie sich anwaltlich vertreten lassen, sind Sie zudem bezüglich der anfallenden An- waltsgebühren vorschusspflichtig. Sowohl die Höhe der Gerichtsgebühren als auch die Höhe der Anwaltsgebühren richten sich nach dem Verfahrenswert. Dieser wird vom Gericht zu Beginn des Verfahrens vorläufig und am Ende des Verfahrens endgültig festgelegt. Wie hoch die Gebühren in welchem Ver- fahren und bei welchem Verfahrenswert sind, wird durch Gebührenverzeich- nisse festgelegt. Ihr Anwalt/Ihre Anwältin kann Ihnen mitteilen, mit welchen Kosten Sie in Ihrem konkreten Fall ungefähr rechnen müssen, Sowohl in Scheidungssachen samt Folgesachen als auch in Kindschaftsverfah- ren werden die Kosten in der Regel gegeneinander aufgehoben, das bedeutet, dass die Verfahrenskosten zwischen Ihnen und dem anderen Verfahrensbeteiligten hälftig geteilt werden und jeder seine Anwaltskosten selbst trägt. Das Gericht hat ansonsten auch die Möglichkeit, die Kosten nach Billigkeit zu verteilen. In Un- terhaltsachen werden sämtliche Kosten in einem Verhältnis zwischen Antrags - 217 V E R FA H R E N S K o S T E N H IL F E 8 steller/in und Antragsgegner/in aufgeteilt, das dem Erfolg des Antrags entspricht. Spricht das Gericht Ihnen also den gesamten von Ihnen geltend gemachten Unter- halt zu, muss der Unterhaltspflichtige die ganzen Kosten übernehmen. In kindschaftsrechtlichen Angelegenheiten, also beispielsweise in Um- gangs- und Sorgerechtsverfahren, müssen Sie sich grundsätzlich nicht von ei- ner Anwältin/einem Anwalt vertreten lassen. Sogenannter „Anwaltszwang“ herrscht dagegen im Ehescheidungsverfahren und seinen Folgesachen (wie z. B. Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich) und in der Regel in Unter- haltssachen (wie z. B. Ehegattenunterhalt, Betreuungsunterhalt und Kindes- unterhalt). Dies gilt bereits ab der ersten Instanz, also für das Familiengericht, das bei den Amtsgerichten angesiedelt ist, ebenso wie in den Beschwerde- instanzen. Wird ein Kind im Rahmen einer Beistandschaft durch das Jugend- amt vor Gericht vertreten, entfällt der „Anwaltszwang“. PRoZ E SSKoSTE N H I LFE u N D V E R FAH R E NSKoSTE N H I LFE (PK H/ V K H) Die Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe (PKH/VKH) ist die Entsprechung zur Beratungshilfe im gerichtlichen Bereich. Während Beratungshilfe die Kos- ten für Beratung und Vertretung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens betrifft, ist PKH/VKH die Übernahme der Kosten, die bei einem gerichtlichen Verfahren entstehen. Wenn Sie nach Ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sind, die Kosten der Verfahrensführung aufzubringen oder aber Sie können diese nur zum Teil oder in Raten zahlen, können Sie vor oder bei der Antragstellung einen zusätzlichen Antrag auf Bewilligung von Verfah- renskostenhilfe stellen. Dabei muss Ihr Anliegen grundsätzlich hinreichend Aussicht auf Erfolg haben und darf nicht mutwillig erscheinen. Je nach Ein- kommen müssen Sie dann nur einen Teil oder keine der Gerichtskosten und der Kosten der anwaltlichen Vertretung tragen. In Verfahren, in denen keine anwaltliche Vertretung vorgeschrieben ist, werden Ihre Anwaltskosten nur dann übernommen, wenn die anwaltliche Vertretung wegen der Schwierig- keit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheint. Andernfalls müssen Sie die Kosten Ihres Anwalts/Ihrer Anwältin selbst tragen oder davon absehen, sich bei Gericht anwaltlich vertreten zu lassen. Das Formular für den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe finden Sie hier: www.justiz.de/formulare/zwi_bund/zp1a.pdf http://www.justiz.de/formulare/zwi_bund/zp1a.pdf 218 Im Antrag müssen Sie vollständige Auskunft über Ihre Einkommens- und Ver- mögensverhältnisse geben und diese durch die Vorlage von Belegen nachweisen. Achten Sie darauf, den Antrag vollständig auszufüllen und sämtliche Belege bei- zufügen. Unter der Rubrik Bankguthaben ist z. B. nicht nur der Name der Bank anzugeben, sondern sämtliche Konten mit dem aktuellen Kontostand. Die Konto- stände sind durch entsprechende Kontoauszüge zu belegen. Wenn Sie den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe unvollständig oder falsch ausfüllen, oder die Belege unvollständig einreichen, kann er schon aus diesem Grund abgelehnt werden! Zu den Anträgen gibt es in der Regel ein Merkblatt, in dem die Anforderungen detailliert beschrieben sind. Das Gericht prüft dann, ob Ihnen Verfahrenskosten- hilfe ohne Ratenzahlung oder mit entsprechender Ratenzahlung gewährt wird. Ein ablehnender Beschluss im Verfahrenskostenhilfeverfahren kann mit einer sofortigen Beschwerde angefochten werden. In der mit dem Antrag abzugebenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse müssen Sie umfassend über Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft erteilen. Sinnvollerweise sollten Sie dabei auch die gesamten Belastungen angeben. Vergessen Sie nicht, den Umstand, dass Sie alleinerziehend sind, unter Buchstabe „J“ der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse als „Besondere Belastung“ einzutragen. Fügen Sie eine Kopie des Mietvertrages und Belege über die aktuellen Miet- zahlungen und Nebenkosten bei. Verfahrenskostenhilfe wird nur bewilligt, wenn kein eigenes einsetzbares Vermögen vorhanden ist. Bis zu einem bestimmten Betrag, auch „Schonvermögen“ genannt, müssen Sie Ihr Vermögen jedoch nicht angreifen. Diese Grenze ist im April 2017 auf 5.000 Euro angehoben worden und erhöht sich pro Kind, das Sie überwiegend unterhalten, um 500 Euro. Wenn Ihnen Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird, so kann dies mit oder ohne Ratenzahlung erfolgen. Dies und die Höhe der Raten richten sich nach Ihrem Einkommen. Sie dürfen jedoch nicht länger als 48 Monate zur Ratenzah- lung verpflichtet werden. Darüber hinaus gehende Kosten werden erlassen. Die Raten richten sich jedoch nicht nach Ihrem Nettoeinkommen, sondern nach Ihrem einzusetzenden Einkommen. Dies wird wie folgt ermittelt: Von dem Bruttoeinkommen werden zunächst Vorsorgeaufwendungen (zum Beispiel Sozialversicherung) Steuern und Werbungskosten abgezogen. Darüber hinaus können Sie verschiedene Freibeträge abziehen (Stand Prozess- kostenhilfebekanntmachung 2019): Für Sie selbst und ggf. Ihre/n Ehengatten oder Lebenspartner/in je 491 Euro. Für jede Person, der Sie aufgrund gesetz- licher Unterhaltspflicht Unterhalt leisten, können Sie abhängig vom Alter dieser Person folgende Freibeträge abziehen: Für Erwachsene 392 Euro, für 219 V E R F A H R E N S K o S T E N H IL F E 8 Jugendliche vom Beginn des 15. Lebensjahrs bis zur Vollendung des 18. Lebens- jahres 372 Euro, für Kinder vom Beginn des 7. Lebensjahres bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 345 Euro und für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebens- jahres 282 Euro. Einen zusätzlichen Freibetrag von 223 Euro erhalten Sie, wenn Sie erwerbstätig sind. Die Freibeträge werden jährlich an die Entwicklung der Eckregelsätze für die Sozialhilfe angepasst, daher lohnt es sich, sich vorher über die Höhe zu informieren, z. B. beim zuständigen Gericht. Weiterhin werden Wohnkosten, Nebenkosten und eventuelle weitere Beträge mit Rücksicht auf besondere Belastungen abgezogen (z. B. Körperbehinderung). Als Alleinerziehende/r können Sie seit 2014 zusätzlich einen Freibetrag in Höhe des Ihnen zustehenden Alleinerziehendenmehrbedarfs abziehen. Wenn Sie Leistun- gen nach SGB II oder SGB XII beziehen, zählt der Mehrbedarf für Alleinerziehende, den Sie erhalten, als Einkommen. Bei der Berechnung des einzusetzenden Einkom- mens können Sie ihn dann als Freibetrag wieder abziehen. Auch wenn Sie Ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen bestreiten, können Sie ebenfalls einen Freibetrag in Höhe des sozialrechtlichen Mehrbedarfs für Alleinerziehende ab- ziehen. Die Höhe dieses Mehrbedarfs richtet sich nach der Anzahl und dem Alter der minderjährigen Kinder, mit denen Sie zusammenleben und für deren Pflege und Erziehung Sie allein sorgen. Deshalb müssen Sie im Antrag auf PKH/VKH ent- sprechende Angaben machen. Auch wenn Sie sich in einer weiteren Lebenssituation befinden, die einen weiteren Mehrbedarf begründet, können Sie diesen entspre- chend abziehen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie schwanger sind, eine Behinderung haben oder aus medizinischen Gründen auf eine kostenaufwändige Ernährung angewiesen sind (§§ 21 SGB II, 30 SGB XII). Der nach allen Abzügen ver- bleibende Rest Ihres Nettoeinkommens gilt als einzusetzendes Einkommen. Liegt das verbleibende Einkommen unter 20 Euro und verfügen Sie auch nicht über Vermögen, dessen Einsatz Ihnen zugemutet werden kann, werden Ihre Verfahrenskosten in voller Höhe getragen. Bei darüber liegenden Beträ- gen werden Monatsraten in Höhe der Hälfte Ihres einzusetzenden Einkom- mens festgesetzt. Beispiel: Lisas einzusetzendes Einkommen beträgt 30 Euro. Die zu zahlenden Monatsraten werden für sie auf 15 Euro pro Monat festgesetzt. Da die maximale Ratenzahlungsdauer 48 Monate beträgt, muss sich Lisa mit maximal (15 Euro x 48 Monate = 720 Euro) 720 Euro an den Kosten des Verfahrens beteiligen. Liegt Ihr einzusetzendes Einkommen über 600 Euro, werden die von Ihnen zu zah- lenden Monatsraten um den vollen über 600 Euro hinausgehenden Betrag erhöht. 220 Beispiel: Wenn Lisa ein einzusetzendes Einkommen von 700 Euro hätte, wür- den die zu zahlenden Monatsraten auf 300 Euro (600 Euro : 2 = 300 Euro), erhöht um den überschießenden Betrag von 100 Euro (700 Euro - 600 Euro = 100 Euro), festgesetzt: Lisa würde also Monatsraten in Höhe von insgesamt 400 Euro zah- len (300 Euro + 100 Euro = 400 Euro). Wichtig: Wenn Sie das Verfahren verlieren, können Sie trotzdem für die An- waltskosten des Antragsgegners/der Antragsgegnerin herangezogen werden. Die Verfahrenskostenhilfe übernimmt also nur die Kosten des Gerichtsverfah- rens und die Ihres Anwaltes/Ihrer Anwältin. Sie hat keinen Einfluss auf die Höhe der Anwaltskosten des Antragsgegners/der Antragsgegnerin. Verfahrenskostenvorschusspflicht Keine Verfahrenskostenhilfe wird bewilligt, wenn ein möglicher vorrangiger Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen die/den Antragsgegner/in besteht. Dies kann z. B. in Unterhaltsverfahren wegen Kindes- oder Ehegatten- unterhalt der Fall sein, wenn der/die Unterhaltspflichtige über ein entspre- chendes Einkommen verfügt. In diesem Fall ist ein gesondertes Verfahren wegen der Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses vorab anhängig zu machen. Auch in Ehescheidungsverfahren kann Ihnen so als Antragsteller/in die Verfahrenskostenhilfe verwehrt werden, da hier der/die Antragsgegner/in als Mehrverdiener/in gegebenenfalls unterhalts- und damit auch verfahrens- kostenvorschusspflichtig ist. Die Verfahrenskostenvorschusspflicht umfasst die voraussichtlichen Kosten auf Antragsteller/innenseite und die anwaltliche Vertretung und vorzulegende Gerichtskosten. Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe hrsg. vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Download und Bestellung unter www.bmjv.de, in der Rubrik „Publikationen“ S E L B S T H I L F E Viele alleinerziehende Mütter und Väter befinden sich nach der Trennung vom Partner / von der Partnerin oder nach der Geburt eines Kindes in einer Lebenskrise. Sie fühlen sich mit den Aufgaben, die eigene und die Existenz der Kinder zu sichern sowie der Kinderbetreuung und -erziehung stark be- lastet oder sogar überfordert. Viele Alleinerziehende können auch nicht auf http://www.bmjv.de 221 die Unterstützung der Familie, insbesondere der Großeltern zurückgreifen. Zudem fällt es ihnen oft schwer, Hilfe von Dritten anzunehmen, da sie sich von alten Abhängigkeiten (z. B. von dem/der ehemaligen Partner/in) befreien und neue Abhängigkeiten vermeiden wollen. In dieser Situation bietet sich die Beteiligung in einer Selbsthilfegruppe an – auch neben der Inanspruch- nahme professioneller Hilfe. Selbsthilfegruppen stellen eine Möglichkeit dar, selbstbestimmt und aus eigener Kraft im Austausch mit anderen die Aufgaben zu lösen. Daneben tritt der Anspruch, für die eigenen Rechte und Interessen auch selbst einzustehen. Viele Menschen glauben, dass ihre Interessen durch poli tische Parteien oder andere Vereinigungen nur unzureichend vertreten werden und engagieren sich allein aus diesem Grund in einer Selbsthilfeverei- nigung. Die selbst organisierte Selbsthilfe wie sie z. B. im VAMV stattfindet, hat also zwei Ziele: Die Bewältigung gemeinsamer Probleme auf der Basis gemein- samer Problemlagen und die politische Interessenvertretung durch die Betrof- fenen selbst und für andere Betroffene. Die Selbsthilfe hat sich inzwischen vor allem im Bereich des Gesundheitswesens etabliert und wird dort durch die gesetzlichen Krankenkassen gefördert. Aber auch die Familienselbsthilfe wird in einigen Fällen aus öffentlichen Mitteln unterstützt. Selbsthilfe fängt schon dann an, wenn Sie zum Beispiel in der Schwangerschaft nach einem Schwangerschaftsgymnastikkurs mit den anderen Teilnehmerinnen Erfah- rungen austauschen oder sich mit anderen Eltern über Fragen der Kinder- erziehung unterhalten. In den meisten Fällen lassen sich Unsicherheiten und Schwierig¬keiten auf diesem Weg auch ohne professionelle Beratung über- winden. Wenn Sie gute Erfahrungen mit dieser Form der Selbsthilfe gemacht haben, können Sie sich eine für Sie und Ihre Bedürfnisse geeignete Gruppe suchen. So sind Mütterzentren und Familienbildungsvereine häufig Orte, wo sich Mütter bzw. Eltern zusammenfinden und austauschen können. Welche Selbsthilfegruppen es in Ihrer Nähe gibt, erfahren Sie vom Gesundheitsamt, einem Nachbarschaftszentrum, dem/der Gleichstellungsbeauftragten oder ähnlichen Einrichtungen. In vielen Gemeinden gibt es Bürgerberatungsstellen und Selbsthilfekontaktstellen, bei denen Sie einschlägige Adressen erhalten. NAKOS (Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unter - stützung von Selbsthilfegruppen), Otto-Suhr-Allee 115, 10585 Berlin Tel.: 030 / 31 01 89 60, Fax: 030 / 31 01 89 70, www.nakos.de Verband alleinerziehender Mütter und Väter: Einen Landesverband in Ihrer Nähe finden Sie unter www.vamv.de/vamv/landesverbaende.html S E L B S T H IL F E 8 http://www.nakos.de http://www.vamv.de/vamv/landesverbaende.html 222 > AN H AN G A D R E S S E N L I T E R AT u R S T I c H w o R T V E R Z E I c H N I S A u T o R / I N N E N TA B E L L E N 223 A D R E S S E N > Verband alleinerziehender mütter und Väter Bundesverband e. V. Hasenheide 70, 10967 Berlin Tel. 030 / 69 59 786 Fax 030 / 69 59 78 77 E-Mail: kontakt@vamv.de Internet: www.vamv.de Portal: www.die-alleinerziehenden.de Facebook: www.facebook.com/ VAMV.Bundesverband VAmV-Landesverbände Baden-Württemberg Gymnasiumstr. 43, 70174 Stuttgart Tel. 0711 / 24 84 71 18 Fax 0711 / 24 84 71 19 Vorsitzende: Dr. Charlotte Michel-Biegel vamv-bw@web.de www.vamv-bw.de Bayern Tumblingerstr. 24, 80337 München Tel. 089 / 32 21 22 94 Fax 089 / 32 21 24 08 Vorsitzende: Helene Heine info@vamv-bayern.de www.vamv-bayern.de Berlin Seelingstr. 13, 14059 Berlin Tel. 030 / 85 15 120 Vorsitzende: Kirsten Kaiser vamv-berlin@t-online.de www.vamv-berlin.de Brandenburg Tschirchdamm 35, 14772 Brandenburg Tel. 03381 / 71 89 45 Fax 03381 / 71 89 44 Stellvertretende Vorsitzende: Jeanette Schmicker kontakt@vamv-brandenburg.de www.vamv-brandenburg.de Bremen Bgm.-Deichmann-Str. 28, 28217 Bremen Tel. 0421 / 38 38 34 Fax 0421 / 39 66 92 4 Vorsitzende: Vera Klusmann vamv-hb@arcor.de vamv-hb.jimdo.com Hessen Adalbertstr. 15, 60486 Frankfurt a.M. Tel. 069 / 97 98 18 79 Fax 069 / 97 98 18 78 Vorsitzende: Maja Bott info@vamv-hessen.de www.vamv-hessen.de Niedersachsen Arndtstr. 29, 49080 Osnabrück Tel. 0541 / 25 58 4 Fax 0541 / 20 23 885 Vorsitzende: Doris Frye info@vamv-niedersachsen.de www.vamv-niedersachsen.de Nordrhein-Westfalen Rellinghauser Str. 18, 45128 Essen Tel. 0201 / 82 77 470 Fax 0201 / 82 77 499 Vorsitzende: Inge Michels info@vamv-nrw.de www.vamv-nrw.de Rheinland-Pfalz Kaiserstr. 29, 55116 Mainz Tel. 06131 / 61 66 33/34 Fax 06131 / 97 11 689 Vorsitzende: Sonja Orantek info@vamv-rlp.de www.vamv-rlp.de Saarland Gutenbergstr. 2 A, 66117 Saarbrücken Tel. 0681 / 33 446 Fax 0681 / 37 39 32 Vorsitzende: Ester Nikaes info@vamv-saar.de www.vamv-saar.de AD R E SS E N http://www.vamv.de http://www.die-alleinerziehenden.de http://www.facebook.com/ VAMV.Bundesverband http://www.facebook.com/ VAMV.Bundesverband http://www.vamv-bw.de http://www.vamv-bayern.de http://www.vamv-berlin.de http://www.vamv-brandenburg.de http://www.vamv-hessen.de http://www.vamv-niedersachsen.de http://www.vamv-nrw.de http://www.vamv-rlp.de http://www.vamv-saar.de 224 Schleswig-Holstein Kiellinie 275, 24106 Kiel Tel. 0431 / 55 79 150 Fax 0341 / 51 92 013 Vorsitzende: Angela Jagenow info@vamv-sh.de www.vamv-sh.de Thüringen Zschochernstr. 35, 07545 Gera Tel. 0365 / 55 19 674 Fax 0365 / 55 19 676 Vorsitzende: Viola Schirneck VAMV.Thueringen@t-online.de www.vamv-gera.de Verbände, Behörden Arbeitsgemeinschaft alleinerziehender Mütter und Väter in der Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband (agae) Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. Caroline-Michaelis-Str. 1, 10115 Berlin Tel. 030 / 65211 0 www.diakonie.de AGF e. V. Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Familienorganisationen Karl-Heinrichs-Ulrichs-Straße 14, 10785 Berlin Tel. 030 / 29 02 82 570 www.ag-familie.de Arbeitsgemeinschaft Interessenvertretung Alleinerziehende (AGIA) dazu gehören: Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) Katholischer Deutscher Frauenbund (KDFB) Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft für Einrichtungen der Familienbildung (BAG) Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) zurzeit federführend: Agnes-Neuhaus-Str. 5, 44135 Dortmund Tel. 0231 / 55 70 26 34 www.skf-zentrale.de Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) Mühlendamm 3, 10178 Berlin Tel. 030 / 40 04 02 00 www.agj.de AWO, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. Blücherstr. 62/63, 10961 Berlin Tel. 030 / 26 30 9-0 www.awo.org Bundesagentur für Arbeit Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg Tel. Arbeitnehmer: 0800 / 4 5555 00 Tel. Arbeitgeber: 0800 / 4 5555 20 Familienkasse: 0800 / 4 5555 30 www.arbeitsagentur.de AD R E SS E N http://www.vamv-sh.de http://www.vamv-gera.de http://www.diakonie.de http://www.ag-familie.de http://www.skf-zentrale.de http://www.agj.de http://www.awo.org http://www.arbeitsagentur.de 225 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Glinkastr. 24, 10117 Berlin Tel. 030 / 201 791 30 www.bmfsfj.de Deutscher Caritasverband e. V. Karlstr. 40, 79104 Freiburg Tel. 0761 / 20 00 www.caritas.de Deutscher Familienverband (DFV) Seelingstr. 58, 14059 Berlin Tel. 030 / 30 88 29 60 www.deutscher-familienverband.de Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht Poststr. 17, 69115 Heidelberg Tel. 06221 / 981 80 www.dijuf.de Deutsches Jugendinstitut e. V. Nockherstr. 2, 81541 München Tel. 089 / 623 06 0 www.dji.de Deutscher Kinderschutzbund Schöneberger Str. 15, 10963 Berlin Tel. 030 / 21 48 09-0 www.dksb.de Deutsche Liga für das Kind Charlottenstr. 65, 10117 Berlin Tel. 030 / 28 59 99 70 www.liga-kind.de Deutsche Rentenversicherung Bund 10704 Berlin Tel. 0800 / 1000 480 70 www.deutsche-rentenversicherung.de Deutsches Rotes Kreuz e. V. Generalsekretariat Carstennstr. 58, 12205 Berlin Tel. 030 / 85 40 40 www.drk.de Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge Michaelkirchstr. 17/18, 10179 Berlin Tel. 030 / 62 980-0 www.deutscher-verein.de evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) Auguststr. 80, 10117 Berlin Tel. 030 / 28 39 54 00 www.eaf-bund.de Familienbund der Katholiken (FDK) Littenstr. 108, 10179 Berlin Tel. 030 / 32 67 56-0 www.familienbund.org PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband, Gesamtverband e. V. Oranienburger Str. 13-14, 10178 Berlin Tel. 030 / 24 63 6-0 www.paritaet.org Pro Familia, Bundesverband Mainzer Landstraße 250-254 60326 Frankfurt a. M. Tel. 069 / 26 95 77 90 www.profamilia.de Selbsthilfeinitiative Alleinerziehender (SHIA) Rudolf-Schwarz-Str. 31, 10407 Berlin Tel. 030 / 42 51 186 www.shia.de Verband binationaler Familien und Partnerschaften e. V. (iaf) Ludolfusstr. 2-4, 60487 Frankfurt/M. Tel. 069 / 71 37 560 www.verband-binationaler.de Zentrale Informationsstelle der autonomen Frauenhäuser (ZIF) P3, 7, 68161 Mannheim Tel. 0621 / 16853705 www.autonome-frauenhaeuser-zif.de Zukunftsforum Familie e. V. (ZFF) Markgrafenstr. 11, 10969 Berlin Tel. 030 / 25 92 72 820 www.zff-online.de AD R E SS E N A D R E S S E N > http://www.bmfsfj.de http://www.caritas.de http://www.deutscher-familienverband.de http://www.dijuf.de http://www.dji.de http://www.dksb.de http://www.liga-kind.de http://www.deutsche-rentenversicherung.de http://www.drk.de http://www.deutscher-verein.de http://www.eaf-bund.de http://www.familienbund.org http://www.paritaet.org http://www.profamilia.de http://www.shia.de http://www.verband-binationaler.de http://www.autonome-frauenhaeuser-zif.de http://www.zff-online.de 226 LI T E R AT u R Literatur für Kinder Aliki, Gefühle sind wie Farben, Beltz Verlag, 2000 (ab 4 Jahre) Barth, Rolf/Droessler, Thorsten, Herr Wolke. Am Wolkenende ist Marie bei Papa, Traumsalon edition, 2009, (ab 4 Jahre) Baumbach, Martina/Lieffering, Jan, Und Papa seh’ ich am Wochenende, Gabriel Verlag, 2006 (ab 4 Jahre) Deertz, Regina, Rösler, Leonie, Mondpapas. 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Konsequenzen des familialen Wandels, Dokumentation Fachtagung, Berlin 2007 VAMV-Bundesverband, Deutscher Kinder- schutzbund, Deutsche Liga für das Kind, Wegweiser für den Umgang nach Trennung und Scheidung - Wie Eltern den Umgang am Wohl des Kindes orientieren können, 12. vollständig überarbeitete Auflage, Berlin 2015 VAMV-Bundesverband, Betreuungslücken schließen - Chancen und Möglichkeiten ergän- 229 IN T E R N E T > LI T E R AT u R zender Kinderbetreuung, Dokumentation Fachtagung, Berlin 2018 VAMV-Bundesverband, Alleinerziehend früher, heute und morgen. Erfolge, Herausforderungen und Handlungsbedarfe, Dokumentation Fachtagung, Berlin 2017 VAMV-Bundesverband, frühe Bildung für kleine Köpfe: Qualität in Kitas im Spannungs- verhältnis zwischen Bildung für Kinder und besserer Vereinbarkeit, Dokumentation Fachtagung, Berlin 2014 VAMV-Bundesverband, Ohne Alternative - arm, ärmer, alleinerziehend? Familienarmut im Lebensverlauf, Dokumentation Fachtagung, Berlin 2013 VAMV-Bundesverband, Gemeinsame Sorge - geteilte Verantwortung? Rechte und Pflichten in der Alltagspraxis unterschiedlicher Familienformen, Dokumentation Fachtagung, Berlin 2012 VAMV-Bundesverband, Handreichung des VAMV zum Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern, Berlin 2013, Download unter: www.vamv.de/ fileadmin/user_upload/bund/dokumente/ Stellungnahmen/Handreichung_Neuregelung_ Sorgerecht_mit_Ablaufdiagramm_2013.pdf VAMV-Landesverband Berlin, 18 Jahre – jetzt geht‘s los, Informationen für Alleinerziehende und ihre volljährigen Kinder, Broschüre, Berlin Dezember 2017 VAMV-Landesverband Nordrhein-Westfalen, Großeltern – Ruhender Pol in stürmischen Zeiten, Broschüre zur Rolle der Großeltern in Trennungsfamilien, Essen 2007, www.vamv-nrw.de VAMV-Landesverband Nordrhein-Westfalen, Vergessene Kinder, Broschüre über Kontaktverweigerung des umgangspflichtigen Elternteils, Essen 2006, www.vamv-nrw.de Wallerstein, Judith S./Lewis, Julia M./ Blakeslee, Sandra, Scheidungsfolgen – die Kinder tragen die Last, Eine Langzeitstudie über 25 Jahre, Münster, 2002 Wegen, Maike von, Mutterseelenallein- erziehend. Ein Kind und weg vom Fenster?, München, 2013 Ziegler, Dr. Holger, Auswirkungen von Alleinerziehung auf Kinder in prekärer Lage, Bielefeld, 2011 Internet www.vamv.de (Verband alleinerziehender Mütter und Väter e. V.) www.die-alleinerziehenden.de (interaktives Portal für Alleinerziehende) www.ag-familie.de (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienor- ganisationen e.V.) www.arbeitsagentur.de www.bmas.de (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) www.bmfsfj.de (Bundesministerium für Frauen, Senioren, Familie und Jugend) www.bmjv.de (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz) www.bundesforum-maenner.de (Interessenverband für Männer, Jungen und Väter) www.bzga.de (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) www.familienportal.de (Informationsportal des BMFSFJ, Fragen rund um die Familie nach Stichworten sortiert) www.finanztip.de (Online-Magazin zu Geld und Recht) www.frauenhauskoordinierung.de (bundesweite Adressen von Frauuenhäusern) www.frauenrat.de (Vereinigung von bundesweit aktiven Frauenver- bänden und -organisationen) www.gesetze-im-internet.de www.nakos.de (Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfe- gruppen) www.profamilia.de (Beratung und Information zu Partnerschaft, Sexualität, Familienplanung, Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch) www.unterstuetzung-die-ankommt.de (Bundesarbeitsgemeinschaft der Jugendämter) http://www.vamv.de/fileadmin/user_upload/bund/dokumente/Stellungnahmen/Handreichung_Neuregelung_Sorgerecht_mit_Ablaufdiagramm_2013.pdf http://www.vamv.de/fileadmin/user_upload/bund/dokumente/Stellungnahmen/Handreichung_Neuregelung_Sorgerecht_mit_Ablaufdiagramm_2013.pdf http://www.vamv.de/fileadmin/user_upload/bund/dokumente/Stellungnahmen/Handreichung_Neuregelung_Sorgerecht_mit_Ablaufdiagramm_2013.pdf http://www.vamv.de/fileadmin/user_upload/bund/dokumente/Stellungnahmen/Handreichung_Neuregelung_Sorgerecht_mit_Ablaufdiagramm_2013.pdf http://www.vamv-nrw.de http://www.vamv-nrw.de http://www.vamv.de http://www.die-alleinerziehenden.de http://www.ag-familie.de http://www.arbeitsagentur.de http://www.bmas.de http://www.bmfsfj.de http://www.bmjv.de http://www.bundesforum-maenner.de http://www.bzga.de http://www.familienportal.de http://www.finanztip.de http://www.frauenhauskoordinierung.de http://www.frauenrat.de http://www.gesetze-im-internet.de http://www.nakos.de http://www.profamilia.de http://www.unterstuetzung-die-ankommt.de 230 S T I c H wo R T V E R Z E I c H N I S A Abänderungsantrag 135 Abzweigungsantrag 140 Adoption 50 alleinige Sorge 31, 41, 42 Altersrente 98 ambulante Kinderpflege 163 Anerkennung der im Ausland erfolgten Ehescheidung 190 Angelegenheiten des täglichen Lebens 31 Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung 31 Anwaltszwang 139, 217 Arbeitslosengeld I 104 Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) 110 Arbeitslosigkeit 103, 104 Asyl 180 Aufenthaltserlaubnis 180, 182, 183, 194, 198 Aufenthaltstitel 180 Aufstocken 110 Auskunftsanspruch 44 B BAföG 58, 60 Barunterhaltspflicht 129 Basiselterngeld 77 Bayerisches Familiengeld 83 Beauftragte für Chancengleichheit (BCA) 108 Bedarfsgemeinschaft 112 begleiteter Umgang 47 Behinderung 168 Behindertenpauschbetrag 174 Beistandschaft 29, 42, 132, 139, 208 beitragsfreie Zeiten 98 Belastungsgrenze 92 Beratung 43, 139, 206 Beratungshilfe 214 Berufsausbildungsbeihilfe 54 Bescheinigung über das alleinige Sorgerecht 42 Betreuungsunterhalt 149 betriebliche Altersvorsorge 102 Beurkundung 209 Bildungskredit 60 Bildungspaket 116 Blindenhilfe 173 Brückenteilzeit 67 Bundesstiftung „Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens“ 12 Bundesteilhabegesetz 166 D Dauerpflegestelle 163 Duldung 180, 181, 195, 198 Düsseldorfer Tabelle 130, 234, 235, 236 dynamischer Unterhaltstitel 134 E Ehegattenunterhalt 146 Ehenamen 49 Ehewohnung 21 Eigenbemühungen 105 Einbenennung 50 eingetragene Lebenspartnerschaft 20 Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen 166, 173 Eingliederungsvereinbarung 108, 112 einmalige Leistungen 115, 117 einstweilige Anordnung 34, 135, 136 einzusetzendes Einkommen (PKH/VKH) 218 Elterngeld (Plus) 74, 76, 199 Elterninitiativen (Kita) 159 Eltern-Kind-Gruppe 160 Elternvereinbarung 32 Elternzeit 74 Entlastungsbetrag 86 Erbe oder Erbin 17 Erziehungsrente 101 F Familienkasse 84 Familienpflegezeit 172 Familienversicherung 88 Fernstudium 53 Flüchtlinge 180 Flüchtlingsstatus 181 Fortbildung 56 Frauenförderung 108 Frauenhaus 23 Freibeträge für Kinder 85 231 S T Ic H w o R T V E R Z E Ic H N IS > S T I c H wo R T V E R Z E I c H N I S G Gefahr im Verzug 34 gemeinsame Sorge 31, 35 geringfügig beschäftigt 96 Gewaltschutzgesetz 22 Gründungszuschuss 71 Grundsicherung im Alter 95 H häusliche Gewalt 212 häusliche Pflege 169 Halbteilungsgrundsatz 85 Halbwaisen- und Vollwaisenrenten 99 Hartz IV 110 Haushaltsgemeinschaft 113 Haushaltshilfe 94, 164, 170 Hilfe zur Pflege 171 Hilfen zur Erziehung 210 Hilfetelefon 212 Hilfe zur Weiterführung des Haushalts 173 Hortplatz 162 I Integrationskurs 185 Internat 137, 162 J Jobcenter 110, 111 Jugendamt 207 Jugendwohngemeinschaft 163 juristische Beratung 213 K Kinderberücksichtigungszeiten 97 Kinderbetreuung 158 Kinderbetreuungskosten 86 Kindererziehungszeiten 97 Kinderfreibetrag 85 Kindergeld 83, 84 Kindergeld (nichtdeutsche Alleinerziehende) 197 Kinder- und Jugendhilfe 207 Kinderzuschlag 120, 150 Kindesentführung 191, 192, 193 Kindeswohl 27 Kindesunterhalt 128 kleines Sorgerecht 20, 42 Kosten der Unterkunft (KdU) 118 Krankengeld 90 Krankenhaus 164 Krankenhilfe 173 Krankenversicherung 88 krankes Kind 163 Kündigungsschutz 73 Kurzzeitpflege 169 M Mangelfall 126 Mediation 39 Mehrbedarf (SGB II) 115 Mehrbedarfszuschläge (Kinder mit Behinderungen) 173 Mehrbedarf (unterhaltsrechtlich) 136 Mindestlohn 69 Midi-Jobs 70 Mietvertrag 21 Migrant/innen 178 minderjährige Eltern 42 Mindestunterhalt 126 Mini-Job 69, 96 Mutter-Kind-Heime 26 Mutter-Kind-Kur 203, 204 Mutterschaft 28 Mutterschutz 72 Mutterschaftsgeld 74 Mutterschutzgesetz 72 N Namensänderung 50 Negativbescheinigung 42 nichteheliche Lebensgemeinschaften 19 P „parental alienation syndrome“ kurz „PAS“ 48 Partnerschaftsbonus 80 persönliche/r Ansprechpartner/in (Fall-Manager/in) 111 Persönliches Budget 167 232 S T I c H wo R T V E R Z E I c H N I S Pfändungsschutzkonto (P-Konto) 155 Pflegegrad 168 Pflege-Pauschbetrag 175 Pflegeversicherung 94, 168 Pflegezeit 172 Privatschule 137, 162 Prozesskostenhilfe 217 Q Qualifizierungschancengesetz 55 R Realsplitting, begrenztes 87 Rechte und Pflichten (SGB II) 111 Rechtsanspruch (Kinderbetreuung) 160 Rechtsberatungsstellen 215 Rechtsschutz (SGB II) 123 Regelleistung 114 Rente 94 Rentenbeiträge 96 Rentenhöhe 95 Rentenversicherungspflicht 70 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit 99 Residenzmodell 44 Riester-Rente 102 Rürup-Rente 103 Rundfunkbeitrag 124 S Sanktionen 109, 122 Schonvermögen 218 Schulabschluss 53 Schulden 154, 211 Schwangerschaft 12, 210 Schwangerschaftsabbruch 13 Selbstbehalt 131 Selbsthilfe 220 Selbstständigkeit (Gründungszuschuss) 71 sexuelle Belästigung 212 Sonderbedarf (unterhaltsrechtlich) 136, 175 Sorgerecht 31 Sozialgeld 110, 116 Sozialhilfe 124 Sozialwohnung 25 Staatsangehörigkeit des Kindes (deutsche) 179 Stalking 212 Steuerklasse II 86 Steuerklassen 84 Stieffamilie 18 Stipendium 61 Strafanzeige wegen Unterhalts- pflichtverletzung 140 Studium 57, 61 Subsidiär Schutzberechtigte 181 T Tagesmutter / Tagesvater 158 Teilzeit (Berufsausbildung) 54 Teilzeitbeschäftigung 67, 105 temporäre Bedarfsgemeinschaft 116 Testament 17 testamentarische Verfügung 43 titulierter Unterhalt 130 Tod eines Elternteils1 6, 43, 99, 165, 183 Trennungsunterhalt 148 U übereinstimmende Sorgeerklärung 35 Umgang 44, 116 Umgangsausschluss 47 Umgangspflegschaft 47 Umschulung 56 Umzug 26 Umzugskosten (SGB II) 118 Unterdreijährige Kinder 159, 160 Unterhalt 57, 121, 126, 191 Unterhaltsvorschuss 140, 200 V Vater-Kind-Kur 203, 204 Vaterschaft 29 Vaterschaftstest 29 Verbraucherinsolvenzverfahren 156 vereinfachtes Unterhaltsverfahren 133 Verfahrensbeistand 42 Verfahrenskostenhilfe 217 Verfahrenskostenvorschuss 220 Verfügbarkeit bei Arbeitslosigkeit 105 Verhinderungspflege 169 Versorgungsausgleich 100, 190 233 S T Ic H w o R T V E R Z E Ic H N IS > vertrauliche Geburt 14, 211 volljährige Kinder (Unterhalt) 137 vollstreckbarer Titel 130 W Wechselmodell 22, 45, 116, 129, 131 Weiterbildung 55 Widerspruch (SGB II) 123 Wiedereinstieg 65 Wiederheirat 20 Witwenrente 99 Wohnberechtigungsschein 22, 25 Wohngeld 64, 152 Wohngemeinschaften 26 Wohnung 21, 24 Z Zahlbetrag 131 Zahnersatz 91 Zumutbarkeit 105 234 bis 1.900 1.901–2.300 2.301–2.700 2.701–3.100 3.101–3.500 3.501–3.900 3.901–4.300 4.301–4.700 4.701–5.100 5.101–5.500 354 372 390 408 425 454 482 510 539 567 406 427 447 467 488 520 553 585 618 650 476 500 524 548 572 610 648 686 724 762 527 554 580 607 633 675 717 759 802 844 100 105 110 115 120 128 136 144 152 160 880/1.080 1.300 1.400 1.500 1.600 1.700 1.800 1.900 2.000 2.100 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. ab 5.101 nach den Umständen des Falles Altersstufen in Jahren (§ 1612 a Abs. 1 BGB) Düsseldorfer Tabelle Stand: 1. Januar 2019 Die abgebildete Tabelle hat voraussichtlich Gültigkeit bis zum 31.12.2019. Die nächste Änderung der Düsseldorfer Tabelle ist zum 1. Januar 2020 zu erwarten. Die jeweils aktuelle Version der Düsseldorfer Tabelle finden Sie im Internet auf der Homepage des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter www.olg-duesseldorf.nrw.de Die Düsseldorfer Tabelle wird bundesweit angewandt. TAB E LLE K I N D E Su N T E R H ALT alle Beträge in Euro Nettoeinkommen des Barunterhalts- pflichtigen Prozent- satz Bedarfs- kontroll- betrag 0–5 6–11 12–17 ab 18 http://www.olg-duesseldorf.nrw.de 235 bis 1.900 1.901–2.300 2.301–2.700 2.701–3.100 3.101–3.500 3.501–3.900 3.901–4.300 4.301–4.700 4.701–5.100 5.101–5.500 257 275 293 311 328 357 385 413 442 470 309 330 350 370 391 423 456 488 521 553 379 403 427 451 475 513 551 589 627 665 333 360 386 413 439 481 523 565 608 650 100 105 110 115 120 128 136 144 152 160 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Zahlbeträge 1. Januar bis 30. Juni 2019 TAB E LLE Z AH LB E T R äG E J A N uA R B I S J u N I 2 019 Die obige Tabelle gilt für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 30. Juni 2019. Sie enthält die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälf- tiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) er- gebenden Zahlbeträge. Für das 1. und 2. Kind beträgt das Kindergeld seit dem 1. Januar 2018 194 Euro, für das 3. Kind 200 Euro, ab dem 4. Kind 225 Euro. Die Tabellen zu den Zahlbeträgen finden Sie üblicherweise als Anhang am Ende der Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle. Die jeweils aktuelle Version der Düsseldorfer Tabelle finden Sie im Internet auf der Homepage des Ober- landesgerichts Düsseldorf unter www.olg-duesseldorf.nrw.de. 1. und 2. Kind 0–5 6–11 12–17 ab 18 Prozent- satz alle Beträge in Euro T A B E L L E N > http://www.olg-duesseldorf.nrw.de 236 bis 1.900 1.901–2.300 2.301–2.700 2.701–3.100 3.101–3.500 3.501–3.900 3.901–4.300 4.301–4.700 4.701–5.100 5.101–5.500 252 270 288 306 323 352 380 408 437 465 304 325 345 365 386 418 451 483 516 548 374 398 422 446 470 508 546 584 622 660 323 350 376 403 429 471 513 555 598 640 100 105 110 115 120 128 136 144 152 160 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Zahlbeträge ab 1. Juli 2019 TAB E LLE Z AH LB E T R äG E A B J u L I 2 019 Die obige Tabelle gilt ab dem 1. Juli 2019. Sie enthält die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge. Ab dem 1. Juli 2019 be- trägt das Kindergeld für das 1. und 2. Kind 204 Euro, für das 3. Kind 210 Euro, ab dem 4. Kind 235 Euro. Die Tabellen zu den Zahlbeträgen finden Sie üblicherweise als Anhang am Ende der Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle. Die jeweils aktuelle Version der Düsseldorfer Tabelle finden Sie im Internet auf der Homepage des Ober- landesgerichts Düsseldorf unter www.olg-duesseldorf.nrw.de. 1. und 2. Kind 0–5 6–11 12–17 ab 18 Prozent- satz alle Beträge in Euro http://www.olg-duesseldorf.nrw.de Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) wurde 1967 im schwäbischen Herrenberg von Luise Schöffel als „Verband lediger Mütter“ gegründet. Heute vertritt er bundes- weit die Interessen von über 2,6 Millionen Einelternfamilien. In den Bundesländern ist der VAMV mit seinen Landesverbänden, auf Ortsebene mit Ortsverbänden und Kontaktstellen aktiv. Auf dem Grundsatz der Selbsthilfe engagieren sich ledige, geschiedene, getrennt lebende und verwitwete Mütter und Väter mit ihren Kindern. Auf unterschiedliche Weise kämpfen sie für die Förderung der Chancengleichheit und die Verbes- serung ihrer Lebenssituation. Vor Ort geht es vor allem um Erfahrungsaustausch und um gegenseitige Hilfe und Unter- stützung. Die Landesverbände bieten Beratung an und nehmen dabei eine Lotsenfunktion ein. Der Bundesverband vertritt die Interessen von Alleinerziehenden gegenüber Politik und Verwaltung und weist mit seiner Öffentlichkeitsarbeit auf die besondere Situation Alleinerziehender und ihrer Kinder hin. gefördert vom: IMPRESSUM INHALT VORWORT ZU DIESEM BUCH 1– NEUE LEBENSSITUATION SCHWANGERSCHAFT ALLEINERZEIHEND Ledig Getrennt lebend / geschieden Verwitwet NEUE PARTNERSCHAFT Nichteheliche Lebensgemeinschaft Wiederheirat Eingetragene Lebenspartnerschaft WOHNEN WOHNUNGSSUCHE 2 – DAS KIND KINDESWILLE UND KINDESWOHL MUTTER UND VATER Anerkennung der Vaterschaft Anfechtung der Vaterschaft SORGERECHT Gemeinsame Sorge bei Getrenntlebenden Wie Eltern das Sorgerecht bekommen Der Antrag auf Übertragung der gemeinsamen Sorge Alleinsorge Verfahrensbeistand Trennungs- und Scheidungsberatung Tod eines Elternteils UMGANG NAMENSRECHT ADOPTION 3 – EXISTENZSICHERUNG AUSBILDUNG Schule Berufsausbildung Weiterbildung Studium ERWERBSTÄTIGKEIT Wiedereinstieg Mutterschutz und Mutterschaftsleistungen Elternzeit und Elterngeld und weitere Familienleistungen der Länder Kindergeld und Steuern Krankenversicherung Pflegeversicherung Rente, Alterssicherung ARBEITSLOSIGKEIT Arbeitslosengeld I (ALG I) Arbeitslosengeld I I (ALG II) und Sozialgeld SOZIALHILFE INFOTOOL FÜR FAMILIEN UNTERHALT Der Mindestunterhalt Kindesunterhalt Unterhaltsvorschuss Ehegattenunterhalt Betreuungsunterhalt für nicht miteinander Verheiratete TRANSFERLEISTUNGEN Kinderzuschlag Wohngeld Schulden 4 – KINDERBETREUUNG Grundsätzliches Kleinkinder Kindergartenkinder Schulkinder Internat, Wohnheim, Pflegestellen Krankheit 5 – ALLEINERZIEHENDEU ND IHRE KINDERMIT BEHINDERUNGEN ALLEINERZIEHENDE MIT BEHINDERUNGEN ALLEINERZIEHENDE MIT BEHINDERTEN KINDERN Pflegeversicherung Pflegezeit und Familienpflegezeit Arbeitslosengeld I I / Sozialhilfe Steuerliche Vergünstigungen Unterhalt 6 – NICHTDEUTSCHEALLEINERZIEHENDE EINFÜHRUNG STAATSANGEHÖRIGKEIT DER KINDER AUSLÄNDERRECHTLICHE ASPEKTE Drittstaatsangehörige Asylsuchende, Flüchtlinge, Geduldete Unionsbürgerinnen Die Bedeutung von Trennung und Scheidung für das Recht auf Aufenthalt Integrationskurs FAMILIENRECHTLICHE ASPEKTE Sorgerecht bei nicht miteinander verheirateten Eltern Sorgerecht und Aufenthalt Sie möchten mit Ihrem Kind ins Ausland gehen oder in Ihr Heimatland zurückkehren? Scheidung Scheidungsfolgen Sie haben Angst, dass der Vater Ihr gemeinsames Kind aus Deutschland entführt SOZIALRECHTLICHE ASPEKTE Krankenversicherung Familienleistungen: Kindergeld, Elterngeld, Unterhaltsvorschuss 7 – FERIEN, KUREN UNDREHABILITATION FERIEN UND URLAUB KUREN UND REHABILITATION Vorsorge-Kur Rehabilitations-Kur 8 – BERATUNG BERATUNGSSTELLEN Jugendamt und freie Beratungsstellen Beistandschaft Beurkundung Erziehungs- und Familienberatung sowie Hilfen zur Erziehung Schwangerschaftsberatung Schuldnerberatung Sucht- und Drogenberatung Hilfeangebote für Frauen zum Schutz vor Gewalt JURISTISCHE BERATUNG UND VERTRETUNG UND IHRE KOSTEN Beratung durch einen Anwalt / Eine Anwältin Rechtsschutzversicherung Beratungshilfe Kosten bei einem gerichtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe (PKH/VKH) SELBSTHILFE ANHANG ADRESSEN LITERATUR STICHWORTVERZEICHNIS TABELLE KINDESUNTERHALT – DÜSSELDORFER TABELLE TABELLE ZAHLBETRÄGE JANUAR BIS JUNI 2019 TABELLE ZAHLBETRÄGE AB JULI 2019
https://www.karlsruhe.de/b3/soziales/einrichtungen/kinderbuero/buendnis/alleinerziehende/HF_sections/content/ZZk8YGFTJ8PVzD/ZZo50ZLP1YTumT/allein-erziehend-tipps-infos-broschuere.pdf